Bienen (Hymenoptera: Aculeata: Apiformes) Bestandsentwicklung 2
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Bienen (Hymenoptera: Aculeata: Apiformes) Bestandsentwicklung 2. Fassung, Stand: Mai 2014 Christoph Saure & Eckart Stolle (unter Mitarbeit von Frank Burger, Frank Creutzburg, Tobias Meitzel & Christian Schmid-Egger) Bedeutung der Bienen Arten sind überregional in ihrem Bestand gefährdet oder bereits ausgestorben, z. B. sind in Deutschland 53 % Bienen sind eine außerordentlich formenreiche Grup- aller Bienenarten in der Roten Liste enthalten (West- pe, deren Artenzahl weltweit auf etwa 30.000 geschätzt rich et al. 2011). wird (Michener 2007). Im Gegensatz zu den verwand- ten Wespengruppen benötigen Bienen nicht nur für die Bienen reagieren auf Umweltveränderungen beson- eigene Ernährung, sondern auch für die Ernährung ih- ders empfindlich. Viele Arten sammeln Blütenpollen rer Larven große Mengen an Pollen und Nektar. Blüten ausschließlich auf einer Pflanzengattung oder -familie müssen daher sehr häufig besucht werden, wobei es in und sind damit an bestimmte Pflanzen in ausreichend der Regel zu einer Bestäubung kommt. Damit sind die großen Beständen gebunden. Außerdem werden be- Bienen die wichtigsten Bestäuberinsekten. Sie erbrin- sonnte Kleinstrukturen als Nisthabitate benötigt. Da- gen nicht nur eine enorme ökologische Leistung für die für kommen artspezifisch vegetationsarme Bodenstel- Erhaltung der Pflanzendiversität, sondern auch eine oft len, Böschungen, Totholz, dürre Pflanzenstängel, leere unterschätzte ökonomische Leistung. Von den weltweit Schneckengehäuse und anderes in Betracht (Westrich 124 wichtigsten Kulturpflanzen sind 87 Arten vollstän- 1989). Die Erhaltung und Neuanlage von Kleinstruktu- dig auf Bienen und andere tierische Bestäuber angewie- ren und blütenreichen Flächen ist dringend notwendig, sen (Klein et al. 2007). Der Wert der Bestäuberleistung um den Rückgang der Wildbienengemeinschaften im für die globale Landwirtschaft wird auf 153 Milliarden Offenland aufzuhalten. Dabei ist auch auf ein kontinu- Euro pro Jahr geschätzt (Gallai et al. 2009). ierliches Blütenangebot von Frühjahr bis Herbst und Zur Aufrechterhaltung der Bestäuberleistung werden auf eine enge Nachbarschaft von Nist- und Nahrungs- arten- und individuenreiche Wildbienengemeinschaften habitaten zu achten. Einen wichtigen Beitrag können benötigt. Solche sind aber in den vergangenen Jahrzehn- nachhaltige Landwirtschaftsmethoden liefern, die das ten besonders durch die Veränderungen in der Land- Überleben von Wildbienen gewährleisten und darüber wirtschaft und die damit einhergehende Zerstörung und hinaus dem Landwirt nachweislich die Bestäubung und Isolierung von Nist- und Nahrungsplätzen drastisch die Erträge sichern (z. B. Holzschuh et al. 2007, 2008, zurückgegangen (Zurbuchen & Müller 2012). Viele 2010). Bearbeitungsstand, Datengrundlagen Im Jahr 1999 erschien die erste Checkliste der Bie- nen Sachsen-Anhalts, die 384 Arten enthielt (Dorn & Ruhnke 1999). Die Autoren gaben an, dass der Grad der faunistischen Bearbeitung vor allem im Norden des Landes äußerst gering ist und dass sich ihre Hinweise zur Bestandssituation fast ausschließlich auf die süd- lichen und mittleren Landesteile beziehen. Weitere Art- nachweise waren daher im Land zu erwarten. In der Reihe „Entomofauna Germanica“ wurde im Jahr 2001 das Verzeichnis der Hautflügler Deutschlands veröf- fentlicht, welches auch eine Liste der Bienen für ein- zelne Bundesländer enthält (Dathe 2001). In der Liste werden für Sachsen-Anhalt 391 Bienenarten gemeldet. Trotz des Zuwachses an Arten waren die Daten noch lü- ckenhaft. Einige Nachträge, Aktualisierungen und Kor- rekturen lieferte die Rote Liste der Wildbienen Sachsen- Anhalts (Burger & Ruhnke 2004). Die Gesamtzahl der Männchen der Seidenbiene Colletes marginatus auf einem Blü- Bienen wird hier mit 405 Arten angegeben, wobei un- tenstand des Hasen-Klees. Die Art ist in Sachsen-Anhalt selten klar ist, welche Arten gemeint sind (die Publikation ent- und stark gefährdet. Foto: Kühne & Saure. hält nur die Arten mit Rote-Liste-Status). 930 Frank, D. & Schnitter, P. (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt Seit dem Jahr 2004 konnten zahlreiche eigene Nach- eigene seriöse Darstellung der Wildbienenfauna ver- weise sowie Aufsammlungen von Kollegen (siehe Dank- dient hätte. Speziell in diesem Landschaftsraum wären sagung) ausgewertet werden. Außerdem erschienen ei- Nachuntersuchungen wünschenswert. nige Arbeiten zur Bienenfauna einzelner Gebiete (Bur- ger 2010, Saure 2011, Saure et al. 2013) und zu einzel- In der vorliegenden Arbeit wird für die Bienen der nen Arten (Burger et al. 2006). Bisher nicht veröffent- Name Apiformes gewählt. Die Gruppe bildet zusam- licht sind die im Jahr 2013 im Auftrag des FÖLV (För- men mit den Grabwespen sensu lato (Spheciformes) die der- und Landschaftspflegeverein Biosphärenreservat Überfamilie Apoidea, die wiederum eine Teilgruppe der „Mittelelbe“ e. V.) für das Landesamt für Umweltschutz Stechimmen (Hymenoptera Aculeata) ist. Damit folgen Sachsen-Anhalt durchgeführten Bestandserfassungen in wir, wie auch mit der Aufteilung der Bienen in mehre- Streuobstwiesen, die den Nachweis von 200 Wildbienen- re Familien, den Ausführungen von Michener (2007). arten erbrachten (Saure in Vorb.). Ebenfalls viele bisher Auf dessen Grundlagenwerk geht auch die Änderung unpublizierte Daten aus Sachsen-Anhalt stammen aus mehrerer Gattungsnamen zurück (vgl. Hinweis auf Sy- einem Monitoring der Initiative TERENO (Terrestrial nonyme). Environmental Observatoria), und zwar aus einem in Leipzig beim Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Fortschreibung der Checkliste (UFZ) angesiedelten Teilprojekt. Die kontinuierlich er- hobenen Daten sollen beispielsweise zur Analyse von Nicht bestätigte Arten Landnutzungsänderungen dienen. Die mit Fensterfallen ■ Andrena granulosa Pérez, 1902: Diese bundesweit erfassten Bienen werden von F. Creutzburg determi- extrem seltene und stark gefährdete Sandbienenart niert und in der Sammlung des UFZ aufbewahrt. Die (Westrich et al. 2011) wurde von Burger & Ruhnke verschiedenen Projekte führten zu einer weiteren Ver- (2004) als neu für Sachsen-Anhalt gemeldet. Folgen- besserung des Kenntnisstandes, wodurch eine Überar- de Funddaten werden dort angeführt (Fußnote 11): beitung der Checkliste nötig erschien. Neue Bienenarten ein Weibchen, 12.6.1919, Bad Kösen, leg. Jänner, det. wurden in die Gesamtliste aufgenommen, andere wur- Burger, Coll. Naturkundemuseum Erfurt. Exakt den aus der Liste gelöscht. Auch einige Wiederfunde sind dieselben Fundangaben werden für Andrena lepida für Sachsen-Anhalt zu verzeichnen. Trotz der neuen Er- genannt (Fußnote 12). Eine Nachprüfung im Natur- gebnisse bleibt auch für die Zukunft noch einiges zu tun, kundemuseum Erfurt ergab, dass die genannten Tiere sowohl an Freilandarbeit (Bestandserfassungen in den von A. granulosa und A. lepida dort nicht vorhanden immer noch vernachlässigten nördlichen Landesteilen, sind (F. Creutzburg). Die Sammlung Jänner befin- Nachkartierung an historischen Fundorten), als auch det sich vielmehr im Museum der Natur in Gotha. an Sammlungstätigkeit (insbesondere die Überprüfung Aber auch dort wurden beide besagten Tiere nicht einiger publizierter Fundmeldungen). Ältere Funddaten gefunden (R. Winter in litt.). Da von A. lepida Funde bzw. Publikationen aus dem 19. und der ersten Hälfte aus dem 19. Jahrhundert für Sachsen-Anhalt existie- des 20. Jahrhunderts wurden maßgeblich von M. Dorn ren, wird diese Art in der Liste belassen (Rapp 1938, aufbereitet (zur Historie der Wildbienenforschung siehe 1945). Andrena granulosa wird dagegen vorerst nicht Dorn 1993a, Dorn & Ruhnke 1999). Zusätzliche Er- mehr zur Fauna Sachsen-Anhalts gezählt, obgleich gebnisse lieferten Burger & Ruhnke (2004) und Bur- die Art aktuell aus Thüringen belegt ist (vgl. Burger ger et al. (2006). Aber auch in der vorliegenden aktuali- 2011a, 2011b). sierten Checkliste werden einige historische Funddaten ■ Andrena albofasciata Thomson, 1870: Dieses Taxon neu bewertet (siehe Auswertung und Artenliste). wird von Burger & Ruhnke (2004) als eigenständige Art aufgefasst (Fußnote 17). In zahlreichen jüngeren Die Publikation von Deters & Deters (2008) zur Publikationen wird A. albofasciata dagegen als Syno- Bienenfauna des Landschaftsraumes Saale-Unstrut- nym von A. ovatula betrachtet, beispielsweise von Gu- Triasland trägt eher zur Verwirrung bei. Die Autoren senleitner & Schwarz (2002), Straka et al. (2007), verweisen im Textteil auf eine Gesamtliste der Bienen Amiet et al. (2010) und Westrich et al. (2011). Die des Saale-Unstrut-Triaslandes mit 333 Arten. Tatsäch- zur Unterscheidung angeführten Merkmale wie Haar- lich sind aber in einer Liste im Anhang 513 Bienenarten färbung, Punktierung des Clypeus und Länge der aufgeführt und damit deutlich mehr, als im gesamten Fühlerglieder (z. B. Smissen 2010) sind sehr variabel. Bundesland Sachsen-Anhalt zu erwarten sind. Es wer- Bis auf Weiteres wird A. albofasciata für Sachsen-An- den außerdem unkommentiert zahlreiche Arten gelis- halt nicht mehr als distinkte Art geführt. tet, die aus Deutschland oder sogar aus Mitteleuropa ■ Colletes floralis Eversmann, 1852 wird von Drewes unbekannt sind. Das ist insofern schade, da das Saale- (2001) für Sachsen-Anhalt genannt. Ein Vorkommen Unstrut-Triasland die Region in Sachsen-Anhalt mit dieser in Deutschland ausgestorbenen Art (West- den meisten bemerkenswerten Bienenarten ist und eine rich et al. 2011) ist in Sachsen-Anhalt sehr unwahr- 931 scheinlich und sicherlich geht die Meldung von Dre- scheinlich nicht zur europäischen Fauna, sondern ge- wes auf eine Fehlbestimmung zurück (auch wenn hört zur