Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39

Autor: Jochanan Shelliem

Regie: Nikolai von Koslowski

Redaktion: Dr. Monika Künzel

SprecherIn: Matthias Ponnier Bruno Cathomas Sigrid Burkholder Jochen Nix

Sendetermine: 28. August 2021 Deutschlandfunk Kultur 28./29. August 2021 Deutschlandfunk ______Urheberrechtlicher Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in den §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © Deutschlandradio - unkorrigiertes Exemplar - insofern zutreffend. 1. Stunde

Musik Floating Points, Pharoah Sanders, London Symphony Orchestra, Movement 1 / 14“

Filmton : I have a motto that if something isn’t bluntly impossible, there must be some way doing it. i

Atmo Dielen knarzen, bedeutungsschwangere Musik

Erzähler 1988 geht eine alte Frau im englischen Maidenhead auf ihren Dachboden, drei alte Bücher in der Hand, sucht einen Staubfreien Platz, um sie zu verstauen.

Nicholas Winton Wenn etwas nicht völlig unmöglich ist, muss man einen Weg finden, es zu tun.

Erzähler Sie öffnet eine Truhe und stößt auf Briefe ihres Mannes, die sie nicht kennt. Sie findet Stempel, Ordner voller Daten, Namen und Adressen. Von dieser Zeit hatte Nicholas Winton ihr nie etwas erzählt.

Filmton Joe Schlesinger

Mann Dieser alte Mann hat mir das Leben gerettet und das Leben Hunderter anderer Menschen während des Zweiten Weltkrieges auch. ii

Atmo ruhigere Musik – Schreibmaschine

Nicholas Winton Ich sah diese Menschen, die in Schwierigkeiten waren, in Gefahr gewesen sind, Menschen, mit denen Hitler etwas vorhatte.

Winton I saw these people, who were in difficulties, in danger, people on Hitlers backlist iii

Mann We tried to get to America, we tried to get to England, we tried to get to Palestine, but all the governments said O, o, borders are now closed. iv

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 2 Winton And there was no way out v

Mann / OV Wir hatten versucht nach England zu gehen, wir wollten nach Palästina, aber alle Regierungen haben gesagt: Oh, oh, die Grenzen sind jetzt dicht.

Winton We had organized eight transports from vi

Nicholas Winton Wir hatten acht Transporte aus Prag organisiert.

Film Atmo Eisenbahnlok stampft und pfeift

Filmton There were thousands of children on the lists who wanted to get out vii

Nicholas Winton Wir hatten Tausende von Kindern auf der Liste, die raus wollten.

Tochter The last thing, my dad said to me was, I should always be his brave cheerful little girl and I think have been viii

Tochter / OV Das letzte was mein Vater zu mir sagte war: Ich sollte immer sein mutiges, fröhliches kleines Mädchen bleiben. Ich bin es glaub ich geblieben.

Winton Our greatest regret was that our biggest transport, which was 250 children, that was cancelled, because war started and almost none of these children survived. ix

Nicholas Winton Am meisten tat uns leid das unser größter Transport mit 250 Kindern gestrichen wurde, weil der Krieg begann.

Erzähler 250 Kinder mussten aussteigen.

Film My Family, none of these people survived x

Joe Schlesinger Weder meine Familie, noch eines dieser Kinder hat überlebt.

Musik

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 3 Erzähler Mehr als 15 500 jüdische Säuglinge, Kinder und Jugendliche haben dank der Kindertransporte von Nicholas Winton zwischen dem 30. November 1938 und dem 1. September 1939 überlebt. xi Wenn etwas unmöglich ist, muss man einen Weg finden, es zu tun, das war sein Motto. Nicholas Winton ist diese Langen Nacht gewidmet. Wir hätten diese Sendung über die stille Initiative des Londoner Börsenmaklers auch anders nennen können – Wie einer, der das Elend der Flüchtlingskinder in Prag nicht ausgehalten hat, 15.000 Menschen zum Leben verhalt. In der ersten Stunde dieser Langen Nacht berichtet der als Kind vor den Gaskammern gerettete Nürnberger Henry Wuga, von anderen Geretteten ergänzt, wie ihre Kindheit abrupt beendet worden ist und wie sie nach Groß Britannien kamen. Nicholas Winton kommt zu Wort, dank der Fechner Filmproduktion, die den vielfach ausgezeichneten Film über Sir Nicky von Matej Mináč produzierte. 2015 verstarb Nicholas Winton geachtet und geadelt im Alter von 106 Jahren. 2013 wurde der kleine zarte Mann im Rollstuhl noch von seinen gealterten Kindertransportkinder in London umringt. Dank seiner Initiative leben heute mehr als fünfzehntausend Kinder, Jugendlichen und Säuglinge. Sein Handeln im Flüchtlingselend von Prag hielt Nicholas Winton für derart selbstverständlich, das er vierzig Jahre lang darüber schwieg, bis seine Frau auf dem Dachboden ihres Hauses einen Koffer fand.

Musik

Erzähler Glasgow, 28. November 2017. Raureif liegt in der Luft. Am Stadtrand eine in die Jahre gekommene Reihenhaussiedlung. Henry Wuga ist ein kleiner stattlicher Mann.

Henry Wuga Ich bin geboren in Nürnberg in 1924. Mein Name war Heinz Martin Wuga.

Erzähler Sein Alter sieht man ihm nicht an. Auch Ingrid Wuga kam mit einem . xii Seine Frau ist bettlägerig. Der 93jährige pflegt sie mit ruhiger Gelassenheit.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 4 Henry Wuga Meine Mutter kommt aus Heilbronn, ihr Name war Würzburger. Sie hatten eine Brauerei und verschiedene Restaurants. Mein Vater kam aus Graz und war ein Prokurist in Nürnberg bei einer Firma.

Erzähler Selbstbewusst empfängt er mich mit kraftvollem Händedruck. Das Interview führen wir am fein gedeckten Wohnzimmertisch mit Tee und Mürbegebäck. Das Deutsch von Henry Wuga ist wundervoll – achtundsiebzig Jahre nach seiner Flucht nach Schottland.

Henry Wuga Mein Vater war von einer katholischen Familie. Meine Mutter war von einer jüdischen Familie. Mein Vater hat sich nicht gekümmert um Religion. In einem Familienbuch von 1890 hat mein Vater sich eingeschrieben als Dissident. Er wollte.. das war sehr häretische, hat Courage gehabt, von einer katholischen Familie mit fünf Schwestern und Brüder - er wollte nichts mit der Religion zu tun haben. Ich bin aufgewachsen in meiner Familie mit meinem Vater und meiner Mutter, aber aufgewachsen im jüdischen Glauben. Er war dafür, dass ich Barmitzwa war und <> jüdisch erzogen war. Er hat sich nicht um Religion gekümmert. Man fragt die Eltern nicht genug – dann sind sie leider nicht mehr da. Ich glaube, die haben sich zufällig getroffen in Blankenberge. Ferien gehabt in Blankenberge, an einem Strand. Ist in Belgien. Vor dem Krieg, vor dem Weltkrieg, mein Vater war natürlich in der Armee in Österreich und haben dann geheiratet nach dem Krieg. Geboren worden in Nürnberg, in einer Vorstadt und später sind wir umgezogen in die Fürther Strasse, hat mein Vater sein eigenes Geschäft gehabt. Bürobedarf Carl Wuga Bürobedarf. Mein Vater hat die ganze Woche gearbeitet, am Wochenende sind wir natürlich spazieren gegangen in die Wälder und irgendwo eingekehrt, ein ganz gewöhnliches Erwachsen bis 1933 dann hat sich das natürlich umgestellt. Wir hatten jüdische Freunde und nicht-jüdische Freunde, aber nach 1933, nach der Machtergreifung von den Nazis, hat sich das natürlich geändert, man hat dann nur in jüdischen Kreisen verkehrt, besonders nach den Nürnberger Gesetzen von 1935, das war furchtbar. Ich kann mich erinnern, in der Schule, in der Volksschule, da waren

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 5 drei jüdische Jungens in meiner Klasse. Wir wurden hinten hingesetzt und niemand hat mit uns gesprochen, weder die Kinder noch die Lehrer. Warum? Die haben Angst gehabt: man hat nichts zu tun mit Juden. Remember wir kommen aus Nürnberg. Wir hatten Julius Streicher und den Stürmer, eine unglaubliche Zeitung, furchtbar, der Hass war furchtbar. Die Leute haben Angst gehabt: Hab nichts mit Juden zu tun, sonst bekommst du keine bessere Stelle. Und dann natürlich nach den Nürnberger Gesetzten, man durfte ja nur mit Juden verkehren: Ein jüdischer Geschäftsmann, ein Laden, der hat nur dann noch jüdische Kunden gehabt, das hat sich eingeschränkt Doktor der Rechtsanwalt durfte nur jüdische Leute. Zahnärzte, genau dasselbe. Wir mussten dann alles Silber abgeben. Man durfte dann nicht mehr ins Kino gehen. Man durfte nicht in eine Vorstellung gehen, das hat sich natürlich, war sehr deprimierend. Natürlich Nürnberg, die Stadt der Reichsparteitage, die sind in der Fürther Strasse marschiert, 15 breit, das Horst-Wessel-Lied, ja – ich kann mich gut daran erinnern, es war schlimm, man wurde eingeschränkt nur auf jüdische Leute. Ich erinnere mich als Zehnjähriger, als Kind. Man sitzt in der Klasse und sie singen „Alles vergebens, Großmutter wird mit der Sense rasiert, sie war nicht eingeschmiert.“ Lustig. Dann kommt es aber: „Zwei Juden baden in einem Fluss, weil sich ne Sau mal waschen muss. Der eine ist ersoffen, vom andern wollen wir’s hoffen.“ Man sitzt da als Kind und das singen die in unser Gesicht. Das werde ich nie vergessen.

Musik

Henry Wuga Wir wussten genau was passiert ist. Wir wussten, hier können wir nicht bleiben, schon als Kinder, das war kein gewöhnliches Aufwachsen. Gott sei Dank hatten wir Nürnberg-Fürth, die kleine Stadt Fürth neben uns, hatte eine jüdische Schule gehabt, die Israelitische Realschule Fürth und das sind wir natürlich hingegangen. Wir durften natürlich nicht mehr in die anderen Schulen gehen. Großes Glück gehabt, das war eine, war eine gute Schule, da haben wir viel gelernt leider. Es

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 6 waren 52 Kinder in meiner Klasse, stellen Sie sich das vor. Wir mussten natürlich alle in die Schule. Da hatte ich viele Freunde, viele gute Freunde. Ein Mitschüler Henry Kissinger. Er lebt heute noch in New York, ein großer Staatsmann. Es war eine gute Schule. Leider, leider musste ich die Schule früher verlassen. Wie soll ich das erzählen.

Erzähler In Bratislawa lebt Joseph Schlesinger zu dieser Zeit noch in einer glücklicheren Welt

Filmmusik Jahrmarkt.. Tschechischer Sänger..

Schlesinger Erinnerungen an die 1930er Jahre, an die wunderbare Kindheit in der Tschechoslowakei, dem Land aus dem wir alle kamen. In meiner Erinnerung war Bratislawa ein angenehmer, toleranter, multikultureller und mehrsprachiger Ort.

Erzähler In dem Dokumentarfilm Sir Nicky – Held wider Willen von Matej Mináč erinnert sich der kanadische Fernsehjournalist 2012 an die Tage seiner unbeschwerten Kindheit.

Filmton Dampfer tutet

Schlesinger Die übliche Begrüßungsformel der Bekannten meiner Mutter war Küss die Hand. Ich weiß ihn noch auf Slowakisch, auf Tschechisch, auf Deutsch, auf Ungarisch Schlesinger Am lebhaftesten erinnere ich mich an kleine Dinge, wie etwa mit meinem Vater ins Kaffeehaus zu gehen. xiii

Musik

Henry Wuga Meine Mutter hat gut vorgeschaut, sie hat mich aus der Schule genommen mit vierzehn Jahren. Du musst was lernen. Hier werden wir auswandern. Du musst dir ein Leben verdienen. Und da wir aus der Brauereibranche kommen, aus der Restaurantbranche, hat sie mich geschickt als apprentice – Lehrling in ein koscheres Hotel in Baden- Baden Hotel Tannhäuser. Familie Köhler-Stern Da habe ich gearbeitet. <> Ich war 14 Jahre alt. Aber, wenn ich daran

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 7 denke, in dem Hotel habe ich sechs Monate gearbeitet. Fünfeinhalb Tage in der Woche, es war schwere Arbeit, aber man lernt viel, als junger Mann hat mir gut gefallen, aber es war schwer, da habe ich habe ich viel gelernt. Ein streng koscheres Hotel. Da habe ich gearbeitet, habe ich viel gelernt. Wir hatten einen Küchenchef und verschiedene Helfer. Als Lehrling, ich wurde sofort angestellt, in der Konditorei, unglaublich 1938. Ein gutes Hotel. Wir hatten keine Maschine. Der Schnee, das wurde alles mit der Hand geschlagen. Der Schnee vom Eiweiß, Der Schnee wurde mit der Hand geschlagen. Ich habe tagelang, wochenlang diese Arbeit gemacht, habe viel gelernt, aber unglaublich, was wir alles gemacht haben. Koscher gekocht, wir hatten eine Küche für Milch im ersten Stock und für Fleisch unten im Keller. Natürlich am jüdischen Feiertag, es war alles streng koscher. Wie soll ich erzählen. Wir hatten Spinat. Zum Lunch für vierzig Leute. Können sie sich vorstellen hundert Pfund Spinat. Unglaublich. Beim jüdischen Kochen. Da muss alles rein sein. Da dürfen keine Fliegen oder Raupen da sein, da wird jedes Blatt angeschaut. Es ist unmöglich. Wir hatten natürlich eine Aufseherin, eine „Maschgiach“, und als Vierzehnjähriger, ich hatte ich die Frechheit. Ich hab ihr gesagt, „Du kannst nicht jedes Blatt angucken, das müssen wir in einer Stunde fertig haben. Was wir machen, wir waschen das zweimal in Salzwasser und all der Dreck wird abgehen.“ Das war dann auch erlaubt, aber das habe ich, das habe ich gesagt und so ging es. Nur jüdische Gäste, nur jüdische Gäste das war die Hitler-Zeit. xiv Der Küchenchef hat mir ein Zeugnis ausgeschrieben und nach sechs Monaten, ich habe natürlich nichts verdient, meine Eltern mussten bezahlen. So war das damals, als Lehrling musste zu etwas bezahlen was interessant war, Baden-Baden, das hatte eine Spielhalle, die einzige in Deutschland, damals. Ich erzähle die Geschichte: Wir hatten eine Frau, die musste abends um sechs Uhr dreißig essen, weil, um sieben Uhr wurde sie abgeholt, zur Spielhalle zu gehen. Da durften wir nie rein. xv

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 8 BBC Nachrichten Hier spricht London xvi

Henry Wuga Aber, was auch interessant war: in Baden-Baden die große Allee war auf einmal abgesperrt, da war, ich kann mich jetzt gut daran erinnern. 1938 ich glaube Chamberlain war nicht dort, Daladier war dort.

Erzähler In der ersten Sendung des deutschen Dienstes der BBC sagt der englische Premierminister Neville Chamberlain.

Chamberlain / BBC Für mich ist der Konflikt zwischen Nationen ein Angsttraum. Aber wenn ich die Überzeugung gewinnen sollte, die Welt mit Gewalt zu beherrschen. Unter einer solchen Herrschaft würde das Leben nicht mehr lebenswert sein. – Hier spricht London. Sie haben soeben eine Rede Neville Chamberlains, des Premierministers von Großbritannien gehört. xvii

Henry Wuga Das war die Konferenz bevor sie die Tschechoslowakei verkauft haben, haben sie sich in Baden-Baden besprochen. Ich war zu der Zeit dort.

Erzähler 1938 gefährdet der Hass aus Deutschland nicht nur die Juden im Sudetenland, sondern auch die junge Republik der Tschechen, deren Territorium Hitler besetzen will. Der britische Premierminister Neville Chamberlain wagt es nicht der deutschen Aggression entgegenzutreten.

Chamberlain / BBC Ich gebe die Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Krise nicht auf, ich bin in tiefster Seele ein Mann des Friedens. xviii

Erzähler Auch sein französischer Kollege Daladier wagt keine Konfrontation. Um den brüchigen Frieden zu erhalten, stimmen sie den deutschen Okkupationsplänen zu. In München unterzeichnen der Britische und der Französische Premierminister einen demütigenden Vertrag, der Hitlers Politik legitimiert. Henry Wuga beobachtet die Vorbereitungen dieser Beschwichtigungspolitik aus seinem Küchenfenster in Baden- Baden.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 9 Henry Wuga 1938 Ich kann mich gut erinnern, auf einmal Polizei, auf einmal viele Soldaten, da hat man die Tschechei verkauft, leider, leider.

Erzähler Der Name München steht seither für die Appeasement Politik. Doch als Premierminister Chamberlain im britischen Parlament mit dem Papier aus München wedelt und das Abkommen von München zum Friedensgaranten erklärt, geht eine Welle der Erleichterung durch fast ganz Europa. Nicht jedoch durch die Tschechoslowakei. xix

Henry Wuga Gut, am 8. November habe ich gesagt, Ich habe jetzt sechs Monate gearbeitet, nur einen halben Tag frei gehabt. Ich fahre nach Hause. Du kannst das nicht. Du bist ein Lehrling. Ich sage, tut mir leid. Ich fahre nach Hause. Ich will meine Eltern sehen. Das war der 9. November! Ich habe das G’tt sei Dank in Baden-Baden nicht mitgemacht. In Baden-Baden wurde die ganze jüdische Community in die Synagoge gesteckt, die Synagoge wurde angezündet. Niemand ist umgekommen dort, aber ist abgebrannt. Ich war zuhause. 9./10. November war grauenhaft. In unser Haus sind sie nicht gekommen, aber in das Haus unserer Nachbarn, wir haben viele jüdische Nachbarn. Nürnberg war eine große... viele Hopfen- Händler. Zum Bier machen Hopfen in Nürnberg. Alles wurde zerschlagen, die Fenster wurden eingeschlagen. Ich habe gesehen, wie sie ich hab gesehen wie sie Leute festgenommen haben, ich hab gesehen, bei Freunden war alles umgeschmissen, woran ich mich gut erinnern kann: an die Federn – Die Plumeaus waren aufge..., alles war voll mit Federn. Es war furchtbar. Ich sah auch ein Klavier aus dem ersten Stock rausgeschmissen auf die Straße, es war grauenhaft. Wir konnten natürlich am nächsten Tag nicht in die Schule gehen. All die Geschäfte waren zerschmissen. Wir wussten, weiter kann es nicht gehen. Die Männer wurden arrestiert, kamen ins Konzentrationslager, für ungefähr sechs Wochen, danach wurden sie nach Hause geschickt. Man hat ihnen gesagt: „Ihr seht, was euch passieren wird, wandert aus.“ Man konnte ja auswandern, aber man musste natürlich alles zurücklassen, ja, nicht nur das, wenn ich denke, diese Kristallnacht Die Nazis haben die jüdische Gemeinde dafür verantwortlich gemacht. Wir mussten dafür bezahlen. Ganz unglaublich. War natürlich eine

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 10 schwere Zeit. Von dem Moment an wussten wir: Wir können nicht hierbleiben aber auswandern, wer lässt einen rein. Wir haben jetzt 2017. Die Situation hat sich nicht geändert. Niemand lässt einen rein, ja, leider, leider. Wir haben wieder diese Wanderungen in ganz Europa von Afrika unglaublich.

Filmton SWING

Schlesinger Kurz vor Weihnachten 1938 plante Nicolas Winton einen Skiurlaub in der Schweiz. Er war nicht gerade die Art junger Mann, dem man einen Hang zum Altruismus unterstellen würde Bis zu dem Moment, in dem ein Anruf sein Leben, mein Leben und das so vieler Anderer veränderte. SWING & TELEFON KLINGELT Der Anruf kam aus Prag von Martin Blake, dem Freund, mit dem Nicky den Skiurlaub machen wollte. Blake sagte ihm ab, da er in die Tschechoslowakei gereist war, um Menschen in Prag zu helfen, die Ärger mit den Deutschen hatten. Nicki strich daraufhin auch seinen Skiurlaub und fuhr nach Prag, um zu sehen, was da los war. SWING

Winton Ich reiste mit dem Gefühl nach Prag, viel besser über die Pläne Hitlers Bescheid zu wissen, als unsere damalige Regierung.

Filmton Krähenrufe / Flüchtlingslager

Winton Als erstes besuchte ich die Flüchtlingslager , in denen alle von den Nazis bedrohten Menschen in Hütten lebten, in denen ein kleiner Ofen stand. Die Zustände waren entsetzlich. Es war sehr kalt, es lag Schnee. Viele Flüchtlinge waren bei sehr schlechter Gesundheit. Sie waren ihrem Ende nah. Aber wie hätten sie sich retten sollen? Sie saßen fest

Schlesinger In Prag erhielt Winton eine Karte, die ihn aufrüttelte. Er zeigte seinen Freunden diese Karte mit den Annexionsplänen der Deutschen darauf. Da stand EIN VOLK EIN REICH EIN FÜHRER und sie zeigte dass die Deutschen vorhatten, ganz Europa zu erobern. Niemand hätte das geglaubt.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 11 Filmton Sieg Heil, Sieg Heil – Krähenrufe

Erzähler David Lux ist damals ein Kind

Dave Lux Es gab noch viele andere Flüchtlinge, wie wir. Kleinkinder, es gab ein Feuer, Rauch vom Kochen und Heizen. Und ich weiß noch, das man mir etwas Warmes gab, weil es so kalt war.

Schlesinger Nicht nur die Armen waren verzweifelt. In Prag und anderswo hörten besorgte Eltern von diesem engagierten Engländer und kamen zu Winton’s Hotel..

Winton Ich bekam wenig Schlaf. Ich ging spät abends zu Bett und früh morgens klopften bereits Leute an meine Tür. Sie waren in großer Gefahr. Auf Hitlers Schwarzer Liste und niemand half ihnen. Ich fand ich müsste wenigstens versuchen die Kinder zu retten.

Erzähler Auch in Nürnberg bereitete sich die Familie Wuga auf die Flucht vor..

Henry Wuga Meine Mutter hat versucht nach USA, wir hatten Verwandte in USA, dazu brauchte man einen affidavit, aber es ist nie dazu gekommen. meine Mutter hat eine Cousine, die war schon in Glasgow, ein Zahnarzt, ein jüdischer Zahnarzt von Heilbronn, der ist ausgewandert 1936 nach Barcelona. OK. Er wusste, er muss da weg. Dann kam der Krieg, der Spanische Bürgerkrieg, ist er zurückgeflohen nach Deutschland, er konnte nicht dort bleiben, zurück nach Heilbronn. Die englische Regierung hatte vierzig jüdische Zahnärzte reingelassen, ohne ein Examen zu sitzen und er war einer davon und er kam zufällig nach Glasgow. Hat meine Mutter gesagt, könntest Du helfen? Und diese Cousine hat <> für mich einen Platz gefunden. Und meine Mutter hat mich dann auf den Kindertransport gebracht. So kam ich nach Großbritannien.

Erzähler In Prag wurde Nicholas Winton von Hilfesuchenden bestürmt. Er schrieb Bittbriefe, wandte sich an das Weiße Haus. Dann erhielt er einen Brief des US-Botschafters Rudolf E. Schoenfeld in Groß Britannien. Die Regierung der Vereinigten Staaten sähe sich außerstande, Einwanderungshilfe über das bestehende Maß hinaus zu

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 12 gewähren.

Filmton Mechanische Schreibmaschine

Schlesinger Aber Winton ließ sich nicht beirren, erstellte eine Liste mit Namen von Kindern, ohne zu wissen, ob sie ihnen wirklich helfen konnten.

Winton Dieses Café besuchte ich täglich. Ich saß meist noch keine zwei Minuten da kamen schon die ersten, um zu fragen, wie sie ihre Kinder nach England bringen könnten. Das ging die ganze Zeit so.

Schlesinger Als seine Kampagne publik wurde, wurden die Deutschen darauf aufmerksam. Sie argwöhnten mehr hinter Wintons Bemühungen als nur ein paar Kinder herauszuschaffen. Weil ihre Beobachtungen aus der Ferne aber nichts brachten, beschlossen sie näher an ihn heranzugehen. Und das taten sie mit einem uralten Trick der Spionagetechnik. – Dem Liebreiz einer schönen Frau.. Tango / Klavier.

Schlesinger Sie trafen sich scheinbar zufällig. Nicky war nicht nur von ihrer Schönheit hingerissen, sie sagte, sie heiße Kerstin und sei die Prager Repräsentantin des Schwedischen Roten Kreuzes.

Winton Sie war wirklich sehr schön. Das sind Spione doch der Tradition nach oder? Hässliche Spioninnen gibt es nicht, das schließt einander aus.

Schlesinger Kerstin sagte, sie habe die Erlaubnis Kinder nach Schweden zu bringen. TANGO Winton setzte sehr große Hoffnungen in sie. Endlich eine Chance vielleicht einige Kinder zu retten. Freunde warnten ihn, sie sei eine bekannte Nazi-Spionin. Nicky schmiedete dennoch Pläne mit ihr – Und es lohnte sich. Kerstin verschaffte 25 Kindern eine Einreise nach Schweden. Sie ging sogar mit ihnen und verschwand so aus Nickys Leben für immer.

Peggy Parnass Meine Eltern waren beide sehr großzügig, lebensfroh, sehr verliebt.. dass sie so verliebt waren hat unserer Mutter ihr Leben gekostet. Sie

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 13 war gar nicht mitverhaftet, sie war so verliebt, sie wollten nicht getrennt sein, dadurch waren wir vorübergehend mit ihnen verhaftet und weggeschafft worden, in einer Art Turnhalle und < Puddel, unser Vater > Puddel, der sehr pfiffig war, sorgte dafür, das ich raus konnte mit einem fremden Mann, ich musste so tun als wäre das mein Vater und Mutti ein paar Stunden später als die Frau eines Anderen. Ich habe ihn nie wieder gesehen.

Erzähler Auch die Journalistin Peggy Parnass, die erst in hohem Alter in dem Hamburger Kiez von St. Georg eine neue Heimat fand und zeitlebens für viele Skandale sorgte, traf im Januar 1939 in Schweden ein.

Peggy Parnass Als wir in Schweden waren, Bübchen und ich, also mein vierjähriger Bruder und ich ist < Puddel, unser Vater 2’48 > heimlich noch mal von Polen aus zurückgekommen nach Hamburg, um Mutti abzuholen. Die wollten nicht ohne einander leben und hat sie nach Polen mitgenommen. Er dachte, er könnte für eine glückliche Zukunft sorgen in Polen. Eine Hühnerfarm aufmachen. Er war ein Großstadtjunge und hatte noch nie ein lebendes Huhn gesehen, Hühnersuppe war unser Essen, das jüdische Penizillin. Aber das war natürlich eine Illusion. Da war also nichts mit Hühnerfarm sondern mit Ghetto und Treblinka.

Winton / FT 12 Everybody said in Prag...

Winton Alle sagten mir, in Prag gäbe es keine Hilfsorganisation für diese Kinder. Und alleine würde sie sowieso niemand reinlassen, aber ich könnte es ja versuchen, nur zu. Mein Motto war immer – Für alles, was nicht vollkommen unmöglich ist, gibt es einen Weg

Henry Wuga Viele Leute sind früher ausgereist. <> aber mein Vater hatte keine Idee auszuwandern. Meine Mutter wusste, wir müssen raus, sie haben ihr Kind weggeschickt.

O – Ton 3 Sisters, Helen & Max 007 / London

Josie Knight My name is Josie Knight KNIGHT. Yes.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 14 Erzähler Josie und ihren drei Schwestern begegne ich in London – 75 Jahre nachdem sie den Zug in die Freiheit bestiegen haben und von ihren Eltern getrennt worden sind. Festlich ist die Zusammenkunft der betagten Überlebenden, freudig sind sie zum Interview bereit. Wir holen Stühle.

Josie Knight We had an uncle who was working in actually. When that terrible program started in Germany. He also worked had an office in London. So he moved. He was a very young man just married. He moved to London to the office and he wrote to our parents. That situation is getting worse. It would be advisable for you, to send us three children to England. Of course my parents were quite shocked about this about it. But he kept insisting. He said “No. They must send us away.”

Josie Knight OV Wir hatten einen Onkel, der nach der Beschränkung jüdischen Lebens durch die Nürnberger Gesetze nach London gegangen war. Ein junger Mann, elangeladen, frisch verheiratet. Er riet unseren Eltern, uns drei Kinder nach England zu schicken. Die Eltern lehnten ab. Es muss für sie ein Schock gewesen sein. Er gab aber nicht nach. „Ihr müsst die Kinder wegschicken.“ Sagte er.

Filmton Kameraverschluss – Big Ben Glocken

Nicholas Wir erhielten die Kinderfotos und Informationen zu jedem Kind aus Prag. Wir setzten die Fotos in die lokale, die nationale Presse und in die Picture Post, eine Zeitschrift, die uns enorm half 31’35

Schlesinger Was Winton so effektiv machte, waren neben seinen Fähigkeiten als Geschäftsmann, seine kreative Ader und seine Experimentierbereitschaft.

Nicholas Wir setzten sechs bis acht Kinder zusammen auf eine Karte, um den Auswahlprozess der britischen Familien zu beschleunigen. Wenn jemand ein Kind nehmen wollte, fragten wir nur, welches Geschlecht und welches Alter. Wir gaben ihnen Bilder von einem halben Dutzend Kinder und baten sie auszuwählen. Das war natürlich eine

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 15 kommerzielle Herangehensweise, aber sie war schnell und funktionierte in den meisten Fällen.

12 Henry Wuga It was a bit of a cattle market.

Nicholas Wenn jemand etwa in Newcastle ein Kind aufnehmen wollte, beauftragten wir jemanden dort, die Familie zu überprüfen und dann schickten wir ihnen einige Fotos.

Max Rubinson I'm an outsider.

Helen Stern Max is from .

Max Rubinson No I'm from Stettin. I came by Kindertransport Max Rubinson, I didn't change my name. I kept my name and so did my son.

Erzähler Max Rubinson stammt aus Stettin, zum Zeitpunkt unseres Gesprächs ist er 92 Jahre alt. Stolz ist der am 30. Mai 1921 Geborene darauf, dass er seinen Namen auch nach dem Kindertransport nicht geändert habe. Sein Sohn heiße auch noch Rubinson.

Max Rubinson Well, I was on the 30th of May in 1921, I am 92 years old. I was born in Stettin, Germany.

Henry Wuga Ich wusste, wir gehen fort und ich wusste, ich komme nach Schottland. Ich habe natürlich keine Ahnung gehabt, obwohl ich gut in Geografie war, aber Schottland war etwas, etwas zu weit nördlich.

Erzähler Rubinson ist mit den Schwestern Stern befreundet, die den Namen ihrer Ehemänner angenommen haben. Auf der Jubiläumskonferenz zum 75. Jahrestag der Rettungsaktion von Sir Nicky, wie in ihn die Überlebenden in London alle nennen, setzt er sich zu den Dreien dazu.

Max Rubinson I had a brother and we went to school <> I belong to Jewish Rowing Club and I belonged to Jewish Athletic Club and so on. Everything

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 16 was OK.

Erzähler Max und sein Bruder haben eine glückliche Kindheit erlebt, Max ruderte auf der Oder, er war Mitglied im Jüdischen Sportverein. Sein Vater arbeitete in einer Lederfabrik.

Max Rubinson He was an ordinary worker, actually worked in uh if I remember rightly in a leatherwear shop, something like that.

Erzähler An seine Bar Mitzwa kann Max sich noch erinnern.

Max Rubinson I was bar mitzvah <> and it was a huge synagogue very big. I remember when I was bar mitzvah even although it wasn't very religious it wasn't religious. It had an Organ so in a religious community you don’t have an organ. There they had an organ so I remember the chasan who taught me and so no rabbi Dr. L he went to Israel afterwards. I remember that my memory is pretty good. So that's part of it. Yes the community was quite a big community.

Erzähler Dass die Synagoge von Stettin sehr groß gewesen sei, davon berichtet er. Und es eine Orgel in der reformierten Gemeinde gab. Der Kantor habe ihm den Gesang für seine Bar Mitzwa beigebracht. Der Rabbiner sei später nach Israel emigriert. Ja, in Stettin habe eine stattliche Gemeinde existiert.

Musik

Max Rubinson Oh, when I left on the 4th of January 1939 and came here. I arrived here in Harwich in on the 6th of January 1939 on the Kindertransport.

Erzähler Am 6. Januar 1939 kam sein Kindertransport in Harwich an. Seine Eltern, sagt Max Rubinson, hätten ihn jedoch nicht weggeschickt. Die Jüdische Gemeinde habe ihn für den Kindertransport ausgesucht. Er habe nichts davon gewusst. Bis heute wisse er nicht, warum sie nicht seinen Bruder auf die Reise schickten. Rubinson weiß nur, dass er sich am 4. Januar 1939 auf dem Kindertransport wiederfand. An mehr erinnert er sich nicht.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 17 Max Rubinson They didn't send me away. I always keep on saying that, it was, there was a Jewish community and I was selected. I didn't know anything about it. Why did they pick me. Not my brother or anything. I got no idea. I know, I was on the Kindertransport. That's all. That's all I know.

14 Henry Wuga Ich kann mich erinnern. Wir kamen zum Bahnhof, meine Eltern haben mich zum Bahnhof gebracht, to say goodbye, man wusste ja nicht, wird man sich jemals wiedersehen. Das wusste man ja nicht.

Winton + Musik Eines der Hauptprobleme war, das es hieß, die britische Regierung würde niemals Kinder ohne ihre Eltern aufnehmen. Das Home office stellte mir dahe r schwierige Bedingungen. Ich sollte Familien finden, die sich solange um die Kinder kümmern würden, bis die Notlage vorüber wäre. Für jedes Kind musste jemand mit 50 Pfund bürgen. Das war irrsinnig viel Geld.

Max Rubinson 09 / 32’20 I remember that very well. Yes. My mother took me to the railway station. My brother was there as well. I remember.<> That was all that also. There was no problem.

Erzähler An den Abschied erinnert er sich sehr gut. Seine Mutter hatte ihn zum Bahnhof gebracht. Sein Bruder war auch dort. An Probleme erinnert er sich nicht.

Max Rubinson 10 I've got one suitcase actually. I had one suitcase. Yes.

Erzähler Bis heute habe er den Koffer aufbewahrt. Was drin gewesen sei?

Max Rubinson 11 What was inside? A few clothes. Not much. Not really much that it was.

Erzähler Ein paar Kleidungsstücke hätten im Koffer gelegen. Ein Photoalbum mit den Bildern seiner Eltern selbstverständlich und seines Bruders auch. Jüdisches habe er nicht mitgebracht. Robinson war 17 Jahre alt, als der Zug Stettin verließ.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 18 Max Rubinson 12 So I've got my of course my picture of my parents my brother. I've got an album of when I was younger. Lots of lots of photos in the album yes. That was just that. <> Well I was 17 but I didn't bring any religious object at all.

Nicholas+Atmo Das Komitee in London bestand aus mir und einer Sekretärin. Wir arbeiteten zuhause. Wir hatten kein Büro. Wir waren ja keine offizielle Institution. Ich druckte einfach auf Briefpapier Britisches Komitee für Flüchtlinge aus der Tschechoslowakei, Abteilung Kinder

Max Rubinson 13 I remember, we went like on the fourth of January. We went to Berlin.

Nicholas+Atmo Und bei einem sehr speziellen Treffen, das ich mit mir selbst abhielt, ernannte ich mich zum Ehrenamtlichen Sekretär

Erzähler Von Stettin fuhr Robinson am 4. Januar nach Berlin. Dort übernachteten die Kinder. Am fünften stiegen sie in den Zug nach Hook van Holland. Daran erinnere er sich. Dann ging es nach Harwich, wo Max abgeholt worden sei. An mehr erinnere er sich nicht.

Max Rubinson 14 We slept in Berlin the next day on the 5th. We took the train from Berlin to Hook of Holland. I remember that. And then, of course the family from Hook of Holland to Harwich and arrived here on the 6th of January. I remember that. That's all I remember.

Nicholas+Atmo Und dann wollte die Polizei wissen, warum ich so viel mit Prag korrespondierte. 28’24

Max Rubinson 15 There were no feelings. I don't… I don't remember anything. Nothing at all really looking forward.

Erzähler Er habe nichts empfunden. An seine Gefühle erinnere er sich nicht. Er habe sich weder gefreut, noch habe er gewusst, wohin es ging.

Max Rubinson 16 I didn't have any idea. We were children of course.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 19 15 Henry Wuga Das war ziemlich schlimm, aber, ich war ja mit 14 schon einmal von zu Hause weg. <> Ich wusste was passiert. Der Zug war voll, vielleicht 150 Kinder, fünf, sechs sieben und acht Jahre alt. Noch nie von ihrem Vater oder Mutter weggewiesen. Die haben nicht geweint, die haben geheult. war wirklich furchtbar.

Helen Stern Well they didn't tell us very much, but since my uncle, our uncle lived in London, we were very excited to see him. So we sort of looked forward to see him.

Erzähler Helen hatte Glück, sie saß mit ihren beiden Schwestern in dem Zug. Die Schwestern Stern aus Oberschlesien dachten, sie seien auf dem Weg zu ihrem Onkel in die Ferien. Sie freuten sich. Nie hätten sie erwartet, dass sie ihre Eltern nicht wieder sehen würden.

Helen Stern We didn't quite ever believed that we would never come back. We thought we were just going for temporarily, you know. In fact at the last moment at the station I took off my gold necklace and gave it to my mother and said keep it for me, of course I never saw the necklace again.

Helen Stern OV Im letzten Moment zog ich am Bahnhof meine goldene Halskette aus und gab sie meiner Mutter, weil sie so traurig war. Natürlich habe ich die Halskette nie wieder gesehen.

Erzähler Walter Kaufmann berichtet vom Anfang seiner Odyssee auf der es ihn nach Australien und schließlich nach Ost-Berlin verschlagen hat.

Kaufmann Meine Mutter brachte mich zum Bahnhof und da waren viele, viele Kinder... aus Duisburg... vielleicht auch aus Düsseldorf... Mühlheim/Ruhr und wir wurden aufgeteilt in vielen verschiedenen Abteilenin diesem Zug, der bereitstand für uns und ich erinnere mich nicht an diesen Zug, nur an das Abteil, in dem ich war... da waren weder Tränen, noch. Tiefes Schweigen. Wir schwiegen... alle hatten den Abschied hinter uns... wir fuhren ins Ungewisse. Wir fuhren nach Holland und schwiegen fast bis zur holländischen Grenze. xx

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 20 Henry Wuga Der Zug fuhr ab, da waren Leute, SA glaube ich, in braunen Hemden nachgeguckt, haben alles untersucht, nachgeguckt, was alles mitgenommen wurde. Wir durften ja nur Wir haben einen Zettel mit unserem Namen.Und wir durften ja nur ein kleines Päckchen. Nach fünf Stunden kam der Zug über die Grenze nach Holland. Da – ich erinnere das so gut. – Da hat sich diese ganze Schwerheit von den Schultern aufgehoben. Sogar die kleinen Kinder haben aufgehört zu weinen. Wir waren in einem freien Land, nicht nur hat der Zug gehalten, da waren Damen mit heißer Schokolade, mit Sandwiches, mit Äpfeln. Es war phantastisch. Sogar die kleinen Kinder haben gemerkt, hier ist es anders!

Musik (( KURZE PASSAGE ))

Kaufmann Zwei Dinge passierten, erst kam ein Kontrolleur und ein Zollbeamter und dann ein SS Mann und der Zollbeamte meldete dem SS-Mann „Lauter abfahrende Juden.. Acht weniger, die Scherereien machen.. breitbeinig.. jeder von uns hatte einen Pass mit dem jüdischen „J“. Und dann schmiss er den Packen auf die Fensterbank.. mit den Worten „Acht mehr, die keine Scherereien machen.“ das weiß ich noch bis heute. Acht die keine Scherereien machten und ging wieder raus und schmiss die Türen zu. Und erst als wir das Deutsch aus holländischen Mund hörten: „Guten Tag, Ihr Pässe bitte.“ „Bitte !“ nicht „Die Pässe!“... und Windmühlen sahen und die holländische Landschaft brach für uns das Eis. Wir begannen erst nach der Grenze miteinander zu reden und uns kennen zu lernen.. bis dahin waren wir schweigend. Das waren anderthalb Stunden, zwei, drei Stunden bestimmt, dass wir kaum miteinander sprachen. Das Verlassen von Deutschland, dieser Zöllner. Dieser Kontrolleur, dieser seltsame SS-Mann, das hat uns tief in den Knochen gesteckt. Dann ging es uns besser als wir über die Grenze waren. xxi

Henry Wuga Die Angst ist vergangen. An das werde ich mich gut erinnern. Und was man – ich werde Ihnen gleich weitererzählen, aber wenn man heutzutage Leute fragt, die mit dem Kindertransport waren. An was kannst du dich erinnern von diesem Zug. Viele Kinder erinnert sich, wir hatten weißes Brot und rote Äpfel. Warum? Wir waren ja nicht arm, zuhause, aber wir haben Landbrot

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 21 gegessen, schneeweißes Brot und die roten Äpfel - hat Kinder beeinflusst. Und alle Kinder, die mit Kindertransport kamen, erinnern sich an diese kleinen Sachen. Der Zug ging weiter durch Holland, paar Mal gehalten, nach Hook van Holland. Dann sind wir eingestiegen auf die Fähre über den Kanal, haben noch nie das Meer gesehen. Natürlich, es war Nacht, war dunkel. Übernachtet. Hook van Holland nach Harwich gefahren und in Harwich wurden wir wieder in einen Zug nach London – Liverpool State Station. Das hat vielleicht wenn ich denke, das muss 18 bis 24 Stunden gedauert haben Sie können sich denken wie deprimiert die Kinder waren, wie ja nach all diesen Stunden, obwohl wir ‘was bekommen zu essen.

Josie Knight We had to have private guarantors and they came to meet us. My uncle and had a guarantor came to meet us at at Liverpool Street Station and they took our story home in the purchase in Sussex.

Josie Knight / OV Man musste einen privaten Bürgen haben. Der hat uns dann abgeholt. Unser Onkel und die Bürgen kamen zur Liverpool Street Station. Sie brachten uns nach Sussex, wo eine Unterkunft erworben worden war.

Henry Wuga Jemand hat ‘guaranteed‘, für ein Kind gebürgt. Und die haben die Kinder dann abgeholt.

Josie Knight It was a comparison home and they were a code for a Jewish convalescent home for sick people.

Josie Knight / OV Das war eine jüdische Erholungsstätte für kranke Menschen.

Josie Knight … But it was like a very big estate and they built a building for 50 children from Europe. All children were from Germany and Austria except us. And so you were the only ones, who had to improve our German, before we learned English.

Josie Knight / OV Ein großes Anwesen, gebaut für fünfzig Kinder aus Europa. Die Anderen kamen entweder aus Deutschland oder aus Österreich. Wir drei waren die Einzigen, die erste einmal Deutsch lernen mussten,

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 22 bevor wir Englisch lernen konnten.

Henry Wuga Liverpool State Station in 1938/39 war schwarz, wir waren da vielleicht 200 Kinder. Schwarz vom Kohlerauch. Alles war dreckig. Wir wurden abgeholt. Manche Kinder hatten Garanturen

Helen Stern I was absolutely shocked that we were going to have children sold because nobody told us. I thought we were gonna see our say uncle. I was completely. I couldn't believe it. And just very upsetting to me. And then we didn't have the children's home and they were all speaking German and we didn't speak German.

Helen Stern / OV Es war schockierend für Mich, das wir getrennt und verkauft worden sind. Ich hatte gedacht, wir träfen unseren Onkel. Und konnte es kaum glauben. Dazu kam, dass wir uns in dem Kinderheim fremd fühlten und alle Kinder sprachen Deutsch und wir verstanden sie nicht. Für uns war der Start sehr schwer, später passten wir uns an.

Helen Stern So it wasn't very you know just at the beginning, it was a little difficult, but we adjusted

Henry Wuga Die Kinder, die keine Bürgen hatten, die wurden dann in eine Schule von einem Komitee, verschiedene Ferienlager wurden dann aufgemacht, um die Kinder unterzubringen. <> Es hat unser Leben gerettet.

Helen Stern Before we learned to speak English we learnt to speak German and then we learned English. We became very good friends with the children. And then after a year and a half we had to leave, because it was on the coast and the coast had to be cleared. And also I think the home couldn't be maintained for some reason that we were not told.

Helen Stern / OV Bevor wir Englisch lernen konnten, lernten wir also Deutsch. Dann aber vertrugen wir uns mit den anderen Kindern gut. Nach anderthalb Jahren mussten wir das Kinderheim verlassen, das an der Küste lag. Ich weiß nicht mehr aus welchem Grund.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 23 Helen Stern And so we were dispersed. My older sister went to London to another refugee Children's Home a girls home and my little sister went to a Quaker family and she left and went through the entire school system right. Helen she went through a health school system. <> 10’31

Helen Stern / OV Wir Schwestern wurden getrennt. Die Älteste kam in ein Flüchtlings- Kinderheim in London, eine Quäker Familie nahm meine kleine Schwester auf. Dort blieb sie bis sie sechzehn war und dort ging sie zur Schule. Als sie dann zu den Pittman’s kam, musste sie sich selbst versorgen. Da war ihr Unterricht zu Ende.

Ellie Stern I think she stayed till she was 16 didn't she and then she had to go to school she went to Pittman's because she had to learn to support herself at that stage so she couldn't progress. <> that was the end of her education.

Ellie Stern / OV Als wir das Kinderheim an der Küste verließen, waren wir auf uns selbst gestellt.

Helen Stern We had to support ourselves.

Henry Wuga .. aber es war nicht einfach. Ich weiß nicht, wie das auf Deutsch zu sagen: ‘It was a bit of a cattle market.’ Wenn ich sage, ein Viehmarkt. Warum? Manche Leute haben gesagt, wir nehmen ein Kind, wir wollen kommen, aber ich suche eines aus, also den mag ich, aber die mag ich nicht. Zwillinge, Brüder und Schwestern, wurden natürlich getrennt sich vielleicht Monate oder Jahre nie wiederzusehen. Es war nicht einfach. Es war nicht einfach. Aber es hat unser Leben gerettet.

Josie Knight We arrived 1939, July 2 nd in London.

Josie Knight OV Am 2. Juli 1939 kamen wir in London an.

Erzähler Mit Kinderaugen folgen wir den Kindern auf dem Weg nach England in der zweiten Stunde dieser Langen Nacht. Wenig hören wir davon, wie es ihren Eltern ergangen ist. Weil die meisten in den Gaskammern

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 24 ermordet worden sind, stehen uns nur die Schreiben ihrer Kinder zur Verfügung – fünfundzwanzig Worte gestattete das Rote Kreuz. Auch wenn der 16jährige Henry Wuga für seine Briefe interniert werden wird. Wir erfahren davon, wie es im Lager der enemy aliens auf der zuging, wo sich jüdische Kinder zwischen Soldaten der Deutschen Wehrmacht wiederfanden und wie aus dem Nürnberger Heinz Martin, der Schotte Henry, der Koch der Kriegsgefangenen geworden ist. Und wen es in das bessere Deutschland zog, um bei Hans Eisler Musik zu studieren und zum Nationalpreisträger der DDR zu avancieren. Wir haben ihn in seiner Staatswohnung in der Karl- Marx-Allee besucht.

Musik

Henry Wuga Es ist wichtig Leuten zu helfen und eine Hand auszustrecken. Wir müssen Leuten mehr helfen <> Diese Völkerwanderung ist im Moment unglaublich schwer. Aber ich fühle als Einwanderer Ich fühle mich nicht mehr als Einwanderer Ich Ich Ich Ich. Ich gehöre hier dazu. Aber trotzdem man vergisst nicht, wo man herkommt. 20’42

Musik

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 25 2. STUNDE

Musik Hania Rani, Hawaii Oslo - Live from Studio S2 (( ANFANG )) xxii

Josie Knight We arrived 1939, July 2 nd in London.

Henry Wuga Im Arbeitsamt hinter der Theke steht der junge Mann, der war zwei Jahre älter als ich, der nannte mich „Specki – Spectacles.“

André Asriel Das Exil hat für mich eine ungeheuere Wirkung gehabt, weil ich dort aufgewacht bin, aufgewacht der Welt, die mich umgeben hat, gegenüber xxiii

Henry Wuga „Specki“ Sagt er „Specki, Du gehst nirgendwohin.“ Ich sagte, „Warum? Ich will helfen.“ „Nein wir brauchen auch Leute, die kochen für die Bevölkerung.“

André Asriel Also Mitte der Vierziger Jahre.. bin ich zwei Jahre in einer englischen Fabrik tätig gewesen, ich weiß nicht warum, wahrscheinlich hat mich die FDJ gedrängt dass wir auch einen Beitrag leisten sollten, zur Kriegsanstrengung der Engländer. xxiv

Henry Wuga Durch diesen jungen Mann <> habe ich den ganzen Krieg in Restaurants in Glasgow gearbeitet, um der Bevölkerung zu helfen, zu kochen.

André Asriel Eine Zeit, in der ich mich als absolute Katastrophe erwiesen habe. xxv

Henry Wuga Unglaublich, dass ein junger Mann, zwei Jahre älter als ich, hat mein ganzes Leben so gesteuert.

André Asriel ...weil ich zwei linke Hände habe... mit Handwerk absolut nichts zu schaffen habe... ich habe dort mehr kaputt gemacht als gebaut. xxvi

Kaufmann Ich bin interniert worden.<> Ich kam im Januar an und wurde im Sommer nächsten Jahres interniert und landete in Australien. 39’04

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 26 Helen Stern Well I was very grateful to England of course. In a world where England wouldn't be I wouldn't love to live. Okay. That's how much I like like. But, they were not you know we were refugees and we were among ourselves. 20’50

Helen Stern / OV Selbstverständlich bin ich England dankbar. Ich würde heute in keinem anderen Land der Welt mehr leben wollen. Trotzdem sind wir damals Flüchtlinge gewesen und als Flüchtlinge lebten wir unter uns.

Musik (( ERZÄHLER UND JOSIE DAZU ))

Erzähler „Wenn etwas unmöglich ist, muss man einen Weg finden, es zu tun“, das war das Motto von Nicholas Winton, der das Leid der jüdischen Flüchtlingskinder in Prag nicht ertragen hat.

Josie Knight So you know for every night I have to think of my parents, of my uncle and of Nicholas Winton.

Josie Knight / OV Jede Nacht denke ich an meine Eltern, an meinen Onkel und an Nicholas Winton.

Erzähler In der zweiten Stunde dieser Langen Nacht folgen wir dem Weg der Kinder und Jugendlichen, die von Nicholas Winton, der das jüdische Flüchtlingselend in Prag nicht ertragen hat, gerettet worden sind. Der Nürnberger Henry Wuga erzählt, die slowakischen Schwestern Stern und Walter Kaufmann, Sohn einer minderjährigen Berliner Prostituierten, den Duisburger Juden adoptierten und der mit dem Kindertransport nach England expediert und mit deutschen Kriegsgefangenen auf der Dunera fast von deutschen Torpedos versenkt worden ist, Walter Kaufmann, der widerborstige Kommunist und der Wiener Komponist André Asriel berichten von ihrer Odyssee. Von ihren Eltern werden wir wenig hören, die – wenn sie nicht schnell ermordet worden sind – sich um ihre Kinder sorgten. Fünfundzwanzig Worte waren während des Krieges auf Rot Kreuz Kärtchen erlaubt. Henry Wuga liest einundsiebzig Jahre später in Glasgow, was er 1942 schrieb

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 27 Henry Wuga „Liebste Eltern, herzlichen Dank für Nachricht, froh von euch zu hören, bin recht gesund, hoffe ihr auch, denke immer an euch, innigste Grüße und Küsse euer Heinz 14. September 1942 <> Adresse Karl Wuga, Fürther Straße 15, Nürnberg. West Germany“

Erzähler Nach ihrer Ankunft auf sich selbst gestellt stand den Kindern eine wechselvolle Zeit bevor. Neun Monate vor der Kriegserklärung Winston Churchills kamen die letzten Flüchtlingskinder auf der englischen Insel an.

Kaufmann Ich hatte eben das Glück in eine Schule nach Kent zu kommen..

Erzähler Walter Kaufmann, der am 15. April 2021 starb.

Kaufmann Übrigens sollte von einem reichen, sehr wohlhabenden Reeder, der in irgendeiner Weise mit meinem Vater verwandt war und dieser Mann hieß Hugo Daniels. 31’27 dieser Hugo Daniels ging früh im Leben nach England.. ein sehr reicher Mann. Er wurde ein Reeder. Meine Eltern hatten den kontaktiert und der hat sich bereit erklärt für mich eine Schule zu finden. Und er sollte am Bahnhof sein wo alle Kinder ankamen. Liverpool Street Station.

Henry Wuga Mit anderen zwei Kindern kamen wir nach Glasgow. Wir blieben in London über Nacht, in einem Lager irgendwo. Und am nächsten Morgen fuhren wir nach Glasgow, von Houston Station mit dem ‘Flying Scottsman‘, dieser fantastische Zug. Das war natürlich unglaublich.

Kaufmann Und ich wartete auf dem Bahnhof und ich wartete auf dem Bahnhof und saß auf meinem Koffer stundenlang... alle anderen Kinder waren aufgeteilt... und die englischen Adoptiveltern... kein Hugo Daniels... schließlich kam jemand von der Bahnhofsmission. Und nahm sich meiner an und versuchte, meinen Onkel Daniels zu erreichen... dann haben wir nur noch eine Möglichkeit... ein Obdachlosenasyl... das ist nicht allzu weit... mit dem Bus... ich bring dich dorthin.

Henry Wuga Ich war in Deutschland, bin öfter gereist nach Baden-Baden oder Heilbronn, aber auf Holzbänken im Zug. Hier ist der Zug gepolstert.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 28 Wir haben drei Kinder, ich war der Älteste, wir wurden in den Speisesaal – dining car – in den Speisewagen genommen. Die Kellner hatten damals weiße Handschuhe an, das war natürlich fantastisch. Wir glauben wir sind hier angekommen im Paradies.

Kaufmann Meine erste Nacht in England war in einem Obdachlosen-Asyl zwischen all diesen Obdachlosen... auf meiner Pritsche lag... mit meinem Mantel und meinen Kleidern... mein Kopf auf dem Mantel und hab kaum geschlafen... die ganze Nacht, wegen der Tatsache, dass der Onkel nicht gekommen war... am nächsten Morgen kam ein würdiger Herr in dunklem Mantel gekleidet mit Melone gekleidet.. Er war sehr englisch geworden, obwohl sein englisch nie so gut war, wie meins wurde... äußerlich war er sehr englisch und er stellte fest, dass ich nun gefunden war. Man hatte ihn noch mal angerufen, er hatte gar keine Schuld an der Tatsache, was ich ihm nicht glaubte. Man hatte ihm die Ankunft einen Tag zu spät gesagt. Er war nicht am Bahnhof.

Henry Wuga Kamen an in Glasgow, wurden abgeholt von einer Bürgin, ja, eine jüdische Frau namens Mrs. Harrig, die war – ich möchte sagen – Ende Sechzig, Anfang Siebzig. Sie war auch eingewandert aus Litauen oder Lettland. Die hatte eine Familie, die Familie waren alle groß. Sie nimmt einen fünfzehneinhalbjährigen Jungen an. Das war sehr gut. Ich war einer von den Glücklichen: ich hatte einen Bürgen, einen ‘Garantor‘, ich wurde sofort zur Schule geschickt und da ging es gut.

Kaufmann Und irgendwie habe ich ich das übelgenommen und war sehr verstockt und war so verstockt wohl, dass er sehr froh war, mich loszuwerden .. ein Frühstück gegeben. hochherrschaftliche Wohnung .. am Hydepark... W2 und dann brachte er mich in einer Droschke wohl zum Bahnhof... mit einem Schild.. und fünf Schilling.

Henry Wuga An Herrn Heinz Wuga, Red Cross Message Bureau, 732 Glasgow < Autor liest > Schottland, „Allerliebster Heinz. In Liebe Dein Gedenkend, innigste Geburtstags Wünsche, Glück Gesundheit immer hoffen Wiedersehen sind gesund so viel in Gedanken bei dir, herzlichsten Grüße Küsse. Mutter und Vater. Nürnberg 16. Dezember 1942“ < Henry Wuga > Mit diesen Karten sind wir hier angekommen mit der Unterschrift

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 29 meiner Mutter, aber das Wichtigste ist natürlich dass: „This side ist reserved for official use only: Leave to land granted at Harwich this day on condition that the holder does not enter any employment paid or unpaid while in the United Kingdom. 4. Mai 1939 Emigration Officer“ Der Krieg hat das natürlich aufgehoben, G’tt sei Dank, man durfte arbeiten.

Kaufmann Und hat mich nach Vavershim geschickt und in Vavershim.bin ich dann auch abgeholt worden... von einem Gärtner der Schule Motorrad mit Beiwagen... mich in eine Schule brachte, die schöner nicht sein konnte.. 34’57 in einem Landhaus gelegen, wunderbaren Park. Eine Schule, die sich damals New Herlingen School nannte, geleitet von einer Anna Essinger, die in Ulm Schulleiterin gewesen war, von einer jüdischen Schule, die in England New Herlingen School war... und nun... in England New Herlingen School wurde... nicht nur leitete, sondern in jeder Hinsicht ihren Stempel aufpresste Sie bestand darauf, dass all die jüdischen Kinder.. allzuviele waren wir ja nicht… Englisch sprachen… was ich nicht konnte, aber versuchte. Es hat mir sehr gut getan, dass ich es versuchen musste wenn ich je durch den Park ging und Deutsch sprachen was ich nicht konnte, aber versuchte… .. Sie war sehr kurzsichtige… hören konnte sie sehr gut ... English „Walter Kaufmann, Please !!!“...habe ich mich zusammengenommen... Ein paar englische Brocken zusammengeholt und meine Unterhaltung weiter in Englisch geführt, aber ich war sehr bald sehr gut.

Henry Wuga In dem Zug waren lauter junge Kinder. Ich kannte keinen von den Kindern. Wenn ich hier ankam in Großbritannien sofort nach Glasgow aber ich hatte ein Heim gefunden in Glasgow, wurde zur Schule geschickt. Dann kamen die Ferien, habe die Familie hier kennengelernt, die Familie Harridge. Ich bin heute noch in Kontakt mit den Enkelkindern von der Familie wurde von einer Familie Sassoon nach Süd- Schottland eingeladen. <> Privat. In Ferien zu gehen. Die hatten ein Haus an der Küste. Da habe ich zum ersten Mal die See gesehen. War fantastisch, ja, war sehr gut.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 30 Da habe ich viel gelernt.

Helen Stern We had to support ourselves.

Henry Wuga Was ich auch noch sagen wollte: für ein Kind zu bürgen, muss man fünfzig Pfund hinterlegen, war viel Geld in 1938/39. Nicht nur das, man musste das Kind kleiden, ernähren und schulen. Um ein Kind anzunehmen, zu bürgen. War schwer für Leute. Ja.

Autor (liest) Das ist der deutsche Pass mit dem J.: Deutsches Reich Reisepass 11 537 Name des Pass Inhabers Wolf Ingrid Sara Staatsangehörigkeit Deutsches Reich, Israel Wuga und seine Ehefrau. 24. Januar 1939 Heinz Israel Wuga, das ist der Personalausweis

Henry Wuga Dann brach der Krieg aus

Winston S. Churchill have nothing to offer but blood, tears, toil and sweat xxvii

Kaufmann Ich erinnere mich deswegen genau an den Tag... deswegen, weil die liebe Anna Essinger, die Leiterin der Schule, mich rufen ließ in ihr Büro, da saßen zwei Engländer in Zivil, die offensichtlich Polizeibeamte waren und sie mir erklärte, Du wirst heute unsere Schule verlassen, die nehmen dich mit die beiden Herren. So leid mir das tutn, ich entbehre Dich… du bist sechzehn Jahre alt, das ist eine Verordnung… wirst bestimmt bald wieder bei uns sein... sie erklärte mir das… warum mit Sechzehn und warum interniert. Und was haben die Engländer gegen mich. Ich bin ganz schweigsam ins Boys House... niemandem etwas erzählt, was passieren würde, habe mein kleines Köfferchen gepackt... alles was ich hatte, dort gelassen habe, in der Erwartung, dass ich wenige Tage später wieder da sein würde, aber das gab’s ja nicht, eine Welt hat mich von England getrennt, bin nach Australien deportiert worden... aber das ist eine ganz andere Geschichte, die ich jetzt nicht erzählen will.

Winston S. Churchill You ask, what is our aim? I can answer in one word: It is victory, victory at all costs, victory in spite of all terror, victory, however long and hard the road may be. xxviii

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 31 Erzähler „Ich habe euch nichts anzubieten als Blut, Tränen, Mühsal und Schweiß“, hatte Winston Churchill bei seiner Kriegserklärung an das Deutsche Reich gesagt, „Denn ohne einen Sieg,“ so der frisch gekürte 65jährige Premierminister am 13. Mai 1940 im englischen Unterhaus, „Ohne einen Sieg um jeden Preis werden wir nicht überleben.“ xxix

Henry Wuga Also, so sahen wir aus, als wir hierher kamen. Hier sind unsere Pässe. Das nehmen wir mit in die Schulen, dass die Kinder das sehen.

Walter Kaufmann Es gab eine Erklärung von Churchill, die umgesetzt wurde, von einem Tag zum Anderen. ‘Collar the lot‘, hieß das. Fangt sie alle ein. ‘Collar‘ heißt, ein Tier einfangen, Collar the lot hat er gesagt, alles was an der Küste deutsch sprich.t.. aus Deutschland kommt, soll interniert werden. Da war eine Invasionsgefahr von Deutschen. Wir waren uns dieser Invasionsgefahr nicht bewusst, der Krieg war längst ausgebrochen. Wir sprechen jetzt von Sommer 40... die Engländer... dass an der Küste Spione sind, das war eine Beruhigung für die Bevölkerung... ein Trostpflaster.

Erzähler Bald nachdem die Schwestern das Kinderheim an der Küste verlassen musste, hört Josie in ihrer Pflegefamilie einen Streit mit an, in dem es um ihre Zukunft geht.

Josie Knight My guardian argued with my uncle to say that he promised that you wouldn't have to pay for me, more than 50 pounds. My uncle begged her, to send me to school to learn something, a trade.

Josie Knight / OV Meine Patin stritt mit meinem Onkel, weil sie nicht mehr für mich bezahlen wollte, als die Bürgschaft. Die fünfzig Pfund hatten ihr gereicht. Und mein Onkel bat sie inständig, die Schulkosten zu übernehmen, damit ich etwas lernen könnte, einen Beruf.

Josie Knight So she sent, after a long argument back and forth and that wasn't the next room and I heard it and I was so shocked about the whole thing.

Josie Knight / OV Schließlich gab sie nach und ich durfte für kurze Zeit einen Kurs für Sekretärinnen besuchen, doch das ist eine traurige Geschichte, von der

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 32 ich nicht berichten will.

Josie Knight But she agreed, to send me for for a short period of time, to learn secretarial work and she did that. <> … that sad Long story. I don't want to go into

Musik Hania Rani, Hawaii Oslo - Live from Studio S2

Henry Wuga Das sind die Original Briefe, die mich ins Gefängnis gebracht haben < These letters send via Brussels in 1940 >

Kaufmann Ich kam von Vavershim in Kent wurde ich im Auto gebracht, ich weiß es nicht mehr genau auf welche Weise im Kollektiv, im Bus, nach Liverpool in ein Lager.. sehr kurze Zeit.. als ein Schiff zusammengestellt worden war für Transporte, wir glaubten Amerika oder Kanada. Dass es schließlich Australien wurde, wussten wir erst später als wir längst auf dem Schiff war. Dass ich freiwillig diese Reise angetreten hatte... wusste ich erst Jahre später... eine Wiedervereinigung mit Schülern stattfand in England... jemand der auch interniert worden war... aber auch auf dem Schiff war ein Arzt namens Kurt Hänle, der zu mir sagte, du warst daran schuld, dass wir nach Australien kamen, denn du hast gesagt,“lets go Helene“.. du hast mich Helene genannt... als der Aufruf kam, nach Übersee zu gehen... du hast dich freiwillig gemeldet, du bist nicht geschickt worden... ich bin auch nicht geschickt worden... mal sehen, was wir jetzt wir erleben. Das war wieder einmal typisch für mich. Ein Abenteuer, bisschen ein Abenteuer, es mich hätte das Leben kosten können.

Erzähler Max Rubinson wird auch im Mai 1940 verhaftet.

Max Rubinson Because I was born in Germany although I wasn't a German citizens ship. The German citizens and my parents were stateless because originally my parents were born in Poland and they came to Stettin lived there. So I was turned in, because I was born in Germany. One of these unfortunate cases, so I was interned and that that is a story by itself.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 33 Max Rubinson OV Meine Eltern waren staatenlos. Sie kamen aus Polen und lebten in Stettin, wo ich geboren worden bin. So galt ich als feindlicher Ausländer. Und wurde interniert. Doch das ist eine eigene Geschichte.

Walter Kaufmann Ja, wir sind torpediert worden...

Max Rubinson I don’t know the length of time of all these places. From Camden Park we went to Berry, which is near Manchester. We slept in an old mill. I don't know as I say I don't know the length of time.

Max Rubinson OV Wir kamen nach Burley bei Manchester, schliefen dort in einer alten Mühle. Wie lange weiß ich nicht und dann ging es auf die Isle of Man. Von dem Lager auf der Isle of Man wurden wir nach Liverpool verfrachtet und dort eingeschifft. Auf der berüchtigten ‘Dunera‘. Ich weiß nicht, ob sie von ihr gehört haben.

Max Rubinson From there we went to the Isle of Man. We were in the Isle of Man and from there we went to live transported to Liverpool and put on a ship. It's the infamous ‘Dunera. I don't know if you heard of this.

Walter Kaufmann Zwei Torpedos sind abgeschossen worden auf unser Schiff un wir haben später in Erfahrung gebracht, dass diese Torpedos sind untüchtig gemacht worden durch Sabotage, die Kreiselkompasse sind beschädigt gewesen, man konnte nicht genau zielen damit, sind unter dem Schiff weg... 51’42 und nicht am Schiff – Dunera. 51’55

Max Rubinson I was on the Dunera and it took us 57 days to reach Sydney. We stopped on the way and took a Taco Rabi in Cape Town and Fremantle in Melbourne. As it happens, before we joined the Dunera the Arandora Star on a ship going to Canada was sunk and above effigies and German prisoners of war and there and the survivors came onto our ship, so that the Dunera had also a German POW on the ship. < POW – Prisoners Of War > They get down below us remember so the German POW were let off the ship or some sort of the ship in Melbourne. <<<< IST DIESEM TAKE ANGEHÄNGT >>>>

Max Rubinson OV In 57 Tagen brachte uns die ‘Dunera‘ von Liverpool nach Sydney in Australien. Auf dem Weg nahmen dir die Überlebenden

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 34 Kriegsgefangenen der ‘Arandora Star‘ auf, die auf ihrem Weg nach Kanada beschossen worden war.

Walter Kaufmann Wir sind mit der Dunera zwei Monate auf dem Weg nach Australien gewesen, ohne zu wissen, dass wir nach Australien kommen... erst als wir anlegten an der afrikanischen Westküste, erst in Takoradi.. in Kapstadt, ahnten wir dass der Weg noch weitergehen würde und später in Australien enden würde. Wir hatten eine ganz, ganz harte Zeit auf diesem Schiff.. für uns alle eine große Qual.. zweitausend Leute interniert auf diesem Schiff in Luken zusammengepfercht mit sehr schlechte Verpflegung, keine Unterkunft, außer dass ein paar von uns Hängematten hatten, die anderen lagen auf dem Boden. Wir sind ganz verwüstet und ganz durcheinander nach zwei Monaten Reise auf See in Australien gelandet

Max Rubinson We went on to Sydney and sit in Sydney. My first impression was always mentioned that there was a box there with food in it with a big apple and the first in possession of it forms of sitting. Of Melbourne was What a lovely country

Max Rubinson OV Dann ging es nach Sidney. Und meinen ersten Eindruck werde ich nie vergessen. Vor mir stand eine Kiste voller großer saftiger Äpfel. Melbourne hat mir gefallen. Was für ein herrliches Land.

16 Walter Kaufmann Ja, ich wurde in die australische Armee aufgenommen.. mit Uniform und allem anderen ausgestattet.. auf einem Rennplatz in Melbourne.. in Gruppen aufgeteilt, die an verschiedenen Stellen zum Einsatz kamen.. im Norden, im Süden, wo immer..

Max Rubinson and from Sydney we went 400 miles inland to the end of the railway line in a little place called Hay and there we were interned for 18 months something I don't know exactly how long. And then I joined the Australian Army.

Max Rubinson OV Von Sidney aus fuhren wir vierhundert Meilen landeinwärts bis an das Ende der Eisenbahngeleise. Die Endstation hieß Hay. Dort waren wir achtzehn Monate Interniert.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 35 Musik Chope auf WADHOM, Digeridoo/Hang Drum

17 Walter Kaufmann Als ich aus der Armee entlassen wurde war für mich keine Rückkehr in Sicht nach Deutschland, die kam erst sehr viel später, die Erkenntnis kam erst sehr viel später.. kam erst 1955/56. Das ist ein langer Weg dorthin. Ich war sehr zum Australier geworden.. am Hafen gearbeitet, nicht nur am Hafen auch hauptsächlich am Hafen, bin durch die Hafenarbeit in die Gewerkschaft gekommen, anders ging es ja gar nicht.. In der Gewerkschaft an Kommunisten geraten, wunderbare Kerle.

Max Rubinson I didn't want to volunteer much. I didn't want to come back to England at first. So I joined the Army and I was in the Army for three years and nine months and then I came back to England in 1946, February 46 and I’ve been here has since ever since well I lived that actually in Paris ever since.

Max Rubinson OV Danach wollte ich nicht nach England zurück. So ging ich zur Armee diente drei Jahre und neun Monate und kehrte im Februar 1946 nach England zurück. Später lebte ich in Paris.

Walter Kaufmann Eines Tages kam einer vom Hafen auf mich zu. Wie kommen Sie denn zurecht, mit Büchern allein wird es ja nicht gehen. Mit Büchern allein wird es ja nicht gehen. Nicht besonders gut. Wollen Sie am Hafen arbeiten, wir können Ihnen die Möglichkeit geben.. habe ich am Hafen gearbeitet.. mein Buch auf einem Schiff vorgestellt... dann gab es die Möglichkeit, mich bei der Seeleute-Gewerkschaft vorstellig zu machen. Ein Gewerkschaftsführer, der Billbird hieß sagte... die Partei wird das möglich machen, dass du auf dem Schlepper arbeitest... ich bin nicht in der Partei... Aber so dein Buch, die Art... mit deinem Buch.. kommunistischen Widerstand... Bist du uns ja ziemlich nah mit deinem Buch ‘Stimmen im Sturm‘. Ich werde mal sehen was ich für Dich tun kann.

Erzähler Schlachthausarbeiter, Straßenfotograf und Seemann, seine Lehrjahre fand Walter Kaufmann in den Docks. Aus dem Entwurzelten wurde ein Schriftsteller auf den Spuren von Egon Erwin Kisch. Von 1956

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 36 bis zu seinem Tod am 15. April 2021 fand der Charakterproletarier und von der Stasi beäugte Vorzeigeausländer Walter Kaufmann seinen Heimathafen in Ost-Berlin.

Walter Kaufmann Und ich war so verankert mit den australischen Seeleuten nach einiger Zeit, nach zwei Jahren, dass sie mich delegierten zu den Weltfestspielen nach Warschau.. Die waren 1955. Da war ich vom 53er Jahr bis zum 55er Jahr war ich auf australischen Schiffen gewesen, wäre auch weiter auf australischen Schiffen geblieben, wenn ich nicht die Möglichkeit gehabt hätte durch die Delegierung nach Polen und nach der Sowjetunion und nach Europa zu kommen.. die haben Geld für uns gesammelt, damit wir die Fahrt für uns bezahlen können.. Geld.. gesammelt, dass wir in Europa bleiben können und überhaupt keine Bedingungen gestellt, nur die eine Hoffnung ausgedrückt. Wenn ihr zurückkommt schreibt darüber und erzählt darüber, genau das habe ich gemacht.

Erzähler In Glasgow zeigt mir Henry Wuga ein Schreiben seiner Eltern vom Dezember 1939. Diese Korrespondenz unter Umgehung der Zensur während des des Krieges bringt dem 16jährigen eine Vorladung zum englischen Geheimdienst ein.

Henry Wuga These letters send via Brussels in 1940 Nürnberg Brüssel Glasgow and vice versa. Corresponding with the enemy.

(( SZENE BEIM INTERVIEW IN GLASGOW )) << Autor >> Darf ich das mal lesen. << Wuga >> Sure << Autor >> Dann müsste ich den aber oder sie müssten den herausziehen, weil er hinter dem Etikett ist. KNISTERT 4’55 Bruxelles, Louis 18. Decembre 1939 48 Avenue Moliere. Lieber Heinz. Wir wundern uns dass du trotz unserer letzten Ermahnung nun wiederum bis heute an deine Eltern nicht geschrieben hast. LACHT Und wir hoffen dass du immer wohl auf ist. Lieber Heinz du und auch Gustav kamen dann noch verspätet an Großmutters Geburtstag vergessen. Was nicht hätte vorkommen dürfen.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 37 KNISTERT Deine Eltern waren vier Tage bei Großmutter und sind glücklich sie in so guter Verfassung angetroffen zu haben. Lieber Heinz hab’ Geduld und bitte Grete immer wieder, wir glauben, einmal wird sie was für dich finden. Natürlich können wir verstehen dass es die dein und natürlich auch unser Wunsch ist denn je eher Du weiterlernst, je besser um später bälder verdienen zu können, was einmal doch wichtig ist sagt Frau Hurf noch für dich ? Du solltest aber wirklich öfters von dir hören lassen, wo wir immer so sehr darauf warten. Hast du denn kein Geld für Porto, so bitte Gustav darum. Er wird es Dir gerne geben. Wenn du frierst, so nehmen die Garnituren mit langer Hose (( WUGA LACHT ))

<< Wuga >> Eltern schreiben das, ja denn Gretel sagte ja schon immer, wie kalt es dort ist. Glaubst du es nun? Wir sind in Gedanken oft bei Dir und deinen Geschwistern (das habe ich nicht verstanden )bei Dir und Vaters Geschwister fragen immer nach Dir und grüßen dich herzlich ebenso Tante Ida Bergmann. Es geht nun beim Konsulat in Stuttgart sehr schnell schreib nur deinen Freunden wieder. Wir denken, übers Jahr wirst du bei ihnen sein. Sie alle warten auf dich und was hörst du von Herbert Tante Friedel kommt viel zu uns und wenn du Irene wieder schreibst, so Du gib ihr auch deine Adresse an. Vater hat den Arm in Gips, da er hingefallen ist und der Knochen gesplittert ist. Natürlich ist dies eine unangenehme Sache, da man mit nur einem Arm überall behindert ist, wobei es leider nicht so schnell gut sein wird.Für heute noch recht innige Grüße Lore Karl hm und noch wer. Lore, Karl, Minna und Sally

<< Autor >> (( IN GLASGOW )) Das sind die Briefe dann an Sie, jeweils die zurückgekommen sind. << WUGA >> Das ist nur ein Brief... zu zeigen was Papier wir hatten auf der Isle of Man. Das ist natürlich interessant für die Schulkinder, die können das anfassen.

Musik Hania Rani, Hawaii Oslo - Live from Studio S2

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 38 (FORTSETZUNG VON MUSIKBEGINN DER Std 2)) xxx

Henry Wuga Ich war auf der Isle of Man... Kindertransport... Ich bin jetzt in Glasgow angekommen. Der Krieg bricht aus. <> let me tell you

Kaufmann Es gab eine 48’14 Erklärung von Churchill, die umgesetzt wurde, von einem Tag zum anderen. ‘Collar the lot‘, hieß das. Fangt sie alle ein.

Henry Wuga / 37’52 In The House of Commons Winston Churchill schlug auf den Tisch mit seiner Faust and said „Collar the lot“ und da wurden 150.000 jüdische Männer und ein paar Frauen von dem Ausland, also von Deutschland, Österreich, Tschechoslowakei eingesperrt

Kaufmann ‘Collar‘ heißt ein Tier einfangen, alles was an der Küste deutsch spricht und aus Deutschland kommt, soll interniert werden.

Henry Wuga Der Krieg bricht aus. Sofort man hat keinen Kontakt mehr mit dem feindlichen Land, kein Telefon, keine Briefe. Wie kann ich mit meinen Eltern korrespondieren? Ich hatte einen Onkel namens Würzburger in Brüssel.

Kaufmann Da war eine Invasionsgefahr von den Deutschen. Wir waren uns der Invasionsgefahr nicht bewusst, der Krieg war längst ausgebrochen. Sommer 40.. die Engländer, das sie glaubten, dass an der Küste Spione sind... eine Beruhigung für die Bevölkerung. Es war ein Trostpflaster.

Henry Wuga Ich schickte Briefe nach Brüssel an meine Mutter und Vater nach Nürnberg, die kamen zurück, das passierte drei oder viermal. Die Polizei kam zu mir. Corresponding with the enemy. also Briefwechsel mit dem feindlichen Land während dem Krieg, eine sehr schwere... Unglaublich. Ich war 16 Jahre alt. Ich wurde in das Hohe Gericht, High Court in Edinbourgh. Wir kamen hier in dieses Land als refugees of Nazi oppression due to religious persecution. Ok. Wir waren hier friendly enemy aliens – freundliche feindliche Ausländer. In einer halben Stunde im High Court in Edinbourgh

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 39 became ich in dangerous enemy alien Kategory A. Corresponding with the enemy, ich wurde schwer bestraft. Die wussten natürlich nicht. Was sollen sie mit mir tun.

Musik

Henry Wuga Ich war 16 Jahre alt. Ich erzählen das ausführlich, wurde von zwei Detektiven in Edinbourgh in den Zug gesetzt, eingesperrt in den Zug. Eine Stunde nach Glasgow. In Glasgow haben mich Detektiven abgeholt, Queen Street Station, wurde nach Hause gebracht zu Mrs. Harridge. Ich habe eine Stunde einen Koffer zu packen, ein Köfferle und einen Anruf durfte ich machen, dann haben sie mich zum Polizeipräsidium gebracht aber die haben mich nicht angenommen. Schottland ist ein zivilisiertes Land, unter 17 darf man nicht eingesperrt werden. Da wussten die nicht, was mit mir zu tun.

Musik

Henry Wuga Da wurde ich in ein Remandhome, ein Heim für 14, 15 jährige Kinder, die eingesperrt sind für ein paar Nächte, dann wurde ich in Merry Hill Baracks, ein Armee Lager hier in Glasgow hingebracht mit 25 deutschen Matrosen. Deutsche Schiffe, die nach Deutschland fuhren zwischen England und Island wurden von der britischen Navi festgenommen. Und die wurden eingesperrt. Ich war der einzige Jude. Das war natürlich sehr schwer. Vierzehn Tage. Was habe ich da getan. nichts getan. Wir haben rumgesessen. Es war furchtbar. Einer hat mich ein dreckiger Jude genannt, ein anderer hat ihn geschlagen. Man hat mich dann angenommen. Dann kamen wir nach Edinburgh, in Edinburgh wurde ein Internierungslager aufgemacht, Dumb to school – Eine Schule for deaf and dump – eine Schule für Blinde und Schwerhörige. Das wurde ein Konzentrationslager. Ich war der einzige Jude mit diesen Soldaten. Der Kommandant kam von diesem Lager, kam zu uns und sagte, ist hier jemand, der kochen kann. Ja, ich kann kochen. Ich mein’, das ist eine Chutzpe. Ich hab’ gefühlt, das kann ich tun. Wir hatten große Küchen. Das war eine große Schule, da wurde uns

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 40 gesagt, da kommt jetzt Internierung, binnen 24 Stunden kommen 170 Leute. Könnt ihr kochen. Ich habe gesagt, ja, ich kann das tun. Ich habe natürlich meine Helfer in der Küche waren diese deutschen Matrosen und wir haben gekocht und dann kamen 170 Leute an. Darunter mein späterer Schwiegervater, ja, all die Juden wurden interniert. Wir waren in verschiedenen Camps. Dann kamen wir auf die Isle of Man.

Erzähler Hugo Baruch, Überlebenskünstler, Hochstapler und Neffe gleichnamigen Berliner Varieté Tycoons im Kaiserreich wird als „feindlicher Ausländer“ gleichfalls interniert. Ludwig Lugmeier, Frankfurts berühmtester Bankräuber verwandelt sich in 17 Jahren Haft zum Schriftsteller. Lugmeier beschreibt in seiner flamboyanten Biographie von Käpt’n Bilbo, wie sich Hugo Baruch später nennen sollte, eines der Lager auf der Isle of Man, wo der jüdische Flüchtling neben deutschen Wehrmachtssoldaten während des Krieges einsaß.

Ludwig Lugmeier Das Internment Camp Nummer 12, Warth Mill, am River Irwell gelegen, war bis 1928 eine Jutemühle und Baumwollfabrik. < Danach stand > sie leer. xxxi

Erzähler in seinem Tagebuch berichtet Hugo Cyril Kulp Baruch alias Kapt’n Bilbo von seine Zeit im Lager auf der Isle of Man.

Ludwig Lugmeier Der Zustand der Gebäude war unbeschreiblich und ekelerregend. Überall der penetrante Jutegeruch; wo man den Fuß auch nur hinsetzte, brach der verrottete Fußboden ein. Dafür lief dicht um das Haus ein doppelter Stacheldrahtverhau <> der es unmöglich machte, auch nur drei Schritte an der frischen Luft spazieren zu gehen. <> Um so fataler das, als unsere sanitären Anlagen jeder Beschreibung spotteten. Sie bestanden aus alten Marmeladeeimern. xxxii

Henry Wuga / 39’27 Die Isle of Man war ganz unglaublich. Wir hatten fünf, sechs, sieben Lager verschiedene Lager. All diese internierten Leute, jüdische Leute, Geschäftsleute, viele Professoren, in einem Lager waren von 200 Leuten waren 50 Professoren. Also im Lager konntest Du alles lernen, Philosophie Medizin Mathematik. 40’08 Es war unglaublich.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 41 Ludwig Lugmeier Achtzehn Wasserhähne für fünfzehnhundert Männer, weder Betten noch Tische, keine Medizin, keine ärztliche Versorgung, dafür Wanzen, Läuse und Ratten. »Statt Warths Mill nannten wir unsere Unterkunft ›Rat’s Mill‹, Rattenmühle.« Weil Kommandant Major Braybrook der Sold, gemessen am Rang unzureichend erscheint plündert er die Kartons mit den Effekten, eignet sich das Geld und die Uhren der enemy aliens an und lässt die Fleischportionen verkleinern, um das eingesparte Fleisch auf dem schwarzen Markt zu verkaufen. Es herrscht Hunger im Camp und „es fehlte nicht viel und es wäre zu einer Meuterei gekommen.“ xxxiii

Erzähler Anders waren die Verhältnisse im Hutchinson Internment Camp, einem Lager in Douglas auf der Isle of Man, wo der 1912 in Lübeck geborene jüdische Kunsthistoriker Klaus Hinrichsen bald nach seiner Internierung zum Sekretär der Kulturabteilung berufen wurde und Lesungen, Konzerte und Ausstellungen für die Kriegsgefangenen arrangierte. In Internierungslager von Douglas saß auch Kurt Schwitters ein, der seinen Freund Hinrichsen portraitierte. Das Bild zierte 1941 eine Briefmarke der Ilse of Man. Klaus Hinrichsen erinnert sich.

Klaus Hinrichsen Auf der Isle of Man <> hat es neun Internierungslager gegeben, zwei für Frauen, sieben für Männer. Das Hutchinson Camp war eines davon. Es war gut organisiert, geradezu demokratisch. Jedes Haus wählte einen Vertreter, und wenn es Beschwerden oder Anliegen gab, teilten sie diese dem Lagersprecher mit, der sie an den Kommandanten leitete. Meist ging es ums Essen. Porridge. Jeden Tag Porridge. Soll ja gesund sein, aber ich habe in meinem Leben nie wieder Porridge gegessen. xxxiv

Henry Wuga Ich war der Jüngste dort. Für mich war, diese zehn Monate. Für mich war das wie eine Universität. Nur in einem Lager hat man uns schlecht behandelt. Auf der Isle of Man hatten wir genug zu essen, wir waren natürlich hinter Stacheldraht.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 42 Klaus Hinrichsen Die Häuser waren solide gebaut, vorher hatten in ihnen ganz normale Leute gewohnt, mit Toiletten und fließendem Wasser, mit Tischen und Stühlen und Betten und open fireplaces natürlich, was wichtig war, denn die Isle of Man kennt kalte Winter. Zur Verdunklung hatte man die Fenster blau übermalt, es wurde ja mit deutschen Fliegern gerechnet. Weil wir aber raus sehen wollten, schabten wir Gucklöcher frei, und da gab es nun einen Designer aus Leipzig, Hellmuth Weissenborn, der kratzte Gestalten der Mythologie in die Scheiben: Artemis mit einem Bock, Najaden, einen Kentaur, einen Delphinreiter, der ins Muschelhorn blies. Andere taten es nach, und so wurde die Lagerstraße zu einer Open Air Galerie. Damit fing im Hutchinson Camp das Kulturleben an. xxxv

Henry Wuga Wir konnten uns selbst regieren aber wir durften nicht raus Wir waren ja eingesperrt, was uns nicht gefallen hat. Hier sind wir hinter Stacheldraht Es ist Krieg God forbid, wir verlieren Krieg, hier sitzen wir wieder in einem Lager abgeholt zu werden.

Klaus Hinrichsen Die Vorlesungen fanden auf einem Rasenplatz statt, und Sie dürfen mir glauben, das bekam man in Cambridge nicht besser geboten. Philologie, Literatur, Philosophie, einer lehrte Sinologie, Richard Friedenthal sprach über die Reconquista, er hatte ja einen Roman über Hernán Cortés geschrieben. Bruno Ahrends, der von Beruf Architekt war, führte Kurse ein, time-tables for lectures nannten wir sie, an denen jeder teilnehmen konnte. Wir gaben eine Lagerzeitung heraus, auf Englisch, The Camp, und es wurde Theater gespielt und es fanden Ausstellungen und Lesungen statt. xxxvi

Henry Wuga Wir hatten einen Brief in der Woche auf Papier, <> an Mrs. Harridge habe ich nicht geschrieben. <> Briefe wurden geschrieben, hat man benützt um sich zu beklagen. Wir sollen nicht hier sein auf der Isle of Man, lasst uns raus, ihr braucht uns. Wir sind die Antifaschist Kämpfer, ihr braucht uns, lasst uns raus.

Ludwig Lugmeier Kurt Schwitters kommt im Juni 1940 ins Hutchinson Camp. Er porträtiert Gefangene (Halbfigur mit Händen: 5 Pfund, Halbfigur ohne Hände: 4 Pfund, nur Kopf und Schultern: 3 Pfund), gestaltet Plastiken und Skulpturen aus Porridge, setzt, was ihm unter die Finger gerät, zu

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 43 Kollagen zusammen, Zigarettenschachteln, Briefmarken, Bonbon- Papierchen, und stellt sie aus in »The Artist’s Café«. Bei der Vernissage rezitiert er die »Ursonate«, »Lanke trr gl / Pii pii pii / Ooka ooka ooka …« und schafft damit den Hutchinson-Gruß. xxxvii

Klaus Hinrichsen Viele Jahre danach, da war Kurt Schwitters schon tot, bin ich einem aus dem Lager begegnet. Ich habe ihn nicht erkannt, aber als er mich grüßte: ‘Lanke trr gl pii pii pii‘ habe ich automatisch erwidert: ‘Ooka ooka ooka.‘ Was da die Leute gedacht haben mögen? xxxviii

Henry Wuga Was mir gefallen hat. Meine Briefe wurden zu der Zeitung The Manchester Guardian geschickt, heutzutage The Guardian. Da war eine Dame eine MP namens Eleanor Rathborne, Meine Briefe wurden von ihr im House of Commons vorgelesen: Lasst uns raus. Also da hatte ich das Gefühl, Du sitzt auf einer Insel hinter Stacheldraht. Du schreibst einen Brief um. Das ist nicht richtig lass uns raus. Und das wird im Parlament vorgelesen. Da hatte ich das Gefühl, das ist eine Demokratie. Das war sehr gut. Nach zehn Monaten wurde ich entlassen. Am letzten Tag sagt der Kommandant zu mir, Henry Ich kann mich nicht länger behalten. Du bist unter 18 Jahren. Du darfst nicht interniert sein. Aber ich weiß nicht wie man das auf deutsch sagt: The wheels grind slowly – Bürokratie unglaublich. Ich kam zurück nach Glasgow und so war das. Leider leider, während ich im Lager war, ich bekam einen neuen room mate – Zimmergenossen. Der war ein deutscher Offizier, wie kommt der ins Internierungslager, ja, der arbeitet in Metallurgie für die britische Aluminiumcompany, stellt sich heraus, der war von Mi5, der wollte mich betrunken machen, die wollten sehen, wurden meine Briefe nach Brüssel wirklich benutzt, um zu spionieren. Das habe ich nur vor zehn Jahren rausgefunden, habe ich geschrieben an die Archives in London, hat mir gesagt, wir können dir nicht alles erzählen. Natürlich haben sie alles geschickt. Das war Mi5. Man hat wirklich geglaubt, meine Briefe wurden benutzt. Ich kann das verstehen. Heutzutage ist das wieder so. Aber dort bin ich dann freigelassen worden. Man hat nichts gegen mich gefunden die Mi5 schrieb, Ich habe das alles jetzt hier

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 44 (( SZENENWECHSEL ))

Henry Wuga Ja, das sind die Sachen von Mi5 << AUTOR >> TNA Reference HO drei neun sechs Strich zwei null zwei W Second Car. Reasons for decision: Both Parents are residents in Germany and he corresponds with them through the Red Cross and until recently through a relative in Bruxelles. He is above average intelligence having recently passed his living Certificate. He lived in, what is now a protected area from September 1939 until recently. The Chief Constable recommended internment and the alien failed to satisfy the committee that he could with safety be left at liberty Signature Roderick, 20.06.40 oder so.. Das ist das << Wuga >> Hier nennen sie mich The Alien, all of a sudden.. I am a boy

<< Autor >> TNA Reference HO 396 202 W First Card Reason We see now no reason, why this boy should not go back to the care and friendly custody of Mrs. Harwich and her son. Wuga has expressed willingness to do any kind of work in furtherance of the war effort and we think, it should be represented to the Harwichs, that the boy should be put to some useful occupation into a reasonable time from now. Classified C No adverse reports from camp or Mi5 26. März 41

<< Wuga >> Unglaublich

Henry Wuga / Das erste Mal als ich interniert wurde, war ich noch in der Schule, war empört. Dieser Junge Alien, Junge das feindliche Kind soll interniert werden soll nicht freigelassen werden. Nach zehn Monaten Wir haben nichts gegen ihn gefunden, schickt ihn zurück zu Mrs. Harridge. Er sollte dem War Effort helfen, kam ich zurück nach Glasgow und habe dann angefangen zu arbeiten. Natürlich wollten wir alle kämpfen, zur Armee konnten wir nicht gehen, <> ins Pioneer Corps konnten wir gehen. <> Ich wollte zur Merchant Navy gehen. Wir konnten wenigstens in eine Fabrik gehen um Munition zu machen.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 45 Ich ging zum Arbeitsamt <>. Ich will zum Pionier Chor gehen und ich will Munitionen machen. Hier waren große Fabriken in Glasgow. Im Arbeitsamt, hinter der Theke steht der junge Mann, der war zwei Jahre älter als ich, der nannte mich Speci – Spectacles, Sagt er Specki, Du gehst nirgendwohin, ich sagte warum? Ich will helfen. Nein wir brauchen auch Leute, die kochen für die Bevölkerung Durch diesen jungen Mann dürfte ich nicht, habe ich den ganzen Krieg in Restaurants in Glasgow gearbeitet, um der Bevölkerung zu helfen. Unglaublich, dass ein junger Mann, zwei Jahre älter als ich hat mein ganzes Leben so gesteuert. Ich weiß nicht, wie man das auf Deutsch nennt, das ist Faith auf Englisch.

Musik Hanns Eisler, Andre Asriel, Anmut spare nicht noch Mühe

Erzähler André Asriel wird seinen Lehrer Eissler erst nach seiner Remigration in Ost-Berlin auf dem Klavier begleiten. Für den jungen Wiener mit den zwei linken Händen, den es zu Kriegsbeginn in eine englische Fabrik verschlug, fand sich das Ende seiner Odyssee und der Anfang seiner Liebe zu den Liedern von Hanns Eisler in einem Flüchtlingsheim in der englischen Grafschaft Kent.

André Asriel Also zunächst muß ich wiederholen, als ich 1938 kurz vor Weihnachten auf die Eisenbahn gesetzt wurde, mit meinem Koffer, hatte ich keine Ahnung, was überhaupt mit mir passiert. Meine Mutter hat gesagt, muss, musst weg... aber warum und wieso das wara mir ein Rätsel. Vernünftigerweise hat meine Mutter dafür gesorgt, dass ich vor meiner Abreise intensiven Privatunterricht auf Englisch bekam, was mir doch etwas geholfen hat, aber das war auch alles.

Musik Hanns Eisler, Andre Asriel: Anmut spare nicht noch Mühe AUF Hanns Eissler – Dokumente . Documents, Berlin Classics

André Asriel Aber das war eigentlich auch alles. Ich bin völlig ahnungslos in die Bahn gestiegen und dann nach Antwerpen und dann nach London gefahren und habe dort eins, zwei Verwandte kennengelernt, mit denen ich absolut nichts anfangen konnte

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 46 zumal die Männer die ich aus der Asriel-Sippe kenne, kleine hässliche Jüdchen sind, während ich 1,85 groß war und völlig aus dem Asriel’schen Stil gefallen bin und dann kam noch dazu, das ich mit der Religion absolut nichts am Hut hatte und dann wurde das ein schwieriges Verhältnis mit den Verwandten> Und dann wurde ich abgeschoben in ein Flüchtlingsheim.

Erzähler Man soll über Verstorbene nichts Böses sagen – Asriel verstarb am 28. Mai 2019 in Berlin – aber für mich klingt diese Passage von André Asriel, der mit anderen jüdischen Kindern in einem Kindertransport gerettet worden ist und zum Zeitpunkt unseres Gespräches etwa 95 war, antisemitisch. – Nicht alle Zeitzeugen duften nach Ambrosia. Doch hier geht es um die Opfer eines anderen Verbrechens gegen die Menschlichkeit.

Musik

André Asriel Also die erste Zeit... ich konstruiere mir das rückblickend, muss ziemlich schrecklich gewesen sein. A) Heimweh, mörderisches Heimweh... abgeschnitten von den Eltern... kein Kontakt... keine Post nichts – Klaviere waren immer da, merkwürdigerweise, in irgendwelchen Heimen standen immer die schrecklichsten Apparate herum, völlig verstimmt und so weiter, aber Klavier ist Klavier.

Henry Wuga Wir hatten Bombenangriffe hier in Glasgow verschiedene Male. Das Leben ging weiter. Natürlich alles war rationiert, es war schwer. Aber ich kam zurück nach Glasgow, hab Arbeit gefunden in einem Restaurant in verschiedenen Restaurants. Aber ich wollte da natürlich mit jungen Leuten zusammen sein. Und hier in Glasgow hatten wir ein Refugee Centre in der Sokaihal Street. Da waren die jungen Leute, da hat man hingenommen. Da habe ich meine Frau getroffen, Ingrid, das war 60 junge, viele junge Leute. Dann haben wir Erlaubnis bekommen zu arbeiten. Ja, nach ‘41. Natürlich mussten wir arbeiten, wir brauchen unsere Kräfte zu helfen, dem Krieg zu helfen, wir waren natürlich sehr links eingestellt.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 47 André Asriel Arges Heimweh, dann ist die Mutter gestorben. Nu war ich also völlig allein auf mich gestellt, musste mich daran machen aufzuwachen ... diesen oder jenen kennengelernt und bin dann, nach einiger Zeit, wie das Flüchtlingsheim war in dem schönen Örtchen Deal. Und dann habe ich wieder Kontakt gekriegt mit Erich Fried.. ein sehr wichtiger Kontakt.. in London und der hat mich dann seltsamerweise vermittelt... an die Freie Deutsche Jugend, die es in England gab, die FDJ, eine der Urformen der DDR FDJ, wo junge Flüchtlinge aus Deutschland, vorwiegend jüdische, aber nicht nur.. organisiert waren.

Musik Heiner Goebbels, Ensemble Modern, Eislermatierial: Allegro assai –

Henry Wuga Was hab ich von meinen Eltern gehört. Das Rote Kreuz. Da kam ein Formular vom Roten Kreuz. Da durfte man 25 Worte schreiben, Liebe Mutter, lieber Vater, wie geht es dir. Hoffentlich sehen wir uns wieder. Etc. Das ging zum Roten Kreuz. Das wurde an meine Eltern geschickt. Die haben 25 Worte hintendrauf geschrieben. Das kam zurück. Das dauert sechs oder neun Monate. Also in den vier Jahren, ich hab ja alle Briefe hier noch, hat man einmal in sechs oder neun Monaten gehört, ob sie noch am Leben sind. Das war für mich sehr schlimm. Und der Krieg ging nicht gut am Anfang. Dann ging es besser aber wir haben weitergearbeitet in dieser Jugendgruppe, wir sind marschiert am ersten Mai. Wir waren viel sehr links stehend, um Demokratie wieder aufzubauen.

Musik Heiner Goebbels, Ensemble Modern, Josef Bierbichler Eislermaterial, Anmut sparet nicht noch Mühe

André Asriel Dass ich in die FDJ kam war von großer Wichtigkeit, erstens, weil es so eine Art Familienersatz wurde. Ich hatte jemanden mit dem ich reden konnte. Ich bin dann auch in eines der zwei Häuser gezogen, die die FDJ in London geführt hatte. Wie ich die Miete bezahlt habe, weiß ich nicht, ich habe nix verdient. Jedenfalls war die FDJ von großer Wichtigkeit für mich, weil ich da wieder Ansprechpartner hatte und nicht mehr ganz alleine war. Außerdem habe ich dort junge Leute kennengelernt, die mir diverse Literatur in die Hand gedrückt haben.. darunter zum Beispiel das Kommunistische Manifest. Ich erinnere

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 48 mich, dass die Lektüre dieses Buches für mich so eine Art ein erstes Aufwachen war. Ich habe mir zum ersten Mal den Kopf darüber zerbrochen, wie das mit dem Geld funktioniert, alles Dinge die mir früher völlig unverständlich war. Ich wusste nur, dass ich eine Abscheu vor dem Geld hatte, ich aber ich fand diese Geldwirtschaft ekelhaft... es wird alles für Geld gekauft, gleichgültig ob es Schokolade oder Damenstrümpfe oder Hufen sind, ich fand das widerlich und abstoßend und das ist mir bis heute geblieben dieser Ekel davor.

Henry Wuga Wir waren in einer Gruppe, die nannte sich auch Freie Deutsche Jugend. Aber in Glasgow war das anders. Von all unseren Kindern hier in Glasgow, von all unseren Freunden in Glasgow. Ich glaube nur vier sind zurückgekehrt nach Deutschland oder Österreich, um Demokratie wieder aufzubauen. Die anderen, wir haben gesagt, da gehen wir nicht hin. Wir sind hier wir bleiben hier und wir wollen. Wir wollen hier im Lande Mitbürger werden. Und dann natürlich durften wir nach fünf Jahren durften wir naturalisiert werden, hat man seinen britischen Pass bekommen, das man endlich den deutschen Pass, wo nicht nur Heinz Martin Wuga, Heinz Israel Wuga, Ingrid Sara Wolf, da wurde dann ein rotes J drauf gestepmpel, das jeder wusste, wir sind Juden. Das sind wir dann losgeworden. Wir waren froh, proud britische Staatsbürger zu werden, stolz darauf, ja sehr

André Asriel Die Moorsoldaten zum Beispiel... 35’52 Die Bekanntschaft mit diesen Liedern das war sehr wichtig für mich (( ÜBER VORSPIEL ))

Musik

André Asriel Dann die Lieder aus dem Spanischen Bürgerkrieg, wo ich zum ersten Mal Ernst Busch singen hörte. Und den Namen Hanns Eissler.. zum ersten Mal gehört.. von Eisler habe ich dann im Verlauf der Zeit dies und jenes in die Hand gekriegt.. der war mittlerweile nach Amerika abgerauscht, der war ja auch in England kurze Zeit. Die Eislersche Musik war damals für mich der Inbegriff dessen, was ich mir als Musik für Sozialismus vorgestellt habe. So müsste es sein, habe ich mir gedacht.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 49 Henry Wuga In diesem Club habe ich meine Frau getroffen. Da habe ich viel gelernt. Wir hatten viele Diskussionen. Wir haben natürlich dem Krieg viel geholfen, wir wollten gewinnen, wir haben aber viel Kultur. Wir haben viel von Musik gelernt. Da habe ich erstmals viel von Mozart und Janácek gehört. Phantastisch. Wir waren jung, manche Leute waren älter. Für mich war das sehr wichtig, in dieser Jugendgruppe zu sein.

André Asriel Die FDJ war einmal so eine Art Familie. Zweitens war es mir eine Begegnung mit der Arbeiterbewegung. Der sozialistischen Idee bin ich bis heute treu. Trotz der vielen Unglücke, die darin passiert sind. Ich glaube, dass das schon ein richtiger Weg ist. Aber es wird noch wesentlich länger dauern bis das auf vernünftige Art und Weise zum Tragen kommen kann.

Musik

Erzähler Wie aus Emigranten Remigranten wurden, davon wird in der dritten Stunde die Rede sein. Wie es ihren Eltern ergangen ist, die der Gestapo entgangen sind und sich nun deutschen Nachkriegsbeamten gegenüber sahen, die sie vor Kriegsende enteignet hatten und nun nach Belegen für ihren Aufenthalt in deutschen Vernichtungslagern fragten. Der Wiener Fußballer Hans Menasse wird erzählen, Robert, sein Sohn und André Herzberg, der in der DDR einst weltberühmte Sänger der Rockband Pankow, André Asriel, Henry Wuga und die Schwestern Stern, die nach dem Krieg nach ihrer Heimat suchten. Sie alle könnten nicht erzählen, wenn das jüdische Flüchtlingsdrama den englischen Broker Nicholas Winton in der Sudetenkrise kalt gelassen hätte.

13 André Asriel Ich bin in der dritten Emigration jetzt. Einmal von Österreich nach England, dann von England in die DDR und jetzt von DDR, ohne dass ich verreisen muss, ins Ausland wieder, ins kapitalistische. Der Kapitalismus hat uns eingeholt. xxxix

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 50 Henry Wuga This is my mother’s star. <> Why did you keep it Henry Wuga Why not. Good God, of course you have to keep it, jeder musste das tragen. <> Ja aber sie haben sich nie entwürdigt oder gedemütigt gefühlt durch den gelben Stern <> Nein <> Sondern eher beleidigt <> Eher beleidigt.

Musik

(( MUSIK HOCH UND ZUENDE ))

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 51 3. STUNDE

Musik 2

Henry Wuga Es hat meine Mutter hier nicht gefallen.

Helen Stern Two of us were in London.

Henry Wuga Sie verließ einen vierzehnjährigen, fünfzehnjährigen Jungen, der ist jetzt ein verheirateter Mann

Helen Stern And my little sister was with a family outside in the Sussex somewhere where we were in touch all the time of course because we did not we received better letters from our parents. For until 1942, March 1942 that last letter was dated March 42. They were deported and on six of June 1942.

Helen Stern / OV Zwei von uns lebten in London und meine kleine Schwester war irgendwo in Sussex untergebracht. Wir ließen unsere Verbindung nie abreißen, weil wir so selten Briefe von unseren Eltern erhalten haben. Am sechsten Juni 1942 wurden unsere Eltern deportiert.

Henry Wuga Sie hat sich alleine gefühlt und sie mag Ingrid als Frau aber nicht als – <> als Ehefrau.

Helen Stern The last letter we had was March in 1942.

Helen Stern / OV Das letzte Schreiben unserer Eltern erhielten wir im März 1942. Wir hatten immer angenommen, man habe sie in Auschwitz umgebracht, doch es scheint, das niemand weiß, wohin sie deportiert worden sind.

Helen Stern Well we always thought, they went to Auschwitz, but now nobody seems to know exactly, where they went. They were sent to Sobibor.

Erzähler In der Dritten Stunde blicken wir auf die Erlebnisse der geretteten Kindertransportkinder im und nach dem Krieg. Wie erging es ihnen, als sie ihren Eltern wieder gegenüberstanden. Die in die alte Heimat

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 52 reisen, um ihr Elternhaus wiederzusehen. Für die Ermordeten endete das Leben am Bahnhof. Für die Überlebenden beginnt die Konfrontation mit ihrer zerbrochenen Familie beim Wiedersehen nach dem Krieg. Für die Nachgeborenen ist der Konflikt bis heute nicht zuende.

Musik

Erzähler Landgericht heißt der Roman in dem Ursula Krechel den seelischen Kriegsschäden der jüdischen Familie Kornitzer nachspürt. Literatur kann das, kann tiefer gehen als Zeitzeugen, die sich schützen müssen. Nur der Atem bei der Aufnahme verrät, was verborgen bleiben soll. Richard Kornitzer, der Vater im Roman kehrt aus seinem Exil zurück. Seine Frau Claire hat sich in Süddeutschland versteckt. Frank Arnold liest.

Krechel Als Kornitzer Bettnang verlassen hatte, überfiel Claire die Einsamkeit wie ein feuchtes Tuch. Sie blieb tagelang im Bett betrachtete finster ihre Füße mit den Frostbeulenschäden und verkroch sich. xl

Erzähler Richard ist Jude. Claire nicht. Beide – moderne Berliner, die das kulturelle Leben in den Weimarer Republik genossen haben, bis sich Richard nach Kuba retten kann, Claire reist an den Bodensee, die Kinder scheinen irgendwo verschollen. Nach dem Kindertransport reißt der Kontakt zu ihnen ab. Die Mutter vegetiert in Schwaben, der Richter kämpft mit Nazis in Mainz am Rhein. Seit Jahren haben Richard und Claire von ihren Kindern nichts mehr gehört.

Krechel Dann schickte Frau Pfempfle ihren jüngsten Sohn, den Tänzer, mit einem an Claire adressierten Brief hinauf in die Dachkammer. Es war wie eine Steigerung, eine einfach strukturierte Inszenierung: Nun stehen sie endlich wieder auf. xli

Henry Wuga Viele von den Kindertransport Kinder kamen natürlich in das jüdische oder schottische Niveau und wurden mehr schottisch, als manche Refugees.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 53 Krechel Schon den Absender des Briefes zu entziffern, elektrisierte sie. Sie riss den Umschlag auf und las. Die Kinder waren gefunden worden. Das Rote Kreuz, an das sie sich gleich nach Kriegsende gewandt hatte, ebenso wie sie den Aufruf zur Meldung deutscher Bürger jüdischer Konfession des Landkreises beantwortet hatte, war nach dem Anschreiben der ersten Pflegefamilie in England fündig geworden, und es hatte die Auskunft erhalten, die Kinder seien von dort in ein Heim gekommen. (Davor graute Claire: Die Kinder in einem Heim.) xlii

Erzähler Während dessen hält sich André Asriel mit Gelegenheitsauftritten über Wasser. In der Fremde wird aus dem Musiker ein Komponist.

André Asriel Also die allerletzten zwei Jahre, 44/45/46 war ich damit beschäftigt Geld heranzuschaffen für die Miete, die ich sonst nicht hätte bezahlen können für das Kabuff, dass ich damals bewohnt hab.

Krechel Aus diesem Heim seien sie zu einer zweiten Familie übergesiedelt, und nun lebten sie seit vier Jahren, also etwa seit Kriegsende, bei einer dritten Familie in einem Dorf in Suffolk.

André Asriel Komponiert habe ich ein halbes Dutzend für die FDJ mit Erich Fried Texten vor allem. „Wir lieben das Leben, die Sonne und den Wind“ hieß das am Besten gelungene.

Krechel Diese Familie, so stand es in dem Brief, habe den Wunsch geäußert, Georg und Selma zu adoptieren. Doch das sei nur möglich, wenn Gewissheit darüber herrsche, dass die Eltern der Kinder tot seien. (Oder aus Mangel an Gewissheit für tot erklärt werden müssten.)

André Asriel ( SINGT ) „Wir lieben das Leben, die Sonne und den Wind“ ein richtiges Flüchtlingslied war das, ziemlich traurig.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 54 Krechel Die nüchterne Anfrage nach dem Überleben, dem eigenen und dem ihres Mannes, machte Claire auf einen Schlag lebendig, aber nicht gesund. xliii

André Asriel Also diese Lieder habe ich gemacht und dann hatte ich wie gesagt, hatte große Schwierigkeiten das Geld für das Leben zusammenzukriegen. Ich hatte dann von Bekannten als Job als Pianist in einer englischen Schrammelkapelle besetzt und wir sind durch die Pubs gezogen und haben Schrammelmusik gespielt, es war schrecklich.

Henry Wuga Ingrids Eltern waren hier. Ingrids Eltern kamen nach Schottland als ‘domestic servant‘, als Koch und Köchin, als Putzfrau und mussten wieder von unten anfangen. Aber Ingrid hatte eine Familie hier, also wir haben noch viel deutsch gesprochen, so wenig wie möglich während dem Krieg.

Krechel Seit dem Kriegsbeginn hatte Claire Kornitzer den Kontakt zu den Kindern verloren, ein Briefwechsel zwischen England und Deutschland war unmöglich. Selma und Georg hätten noch fünfundzwanzig Wörter im Monat schreiben können auf Formulare des Roten Kreuzes und ebenso viele oder so wenige Wörter hätten sie zurückerhalten dürfen, aber das wussten sie nicht, oder die Pflegeeltern hatten kein Interesse daran, es ihnen mitzuteilen. Viele deutsche Eltern beklagten sich über die Untreue ihrer Kinder, solange sie das noch konnten. Aber warum die Kinder nicht schrieben, wussten sie nicht. xliv

André Asriel Und da habe ich also dann mir mehrmals in der Woche je ein Pfund verdient, was also gar nichts war aber für mich die Rettung. dieser Situation war ich nun und hatte unter chronischem Geldmangel zu leiden. Und in dem Augenblick bekam ich einen Brief aus Berlin. Anfang 1946 muß es gewesen sein, ob ich nicht Lust hätte, nach Berlin zu kommen, ich könnte mein Studium zu Ende machen, bekäme ein Stipendium und könnte dann da arbeiten. Da ist es mir nicht schwer gefallen meinen sozialistischen Vorstellung Folge zu leisten und ich bin Berlin übersiedelt. Und das war ein ziemlicher Schock für mich.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 55 Henry Wuga Wir haben viel mehr daran gedacht: wo kommen wir her und was machen wir, ja. Und so ist es auch geblieben.

André Asriel England war zwar etwas zerstört durch die deutsche Bomben aber verglichen mit Deutschland war das also alles völlig intakt. Dieses Meer von Ruinen, das ich hier gefunden hab. Das kann man nicht beschreiben, das war ein schrecklicher Schock für mich. Und dann das womit ich nicht gerechnet hab, jeden, den ich auf der Strasse gesehen hab, hab ich mir überlegt, war das ein Nazi, war der in der SS. Hat der vielleicht Leute umgebracht? Das wusste man ja leider nicht. Das war den Leuten nicht anzusehen. Wie sieht ein Mörder aus ?

Krechel Die Kinder sind gefunden worden. Claire telegrafierte sofort ihrem Mann in Mainz, die Kinder, die Kinder sind gefunden worden, die Nachricht versetzte sie in helle Aufregung, eine Sehnsucht, eine Erwartung, etwas Gewaltiges geschah mit ihr, für das sie keinen Namen hatte, es war feierlich und demütig zugleich.

André Asriel So. Das war also sehr schwer hier Fuß zu fassen für mich. Und ich wäre auch beinahe wie viele meiner Jugendfreunde beinahe nach England zurückgekehrt. Ich bin noch einmal rüber gefahren, noch vor der Gründung der DDR, um mir das nochmal anzusehen, ob es wirklich so schön war, wie ich es erinnerte, und bin dann nach einer Woche reumütig in die östliche Besatzungszogen zurückgekehrt.

Henry Wuga Wir haben gut Englisch gelernt... Wir fühlen uns sehr schottisch. Aber wir sind trotzdem. Wir sind British Citizens. Wir wissen wo wir herkommen.

Krechel Sie schrieb einen Brief an das Rote Kreuz, und jemand in der Molkerei half ihr, einen Brief an Georg und Selma auf Englisch zu schreiben, alles in einer fliegenden Eile. Sie durchforstete das Lexikon, legte Wörterlisten an, home, please, come home, parents, foster parents, tastete nach allen möglichen Fragen, die sie den Kindern stellen wollte. So viele Jahre waren verloren, ausgelöscht, wie häufig hatte sie gegrübelt, ob es „richtig“ gewesen war, die Kinder nach England zu schicken.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 56 Henry Wuga Unsere Organisation heißt noch Association of German Refugees. Viele Leute sagen: ich bin kein refugee mehr. Ich war einmal, hier ist ein Strich gezogen. Das war früher, das ist jetzt. Wir fühlen uns nicht so. 55’30

André Asriel Als ich ‘46 nach Deutschland übersiedelt bin, daran ist im Wesentlichen das Kommunistische Manifest schuld.

Krechel Ihr Mann hatte zu ihr in der Dachkammer in Bettnang über seine Emigration lakonisch gesagt: Ich bin meiner Ermordung zuvor gekommen. Und sie konnte ihm nicht wirklich widersprechen. xlv

André Asriel Mir schien, das es da in dem Ostteil Deutschlands eigentlich die Gelegenheit geben müsste von Null anzufangen, von Punkt Null anzufangen und zu versuchen, die Theorie, die beschrieben wurde im Kommunistischen Manifest in die Tat umzusetzen. Das war natürlich faszinierend die Möglichkeit.

Musik Heiner Goebbels Ensemble Modern Josef Bierbichler Eislermaterial: Vom Sprengen des Gartens

Henry Wuga Leider, leider. Manche jungen Leute, wir wissen mindestens drei oder vier, die haben sich das Leben genommen, die konnten einfach das nicht mitmachen.

Krechel Die Ankunft war in ein magisches Licht getaucht.

Henry Wuga Mein Vater starb 1943 von einer heart attack. Wir haben natürlich schwere Bombenangriffe in Nürnberg. (( RÄUSPERT SICH ))

Krechel Da standen sie auf dem Bahnhof wie ein junges Paar, eng aneinandergelehnt, verschmolzen in einer Haltung: Uns kann niemand trennen. Georg hatte ein fein geschnittenes Gesicht, braune Augen und Haare und einen Schatten von Haarflaum über der Oberlippe. Er sah Claire ruhig und abwartend an und nahm ihr Gepäck auf, als würde er einen Sack Hühnerfutter schultern. Und sie dachte: Das ist Georg,

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 57 mein Sohn, und er sieht mich nicht als seine Mutter, sondern mit meinem Gepäck als ein zu transportierendes Gut. xlvi

Henry Wuga Meine Mutter war dann alleine. Im Hinterhaus von uns wohnte eine katholische Familie namens Ripl. Der Mann war ein Briefträger, seine Tochter zwei Jahre älter Fanny Ripl, die hat im Caritas-Verband gearbeitet mit der waren wir sehr freundlich. Durch Caritas ein Dozent Monseigneur Kröner hat meine Mutter versteckt in einem Dorf namens Paulsfeld bei Bamberg. So meine Mutter wurde versteckt.

Krechel Zuerst kam ihr in den Sinn: Er ist vernünftig, mein Sohn. Vielleicht hat er das von seinem Vater. xlvii

Henry Wuga Juden wurde nicht erwähnt. Sie hat als Flüchtling aus dem Osten überlebt. Ich habe ein Telegramm hier „Je suis sauvee“ ein amerikanischer Soldat hat sie gefunden nach dem Krieg und meine Mutter hat das gut überlebt.

Krechel Und da stand Selma neben ihrem Bruder, feste Beine auf der Erde, rotwangig und kräftig, mit einer schottisch karierten Bluse und aufgekrempelten Ärmeln. Das dunkle Kinderköpfchen, über das Claire so häufig gestreichelt hatte, war heller geworden, aschblond, sie hatte die grünen Augen ihrer Mutter, eiamonen aufgeworfenen Mund mit schönen, regelmäßigen Perlmuttzähnen darin. Claire hatte noch einen Gedanken, bevor sie wirklich kapitulierte: Wie ein Pferd, dachte sie. Oder eher: Wie ein junges Pferd, das auch ausschlagen kann. xlviii

Musik Heiner Goebbels Ensemble Modern Josef Bierbichler Eislermaterial:

Henry Wuga Meine Mutter hat es weit gebracht in Deutschland <> und dann, wir haben ihr Pakete geschickt. Dann haben wir versucht, sie soll hierherkommen. Das hatte zwei Jahre gedauert.

Krechel Mrs. Hales hatte gekocht, ein Pulk von Halbwüchsigen und jungen Erwachsenen saß da, ihre eigenen Kinder, Knechte und landwirtschaftliche Lehrlinge. Es war ein großer Hof und eher wie ein Gut organisiert, ganz anders als die Höfe über dem Bodensee. Georg und Selma schienen mit allen gut Freund zu sein. Es wurde viel

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 58 gescherzt, immer prustete einer am Tisch auf vor Lachen, stupste oder lehnte sich herzlich, ja vielleicht übertrieben herzlich gegen einen anderen. Und ein großer Hund legte sich wie ein wollener Teppich zwischen Tisch und Ofen, so dass Mrs. Hales und die Mädchen, die ihr halfen, um ihn herumgehen mussten, wenn sie das Essen auftrugen. Manchmal brummelte der Hund, wollte offenbar etwas zur Unterhaltung beitragen, und dann legte er das Kinn flach auf den Fußboden, in grenzenloser Gemütlichkeit. Die Augen fielen ihm zu. In Bettnang blieben die Dorfhunde im Hof, niemand kam dort auf den Gedanken, den Hund zu einem willkommenen Familienmitglied zu machen. xlix

Henry Wuga 1947 kam sie nach Glasgow. Wir hatten vom Innenministerium, vom Homeoffice permission, dass sie hierherkommen, nicht residence für immer, aber, sie durfte bei uns bleiben. Wir haben auf sie aufgepasst, sie wohnte bei uns. Sie blieb zwei Jahre hier.

Krechel Am späteren Abend begriff sie schon dass nicht nur gegen sie geredet und gehandelt wurde, obwohl sie bequem saß. Sie verstand German bombs, destruction, als wären die Geschwader mit ihrem persönlichen Einverständnis geflogen. Sie verstand den Konflikt: Die Familie hatte kurz nach der letzten Kriegsphase in der Verarmung und Rationierung deutsche Kinder aufgenommen, die sich wie alle Engländer unendlich gefürchtet hatten vor deutschen Angriffen. Alles Deutsche war verhasst, schädlich, feindlich, gefährlich. Und da Deutschland der Feind war, den man mit aller Kraft zurückschlagen musste, konnten die deutschen Kinder auch nicht mit übermäßig viel Sympathie rechnen. Dass sie Juden waren, dass sie Feinde des Feindes waren, war ein Spezialwissen, das sich vielleicht in London verbreitet hatte, aber nicht in jedem Winkel von Great Britain. l

Henry Wuga Es hat meine Mutter hier nicht gefallen. Sie verließ einen vierzehnjährigen, fünfzehnjährigen Jungen, der ist jetzt ein verheirateter Mann, sie hat sich alleine gefühlt und sie mag Ingrid als Frau aber nicht als –

< Als Ehefrau > als Ehefrau.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 59 Krechel Etwas anderes wäre es gewesen, die Kinder hätten in dem Zusammenhang, indem sie nun einmal lebten, tapfer und energisch gesagt, sie seien Juden, sie wollten nicht zur Kirche gehen und man solle sie mit allem Möglichen in Ruhe lassen. Doch das konnten sie nicht, denn sie waren keine Juden, weil sie sich nicht als solche fühlten. In Wirklichkeit waren sie NICHTS. Aber so waren Kinder nun einmal, sie wollten sich nicht unterscheiden, auch nicht NICHTS sein, aber das war ein schwieriger Gratgang. Nichts war wirklich NICHTS, NICHTS war keine Einladung, eher eine grundsätzliche Abweisung jeglichen Mitgefühls. Wenn sie anders waren, wenn sie sich unterscheiden mussten, schämten sie sich zu Tode. Also lieber genau so sein wie die englischen Kinder, und ohne Akzent und fehlerfrei sprechen. Und nun kam sie, Claire, und rührte eine alte Geschichte auf und wollte die verängstigten, traumatisierten Kinder die ja keine Kinder mehr waren, die sich prächtig entwickelt hatten, so dass es eine Freude war, wenn sie nach der Arbeit auf dem Hof am Tisch aus Walnussholz saßen, nach Deutschland holen. li

Henry Wuga Es hat meine Mutter hier nicht gefallen. Nach zwei Jahren ist meine Mutter mit Ende Fünfzig ausgewandert nach Amerika, zu ihrer Schwester. Ihrer Schwester wohnte in Brooklyn, auch eine Putzfrau, ein schweres Leben gehabt. Meine Mutter ging nach Brooklyn, nach zwei Jahren hat sie gesagt Hier gefällt es mir nicht. Es tut mir leid aber ich wandere aus.

Krechel Aber Selma schrieb spätabends in ihr Tagebuch: It was an immense shock to be confronted with a strange woman and told that she was my mother. I didn’t recognize her at all. Georg and I went to the station to meet her off the train. What on earth had this big fat woman to do with me?! She couldn’t speak a word of English, I couldn’t speak German and I didn’t want to talk with her. She wanted to pull me to her and hug me but I couldn’t bear her touching me. Und das war etwas, was ihre Mutter nie erfahren sollte, aber auf Anhieb spürte. lii

Musik Heiner Goebbels Ensemble Modern Eislermaterial „Die Fabriken“ –

Helen Stern It was very hard to be in London during the Blitz. It was very frightening. But in any case and we never I as far as I know we never

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 60 went to a shelter. Yes.

Helen Stern / OV Während des Blitzkrieges London war das Leben hart. die deutschen Angriffe haben uns Angst gemacht, aber ich kann mich nicht erinnern, das wir je in einen Schutzraum gegangen wären.

Musik Heiner Goebbels Ensemble Modern Eislermaterial „Die Fabriken“

Krechel Da sah sie Selma, wie sie eine große braune Stute umarmte, und die Stute schmiegte sich an. So leidenschaftlich hielt Selma sie umhalst, daß es Claire einen Stich gab, als erwarte ihre Tochter all die Mütterlichkeit, die sie entbehrt hatte, von diesem Arbeitspferd, das schwere Wagen ziehen konnte. Es war erleichternd, daß Selma nicht sah, wie ihre Mutter sie beobachtete.

Josie Knight We lived for four years through the whole war and we three belonged to Young Czechoslovakia. We had costumes and we used to dance sometimes for the public and we were busy working. We were all working and we had to work. We had nothing.

Josie Knight / OV Vier Jahre lang, während des ganzen Krieges waren wir eine verschworene Gemeinschaft. Wir gehörten zu den Jungen Tschechoslowaken, nähten Kostüme und führten Volkstänze auf. Wir waren immer beschäftigt. Und Arbeit hatten wir auch. Aber sonst hatten wir nichts.

Helen Stern So I mean my first job I think and one pound five shillings a week. Okay you know how little that is, but it's okay, but by the way, I mean we were I wouldn't say happy, you know but we had a good. Considering everything. 15’24

Helen Stern / OV Bei meiner ersten Arbeit habe ich einen Pfund und vier Schilling in der Woche verdient. Nicht viel – ich würde nicht sagen, das wir glücklich gewesen wären, aber – Alles in allem ging es uns gut.

Krechel / CD Im oberen Stock fand sie Georg an seinem Tisch sitzen, vor sich hatte er mehrere kleine Kästchen mit Schrauben und Metallschienen, er hantierte mit einer Metallsäge und feinen Schraubenziehern, griff

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 61 rasch und gezielt in die Schraubenhäufchen, sah kurz auf und nickte ihr zu, als er spürte, jemandwar in die offene Tür getreten, dann arbeitete er weiter. liii

Musik 33 Heiner Goebbels Ensemble Modern Eislermaterial „Die Fabriken“ – Orchestersuite Nr. 3, Streichquartett, SANFT AB 2’22 – 2’50

Helen Stern Of course we're terrified about what's happening to our parents. They didn't write much about what was happening to them because they didn't want to scare, frighten us right. But they…At the beginning my mother used to write, saying how sad she is, how sorry she's that you sent us away because everybody's telling that nothing is going to happen. And she shouldn't have sent it away.

Helen Stern / OV Natürlich haben wir uns um unsere Eltern gesorgt. Sie hatten uns nicht viel darüber geschrieben, wie es ihnen in Deutschland erging, weil sie uns nicht ängstigen wollten. Anfangs schrieb meine Mutter oft, das sie es sehr bereue, das wir nicht mehr bei ihr seien. Und dass die Andern alle sagten, das sich nichts verändere würde. Sie hätte uns nicht weggeschickt sollen.

Musik Heiner Goebbels Ensemble Modern Eislermaterial „Die Fabriken“

Helen Stern And she cried and cried and said she shouldn't have sent us that she felt very bad about it at the very end they used to write. “Thank God you're not here” 16’20

Helen Stern / OV Und dann weinte meine Mutter und schrieb unter Tränen, sie hätte uns nicht fortschicken, aber am Ende schrieb sie: G’tt sei Dank – ihr seid nicht mehr hier.

Krechel Mr. und Mrs. Hales versuchten nach Claires Abreise, Georg und Selma klarzumachen, dass sie natürlich weiter bei ihnen leben könnten, gleichgültig ob sie adoptiert werden könnten oder nicht. Nichts würde sich ändern, und es wäre vollkommen unsinnig, wenn Georg, studying for a scholarship in Cambridge, so kurz vor dem Abschluß nach Deutschland ginge, und wohin, bitte schön?

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 62 Musik Heiner Goebbels Ensemble Modern Eislermaterial „Die Fabriken“

Josie Knight As soon as the war finished 1630 I decided to travel to Europe. On a train by myself to go to home to see, what has happened. And I came to my town. And nobody was alive anymore. Didn't find anybody in the houses.

Josie Knight / OV Sobald der Krieg zuende war, beschlossen ich nach Europa zu reisen. Ich fuhr mit der Bahn dieselbe Strecke, die ich als Kind nach England gefahren war. Ich kam in unsere Stadt. Ich traf niemand mehr in unserem Elternhaus. Unser Haus war leer. Und keiner lebte mehr.

Josie Knight And our house was empty and nobody was alive. 17’01

Krechel Bis ein Brief aus Mainz kam, mit einem Gerichtsbeschluss, dass das Ehepaar Hales Selma unverzüglich nach Mainz bringen musste. I refuse to go, sagte Selma, aber Mrs. Hales erklärte ihr, dass es keine Chance gebe, solange sie minderjährig sei, dass ihre Eltern wenigstens so vernünftig gewesen seien zu begreifen, dass Georg, den sie von Anfang an George genannt hatten, seine Schule in England beenden müsse. Ich reise mit dir, versprach Mrs. Hales Selma. Das machte die Sache nicht besser: Mrs. und Mr. Hales hatten versprochen, nichts ändere sich, adoptiert oder nicht, jetzt kämpften sie nicht, sondern fügten sich, resignierten.

Musik Heiner Goebbels Ensemble Modern Eislermaterial „Die Fabriken“ – Orchestersuite Nr. 3, Streichquartett, FLÖTE 3’55 – 4’21

Josie Knight But it was dreadful to travel through Europe right after the war. It was very frightening. But anyway I got home got back safely.

Josie Knight / OV Unser Haus war leer und keiner lebte mehr. Es war schrecklich direkt nach dem Krieg durch Europa zu reisen. Sie hat mir Angst gemacht. Egal, wir kamen sicher wieder zuhause an.

Josie Knight And coming back again how we survived the war for the four years. We never knew if the next morning we would be still alive because we

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 63 had all these bombs coming down. We did not know who survives the next day. But we did.

Josie Knight / OV Wie haben wir die vier Jahre des Krieges in England überlebt ? Wie haben nie gewusst, wie der nächste Tag aussehen würde. Ob wir die Bombenangriffe überleben würden. Wir wussten nie, wer überleben würde, aber wir haben es überlebt.

Helen Stern She went home and the house was totally empty. Not a stitch of up belongings was in it. She tried to get back a sewing machine from one of the women who had it. And they wouldn’t return it. Several families lived in our house, in our house lived at least three families. And my grandfather's house also three families.

Helen Stern / OV Josie fand in unsem Elternhaus keine Spuren unserer Familie vor. Nicht einen Faden unserer Habe. Sie bat eine Frau, bei der sie die Nähmaschine unserer Mutter sah, sie ihr zurückzugeben. Das tat sie nicht. Drei fremde Familien lebten in unserem Haus. Drei weitere Familie in Großmutters Haus. Und niemand war bereit, etwas zurückzugeben. Josie kam zu uns zurück und wir beschlossen, nicht mehr hinzufahren. Wir sagten uns, wir werden in England bleiben. Damals war ich 19 Jahre alt.

Helen Stern But nobody was willing to get anything return anything. So she came back and then we decided not to return. We said, we would stay in England. - I after the war. – 1945

Krechel Selma wunderte sich, daß ihr Vater ein ausgezeichnetes Englisch sprach, aber sich dennoch schwer mit Mrs. Hales verständigen konnte. Er wählte zu lange Wörter, bildete zu lange Sätze, sprach wie ein Lesebuch. Und ihm gelangen nur verstohlene Seitenblicke auf dieses Mädchen, das stampfend neben ihm ging, mit verschlossenem Gesicht, sich im Taxi eng an Mrs. Hales lehnte, um möglichst nicht an ihre Mutter zu stoßen. liv

Musik 37 Heiner Goebbels Ensemble Modern Eislermaterial „Die Fabriken“

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 64 Krechel / CD Als der Zug abgefahren war, machte Kornitzer seiner Tochter Vorhaltungen, daß sie Mrs. Hales nicht dafür gedankt hatte, miT ihr nach Deutschland gereist zu sein. Darüber war Selma empört. Gegen ihren Willen war sie nach Mainz gebracht worden, von ihrem Bruder, den Hales-Kindern, den Tieren getrennt worden, und dafür sollte sie dankbar sein? Es war wie ein zweiter Kindertransport. (( Nur dass sie jetzt fast erwachsen war. Zum zweiten Mal hatte sie die vertraute Umgebung verlassen müssen, zum zweiten Mal hatte sie es mit einer fremden Sprache zu tun. Eine unendliche Kette von Anpassungsleistungen wurde von ihr erwartet. Am liebsten wäre sie weggelaufen, aber wohin ? )) lv

Musik Heiner Goebbels Ensemble Modern Eislermaterial „Die Fabriken“

Helen Stern 42’Well I'll tell you where my basket is. Okay. I miss my home so much. When I went for years and years I was I felt like I was uprooted and it was painful for me as finally. Nineteen 1969 finally my husband insisted that I go back home

Helen Stern / OV Ich werde Ihnen sagen wo meine Heimat ist. Jahrelang habe ich mich nach dem Dorf meiner Kindheit gesehen. Ich fühlte mich wurzellos, das war sehr schmerzhaft. 1969 hat mich mein Mann schließlich überzeugte, in die Slowakei zu meinem Dorf zu fahren. Hrustina Orawa, ein sehr kleines hübsches Dorf in den Bergen im Norden der Slowakei. Ich hab es so vermisst.

Helen Stern To my village. What's his name my husband's name. No. The village Christiana Oriwel. Oh well it's just a very small beautiful village Slovakia is very beautiful. I missed everything about it.

Musik

Helen Stern And I mean I loved the woods and I loved the wildflowers and I loved the skiing and skating. I loved everything about it. What can I do. And I just could not get used to not being there.

Helen Stern / OV Ich habe unsere Wälder vermisst, die Blumenwiesen geliebt, den Schnee im Winter und den das schlittschuhfahren auf dem Teich. Ich

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 65 habe mich nicht daran gewöhnen können, nicht dort zu sein.

Musik

Helen Stern 1969 I went back with my husband. I arrived at 6:00 in the evening. We stood in the middle of the village and I was looking for my house. I had one girlfriend, who was not Jewish then. And I ask somebody whether it was whether she is there. And they said she died three weeks ago. It was sad. Very sad in any case we found our house. And I ask the children, who were playing outside where they could go in because they. And she's said okay. She told her mother, somebody wants to come in and her mother said my name.

Helen Stern / OV 1969 fuhr ich mit meinem Mann zu unserem Dorf. Um sechs Uhr Abends kamen wir an. Wir standen auf dem Dorfplatz und ich habe niemanden mehr gekannt. Ich suchte unser Haus. Ich suchte eine Freundin, die nicht jüdisch gewesen, fragte die Leute. Drei Wochen zuvor sei gestorben, sagten die. Das war sehr traurig. Und wir fanden unser Haus. Ich sprach ein Mädchen an, das davor spielte, ob ich unser Elternhaus betreten dürfe. Sie fragte ihre Mutter und die nannte meinen Namen. Wer sonst, könnte das sein, sagte sie zu mir.

Helen Stern I said I didn't know, who I was, she said, who else could it be 44’12 and we were there in the house. And at 10:00 in the morning I said to my husband let's get out of here as fast as possible.

Helen Stern / OV Und sie wusste, wer ich war. Sie hate mich sofort erkannt und wir gingen in mein Elternhaus. Das war um 10 Uhr morgens. Da habe ich zu meinem Mann gesagt, lass uns so schnell wie möglich fahren.

Musik

Helen Stern And I said I want you to drive as fast as possible.

Helen Stern / OV Fahr so schnell, du kannst, hab’ ich gesagt. Abends um sechs waren wir in Wien. Buch mir das beste Hotel der Stadt, hab ich gesagt. Und dort ging ich sofort ins Bett. Es ging mir so elend, von der Slowakei bis Wien, ich war da auf der Rückbank. Mein Sohn und mein Mann

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 66 saßen vorn. Schneller rief ich, schneller. Und wir sind so schnell gefahren, das wir die Grenze nicht gesehen haben. Wir sind fast erschossen worden. Die ganze rasende Fahrt habe ich mich elend gefühlt.

Helen Stern We were going to . I said find the best hotel in Vienna. And I went and I went to bed. I was sick all the way from Slovakia until we arrived in Vienna, I was in the back seat. My son, my son and my husband were in the front seat. And I said Hurry up, Hurry up and he hurried so hard that it didn't see that border. It was still coming. And they were waving for him to stop, and he thought that was a bicycle. And he was going right through here. We were almost killed.

Helen Stern / OV In Wien angekommen ging ich schnurstracks ins Bett. Stand auch am nächsten Tag nicht auf. Danach war ich kuriert.

Helen Stern I went to Vienna. I went straight to bed. I didn't get up for a whole day and then I was cured. 45’15

Musik

Helen Stern7 I was cured. <> Yeah. Yeah. Got it. <> Yeah. But it took a long time. Just 69 – 30 years later. I loved Czechoslovakia. I did. I adored it.

Helen Stern / OV Das war 1069. Dreißig Jahre lang habe ich die Tschechoslowakei geliebt. Wie hab’ ich sie geliebt.

Musik

Robert Menasse Ich kann mich an das Elternhaus nicht erinnern, weil meine Eltern sich scheiden lassen sich vier Jahre alt. Und.

Erzähler Robert Menasse, Jahrgang 1954 - Wien, Salzburg, Såo Paolo und Messina, Schriftsteller, Politologe und Philosoph, Mitgründer der Studentenzeitschrift Zentralorgan herumstreunender Germanisten lvi

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 67 Robert Menasse Ich bin dann <> zu den Großeltern gekommen weil meine Mutter auch arbeiten gehen musste und niemand zu Hause gewesen wäre. Und dann bin ich schon ganz früh von der Grundschule weg in ein Internat gekommen, in Österreich.

Erzähler Robert Menasse, Erstgeborener von Hans Menasse, Jahrgang 1930, durch einen Kindertransport Geretteter, zur Zeit von Roberts Geburt Fussballidol. lvii

Musik 44 Harry Lime Theme, Anton Karas AUF Anton Karas „Der dritte Mann“, Historical Recordings / Bis 0’23 (( TEXT DAZU ))

Musik Vienna Art Orchestra, The Minimalism of Erik Satie, Gnossienne No. 3,

Erzähler Eva Menasse, Tochter des Wiener Fussballidols aus zweiter Ehe und Chronistin des Menasse-Clans. Vienna heißt ihr Roman. Eva Menasse liest

Eva Menasse Mein Vater war eine Sturzgeburt. lviii

Erzähler Kopfüber beginnt der rasante Bilderreigen dieser Wiener Familie auf der Suche nach ihrer Identität. Ephraim Kishon würde Eva küssen, wenn er nicht gestorben wär’. Vienna heißt auch der legendäre Nachkriegsverein von Wien, die sportliche Heimat ihres Vaters, der selten über seine Kindheit spricht.

Hans Menasse (( TROCKEN )) Ich habe immer Stürmer gespielt, Stürmer, immer Stürmer

Eva Menasse Er und ein Pelzmantel wurden Opfer der Bridgeleidenschaft meiner Großmutter, die, obwohl die Wehen einsetzten, unbedingt noch die Partie fertig spielen musste. Bis auf ein einziges dramatisches Mal hat meine Großmutter alle Partien ihres Lebens fertig gespielt, denn eine Partie in der Mitte abzubrechen war unzumutbar. Deshalb hätte sie über den Karten beinahe die Geburt meines Vaters versäumt. Oder besser gesagt: Deshalb wäre mein Vater beinahe unter einem mit grünem Filz bespannten Kartentisch zur Welt gekommen, was

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 68 übrigens seinem Charakter und seinem Lebensweg gar nicht schlecht entsprochen hätte. lix

Robert Menasse Ich habt das alles erst viel, viel später erfahren. Die Geschichte mit dem Kindertransport zum Beispiel meines Vaters der damals mit acht Jahren in einen Zug gesetzt wurde von den Eltern und dann alleine mit ihrem älteren Bruder nach England gekommen ist. Das habe ich erst viel, viel später erfahren und dann, als ich es erfahren habe, habe ich überhaupt nicht verstehen können, dass mein Vater mich in ungefähr diesem Alter in einen Zug gesetzt hat, der mich in ein anderes österreichisches Bundesland gebracht hat, um dort ins Internat zu meiner Schulzeit zu verbringen. Ich habe ihn dann einmal darauf angesprochen und er hat verstanden, dass ich das assoziiert habe, seinen Kindertransport und meine Bahnfahrt weg von den Eltern in ein Internat.

Eva Menasse Eines Tages erschien mein Bruder mit sensationsheischendem Gesichtsausdruck und verkündete, dass wir gar keine Juden seien. »Was soll das heißen«, fragte mein Vater verwirrt, »warum bin ich dann emigriert?«

Erzähler Was bei André Herzberg, dessen Eltern sich als Kinderflüchtlinge in England kennenlernten – die Ehe hielt nicht lang – in der DDR als Star der Rockband Pankow zu Bühnenexzessen auf der Bühne führte,

André Herzberg Es gab diese zwei Seiten, einerseits hat es Spaß gemacht andererseits war es aber auch gefährlich oder es war nicht besonders Karriere förderlich sozusagen. Ja.

Erzähler ...eskaliert in der jüdischen Familie in Wien zum skurrilen Dauerstreit.

André Herzberg Und dann habe ich die Musik für mich entdeckt.

Eva Menasse Mein Onkel schüttelte nur den Kopf. Meine beiden Vettern zuckten die Schultern, denn sie ahnten, worauf es hinauslief, und wussten, sie waren nicht betroffen. lx

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 69 André Herzberg Mein Vater kam aus Hannover aus einer großbürgerlichen Familie und ich weiß dass er so behütet aufgewachsen ist mit sehr viel Idealismus.

Erzähler In der DDR galten Juden nicht als Helden, Antifaschisten hatte im gelitten, wer wie sein Vater aus dem Westen einwanderte galt als suspekt.

André Herzberg Er war behütet der Familie ist größtenteils gelungen zu emigrieren. Ganz anders bei meiner Mutter schon weil sie wieder in die Stadt gegangen ist aus der sie kam. Sie kam aus kleinen Verhältnissen und die große dunkle schwere Last war, daß ihre Mutter sie losgeschickt hatte diese Option einer der beiden konnte emigrieren, Verwandte hatten da gebürtig, nämlich in England, und so ist meine Mutter allein losgefahren und hat ihre Mutter zurückgelassen und fand sie nicht mehr vor. Als sie wiederkam und ihre Ahnung wurde dann irgendwann zur Gewissheit.

Robert Menasse Mein Vater ist ja ein begnadeter Verdränger und Harmonisierer. Ja, der hat etwas weltmeisterliches in der Gabe, alles auszublenden was ihm unangenehm ist oder unangenehm war. 19’07 Und so reflektiert und intelligent ist er auch ist, grundsätzliche Dinge die ihn selbst betreffen, hat er nie bemerkt und auch selbst nicht verstanden, ist mein Eindruck. Zum Beispiel seine Vergnügungssucht, also seine Unbeugsamkeit in Hinblick darauf, dass das Leben Spaß machen muss. Dass das mit dem Unglück in seiner Kindheit zu tun hat, das genauso wie ich aus dem Internat herausgekommen bin und gesagt hab’, was ich brauch’ ist ein Zimmer für mich alleine. Das ist das erste, was ich haben will, ich dieses Gebäude verlasse genau so hat mein Vater glaube ich in Konsequenz seiner Erfahrungen als Kindertransportkind und als Kind bei einer englischen host family und so weiter dann irgendwann das Gefühl gehabt. Er hat jetzt einen Anspruch darauf, dass das Leben das er noch vor sich hat, das muss Spaß machen. Er hat alles daraufhin ausgerichtet und übrigens auch schon mein Großvater.

Musik

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 70 Eva Menasse Dass wir keine Juden sein könnten, weil unsere Großmutter keine Jüdin gewesen sei, erklärte endlich mein Bruder mit schriller Stimme, weil bei den Juden nur zähle, was die Mutter gewesen sei. Nicht einmal Halbjuden seien wir, wenn der Vater schon keiner sei. Diese Regeln habe er bei der Frau Franzberger gelernt, und, wenn er es recht bedenke, sei er genau deswegen vor ein paar Jahren aus der jüdischen Gruppe hinausgeflogen, in die mein älterer Vetter ihn mitnehmen hatte wollen. lxi

Robert Menasse Also wenn zum Beispiel ein Vater Fluchterfahrung hat, der kann dann des auch wenn er es nie anspricht, der kann das verdrängen, das alles in Anführungszeichen in Ordnung ist, aber er gibt eine versteckte und tabuisierte Rastlosigkeit an die nächste Generation. Ich habe mich oft gefragt, warum ich so rastlos bin und ich warum ich den Großteil meines Erwachsenenlebens hab ich immer einen Koffer gehabt, den ich nur nehmen müsste, wenn ich innerhalb von fünf Minuten flüchten müsste. Aber ich habe mir das selbst nicht gesagt warum ich das habe, sondern ich habe immer das Gefühl gehabt, ich habe ja wegen meiner Maßlosigkeit sehr viele Reisen gemacht. Und ich habe das ja auch praktisch gefunden, das ich zum Beispiel übers Wochenende fliege ich irgendwohin. Dass ich dann einfach den Koffer mit den Basics schon immer gepackt habe, mir ist selbst erst nachträglich aufgefallen, dass sie eigentlich verräterisches Symptom zeige, eine Erfahrung die gar nicht meine war, aber die mir vererbt wurde.

Musik Harry Lime Theme, Anton Karas AUF Anton Karas „Der dritte Mann“, Historical Recordings

Eva Menasse Meine Vettern amüsierten sich. Denn im Gegensatz zu uns anderen verdankten sie ihrer englischen Mutter ja eine lupenreine jüdische Abstammung. Mein jüngerer Vetter war, ungefähr damals, als sich sein Bruder von den Kommunisten abwandte, sogar in die Gemeinde eingetreten, hatte eine Israelin geheiratet und lebte inzwischen frommer als irgendjemand in meiner Familie seit unserem Urgroßvater. »Für die Nazis hat es bei mir gereicht«, wehrte sich mein Vater schwach. lxii

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 71 Hans Menasse Ja natürlich, das ist eines der wenigen Dinge die ich noch relativ gut im Gedächtnis habe obwohl es jetzt unglaubliche 80 Jahre. Ich kann das selber noch nicht fassen dass es 80 Jahre her ist aber es ist so. Ich weiß wir sind mein Bruder und ich mit den Eltern am Westbahnhof gefahren und dort waren wir schon sehr viele Leute sehr viele andere Kinder und andere Eltern natürlich und meine Eltern haben mir gesagt Du fährst jetzt mit deinem Bruder nach England Du fährst jetzt weg England ist weg. Das wird sehr lustig und nett sein ist wie ein Urlaub. << Ich dachte mir das Abenteuer und wir kommen bald nach kurzer kurze Zeit alleine aber wir kommen bald nach. Dadurch habe ich ja keine Angst gehabt und wie ich dann am Westbahnhof die vielen anderen Kinder gesehen habe. Umso mehr weil wir haben dann ziemlich bald mit anderen Kindern gespielt herumgeht und gelacht und nun habe ich schon bemerkt dass einige Eltern sehr traurig drein geschaut haben zum Teil auch <>> Wir sind eingestiegen und haben gewunken und sehen dass viele Eltern geweint und manche Kinder waren auch sehr traurig bei uns im Coupé war ein junges Mädchen ein kleines Mädchen das hat sehr geweint und andere Buben haben Zuckerln gehabt oder. Es war für uns nichts weil ich war mit meinem Bruder. Dadurch war es für mich im Moment nicht so tragisch.

Eva Menasse Mein Vater unternahm einen Vorstoß. Er wurde aktiv. Er stellte Erkundigungen an. Er setzte seinen karierten Hut auf – jenseits der Fünfzig gefielen meinem Vater lächerlich gemusterte Hüte, die er viel zu klein kaufte, so dass sie immer zu weit oben saßen – und ging zur Gemeinde in die Seitenstettengasse. Geduldig liess er die umfangreichen Sicherheitsbestimmungen über sich ergehen, erklärte einem misstrauischen Israeli hinter Panzerglas demütig sein Begehr, leerte seine Taschen, wies sich aus, ließ sich durchleuchten und fand sich endlich im Keller wieder, bei den Matriken.

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Eva Menasse »Grüß Gott«, sagte er, weil er es so gewohnt war, in den leeren Raum hinein. »Guten Tag«, erwiderte, mit allem Ausdruck der Missbilligung, eine kleine Frau, die plötzlich hinter dem Tresen auftauchte.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 72 »Ich habe Sie angerufen«, sagte mein Vater höflich, »weil ich wissen möchte, ob ich Jude bin.« »Ah so, Sie sind das«, sagte die strenge kleine Frau und wurde freundlicher, »ich hab Sie eh schon gefunden.« Sie ging ein riesiges altes Register holen und schlug es vor meinem Vater auf. Sie zeigte ihm die Zeile, in der handschriftlich seine Geburt vermerkt war, zusammen mit dem Tag seiner Beschneidung und den dabei anwesenden Zeugen, »so etwas wie Taufpaten?« fragte mein Vater, und die Frau seufzte, nickte aber dann. Mein Vater sah sich diesen Eintrag lange an, und die Frau ließ ihm Zeit. Es gab da nichts außer seinen Daten, kein »mit Vorbehalt« oder »muss noch vom Rabbiner genehmigt werden«, oder was immer mein Vater sich in seiner Besorgnis vorgestellt haben mochte. »Dass es diese uralten Bücher immer noch gibt«, wunderte er sich ehrfürchtig. lxiii

Erzähler Damit ist der Identitätskonflikt in der Familie aber noch lange nicht gelöst. Robert trifft sich schließlich mit Herbert, einem kanadischen Historiker, der in Toronto einen Kongress organisiert. Katzi, die Lieblingsschwester seines Vaters und dessen Bruders, den es im englischen Kriegsdienst nach Burma verschlagen hatte, Katzi hatte jung geheiratet und konnte nach Kanada emigrieren, wo sie jung verstarb. Von Herbert, ihrem Mann, erhofft sich Robert endlich Aufschluss über seine jüdische Vergangenheit. Alle in der Familie Menasse nennen Herbert Herb.

Eva Menasse »I have to tell you something«, hatte Herb im koreanischen Restaurant plötzlich wichtigtuerisch geraunt und dann meinem Bruder im Stil eines Geheimagenten berichtet, dass Herbert B., der Mann, den Katzi geheiratet hatte, genaugenommen höchstens Halbjude gewesen sei, denn seine Mutter, Frau B., »can you believe it«, sei eine Sudetendeutsche gewesen. Herb sah meinen Bruder triumphierend an. Das sei doch ein Ding, nicht? Ja, hatte mein Bruder zögernd gesagt, das sei wirklich »quite something«.

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Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 73 Eva Menasse Immer dieselbe Geschichte, hatte mein Bruder gemurmelt, mehr zu sich als zu Herb, und hatte wie in Trance von unserer Großmutter zu erzählen begonnen, die, gegen den erklärten Willen ihrer ganzen Familie, diesen wenig zuverlässigen Wiener Juden heiratete, dem sie später das Leben rettete, einfach indem sie bei ihm blieb, was aber heute keiner mehr anerkenne, weil sich alle wünschten, sie wäre auch Jüdin gewesen, damit die Sache für die Enkel einfacher sei.

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Eva Menasse Wäre sie selbst Jüdin gewesen, wären gewiss beide umgebracht worden, das hätte für die Familiengeschichte eine Menge mehr Blut und Gewalt, aber auch eine Menge mehr Identität und Klarheit bedeutet. Perverse Welt, murmelte mein Bruder und blickte auf, blickte, wie er später behauptete, in das gerade von erschrockenem Staunen zu höflicher Verachtung wechselnde Gesicht Herbs, des kanadischen Zampano, der sofort den Blick ab- und sich mit größter Aufmerksamkeit seinem Essen zuwandte und ganz leichthin zu sagen imstande war: »Oh! Then you are only a quarter Jew!« lxiv

André Herzberg Man hat ja in der DDR sowieso kaum gesprochen, also diese Dinge, dieses Jüdisch-Sein, da ging es dann sofort irgendwie um Nazizeit und das hat ja kaum jemand von sich erzählt, weil das sozusagen mit der herrschenden Ideologie auseinander war und auch in jeder Beteiligung in welcher Form auch immer, gab ja die DDR, vor 45 gab’s die nisch. die ganze Bevölkerung. So könnte man das beschreiben. So war es auch bei mir eingeschlossen, bis auf wenige Vertraute, die auch wieder wo das Signal meiner Mutter kam, denen kannst du vertrauen, scheinbar. Warum? Weil es auch Emigranten waren bzw. deren Nachkommen. Man kannte sich so untereinander, die paar Emigranten und da hat man auch nicht über Intimes gesprochen, aber wohl über, man war irgendwie im Ton lockerer so miteinander, so würd’ ick det mal beschreiben wollen. Und ansonsten habe ick det weggeschlossen. Diese ganze Dunkle. Das hat sich eher so Platz gemacht in verbalen Provokationen von der Bühne, dann wieder, die politisch waren oder scheinbar so. Ja.

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 74 Musik André Herzberg Kiefernlied Vol 1 AUF Wie ein Fischlein unterm Eis – Die schönsten RockBalladen BIS 1’08 ( AB 2’01 Thema 2’45 zugrunde gehen. / 2’45 ) Ich bin eine Kiefer / im märkischen Land / ich hab Durst auf Wasser im trockenen Sand / nach`m großen Krieg / da wurd` ich gepflanzt / die Wurzeln sind flach / Stamm und Krone verkrampft.

Eva Menasse Er sei dann noch so blöd gewesen, Haltung zu wahren, berichtete mein Bruder den »Mischlingen« und einmal auch meinem Onkel beim Fisch; anstatt aufzustehen und zu gehen, habe er von oben herab erklärt, dass die Lage vor dem Krieg eine ganz andere gewesen sei als heute, dass einen »jüdischen Haushaltsvorstand«, wie das damals hiess, keiner nach dem Bekenntnis seiner Frau fragte, dass damals, als das Judentum selbstbewusst und im Besitz aller bürgerlichen Rechte war, man kein Rabbinatsgericht gebraucht habe, um … dass sein Vater als kleines Kind und in Lebensgefahr emigriert sei, weil er eben zweifellos … »Sure«, hatte Herb mit vollen Backen und unverbindlichem Lächeln gesagt, »sure, I understand.« Only a quarter Jew. »Es muss auch bleede Juden geben«, sprach gelassen mein Onkel am Naschmarkt. lxv

Erzähler André Herzberg hatte so eine streitbare jüdische Gemeinschaft nicht.

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André Herzberg Meine Mutter hat sozusagen det Verhältnis zu ihrer Mutter sehr verdeckt. Heute weiß ick, weil sie sich wahnsinnig geschämt hat, weil sie traumatisch ihr ganzes Leben sich dafür geschämt hat, das sie eben emigrieren durfte und ihre Mutter nicht. 29’31

Erzähler In der DDR wird die jüdische Erfahrung der Kindertransportenkel verdrängt. Gelten die traumatischen Erfahrungen der Kinderflüchtlinge und die Irritationen ihrer Enkel in den USA als integrales Element ihrer amerikanisch-jüdischen Identität, das von ihnen eifersüchtig verteidigt und vermarktet wird, so schweigen die ostdeutschen Nachkommen der unbegleiteten Kinder und Jugendlichen, denen die Ermordung drohte fein still. Dass die Schmerzen der Entfremdung der verwaisten Kinder im Exil durch

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 75 Staatsempfänge anerkannt werden, so etwas gab es jenseits der deutschen Mauer nicht. Juden schweigen in der DDR.

André Herzberg Ick habe erst mit dem Tod, nach dem Tod meiner Mutter die Briefe meiner Großmutter entdeckt, im Schreibtisch meiner Mutter. Und diese Briefe. Als ich mir die dann vorgelesen habe hatte ich das erste Mal in meinem Leben – dat is noch gar nicht solange her – die Stimme meiner Großmutter, wo ich meine Großmutter erst einmal kennen gelernt habe, als wirklichen Menschen, wie sie sich an meine Mutter wendet und... Also ick war davon wahnsinnig erschüttert, weil diese ganz wunderbar auf so eine warme innige intime Weise mit meiner Mutter schimpft, dass sie sich ihre Socken stopfen soll, dass sie ordentlich sein soll, dass sie sogar ab und zu mal in die Synagoge gehen soll und wie sich meine Oma ausgemalt hat, wie sie dann auch nach England kommen wird und mit meiner Mutter durch die Stadt laufen wird, durch London laufen wird und meine Mutter, die also schon eine Weile da ist, ihr das zeigen kann und wie schön es sein wird, wenn sie der Tochter sein wird und das habe ich aber erst jetzt erfahren und es war sehr bewegend, sehr berührend für mich.

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Erzähler André Herzberg, der mit dem Mauerfall plötzlich kein Star mehr war – wer kannte in der BRD die Rockband Pankow – Herzberg stürzt nach der Wende ab. Tief in die Depression. Und findet seine Heimat in der Rebellion und seinem Judentum. Was aus uns geworden ist, heißt sein Roman.

André Herzberg Wer hat Dir nur ihr Gift in dein Ohr geträufelt, dich zum Zweifeln gebracht. Frage nicht danach, Zweifel, das ist ihr Geschäft. Wenn du dich einmal auf sie einlässt, bedeutet es, dein Leben nimmt einen anderen Verlauf und das kannst, das willst du doch nicht riskieren.

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Erzähler Endstation Ungewiss - Das war die Lange Nacht über den Kindertransport 1938/39 oder Wie einer, der das Elend der Flüchtlingskinder nicht ertragen hat zum Vater von 15 000 Menschen

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 76 geworden ist. Eine Sendung von Jochanan Shelliem, Regie Nikolai von Koslowski, Ton und Technik Michael Morawietz und Thomas Widdig, Redaktion Monika Künzel.

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Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 77 Musikliste

1.Stunde

Titel: Movement 6 Länge: 01:02 Interpret: Pharoah Sanders Komponist: Pharoah Sanders, Floating Points Label: LUAKA BOP

Titel: Tak Tak o ja Länge: 03:22 Interpret und Komponist: Hania Rani Label: My Music Best.-Nr: MyMusic643 Plattentitel: biala flaga

Titel: Biesy Länge: 00:41 Interpret und Komponist: Hania Rani Label: Gondwana Records Best.-Nr: GONDCD030 Plattentitel: Esja

Titel: Wiegala Länge: 00:49 Interpret: Liv Migdal Komponist: Ilse Weber Label und Best.-Nr: keine

Titel: Leaving Länge: 00:51 Interpret: Chet Baker Komponist: Richard Alan "Richie" Beirach Label: Timeless Best.-Nr: SJP437 Plattentitel: There'll never be another you

Titel: Buka Länge: 05:02 Interpret und Komponist: Hania Rani Label: Gondwana Records Best.-Nr: GONDCD037 Plattentitel: Home

Titel: Alma y Piano Länge: 03:36 Interpret und Komponist: Diego Errazuriz Label: Cadenza Music Best.-Nr: Cal038

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 78 Titel: Luka Länge: 09:38 Interpret und Komponist: Hania Rani Label: Gondwana Records Best.-Nr: GONDCD030 Plattentitel: Esja

Titel: Says Länge: 03:36 Interpret und Komponist: Nils Frahm Label: ERASED TAPES Best.-Nr: ERATP055CD Plattentitel: Spaces

Titel: Into the wide and deep unknown Länge: 09:20 Interpret und Komponist: Jóhann Jóhannsson Label: Deutsche Grammophon Best.-Nr: 4798303 Plattentitel: The Mercy - Original motion picture soundtrack

2. Stunde

Titel: Hawaii Oslo Länge: 04:15 Interpret und Komponist: Hania Rani Label: Gondwana Records Best.-Nr: GONDCD030 Plattentitel: Esja

Titel: aus: Luisa Miller, Szene und Arie des Rudolf (II) Länge: 00:36 Solist: Rolando Villazón (1972-)(Tenor)(Rudolf) Orchester: Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi Dirigent: Daniele Callegari Komponist: Giuseppe Verdi Label: Deutsche Grammophon Best.-Nr: 477 7593 Plattentitel: Cielo e Mar

Titel: Boating for beginners Länge: 01:34 Interpret: Jóhann Jóhannsson Komponist: Jóhann Jóhannsson, Rutger Hoedemaekers Label: Deutsche Grammophon Best.-Nr: 4798303 Plattentitel: The Mercy - Original motion picture soundtrack

Titel: Eden Länge: 02:55 Interpret und Komponist: Hania Rani Label: Gondwana Records Best.-Nr: GONDCD030 Plattentitel: Esja

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 79 Titel: Anmut sparet nicht noch Mühe Länge: 02:48 Interpret: Josef Bierbichler Komponist: Hanns Eisler Label: ECM-Records Best.-Nr: 461648-2 Plattentitel: Eislermaterial

3. Stunde

Titel: Letter to glass Länge: 03:32 Interpret und Komponist: Hania Rani Label: Gondwana Records Best.-Nr: GONDCD037 Plattentitel: Home

Titel: Gnossiennes Nr. 3 Länge: 04:19 Solist: Reinbert de Leeuw (Klavier) Komponist: Erik Satie Label: Philips Best.-Nr: 412243-2

Titel: Vom Sprengen des Gartens Länge: 01:39 Interpret: Josef Bierbichler Komponist: Hanns Eisler Label: ECM-Records Best.-Nr: 461648-2 Plattentitel: Eislermaterial

Titel: (20) Die Fabriken aus: Orchestersuite Nr. 3 / Streichquartett-Fragment (attacca) aus: Eislermaterial für Stimme, Vokal- und Instrumentalensemble, Länge: 01:16 Solist: Josef Bierbichler (Sprechstimme) Ensemble: Ensemble Modern Komponist: Heiner Goebbels Label: ECM-Records Best.-Nr: 1779; 461648-2

Titel: Harry Lime theme (The third man theme) Länge: 02:13 Interpret und Komponist: Anton Karas Label: MUSICTALES Best.-Nr: 2087764 Plattentitel: The hits of the year 1950

Titel: Kiefernlied Länge: 02:48 Interpret und Komponist: André Herzberg Label: Amiga Best.-Nr: 137623-2 Plattentitel: Rock Balladen, Vol. 3: Wie ein Fischlein unterm Eis

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 80 Titel: The other side of the world Länge: 02:32 Interpret: Tom Waits Komponist: Thomas Alan Waits, Kathleen Brennan Label: Island Records Best.-Nr: 262370 Plattentitel: Night on earth - Original soundtrack recording

Titel: Anmut sparet nicht noch Mühe Länge: 00:48 Interpret: Josef Bierbichler Komponist: Hanns Eisler Label: ECM-Records Best.-Nr: 461648-2 Plattentitel: Eislermaterial

Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 81 Endstation Ungewiss Eine Lange Nacht über die „Kindertransporte“ 1938/39 Seite 82 i Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY ii Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY iii Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY iv Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY v Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY vi Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY vii Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY viii Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY ix Nicky’s Family Official Trailer 1 ( 2013 ) siehe https://www.youtube.com/watch? v=yAtDdLLJ6BY x ebenda xi Gerettete Leben – Mehr als 15 500 jüdische Mädchen und Jubngen wurden alleun auf die Kindertransporte geschickt. Am Donnerstag beginnen Jahre des Gedenkens von Annette Kögel IN Der Tagespiegel am 22.12.2017 xii https://jewishnews.timesofisrael.com/kindertransport-refugee-ingrid-wuga-who-had-immeasurable-impact-dies-aged- 96/ xiii Joe Schlesinger IN Sir Nicky, Held wider Willen – ein Film von Matej Minác, Fechner Media, Immendingen 2012 – Zitatrecht mit der freundl. Genehmigung der Produktion xiv Henry Wuga, Glasgow 28.11.17 # 005 xv Henry Wuga, Glasgow 28.11.17 # 005 xvi Erste Sendung des deutschen Dienstes der BBC.mp3 Infotext von http://hfdb.ard.de/drahfdb1/Konfektionierung? id=741652&version=1 drahfdb1: K000741652 xvii Erste Sendung des deutschen Dienstes der BBC.mp3 Infotext von http://hfdb.ard.de/drahfdb1/Konfektionierung? id=741652&version=1 drahfdb1: K000741652 xviii Erste Sendung des deutschen Dienstes der BBC.mp3 Infotext von http://hfdb.ard.de/drahfdb1/Konfektionierung? id=741652&version=1 drahfdb1: K000741652 xix Joe Schlesinger IN Sir Nicky, Held wider Willen – ein Film von Matej Minác, Fechner Media, Immendingen 2012 xx Walter Kaufmann, Berlin, DNB Künste im Exil von Jochanan Shelliem, Teaser & 007 xxi Walter Kaufmann, Berlin, DNB Künste im Exil von Jochanan Shelliem, Teaser & 007 André Asriel, Berlin DNB Künste im Exil von Jochanan Shelliem, TE 44 xxii Hania Rani, Hawaii Oslo – Live from Studio S2 AUF YouTube https://www.youtube.com/watch?v=wjvQPgYxgOo BESSER IST https://www.youtube.com/watch?v=kFRdoYfZYUY ANFANG BIS 2’51 xxiii André Asriel, Berlin DNB Künste im Exil von Jochanan Shelliem, TE 44 xxiv André Asriel, Berlin DNB Künste im Exil von Jochanan Shelliem, TH 13 xxv André Asriel, Berlin DNB Künste im Exil von Jochanan Shelliem, TH 13 xxvi André Asriel, Berlin DNB Künste im Exil von Jochanan Shelliem, TH 13 xxvii https://www.youtube.com/watch?v=8TlkN-dcDCk / 3’30 BESSER IN https://www.youtube.com/watch? v=jrPoMGZ35xI ANFANG xxviii https://www.youtube.com/watch?v=jrPoMGZ35xI xxix https://www.youtube.com/watch?v=jrPoMGZ35xI "I have nothing to offer but blood, toil, tears and sweat. We have before us an ordeal of the most grievous kind. We have before us many, many long months of struggle and of suffering. You ask, what is our policy? I can say: It is to wage war, by sea, land and air, with all our might and with all the strength that God can give us; to wage war against a monstrous tyranny, never surpassed in the dark, lamentable catalogue of human crime. That is our policy. You ask, what is our aim? I can answer in one word: It is victory, victory at all costs, victory in spite of all terror, victory, however long and hard the road may be; " xxx Hania Rani, Hawaii Oslo – Live from Studio S2 AUF YouTube https://www.youtube.com/watch?v=wjvQPgYxgOo BESSER IST https://www.youtube.com/watch?v=kFRdoYfZYUY FORTSETZUNG BIS MAX 5’49 xxxi Ludwig Lugmeier: Das Leben des Käpt’n Bilbo, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, p. 168 xxxii Ludwig Lugmeier: Das Leben des Käpt’n Bilbo, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, p. 168 xxxiii Ludwig Lugmeier: Das Leben des Käpt’n Bilbo, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, p. 168 xxxiv Ludwig Lugmeier: Das Leben des Käpt’n Bilbo, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, p. 170 xxxv Ludwig Lugmeier: Das Leben des Käpt’n Bilbo, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, p. 170 xxxvi Ludwig Lugmeier: Das Leben des Käpt’n Bilbo, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, p. 170 xxxvii Ludwig Lugmeier: Das Leben des Käpt’n Bilbo, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, p. 171 xxxviii Ludwig Lugmeier: Das Leben des Käpt’n Bilbo, Verbrecher Verlag, Berlin 2017, p. 171 xxxix André Asriel, Berlin DNB Künste im Exil von Jochanan Shelliem, TH 46 xl Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 129 xli Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 129 xlii Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 129 xliii Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 129 f. xliv Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 131 xlv Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 133 xlvi Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 133 xlvii Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 133 f. xlviii Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 133 f. xlix Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 135 f. l Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 136 li Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 136 f. lii Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 138 liii Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 140 liv Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 143 lv Ursula Krechel: Landgericht, Salzburg 2012, p. 145 lvi https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Menasse#Leben lvii https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Menasse lviii Eva Menasse: Vienna, Roman, btb München, 2007, p. 009 lix Eva Menasse: Vienna, Roman, btb München, 2007, p. 009 lx Eva Menasse: Vienna, Roman, btb München, 2007, p. 281 f. lxi Eva Menasse: Vienna, Roman, btb München, 2007, p. 291 f. lxii Eva Menasse: Vienna, Roman, btb München, 2007, p. 291 f. lxiii Eva Menasse: Vienna, Roman, btb München, 2007, p. 293 f. lxiv Eva Menasse: Vienna, Roman, btb München, 2007, p. 327 f. lxv Eva Menasse: Vienna, Roman, btb München, 2007, p. 328