Institut Für Sinologie Und Ostasienkunde Der Weg in Die Hölle Und Zurück. Die Darstellungen Von Sterben, Unterwelt, Wiederbel
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Institut für Sinologie und Ostasienkunde Der Weg in die Hölle und zurück. Die Darstellungen von Sterben, Unterwelt, Wiederbelebung, Reinkarnation und Unsterblichkeit im Liaozhai zhiyi. Inaugural-Dissertation Zur Erlangung des Doktorgrades der Philologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster (Westf.) vorgelegt von René Daszenies M.A. aus Hamm (Westf.) 2010 Datum der letzten mündlichen Prüfung: 13.08.2010 Dekan: Prof. Dr. Christan Pietsch Gutachter: Prof. Dr. Reinhard Emmerich Prof. Dr. Stephen Durrant Danksagung: Ich möchte mich hiermit für die zahlreiche Unterstützung von allen, die mir all die Jahre mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben, bedanken. Besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Reinhard Emmerich, der mich die ganzen Jahre seit dem Beginn meines Studiums mit seinem Wissen und einer unendlichen Geduld durch die Höhen und Tiefen nicht nur dieser Arbeit geleitet hat. Ohne seine Hilfe wäre die Fertigstellung vermutlich nicht zustande gekommen. Meiner Mutter, Annegret Daszenies, möchte ich für ihre aufopferungsvolle Liebe, ihren Rat und ihr nicht enden wollendes Vertrauen in mich danken und nicht zuletzt für ihre finanzielle Unterstützung, wenn es etwas eng wurde. So ist mir auch bewusst, dass mein verstorbener Vater, Rüdiger Daszenies, mich während der ganzen Zeit im Geiste begleitet und mir die nötige Kraft gespendet hat. Nadira Daszenies, meiner Frau, möchte ich für ihre große Geduld mit ihrem Sinologen danken. Ihr Ansporn und ihre Zuneigung waren und sind mir die wertvollsten Begleiter. Es haben bei weitem noch viele andere Personen ihren Anteil am Zustandekommen dieser Arbeit gehabt. Ohne besondere Reihenfolge sind dies: Prof. Dr. Stephen Durrant, der mich darauf brachte, den Tod zum Thema zu machen. Frau Dr. Monique Nagel-Angermann, die mir das Werk, welches mich nun schon so lange begleitet, vorstellte. Frau Dr. Soon-Chim Jung für ihren Rat und ihre Ruhe. Prof. Dr. Itaru Tomiya für den Zuspruch an seinen „deutschen Sohn“. Frau Marie von Wendt-Beschorner für die Hilfe bei allen organisatorischen Problemen und die gemeinsamen Rauchpausen. Knut Böhmer für den exzellenten technischen Support und die Freitag Abende zusammen mit Joachim Bläsing und Antje Huke, ohne die ich wahrscheinlich verrückt geworden wäre. Viele mag ich hier nun vergessen haben, sie seien darüber nicht ärgerlich, auch ihnen sei hier noch einmal gedankt. Und so möchte ich zum Schluss sagen, dass trotz der unterschiedlichen Arten der Unterstützung letztendlich alle verbliebenen Fehler und Mängel ausschließlich meine eigenen sind. Inhaltsverzeichnis: 1. Einleitung 001 2. Über den Autor 007 3. Über das Werk 009 4. Über den Übergang zum Tode 019 4.1. Über die Darstellung der Seele 019 4.2. Über die Vorstellung des Prädeterminismus 021 4.3. Über die Anstellung nach dem Tode 033 4.4. Über Objekte, die die Lebensspanne verkürzen können 042 4.5. Über die direkte Bestrafung noch lebender Personen 046 4.6. Über den Übergang der Seele 049 5. Über die Höllen und Unterweltdarstellungen 054 5.1. Generelle Entwicklung der Jenseitsvorstellungen 054 5.2. Sitz und Struktur der Unterweltbürokratie 058 5.3. Über die Könige der Unterwelt 071 5.4. Über die Strafen in den Höllen 086 5.5. Über die Errettung und Buße in der Unterwelt 100 5.6. Allgemeines über das Jenseits 107 6. Über die Rückkehr ins Leben 120 6.1. Die Möglichkeiten der Wiederbelebung 120 6.2. Über die Seelenwanderung 160 6.3. Über die Wiedergeburt 167 6.4. Über das Verhindern der Wiedergeburt 176 6.5. Über die Reinkarnation als Sühne oder Vergeltung 186 6.6. Über den Zyklus der Reinkarnation 189 7. Über die Unsterblichkeit 193 7.1. Über die Wege zum langen Leben 193 7.2. Über die Variante des unsterblichen Fuchses 204 7.3. Über die Lehrer von Unsterblichkeit 213 7.4. Erlösung vom Leichnam und der Stein der Weisen 215 7.5. Die Verlängerung der Lebensspanne 220 8. Resümee 225 8.1. Zusammenfassung 225 8.2. Weiterführende Überlegungen 231 9. Anhang 237 9.1. Motivindex der verwendeten Geschichten 237 9.2. Abkürzungsverzeichnis 246 9.3. Bibliographie 247 9.4. Tabelle der verwendeten chinesischen Maßeinheiten 263 9.5. Dynastieübersicht 264 1. Einleitung: „NO. I CANNOT BE BIDDEN. I CANNOT BE FORCED. I WILL DO ONLY THAT WHICH I KNOW TO BE RIGHT.“ – Death1 Seit jeher stellen sich Menschen, ganz gleich, aus welchem Kulturkreis sie stammen, unabhängig, welcher Religion sie angehören oder welche Philosophie ihr Leben prägt, ein ums andere Mal die Frage: Was geschieht nach dem Tode? Die unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen Glaubensgemeinschaften und Denkschulen bieten zahlreiche Vorstellungen und Lösungsansätze für diese Frage an. Meist schließen sich weitere Gedankengänge an: Ist der Todeszeitpunkt eines Einzelnen ein fixes Datum oder besteht die Möglichkeit, dieses durch bestimmte Handlungen zu beeinflussen? Oder ist es gar denkbar, dem Tode komplett zu entrinnen und in seinem eigenen alten Körper mit den Lieben weiter auf Erden zu wandeln? Auch in China befassen sich die unterschiedlichen Glaubensrichtungen und philosophischen Schulen seit dem Altertum mit unterschiedlicher Intensität mit eben jenen Fragen. Unzählige Geschichten und Anekdoten der Literaturgattungen zhiguai 志怪 („Beschreibungen vom Wundersamen“) und chuanqi 傳奇 („Unerhörte Begebenheiten“) ranken sich um die Darstellung der Stationen nach dem Tode eines Individuums beziehungsweise davon, was mit dessen Seele in der Unterwelt geschieht2. Das generelle Bild, welches vorzufinden ist, ist das einer Himmels- und Unterweltbürokratie, die in ihrer Struktur derjenigen der Menschenwelt sehr ähnlich ist und gleichzeitig das administrative System der jeweiligen Epoche widerspiegelt3. Des Weiteren lässt sich ein Konzept einer von eben jener Bürokratie 1 Prachett, Terry: Mort. S. 265. 2 Emmerich, Reinhard [Hrsg.]: Chinesische Literaturgeschichte. S. 131f, 179f, 270f. Zur Definition. 3 Siehe dazu: Kapitel 5. 1 festgesetzten Lebensspanne eines Einzelnen erkennen. Diese kann durch bestimmte „gute“ Taten verlängert beziehungsweise durch „schlechte“ Taten verkürzt werden. Die Modifizierung dieser Lebensspanne unterliegt dabei ausschließlich der Jurisdiktion des jeweiligen außerweltlichen Gerichtshofes. Ein weiteres Motiv, welches sich sehr häufig in dieser Art von Geschichten wieder finden lässt, ist die Wiederbelebung eines toten Körpers durch das Zurückkehren der Seele eines Verstorbenen in den Sarg4. Dies schließt sich meist an das oben erwähnte Urteil der nicht menschlichen Bürokratie an, wobei auch dabei die Ausnahmen zur Regel werden. Wie in anderen Kulturen besteht auch in der Vorstellung der Chinesen die Möglichkeit, sich komplett aus der Problematik von Tod und Wiedergeburt herauszuziehen. Dies setzt voraus, dass entweder, nach buddhistischen Vorstellungen, ein rechtschaffenes Leben gelebt wird und auf diese Weise eine Möglichkeit eröffnet werden kann, ins Nirwana einzutreten. Auch können im Laufe eines Menschenlebens bestimmte daoistische Techniken erlernt werden, die zu einer Verlängerung der Lebensspanne oder zu vollständiger Unsterblichkeit führen können und so erlauben, den Status eines xian 仙 („Unsterblicher“) zu erlangen 5 . Beide Methoden ermöglichen es auf diese Weise dem Einzelnen, die Welt der Sterblichen hinter sich zu lassen6. In dieser Arbeit sollen die oben angesprochenen Fragen und Vorstellung am Beispiel des Liaozhai zhiyi 聊齋誌異 („Seltsame Berichte aus dem Studio der Muße“) aus der Feder des in der frühen Qing- Dynastie 清代 (1644-1911) lebenden Autors Pu Songling 蒲松齡 (1640-1715) untersucht werden. Diese Sammlung von fünfhundert Geschichten und Erzählungen, die zu einem großen Teil in der Heimatprovinz des Autors, Shandong 山 4 Siehe dazu: Kapitel 6.1. 5 Nirwana o. Nirvana: Wörtl. „Verwehen“. Bezeichnung für das buddhistische Heilsziel, der Austritt aus dem Kreislauf des Leidens (Samsara) und der Wiedergeburt durch Erwachen (Bodhi). 6 Siehe dazu: Kapitel 7. 2 東省, spielen, bieten eine breite Untersuchungsgrundlage für die Glaubensvorstellung der Nordchinesen der ausgehenden Ming- Dynastie明朝 (1368-1644) bis in die Qing- Dynastie7. Aus dem Korpus des Gesamtwerkes wurden einhundertfünfundvierzig Erzählungen herausgenommen, die als Belege für die aufgestellten Thesen dienen werden. Eine vollständige Auflistung dieser Geschichten ist mit angefügtem Motivindex am Ende der Arbeit zu finden8. Die nachstehende Tabelle zeigt die Anzahl der im Gesamtwerk enthaltenen Geschichten, aufgeteilt nach Kapiteln, die relevant für diese Arbeit sind: Kapitel der 12. juan Anzahl der relevanten 卷 Ausgabe Geschichten 01. 14 02. 12 03. 13 04. 10 05. 15 06. 11 07. 14 08. 09 09. 09 10. 08 11. 14 12. 16 An dieser Aufstellung ist zu erkennen, dass die hier zu behandelnden Thematiken sich durch das gesamte Werk ziehen und werksintern kein expliziter Schwerpunkt der Motive (Tod, 7 Pu Songling lagen auch weit ältere Textmotive vor. Siehe dazu: Kapitel 3. Vgl. Chang, Chun-shu: Redefining History. S. 152 u. S. 167. Laut Chang spielen 2/5, also 40% der Geschichten in Pu Songlings Heimatprovinz. 8 Siehe dazu: Kapitel 9.1. 3 Unterwelt, Wiederbelebung/Reinkarnation u. Unsterblichkeit) in einem bestimmten Kapitel festzustellen ist. Sieht man das LZZY, obwohl es sich um fiktionale Geschichten mit historischen Details handelt, als zeitgenössische Darstellung der chinesischen Gesellschaft und ihrer religiösen Denkweise, so stellt sich folgende Frage: Lässt sich deren Verschriftlichung im Werk von Pu Songling als chinesischer Volksglauben deklarieren? Die Fachliteratur verzeichnet unter diesem Begriff, der auch „chinese popular believe“