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Zwei Aussagen charakterisieren dieses Buch, zum Gieleroth Einen das Wort des alten deutschen Dichters Goethe „...nicht Kunst und Wissenschaft allein, Geduld will bei dem Werke sein“, zum anderen Gieleroth – Herpteroth – Amteroth das der Gegenwartsautorin Ulla Hahn, die beim Lesen einfordert, „...sich mit Kopf und Herz auf das Erzählte einzulassen ...“. 1408 – 2008 Geschrieben wurde dieses Buch zum 600 jährigen Heimat im Wandel Jubiläum der Ortsgemeinde Gieleroth, und es verfolgt das Ziel, die alten Zeiten der drei Dörfer

Amteroth, Gieleroth und Herpteroth 1408 –Wandel im 2008 Heimat aufzuhellen, das Heutige zu erkennen und zu bewahren und zugleich Bürgerinnen und Bürgern den Mut zu vermitteln, Neues zu wagen. Denn nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten. Gieleroth Kapitel 1.qxd:Kapitel 1.qxd 08.05.2008 15:15 Uhr Seite 1

Gieleroth Gieleroth – Herpteroth – Amteroth

1408 – 2008 Heimat im Wandel Kapitel 1.qxd:Kapitel 1.qxd 09.05.2008 20:16 Uhr Seite 2

Autorenteam: Fleischer, Günter Morr, Markus Osterrath, Mathilde Neeb, Bernd Rüdiger Alberti, Mirco Schäfer, Erich Bauer, Andrea Schulte, Margarete Fischer, Jutta Schütz, Katja Idelberger, Wilhelm Staubus, Valeska Jüngerich, Fred Theis, Jakob Land, Petra Wehler, Ute Lindlein, Bernd Weller, Helmut

Fotos und Dokumente stellten zur Verfügung: Archiv des Kreises / Nagel (Punit), Mario Kreismedienzentrum Neeb, Bernd Rüdiger Landesmedienzentrum / Bruno Fischer, Nöllgen, Otto Luftbilder Juli 1967 Osterrath, Mathilde Hessisches Hauptstaatsarchiv, Wiesbaden Räder, Helene Landesamt für Geologie und Bergbau, Mainz Räder, Irene Landeshauptarchiv Koblenz Schäfer, Erich Altgeld, Helmut Scharfenstein, Elke Augst, Arthur Schneider, Herta Bauer, Andrea Schüchen, Bernd Dönges, Michaela Schulte, Margarete Euteneuer, Bernd Theis, Gisela Euteneuer, Grete Vorländer, Wilhelm (Siegener Zeitung) Fleischer, Günter Wachow, Wolfgang (Rhein-Zeitung AK) Krämer, Irene Wehler, Ida Krämer, Jörg Wehler, Walter Marth, Gerlinde Gerhard Launer WFL-GmbH, Merkelbach, Elsa Schießhausstraße14, 97228 Rottendorf, Müller, Dietmar Tel.: 0 93 02 / 9 08 10 (Luftbilder S.35f.)

Impressum Herausgeber: Ortsgemeinde 57610 Gieleroth mit Unterstützung des Natur- und Umweltschutzvereins Gieleroth e.V. Satz & Layout, Umschlaggestaltung: grafixx media, Borod Bildbearbeitung: Günter Fleischer, grafixx media Druck: Druckerei Anders, Trier Kapitel 1.qxd:Kapitel 1.qxd 08.05.2008 15:15 Uhr Seite 3

Gieleroth Gieleroth – Herpteroth – Amteroth

1408 – 2008 Heimat im Wandel

Ortsgemeinde Gieleroth Natur- und Umweltschutzverein Gieleroth e. V. Kapitel 1.qxd:Kapitel 1.qxd 08.05.2008 15:15 Uhr Seite 4

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ...... 4 Die Jubiläumsurkunde von 1408...... 12 Alte Karten erzählen...... 14 Die ältesten Nachrichten aus den drei Dörfern...... 20 Das Gielerother Wappen ...... 22 Das Gillerter Wappen...... 23 Spitznamen der Dörfer ...... 24 Grunddaten der Ortsgemeinde Gieleroth – heute...... 25 Unser Klima...... 26 Geologie/Erdgeschichte im Raum Gieleroth...... 28 Bilder aus der Vogelperspektive ...... 35 Wer lebte und lebt in dieser schönen Landschaft? ...... 37 Wohnungsbuch...... 39 Alte Hausnamen...... 46 Kirchengeschichten ...... 51 Bergbau in der Gemeinde Gieleroth...... 54 Die Herzburg (= Die Harzburg)...... 61 Die Sage von der Herzburg ...... 67 Das Flurstück „Im Streitort“...... 70 Gieleroth mit einem „Marienstatter Hof“ und einem „Junkerhof“...... 72 Zisterzienserhof in Gieleroth ...... 75 Der „Raue Stein“ im Wald von Amteroth...... 78 Aus der Geschichte der Poststation in Gieleroth ...... 81 Postweiher in Gieleroth ...... 86 Die „Hohe Straße“ ...... 89 Versteigerung zu Amteroth um das Jahr 1800...... 96 Steckbrief über eine Amterotherin...... 100 Bleichwiesen und Waschhäuser...... 101 Wassermühle in Amteroth...... 103 Hohlwege in Herpteroth ...... 105 Unsere drei Dörfer im Blickfeld der Kommunalen Selbstverwaltung ...... 109 Ausführlichere Angaben zur Wasserversorgung...... 119 Stromversorgung ...... 121 Unser Telefonnetz...... 123 Feuerwehren in früherer Zeit...... 124 Gieleroth und der Fußball...... 126 Der Herpterother Radfahrverein ...... 129 Ein Lied über Streiche, die früher oft geschahen...... 131

4 Kapitel 1.qxd:Kapitel 1.qxd 08.05.2008 15:15 Uhr Seite 5

Eine Hochzeitszeitung von 1933 ...... 133 Jagdgenossenschaft Gieleroth...... 136 Kriegstragödie ...... 138 Phosphorbomben und „Fledermausstollen“...... 141 Amteroth (Gedicht) ...... 144 Herpteroth in Feindeshand ...... 146 Schweine bringen nicht immer Glück ...... 149 Es gab einmal eine Schule in Gieleroth...... 151 Spatzennest Gieleroth...... 163 Schneefreuden...... 166 Gewerbebetriebe ...... 169 Landwirtschaft im Wandel ...... 175 Heuernte ...... 179 Heuernte im Amterother Wiesental (Gedicht)...... 182 Kartoffelanbau ...... 185 Milchwirtschaft ...... 187 Apfel, Birne & Co rund um Gieleroth...... 191 Die Waldinteressentenschaft Amteroth...... 197 Drei „zivile“ Friedhöfe in Gieleroth...... 203 Gefallenenliste des 1. und 2. Weltkrieges...... 208 Überblick über die Bautätigkeit ...... 211 Die Amterother Dreschhalle...... 214 Und die Dreschhalle in Herpteroth? ...... 219 Brunnenhaus...... 220 Das Gielerother Dorfgemeinschaftshaus...... 224 Alter Backes in Herpteroth ...... 230 Aus der Vereinschronik des MGV Gieleroth...... 231 Geschichte des Frauenchores Gieleroth ...... 240 Der Natur- und Umweltschutzverein Gieleroth e.V...... 245 Eicherfreunde Westerwald e.V. in Herpteroth...... 256 Erste Autos – Schlepper und eine Tankstelle...... 258 Freunde der Kinderkrebshilfe Gieleroth...... 261 Kinderschützenfeste ...... 264 Bräuche in Herpteroth ...... 271 Kinderfreuden...... 273 Unser Dorf soll schöner werden...... 276 Der Natur-Kunst-Pfad zwischen Altenkirchen und Amteroth ...... 280 Das Zusammenlegungsverfahren...... 286 Keine strahlende Vergangenheit: Lebensbedingungen der Dorfbewohner ...... 288 Ortskernsanierungen...... 293 Dörfliche Impressionen ...... 299 Luftbilder...... 306 Werbung ...... 316

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Die Gemeinde Gieleroth feiert in diesem Jahr das 600-jährige Jubiläum ihrer ersten Erwähnung. Ein Grund, Rückschau zu halten. 600 Jahre sind ein langer Zeitraum, in dem die Gemeinde manchen Wandel erfahren hat. So ist aus dem alten Dorf Gieleroth schon vor 70 Jahren eine Gemeinde ge - worden, zu der die früher selbstständigen Gemeinden Gieleroth, Herpteroth und Amteroth zusammengeschlossen wurden. Bereits ab 1854 bildeten die drei Gemein- den eine Schulgemeinde. Es ist eine gute Sache, dass das Jubiläum Michael Lieber zum Anlass genommen wurde, die Ge - schichte der Gemeinde und ihrer Ortsteile in einem Buch festzuhalten. Erfährt der Leser doch so Manches über die Schwierig- keiten, die die Vorfahren zu überwinden hatten, damit die Gemeinde zu dem werden konnte, was sie heute ist. Vieles war nur in Gemeinschaftsarbeit und Nachbarschaftshilfe möglich. Eine Tradition, die in unserer Zeit, in der jeder nach Unabhängigkeit strebt, immer selte- ner wird, aber möglicherweise durch die Rückschau eine größere Wiederbelebung erfährt. Ein Rückblick in die Vergangenheit hilft uns, die Gegenwart besser zu verstehen und aus der Erfahrung die Zukunft zu planen. Ich wünsche, dass das Buch viele Leser erreicht und so die Gemeinde ständig mit neuem Leben bereichert wird. Die Autoren, die mit ihren Beiträgen und Forschungen die Herausgabe dieses Werkes möglich machten, verdienen die Michael Lieber aufrichtige Anerkennung für ihre Leistung LANDRAT und meinen herzlichen Dank. DES KREISES ALTENKIRCHEN

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Liebe Bürgerinnen und Bürger der Ortsgemeinde Gieleroth, liebe Leserinnen und Leser,

„nicht Kunst und Wissenschaft allein, Ge- duld will bei dem Werke sein“, erklärte ein- mal der deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Mit viel Geduld haben die Autoren dieser Chronik in über zwei Jahren Berichte und Fotos gesammelt und Befragungen in der Bevölkerung durchgeführt. Dabei mussten oft alte Bücher, insbe- sondere alte Protokollbücher der bis 1939 Heijo Höfer noch eigenständigen Gemeinden Giele- roth, Amteroth und Herpteroth gelesen und ausgewertet werden, die teilweise noch in Sütterlinschrift verfasst waren. Für diese umfangreiche ehrenamtliche Arbeit möchte ich dem Autorenteam recht herz- lich danken. Die Chronik nimmt die Leserinnen und Leser anhand von Themen wie Schul- chronik, Vereinsleben, Einzug der Technik und Selbstverwaltung der Dörfer mit auf eine Zeitreise in die 600-jährigeVergan- genheit der Gemeinde. Eine solche Zeitreise arbeitet nicht nur vergangene Zeiten auf, sondern ermutigt Freundliche Grüße gleichfalls zu neuen Taten und Ideen in der Zukunft. Sie stellt daher sicherlich nicht nur für die älteren Generationen eine interessante Lektüre dar. Ich wünsche den Herausgebern und Autoren der Dorfchronik viele interes- Heijo Höfer sierte Leserinnen und Leser und den Jubi- BÜRGERMEISTER läumsfeierlichkeiten einen gelungenen DER VERBANDSGEMEINDE Verlauf. ALTENKIRCHEN

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Seit der ersten schriftlichen Erwähnung von Gieleroth sind 600 Jahre verstrichen. Dies ist ein guter Anlass, um den Versuch zu unternehmen, die in dieser langen Zeit- spanne eingetretenen vielfältigen Verände- rungen der Lebens-, Wirtschafts- und politischen Verhältnisse in unserer Heimat in Wort und Bild festzuhalten. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist das vor Ihnen liegende Buch. Allen, die zum Gelingen dieses Vorhabens beigetragen haben, danke ich ganz herzlich. Wir sind wohl die ersten Gielerother, Bernd Rüdiger Neeb die das Glück haben, den fortwährenden Wan del in unserer Zeit innerhalb einer nunmehr länger als 60 Jahre währenden Periode des Friedens in Freiheit und Wohl- stand erleben zu dürfen. Unseren Vorfah- ren war dieses Glück nur selten beschieden. Ihr Leben war vielmehr oftmals begleitet von schwerer körperlicher Arbeit, Armut, Hunger und Krank heit. Was uns die Zukunft bringt, weiß nie- mand. Sicher ist aber, dass unsere Gemeinde auch künftig erheblichen Veränderungen unterworfen sein wird. Ich hoffe und wün - sche, dass die in den letzten Jahrzehnten so überaus positiv verlaufene Entwicklung unserer Gemeinde auch in Zukunft weiter anhält.

Glückauf

Bernd Rüdiger Neeb ORTSBÜRGERMEISTER

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Liebe Amterother, Gielerother und Herpterother, liebe Leser,

die drei Dörfer der Ortsgemeinde Gieleroth feiern im Jahr 2008 ihr 600-jähriges Bestehen. Gieleroth und Herpteroth wurden im Jahre 1408 erstmals urkundlich erwähnt; Amteroth blickt auf eine ver- gleichbar lange Existenz zurück. Nun mögen 600 Jahre Dorfgeschichte für eine Gemeinde nichts Besonderes sein – gibt es doch so viele Westerwalddörfer, die ebenso alt oder gar älter sind. Dennoch! Unsere heutige Zeit ist sehr hektisch. Vergangenes gerät allzu schnell in Vergessenheit; Gegenwärtiges wird häufig nur oberflächlich wahrgenommen. Und die Zukunft? Wer weiß schon, was sie bringt! Dieses, zum Dörferjubiläum erschie- nene Buch, will dazu beitragen, die alten Fred Jüngerich Zeiten der drei Dörfer aufzuhellen, Heutiges zu erkennen und zu bewahren und zugleich Danken möchte ich dem Redaktionsteam und die Bürgerinnen und Bürger zu ermuntern, allen Autoren. Zwei Jahre lang werteten sie Neues zu wagen. Nur wer die Vergangenheit eine Fülle von Textmaterial aus, sammelten kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Fotos, befragten Bürgerinnen und Bürger und Zukunft gestalten! Bereits der Buchtitel „Hei- schrieben. Mein Dank gilt auch Bernd Rüdi- mat im Wandel“ macht deutlich, dass sich die ger Neeb, unserem Ortsbürgermeister, für das Heimat der Menschen, wie das Leben selbst, Engagement der Ortsgemeinde Gieleroth. ständig verändert. Aber was ist eigentlich Nicht zuletzt bedanke ich mich bei allen Mit- „Heimat“? Das Land oder die Leute dort? bürgerinnen und Mitbürgern, die zum Gelin- Sicher beides! Vor allem aber sind es die Men- gen dieses Jubiläumsbuches beigetragen haben, schen, die ihre Heimat prägen. Deshalb ist die z.B. dass sie Fotos zur Verfügung stellten, 600-jährige Geschichte der Dörfer Amteroth, bereitwillig Auskünfte gaben und und und … Gieleroth und Herpteroth eben doch etwas Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Besonderes! Diese Erkenntnis war Leitgedanke Leser, viel Freude mit diesem Werk und uns der „Macher“ des Jubiläumsbuches. allen eine gesunde und friedliche Zukunft. Der Natur- und Umweltschutzverein Giele- roth e.V. griff im Frühjahr 2005 den Vorschlag auf, eine Festschrift anlässlich des 600-jähri- gen Bestehens der drei Dörfer zu erstellen. Der Verein versprach Mitarbeit und finanzielle Unterstützung für die „Dörferchronik“. Damit Fred Jüngerich leistet er einen wichtigen Beitrag zur Kultur- 1. VORSITZENDER und Heimatpflege in unserer Gemeinde, zu NATUR- UND UMWELTSCHUTZ- der er sich in seiner Satzung verpflichtet hat. VEREIN GIELEROTH E. V.

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Die Evangelische Kirchengemeinde Almers- bach gratuliert der Ortsgemeinde Gieleroth sehr herzlich zu ihrem 600jährigen Jubi- läum. Seit ihrer Entstehung gehören die drei Dörfer Amteroth, Gieleroth und Herpteroth, die seit 1939 die Ortsgemeinde Gieleroth bilden, zur Kirchengemeinde Almers bach. Vor der Kirchenspaltung umfasste sie alle Christen, seit der Einführung der Refor - mation in der Grafschaft Sayn im Jahr 1561 gehören die evangelischen Christen zur Ev. Kirchengemeinde . Auch wenn in den drei Dörfern nie eine Kirche gestanden hat und sie geo- graphisch gesehen am Rand unserer gemeinde liegen –Gieleroth und Herpteroth bilden sogar die Grenze der Joachim Triebel-Kulpe Ev. Kirche im Rheinland zur Ev. Kirche in Hessen und Nassau – so waren die Evan - gelischen hier immer mittendrin im Gemeindeleben. Bis heute haben sich viele Damit die „kirchliche Handschrift“ in der Menschen aus diesen drei Dörfern für ihre Ortsgemeinde Gieleroth nicht nur im Kirchengemeinde engagiert, im Presby- Güterverzeichnis des Zisterzienserklosters terium, in den Gruppen und Kreisen, bei Marienstatt aus dem Jahr 1408, in der die Projekten oder als Mäzen, wie der dama- Ortsteile Gieleroth und Herpteroth erstma- lige fürstliche Posthalter Joh. Gerhard lig erwähnt werden, lesbar ist, sondern auch Rhodius aus Gieleroth, der um 1650 für in Zukunft, braucht es Menschen, denen die die reformierte und die lutherische Kir- Kirchengemeinde am Herzen liegt, die chengemeinde Almersbach eine Taufkanne bewusst Mitglied sind und das Gemeinde- und eine Taufschüssel gestiftet hat. leben mit gestalten. Verbunden sind die unterschiedlichen Dörfer der Ev. Kirchengemeinde Almers- Ein fröhliches und verbindendes bach durch das Bekenntnis zu Jesus Festwochenende im Juni wünscht Ihnen Christus, der im Glauben an ihn „leben- diges Wasser“ zu trinken gibt sowie geogra- phisch durch den Almersbach und den Wambach, die das Gebiet der Kirchenge- meinde durchfließen. Erstgenanntes Ge- wässer, das der Kirchengemeinde ihren Namen gab, entspringt in Gieleroth und Joachim Triebel-Kulpe mündet dann unterhalb der Almersbacher PFARRER Kirche in die . ALMERSBACH

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Liebe Gielerother und liebe Freunde von Gieleroth,

wir Menschen leben aus unserer Geschichte, wir bauen auf dem Fundament, das unsere Vorfahren gelegt haben, wir ernten, was unsere Eltern und Großeltern gepflanzt haben. In einer kurzen Erzählung heißt es: Ein Weiser ging einmal über Land und sah einen Mann, der einen Johannisbrotbaum pflanz te. Er blieb bei ihm stehen und sah ihm zu und fragte: „Wann wird das Bäumchen wohl Früchte tragen?“ Der Mann erwiderte: „In siebzig Jahren.“ Da sprach der Weise: „Du Tor! Denkst du, in siebzig Jahren noch zu leben und die Früchte deiner Arbeit zu genießen? Pflanze Bruno Nebel lieber einen Baum, der früher Früchte trägt, dass du dich ihrer erfreust in deinem Leben.“ Der Mann aber hatte sein Werk vollen- det und sah freudig darauf, und er antwor- tete: „Rabbi, als ich zur Welt kam, da fand ich Johannisbrotbäume und aß von ihnen, ohne dass ich sie gepflanzt hatte, denn das hatten meine Väter getan. Habe ich nun genossen, wo gleichen Liebe und Verantwortung die ich nicht gearbeitet habe, so will ich einen Zukunft zu gestalten. Baum pflanzen für meine Kinder oder Enkel, Den BürgerInnen von Gieleroth darf ich dass sie davon genießen. Wir Menschen mögen in diesem Sinne gratulieren und ihnen für nur bestehen, wenn einer dem anderen die die Zukunft ihres Ortes und ihrer Gemein- Hand reicht. Siehe, ich bin ein einfacher schaft den Segen Gottes wünschen. Mann, aber wir haben ein Sprichwort: Gefährten oder Tod.“ Eine der wertvollsten und schönsten Ihr Pflanzen, von denen ich essen durfte, ohne sie zu pflanzen, ist der Glaube, der Kraft und Mut zum Leben gibt. Der Glaube an die Liebe Gottes, den ich von meiner Mutter geschenkt bekam und den ich nun selber pflanzen und weitergeben darf. Das ist der Grund, sich voll Liebe und Dankbarkeit der Bruno Nebel Vergangenheit zu erinnern und dann in der PASTOR

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Die Jubiläumsurkunde von 1408

n dieser Urkunde von 1408 aus dem namen gefunden wurden. Als man diese IKloster Marienstatt werden die Ortsna- Urkunde schrieb, müssen unsere Dörfer men Gieleroth und Herpteroth erwähnt. Es schon eine gewisse Bedeutung gehabt ist die älteste Urkunde, in der unsere Orts- haben:

Das Original der Pergamenturkunde befindet sich im Hess.Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (Abt. 74 Nr. 610)

Wolf Heino Struck übertrug 1965 alle oben abgebildete Pergament-Urkunde vom Marienstatter Urkunden für den Buch- 9. Januar 1408 unter der Nr. 774 von ihm druck. In seinem Buch „Das Cistercienser- „übersetzt“ abgedruckt: kloster Marienstatt im Mittelalter“ ist die

Johann von Heimbach und seine Frau Emel verkaufen Peter von Herpteroth (Herbe- terode) und dessen Frau Grete für eine Geldsumme, die diese ihnen bezahlt haben, ihren Hof zu Gieleroth (Geilnderode) und alles Erbe, das sie im Kirchspiel Almersbach

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(kirspel zo Almersbach), an Holz, Feld, Wiesen und Acker haben. Sie haben dies mit Halm und Mund vor Rorich von Lutzbach, Richter am Gericht zu Almersbach, auf- getragen, wie bei Erbe in der Grafschaft Wied (Wede) rechtsüblich ist. Sie sollen weder mit geistlichem noch weltlichem Gericht dagegen vorgehen.

Zeugen:

der vorgen. Rorich von Lutzbach, Junker Dietrich (Dederich) von Gieleroth, Süffrid von Herpteroth, Heyntze von Bergerhuß, Heyntze von Herpteroth und Ludwig von Gieleroth, Sohn des vorgen. Junkers Dietrich, die Unterhändler (redelude) und Wein- kaufsleute waren. – Siegel des Ausstellers und des Edelknechts Konrad Dumleier, Drosts (drosessen) zu Dierdorf (Deirdorff).

Datum:

anno domini millesimo quadringentesimo octavo, secunda feria post epyphanie domini. (Beide Siegel ab.)

Rückseitenvermerke:

1) Littera de curti in Gelenterode, quem contulit nobis Petrus de Herpenterode, qui in Hartenfeltz consuevit commorare. 2) De curia in Geelrode, quam (Jo(annes) Heymbach olim vendidit.

Diese Urkunde von 1408 ist der Koblenzer Gerichtsurkunde vom 22. Aug. 1438 beigefügt.

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Alte Karten erzählen

ußer alten Urkunden geben auch alte Nachfolgend werden die ältesten, aussage- A Karten Auskunft über die Vergangen- kräftigsten Karten der drei Ortsteile vorge- heit unserer Dörfer. Sie befinden sich heute stellt: in der Nebenstelle Kobern-Gondorf des • eine Karte von 1828 für Gieleroth, Landeshauptarchivs Koblenz1. • eine Karte von 1830 für Amteroth, • eine Karte von 1848 für Herpteroth.

1. Eine Karte von 1828 erzählt von Gieleroth

Eine Ablichtung aus dem Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 730, Nr. 172 (Gieleroth) wurde koloriert und leicht bearbeitet

Der obenstehenden Gielerother Karte von Gebäude stehen am Weg „Zum Postweiher“, 1828 lässt sich Folgendes entnehmen: an der Talstraße (Lindenstraße) und in der Sie zeigt eine geringe Besiedlung des Ortes. Ringstraße2. Außerdem ist zu sehen, dass an

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der Lindenstraße vorbei ein Graben durch furt/ Main verband. Die Randbereiche solcher die Ringstraße führt, der sein Wasser aus Straßen durften im Mittelalter nicht bebaut dem Almersbach erhält. Südlich der Ring- werden und nur solche Pflanzen tragen, in straße liegt das „Junkerfeld“. Die Gebäude denen man sich nicht verstecken konnte. am Weg „Zum Postweiher“ sind frühestens Die Karte von 1828 verrät zudem, dass im 14. Jahrhundert gebaut worden. Sie lagen im Osten der Gielerother Gemarkung das sehr nahe an der alten Pilger-, Handels- und Herzogtum Nassau angrenzt. An dieser Heerstraße, die die Städte Köln und Frank- Grenze sind alte Grenzsteine zu finden.

Grenzsteine Nr. 64 und 65 auf dem Herzberg, KP=Königreich Grenzstein Nr. 66, Am Waldrand Preußen, HN=Herzogtum Nassau, GWDST=Gemeinde zum „Posthahn“, GGLRH= Widderstein3, GBRD=Gemeinde Borod Gemeinde Gieleroth, Die Rück- seite entspricht Stein Nr. 65

Grenzstein Nr. 69 zwischen Herpteroth und Berod, HN= Herzogtum Nassau, KP=König- reich Preußen, GBED=Ge- meinde Berod, GHBTH= Ge meinde Herpteroth

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2. Eine Karte von 1830 erzählt von Amteroth

Amterother Flurkarte von 1830 – (Flur III und IV), Ablichtungen aus dem Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 730, Nr. 164 (Amteroth) wurden koloriert und ergänzt

Der obenstehenden Amterother Karte von Hier in diesem Buch finden wir eine 1830 lässt sich Folgendes entnehmen: Liste, die uns erzählt, dass im Jahr 1800 alles Inventar eines Bauernhauses verstei- Es gab damals 13 Bauernanwesen. gert wurde. Wahrscheinlich handelte es 1) In der Bornwiese, dort, wo Jochen und sich um dieses Anwesen. Wer dann in Renate Müller 1978 gebaut haben, dem Gebäude bis in die Zeit zwischen stand ein Bauernanwesen, das in einer 1830 und 1848 gewohnt hat, ist nicht späteren Karte von 1848 nicht mehr bekannt. In dieser Zeit müssen die vorhanden ist. Als Müllers ihr Haus Gebäude abgerissen worden sein. Viel- bauten, haben sie noch Fundamente des leicht lebte dort die Familie der 1845 mit alten Hauses entdeckt. Sogar einen ver- einem „Steckbrief“ gesuchten Frau aus deckten Brunnen gab es auf diesem Amteroth? (Dieser Steckbrief ist ebenfalls Grundstück. in diesem Buch abgedruckt.)

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Die weiteren Bauerhöfe 11) „Beckersch“ (Flemmer) im Jahr 1830 sind: 12) „Hannesjes“ (Seelbach)

In der Bornwiese: Auf der alten Bitz: 2) „Flemmersch“ (Hundt/Schütz) 13) „Unnen Hümmersch“ (Euteneuer) 3) „Müllersch“ (Richter) 4) „Hermes“ (Buchs) 5) „Gretches“ (zwischen „Hermes“ und „Henrichs“) um 1900 aufgelöst und von den Nachbarfamilien gekauft 6) „Henrichs“ (Dejosez/Imhäuser und Der Almersbach floss bis zum Anwesen der Schäfer) Familie Augst direkt am Berghang entlang. 7) „Selbachs“ (Schneider) An der Stelle, wo sich heute der „Fleder- 8) „Hanjerichs“ (Hüllbüsch) mausstollen“ befindet, verließ der Bach den 9) „Wehlersch“ (Zemlin) nördlichen Berghang und schlängelte sich durch das Tal bis zum südlichen Hang auf Hauptstraße: der anderen Seite der Bornwiese. Dort nahm 10) „Schöffen“ (Weingarten) er das Wasser des Borns auf.

Auf diesem alten Bild ist das Fachwerk-Wohnhaus von „Hermes“ mit Platten verkleidet. Links daneben befindet sich „Gretches“-Haus, das um 1900 von „Hermes“ gekauft wurde

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3. Eine Karte von 1848 erzählt von Herpteroth

Herpterother Ortskern – Karte von 1848 (koloriert u. leicht verändert). Als Vorlage diente eine Ablichtung aus dem Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 730, Nr. 176 (Herpteroth)

Der obenstehenden Herpterother Karte von dem Junkerfeld“ (in Richtung Friedhof). 1848 lässt sich Folgendes entnehmen: – In der benachbarten Gemarkung Giele- Es gibt 21 Wohngrundstücke in Herpte- roth trifft auf das Herpterother „Junker- roth. Parallel zum unteren Teil der Mittel- feld“ ein Gielerother „Junkerfeld“. – straße verläuft eine Straße mit den Westlich des Dorfes erstreckt sich die Wohngrundstücken 13 und 14, die heute „Hofwiese“, und an diese grenzt der „Hof- nicht mehr existiert4. wiesengarten“. Unterhalb des Hauses Nr. 6 befindet Aus diesen Flurnamen lässt sich schlie- sich eine kleine Teichanlage. Diese ist über ßen, dass in Herpteroth einst ein größe- zwei kleine Wege von der Wiesenstraße rer Hof gestanden haben muss.5 – Der her zugänglich. Direkt am Dorfrand liegt Hof könnte sich an der Hofstraße befun- in nördlicher Richtung das Flurstück „Auf den haben. Das Haus Nr. 1 – mit seiner

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Ausrichtung zur Südseite – bot sich als diensteten vorhanden waren. Die unter- „Herrenhaus“ an. Die Häuser Nr. 2 und 3 halb des Hauses Nr. 5 befindliche Teich- könnten Wirtschaftsgebäude gewesen anlage könnte ursprünglich ebenfalls zum sein, in denen neben Stallungen und „Hof“ gehört und der Pferdepflege ge- Scheunen auch Wohnräume für die Be- dient haben.

Die 21 Wohngrundstücke von 1848 (im Vergleich zum Jahr 2007)

Nummer Hausname Heutige Besitzer

1 Unnen Kehls Familie Günter Seiler 2 Künings Familie Manfred Müller 3 + 4 abgetragen – 5 Willms Familie Winfried Schneider 6 Davids Ewald Familie Dieter Osterrath 7 Davids Familie Günter Schneider 8 Endersch Familie Enders 9 Bitzersch z. Z. unbewohnt 10 Lauterbachs Familie Hermann Schäfer 11 Wönersch Familie Gerhard Schmidt 12 + 13 Müllersch Hilde Familie Günter Rosenbach 14 Mareiches Familie Siegfried Schneider 15 Lürsch Familie Helmut Altgeld 16 abgetragen – 17 abgetragen einst in „Bongerts“ Garten 18 Jacobs Familien Karl-Willi Schneider/Olaf Becker 19 Hanflips Familie Hermann Otto 20 Auer Familie André Bunse 21 Kehls Familie Andreas Fuchs

1 Alle alten Karten werden im Bestand 730 aufbewahrt. Sie 4 Die Grundstücke 12 und 13 wurden einschließlich der haben die Nr. 164 (für Amteroth), Nr. 172 (für Gieleroth) zwischenliegenden Straße zu einem Grundstück vereinigt und Nr. 176 (für Herpteroth) („Müllersch Hilde“ = Familie Rosenbach). Die Zufahrt 2 Alte Einwohnerlisten bestätigen, dass in Gieleroth nur zum Grundstück Nr. 14 („Mareiches“ = Familie Siegfried wenige Familien lebten: Im Jahr 1580 wird von 4 Fami- Schneider) wurde durch den Garten von „Lürsch“ = Alt- lien und im Jahr 1600 sogar nur von 3 Familien in geld (Nr. 15) gelegt. Dafür erhielten sie das aufgegebene Gieleroth berichtet. Straßenstück nördlich ihres Grundstücks. 3 Die Gemarkung der Gemeinde Widderstein grenzt 5 Der in der Urkunde von 1408 genannte „Peter von Herbe- nirgends an das Herzogtum Nassau. Die Steine begrenzen terode“ könnte ursprünglich zu der Familie gehört haben, die Gemarkung Gieleroth. – Die Gemarkung Widderstein die diesen Hof bewirtschaftete. Peter von Herbeterode diesseits der Wied wurde erst vor 1828 aus der Gemarkung hatte auf der Burg „Hartenfels“ gedient, bevor er 1408 den Gieleroth herausgenommen. Wahrscheinlich entstanden Gielerother Hof übernahm. Auch in Hachenburg tauchte die Grenzsteine in den Jahren vor 1928, als der Grenzver- der Familienname „von Herpteroth“ auf. Da liegt die Ver- lauf zwischen Gieleroth und Widderstein noch nicht end- mutung nahe, dass die Söhne derer von Herpteroth als gültig geklärt war. Burgmannen in nahgelegenen Burgen dienten.

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Die ältesten Nachrichten aus den drei Dörfern

er Anfang unserer Dörfer liegt im Amt im Herrschaftsdienst“. Wo und bei wem D Dunkeln. Sie müssen bereits vor ihrer mag Diederich von Gieleroth gedient Erwähnung auf der Urkunde aus dem Jahr haben? Das Kirchspiel gehörte laut der Ur- 1408 eine gewisse Bedeutung gehabt haben. kunde von 1408 zur Grafschaft Wied (= Wede). Die älteste Nachricht von Gieleroth Die ältesten Nachrichten von Herpteroth Durch die Urkunde von 1408 erfahren wir, dass der Name „Gieleroth“ unterschiedlich Peter von Herpteroth (geschrieben: „Her- geschrieben wurde: „Geilnderode“, aber auf beterode“ und auf der Rückseite „Herpen- der Rückseite „Gelenterode“ und „Geelrode“. terode“) erhielt laut der Urkunde von 1408 Wir lesen, dass es in Gieleroth einen Hof den Hof in Gieleroth. Als Zeugen werden gab, dessen neue Besitzer Peter von Herpte- auf der gleichen Urkunde u.a. genannt: roth und seine Frau Grete heißen. Süffrid von Herpteroth und Heyntze von Peter von Herpteroth hatte viele Jahre Herpteroth. Peter von Herpteroth muss vor auf der Burg „Hartenfeltz“ verbracht. dem Jahr 1428 gestorben sein. Nach sei- Daraus lässt sich schließen, dass der Giele- nem Tod gab es Streit um die Nachfolge auf rother Hof nicht zweitrangig gewesen sein dem Hof Gieleroth. konnte. Das Gericht in Koblenz sieht in seinem Die Urkunde wurde beim Gericht in Urteil von 1438 das Zisterzienserkloster Almersbach („Almerßbach“) geschrieben. Marienstatt als den rechtmäßigen Besitzer Zu den Zeugen gehörten der Junker Dede- an. Ob es in Gieleroth schon vorher einen rich von Geilnderode und sein Sohn Lude- Marienstätter Hof gab, ist nicht völlig wich von Geilnderode. Demnach müsste es auszuschließen. Bereits vor dem Jahr 1262 in Gieleroth noch einen 2. Hof gegeben gab es in Geillinrode bzw. Geilenrode einen haben, den der Junker von Gieleroth be- M arienstatter Hof.1 wirtschaftete, zumal eine große Flur zwi- Peter und Grete von Herpteroth werden schen Gieleroth und Herpteroth die als „Wohltäter des Klosters Marienstatt“ ge- Bezeichnung „Junkerfeld“ trägt. führt. Ebenso die folgende Familie von Die Bezeichnung „Junker“ hatte zu Herpteroth in einer Urkunde von 1433: jener Zeit nicht mehr die Bedeutung „Jung- Henne von Hermbteroide und seine Frau herr“ (= junger Herr), denn dann hätte sein Stiina, sowie seine ehelichen Kinder Henri- Sohn Ludwig diese Bezeichnung bekom- cus Herberchtineroide und Katherina. Sie men müssen. Junker war um das Jahr 1408 verkaufen dem Kloster Marienstatt 6 Mor- eine Amtsbezeichnung für ein „dienendes gen Land um deren Hof Geilenroede.

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Die älteste Nachricht von Amteroth Die Entstehung der „Rodungsorte“ – erkenn- bar an den Namensendungen „-roth“, „-rod“ Die älteste Urkunde, in der Amteroth ge- oder „-rt“ wie in den Ortsnamen Amteroth, nannt wird, stammt aus dem Jahr 1464. Im Gieleroth, Herpteroth, Borod, Wahlrod, Schenkungsverzeichnis für die Liebfrauen- Berod, Lautzert – wird in der Zeit zwischen kirche in ist zu lesen: dem 9. und dem 14. Jahrhundert vermutet. „Am 18. Oktober 1464 verschreiben Gerhard „Seit dem 9. Jahrhundert sind -rod-Orte be- von Ampteroede und Frau und Herr Horn zu zeugt, die im Waldland des Westerwaldes Ingelenbach Unser Lieben Frau zu Hilgerode einen hohen Anteil an der Gesamtbesiedlung statt der gerichtlich gewonnenen Erbschaft zu gewannen.“4 Hellmut Gensicke zählt z.B. die Ingelenbach einige Fruchtrenten daraus.“ 2 Mit Orte Gieleroth und Wahlrod zu den älteren großer Sicherheit bestand Amteroth zu jener -rod-Orten.5 – „Die Stammsilben unserer drei Zeit schon eine längere Zeit. Ortsnamen könnten bei Herpteroth im Vor- namen Herbort/Herbert, bei Gieleroth in den Ältere Schreibweisen von Kurzformen Gil von Gilbert oder Galen von Galenius und bei Amteroth in der Kurzform Gieleroth: Geilnderode, Gelenterode, Ambo von Ambrosius ihre mögliche Erklä- Geilenroede. und Geelrode rung finden.“6 Andere Deutungen sind mög- Herpteroth: Herbeterode, Herpenterode, lich, so z.B. für die Endung „-roth“, „road = Hermbteroide, Herberchtine- Straße“ oder „ru-ad = Erz“. Die frühen roide Schreibweisen für Gieleroth (siehe oben) Amteroth: Ampteroede erlauben die Herkunftsdeutung „Gälen = Kelten“ 7 und für Amteroth die Entstehung aus 8 Ortsnamen als Geschichtsquelle dem Namen der keltischen Göttin „Ambeth“. Wenn Gieleroth und Wahlrod wahr- „Die Bezeichnungen von Flüssen, Bächen scheinlich im 9. Jahrhundert besiedelt wor- und Landschaften sind älter als alles, was den sind, dann können wir die gleiche Menschen jemals aufgeschrieben haben und Siedlungszeit für Herpteroth und Amteroth verraten noch nach Jahrtausenden, wer wo annehmen, denn alle diese „Rodungsdörfer“ gelebt und wie er gesprochen hat.“3 liegen unterhalb der alten „Hohen Straße“.

1 Diesen Hof ordnet Wolf Heino Struck (im Güterverzeich- 5 Hellmuth Gensicke, Landesgeschichte des Westerwaldes, nis Marienstatt) dem Ort Gehlert bei Hachenburg zu. Eine Wiesbaden 1958, S. 13, Fußnote 83 eindeutige Zuordnung wie beim Hof in der Urkunde von 6 So z.B. Karl Ramseger, Geschichte meiner Heimat – Das 1408 durch den Vermerk „im Kirchspiel Almersbach“ Kirchspiel Almersbach. Chronik und Heimatblatt, Son- fehlt. derdruck der Heimatbeilage der Altenkirchener Zeitung, 2 Gabriel Busch, Hilgenroth/Marienthal – zwei Wallfahrts- Altenkirchen 1933 orte, Siegburg 1982, S. 136 7 Siehe dazu den Artikel über die „Herzburg“ in diesem 3 Jürgen Udolph, Antrittsvorlesung 2001 – Jürgen Udolph Buch von der Universität Leipzig hat die einzige deutsche Profes- 8 Siehe dazu den Artikel über den „Rauen Stein im Wald von sur für Onomastik (Namenforschung) inne. Amteroth“ in diesem Buch 4 Hellmuth Gensicke, Landesgeschichte des Westerwaldes, 9 Siehe dazu den Artikel über die „Hohe Straße“ in diesem Wiesbaden 1958, S. 13 Buch

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Das Gielerother Wappen

Die Bedeutung der Symbole und Farben: Die Dreschflegel im goldenen Feld erinnern an die einstige Bedeutung der Landwirt- schaft und verweisen auf die ehemalige, ge- meinsam genutzte Dreschscheune in Amteroth, die heute ein kleines Dorfgemein- schaftshaus ist. Die Farben gold und rot sind ein Hinweis auf die Jahrhunderte lange Zugehörigkeit zur Grafschaft Sayn und die heutige Zugehörig- keit zur Verbandsgemeinde Altenkirchen.

Natur und Kultur im Gielerother Wappen

Alle Bereiche der Natur und Kultur sind im Gielerother Wappen zu finden: a) Das Wasser gehört zum Mineralienreich. Es ist im blauen Flechtbandbalken zu finden. Er symbolisiert die Quellbäche des Almersbaches. In alten Zeiten trat Die drei Bänder des Flechtwerks symbolisie- man dem Wasser ehrfurchtsvoll entge- ren den Zusammenschluss der drei bis 1939 gen. selbstständigen Gemeinden Gieleroth, Herp- b) Zum Bereich der Pflanzen gehören die teroth und Amteroth zur Ortsgemeinde Giele- beiden Eichenblätter in den grünen roth. Der blaue Balken deutet an, dass die Feldern, die den Pflanzenreichtum in Gemarkungen der drei Ortsteile das Quellge- den Hohlwegen andeuten. Das goldene biet des Almersbaches bilden. Der Flecht- Feld um die Dreschflegel zeigt die „gol- werkbalken stellt ein vereinfachtes Zister- denen“ Ährenfelder an. zienser-Flechtwerk-Fenster dar und bezieht c) Die Tiere sind durch das Pferd vertre- sich auf die historische Verbindung zum Zis- ten, das auf die Post-Pferdewechsel- terzienserkloster Marienstatt und zur kelti- station hinweist. schen Kultur. Das Posthorn mit dem Pferde- d) Die Menschen unterscheiden sich von kopf erinnert an die Jahrhunderte lange Post- den Tieren durch die Kultur: Pferdewechselstation in Gieleroth an der Das Posthorn steht für die Musik. Heer-, Handels- und Pilgerstraße von Köln Das Flechtband erinnert an die Kunst nach Frankfurt bzw. nach Mainz. der Kelten und der Zisterzienser. Die grünen Böschungen mit den - Die Dreschflegel deuten auf die Erfin- blättern machen auf den gut erhaltenen dung von Hilfsmitteln für die Arbeit Hohlweg in Herpteroth aufmerksam. hin.

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Das Gillerter Wappen

Carmen Neuls auf dem Gielerother Karnevalsfest 2006 „Gillert im Glück“.

Was ist auf dem Gillerter Wappen Darunter kommen Haubalken, dat sin so zu sehen? Stöck mit ofgeblasenen Kösser dran, wo ma annere von nem Balken hauen kann. Dat Oben eine „Schnäl“, das ist eine Schnecke. steht für Amtert, weil die ömmer schnell Das ist so, weil unser Bürgermeister etwas eingeschnappt sen. klein ist und aus Herptert kommt. Die Schnäl hat einen Perdskopp, das ist eine ge- netische Neuzüchtung, dad is en Perds- schnäl, weil dat is en Schnäl, die och galoppieren kann. Darunter zicke zacke zicke zacke, dat is sym- bolisch für Gillert, Herptert, Amtert.

Amterter Haubalken Herpterter Strüch

Unnen in der Eck kummen Strüch. Dat steht für Herptert. Will man no Herptert, En Perdschnäl (Pferdeschnecke) dann kummen erst Strüch, dann Stroß, wil- ler Strüch, wenn ma drussen es, dann wieder Weil da jeder macht, was er will. Es symbo- Strüch. lisiert auch den Traum aller Gillerter, denn Der aufmerksame Zuhörer vermisst Gil- demnächst werden Amtert on Herptert ein- lert. Das Symbol für Gillert ist die Grund- gezäunt. farbe gold: Wertvoll, unersetzlich, unver- zichtbar.

Oh! Dass wir so ein Wappen haben, das ist Glück.

Jägerzaun für Herptert und Amtert

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Spitznamen der Dörfer

s Jemen besteht us drei Dörfer: Dat wurden weniger hoheitsvoll bedacht. Die Oös Amdert, Gillert un Herptert. Gans >Spitzer< hatten ihren Namen vom >Spit- fröher hadden sech die Dörfer Spötznam- zen< (Tätigkeit) eines nichtswürdigen men jögewwen. Gegenstandes, … Die Amterother inmitten Dö Amder woren dö Quötschebüch. ihrer herrlichen Obstbaumalleen haben (Zwetschenbäuche), weil sö vill Obstwissen ihren Namen >Quötschebüch< (Zwetschen- möt Quötscheböm hadden un deswejen och bäuche) ehrlich verdient, das kann niemand vill Quötschen osen. abstreiten.“ Dö Gillerder, dat woren dö Spötter. Öm 1830 röm ös dat Wort enstannen. Un zwar Aber auch die umliegenden Dörfer haben dorch foljendös: Dö Herpter hadden fröher einen Spottnamen: all vill Könner, un dorüwwer spoddöden dö Gillerter. Dat geng suweit, dat sö doröwwer Berod Sobbenlöffel ön Jedicht jömacht hadden. Borod Klüßköpp Dat Jedicht fong möt der klenen Anhüh Wahlrod Kaffeestollert döm Lüchen an, dat ös der Feldwech wemma Höchstenbach Sößäbbel us Herptert ön Rechdung Gillert geht, un Sörth Backdrösch wo`öt meist wöndech ös. Schnieschöbber Klammhösch Dat Jödicht hes su : Mudenbach Kaffeestöllertcher Altenkirchen Schnieschöbber LÜCHEN ONÖ WÖND HERPTERT ONÖ KÖND GILLERT ONÖ SPOTT, DAD ÖSS ÖNN GNAD BEI GOTT.

Dö Herpter hadden irsht dön Spötznamen Spetzer späler Säuköttelspetzer (Schweinekot- spitzer), weil sö sech us Dönger wat jöspötzt hadden, wat üwwerhaupt kehnen Sinn hadde. Quelle: Artikel 1933 von K.R.O (= Karl Ramseger, Oberwambach?) Aus „Ein Dorf >uzt< das andere“ ein ge- kürztes Zitat: „ Am besten spotten konnten wohl die Gielerother, die waren die >Spöt- ter<. ... Damit war Gieleroth die Krone aller Waffen! Die benachbarten Herpterother

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Grunddaten der Ortsgemeinde Gieleroth – heute

(nach Angaben des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz)

Ortsbürgermeister Bernd Rüdiger Neeb

Amtlicher Gebietsschlüssel 07 132 01 040 Postleitzahl 57610 Landkreis Altenkirchen (Westerwald) Verbandsgemeinde Altenkirchen (Westerwald) Wahlkreis Bundestagswahl 2006 199 – Neuwied Wahlkreis Landtagswahl 2006 02 – Altenkirchen(WW) Polizeiinspektion PI Altenkirchen Polizeidirektion Neuwied Polizeipräsidium Koblenz Amtsgericht Altenkirchen (WW) Landgericht Koblenz Oberlandesgericht Koblenz Finanzamtsbezirk Altenkirchen-Hachenburg IHK-Bezirk Koblenz Vermessungs- und Katasteramt Fremdenverkehrsgebiet Westerwald/Lahn/Taunus Fremdenverkehrsgemeinde Nein Diözese Erzbistum Köln Evangelische Landeskirche Evangelische Kirche im Rheinland Arbeitsmarktregion Altenkirchen Arbeitsagenturbezirk Neuwied Weinbaubereich kein Anbaubereich Weinbaugebiet kein Anbaugebiet Zentraler Ort gemäß Landesplanung kein zentraler Ort

Fläche 592 ha (oder 5,92 km²) Ortsteile Amteroth, Gieleroth, Herpteroth

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Unser Klima

ieleroth liegt im Westwindgürtel der Mittel 0,9 °C). Der im Mittel wärmste Ggemäßigten Breiten. Die Entfernung Monat im Jahresverlauf ist in der Zeit zum Meer beträgt lediglich 290 km (Luft- von 1994 bis heute der Juli gewesen linie). Das Klima entspricht der Höhenlage (mittlere Tagestemperatur 17,9 °C) dicht von etwa 320 m (Gieleroth und Herpteroth) gefolgt vom August (mittlere Tagestem- bzw. ca. 280 m (Amteroth). peratur 17,5 °C). Die mittlere Jahrestemperatur lag in An durchschnittlich 22 Tagen im Jahr den Ortsteilen Gieleroth und Herpteroth gibt es Gewitter, und der Grad der Be- im langjährigen Mittel der Jahre 1950 bis wölkung beträgt im Jahresmittel 66 Pro- 1990 bei etwa 7,7 °C und im tiefer gele- zent. genen Ortsteil Amteroth bei ca. 7,9 °C. Die vorstehend genannten Zahlen be- Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhun- schreiben zwar das bei uns herrschende derts ist ein stetiger Anstieg der Jahres- Klima der letzten Jahrzehnte, das tägliche mitteltemperatur zu beobachten. Mit Wetter folgt jedoch nur selten diesen Ausnahme der Jahre 1996 und 2004 lag Durchschnittswerten. sie im Zeitraum von 1990 bis heute immer bei ungefähr 9 °C oder sogar Und wie war es früher? knapp darüber (Werte der Station ). Im langjährigen Jahresmittel fallen Extreme Wetterlagen waren in unserer um die 900 mm Niederschlag. Das be- Region oft genug zu verzeichnen. Be- deutet, dass im Laufe eines Jahres auf sonders heiße und trockene Sommer gab jeden Quadratmeter Boden 900 Liter es 1473 und 1540. Sie waren vermutlich Regen bzw. Schnee niedergehen. An etwa die trockensten Sommer des letzten Jahr- 180 Tagen im Jahr regnet oder schneit es. tausends. In beiden Jahren soll der Rhein Den meisten Regen bzw. Schnee gibt es ausgetrocknet sein. im Dezember und Januar. Die trocken- sten Monate (jeweils um die 70 mm Gabriel Busch schreibt in der Chronik Niederschlag) sind Februar, April und von Hilgenroth über das Jahr 1893: Oktober. Auf bis zu 26 Sommertage (max. Ta- Das Jahr 1893 war ein sehr trockenes gestemperatur über 25 °C) pro Jahr kön- Jahr, selbst auf nassen Wiesen vertrocknete nen wir uns freuen. Andererseits erwarten das Gras. Die Heuernte lieferte kaum ein uns jährlich auch etwa 80 Frosttage (min. Fünftel des durchschnittlichen Ertrages. Tagestemperatur unter 0 °C) und dazu Klee gab es sozusagen gar keinen. Der noch 19 Eistage (max. Tagestemperatur Hafer blieb aus und stand so dünn, dass unter 0 °C). Der kälteste Monat im Jahr er fast nicht zu mähen war. Die Leute ist der Januar (mittlere Tagestemperatur mussten das Vieh im Sommer kümmerlich im Zeitraum von 1994 bis heute im mit Laub, Waldgräsern und Heidespitzen

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ernähren und schließlich schlachten oder Aus neuerer Zeit ist in der Gielerother zu Schleuderpreisen verkaufen. Für eine Schulchronik über den Winter 1939/40 schöne Kuh bekam man nur 120 bis 130 zu lesen: Mark. Der Viehbestand nahm sehr ab. …. Im Winter stiegen die Preise für Futtermit- Bei uns verschwand von Januar bis An- tel ins Ungeheure. Der Zentner Heu wurde fang März der Schnee nicht mehr von den anfänglich mit 8 Mark, später mit 5 bis 6 Feldern. Die Kälte hielt ununterbrochen Mark und der Zentner Stroh mit 4 bis 5 an und wurde so stark, dass vom 24.01.42 Mark bezahlt. bis 12.02.42 die Schulen ausgesetzt wer- (Hinweis: Ein Bergmann verdiente damals den mussten. 1,50 bis 2 Mark je Schicht und der übliche Tageslohn betrug 1 Mark im Sommer bzw. Auch der Winter 1941/42 war von langer, 0,7 Mark im Winter. Eine Mark hatte da- strenger Kälte geprägt. Über diesen Win- mals eine Kaufkraft von etwa 9,30 Euro) ter heißt es in der Schulchronik: Ein äußerst strenger Winter erschwerte die In der Schulchronik Gieleroth ist nachzu- Schularbeit. Eine zeitlang war der Schul- lesen, dass infolge des heißen und lang an- saal nicht ausreichend zu erwärmen, so haltenden trockenen Sommers des Jahres dass gegen Mittag die Tinte in den Tin- 1964 in Herpteroth aus der neuen Wasser- tenfässern noch gefroren war. Vom 29. Ja- leitung kein Tropfen mehr floss. Die Ge- nuar bis 28. Februar war der Unterricht meinde Gieleroth war gezwungen aus der geschlossen; dann wurde am 28. Februar Altenkirchener Wasserleitung bei Amte- der Unterricht nochmals für 14 Tage aus- roth das fehlende Wasser zu kaufen, um gesetzt. Am 18. März waren Straßen und die Wasserversorgung aufrecht zu erhalten. Südhänge wieder frei von Schnee. Der nachfolgende Sommer 1965 war dann allerdings sehr regenreich. Im Jahr 2007, in dem diese Zeilen ge- Den Älteren unter uns wird der tro- schrieben wurden, hatten wir nach einem ckene Sommer des Jahres 1975 noch gut sehr, sehr milden Winter einen völlig in Erinnerung sein, und auch den sehr tro- aus dem Rahmen fallenden nahezu ckenen, heißen Sommer 2003 wird sicher wüstenhaft trockenen April (vom 31. keiner vergessen haben. März bis zum 4. Mai fiel kein einziger Der Winter 1788/89 war der kälteste Tropfen Regen). Im Mai dagegen fiel seit Beginn der regelmäßigen Wetterauf- nahezu dreimal so viel Regen wie nach zeichnungen (etwa ab 1760) in Deutsch- dem langjährigen Mittel zu erwarten ge- land. Die Temperaturen sanken nachts wesen wäre, nämlich 162 l/m² (gemessen vielerorts unter minus dreißig Grad Cel- in Isert). sius. Zudem war dieser Winter auch noch Außerdem war er nun schon der extrem schneereich. neunte Monat in Folge, der zu warm Ein weiteres außergewöhnlich kaltes ausfiel. Nach Auskunft des Deutschen Jahr war 1816. Es ist in die Wetterge- Wetterdienstes hatten wir 2007 den schichte als „Das Jahr ohne Sommer“ ein- wärmsten Frühling seit Beginn der regel- gegangen. Der Winter 1846/47 wurde als mäßigen Wetteraufzeichnungen im Jahr „Hungerwinter“ bekannt. 1901.

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Geologie/Erdgeschichte im Raum Gieleroth

ährend sich die Chronik im wesent- Mit diesen poetischen Worten lässt sich das erd- Wlichen mit den Geschehnissen befasst, geschichtliche Werden des Westerwaldes im die sich in historischer Zeit abgespielt haben, wesentlichen kurz zusammenfassen. Die Fak- wendet sich dieser Abschnitt Ereignissen zu, zu ten dafür liefert die Geologie. deren Betrachtung es geologischer Zeiträume bedarf. Geologie Will man das Werden der uns umgebenden Landschaften begreifen und beschreiben, be- Die geologischen Verhältnisse um Gieleroth wegt man sich in Zeitdimensionen von Zehn- stellen sich im wesentlichen wie folgt dar: Den tausenden, Hunderttausenden oder vielen tieferen Untergrund bilden die sedimentären Millionen Jahren und in der Erkenntnis, dass Gesteinsserien aus der Zeit des Unterdevon (vor gemäß dem Ausspruch „Panta rhei“ (˜alles ca. 400 Millionen Jahren). Es handelt sich dabei fließt) des griechischen Philosophen Heraklit um wechselgelagerte Tonschiefer, Siltsteine, alles – selbst das scheinbar beständige Antlitz Sandsteine und „Grauwacken“ (tonige Sand- unserer Erde – einem ständigen Wandel unter- und Siltsteine) sowie Quarzite. Infolge tektoni- worfen ist. scher Prozesse sind die unterdevonischen Fest- In der insgesamt etwa 4,6 Milliarden Jahre gesteine stark gestört, bzw. geklüftet, geschiefert währenden Geschichte der Erde bildeten sich und aufgefaltet. Kontinente, wurden auseinandergerissen und Der Faltenbau folgt grundsätzlich einem wieder zusammengeschweißt, öffneten sich südwest-nordost-gerichteten Streichen (Lage Ozeane und wurden wieder geschlossen, ent- der Faltenachsen in Bezug zur Nordrichtung), standen Gebirge und wurden wieder eingeeb- so dass in der Regel die Schicht- und Schiefe- net. rungsflächen unterschiedlich stark geneigt in südöstliche oder nordwestliche Richtung ein- „Mehr als einmal Meeresboden, ehedem aufge- fallen. Aus der Tiefe aufsteigende heiße, mine- türmt zu hohen Bergen von nahezu alpinem ralhaltige Wässer setzten beim Abkühlen in den Charakter, alsdann erniedrigt zu weiter, flach- Gesteinsklüften ihre gelöste Mineralfracht in gewellter Ebene und durchglüht von heißer Tro- Form von Erzen und anderen Gangmineralen pensonne, erzitternd unter dem Ungestüm von ab. Am häufigsten sind Quarzgänge zu beob- Erdbeben und dem Ausbruch Vulkanerzeugen- achten. der, glutflüssiger Schmelzen des Erdinnern hat Die Gänge weisen Breiten von wenigen er sein Gesicht wiederholt gewandelt, ehe er zu Millimetern bis mehreren Metern auf. Im Ter- den uns vertrauten Formen der Gegenwart tiär (vor ca. 25 Millionen Jahren) wurden die fand.“ unterdevonischen Gesteinsserien von einem (Nach KOWALSKI, 1985) Vulkanschlot durchstoßen, dessen erkaltete

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Magmen in Form einer Basaltintrusion südöst- Erdgeschichte lich der Ortslage Gieleroth zu finden sind. In Teilen der Gemarkung werden die vorgenann- Aus der Geologie, den Gesteinen, Minera- ten Gesteine von Lössablagerungen der letzten lien und Fossilien sowie den geologischen Kaltzeit (ca. 115.000 bis 10.000 Jahre vor und morphologischen Strukturen, lässt sich heute) bedeckt. Der feinkörnige, meist kalkhal- die bewegte erdgeschichtliche Vergangen- tige Löss wurde aus den vegetationsarmen Flä- heit von Gieleroth ablesen. chen vom Wind ausgetragen und insbesondere Die Geowissenschaften gliedern die an den Leeseiten von Hanglagen abgelagert. Erdgeschichte in verschiedene Einheiten Die jüngsten, heute noch anhaltenden geologi- auf (Tab. 1), von welchen im Folgenden schen Bildungen stellen die Talauenlehme und insbesondere auf jene näher eingegangen Kiese in den Talniederungen und Über- wird, zu denen die Geologie im Raum Gie- schwemmungsflächen der Bachläufe dar. leroth greifbare Hinweise liefert.

Zeitalter System Serie* Beginn vor Ereignisse in Gesteine im Mio. Jahren der Erdge- Raum schichte Gieleroth

Känozoikum Quartär Holozän 0,01 Kulturböden (Erdneuzeit) Pleistozän 2,6 Laacher See- Löss, Eruption Hanglehme Eiszeiten, erste Menschen

Tertiär Pliozän 5 Miozän 24 Oligozän 34 Hauptphase des Basalt Vulkanismus im Westerwald Eozän 55 Paläozän 65 Entfaltung der Säugetiere und Vögel Mesozoikum Kreide 142 Aussterben der (Erdmittelalter) Dinosaurier

Mesozoikum Jura 200 (Erdmittelalter)

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Mesozoikum Trias 251 Zeitalter der (Erdmittelalter) Dinosaurier

Paläozoikum Perm 296 (Erdaltertum) Karbon 358 Auffaltung des Variszischen Gebirges

Devon Oberdevon Mitteldevon Unterdevon 417 Tonschiefer, „Grauwacken“ Quarzite Silur 443 Erste Land- lebewesen Ordo- 495 vizium Kambri- 545 Explosionsartige um Verbreitung des Lebens in den Meeren Präkam- Protero- 2500 Erster freier brium zoikum Sauerstoff in der (Erdurzeit) Atmosphäre Arch- 4000 Erste Erdkruste Priskonium aikum 4600 Entstehung der (Erdfrühzeit) Erde als Feuer- ball * Die Systeme sind in dieser Tabelle nur insofern weiter in Serien unterteilt, als diese für die Geologie im Raum Gieleroth relevant sind. Tab. 1: Die Erdzeitalter. Diejenigen geologischen Einheiten, aus welchen sich im Raum Gieleroth Gesteine finden lassen, sind ocker unterlegt.

Die ältesten Gesteine im Untergrund von heutigen Mitteleuropa ein Meer, welches im Gieleroth stellen unterdevonische „Grauwa- Norden an den „Old Red-Kontinent“ an- cken“, Quarzite und Tonschiefer dar. brandete. Dieser Kontinent umfasste grob Diese Schichtgesteine entstanden vor ca. das heutige Nordamerika und Europa. Im 400 Millionen Jahren, als das Leben gerade Süden lag der zweite damals existente Groß- im Begriff war, das Festland zu erobern. Sei- kontinent „Gondwana“, bestehend aus dem nerzeit erstreckte sich über weite Teile des heutigen Südamerika, Afrika, Indien, Aus -

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tralien und der Antarktis. Die Sedimente ten. Ansonsten muss man sich das Festland um Gieleroth wurden in der Flachmeerzone vermutlich noch weitgehend wüst und öde (Schelfbereich) vor der Küste des Old Red- vorstellen. Erst im späteren Mittel- und Kontinents abgelagert. Oberdevon konnte sich das Leben auf dem Festland vollends etablieren.

Abb. 2: Fossil eines Brachiopoden (Acrospirifer praecursor) in feinsandigem Sedimentgestein der Abb. 1: Rekonstruktion der Lebewelt im Flach- im Westerwald verbreiteten Siegen-Stufe meer des Unterdevons. Zwischen blumenförmi- gen Crinoiden (rechts), Brachiopoden (links In den Meeren spielte sich hingegen üppi- unten) und verschiedenen Korallen sowie koral- ges Leben ab. Auch wenn uns diese Tier- lenartigen Organismen bewegen sich Trilobiten, welt z.T. etwas befremdlich erschienen Schnecken und Seesterne über den Meeresbo- wäre. Die fortschrittlichsten Lebewesen den. Das offene Wasser durchstreifen tintenfisch- waren damals die Fische, mit stabilen Pan- ähnliche Orthoceren (Zeichnung: Peter Müller, zerplatten bedeckte Panzerfische oder Sta- Langenhahn) chelhaie mit etlichen, langen Flossen- stacheln. Daneben durchstreiften tinten- Die Küste selbst lag, nicht allzu weit ent- fischähnliche Tiere in röhrenförmigen, ge- fernt, etwa im Bereich der Linie Aachen- kammerten Kalkschalen das Wasser, soge- Köln. Es gibt verschiedene Hinweise darauf, nannte Orthoceren. Auf dem Meeresboden dass unser Raum damals in Äquatornähe ge- wuchsen Korallen und Crinoiden – Tiere, legen hat. Das Klima muss daher tropisch welche aufgrund ihrer blumenartigen Er- warm und vermutlich feucht gewesen sein. scheinung auch als Seelilien bezeichnet Trotzdem sollte man sich auf dem Old Red- werden. Daneben bevölkerten Trilobiten Kontinent keine üppige Vegetation vorstel- den Meeresboden – ausgestorbene Kreb- len, wie man sie heute etwa aus den Regen- stiere, welche in ihrer Form an überdimen- wäldern der Tropen kennt. Lediglich an den sionale Kellerasseln erinnern. Eher vertraut Ufersäumen der Gewässer wuchsen primi- dürfte uns der Anblick von Muscheln, tive Pflanzengesellschaften, zwischen wel- Schnecken und Seesternen gewesen sein. chen sich einzelne Gliederfüßer (Spinnen- Vielfach findet man in den unterdevoni- tiere, Skorpione o.ä) aus dem Wasser wag- schen Gesteinen Fossilien von Brachiopo-

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den, der wohl häufigsten Tiergruppe dieser säumten (Abb. 3). Im z.T. brackischen Zeit (Abb. 2). Die doppelschaligen Bra- Flachwasser der Lagunen lebten u.a. bis zu chiopoden lebten mit einem muskulösen 2 m große Seeskorpione (Abb. 4), deren fos- Stiel auf Hartgründen verankert und filter- sile Überreste in entsprechenden Gesteinen ten mithilfe eines speziellen Filterapparates des Westerwaldes gefunden wurden. Gefahr Nahrung aus dem Meerwasser. Äußerlich für die Lebensgemeinschaften des Unterde- ähneln sie oft Muscheln, sind aber mit die- vonmeeres bestand durch heftige Tropen- sen nicht verwandt. stürme oder untermeerische Schlamm- In verschiedenen Bereichen des Flachmeeres lawinen, wie durch entsprechende Ablage- kam es in der Siegen-Zeit phasenweise zu rungen belegt ist. einer Verlandung. Die Erscheinung dieser Insgesamt kam es im Devonmeer zur Verlandungsbereiche muss man sich etwa Ablagerung von mehreren Tausend Meter wie das Wattenmeer an der heutigen Nord- mächtigen Sedimenten. Durch die enor- seeküste vorstellen. Darin gab es geschützte men Auflagerkräfte kompaktiert und ver- Buchten und Lagunen, deren Ufer üppige festigt wurde aus den Sedimenten schließ- Gesellschaften primitiver Sporenpflanzen lich hartes Gestein.

Abb. 3: Pflanzengesellschaft im Uferbereich des Siegenzeitlichen Wattenmeeres (aus KOENIGSWALD und MEYER, 1994)

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alter des Erdmittelalters (Mesozoikum) fort, während dem das Rheinische Schiefer- gebirge als sogenannte Rheinische Insel über den Meeresspiegel ragte. Aus dem Erdmittelalter, dem Zeitalter der Dinosaurier, gibt es daher keine Ablage- rungen im Raum Gieleroth. Dass jedoch auch auf der Rheinischen Insel Dinosaurier gelebt haben, ist durch Funde im nahe ge- legenen Sauerland belegt. Die damals herr- schenden warmen Klimabedingungen führten zu einer tiefgründigen Verwitte- rung der devonischen Gesteine. Diese Ver- witterungsprodukte lieferten später vielfach das Material für die tertiärzeitlichen Tonla- ger im Westerwald. Bis zum Beginn des Abb. 4: Rekonstruktion eines Seeskorpions (Jae- Tertiärs war das Variskische Gebirge durch kelopterus rhenaniae) nach Fossilfunden in Sie- erosive Kräfte soweit eingerumpft, dass die genzeitlichen Gesteinen des Westerwaldes (aus Rheinische Insel den Meeresspiegel vermut- MÜLLER, 1997). Die Tiere erreichten eine lich nur noch wenig überragt hat. Länge von bis zu 2 m In Verbindung mit der alpidischen Ge- birgsbildung (u.a. Entstehung der Alpen) Die Kontinente “Gondwana“ im Süden wurde das Gebiet im Tertiär erneut lang- und “Old Red-Kontinent“ im Norden be- sam gehoben. Im noch immer feucht-war- wegten sich aufeinander zu. Dies führte men Tropenklima des Alttertiärs bildete gegen Ende des Devon zur endgültigen sich eine Morphologie mit breiten Senken Schließung des Devonmeeres und im nach- und Flußnetzen aus, deren Erscheinung folgenden Karbon zu einer Kontinent-Kon- vermutlich noch wenig mit dem heutigen tinent-Kollision als deren Folge das Bild unserer Landschaft gemein hatte. sogenannte Variskische Gebirge aufgefaltet Auch als vor schätzungsweise 25 Millio- und emporgehoben wurde und sich die ge- nen Jahren ein Vulkan in der Nähe von samten Landmassen der Erde zum Super- Gieleroth ausbrach und seine glutflüssigen, kontinent „Pangäa“ vereinten. Gewaltige basaltischen Magmen ergoss, herrschte noch Kräfte verkippten dabei Kilometermäch- immer ein Klima, in dem eine subtropische tige, ehemals meist horizontal gelagerte Ge- Savannenvegetation gedeihen konnte. Dass steinspakete, legten diese in Falten, störten, zu dieser Zeit z.B. noch Krokodile den zerbrachen und schieferten das Gestein. Westerwald besiedelten, konnte in gleich- Das heutige Rheinische Schiefergebirge, zu alten Schichten von Enspel, nahe Wester- dem auch der Westerwald gehört, stellt le- burg, nachgewiesen werden. diglich noch den Gebirgsrumpf dieses Fal- In den letzten Abschnitten des Tertiärs tengebirges dar. Seine Abtragung begann kühlte sich das Klima dann allmählich ab. bereits während der Hebungsphase im Kar- Die Abkühlung des Klimas fand im Pleis- bon und setzte sich über das gesamte Zeit- tozän (10.000 bis 2,6 Millionen Jahre vor

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heute) einen vorläufigen Höhepunkt in Schriften den Eiszeiten. Innerhalb dieses Zeitab- KOENIGSWALD, W. V. & MEYER, W. schnitts wechselten sich mehrfach Kaltzei- (1994): Erdgeschichte im Rheinland – Fos- ten und Warmzeiten ab. Während weite silien und Steine aus 400 Millionen Jahren. Teile Europas in den Kaltzeiten permanent – 239 s., zahlr. Abb.; Pfeil, München. unter einem dicken Eispanzer lagen, ist Gieleroth wohl nie vergletschert gewesen. KOWALSKI, H. (1985): Steine erzählen Langanhaltender Dauerfrost ließ jedoch Erdgeschichte – Versteinerungen aus der auch hier nur eine dünne Vegetationsdecke Umgebung von Daun. Heimatjahrbuch mit Tundren-Charakter auf dem Perma- Daun, S. 151-166, zahlr. Abb.; Daun. frostboden zu. Aus den kahlen Schotterflächen der Landesamt für Geologie und Bergbau Täler blies während der Kaltzeiten der Rheinland-Pfalz (2005): Steinland-Pfalz – Wind die staubfeinen Bestandteile aus, Geologie und Erdgeschichte von Rheinland- welche sich bevorzugt im Windschatten Pfalz. – 2. Aufl., 68 S., zahlr. Abb.; Verlag von Talhängen als Löss ablagerten. Unter Philipp von Zabern, Mainz. anderem sind wohl Mammuts, Bisons, wollhaarige Nashörner und bereits frühe Landesamt für Geologie und Bergbau Menschen durch diese kalten Steppen Rheinland-Pfalz (2005): Geologie von gestreift. Rheinland-Pfalz. 400 S., 162 Abb., 36 Tab., Vor ungefähr 1 Million Jahren setzte 3 Anl.; Schweizerbart, Stuttgart. eine Phase mit verstärkter Hebung des Rheinischen Schiefergebirges ein. Der MÜLLER, P. (1997): Fossillagerstätten im Rhein und seine Nebenflüsse wurden Westerwald. – Westerburger Hefte Nr. 25; dadurch gezwungen, sich in das rasch auf- 52 S., zahlr. Abb.; Westerwald-Verein, Wes- steigende Gebirge tief einzuschneiden. Erst terburg jetzt prägte sich die wesentliche Gestalt unserer Mittelgebirgslandschaft in ihrer Paläontologischer Arbeitskreis Koblenz heutigen Form aus. (1992): Spuren des Lebens – Fossilien von Die jüngste geologische Einheit, das vor Rhein und Mosel aus dem Mittelrheinischen etwa 10.000 Jahren beginnende Holozän, Unterdevon. 179 S., zahlr. Abb.; Koblenz. ist insbesondere geprägt durch die Ein- flüsse des Menschen und der Entwicklung Verfasser: unserer Kulturlandschaft. Dipl.-Geol. Mirco Alberti Landesamt für Geologie und Bergbau Emy-Roeder-Str. 5 55129 Mainz

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Bilder aus der Vogelperspektive

Gieleroth Luftaufnahmen S. 35 /36 vom 25.6.2003, Gerhard Launer WFL-GmbH, Rottendorff

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Herpteroth

Amteroth

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Wer lebte und lebt in dieser schönen Landschaft?

n früherer Zeit wurden keine einzelnen Per- Jahr 1888 auf der Grundlage der Isonen sondern nur „Räuche“ (Familien) Volkszählung vom 1.12.1885: oder auch Häuser (Gehöfte) gezählt. Ab dem Jahr 1815 sind die Einwohnerzahlen für die Amteroth 106 Einwohner heutige Ortsgemeinde Gieleroth (Ortsteile Gieleroth 136 Einwohner Amteroth, Gieleroth, Herpteroth) verfügbar. Herpteroth 183 Einwohner Nachstehend die ältesten bekannten Anga- Gebiet der heutigen ben zur Bevölkerung für die damals noch OG Gieleroth 425 Einwohner selbstständigen Gemeinden Amteroth, Giele- Stadt Altenkirchen roth und Herpteroth. (zum Vergleich) 1.627 Einwohner

Aus den Legeregistern 1578 – 1582: Einwohnerzahlen aus dem Einwohnerbuch des Kreises Altenkirchen Amteroth 11 Räuche (Familien) aus dem Jahr 1929/30: Gieleroth (Gelenroth) 4 Räuche (Familien) Herpteroth (Herperode)15 Räuche (Familien) Amteroth 110 Einwohner Gebiet der heutigen Gieleroth 152 Einwohner OG Gieleroth 30 Räuche (Familien) Herpteroth 221 Einwohner Stadt Altenkirchen Gebiet der heutigen (zum Vergleich) 48 Räuche (Familien) OG Gieleroth 483 Einwohner

Die folgenden Einwohnerzahlen entstam- Einwohnerzahlen in den drei men dem Ortschaftsverzeichnis des Regie- Ortsteilen im Jahr 2007: rungsbezirks Koblenz aus dem Jahr 1817: Amteroth 158 Einwohner Amteroth 65 Einwohner Gieleroth 390 Einwohner Gieleroth 82 Einwohner Herpteroth 153 Einwohner Herpteroth 113 Einwohner OG Gieleroth 701 Einwohner Gebiet der heutigen Stadt Altenkirchen OG Gieleroth 260 Einwohner (zum Vergleich) 6.457 Einwohner Stadt Altenkirchen (zum Vergleich) 790 Einwohner

Einwohnerzahlen aus dem Gemeindelexi- kon für das Königreich Preußen aus dem

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Einwohnerentwicklung nach Angaben des Statistischen Landesamtes Bad Ems im Gebiet der heutigen Ortsgemeinde Gieleroth ab dem Jahr 1815:

1815 1835 1871 1905 1939 1950 1961 1970 1985 1990 2000 2005 2007

260 349 376 455 462 561 521 543 549 557 603 693 701

Auch wenn die Zahl der Einwohner in un- einen Geburtenüberschuss zu verzeichnen serer Gemeinde bis heute ständig zugenom- hatten, der demografische Wandel wird an men hat und Gieleroth zu den wenigen unseren Dörfern nicht vorübergehen. Die Gemeinden zählt, die in den letzten Jahren Gemeinde Gieleroth muss künftig mit – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – fallenden Einwohnerzahlen rechnen.

In dieser schönen Landschaft wurde auch die Freizeit verbracht: Ida Schmuck, Alwine Löhr, Erna Seiler u.a.

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Wohnungsbuch

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Wilhelm Henrichs – Schmiede und Wagenbau – in Amteroth-Semseg 1929

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Alte Hausnamen

enn Einheimische sich über Perso- namen benutzt und nicht die Nachnamen. – Wnen im Ort unterhalten, dann Die folgenden Listen mit den Hausnamen wissen später Zugezogene oft nicht, um wen und den im Jahr 2007 dazugehörigen Fami- es geht. Im Gespräch werden die Haus- liennamen sollen zum Verständnis beitragen:

1. Hausnamen in Gieleroth

Straße Bewohner 2007 alter Hausname Haus-Nr. Familie

Talstraße 6 Müller Borender 8 Land Hennerichs 12 Schwarz/StiemkeLukas 13 Fischer Alseilersch 16 Schmuck Kochs 20 Lohkamp Unnen Branneberjersch 21 Weller, H. Owen Branneberjersch 24 Paulus Völknersch/Schülersch 25 Lindlein Schostersch 35 Siemon Reisbitzersch

Waldstraße 1 Bodarreck Schostersch Lang 3 Weber, Folkhart ? 5 Seiler, K. H. Schmidtches, Karl-Heinz 6 Jungmann Geyersch 7 Müller Müllersch 12 , E. Triensches Erwin 15 Nöllgen Seilersch/Frellerichs 17 Schüchen, Bernd Post Bernd

Ringstraße 1 z.Zt. unbewohnt Für Schrengersch 3 Ramseger Howens 6 Seeger Lissbets 8 Born Betzen

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Straße Bewohner 2007 alter Hausname Haus-Nr. Familie

10 Müller Voos 12 Mönnich Herwels 16 Wehler, I. Hennasch 18 Schnug Berjersch

Gartenstraße 3 Groß Groos 4 Müller Voos

Zum Postweiher 1 Wehler, W. Pittasch 4 Theiß, G.-R. Strölersch

Hohe Straße 5 Bachenberg, G. Owen Triensches 6 Isensee Schäfersch 7 Schiller Anlees 9 Neuls Hasselbachs 11 Schüchen Schostersch Otto 12 Gerus Abbels 14 Wehler, H. Meyersch

Lindenstraße 1 Seiler Schmidches 3 Ludwig, A. Triensches 5 Schmitt Hönnen Schrengersch/Allmeliens

In der Postheck 2 Burbach Burbachs 11 Müller, R. Hönnen Howens 12 Weller, D. Hönnen Herwels

2. Hausnamen in Herpteroth

Straße Bewohner 2007 alter Hausname Haus-Nr. Familie

Beroder Straße 1 Wolfgang Sautter Saudasch

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Straße Bewohner 2007 alter Hausname Haus-Nr. Familie

Kreisstraße 2 Moczygemba,Paetsch Rimbachs Gustav Haus 4 Dieter Schumacher Anlais Gehört zum Bleichweg Jacobs Heiner Haus 10 Friedhelm Räder Elmches 10 Irene Räder Elmches 11 Walter Kölbach Jögemches 12 Bernd Neeb Schneilersch Doris 13 Heinz- Erhard Räder üwwer Koulen 14 Eckhard Asbach Müllersch 18 Karl Wessler Schneilersch 19 Zurawski Berjersch Haus 20 Walter Jüngerich Jöngerechs 20 Emmi Jüngerich Jöngerechs 21 Fred Jüngerich Jöngerechs 22 Wilhelm Willms 23 Jürgen Krämer Handais Ingrid 28 Stefan Apelt Borns Haus

Mittelstraße 1 Dieter Warmer Bongerts 1 Lina Müller Bongerts 2 Karl-Willi Schneider Jacobs 2 Olaf Becker Jacobs 4 Helmut Altgeld Lürsch 5 Haas Jögömches Haus 6 Siegfried Schneider Mareiches 7 Hermann Schäfer Lauterbachs 8 Günter Rosenbach Müllersch Hilde 9 Liesel Müller Handais 10 Gerhard Schmidt Wönersch Haus 11 Winfried Schneider Willms 12 2007 unbewohnt Bitzersch Haus 14 Klein Anlais Stefan Haus 16 2007 unbewohnt Hermen 18 Alfred Löhr Lürsch

Bleichweg 1 Willi Schwamm Jacobs Heiner Haus 5 Else Weller Hermen

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Straße Bewohner 2007 alter Hausname Haus-Nr. Familie

2 Heinz-Günter Rahn Rahns 2 Lilli Rahn Rahns 3 Jürgen Pfeiffer Minches 4 Helge Thiel Mareiches Margit

Brunnenstraße 6 Hans-Dieter Schulte Auer 7 Andreas Fuchs Kehls Haus 8 Andre Bunse Auer Haus 9 Hermann Otto Hanflips Haus 12 Andreas Löffert Rahns Stefanie

Schäfersgarten 4 Dirk Fuhrmann Elmches Christine 6 Markus Dreser Müllersch Pia

Wiesenstraße 1 Willi Enders Endersch 1 Hans Enders Endersch 3 Günter Schneider Davids 5 Dieter Osterrath Davids Ewald Haus 7 Herbert Krämer unnen Koulen 7 Ralf Krämer unnen Koulen 8 Manfred Müller Künings

Hofstraße 3 Mike Adler Rattschersch Haus 4 Günther Seiler unnen Kehls

Bergstraße 2 Renate Kowald Hermen 3 Jörg Krämer Koulen Petra 4 Ferdinand Döring Deges Haus 5 Christel Enders Endersch 6 Horst Homburg Dörnberschs Haus

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3. Hausnamen in Amteroth

Straße Bewohner 2007 alter Hausname Haus-Nr. Familie

Semseg 6 Werkhausen Henrichs 10 Müller Jögemsches

Hauptstraße 2 Kirchhof/Schliffkowitz Beckersch Haus 4 Manscheid Pöcks Haus 7 Weingarten Schöffen 12 Fleischer Antons Haus 14 Hommer Schneilersch 16 Flemmer Beckersch 18 Seelbach Hannesjes 20 Wehler Schrängersch 28 Euteneuer/Bauer Hummersch Bernd/Häusjes

Hohlweg 1 Scharfenstein Schomanns 5 Püschel Uderts Haus 6 Meffert owen Hummersch 16 Reckert Tigges Haus/Feldscheuer

In der Bornwiese 6 Hundt/Schütz Flemmersch 8 Richter Müllersch 14 Augst Aust 18 Buchs Hermes 20 Dejosez/Imhäuser Henrichs Haus 22 Schäfer Müllersch 26 Schneider Selbachs 27 Hüllbüsch Hanjerichs 28 Zemlin Wehlersch Haus

Auf der alten Bitz 6 Euteneuer unnen Hummersch

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Kirchengeschichten

ie hältst Du's mit der Religion? 1. Die Pfarrer durften eine Familie gründen. WDiese Gretchenfrage spielte im Jahr 2. Die Gottesdienste wurden in der 1408 keine Rolle. „Die rechte Lehre“ Landessprache gehalten. wurde von der Obrigkeit vorgegeben. Alle 3. Das Abendmahl wurde „in beiderlei Bürger hingen zu dieser Zeit natürlich dem Gestalt“ (Brot und Wein) gereicht. römisch-katholischen Glauben an. Auf der Urkunde von 1408 wird mitge- Das Kirchspiel Almersbach blieb weiter teilt, dass „Geilnderode“ zum Kirchspiel bestehen. Als Gottesdiensthäuser standen Almersbach gehöre1. die Kirchen in Almersbach und in Ober- wambach zur Verfügung. Die drei Orte Nach der lutherischen Reformation im Jahr Amteroth, Gieleroth und Herpteroth zähl- 1517 blieb Almersbach noch lange der ten mit Oberwambach zum „oberen „alten Lehre“ treu. Erst im Jahr 1561 führte Kirchspiel“. Die wenigen Häuser von der zuständige Landesfürst die lutherische Widderstein diesseits der Wied gehörten Lehre in seiner Grafschaft Sayn ein. Gegen- bis ca. 1822 zum Dorf Gieleroth und ver- über der römisch-katholischen Lehre wurde blieben bis ca. 1900 im Kirchspiel Almers- nur wenig geändert: bach.

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Eine wesentliche Veränderung der „rech- (calvinistische) Lehre war nur auf die Ver- ten Lehre“ trat im Jahr 1605 ein, als Graf kündigung ausgerichtet. Daher wurden Wilhelm III. von Sayn-Wittgenstein-Sayn alle „Kunstschätze“ (bildliche Darstellun- am 12.Sept.1605 die Regierung in unserer gen, Taufbecken...) aus der Kirche entfernt Grafschaft übernahm. Er gab sofort die und Bänke und Emporen mit Bänken ein- Verfügung heraus: „Wir befehlen, dass uff gebaut. Die Gläubigen sollten die Verkün- den 9. dieses (9.10.1605) der Anfang mit digungen im Sitzen hören und nicht mehr der Reformation gemacht werde, um zu stehen oder knien. sehen, wie sich die Geistlichen anstellen, Doch schon 31 Jahre später, im Jahr wenn sie nicht wollen, ist ihnen der Termin 1636, erlaubte die „Gräfin von Sayn“3, bis uff den letzten solchen Monats anzudeu- Louise Juliane, wieder die lutherische ten, mit der Drohung, da sie nicht unsere Lehre zu praktizieren. Wer Calvinist blei- Lehre annehmen wollen, sollen sie mit Ge- ben wollte, durfte dieses Bekenntnis in walt ausgeschafft werden; so in gleichem auch Freiheit ausüben. So gab es ab 1636 zwei die Unterthanen bei Verlust ihres Habes und evangelische Kirchengemeinden im Kirch- Guts. Danach Ihr Euch zu richten.“ Mit ei- spiel Almersbach mit zwei Pfarrern. Mit serner Strenge ließ Graf Wilhelm seinen dieser Einstellung hatte die Gräfin Louise Befehl durchführen2. – Die reformierte Juliane eine Vorreiterrolle für Deutschland

Südseite der Almersbacher Kirche 2007

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übernommen. Erst 100 Jahre später setzte Die beiden evangelischen Konfessionen sich der preußische König für die Tolerie- wurden im Jahr 1820 in Preußen – und rung aller Religionsgemeinschaften in sei- damit auch in unserem Kirchspiel – zur nem Land ein4. „Unierten Kirche“ vereinigt.

Religionsverhältnisse der Einwohner im Jahr

1817 und 1855

Amteroth 65 reform. 106 Evangelische Gieleroth 68 reform. 135 Evangelische Gieleroth 14 luther. 1 Katholik Herpteroth 113 reform. 183 Evangelische

Die älteren evangelischen Bürgerinnen und Das Evangelische Gemeindehaus in Oberwam- Bürger unserer Gemeinden erinnern sich bach ist mittlerweile zu einem Zentrum für das noch daran, dass sie zum Konfirmanden- gesamte Kirchspiel der Evangelischen Kirchen- unterricht nach Almersbach wandern muss- gemeinde Almersbach geworden. ten oder mit dem Fahrrad dorthin fuhren. Unter der preußischen Regierung ent- Heutzutage finden die Gottesdienste stand ab ca. 1820 die katholische Kirchenge- für das „obere“ und das „untere“ Kirchspiel meinde Altenkirchen, zu der sich auch die im 14-tätigen Wechsel – entweder in Ober- Katholiken unseres Kirchspiels verbunden wambach oder in Almersbach – statt. fühlten und noch heute verbunden fühlen.

Ev.Gemeindehaus und Ev.Kirche in Oberwambach

1 Wie der Urkunde von 1408 zu entnehmen ist, befand Westerwald aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, Neu- sich in Almersbach das für das Kirchspiel zuständige druck Emons-Vlg. Köln 2004 Gericht. 4 Der Preußische König Friedrich II., der Große, setzte sich 2 Jakob Rausch, Geschichte des Kreises Altenkirchen, für die Tolerierung aller Religionsgemeinschaften in Betzdorf 1921, S. 94 seinem Land ein. Im Jahr 1740 schrieb er: „Ein jeder muss 3 Karl Ramseger-Mühle, Die Gräfin von Sayn, Roman vom nach seiner Fasson selig werden!“

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Bergbau in der Gemeinde Gieleroth

ach alten Aufzeichnungen1 sind im verschüttet wurden. Die Unterlagen des N19. Jahrhundert in Gieleroth, Bergamtes Betzdorf, das für unsere Region Herpteroth und Amteroth einige Berg- zuständig gewesen war, sind nicht mehr vor- werksfelder (Mutungen)2 genehmigt wor- handen. Im Landesamt für Geologie und den, die sehr ansprechende Namen Bergbau gibt es noch „Mutungsübersichts- erhielten: z.B. Mariechen, Vereinigte karten“. Der folgende Kartenausschnitt ist Franz, Wilhelmina, Abendstern, Jura. aus 2 Blättern für diesen Bericht bearbeitet worden: Selbst ältere Einwohner/innen können sich an diese Bergwerksnamen nicht mehr erin- Hier die einzelnen Bergwerksfelder, die nern. Ihnen sind nur einige Stollenausgänge ganz oder teilweise unter unseren drei bekannt, die inzwischen z.T. durch Geröll Gemarkungen liegen:

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1) „Mariechen II“ (Gieleroth), Fe (Eisen) 10) „Flora“ (Amteroth), Fe, in Urkunde Verliehen am 23.08.1883 an Deich- v. 04.02.1913 als Verhandlungsob- mann zu Köln jekt erwähnt 2) „Mariechen“ (Gieleroth+Herpteroth), 11) „Bleiberg“ (Amteroth), Pb, Zn Ver- Fe, Verliehen 23.08.1883 an Deich- liehen am 15.06.1867 an Wilhelm mann zu Köln Niesen zu Essen 3) „Sherman“ (Herpteroth), Fe, Verlie- 12) „Heinrich IV“ (Amteroth), Fe, Ver- hen am 03.09.1867 an Jakobi & Co. liehen am 10.10.1868 an H. Kölsch zu Sterkrade zu Flamersbach b. Siegen 4) „Hercules“ (Herpteroth), Fe, Verlie- 13) „Wilhelmina“ (Amteroth/Semseg), hen am 21.09.1866 an Josef Krischer Pb + Cu + Zn, Verliehen 08.11.1880 zu Altenkirchen an W. Windhayn zu Gießen 5) „Helicon“ (Amteroth), Fe, in Ur- 14) „Wilhelmshoffnung I“ (Amteroth), kunde v. 04.02.1913 als Verhand- Pb + Zn + Cu, Verliehen 05.04.1881 lungsobjekt erwähnt an Hess.-Rhein.-Bergbau Gießen 6) „Pilantus“ (Amteroth), Fe, in Ur- 15) „Vereinigte Franz“ (Amteroth+Giele- kunde v. 04.02.1913 als Verhand- roth), Pb + Zn, Verl. 08.02.1878 an lungsobjekt erwähnt W. Niesen zu Essen 7) „Abendstern“ (Amteroth), Fe, Verlie- 16) „Wilhelmus“ (Gieleroth), Pb + Zn, hen am 28.7.1873 an G. Brockhaus Verliehen 18.07.1866 an Ww. G. zu Freusburger Mühle Ritter zu Pulvermühle bei 8) „Sommerfeld" (Amteroth) mit 8a) 17) „Frischauf“ (Gieleroth), Pb + Cu, Ver- „Seelöwe“ Fe, Pb, Cu, und 8b) Johan- liehen am 17.10.1871 an W. Nießen nisberg“ Pb, Ag, Cu zu Essen 9) „Jura“ (Amteroth), Pb + Cu, Verliehen (Fe=Ferrum=Eisen, Pb=Plumbum=Blei, 01.07.1882 an Hess.-Rhein.-Bergbau Cu=Kupfer, Zn=Zink, Ag=Argentum=Silber) Verein zu Gießen

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Der Eingang zum Fledermausstollen wurde 2006 erneut freigeschaufelt

Rest der Grube Johannisberg im Amterother Wald (Fotomontage)

Der „Fledermausstollen“ in Amteroth Während des 2. Weltkrieges wurde dieser Stollen bei Bombenalarm als „Bunker“ Dieser Stollen ist nur ca. 30 m lang. Er genutzt. – Vom darüber liegenden Berghang könnte bereits „in alter Zeit“ (vor 1830) an- rutscht in jedem Jahr eine Menge Geröll gelegt worden sein.4 Wahrscheinlich wurde herunter und versperrt den Stolleneingang. hier am Talhang eine Erzader entdeckt, die Im Jahr 1994 wurde dieser Eingang vom nur eine geringe Mächtigkeit aufwies und Natur- und Umweltschutzverein frei ge- gänzlich abgebaut wurde. Erzspuren sind an schaufelt, um den Fledermäusen einen den Stollenwänden nicht mehr feststellbar. Zugang zu verschaffen. 2006 war der Ein-

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Eingang zum Fledermausstollen

gang wieder fast verschüttet, so dass einige Vereinsmitglieder mit ihren Kindern erneut aktiv wurden. Etwa 200 m südöstlich des „Fledermaus- stollens“ befindet sich ein weiterer verschüt- teter Stolleneingang. Grube „Seelöwe“ am Roschseifen/Johannistal Grube „Johannisberg“ (Nr. 8b)

Dort, wo der Amterother Kirchweg in den Altenkirchen-Oberwambacher-Weg einmün- det, ist eine große geebnete Abraumhalde zu erkennen. Im Mittelpunkt dieser Halde befindet sich eine trichterförmige Vertie- fung, die einst ein Schacht gewesen sein muss. (Bombentrichter, die in diesem Wald zu finden sind, haben eine andere Form.) – Eine Bergbaubeschreibung aus dem Jahr 1885 lautet: „Ein ziemlich umfangreicher Betrieb hat in bekannter Zeit auf dem Johan- nisberger Gange stattgefunden und ein Erz- mittel von 120 m Länge aufgeschlossen, in welchem silberhaltige Bleierze und Kupferkies gebrochen wurden. Der Gang ist bis auf den in 40 m Tiefe einbringenden Stollen abge- baut.“5 Im Bereich dieser Halde ist ein beachtli- ches Vorkommen des heute seltenen und daher geschützten Seidelbaststrauches zu fin- Damm des ehemaligen Teiches an der Grube den. „Seelöwe“

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Die Grube „Seelöwe“ (Nr. 8a) haltigen Steine vom „tauben Gestein“ ge- trennt. Die Erze haben ein höheres spezifi- Geht man von der Grube Johannisberg den sches Gewicht und sinken schneller zu Kirchweg hinunter in Richtung Almersbach, Boden. Es ist anzunehmen, dass hier an der so findet man die Grube Seelöwe direkt am Grube Seelöwe auch das Gestein aus der Rand des Roschseifentales. Grube Johannisberg gebrochen und sortiert Um diese Grube ranken sich viele Sagen. wurde. – Das Gestein der Halde wurde erst 1945 wurde dieser Stollen gesprengt. Er war vor ca. 25 Jahren für den Wegebau im Johan- vollgepackt mit Waffen und Munition. Ob nistal und im Roschseifental verarbeitet. Nur diese Waffen von den hiesigen Bürgern ver- ca. 400 m abwärts im Johannistal (an der steckt worden waren oder ob die Besatzungs- Straße nach Oberwambach) lag die mit den macht die beschlagnahmten Waffen dort Gruben Johannisberg und Seelöwe verbun- deponierte, ist nicht mehr bekannt. – Schon dene Grube Löwenthal. Alle drei Gruben während des Krieges war der Zugang zum stammen „aus alter Zeit“. Stollen für Unbefugte streng verboten. Was wurde dort während des Krieges gelagert oder Die Schiefergruben in der „Schifferkaul“ hergestellt? Das ist eine offene Frage! Das geförderte Erz wurde „über Tage“ zer- Im Gielerother Wald, links des Weges vom kleinert (= „gebrochen“). In einer Fließrinne Dorfgemeinschaftshaus nach Ingelbach, – mit Wasser aus dem Teich – wurden die erz- kurz vor der Abzweigung nach Widderstein,

Alte Schiefergruben im Gielerother Wald in Richtung Widderstein

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befinden sich einige auffallende Bodenver- Aus unseren Gemeinden fanden viele Bürger tiefungen. Das Flurstück heißt Schifferkaul. in der „Grube Hirsch“ einen Arbeitsplatz. Die Hier sollen einst die Schieferplatten für den Erzgänge hatten hier eine „erhebliche Mäch- Hausbau gebrochen worden sein. Die her- tigkeit“7 Noch heute sind viele Halden und umliegenden Schieferstücke bestätigen, dass die Reste einer Teichanlage auf einem weiträu- hier Schiefer abgebaut worden ist. migen Gelände zu sehen. In einer der Gruben steht immer – selbst Auch hier, wie schon bei der Grube See- in der warmen Jahreszeit – etwas Wasser. löwe beschrieben, wurde das geförderte Erz „über Tage“ zerkleinert und in einer Fließrinne Das Bergwerksfeld „Wilhelmshoffnung I“ vom „tauben Gestein“ getrennt. Das taube (Nr. 14) Gestein schüttete man auf die Halden. Es ent- hielt immer Spuren der geförderten Erze. An Die Stollenöffnung dieses Bergwerks ist in der Grube Hirsch II war es überwiegend Blei. der Bevölkerung bekannt (neben der alten – Dieses Areal ist vermutlich so stark bleihal- Amterother Schuttkuhle). Doch an den tig, dass sich sogar 100 Jahre nach Stilllegung Namen kann sich niemand mehr erinnern. der Grube die Pflanzenwelt nur mühsam an- siedeln kann. Die Bleigrube „Hirsch“ – Verliehen am Wer auf dem „Wied-Wanderweg“ vom 11.7.1868 an Gewerkschaft Hirsch II6 Michelbacher „Mühlenweg“ auf dem Weg „Zum Pfahlberg“ in Richtung Widderstein An die Grube Hirsch in der Gemarkung Mi- wandert, wird nach etwa 300 m rechts am chelbach, unweit der Amterother „Semseg“, Berghang eine Mauer sehen. Es ist kaum zu erinnern sich noch die älteren Mitbürger. Bis vermuten, dass sich dahinter ein aufgestauter zum Jahr 1907/08 wurde dort vor allem Blei- Teich befindet. – Er ist ein Rest von der im glanz, Zinkblende und Kupferkies gefördert. Jahr 1907/08 stillgelegten Grube Hirsch II.

Halde und Teich der Grube Hirsch II unterhalb der „Semseg“

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Staudamm aus Bruchsteinen an der Grube Hirsch II

1 Die Angaben zu den Bergwerksfeldern sind teilweise ent- Familie Augst (In der Bornwiese 14) und dem Berghang nommen aus: Norbert Langenbach, Lexikon über Mutun- wegen der Anlage dieses Stollens verlegt wurde. gen und Verleihungen von Grubenfeldern im Kreis Alten- 5 Gustav Wolf, Beschreibung des Bergreviers Hamm an der kirchen/Ww., Roth-Oetternhagen 1998, S. 5-15 Sieg, Bonn 1885, S. 44 und Adolf Hoffmann, Beschrei- 2 Mutung (mittelhochdeutsch „Begehren“), nach altem bungen rheinland-pfälzischer Bergamtsbezirke, Bd. 1, Bergrecht formelles Gesuch an die Bergbehörde um Verlei- Bergamtsbezirk Betzdorf, Essen 1964, S.150 hung des Bergwerkseigentums (Großer Brockhaus 2001) 6 Norbert Langenbach, Lexikon über Mutungen und Ver- 3 Das Landesamt für Geologie und Bergbau, Mainz, geneh- leihungen von Grubenfeldern im Kreis Altenkirchen/Ww., migt den Abdruck im Gielerother Jubiläumsbuch 2008 Roth-Oetternhagen 1998, S. 7 4 Eine Flurkarte aus dem Jahr 1830 lässt den Schluss zu, dass 7 Gustav Wolf, Beschreibung des Bergreviers Hamm an der der „Mühlengraben“ zwischen dem heutigen Anwesen der Sieg, Bonn 1885 S. 44

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Die Herzburg (= Die Harzburg)

uf dem Bergsporn, der in der Nähe des Eine exakte wissenschaftliche Untersu- AGielerother Dorfgemeinschaftshauses chung des Geländes würde mehr Klarheit beginnt und heute von den Dörfern Wid- bringen!1 der stein, Ingelbach und Borod umringt ist, befand sich früher eine Burganlage. In der Karte von Tranchot/v.Müffling aus Das entscheidende Bodendenkmal ist dem Jahr 1818/19 ist die Bezeichnung „Die der Wall zwischen den Flurstücken „Mitten Harzburg“ für diesen Bergsporn eingetragen. auf der Herzburg“ und „Auf dem Ingelba- In den heutigen Flurkarten heißt dieser Berg cherkopf“. Mit ihm wurde der Bergsporn „Herzberg“. Ein anderes Flurstück wird gegen Eindringlinge aus Richtung Gieleroth „Mitten auf der Herzburg“ genannt. An der abgesichert. Auf allen anderen Seiten des Gielerother Volksschule gehörte die Sage Geländes boten Bodenwellen, die mit einem von einer Burganlage auf dem Herzberg zum Palisadenzaun versehen waren, genug Schutz Heimatkundeunterricht. Ehemalige Schüle- gegen Angreifer. Weitere Indizien für die rinnen und Schüler erinnern sich daran, dass Existenz einer Burg sind Vegetationsspuren ihr Lehrer Alfred Leyendecker, der von 1955 und Flurnamen. bis 1961 in Gieleroth unterrichtete, von

Hauptwall (= Abschnittswall) zum Schutze des Bergsporns

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Hier wurde eine hochmittelalterliche Ritterburg in die Landschaft hineinprojiziert3 (Aus Sicherheitsgründen gab es in früheren Zeiten an den Hängen unterhalb einer Burg keine Bäume)

dieser Burg erzählte. Er führte Unterrichts- In den ersten Urkunden wird der Ort Ge- gänge dorthin durch und zeigte den Kin- lenrod, Gelenterod, Geilenrode geschrie- dern die auffälligen Bodenerhebungen, ben. Die Endsilbe „-rod“ muss nicht unbe- unter denen er Grundmauern vermutete.2 dingt auf „roden = Rodung“ hinweisen. Die oben genannten Indizien für die Da an Gieleroth eine uralte Keltenstraße Herzburg weisen auf eine doppelte Nutzung vorbei führte, könnte „Gelenrod“ aus hin: auf eine frühgeschichtliche Wallburg „Keltenstraße“ entstanden sein, denn im und auf eine hochmittelalterliche Ritterburg. Angelsächsischen heißt Straße „road“.6 Eine weitere Möglichkeit für die Endung Die frühgeschichtliche Herzburg (=Harz- „rod“ ist die Entstehung aus „ru-da = 7 burg) und Namensdeutung für Gieleroth Erz“. Der Erzreichtum des Herzbergs und des benachbarten Pfahlbergs dürfte für die Die Topografie des Geländes, die Anlage keltischen Schmieden sehr begehrt gewe- einiger Wälle und die günstige strategi- sen sein. Eine „Schmiede“ zwischen Wid- sche Lage am uralten Höhenweg zwischen derstein und dem Herzberg unterhalb des Altenkirchen und Limburg weisen auf Flurstücks „Im Rennehahn“ wurde beim eine frühgeschichtlichen Wallanlage hin.4 Ausbaggern eines Fischweihers gefunden.8 Für eine keltische Besiedlung dieser Wall- Der „Rennehahn“, der von den Rennö- burg spricht, dass es in der Nähe der fen für das Schmelzen der Erze seinen „Herzburg“ bis 1933 ein Hügelgrab gab.5 Namen erhalten haben könnte,9 liegt in Auch der Name Gieleroth könnte durch- der Bodensenke zwischen Herzberg und aus auf die Kelten, die „Gälen“ hinweisen. Pfahlberg. Mit Hahn bezeichnete man

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einen Niederwald. Er wurde für die Her- lage, die bei den Kelten auch genügend stellung von Holzkohle gebraucht. Ober- Platz für die Landwirtschaft bieten musste, halb des „Rennehahns“ befindet sich die könnte die beiden Bergsporne von Herz- Flur „Auf dem Stallplatz“.10 Die Wallan- berg und Pfahlberg überzogen haben. Die Bezeichnung „Pfahlberg“ wird auf die Ein- friedung mit Pfählen (= Palisaden) zurück- geführt.11 Zwischen Herzberg und Pfahlberg lie- gen mehrere Quellen. Wir erinnern uns, das Wasser war immer ein wichtiges Kriterium für eine Besiedlung, und vergleichen wir diese Wallanlage mit der keltischen oberhalb der Nisterschleifen bei Stein-Wingert, Al- hausen und Altburg, dann muss innerhalb der großräumigen Wallburg die zusätzlich durch Wälle geschützte Wohnsiedlung, die sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer Stadt, einem Oppidum, entwickelte, gelegen haben.12 Zu jeder größeren keltischen Siedlung gehörte eine Kultstätte mit mindestens einem Druiden oder einer Druidin. Solche

Das hier abgebildete Gelände gehört weitgehend zur Gemarkung von Gieleroth

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Kultstätten lagen fast immer außerhalb des tragen. In der Nähe der Herzburg gab es in Walles, aber auf einer Erhebung des gleichen Widderstein und in Gieleroth weitere Höhenrückens (z.B. „Blasiusberg“ an der Burgmannenhöfe. In einer Gielerother Ur- Dornburg oder die „Spitze Ley“ bei Stein- kunde von 1408 sind u.a. ein Junker Die- Wingert). Für die Herzburg könnte daher trich von Gieleroth und sein Sohn Ludwig das „Steinmal“ oberhalb von Gieleroth – da- von Gieleroth (ohne Titelangabe) als Zeu- mals ein Basaltkegel und heute ein verlasse- gen aufgeführt. Junker kann hier also nicht ner Basalt-Steinbruch – als Druidenplatz die Bedeutung von „junger Herr“ gehabt gedient haben.13 haben, sondern muss bereits im Sinne eines Hofbeamten16 verwendet worden sein. Die mittelalterliche Herzburg Vom Herzberg aus hat man einen weiten (= Harzburg) Blick auf die alte Köln-Leipziger-Straße zwi- schen Altenkirchen und Hachenburg. Sogar Im Mittelalter wurden strategisch wichtige das Schloss Hachenburg ist von dort gut zu Punkte für den Bau von Ritterburgen aus- erkennen, und auch die alte Köln-Frankfur- gewählt – wie z.B. die Dornburg bei Frick- ter-Straße ist in einem weiten Verlauf einzu- hofen. Sie war unstrittig eine keltische sehen. Stellt man sich jetzt dort einen hohen Wallburg. Zugleich wurden dort aber auch Turm vor, etwa so hoch wie in Hartenfels,17 Grundmauern einer mittelalterlichen Sied- dann war das geschäftige Treiben auf den lung (vom 8. bis zum 13. Jahrhundert) beiden Heer-, Handels- und Pilgerstraßen ausgegraben. Über die mittelalterliche Be- genau zu beobachten. bauung der Dornburg sind keine Urkun- Im Bedarfsfall konnten die Wachtposten den erhalten.14 Die Suche nach Urkunden die Köln-Frankfurter-Straße schnell errei- über die Herzburg blieb bisher ebenfalls chen und durch entsprechende Zeichen die erfolglos. Die Dornburg liegt – wie die Burgmannen in Widderstein umgehend zur Herzburg – in der Nähe des bedeutenden Köln-Leipziger Straße beordern. In Widder- Heer- und Handelsweges zwischen Alten- stein soll direkt an der Wied ein Burghof ge- kirchen und Limburg (über Hadamar). standen haben.18 Dort ist das Tal der Wied Nach der Überlieferung und der Topo- eng und für eine Brücke sehr gut geeignet. grafie des Geländes stand die Herzburg auf Vom Burghof aus könnte die Brücke über den Flurstücken: „Auf dem Ingelbacher die Wied kontrolliert worden sein. Kopf“ (Gieleroth), „Auf dem Boroderfeld“ In Widderstein wurde immer von einem (Borod) und „Am Erzburg“ (Ingelbach), unterirdischen Gang zwischen Widderstein auf beiden Seiten des Bergsporn befinden und Altenkirchen erzählt.19 Diese Sage er- sich Quellen, so dass ergiebige Brunnen hielt neue Nahrung, als im Herbst 1988, auf dem Burggelände angelegt werden beim Verlegen der Abwasserleitung von konnten. – Das Flurstück „Mitten auf der Widderstein nach Michelbach, ein ca. 40 m Herzburg“, von Wällen und Bodenwellen langes Teilstück eines Stollens freigelegt umgeben, liegt direkt vor dem Hauptwall. wurde. Dieser Stollen war ca. 240 cm hoch, Hier dürfte ein Burgmannenhof gestanden so dass man dort sogar hindurchreiten haben, der die Hauptburg überdauerte.15 konnte.20 War dieser Stollen ein geheimer Als die Burg verfiel, wurde der Name Verbindungsweg zwischen der Herzburg „Herzburg“ auf den Burgmannenhof über- und der Burg von Altenkirchen?

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Es gibt mehrere Gründe, warum heute haben einen Anteil am Burggelände. Woll- keine Grundmauern von der Herzburg zu ten sie sich den Zugang zum „Steinbruch“ finden sind. Vielleicht hatte die Burg um sicherstellen? das Jahr 1300 bereits ihre Bedeutung ver- loren: Durch das Schwarzpulver änderte Namensdeutungen für „Herzberg“ sich im 13. Jahrhundert in Europa die und die Erzvorkommen am Herzberg Kriegstechnik. Viele Burgen waren bis zum 13. Jahrhundert lediglich aus Holz Der Name „Herz“ bzw. „Harz“ lässt sich her- gebaut und mit einem Palisadenzaun leiten von Hardt (Bergwald), von Hirsch geschützt. (Hirz) oder von Erz. Die einst ergiebige Blei- Eine Herzburg aus Holz kann mögli- grube unter dem nahe gelegenen Pfahlberg cherweise zugunsten der Steinburgen in erhielt den Namen „Grube Hirsch“. Neben Altenkirchen und Hachenburg aufgegeben Blei wurden noch andere Metalle gefunden: worden sein. Ihr Holz wurde dann ande- Eisen, Kupfer, Silber und geringe Spuren renorts als begehrtes Baumaterial und von Gold. Eisen und Kupfer fielen bei der Brennmaterial genutzt. Selbst wenn die neuzeitlichen Bleigewinnung nur als „Ne - Burg aus Stein gebaut gewesen wäre, ben produkt“ an. könnte sie nach ihrer Zerstörung als Dagegen spielten Eisen und Kupfer bei „Steinbruch“ für die umliegenden Dörfer den Kelten und noch im Mittelalter eine gedient haben und abgetragen worden vorrangige Rolle. Unterhalb des Herzber- sein. Die Gemarkungen der Dörfer Giele- ges in Richtung Ingelbach gibt es die Flur- roth, Widderstein, Ingelbach und Borod bezeichnung „Hüttenstadt“.

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1 Das Vorhandensein von Bodendenkmälern auf dem Herz- platz oder von Stahl, denn oberhalb des Rennehahns wäre berg wurde an das Amt für Archäologische Denkmalpflege ein „Stahlplatz“ möglich gewesen. Koblenz gemeldet. Von dort kam am 20.03.2007 per 11 Karl Ramseger (Kirchspiel Almersbach), a.a.O., S. 12 und E-Mail die Antwort, dass diese Bodendenkmäler noch Karl Rehorn, Der Westerwald, S. 46 und S. 80 nicht erfasst worden seien und wegen Personalmangel z.Z. 12 Christian Möller, Die Altburg bei Stein-Wingert, in: nicht untersucht werden können. Hans-Helmut Wegner (Hg.), Der Westerwald - Führer zu 2 Lehrer Alfred Leyendecker ist bereits verstorben. In seiner archäologischen Denkmälern in Deutschland Nr. 26, Examensarbeit zur 2. Lehrerprüfung soll er die Herzburg Stuttgart 1993, S. 174-179 beschrieben haben. 13 Der noch gültige Flurname „Hinter dem Steimelchen“ läge 3 Als Vorlage für die Rekonstruktion diente das Buch des von der Herzburg aus gesehen „hinter“ dem Steimel international renommierten Mittelalterforschers Georges (= dem Steinmal) Duby: Die Ritter, München-Wien 1999, S. 9 und die re- 14 Thomas F. Klein, Wege zu den Kelten, 100 Ausflüge in die konstruierte „Bachritterburg Kanzach“ in Eschelbronn im Vergangenheit, Stuttgart 2004, S. 136 f. und „Die Dorn- Kraichgau (z.B. unter www.bachritterburg.de u.a.) burg bei Frickhofen“, Archäologische Denkmäler in Hes- 4 Auch Karl Ramseger stellt diese Frage in: Karl Ramseger, sen Nr. 66, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 1987 Geschichte meiner Heimat – Das Kirchspiel Almersbach. 15 Burgmannenhöfe befanden sich häufig direkt an den Burg- Chronik und Heimatblatt, Sonderdruck der Heimatbei- anlagen. lage der Altenkirchener Zeitung, Altenkirchen 1933, S. 12 16 nach: Lexikon des Mittelalters, Band V Stichwort „Junker“, 5 Margot Bitterauf-Remy, Die Kunstdenkmäler des Kreises Stuttgart/Weimar 1999 Altenkirchen, Düsseldorf 1935, S. 26 17 Peter von Herpteroth und seine Frau Grete, die 1408 ein 6 Die Wörter „Rad“ und „gerade“ (= althochdeutsch „rado“) Hofgut in Gieleroth übernommen hatten, lebten vorher sind ebenfalls mit road = Straße verwandt. (Duden Nr. 7) viele Jahre lang auf der Burg Hartenfels, die zum Sicher- 7 „-roth“ aus „ru-da“ = Erz zitiert nach Rhein-Zeitung rungssystem der Köln-Frankfurter-Straße gehörte. v. 09.07.07 „Ortsnamen deuten auf Rodungen hin“. 18 Marco Janke, Aus der Geschichte des Dorfes Widderstein, 8 Aus welcher Zeit diese Schmiede stammt, ist nach Aus- in Heimatjahrbuch des Kreises Altenkirchen 1997, S. 71 kunft des Experten für frühgeschichtliche Verhüttung, 19 Mündlicher Bericht von Helmut Sander aus Widderstein, Norbert Langenbach, sehr schwer festzustellen. Ortsbürgermeister bis 2004 9 Diesen Flurnamen bezieht Karl Ramseger (Kirchspiel Almers- 20 Rhein-Zeitung, Lokalteil Altenkirchen, vom 25.10.1988 bach a.a.O. S. 12) auf das Schmelzen von Erzen in Rennöfen. und: Marco Janke, Aus der Geschichte des Dorfes Wid- 10 Für diesen Flurnamen gibt es mehrere Deutungen: von derstein, in Heimatjahrbuch des Kreises Altenkirchen Stall (Unterstand), von Stuhl (Gestell) für einen Gerichts- 1998, S. 100

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Die Sage von der Herzburg

s geschah vor langer, langer Zeit. Das müsse aber auch seine Freunde aus Wid- E Weihnachtsfest war gerade ausgiebig derstein nach Borod mitbringen; in der gefeiert worden. In der nun anbrechenden Spinnstube würden junge Mädchen sie Zeit der „Rauen Nächte“ wurde im Stall dann erwarten und bewirten. das Nötigste gewissenhaft, aber in Eile ver- Anton brauchte bei seinen Freunden richtet. Schon am frühen Nachmittag er- Kurt und Fritz keine großen Überredungs- hielt das Vieh sein Futter. Wenn die Frauen künste anzuwenden. Ein Abend in der dann zum Melken kamen, duftete alles Spinnstube erschien ihnen allen höchst nach würzigem Heu und frischem Stroh. verlockend. Beim Hinaufsteigen auf den Nach erledigter Arbeit hatten die jungen Herzberg diskutierten die drei Freunde eif- Männer früh frei. rig über Vorzüge und Schwächen von So auch Anton aus Widderstein, der Mädchen, speziell die der Mädchen aus noch vor wenigen Tagen von seiner Kusine Borod. Sie lachten viel und merkten gar aus Borod, einer lebenslustigen jungen nicht, dass sie den Bergrücken schon er- Frau, just im heiratsfähigen Alter, besucht reicht hatten. Plötzlich stockte ihr Atem. worden war und die Vetter Anton um Sie rieben sich ihre Augen. Stand da im einen Gegenbesuch angebettelt hatte. Er Dämmerlicht eine Burg?

Als die drei Burschen aus Widderstein in der Herzburg die überaus schönen Mädchen sahen, vergaßen sie, dass sie in Borod in einer Spinnstube erwartet wurden 1

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Hier soll einst die Herzburg gestanden haben. Dieses Flurstück heißt „Mitten auf der Herzburg“und gehört zur Gemarkung von Gieleroth. Erdaufschüttungen, Bodenwellen und Vegetationsspuren lassen frühere Bauwerke vermuten

Hell erleuchtete Fenster lockten die Bur- schen an. Misstrauisch, nach allen Seiten gu- ckend, schlichen sie sich an das Haus heran. Vorsichtig lugten sie durch die unteren Fen- ster. Was für ein Bild bot sich ihnen! Mäd- chen, eines schöner als das andere, backten, kochten, liefen geschäftig hin und her. Ku- chen und Braten verströmten herrliche Düfte und dazu das fröhliche Lachen der Mädchen, das ließ die Herzen der drei Wid- dersteiner höher schlagen. Als die köstlichen Speisen nun auf die geschmückte Tafel gesetzt wurden, lief ihnen das Wasser im Mund zusammen. In den Spinnstuben wurden Fritz konnte sich als Erster nicht mehr be- Geschichten erzählt: herrschen. Er klopfte kräftig ans Fenster, Spinnstube in Gieleroth im Winter 1950/51 und ein schrecklich anschwellendes, ohren- v.l. hinten: Walter Schüler, Martha Schäfer, betäubendes Donnergetöse setzte ein. Er- Erwin Bachenberg (mit Akkordeon) schreckt strauchelten die Freunde weit v.l. vorn: Maria Schäfer, Helga Reisbitzer, rückwärts. Vor ihren Augen öffnete sich der Herbert Bachenberg, Irmgard Nöllgen Erdboden und verschlang die Burg – mit-

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samt den schönen Mädchen! Nebelschleier Burg auf dem Herzberg, und in der Spinn- krochen aus dem Abgrund und griffen stube von Borod warteten an diesem Abend nach ihnen. die Mädchen vergeblich auf ihre männlichen Die drei starken Männer zitterten wie Gäste. Espenlaub, ihre Herzen klopften so laut, Erst nach vielen Jahren – Anton, Kurt dass man sie in Widderstein und Borod und Fritz hatten längst „ihre“ Boroder Mäd- hätte hören müssen. Schließlich erwachten chen geheiratet – lüfteten die Freunde ihr sie aus ihrer Starrheit, sprangen auf die Füße Geheimnis. Sie wanderten mit ihren Frauen und hetzten – wie vom Teufel gejagt – zu- und Kindern über den Herzberg in Rich- rück nach Widderstein. Dort versteckten sie tung Borod. Dort oben erzählten sie ihre sich, und die Angst verschloss ihnen den Geschichte von der verschwundenen Herz- Mund. Niemand erhielt Kenntnis von der burg.

1 Die Abbildung der „Burg“ ist nach einem Burgmannen- Turm im Hintergrund diente der Wohnturm in Lehmen hof, der unterhalb der Burgruine Hammerstein in Ober- an der Mosel (von 1227). hammerstein steht, gestaltet worden. – Als Vorlage für den

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Das Flurstück „Im Streitort“

War auf dem Flurstück „Im Streitort“ o die Gemarkungen von Gieleroth, einst ein Turnierplatz? WAmteroth, Widderstein und Michel- bach zusammentreffen, stoßen auch die Berg- sporne Herzberg und Pfahlberg zusammen. Genau dort liegt die Flur „Im Streitort“. Es ist denkbar, dass sich die genannten Gemein- den einst um diese Fläche stritten und des- halb dieser Name entstanden ist. Es könnte aber auch sein, dass der Platz zwischen den vier Gemarkungen für Turnier- spiele genutzt wurde und daher den Namen „Im Streitort“ erhielt. Dieses Flurstück lag un- weit der Herzburg und verkehrsgünstig zur „Köln-Frankfurter-Straße“. Es bot genug Platz zur Austragung von Turnieren, aber auch zum Weiden der Streitrösser. Der nahe gelegene Gielerother „Postweiher“ könnte zum Tränken und zum Waschen der Turnier- pferde angelegt worden sein.

– Ritterspiele im Sommer 2005 – Freunde der Kinderkrebshilfe Gieleroth e.V.

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Gieleroth mit einem „Marienstatter Hof“ und einem „Junkerhof“

s spricht vieles dafür, dass es sich bei einst zum „Reinhardshof“ gehört haben Edem in den Urkunden von 1408 (mit Ställen, Scheunen, Mitarbeiterwoh- erwähnten Hof, der von Peter von Herpte- nungen usf.). Diente der „Marienstatter roth und seiner Frau Grete übernommen Hof“ 1490 möglicherweise schon als Post- worden ist und im Jahr 1438 in einem Pferdewechsel-Station?1 Wahrscheinlich be- Gerichtsurteil als zum Kloster Marienstatt stand Gieleroth im Jahr 1408 lediglich aus gehörend anerkannt wird, um das Gehöft zwei Höfen: dem „Marienstatter Hof“ in der Nähe der Köln-Frankfurter Straße, (=„Reinhardshof“) und dem „Junkerhof".2 den späteren „Reinhardshof“, handelt. Wo aber befand sich der „Junkerhof“? Das Grundstück mit den Gebäuden von Standen die Gebäude des „Junkerhofes“ im „Strölersch“, das heute Eigentum der Fami- Bereich der Ringstraße und der Linden- lie Gerd-Reiner und Gisela Theis ist, wird straße? Die Flur zwischen der Ringstraße

Der „Reinhardshof“ und „Strölersch“ (LMZ 1967)

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und dem Ortsrand von Herpteroth heißt auf belehnt worden war. In der Karte von den alten Karten – und auch heute noch – 1828 ist zu erkennen, dass ein Graben vom „Junkerfeld“. Almersbach aus durch die Ringstraße Der Verlauf der Ringstraße lässt vermu- geführt wurde. ten, dass hier ein größerer Hof stand. Auf der vorderseitigen Zeichnung ist der Gehörte er 1408 dem Junker Dietrich von rekonstruierte „Junkerhof“ in eine aktuelle Gieleroth? Nicht weit davon entfernt – s.o. Katasterkarte eingezeichnet: – befand sich das „Junkerfeld“. Dieser Hof Die beiden Schenkel der Ringstraße war wohl ursprünglich ein 'Lehen', denn liegen sehr nah beieinander. Die Fläche im „Mannbuch“ der Grafschaft Sayn aus dazwischen wird ursprünglich nicht bebaut dem Jahr 1745 ist neben vielen anderen gewesen sein. Vergleiche zu noch existieren- Lehen auch ein Geschlecht aus Gieleroth den Rittergütern lassen den Schluss zu, dass aufgeführt, das sich Hesse oder Henrich sich zwischen den beiden Straßenteilen von Geileroth nannte und mit einem Gut lediglich ein Innenhof befand.

Könnte hier das Herrenhaus gestanden haben?

1 Auf der Poststrecke von Wien bzw. Innsbruck nach 2 Alte Einwohnerlisten bestätigen, dass in Gieleroth nur Mechelen/Brüssel wurden in Gieleroth „Pferd und Reiter“ wenige Familien lebten: Im Jahr 1580 wird von 4 Fami- gewechselt. Nur der Postbehälter, das „Felleisen“, wurde lien und im Jahr 1600 sogar nur von 3 Familien in Giele- weitergeleitet. Ab dem Jahr 1505 verlief die Poststrecke roth berichtet. nicht mehr über Gieleroth.

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Zisterzienserhof in Gieleroth

n den Gielerother Urkunden von 1408 Welche Methode führte zu den Iund 1438 geht es um einen Hof, den die Ertragssteigerungen? Zisterzienserabtei Marienstatt für sich be- ansprucht. Die Grafen und Gräfinnen der Die Zisterzienser pflegten auch eine eifrige Grafschaft Sayn hatten die Zisterzienser in Bautätigkeit: ihre Grafschaft geholt, weil sie für ihre Beim Behauen der Bruchsteine zu Mau- Reformen in der Landwirtschaft berühmt ersteinen fiel Gesteinsmehl an. Dieses „Ab- waren. Dieser Reformorden hatte es ge- fallprodukt“ wurde als wichtiger Dünger auf schafft, die Bodenerträge um ein Vielfaches die Äcker aufgebracht. Die Fruchtbarkeit des zu erhöhen. Durch Musterhöfe bekam der von den Zisterziensern urbar gemachten Orden Einfluss auf die gesamte europäische Sumpfgeländes war Folge einer ungewöhn- Landwirtschaft.1 Rund um den Hatterter lichen Bodenbearbeitung. Die Mönche wen- Grund gab es Musterhöfe der Marienstatter deten z.B. den Boden äußerst tiefgründig um. Zisterzienser. Die Bewirtschaftung des Die harte Arbeit konnte nur geleistet werden, Hatterter Grundes war so nachhaltig, dass weil wichtige Biorhythmen eingehalten wur- diese Region noch heute als „Kornkammer den. Diese Ordnungen galten auch für die der Grafschaft Sayn“ bezeichnet wird.2 mit den Zisterziensern verbundenen Höfe.

Der Hatterter Grund von der Gielerother Grenze aus gesehen 1993

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Die Nacht und der Tag wurden jeweils in 12 Stunden eingeteilt3

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Ein Tag bei den Zisterziensern sah so aus: • 6 Stunden gemeinsames Gotteslob, auch mitten in der Nacht • 6 Stunden schweigend harte Handarbeit (Handarbeit als Askese) • 6 Stunden Betrachten, Lesen, Schreiben Singen, Rekreation (also Kultur) • 6 Stunden Schlaf auf Strohsack (unter- brochen durch Gotteslob)

1 Im Mittelwert ist die Nahrungsmittelproduktion in Europa verfünffacht worden. (H.Kinder/W.Hilgemann, Atlas zur Weltgeschichte, München 1982, 18. Aufl., S. 171) 2 H.J.Hucke, Großer Westerwaldführer, Montabaur 1991, 3. Aufl. der Neubearbeitung, S. 191 Der Chorraum wurde im Jahr 1222 3 In der Mönchsrepublik Athos werden noch heute täglich die fertiggestellt Uhren bei Sonnenaufgang auf 0 Uhr gestellt.

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Der „Raue Stein“ im Wald von Amteroth

itten im Wald zwischen Oberwam- Ist der „Raue Stein“ die ganze Felswand oder M bach, Almersbach und Amteroth nur der große Stein, der unten neben dem liegt der sagenumwitterte „Raue Stein“. An Weg liegt und wie ein moosbegrünter Altar ihm führt der kürzlich angelegte „Holzweg“ aussieht? Wenige Meter vom unteren Stein vorbei. Was ist eigentlich das Besondere am entfernt, mitten im Bach, ist die Grenze von „Rauen Stein“? Eine Sage über ihn ist in vier Amteroth zu den Gemarkungen von Ober- Büchern aufgeschrieben.1 Wir entnehmen wambach und . Dieser Grenzbach der Sage, dass am „Rauen Stein“ ein vorge- heißt „Roschbach“. So steht es in älteren Kar- schichtlicher Opferplatz gewesen sein soll. ten. Und das Tal wird "Roschseifen" genannt. Als aber zum ersten Mal die Kirchenglocken Der Name „“ kommt im Westerwald von Oberwambach durch den Wald schall- häufig vor. Das sind Täler, wo in alten Zeiten ten, soll der große Stein mit Donnergetöse der Talboden mit Sieben ausgewaschen wurde zu Tal gestürzt sein. um Erzstücke zu finden. Goldwäscher wird

Der Raue Stein (Fotomontage)

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es hier wohl nicht gegeben haben, aber Vielleicht wurde ihr am unteren „Rauen Kupfer, Zink, Blei und Eisen waren seinerzeit Stein“ das Ross als Opfer dargebracht? Das sehr begehrte Metalle. Der Namensteil Fleisch wurde geröstet und anschließend von „Rosch“ hat mehrere Bedeutungen. Zum den Versammelten als „Opfermahl“ geges- einen kann es das „Rösten“ der Erze beinhal- sen. (Pferdefleisch war früher eine Delika- ten; damit war das Schmelzen dieser Erze tesse.) gemeint. Das Wässern des Flachsstrohs wurde aber ebenfalls „rösten“ genannt.

Der weiße Pferdekopf im Gielerother Wappen kann mit der Sage vom Rauen Stein verbun- den werden! Quelle in der Nähe des Rauen Steins Zum anderen kann „Rosch“ auch von Quelle auf dem Johannesberg – ca. 250 m „Ross“ kommen. Vielleicht wurden in die- vom Rauen Stein entfernt. An der sem Tal Rösser geweidet. Der Roschbach Quelle steht eine stattliche Stechpalme fließt bekanntlich in den Almersbach. Der (=Ilex =Hüllbüsch) könnte einst „Ahl-Märs-Bach“ geheißen haben.2 „Ahle Mären“ war ursprünglich der Klettert man die Felswand am „Rauen Stein“ Name für die „ehrwürdigen Stuten“. Die hinauf, dann erreicht man oben einen Berg- jungen Hengste, die man als Kampfpferde vorsprung. Der Berg wird in den neuen und heranzog, nannte man „Rösser“. Und nach alten Flurkarten „Johannesberg“ genannt.5 einer alten Sitte aus vorchristlicher Zeit Der Festtag für den Evangelisten Johannes wurde jedes Jahr ein (möglichst weißes) Ross wird am 27. Dezember gefeiert. Dieser Tag geopfert. Damit erbat man den „Segen des liegt in der Zeit der „Rau-Nächte“, damit ist Himmels“. Der Ortsname „Amteroth“ lässt die Zeit um „Weihnachten“ gemeint. Viel- darauf schließen, dass hier die keltische Göt- leicht kommt der Name „Rauer Stein“ tin „Ambeth“ verehrt wurde.3 Sie war für die daher, weil man sich hier besonders in den Quellen, den Regen, gute Ernten und das „Rau-Nächten“ versammelte? Möglicher- Gedeihen der Haustiere zuständig.4 weise wurde hier Gericht gehalten, denn der

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Name „Rau“ hat auch etwas mit „Rechtspre- „Raue Stein“ hatte einen direkten Pfad zu chung“ zu tun, wie das noch im Wort „Rau- einer hochgelegenen Quelle, etwa 250m ent- grafen“ überliefert ist.6 fernt. Der Berg mit dem „Rauen Stein“ und Als in alter Zeit die Menschen in unse- dieser Quelle sollte wohl einen christlichen ren Dörfern „richtige“ Christen werden soll- Namen erhalten; so gab man ihm den ten, wollte man sie von einem solchen Ort Namen „Johannesberg“. Ob man dabei an weglocken und erbaute, 550 m vom „Rauen den Evangelisten Johannes oder an Johannes Stein“ entfernt, eine Waldkapelle an einer den Täufer oder an beide dachte, ist nicht Quelle des Roschbaches.7 Auch der obere überliefert.

1 O.Runkel, Westerwaldsagen, Langensalza 1929, S. 96, 3 Das Wort „Amt“ soll ein keltisches Lehnwort sein, das noch „Land an Sieg und Wied“ Herausgegeben vom Landkreis im Mittelhochdeutschen „Ambet“ geschrieben wurde (siehe Altenkirchen 1966, S. 128 , „Wandertage“, Pädagogisches Duden Nr. 7, Etymologie). Zentrum (Hsg.), Band 9/83, Bad-Kreuznach 1983, S. 43 4 Inge Resch-Rauter, Unser Keltisches Erbe, Flurnamen, und in Karl Ramseger, Geschichte meiner Heimat – Das Sagen... Wien 1998, S. 260 ff. „Ambeth“ ist eine der „Drei Kirchspiel Almersbach. Chronik und Heimatblatt, Sonder- Matronen“, deren Bildnisse im Rheinland häufiger gefunden druck der Heimatbeilage der Altenkirchener Zeitung, wurden. Altenkirchen 1933, S. 12 5 Der Flurname „Johannesberg“ ist beschränkt auf die Amte- 2 Der Name Almerskopf für einen Berg bei Mehrenberg/ rother Gemarkung bis zum „Oberwambacher“ Weg. Ww. weist auf die Pferdehaltung hin. (Auf dem Almers- 6 Bericht über die „Raunächte“ in der Rhein-Zeitung v. kopf befindet sich eine keltische Wallanlage.) – Literatur: 28.12.2004: „Die 'Zwölfe' als Vorboten“. Riekhoff/Biel, Die Kelten in Deutschland, Theiss-Verlag 7 Hans-Gerd Seelbach, Die Waldkapelle von Oberwambach, Stuttgart 2001, S. 422 ff. im Heimatjahrbuch des Kreises Altenkirchen 1997, S. 109-111

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Aus der Geschichte der Poststation in Gieleroth

ie historische Poststation, der „Rein- nicht allzu viel gehört. Anlass genug, die Ge- Dhardshof“ mit seinen alten, sehr ge- schichte des „Reinhardshofes“ noch einmal pflegten Fachwerkgebäuden, prägt den zu erzählen. Ortseingang von Gieleroth. Wer auf der Aus einer Urkunde aus dem Jahr 1408, Bundesstraße 8 vorbeifährt, dem fällt dieser die im Kloster Marienstatt gefunden wurde, Gebäudekomplex auf, und er freut sich über kann geschlossen werden, dass es in Giele- dieses schöne Anwesen. roth mindestens zwei bedeutende Höfe ge- Viele der älteren Bürger haben ein Stück geben haben muss: einen Hof der „Junker der Geschichte dieses Hofes selbst miterlebt von Gieleroth“ und einen Hof, der 1408 und wissen sicher auch einiges über seine von Peter und Grete von Herpteroth über- Vergangenheit. Aber die jungen unter uns, nommen wurde. Dieser Hof wurde von und erst recht die neu zu uns gekommenen einem Koblenzer Gericht im Jahr 1438 als Mitbürger, haben darüber bestimmt noch zum Kloster Marienstatt gehörend beurteilt.

Der Reinhardshof 1990 mit einer Postkutsche (Fotomontage)

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Vieles spricht dafür, dass es sich dabei um den heutigen Reinhardshof handelte. Er stand als einziger Hof an der „Hohen Straße“, die zeit- weise direkt am Gebäude vorbeiging. Der Grundbesitz war umfangreich und lag und liegt noch heute in weitem Umkreis um das Gehöft. Er blieb auch, trotz der spä- teren Realteilung, ziemlich zusammen. Das große, geräumige Wohnhaus aus massivem Eichenfachwerk lässt auf ein ansehnliches Die Ausformung der Schnitzerei an Alter schließen. diesem „Erker“ spricht für eine Entstehung, Erster urkundlich gesicherter Eigentümer also einen Neubau, in der Renaissancezeit des Hofes war nach den Eintragungen im re- um 1600 formierten Kirchenbuch zu Altenkirchen ein Johann Gerhard Rhodius. Er wurde am 28. jener Zeit, in der die Poststrecke jenseits der April 1672 als Sohn des Bürgermeisters Hen- Wied über Hachenburg und Kroppach ricus Rhodius und seiner Frau Dorothea in Al- führte. tenkirchen geboren. In seiner Jugend diente er Aber es gab ca. 150 Jahre davor eine als Offizier (Landfähnrich) im saynischen Postlinie, die Kaiser Maximilian I. 1490 ein- Kreiskontingent. Nach seiner Heirat mit richtete, um seinem Sohn Philipp, der in Maria Pauline wohnte er in Gieleroth und am- Mechelen bei Brüssel residierte, schnelle tierte dort als Kaiserlicher Reichs-Posthalter. Nachrichten zukommen zu lassen. Kaiser Wann die Posthalterei in Gieleroth ein- Maximilian hielt sich anfangs überwiegend gerichtet wurde, ist nicht genau bekannt. In in Wien, später in Innsbruck auf. Die Post- einer Urkunde von 1641, werden auf der historiker, die dem Verlauf der historischen Poststrecke zwischen Köln und Limburg/ Postlinie zwischen Wien/Innsbruck und Lahn die Posthaltereien und Mechelen nachforschten, kamen zu dem Freilingen erwähnt und nicht Gieleroth. Schluss, dass diese anfangs über Gieleroth Wahrscheinlich stammen die Urkunden aus verlief.1 Der „Reinhardshof“, der zu jener Zeit

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④ ① ③ ② ⑤

1)Postweiher, 2) Poststation/„Reinhardshof“, 3) „Ströhlersch“, 4) Hohe Straße – heute B8, 5) Flurstück „Hinter Eichelhardsgarten“

höchstwahrscheinlich den Zisterziensern ge- Unterkunft. Der Posthalter von Gieleroth hörte, dürfte sich hervorragend als Pferde- hatte, gegen eine angemessene Gebühr, Rei- wechsel-Station geeignet haben. Maximilian sende und Briefe auch in die Orte abseits der beauftragte die Tiroler Familie „Tassis“, die Poststraße zu befördern. Da er neben der bald geadelt wurde und sich „Von Taxis“ nen- Posthalterei noch Gast- und Landwirtschaft nen durfte, mit der Errichtung eines länder- betrieb, kam er ohne fremde Hilfe nicht aus. übergreifenden Nachrichtensystems. Ihnen Er brauchte Postillione, Knechte und Mägde. gelang es, 1490 für Maximilian I. eine erste Die Frau des Posthalters musste daher einem echte Post zu organisieren, in Stafettenform großen Haushalt vorstehen. Johann Gerhard mit Reiter- und Pferdewechsel, wobei nur das Rhodius, der erste Kaiserliche Reichs-Posthal- „Felleisen“2 weitergereicht wurde. Im Jahr ter in Gieleroth, hatte fünf Kinder. Die älteste 1505 suchte der Kaiserliche Postmeister Franz Tochter Ursula Alexandrina heiratete 1715 von Taxis eine kürzere Strecke, die nicht mehr im Alter von 19 Jahren Andreas Conrad Alt- über Frankfurt und Köln führte. Nach einer geld, den Sohn des Pfarrers und Inspektors Urkunde aus dem Jahr 1506 überquerte die Hermann Altgeld in Dierdorf. Andreas neue Strecke den Rhein bei Speyer, führte Conrad Altgeld zog zu seiner Frau nach dann links des Rheins bis Breisig und verlief Gieleroth und übernahm nach der Heirat von hier durch die Eifel in Richtung Aachen die Posthalterei als Kaiserlicher Reichs-Post- und weiter nach Brüssel. Danach schweigen halter. Ihr dritter Sohn, Johann Ernst, blieb für ca. 200 Jahre die Urkunden über die Post- im Elternhaus und wurde noch zu Lebzei- halterei in Gieleroth. ten des Vaters Kaiserlicher Reichs-Posthal- Der Hof in Gieleroth war als Posthalterei ter. 1770 vermählte er sich mit Anna wie geschaffen. Er lag unmittelbar an der Gertraude, der Tochter des Ratsherrn Da- „Hohen Straße“, die seit alters her als Han- niel Seelen aus Altenkirchen. Bereits ein dels-, Pilger- und Heerstraße genutzt worden Jahr später, 1771, kündigte er die Posthalte- war. Sie kam aus Köln und führte über Lim- rei und betrieb nur noch die Gast- und burg/Lahn in den Frankfurt-Wiesbadener Landwirtschaft. Damit war nach knapp 100 Raum. In Gieleroth konnten Pferde und Jahren die Nutzung des Reinhardshofes als Wagen gestellt werden, und die Reisenden Poststation zu Ende. Die Posthalterei wurde fanden in der Gastwirtschaft Verpflegung und nach Wahlrod verlegt.

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Reinhardshof – Saalanbau

Innenhof mit Saaleingängen

Der Hof wurde bis 1960 an Söhne bzw. Töch- Kinder. Den Sohn Wilhelm, geb. 1868, und ter, und einmal an eine Nichte, weitervererbt. die Töchter Wilhelmina und Luise. Sohn Wil- Nur der Name änderte sich immer wieder. Auf helm blieb zu Hause in der Landwirtschaft, die Altgelts folgten die Eichelhards (1782- diente aktiv im Garderegiment Kaiserin 1845). Dann kam der Name „Wisser“ (1845- Augusta in Koblenz und heiratete 1894 Elise 1867). Die Tochter Marie-Karoline heiratete Erdnüß aus . Elise kam aus ähnlichen 1867 den Landwirt Heinrich Reinhard aus Verhältnissen (Gast- und Landwirtschaft) und Adorf-, und für mehrere Generationen war, wie man zuverlässig hörte, die geborene behielt der Hof den Namen Reinhard. Maria Wirtin. Aus dieser Ehe gingen die Kinder Karoline und Heinrich Reinhard hatten drei Heinrich und Minna hervor.

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Heinrich Reinhard, geboren im Jahr 1895, schrieben die Reinhards den Hof und die blieb als Landwirt daheim. Er nahm sowohl Gastwirtschaft als „Reinhardshof“ auf Ren- am Ersten als auch noch eine Zeit lang am tenbasis an die Familie Walter Wehler aus Zweiten Weltkrieg teil. Im Jahr 1923 heira- Gieleroth, die ihn heute noch bewirtschaftet. tete er Alma Ehrenstein aus . Erbe Die Gastwirtschaft „Zur Tränke“, mit einem wurde der 1926 geborene Sohn Wilhelm. Er angebauten Festsaal, wurde im Jahr 1990 auf- erlernte die Landwirtschaft, kam zur Wehr- gegeben. Damit war der kulturelle Mittel- macht und nach kurzer Ausbildung an die punkt des Ortes verschwunden. Der Ortsge- Ostfront. Von dort kehrte er nicht mehr zu- meinderat beschloss daher den Bau eines rück. Er blieb vermisst. Dorfgemeinschaftshauses auf einem Gemein- Die Eltern Heinrich und Alma Reinhard degrundstück auf der gegenüberliegenden betrieben die Gast- und Landwirtschaft bis Seite der Bundesstraße 8. Dieses wurde im ins hohe Alter. Ende der 1960er Jahre über- Jahr 1995 eingeweiht.

Saal des Reinhardshofes (Fotomontage)

1 Im Jahr 1990, also 500 Jahre nach der Einrichtung der verschlossen, mit Eisen ummantelt und dem Postreiter zur ersten Poststrecke zwischen Österreich und Belgien, sollte Beförderung übergeben. Am Bestimmungsort wurde es ge- die alte Poststrecke mit einer historischen Postkutsche be- öffnet und weiterverarbeitet. In einem alten Wanderlied fahren werden. heißt es: „Trägt's Felleisen auf dem Rücken, trägt es über 2 Ein Felleisen war bei der Post die Bezeichnung für das Be- tausend Brücken, bis er kommt nach Innsbruck rein...“ hältnis, in das die Briefschaften eingelegt wurden. Es wurde

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Postweiher in Gieleroth

er Postweiher in Gieleroth liegt unter- Es ist anzunehmen, dass 1490, als Gieleroth zu D halb des Neubaugebietes „In den einer Pferdewechsel-Station wurde, der Weiher Eichen“. Er wurde wahrscheinlich im Mittel- bereits existierte. Zu jedem größeren Hof alter von den Hofbesitzern der späteren gehörte selbstverständlich ein kleiner Weiher, Pferdewechselstation angelegt und zählt heute der der Pferdepflege diente. Man ritt mit dem zu den ältesten künstlichen Gewässern der verschwitzten Pferd in den Teich. Dort wurde Region. 1978 hatte der damalige Jagdpächter es eimerweise mit Wasser übergossen und Ewald Schnug bei der Kreisverwaltung den gebürstet. Wahrscheinlich führte ein befestig- Antrag eingereicht, man solle diesen Weiher ter Weg in den Weiher, der verhinderte, dass unter Schutz stellen. Erst acht Jahre später, also die Pferde im Schlamm versanken. 1986 erhielt der Postweiher den Titel: Der Weiher wird von einer Vielzahl von „Geschützter Landschaftsbestandteil“. Somit Quellen gespeist. Bei einigen „Quellen“ wur de er ein ausgewiesenes Natur- und Kul- könnte es sich auch um die Ausläufe von Drai- tur denkmal. nagen handeln. Ein Überlauf ermöglicht den

③ ④ ①

Gieleroth an der B8: 1) Postweiher, 2) „Reinhardshof“, 3) Friedhof, 4) Gielerother Höhe

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Der Gielerother Postweiher (Aufnahme von 1993) – einst für die Pferdepflege vom nahen Hofgut angelegt – ist seit 1986 ein „Kulturdenkmal“

Pflegearbeiten am Postweiher im Herbst 2005

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Abfluss des überschüssigen Wassers. Vor der abständen aus dem Weiher herauszuziehen. Installierung des Wasserleitungsnetzes wurde Der Weiher würde sonst verschlammen. Des- der Weiher u.a. als Feuerlöschteich genutzt. halb ist es hin und wieder notwendig, das Verschiedenste Tier- und Pflanzenarten Wasser gänzlich abzulassen und den Schlamm haben in diesem Biotop einen Lebensraum mit Hilfe eines Baggers bis zum Grund des gefunden. Um ein Verlanden des Gewässers Weihers zu beseitigen. Solche Eingriffe unter- zu verhindern, ist es notwendig, den nach- liegen der strengen Kontrolle der Landespfle- wachsenden Bewuchs in regelmäßigen Zeit- gebehörde und müssen genehmigt werden.

Entschlammen des Postweihers im Herbst 2005

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Die „Hohe Straße“

ie „Hohe Straße“ wird „Köln-Frankfur- über Emmerich, Duisburg, Düsseldorf, Köln, Dter-Straße“ oder einfach „Bundesstraße Frankfurt, Würzburg, Nürnberg, Regensburg 8“ oder kurz „B8“ genannt. Sie war eine bis Passau und nimmt in Österreich ihren wichtige europäische Verkehrsader. Im Nor- weiteren Weg. An dieser europäischen Straße den beginnt sie in den Niederlanden, führt liegt Gieleroth.

Der Schilderwald in Gieleroth weist auf die Bedeutung der B8 hin

Diese Landkarte zeigt wichtige Handelswege aus der Zeit um das Jahr 1500 1: Die „Köln-Frankfurter-Straße" zählte dazu

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Die „Hohe Straße“ verlief früher fast aus- oberhalb von Höchstenbach stieß man auf schließlich auf den Höhen der Bergrücken. die Streckenführung der heutigen „B8“. So wurde sumpfiges Gelände in den Tälern Die Straßenserpentine vor der Amtero- umgangen. Erst nach 1815 bauten die ther Semseg entstand ebenfalls erst nach Preußen die Köln-Frankfurter-Straße zu 1815. Vorher führte die Köln-Frankfurter- einer Heerstraße aus. Um die Strecke abzu- Straße ab Altenkirchen über die Koblenzer kürzen, wurden längere Strecken in die Straße, weil dort die einzige Wiedbrücke Täler verlegt, so z.B. die Strecke über Wahl- existierte. Danach fuhr man die „Bergstraße“ rod bis Höchstenbach. Früher reiste man hinauf bis zu der Höhe, wo heute der Bis- ab Gieleroth dort weiter, wo heute die marckturm steht. Der Weg von dort bis zur Straße nach Berod von der „B8“ abzweigt. Semseg heißt noch immer „dej aale Stroß“. Beim Beroder Sportplatz blieb man auf der Nicht alle Reisenden waren in Altenkirchen Höhe bis kurz vor Lautzert. Von dort aus willkommen. Sie wurden über Almersbach nutzte man den Bergrücken zwischen Berod umgeleitet, wo sie die Wied in einer Furt und Oberdreis. Beim Marceau-Denkmal durchquert hatten, und gelangten von dort

Verlauf der B 8 und „dej aale Stroß" in Gieleroth

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zur „alten Straße“. Eine Delle in der Flur zwischen der Semseg und der Gielerother Höhe ist der Rest eines Hohlweges, durch den „dej aale Stroß“ führte. Dieser Hohlweg wurde zwischen 1920 und 1935 weitgehend zugeschüttet. Zeitgleich hatten die Amtero- ther dort ihren Interessentenwald gerodet, um Ackerland zu gewinnen.2 Die „Bundesstraße 8“, die damals „Reichs- straße 8“ hieß, verlor ab 1939 ihre große Be- deutung, weil zwischen Köln und Frankfurt die Westerwald-Autobahn (heute A3) für den Kraftverkehr freigegeben worden war. Die „Hohe Straße“ ist uralt. In ihrer Umge- bung haben sehr alte und neue Kulturen ihre Spuren hinterlassen. So gilt als sicher, dass sich in der Nähe unseres Bürgerhauses ein größeres Hügelgrab befunden hat. Es soll keltischen Ursprungs gewesen sein. Doch die Nazis leugneten die keltische Vergangen- heit, weil die Kelten als Gallier die Vorfahren der seinerzeit verhassten Franzosen waren. So wurde das Grab 1934 eingeebnet. Preußischer Meilenstein an der Serpentine

Die Bodendelle der alten Straße ist noch deutlich zu erkennen

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Der Ortsname Gieleroth, der im Jahre 1408 „Geilnderode“ und „Gelenterode“4 und zeitweise „Gelenrodt“5 geschrieben wurde, könnte auf Gälenterode oder Gälenrodt = Keltenrode hinweisen. Die Endsilbe „rod“ muss nicht zwangsläufig von „roden“ kom- men. Sie kann mit dem angelsächsischen „road“ verwandt sein und könnte Straße oder Weg bedeuten. Dann hätte sich das Wort Gieleroth aus dem Wort „Kelten- straße/-weg“ entwickelt. Auch die Boden- denkmäler auf dem Herzberg deuten auf eine keltische Wallburg hin. Da in Mittel- europa seit 1500 v. Chr. nicht nur Streit- wagen, sondern auch vierrädrige Transport- fahrzeuge nachgewiesen werden konnten,6 müssen die keltischen Höhenwege schon Aus Richtung Frankfurt ist Gieleroth das Ein- richtige „Roads“ gewesen sein. gangstor zur Verbandsgemeinde Altenkirchen

Freier Blick über Postweiher und Neubaugebiet hinaus

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Auf der B8 hat man streckenweise einen Blick zum Siebengebirge

Zwischen der B8 und der Gielerother Waldstraße ist ein neues Baugebiet entstanden

Die „Gielerother Höhe“ an der B8 heute – Hier stand bis zum Jahr 1970 eine Tankstelle

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„Gielerother Höhe“ um das Jahr 1960

Diese Kurve an der Amterother Semseg ist sehr unfallträchtig

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1 F. W. Putzger, Hiltorischer Schulatlas, Bielefeld 1960, 79. Aufl., S. 74f. 2 Der Flurbezeichnung „Rottfeld“ lässt sich entnehmen, dass es sich um ein durch Roden entstandenes Feld handelt. Siehe dazu auch den Artikel „Die Waldinteressentenschaft Amteroth“ 3 M.Bitterauf-Remy, Die Kunstdenkmäler des Kreises Alten- kirchen, Düsseldorf 1935, S. 26. In der nahe gelegenen Gemarkung von Oberwambach wurde ein etwa 2500 Jahre alter Malstein, ein „Napoleonshut“ aus der Keltenzeit ge- funden. Dieser „Napoleonshut“ ist im Westerwaldmuseum in Hachenburg ausgestellt. 4 W.H.Struck, Das Cisterzienserkloster Marienstatt im Mittel- alter, Urkundenregesten..., Wiesbaden 1965, S. 280 5 Dieter Sommerfeld, Altenkirchen - Aus dem Tagebuch einer Stadt und ihrer Umgebung, Altenkirchen o.J. 6 Otto Schertler, Die Kelten und ihre Vorfahren, München 2004, S.122, S.125, S.146

LKW landete 1964 in Euteneuers Werkstatt

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Versteigerung zu Amteroth um das Jahr 1800 Die Versteigerung des „Gesamt-Inhalts“ eines Bauernhofes zu Amteroth um 1800

ie folgende volkskundliche hochinte- Versteigerung dürfte damals ein sensationel- D ressante Liste fand Karl Ramseger aus les Ereignis gewesen sein. Viele kamen viel- Oberwambach.1 – Auch wenn die Original- leicht nur, um dieses außergewöhnliche liste nicht mehr vorliegt, so sind die Ausfüh- Schauspiel zu verfolgen. rungen Ramsegers eine ganz seltene Ramseger weist darauf hin, dass die Käu- Möglichkeit, Einblicke in einen Haushalt fer überwiegend wohlhabende Leute gewe- um 1800 nehmen zu dürfen. Die Erben sen seien: Pastöre, geachtete Bürger aus der schienen nahezu alles zu Geld machen zu Stadt und reiche Bauern. Allerdings haben wollen, vielleicht um das Erbe besser auftei- diese reicheren Personen laut Ramseger viele len zu können. der Versteigerungsobjekte für sehr wenig Das vorrangig Interessante ist die nahezu Geld bekom men: „Die ‚geringen Leut' da- komplette Versteigerung, die am 17.12.1800 gegen überboten sich. Allenfalls ließ man der in Amteroth stattfand. Der damalige Schulz „Magd im Hause“, weil sie den Dingen „nah Schmidt versteigerte den gesamten Hausrat stand“, falls sie bot, „den Vorzug“. Dieses eines als wohlhabend einzustufenden Bau- Verhalten fußte sicherlich auf dem großen ernhofes. „Sämtliches Zeuch wird aufgesto- Respekt gegenüber dem Pastor oder dem chen“, so zitiert Ramseger, der sich darauf Lehrer. Man traute sich nicht, diese Res- bezieht, dass Hinweise auf die Versteigerung pektspersonen oder aber die reichen und an allen Kirchentüren angeschlagen gewesen mächtigen Bauern zu überbieten. So konn- wären. Besser konnte man damals nicht dar- ten auf der einen Seite Bibeln, Bücher und auf aufmerksam machen, das erfuhren alle. andere Dinge von Wert für relativ wenig Ramseger nennt anhand der Kauflisten auch Geld den Besitzer wechseln, während auf der die Orte, aus denen die Menschen kamen, anderen Seite, eher einfache Sachen teilweise um bei der Versteigerung etwas zu erstehen: wohl recht teuer erstanden wurden. Lautzert, Almersbach, Oberwambach, Gie- Noch eines fällt auf: Die Liste zeigt eine leroth, Herpteroth, Stürzelbach, Fluter- ziemlich große Bandbreite an Gerätschaften schen, Wahlrod, Michelbach, , und Kleidung auf. Darüber hinaus wurden Altenkirchen, Ingelbach, Rodenbach, Schö- jedoch auch Dinge versteigert, die heute neberg, Widderstein, Neitzert, , direkt auf dem Müll landen würden, wie Leuzbach, und Marienthal. Es etwa zwei Kisten mit Alteisen, zwei alte Sen- ist davon auszugehen, dass noch mehr Men- sen ohne Baum oder eine weiße Schnur. schen aus anderen umliegenden Orten Selbst die Bohnen im Garten oder die Asche kamen, die jedoch nichts erwarben. Diese im Backhaus, alte Fässer, Strohsäcke oder

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selbst die Möhren im Garten kamen unter Ein Tipp noch beim Betrachten der Liste: den Hammer. Deutlich wird dem Leser, dass Lesen Sie die nicht leicht zu lesende Auflis- allen Dingen eine Bedeutung zugemessen tung laut vor. Das hilft, denn die damalige wurde, die man heute nicht mehr kennt, Schreibweise war nicht immer korrekt und und es fanden sich Abnehmer auch dieser richtete sich häufig nach der Aussprache. Objekte. Auch die Sprache hat sich gewandelt!

Pöcks und Beckersch in Amteroth ca. 1960

1 Karl Ramseger-Mühle wurde 1900 in Fluterschen bei Emons-Verlag Köln). Von 1947-1952 war er als freier Altenkirchen geboren. Er arbeitete lange Zeit als Müller und Schriftsteller tätig und wurde Vorsitzender des Rheinischen Bauer. Seine schriftstellerischen Anfänge reichen in die Zeit Schriftstellerverbandes. Seit 1952 arbeitete er bei der franzö- 1919/20. Im Jahr 1932 schrieb er den historischen Roman sischen Besatzungsmacht und wechselte später zum Bundes- „Die Gräfin von Sayn“ (2004 neu aufgelegt und ergänzt im beschaffungsamt nach Koblenz. Er starb 1961.

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Steckbrief Nro. 1082 der Sicherheits-Polizei – Suche nach einer Amterother Weibsperson –

Die in meiner Bekanntmachung vom 14. August 1844, den in Nohbollenbach beim Krämer und Wirt Nikolaus Keller verübten Diebstahls betreffend, sind nunmehr drei Individuen zur Haft gebracht. Die zwei weiteren beschriebenen Weibspersonen sind noch nicht ausfindig gemacht worden:

Die erstere heißt Catharina Lang und ist zu Amterodt bei Altenkirchen geboren. Sie hat längere Zeit hindurch mit einem gewissen Schmidt, der jetzt verstorben ist, zusam- men gelebt, ohne mit ihm verheirathet gewesen zu seyn, und sich deshalb Ehefrau Schmidt genannt. Vor vier Jahren wurde sie zuletzt in ihrer Heimath gesehen, nach- dem sie eine zweijährige Strafe, wegen Diebstahls, verbüßt hatte. Im Februar 1843 wurde sie in Luxemburg, ebenfalls wegen Diebstahls, zu fünfjähriger Zwangsarbeit verurteilt, und im Mai letzten Jahres wurde sie von da, nachdem ihr die fernere Strafe auf dem Wege der Gnade erlassen war, über die diesseitige Grenze gebracht. Sie ist un- gefähr 48 Jahre alt, katholischer Religion, 4 Fuß 10 Zoll groß, hat rothe Haare, eine freie Stirne, rothe Augenbraunen, graue Augen mit entzündeten Rändern, eine kurze Nase, einen großen Mund, vollständige Zähne, ein breites Kinn, ein rundes, frisches Gesicht, ist mittlerer Gestalt, spricht deutsch und französisch und schnupft stark.

Die zweite ist die Tochter der Vorigen, heißt ebenfalls Catharina Lang und ist seit vier Jahren in Gesellschaft mit ihrer Mutter und eines zur Zeit noch unbekannten Mannes (wahrscheinlich eines gewissen Andreas Weisbach, angeblich Bäcker und zu Cöln geboren, welcher ebenfalls wegen Diebstahls in Luxemburg zu 10 Jahren Zwangs- arbeit verurteilt worden war, und im Mai letzten Jahres begnadigt und mit der Catharina Lang Mutter über die diesseitige Grenze gebracht wurde) aus ihrer Heimat spurlos verschwunden. Sie ist 25 - 30 Jahre alt, von kleiner Statur, ziemlich stark ge- baut, hat dunkle Haare, ein rundes, volles Gesicht und eine frische Gesichtsfarbe.

Beide sind städtisch gekleidet, tragen Ohrringe, die ältere eine Tüllhaube mit Bän- dern, die jüngere manchmal eine Sammethaube, manchmal einen Hut und die letz- tere wurde auch öfters bloskopf gesehen. Sie trieben sich in der letzten Zeit in Gesellschaft der Eingangs erwähnten oder anderer Personen, an der Nahe, auf dem Hundsrücken und an der Mosel umher, wo sie namentlich die Jahrmärkte und kleine Städte besuchten und sich auch mit Quacksalberei abgaben. Hin und wieder erzähl- ten sie, dass sie im Begriffe seyen, nach Amerika auszuwandern.

Saarbrücken, am 4. November 1845. Der Instructionsrichter, Karcher

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Bleichwiesen und Waschhäuser

n alten und neueren Katasterkarten fallen Noch heute erinnern sich ältere Einwohne- Isehr schmale Wiesengrundstücke an den rinnen und Einwohner daran, wie sie als Bachrändern auf, die als Bleichen genutzt Kinder an sonnigen Tagen die Wäsche mehr- wurden. Im Talbereich in Amteroth zwi- mals mit der Gießkanne übergießen muss- schen Hauptstraße und Börnchenweg ge- ten. Das Wasser zum Besprengen schöpften hörte z.B. zu jedem Haus eine Bleichwiese. sie aus dem Almersbach.

Demonstration an der Bleichwiese in Amteroth am Almersbach (Fotomontage)

Mähaktion auf den ehemaligen Bleichwiesen

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Die schmalen Parzellen der Bleichwiesen wur- einem Gartenhaus bei Alfred Schneider auf- den seit ca. 1970 nicht mehr genutzt. Sie ver- gestellt wurden, errichteten in Herpteroth krauteten immer stärker. Wenige Pflanzen- 22 Interessenten 1955 ein Waschhaus. Ein- arten dominierten: Mädesüß, Brennnesseln malig musste jede Familie 300 DM bezah- und Disteln. Nur auf einer einzigen Parzelle len, um die Gemeinschaftswaschanlage hielt sich noch eine längere Zeit eine bunte nutzen zu können. Gustav Jüngerich über- Pflanzenvielfalt, weil die Wiese lange Zeit ein- nahm die Einteilung fürs Waschen – alle mal im Jahr gemäht wurde. In Herpteroth ist zwei Wochen war jede Familie an der Reihe. die Bezeichnung „Im Bleichort“ ein fester Be- Was jeweils an Strom und Wasser verbraucht griff und ein Hinweis auf eine Wäschebleiche. wurde, rechnete er aus und kassierte den Be- Während in Amteroth genossenschaft- trag. Noch heute steht das alte Waschhaus, lich eine Waschmaschine und Wäsche- jetzt im Besitz von Familie Karl Willi schleuder gekauft worden waren, die in Schneider, am Weiher von Walter Kölbach.

Altes Herpterother Waschhaus „Im Bleichort“

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Wassermühle in Amteroth

n Amteroth soll einst eine Wassermühle (mehr?) eingetragen, und ältere Flurkarten Igestanden haben. Gespeist wurde sie aus sind leider nicht bekannt. dem Wasser des Weihers auf der gleich- Auf der Karte von 1830 verlässt der namigen Weiherwiese. Arthur Augst hat als Bach etwa dort, wo sich heute der „Fleder- Kind von seinem Großvater viel über diese mausstollen“ befindet, den nördlichen Mühle erfahren, denn sie befand sich am Berghang und schlängelt sich bis zum süd- Rand des Familiengrundstückes. Funda- lichen Hang unterhalb der Anwesen auf der mente, auf die man bei späteren Bauarbei- anderen Seite der Bornwiese durch das Tal. ten stieß, wurden jener Mühle zugeordnet. Dort nahm er das Wasser des Borns auf. Die weiter vorn im Buch abgedruckte Flur- Dass sich der Bach unterhalb des Grund- karte von Amteroth aus dem Jahr 1830 stückes der Familie Augst so sehr windet, zeigt, dass das Grundstück der Familie ist möglicherweise damit zu erklären, dass Augst damals noch nicht bebaut war. mit der Anlage des Stollens der Mühlen- Zwischen Fahrweg und Berghang floss der graben verlegt worden ist. Was vermutlich Almersbach als Mühlengraben. Ein Müh- dort gemahlen wurde, auch das weiß heute lengebäude ist aber auf dieser Karte nicht keiner mehr.

Hier stand wahrscheinlich die Amterother Wassermühle

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Links: Alte Karte mit rekonstruiertem Verlauf des Mühlengrabens

Unten: Der Weg mit der Brücke in der Bildmitte könnte über den ehemaligen Damm des Mühlenweihers geführt haben. Die heutige Straße liegt tiefer. Beim Verbreitern des Weges wurde der Damm abgesenkt.

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Hohlwege in Herpteroth

m ehemaligen Weg nach Lautzert befand sich wahrscheinlich ein Weiher.1 Das A befindet sich in Herpteroth ein gut Gebück hielt nicht nur unliebsame Ein- erhaltener Hohlweg, an dessen Anfang eine dringlinge fern, sondern verhinderte zu- knorrige Eiche steht. gleich die Flucht der Haustiere. Der Herpterother Hohlweg gehört zu Die Menschen mussten ihre Hohlwege den schönsten Hohlwegen, die es noch um pflegen. Spätestens alle 20 Jahre wurden Altenkirchen herum gibt. Viele sind gut er- Bäume und Sträucher geschnitten. (Das Ast- halten und schützenswert, aber ihre Fahr- werk diente als „Schanzenholz“ im „Backes“.) bahnen wurden asphaltiert, so auch der Aus den Wurzeln schlugen neue Stöcke aus. zweite Herpterother Hohlweg in Richtung Durch solche Verjüngungen fiel Licht in die Gieleroth, der heute einen Teil der Kreis- Hohlwegsböschungen, und es gab eine große straße bildet. Hohlwege waren die einzigen Pflanzenvielfalt, die die Böschungen gleich- Durchlässe im „Gebück“ (undurchdringli- zeitig befestigten. Seit einigen Jahren führen che, geflochtene Dornenhecke), die das Dorf die Herpterother Bürger wieder Pflegemaß- umgab. Ein Halb-Hohlweg in der Verlänge- namen im Hohlweg durch – zuletzt im Ja- rung der Wiesenstraße in Richtung Amte- nuar 2005. – Hohlwege gibt es in fast allen roth bot einen dritten Durchlass. Auf der umliegenden Dörfern oder können zumin- anderen Seite des Halbhohlweghanges dest durch alte Karten nachgewiesen werden.

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Der Hohlweg aus Richtung Gieleroth wurde zur Kreisstraße

1 Eine Analogie dazu befindet sich in Hilgenroth. Auch am Richtung Gieleroth, der auf der böschungslosen Seite Dorfrand von Amteroth gab es einen Halbhohlweg aus durch einen Weiher (in der “Weiherwiese”) geschützt war.

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Der Herpterother Hohlweg aus Richtung Beroder Höhe 2007

Ritt durch den Hohlweg 1993

Die Verlängerung der Wiesenstraße als Halb-Hohlweg. Die dem Hang gegenüberliegende Seite war durch einen Weiher geschützt

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Pflegemaßnahmen im Hohlweg Februar 1994

Pflegemaßnahmen im Hohlweg 1997

Pflegemaßnahme im Hohlweg im Januar 2005

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Unsere drei Dörfer im Blickfeld der Kommunalen Selbstverwaltung

Preußenzeit Preußen. Bis auch unsere Gemeinde selbstbe- Amteroth, Gieleroth, Herpteroth liegen im wusst ihre Möglichkeit auf Kommunale Selbst- Grenzgebiet des ehemaligen Königreichs verwaltung in Anspruch nahm, die ihr das Preußen und des Herzogtums Nassau. Noch Recht auf Bestand sowie zur eigenverantwort- heute finden sich an einigen Stellen, z.B. im lichen Wahrnehmung aller Angelegenheiten/ Wald zwischen Herpteroth und Berod – Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft im Rah- unterhalb des Sportplatzes – sowie zwischen men der bestehenden Gesetze1 gibt, vergingen Gieleroth und Borod – in der Nähe der soge- noch Jahrzehnte. nannten Harzburg – die Grenzsteine aus Weitere Reformen in Preußen veränder- damaliger Zeit. Auf der unserer Gemeinde ten das Leben des Einzelnen in der Gesell- zugewandten Seite tragen sie die Inschrift schaft grundlegend. So wurde beispielsweise „KP“ für Königreich Preußen und auf der die Berufsfreiheit eingeführt, und die allge- abgewandten die Inschrift „HN“ für Herzog- meine Schulpflicht, die seit 1717 eher formal tum Nassau. bestand, wurde bis zur Jahrhundertmitte Erst seit Anfang des 19. Jahrhunderts, größtenteils durchgesetzt. dank der Stein'schen Reformen, war Landbe- In Amteroth, Gieleroth und Herpteroth sitz nicht mehr nur Adligen vorbehalten. befassten sich die Gemeinderäte Ende der Endlich war es Bauern gestattet, sich von den vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts mit der drückenden Abgaben und Frondiensten an Bildung eines Schulverbandes und eines den Grundeigentümer freizukaufen. Die Schulbaus. In seiner Sitzung vom 24. No- meisten Kleinbauern konnten jedoch die vember 1849 hatte der Gemeinderat von hohen Entschädigungssummen nicht auf- Herpteroth aber erhebliche Bedenken, bringen, ohne sich stark zu verschulden. Es „...dass aus Gemeindemitteln jährlich immer blieb ihnen nur die Möglichkeit, als Landar- für den Lehrer eine Besoldung von zweiund- beiter ihr Brot zu verdienen. siebenzig Talern in bar verabfolgt werden Das erklärt sicherlich die Demutshaltung kann...“. Weiter bedachte man, „...dass die der Menschen, erkennbar im Sitzungsproto- Mittel für den Schulbau für den zu bilden- koll der Gemeinde Herpteroth vom 03. April den Schulverband von Gieleroth, Amteroth 1847. Ihre Bitte um geringe Verdienstmög- und Herpteroth bei weitem nicht ausrei- lichkeiten unterschrieben die Ratsmitglieder chen...“. Einen Schulhausbaufonds hatte mit „...die gehorsamsten Diener und Unterta- man bereits gegründet. nen...“. Diese „Untertänigkeit“ wurde nun Die Kommunale Selbstverwaltung entwi- nicht mehr einem adligen Grundherrn ge- ckelte sich nur mäßig. Insbesondere in den schuldet, dafür aber jetzt dem Königreich Landgemeinden blieb sie weit hinter der der

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Städte zurück, eine Folge des preußischen gung, einen „Gemeinde-Beerdigungsplatz“ Dreiklassenwahlrechts, das nur einer Minder- anlegen zu dürfen, und zwei Jahre später, im heit Bürger- und Wahlrechte einräumte. Januar 1895, wurden 45 Mark für die Beerdi- Welche Aufgaben packten die Gemeinde- gung von Jakob Burbach auf dem neu ange- räte und Vorsteher, wie damals die Bürger- legten Friedhof zu Herpteroth bewilligt. meister genannt wurden, Ende des 19. und zu Gieleroth erhielt im Jahr 1903 und Amteroth Beginn des 20. Jahrhunderts an? im Jahr 1920 einen Gemeindefriedhof. Eine wichtige sahen sie im Schulwesen. Am Beim Gemeindevorsteher Kehl aus Herp- 10. September 1859 beschloss der Gemeinde- teroth gingen häufig Klagen über das Stehlen rat von Herpteroth unter dem damaligen Vor- von Wald-, Garten- und Baumfrüchten ein. steher Mand, „…das zum Bau des neuen Deshalb wurde am 12. August 1847 ein Schulhauses doch fehlende Kapital a 240 Taler Feldhüter gewählt. Weitere Männer wurden bei der Rheinischen-Provinzial-Hülfskasse an- verpflichtet und ihm zur Seite gestellt: zuleihen“. In den folgenden Haushaltsjahren Nachtwächter und Waldwärter. Welche Vor- wurden rd. 23 Taler pro Jahr getilgt. aussetzungen sie zu erfüllen hatten, verrät uns Auch der Wegebau wurde in Angriff ge- das Protokollbuch. Als 1847 der bisherige nommen. Erforderlich waren Verbindungen Herpterother Waldwärter Anton Mand seinen von Herpteroth aus nach Oberwambach und Dienst kündigte, wählte der Rat zum Nach- Gieleroth. Die Beschlussfassung vom 15. Ja- folger Johannes Adam Müller, da er „...ein an- nuar 1848 lautete: „...dass im kommenden erkannt moralisch guter und tüchtiger Mann, Frühjahr, sobald es die Witterung zulässt, eine des Schreibens kundig sei sowie auch die al- Strecke auf dem Wege von Herpteroth auf lenfalls notwendigen Kenntnisse dieses Dien- Oberwambach von 30 Ruten (eine Rute = ca. stes wohl besitzen dürfte“. 4,60 Meter) ordnungsmäßig mit einem Der Rahmen der Kommunalen Selbstver- Grundbett von gutem Stein gebaut werde“. waltung blieb noch lange Zeit recht klein. Das Gleiches enthielt die Niederschrift vom 1. Mai Protokollbuch der Gemeinde Herpteroth hat 1855 für die Wegstrecke „auf“ Gieleroth. von 1914 bis 1918, außer den Angaben zum Damals wie heute befasste sich der Ge- Haushaltsplan, so gut wie nichts zu bieten. meinderat selbstverständlich mit den Gemein- Das ändert sich nach dem Ende des Kaiserrei- definanzen und beschloss alljährlich den ches 1918, leider jedoch nur für eine kurze Haushaltsplan, der in Herpteroth für die Jahre Zeit. 1894/1895 in Einnahme und Ausgabe auf 1.730 Mark festgesetzt wurde (zum Vergleich Weimarer Zeit das Haushaltsjahr 2006 der Gemeinde Giele- roth: Einnahme und Ausgabe in Höhe von Mit Beginn der Weimarer Republik, 1918 bis 456.000 Euro). 1933, wurde den Gemeinden in Artikel 127 Die drei Dörfer unserer Gemeinde hatten der Weimarer Reichsverfassung ein Selbstver- nicht von Anfang an ihre eigenen Friedhöfe. waltungsrecht verfassungsrechtlich zugestan- Die Verstorbenen wurden auf dem Friedhof den. Diese vom Staat den Gemeinden gege- in Almersbach beerdigt. Für die Träger bedeu- bene Garantie war der Vorläufer des heutigen tete dies eine enorme körperliche Belastung. Wortlauts zur Selbstverwaltungsautonomie im Am 3. März des Jahres 1893 bat daher der Grundgesetz und in der Landesverfassung Herpterother Gemeinderat um Genehmi- Rheinland-Pfalz.

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In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg markung Herpteroth, Flur 5, Parzellen-Nr.: veränderten sich unsere Dörfer gewaltig, vor 104 und 105 unter diversen Bedingungen allem baulich. Den Aufzeichnungen im Pro- ein Wohnhaus errichten zu dürfen. tokollbuch der bis zum Jahr 1939 noch Die rege Bautätigkeit Anfang der 20er selbstständigen Gemeinde Herpteroth ist zu Jahre ist auch andernorts noch heute gut zu entnehmen, dass sich der Gemeinderat in erkennen. Ganze Straßenzüge mit gut erhal- den Jahren der Weimarer Zeit häufig mit tenen Wohnhäusern aus jener Zeit sind in voranschreitender Bautätigkeit, insbeson- vielen Gemeinden unseres Landkreises sowie dere dem Neubau von Wohnhäusern, zu be- in der Kreisstadt Altenkirchen zu finden. schäftigen hatte. So wurde am 3. Februar Große Bedeutung hatten damals auch 1922 zu einem Neubauvorhaben des Karl die Waldinteressentenschaften. Ein jeder Eig- Müller II an einem öffentlichen Fußweg ner hatte einen oder mehrere ideelle Anteile Stellung genommen. Die Genehmigung am gesamten Waldbestand. In Amteroth wurde unter der Bedingung ausgesprochen, (mit 52 ha) und Gieleroth (mit 29 ha) ist „... dass er den Weg instand zu halten habe“. diese Art von Waldbesitz bzw. Waldeigen- August Räder erhielt am 5. Juni 1922 die tum bis in die Gegenwart erhalten geblie- Genehmigung, auf dem Grundstück Ge- ben. In Herpteroth jedoch verschwand die

Gielerother roden 1934 einen Teil ihres Interessentenwaldes. Von links: Karoline Henn, geb. Ströder; Friedrich Schmuck; Luise Schmuck, geb. Koch; Walter ?, aus , Landarbeiter bei Groß; Luise Wehler, geb. Nöllgen; Walter Weller; Lieschen Wehler, geb. Meyer; Wilhelm Wehler; Julius Nöllgen; Heinrich Hoben; Heinrich Groß; Robert ?, Landarbeiter; Alfred Weller

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Interessentenschaft Zug um Zug mit den 1935 beseitigte die Deutsche Gemeindeord- Baumbeständen. Die älteren Mitbürger und nung die Kommunale Selbstverwaltung Mitbürgerinnen werden sich noch erinnern: völlig. Ein Beauftragter der NSDAP erhielt Die Gemarkung „Im Breitchen“, südlich das Vorschlagsrecht bei der Besetzung des von Herpteroth in Richtung Lautzert, war Bürgermeisteramts, und auch die Gemeinde- eine mit Kiefern bewaldete Fläche. Wer die räte wurden nicht mehr gewählt, sondern Kreisstraße 32 von Herpteroth nach Giele- vom Beauftragten der NSDAP berufen. roth beging oder befuhr (die Rust, wie Ein- Am 30. März 1933 wurde auch in unse- heimische dieses Teilstück der Kreisstraße rem Dorf ein letztes Mal nach demokrati- nennen) fand sich ebenfalls inmitten einer schen Grundsätzen gewählt: Wiederwahl des Waldung wieder (der Name stammt von der Gemeindevorstehers Wilhelm Jüngerich II Gemarkungsbezeichnung „In den Rustern“, und Verpflichtung der neuen Gemeindever- Rüster oder Rust = Ulme). Zu diesem Thema tretung von Herpteroth (Gemeinderat). beschloss der Gemeinderat von Herpteroth Schon ein Jahr später am 26. März 1934 ver- am 14. März 1927 „…eine von den Wald- zeichnete das Protokollbuch, dass „…die Zahl berechtigten von Herpteroth der Gemeinde der Gemeinderatsmitglieder auf 6 festgelegt angebotene Parzelle in Gemeindeeigentum wird und in diese Zahl einer der obersten zu übernehmen“. Leiter der NSDAP eingeschlossen ist“. Was Ja, manche Westerwaldgemeinde ver- das für die Eigenständigkeit der Gemeinden fügte über riesige Waldflächen. Warum also bedeutete, lässt sich unschwer erahnen. Der nicht durch Holzverkäufe den Haushalt sa- Reichsadler mit Hakenkreuz zierte damals die nieren und sonst nicht bezahlbare Vorhaben Siegel aller Gemeinden. Unübersehbar im realisieren? Nachhaltige Beschlüsse waren Protokollbuch das Gemeindesiegel von Herp- noch nicht im Bewusstsein! teroth. Gemeindebürgermeister Wilhelm Jüngerich bekräftigte damit seinen Beitritts- Drittes Reich beschluss zum Bullenhaltungsverband vom 14. Juli 1937. 1933 begann der zeitweilige Untergang jeg- Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrie- licher Selbstständigkeit der deutschen Städte ges gaben Amteroth, Gieleroth und Herpte- und Gemeinden. Erst schalteten die Natio- roth ihre Eigenständigkeit auf. Bereits Mitte nalsozialisten das Gemeindeleben gleich, und des 19. Jahrhunderts hatte das Preußische

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Königreich per Gesetz den Gemeinden die neut aufgegriffen, diesmal mit anderem Möglichkeit eingeräumt, sich mit einer Ausgang. Am 23. März 1938 gab der benachbarten Gemeinde zu vereinigen. Die Gemeinderat von Herpteroth sein Einver- Gemeindevertretung von Herpteroth ent- ständnis zur Vereinigung mit den Gemein- schied sich damals in der Sitzung am 3. den Amteroth und Gieleroth. Diese und Juni 1850 für die Beibehaltung der Eigen- eine Vielzahl weiterer kommunaler Zu- ständigkeit, weil „…Herpteroth genug sammenschlüsse in unserer Region wurden Gemeindewähler hat, um einen Gemeinde- durch Anordnung des Oberpräsidenten der rat zu bilden“. 90 Jahre später wurde das Preußischen Regierung zu Koblenz rechts- Thema „Gemeindezusammenschluss“ er- wirksam.

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Die letzten Vorsteher der eigenständigen • in Gieleroth Christian Hoben vom Gemeinden waren: 14. Juli 1924 bis 31. Dezember 1938 • in Amteroth Emil Hommer von 1929 bis • in Herpteroth Wilhelm Jüngerich II vom 31. Dezember 1938 24. Juni 1924 bis 31. Dezember 1938

Emil Hommer Christian Hoben Wilhelm Jüngerich

In der Zeit von 1846 bis 1938 bekleideten in festgehalten werden können, so sollen doch den drei Gemeinden insgesamt 22 Männer wenigstens ihre Namen die Erinnerung wach das Ehrenamt des Ortsvorstehers. Wenn sie halten. auch nicht wie die drei letzten mit Bild hier

Ortsvorsteher in der Gemeinde

Amteroth Gieleroth Herpteroth

1846-1847 Jakob Weßler 1846-1857 Schmidt 1847-1848 Kehl 1847-1851 H. Hüllbüsch 1857-1864 Peter Mand 1848-1871 Fr. Mand 1851-1866 Wehler 1864-1876 Heinrich Schmidt 1871-1888 Chr. Ratscher 1866-1893 Hermann Hausmann 1876-1888 Anton Wisser 1888-1901 H. Dreser 1893-1906 Peter Lichtenthäler 1888-1894 Heinrich Reinhard 1901-1907 H. Kehl 1906-1916 Fr. Flemmer 1894-1924 Karl Seiler 1907-1924 P. Fuchs 1916-1929 H. Hüllbüsch

nach Karl Ramseger, Oberwambach, in „Geschichte meiner Heimat“, veröffentlicht in „Chronik und Heimatblatt“, Beilage zur Altenkirchener Zeitung

Die erste Sitzung des Gemeinderats der Jungbluth geleitet. Bis 1945 kam der neuen Gemeinde Gieleroth am 24. Juli Gemeinderat aber nur achtmal zusammen, 1939 wurde von Bürgermeister Wilhelm um über den Haushalt einschließlich der

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Steuerhebesätze und einige Grundstücksan- Nachkriegszeit bis heute gelegenheiten zu beraten. Das Betätigungs- feld der Gemeindevertreter war stark Am 3. Januar 1946 bestimmte der Kom- geschrumpft, und mit Beginn des Zweiten mandant der Militärregierung in Kirchen Weltkrieges trat der Gemeinderat in keiner die zu den Gemeinderatskomitees vorge- Sitzung mehr vollständig zusammen. Wegen schlagenen Mitglieder, die in der Sitzung Einberufung zur Wehrmacht fehlten die vom 6. März 1946 in Gieleroth in ihr Amt Ratsmitglieder: Robert Euteneuer, Wilhelm eingeführt wurden. Die dem Krieg folgen- Hommer, Emil Jüngerich, Albert Vohl und den Jahre waren Jahre des Wiederaufbaus Heinrich Reinhard. und der Neuschaffung einer Infrastruktur. Zunächst aber galt es, sich von den Zwän- gen der Besatzungsmächte zu befreien. Am 11. April 1948 beschloss der Gemeinderat Gieleroth unter Vorsitz von Bürgermeister Friedrich Schmuck, „Antrag auf Aufhebung der Kontrollmaßnahmen über das Gemein- devermögen bei der Militärregierung“ zu stellen. Dem Antrag wurde durch Anord- nung der Militärregierung entsprochen. In der Instandsetzung des alten Schul- gebäudes in Gieleroth sahen die Gemeinde- vertreter ihre erste Aufgabe. Aber massive

Ratsmitglied Emil Jüngerich 1940

Abschied von den Soldaten in Amteroth Schachtarbeiten für die neue Schule 1956

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Der Gemeinderat Gieleroth verabschiedete im Jahre 1955 eine „Ortssatzung über die Leistung von Handdiensten zum Bau und zur Unterhaltung der öffentlichen Feld- wege“. § 7 dieser Satzung regelte, dass „...die Gesamtheit der Gemeindedienste für einen Pflichtigen jährlich 100 Arbeitsstunden nicht übersteigen soll“. Was wohl die Ge- meindebürger heute, 50 Jahre später, zu sol- chen Verpflichtungen sagen würden? Neue und alte Schule (LMZ 1967), In den 60er Jahren befasste sich der Ge- im Bild unten rechts: Spritzenhaus meinderat Gieleroth u.a. mit dem Neubau der Gemeindewasserleitung. Finanzierungs- und Genehmigungsprobleme waren zu lösen. So dauerte es fast zehn Jahre, bis schließlich am 10. Dezember 1957 sogar eine neue zweiklassige Schule in Gieleroth eingeweiht werden konnte. Der Wegebau spielte in der Nachkriegs- zeit ebenfalls eine wichtige Rolle. Interessan- terweise bediente man sich beim Neu- und Wiederaufbau in der doch nun demokrati- schen Bundesrepublik nicht nur freiwilliger Helfer. In allen Dörfern erbrachten die Bür- Wasserleitungsbau am Amterother ger sogenannte Hand- und Spanndienste. Dorfplatz 1963

Straßenbau in Amteroth 1963

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Der Beschluss vom 17. Juni 1959 beinhaltete mens. Einwohner und Bürger sind heutzutage die Grundsatzentscheidung zum Bau der nicht mehr in der Lage und/oder nicht Wil- neuen Wasserleitung. Per Satzung wurde ein lens, ihre Freizeit ohne Entgelt für die Ge- Anschluss- und Benutzungszwang sowie die meinde zu „opfern“. Natürlich gibt es Zahlung einer einmaligen Anschlussgebühr Ausnahmen! Die jährliche Flurreinigung, das von 500 DM festgelegt. Fegen des Gemeindefriedhofes nach dem Vieles ist heute noch aktuell, was in den Kehrbuch, das Mähen der gemeindlichen Protokollbüchern aus der Zeit nach dem Streuobstwiesen und der Rückschnitt der Zweiten Weltkrieg nachzulesen ist: wie Haus- Obstbäume sind gute Beispiele für heute noch halt, Unterhaltung der öffentlichen Einrich- funktionierende „Bürgerdienste“. Es darf aber tungen, Wegebau etc. Einiges jedoch ist für nicht verkannt werden, dass immer mehr aus- heutige Verhältnisse selbstverständlich und ufernde Rechtsvorschriften, beispielsweise in nicht mehr diskutabel. So entschieden sich punkto „Sicherheit“, das Wirken der Bürger- beispielsweise die Ratsmitglieder am 26. März schaft für ihr Dorf einschränken. Wer haftet 1965 auf Bitten der Waldinteressentenschaft zum Beispiel, wenn sich jemand beim Mähen Gieleroth zum Beitritt „...zur Amtsmüllab- einer Gemeindefläche in den Fuß schneidet? fuhr, da die Wälder zunehmend durch Abfälle Eine solche Frage war früher eher zweitrangig. beschmutzt werden...“. Die heutige Wegwerf- Schaut man auf die letzten 40 Jahre zu- gesellschaft ohne eine gut funktionierende Ab- rück, zeichnet sich die Gemeinde Gieleroth fallentsorgung – undenkbar! durch ihre Aktivitäten aus. Buswartehallen Überall wurde gebaut, auch in Gieleroth, wurden gebaut, Feldwege geteert, Ortsstraßen und mit der Aufstellung des Bebauungsplanes verbreitert und die Straßenbeleuchtungsan- „Ober der Postheck“ am 12. Februar 1969 lage stetig erweitert, um nur einige Beispiele signa lisierte die Gemeinde ihre Bereitwilligkeit zu nennen. zur Förderung dieser Bautätigkeit. Der erste Die Protokollbücher der Jahre 1970 bis Gielerother Bebauungsplan stand am Anfang heute unterscheiden sich strukturell nur un- einer baulichen Entwicklung mit konkreten wesentlich. Ein besonderes Aushängeschild bauplanungsrechtlichen Vorgaben für private unserer Gemeinde ist natürlich das Bürger- Bauvorhaben. Diese Form der Bebauung haus am Verbindungsweg in Richtung Ingel- kannte man bislang in Gieleroth noch nicht. bach, über dessen Errichtung der Rat zu Kommunale Selbstverwaltung oder anders entscheiden hatte. Anfang der 90er Jahre ge- ausgedrückt, eigenverantwortliche Aufgaben- plant, gab es auch hier nicht nur Befürworter. erledigung der Gemeinden, ist heute stets im Die überaus rege Nutzung der Einrichtung ist Kontext mit der Finanzausstattung der Kom- eine überzeugende Bestätigung der Richtig- mune zu sehen. Beteiligten sich noch bis in keit der damals getroffenen Entscheidung. die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Dass solch ein Komplex trotzdem ein Kosten- in allen Dörfern viele Einwohner tatkräftig faktor ist und bleibt, kann aber nicht bezwei- und unentgeltlich an den Gemeinschaftsauf- felt werden. gaben, brauchten die Gemeinden in den fol- Die kleine Version des Bürgerhauses ist in genden Jahrzehnten bis heute mehr und mehr Herpteroth zu finden. Das Brunnenhaus mit Finanzkraft. Was früher mit wenig Geld in Ei- Fachwerkfassade verschönert den Ortskern, genregie geschaffen wurde, bedarf heute eines und die Dreschhalle in Amteroth leistet dort immer größer werdenden Haushaltsvolu- ebenfalls gute Dienste.

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Resümee lung einer bürgerfreundlichen und konkur- renzfähigen Infrastruktur. Im Rahmen der Kommunale Selbstverwaltung bedeutete zurzeit stark diskutierten Föderalismus-, damals und heute das Recht der Gemein- Verwaltungs- und Gebietsreform geraten den, sich eigenverantwortlich den örtlichen auch die Gemeinden und die Verbandsge- Bedürfnissen zu stellen. Nicht immer war meinden auf den Prüfstand. Was diese Re- und ist dies leicht. Die Aufgabenstellungen form auch nach sich ziehen mag, eines ist haben sich in Jahrhunderten natürlich sicher: Es wird immer eine bürgernahe, grundlegend geändert. Früher ging es zu- unterste Ebene zur Erledigung regionaler meist um existenzielle Grundbedürfnisse Aufgaben geben müssen – alles andere wäre der Dorfbewohner. Im Laufe der Zeit be- fatal. Die Kommunale Selbstverwaltung fassten sich die Gemeinden mehr und mehr muss auf einer für die Menschen erreichba- mit dem Aufbau und der Weiterentwick- ren Stufe erhalten bleiben!

Die Ortsbürgermeister der seit 1. Januar 1939 bestehenden Gemeinde Gieleroth waren:

Vom 1. Januar 1939 bis 1945/1946 Wilhelm Jungbluth (Es fand zwischen dem 15. Februar 1944 und 6. März 1946 keine Sitzung statt; daher ist das genaue Ende der Amtszeit nicht zu ermitteln). Vom 6. März 1946 bis Dezember 1952 Friedrich Schmuck Vom 8. Januar 1953 bis Juli 1972 Emil Flemmer Vom 2. November 1972 bis November 1994 Friedhelm Lindlein Vom 22. Februar 1995 bis heute Bernd Rüdiger Neeb

1 Art.28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 49 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 LV RP, § 2 Abs. 1 GemO RP

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Ausführlichere Angaben zur Wasserversorgung

ie erste Wasserleitung in der Ge- bandsgemeindewerke Altenkirchen ging die Dmeinde Herpteroth wurde in der Aufgabe der Wasservorsorgung und der Ab- Amtszeit (1871 bis 1888) von Ortsvorsteher wasserbeseitigung 1975 auf die Verbands- Chr. Ratscher erbaut. gemeindewerke Altenkirchen über. Diese Zur Versorgung des sog. Gielerother übernahmen danach alle bestehenden Was- Unterdorfs wurden im Laufe der Jahre zwei ser- und Abwasserleitungen in ihr Eigentum. private Interessentenleitungen verlegt. Die Ohne weitere Details darzulegen, darf Häuser des sog. Oberdorfes wurden sämt- heute als sicher gelten, dass mit einer län- lich durch eigene Brunnen versorgt. geren Versorgungsunterbrechung nicht In Amteroth erhielten die Anwesen der mehr zu rechnen ist und die über viele Familien Henrichs, Hommer (später Link) Jahre bestehenden Sorgen bezüglich einer und Scharfenstein eine gemeinsam betrie- sicheren Wasserversorgung nicht nur in bene Wasserleitung. Gieleroth endgültig gegenstandslos gewor- Der Gemeinderat von Gieleroth be- den sind. schloss am 17.06.1959 den Bau einer Ge- Derzeit wird die nunmehr über 40 Jahre meindewasserleitung für die drei Ortsteile alte Gielerother Wasserleitung (Material: As- Gieleroth, Amteroth und Herpteroth ohne bestzementrohre) zunächst im Ortsteil Rücksicht auf die bestehenden Interessen- Herpteroth durch eine moderne Kunststoff- tenwasserleitungen. 1964 war das Werk leitung ersetzt. Gleiches ist 2008 im Ortsteil vollendet, und es konnten alle Häuser an die Gieleroth geplant und in 2009 soll die alte neue Leitung angeschlossen werden. Der Wasserleitung in Amteroth erneuert werden. Bau der Wasserleitung verschlang 582.700 DM (heutiger Preis = 835.000 Abwasserbeseitigung Euro). Die nicht durch Zuschüsse von Bund und Land sowie die eingenommen An- Von einer schadlosen öffentlichen Abwasser- schlussgebühren gedeckten Kosten beliefen beseitigung konnte bis zum Anschluss der sich auf 147.500 DM. Dieser Betrag wurde drei Ortsteile an die Kläranlage Altenkirchen durch Aufnahme eines Darlehens finanziert. im Laufe der 90er Jahre keine Rede sein. Es Schon im Sommer 1964 lieferten die gab wohl die im Zuge der Herstellung der beiden Tiefbrunnen nicht genügend Wasser, Ortsstraßen dort verlegte Abwasserkanäle. und die Gemeinde musste Wasser aus der Diese entließen jedoch das Schmutzwasser Altenkirchener Wasserleitung bei Amteroth völlig unbehandelt in den Almersbach. Und hinzukaufen. Nach der Gründung der Ver- so konnte man noch zu Beginn der 90er bandsgemeinde Altenkirchen 1970 und der Jahre in jedem Winter sehen, wie sich der kurz darauf erfolgten Gründung der Ver- sogenannte Abwasserpilz als dicke, graue,

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schleimige Schicht im Almersbach ausbrei- aller Kanalleitungen an die Kläranlage in Al- tete, um dann mit dem Beginn der Vegeta- tenkirchen ist der Almersbach auch im Ge- tionsperiode im Frühling allmählich wieder biet der Gemeinde Gieleroth wieder sauber zu verschwinden. Erst nach dem Anschluss geworden.

Erneuerung der Wasserleitung in Herpteroth 2007

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Stromversorgung

or 1890 gab es im Landkreis Alten- Die Gemeinden Amteroth, Gieleroth, Vkirchen keine Stromversorgung. Da- Herpteroth und Oberwambach legten nach begannen einige größere Betriebe, für dann 1924 elektrische Ortsnetze an. In den Eigenbedarf Strom zu erzeugen. In Gieleroth und Oberwambach wurde das einigen Fällen wurde die vorhandene Über- Ortsnetz von der „Elektrizitätsgenossen- schussenergie für die Versorgung angren- schaft Gieleroth-Oberwambach“ betrieben. zender Gemeinden genutzt. In Herpteroth wurde zu diesem Zweck die „Elektrizitätsgenossenschaft Herpteroth eGmbH“ gegründet und der Strom von der zwischen Herpteroth und Amteroth errichteten Umspannanlage in die einzel- nen Ortsnetze weitergeleitet. Das Transfor- matorenhäuschen steht heute noch. Für eine Kilowattstunde wurden damals übri- gens rund 40 Pfennig berechnet (das wären heute ca. 1,40 Euro). Die Genossenschaften in Gieleroth- Oberwambach und Herpteroth bestanden bis 1950. Die Ortsnetze wurden danach vom EWS bzw. dem RWE übernommen. Die Mitglieder der Elektrizitätsgenossen- schaften erhielten anlässlich der Auflösung der Genossenschaft je einen Elektroherd der Marke Juno. Das Exemplar der Eheleute Helga und Karl Wessler steht heute noch voll funktionsfähig in deren Futterküche 1914 wurde in Altenkirchen eine Umspann- und wird gelegentlich auch noch benutzt. anlage (UA) errichtet. Den Strom für Nach den Berichten der älteren Mitbür- Altenkirchen bezog man über eine 50.000 ger/innen waren die von den Elektrizitäts- Volt (50 KV) Freileitung aus der UA Als - genossenschaften betriebenen Ortsnetze bei dorf bei Betzdorf. Mit dem ersten Welt- weitem nicht so zuverlässig, wie wir es heu - krieg geriet der Ausbau der Ortsnetze ins te gewohnt sind. Kurzschlüsse waren nicht Stocken. Nach dem Krieg reichte der von selten, und häufig musste dann Karl Schä- der UA Alsdorf herangeführte Strom bald fer aus Gieleroth den Schaden beheben. nicht mehr aus. So wurde 1923 zusätzlich Angesichts der damals hohen Preise für die eine direkte 50 KV-Leitung vom Braun- Kilowattstunde dürfte der Stromverbrauch kohlekraftwerk Höhn nach Altenkirchen nicht sehr hoch gewesen sein. Das sieht gelegt. heute ganz anders aus. Heutzutage ist unser

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Leben ohne Strom kaum mehr vorstellbar. Denken wir nur an die mit Strom betriebe- nen Helfer im Haushalt, z.B.: Waschma- schine, Wäschetrockner, Spülmaschine, Kühlschrank, Gefrierschrank, Elektroherd, Backofen, Mikrowellenherd, Heizungs - anlage, Beleuchtung, Staubsauger, Bügel - eisen, Telefonanlage, Fernsehgerät, Stereo - anlage, Computer usw. Entsprechend hoch ist der Stromverbrauch. Heute verbraucht jeder Gielerother im Durchschnitt rund 1.700 kWh Strom je Jahr. Eine beeindruckende Zahl. Anlässlich der Auflösung der Elektrizitäts - genossenschaft Herpteroth erhaltener Elektro- herd (Marke Juno, Herstellungsjahr 1950)

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Unser Telefonnetz

oweit feststellbar, verfügte vermutlich kam gerade mal ein Anschluss auf 52 Ein- Sdie Gaststätte Wilhelm Reinhard, wohner) sind heute – die Mobiltelefone Gieleroth, 1925 über den ersten Telefonan- (Handy) mit eingerechnet – so viele gewor- schluss. Es folgte 1929/30 eine gemeindliche den, dass alle Gielerother gleichzeitig telefo- öffentliche Sprechstelle bei Karl Hüllbüsch nieren könnten, wenn sie dies denn wollten. in Herpteroth. 1940, also zehn Jahre später, sind im Die aktuellen Zahlen der in der Gemeinde Einwohnerbuch weitere neun Telefonan- Gieleroth vorhandenen Telefonanschlüsse schlüsse aufgeführt. Nicht alle waren privat; sind nachstehend aufgeführt: z.T. handelte es sich um eine öffentliche oder um eine gemeindliche öffentliche • 176 analoge Telefonanschlüsse, Sprechstelle. • 94 ISDN-Anschlüsse, In Amteroth waren es Friedrich Müller • 88 DSL-Anschlüsse. und Robert Euteneuer, Schreinerei, in Gieleroth Heinrich Schneider, Christian Hinzu kommen noch mehrere hundert Hoben, Karl Schäfer, Fahrrad und Maschi- Mobiltelefone. Wenn demnächst der in der nenhandlung, Wilhelm Reinhard, Gastwirt- Nähe des Beroder Sportplatzes aufgestellte schaft, und Heinrich Seiler, in Herpteroth – etwa 47 m hohe – Mobilfunksendemast Wilhelm Jüngerich II und Karl Hüllbüsch. in Betrieb geht, wird man auch endlich von Aus den 1940 vorhandenen neun Telefon- jedem Punkt der Gemeinde Gieleroth aus anschlüssen für rund 465 Einwohner (es mobil telefonieren können.

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Feuerwehren in früherer Zeit

So könnte der Dorfplatz vor langer Zeit ausgesehen haben. Die Dreschhalle gab es noch nicht

ie Dörfer Gieleroth, Herpteroth und In unmittelbarer Nähe zum Spritzenhaus DAmteroth verfügten bis nach dem legten die Amterother einen Feuerlösch- 2. Weltkrieg über eine jeweils eigene Feuer- teich an. Als dieser später nicht mehr ge- wehr. In Spritzenhäusern, die erst 1965 abge- braucht wurde, weil das Wasser zu langsam rissen wurden, standen Handdruckspritzen Einsatz bereit. Das Amterother Spritzenhaus wies zwei Räume auf: In einem der beiden stand eine mit Saugrohren und aufgerollten Schläu- chen ausgerüstete Handdruckspritze. Auf einem Saugrohr war ein Korb aufgesetzt, damit gröberer Teile aus dem Löschwasser die Spritze nicht verstopften. Den zweiten Raum nutzte bis 1952 Schustermeister Reisbitzer, der mit seiner Familie im alten Haus von „Schomanns“ (Scharfenstein) wohnte, viele Jahre als Schusterwerkstatt.1 Ob dieser Raum einst auch als Gefangenenzelle diente, wie das frü- Rechts im Bild befindet sich das Spritzenhaus her üblich war, lässt sich nicht mehr klären. (ca.1960)

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Die Aufgaben der Feuerwehren sind auf die Verbandsgemeinde Altenkirchen übertra- gen worden.

Herpterother Brandweiher mit Feuerlösch- Schusterei Reisbitzer spritze (Fotomontage)

nachlief, sammelte sich darin mehr und mehr Unrat. Im Zuge der Errichtung einer Dreschhalle wurde der Teich 1950 verfüllt. Für das Löschwasser sollte fortan der Al- mersbach genutzt werden. Weil die beiden Amterother Brücken eine Absperrung des Baches ermöglichten, ließ sich das Wasser problemlos stauen. Das Gielerother Spritzenhaus befand sich gegenüber der alten Schule. Dort stand – wie in Amteroth – eine einachsige Hand- Gielerother Postweiher mit Gielerother druckspritze. Der Postweiher oder der abge- Handdruckspritze (Fotomontage) sperrte „Schulborn“ lieferten das Lösch- wasser. Heute steht die Gielerother Handdruck- spritze als Schaustück in der Eingangshalle des Altenkirchener Feuerwehrhauses. Am Anfang des Hohlweges (heute Grundstück der Familie von Heinz-Erhard Räder) stand das Herpterother Spritzenhaus mit einer zweiachsigen Handdruckspritze, die von einem Pferd gezogen werden konnte.2 Den ehemaligen Feuerlöschteich gibt es noch 1 Das Inventar der Schusterwerkstatt von Heinrich Reisbit- zer ist in der Museumsscheune in Helmenzen ausgestellt. heute; er ist in den Katasterkarten als „Brand- 2 Im Vergleich zu Gieleroth und Amteroth standen in weiher“ eingetragen. Herpteroth fast doppelt so viele Häuser.

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Gieleroth und der Fußball

ie passt das zusammen? Wer als meinsam mit weiteren Flächen, die eben- WGielerother Junge – oder Mädchen falls gerodet wurden, der Landwirtschaft – Spaß am Fußballspiel hat, der muss zum Opfer. Ein neues Spielfeld musste heute mindestens zum Sportplatz nach her! Berod fahren. Das war nicht immer so! Die Gielerother Waldinteressenten Mitte der Zwanziger Jahre des vergan- stellten eine Fläche in den sogenannten genen Jahrhunderts gründeten Fußballin- „Boochen (= Buchen)“ zur Verfügung. teressierte aus Gieleroth, Herpteroth und Etwa 200 bis 300 Meter hinter dem heu- Amteroth einen Sportverein: Wilde Jun- tigen Dorfgemeinschaftshaus sollte er an- gen. gelegt werden. Der Arbeitsdienst rodete eine Waldparzelle, und die beiden Fußball- tore waren auch schon aufgestellt; dann kam der Krieg... An Fußball war – zumin- dest vorerst – nicht mehr zu denken. Was waren das für Männer, die vier- zehn bis fünfzehn Jahre lang dafür sorgten, dass sonntags etwas los war in Gieleroth? Allen voran ist der Amterother Robert Eu- teneuer zu nennen, der als Vorsitzender eine wichtige Rolle im Vereinsleben über- nahm. Sozusagen als „Mädchen für alles“ sorgte er für einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb, stellte die Mannschaft auf Die Anzeige stammt aus der Hochzeits zei - den Gegner ein und kümmerte sich um tung von 1933 für Albert und Berta Müller das leibliche Wohl der Spieler. Die kamen natürlich zunächst ausschließlich aus Gie- leroth, Herpteroth und Amteroth. Im Ein Sportplatz war vorhanden, sogar ein Laufe der Jahre aber reifte die Mannschaft Rasenplatz. Das war schon etwas Besonde- aus Gieleroth mit zunehmender Spielpra- res im Vergleich zu den sonst üblichen xis zu einer „richtig guten Truppe“ heran, Aschenplätzen. Er lag nicht allzu weit ent- wie sich Walter Wehler aus Gieleroth – fernt vom Wohnhaus von Gertrud und Al- Jahrgang 1927 – noch gut erinnern kann. bert Schüchen. Die Waldstrasse, die es „Die hatten damals Spieler aus Berod, Mu- damals noch nicht gab, würde ihn heute denbach und Lautzert, die das Team ver- durchqueren. stärkten“, berichtet er. Aus Lautzert Bis kurz vor Kriegsbeginn frönten die beispielsweise kam ein guter Torwart, der jungen Männer unserer drei Dörfer dort den Gielerother Ernst Seiler ablöste, der ihrem Hobby. 1937/38 fiel der Platz, ge- sonst das Gielerother Tor hütete.

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läufer, Walter Weller (Brannebergersch), der das ganze Spiel machte.“ Beim Aus- wärtsspiel in Niedererbach brach sich der Herpterother Gustav Wirths sogar im Zweikampf das Bein, eine schlimme Verlet- zung, bis heute unvergessen. „Außerdem standen die Verteidiger bestens ihren Mann“, führt Walter Wehler weiter aus, „Gustav Jüngerich war einer von ihnen.“ Damals wie heute wurde sonntags ge- Die Gielerother Mannschaft Anfang spielt. Die Heimspiele in Gieleroth lockten der Dreißiger Jahre: meist viele Zuschauer an. Man traf sich vor von links: vordere Reihe: Gustav Jüngerich, dem Spiel vor der Gaststätte „Reinhard’s Ernst Seiler, nicht bekannt, mittlere Reihe: (Pittersch)“, und dann ging´s zum Sport- Karl Schneider, Ewald Schüler, Robert platz, um die Heimmannschaft anzufeuern. (Familienname nicht bekannt), hintere Zu den Auswärtsspielen wurde mit dem Reihe: Hermann Altgeld, Ernst Müller, Fahrrad gefahren oder aber ein Bus gemie- Alfred Nöllgen, Otto Nöllgen, Walter Weller tet. Die Busfahrt kostete für Spieler und (mit Hut), Hermann Koch Zuschauer eine Mark. Die Rahmenbedingungen des Fußball- Die Gegner aus Mammelzen, Niedererbach sports waren, genau wie das Spielgerät, an- und auch aus entfernteren Orten wussten ders als heute. Kein Vergleich der Bälle in den Dreißiger Jahren die Elf aus Giele- jener Zeit mit den modernen Tangobällen roth zu schätzen. Arthur Krämer aus Vol- von heute! Manchmal waren sie nicht ein- kerzen – Jahrgang 1912 – und einstiger mal rund. Im Inneren des Balles befand Spieler des SV Niedererbach bestätigt: „Ich sich eine Blase, die mit einem Mundstück habe da selbst einmal gespielt; die waren versehen war, und die mit Luft gefüllte richtig gut und hatten einen klasse Mittel- Blase wurde in das Leder mit einem

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Schweinsriemen eingebunden. Die Schnür- möglichen Sportplatzbau. Eine Pferde- riemen befanden sich natürlich am Äuße- koppel in Nähe des heutigen Baugebietes ren des Balles – bei Kopfbällen eine „Hinter Eichelhardtsgarten“ sollte kurzer- schmerzhafte Angelegenheit. hand zu Sportzwecken umfunktioniert Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges werden. Paul Wehler, der drei Jahre ältere endete der Gielerother Fußball. Der neue Bruder von Walter Wehler, war der Sportplatz wurde nie fertiggestellt. Wäh- Hauptverantwortliche des Organisatoren- rend des Krieges verwilderte er. Aber nach teams. Im Jahre 1947 verstarb er durch Kriegsende waren sich einige junge Män- einen tragischen Unglücksfall. Seine Mit- ner aus Gieleroth schnell einig, den Fuß- streiter führten die begonnene Arbeit ball wieder aufleben zu lassen. Es fand sich nicht weiter fort. Das war das Ende der sogar bald eine neue Fläche für einen Ära „Gielerother Fußball“.

Dieses Gedicht stammt ebenfalls aus der Hochzeitszeitung von 1933 für Albert und Berta Müller

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Der Herpterother Radfahrverein

a, ganz schön sportlich waren sie – die Geradelt wurde im Anzug mit Krawatte. JMänner unserer drei Dörfer Gieleroth, Kleider machen eben Leute! Und hätte nicht Herpteroth und Amteroth. Neben denen, jeder eine Einheitskappe mit weißer Krem - die sonntags ihre fußballerischen Qualitäten pe, „das“ Erkennungszeichen des Clubs, auf dem Gielerother Sportplatz mit den Symbol der Zusammengehörigkeit, getra- „Wilden Jungen“ unter Beweis stellten, gab gen, hätte man meinen können, die jungen es einige, die lieber ihr Wochenendvergnü- Herren unternähmen einen gemütlichen gen auf dem Drahtesel suchten. Sonntagsausflug und nicht eine heraus- Ende der zwanziger, Anfang der dreißi- fordernde sportliche Aktivität. ger Jahre des vergangenen Jahrhunderts Nicht nur das Outfit der Radsportler hat gründete ein gutes Dutzend Herpterother sich bis heute entscheidend verändert, auch junger Männer den Herpterother Radfahr- das Sportgerät selbst, das Rad, war von verein. Frühjahr und Sommer luden zu herr- einem anderen Kaliber. Muskelkraft in den lichen Touren im und rund um den Beinen war gefordert, denn gefahren wurde Wester wald ein. Ein Vergnügen, das nur ganz und gar ohne Gänge, keine Unterstüt- einen Haken hatte: Man brauchte ein Fahr- zung durch moderne Schimano-24-Gang- rad! Aber woher nehmen und nicht stehlen? schaltung wie heute. Und von wegen Lange musste man damals für ein Fahrrad „gedämpfter Sattel“, jedes Schlagloch spürte sparen. War diese Hürde einmal genommen, man bis in die Haarspitzen. Doch hielt das konnte es losgehen. keinen vom Mitradeln ab, wenn die Gruppe

Das Foto zeigt die Radler am Fuße des Drachenfelsens

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von links: Ernst Müller, Karl Müller, Heinrich Weller, Stefan Baba, Alfred Müller, Wilhelm Schmuck, Albert Müller, Heinrich Schneider, August Lauterbach, Otto Müller, nicht bekannt

sich z.B. für den alten Vater Rhein als Aus- Hektik geprägt. Die Menschen nahmen es flugsziel entschieden hatte. in Kauf, dass nicht alles „vor dem Knie zer- Die Herpterother Radfahrer legten oft brochen“ werden konnte, auch das Reisen recht anspruchsvolle Strecken zurück. Sech- nicht. zig, siebzig Kilometer bis zum Zielort und Diese Einstellung teilte Wilhelm wieder zurück waren keine Seltenheit. Übri- Schmuck aus Herpteroth, Jahrgang 1904 gens gab es zu jener Zeit viele Gleichge- (Vater von Irene Räder – Elmches Irene –), sinnte. Auch in anderen Dörfern hatten sich der sich auf einer „Etappe“ gemeinsam mit Radfahrerclubs gebildet. Trotz aller Unbill, seinen Radfreunden dem Fotograf stellte die Zeit damals war weniger von Stress und (auf dem Foto 6. von links bzw. von rechts).

Das Ziel vor Augen: Das Siebengebirge von Herpteroth aus gesehen

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Ein Lied über Streiche, die früher oft geschahen.

Es kamen fünf lustige Burschen, so um die Mitternacht nach Hause aus einer Kneipe, allwo man gezecht und gelacht.

Ihr Heimatdörfchen, das kleine, lag still und friedlich da, die fünfe standen zusammen, nun hört, was jetzt geschah.

Schnell wurden Pläne geschmiedet, und eh man sich's versah, war von den fröhlichen Burschen auch nicht ein einziger mehr da.

Denkt nur nicht, sie wären zur Ruhe, oh nein, dann irrt ihr euch, was sie noch alles getrieben, das werdet ihr hören zugleich.

Ein leises Knarren und Quietschen, dann Stille ringsumher, im Winkel ein kleines Häuschen steht plötzlich ohne Tür.

Solch Türchen mit einem Herzchen zu tragen woanders hin, lag schon zu Vaters Zeiten wohl jedem Burschen im Sinn.

An einem Giebel im Dörfchen, ist das nicht wunderschön, so'n halbes Dutzend Türchen hin ausgerichtet stehn.

So zog man, als dieses geschehen, gar schnell von jenem Ort und schob dem Wilhelm den Wagen aus seinem Hofe fort.

Jedoch das Schicksal, das schnelle, nahm diesmal seinen Lauf, der Peter, der böse Nachbar, passt in der Scheune auf.

Er ist ja von solchen Streichen in stiller dunkler Nacht ein Gegner, derweil er früher selbst nie so etwas gemacht.

Drum hüpft er so schnell wie ein Hase hinüber und ruft recht laut: „He, Wilhelm, komm doch mal runter, man hat dir den Wagen geklaut.“

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Drauf laufen sie beide behende wohl hinter den Tätern her und finden plötzlich am Wege 'ne ausgehängte Tür.

„O weh“, ruft Peter zum Wilhelm, „du hast die Tür angefasst, und morgen wird von Gendarmen ein Fingerabdruck gemacht.“

Des Morgens in aller Frühe, als kaum die Nacht vorbei, da waren im stillen Dörfchen auch schon der Gendarmen zwei.

Die fünf mussten protokollieren, dann gingen sie still nach Haus. Es wird ihnen nicht viel passieren, und so ist dies Liedchen aus.

Das Lied dichtete Heinrich Schumacher aus Herpteroth etwa um 1925. Er war der Onkel von Helene Räder

Türen mit Herzchen (Fotomontage)

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Eine Hochzeitszeitung von 1933

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Ein Gedicht über den Fußball aus dieser Hochzeitszeitung ist im Artikel „Gieleroth und der Fußball“ zu lesen

Das Ehepaar Berta und Albert Müller baute sich 1950 ein Haus in der Waldstraße in Gieleroth, wo die beiden bis zu ihrem Tod lebten. Ihr Grab befindet sich auf dem Gie- lerother Friedhof.

Kriegshochzeit in Amteroth

Anna Seelbach (Hannesjes) – Helmut Koch aus Schöneberg; untere Reihe von links: Alma Müller (verh. Scharfenstein), Marta Wirth (verh. Dorzek), Elfriede Reusch (verh. Schäfer)

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Jagdgenossenschaft Gieleroth

Hochsitz in der Herpter Delle

as eine Revolution so alles mit sich sche und soziale Reformen dauerhaft grei- Wbringt! Wir schreiben das Jahr fen. So währt der Zustand auch nur eine 1848. In Deutschland, Preußen und Öster- kurze Zeit, dass jeder Eigentümer nach ei- reich lehnen sich der bürgerliche Mittel- genem Belieben auf seinem Grund jagen stand und auf dem Lande die wohlhabende darf. Aber es ist nicht die restaurative Poli- bäuerliche Schicht gegen die von Metter- tik, die eine Änderung geradezu erzwingt. nich betriebene Politik auf, die unnach- Die ungeregelte Jagdausübung bedroht giebig und gewaltsam die überlieferte den Mindestbestand des Wildes, und außer Sozialordnung Europas erhalten will – als der Katastrophe, dass das Wild völlig aus- habe es keine Französische Revolution ge- gerottet werden könnte, wird die wirt- geben, als sei der Liberalismus des Teufels schaftliche Existenz kleinbäuerlicher Werk. Sie fordern Pressefreiheit, Schwur- Betriebe gefährdet, die auch von den – gerichte, Vereinsrecht, Volksbewaffnung durch Verringerung des Wildbestandes sin- und ein deutsches Parlament und so neben- kenden – Jagderträgen abhängig sind. Die bei auch die Änderung des Jagdrechtes auf deutschen Staaten erlassen daher in den eigenem Grund und Boden, das immer Fünfzigern des 19. Jahrhunderts neue Ge- noch dem jeweiligen Landesherrn als Jagd- setze, die das dem Grundeigentümer zuste- regal zusteht. hende Jagdrecht und das Jagdausübungs- Die Ereignisse überstürzen sich. Ein recht trennen und letzteres entweder den Traum wird wahr? Weit gefehlt – oder bes- Gemeinden oder der Gemeinschaft der ser: Lange wird es noch dauern, bis politi- Grundeigentümer zu erkennen.

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1934 werden diese landesrechtlichen Rege- Um einen Eindruck zu vermitteln, lungen zum sogenannten Reviersystem im ein paar Zahlen. Reichsjagdgesetz vereinheitlicht, das die Im Jahr 2002 wurden erlegt: amerikanische Besatzung für ihre Zone 1948 aufhebt. An dessen Stelle tritt mit Geltung • 5 Rehböcke und 25 weibliche Rehe, vom 1. April 1953 das Bundesjagdgesetz, • 4 Keiler, 5 Überläufer das das Reviersystem bis heute beibehält. und 17 Frischlinge, Noch bis 1941 sind die Jagdbezirke Am- • 5 Ringeltauben und 19 Stockenten, teroth, Gieleroth und Herpteroth eigenstän- • 3 Hasen dig. Doch weil keiner von ihnen die • und 30 Füchse. inzwischen vorgeschriebene Größe besitzt, Davon waren 9 Rehe sogenanntes Fallwild; werden sie mit Wirkung vom 1. April 1942 sie sind durch Unfälle getötet worden. zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk zu- sammengelegt und als ein Bezirk verpachtet. Von Bedeutung sind auch die Holzarten Die Jagdgenossenschaft Gieleroth mit Sitz in des Jagdbezirks. Zu den Hauptholzarten Gieleroth beruft ihre erste Vollversammlung zählen Ahorn, Birke, Buche, Douglasie, ein. Mitglieder sind alle Grundeigentümer Eiche, Esche, Fichte, Kiefer und Lärche. des gemeinschaftlichen Jagdbezirks Giele- Die Balsampappeln, die im Gielerother roth nach Maßgabe des Grundflächenver- Jagdrevier angepflanzt worden sind, zählen zeichnisses. Eigentümer von Grundstücken, zur Sonderkultur. auf denen die Jagd ruht oder nicht ausgeübt Übrigens: Immer wieder wurde und werden darf, gehören der Jagdgenossenschaft wird auf Beschluss der Jagdgenossenschaft, nicht an. die heute 161 Mitglieder hat, der Jagd- Am 30.8.1952 teilt der Amtsbürgermeis- pachtreinertrag teilweise zweckgebunden ter Altenkirchen (Westerw.) der Jagdgenos- der Gemeinde Gieleroth für den Wirt- senschaft mit: „…Nach einem in der schaftswegebau zur Verfügung gestellt. In Staatszeitung vom 24.Aug.ds.Jrs. veröffent- den letzten Jahren wurde ein Teil des Jagd- lichten Artikel ist der bisher von der Besat- pachtertrages an die Jagdgenossen ausge- zungsmacht beanspruchte Teilbezirk des zahlt und das Flurbereinigungsverfahren Jagdbezirks Gieleroth – 70 ha – mit Wir- finanziert. kung vom 15. August ds.Jrs. freigegeben worden…“ Heute beträgt die Revierfläche Die Jagdvorsteher seit Gründung insgesamt 540 ha, davon sind 181 ha Wald- der Jagdgenossenschaft Gieleroth 1942: fläche. 52 ha Waldfläche sind im Besitz der Waldinteressenten Amteroth, 29 ha gehören • Friedrich Schmuck den Waldinteressenten Gieleroth, 55 ha sind • Emil Flemmer Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz und • Helmut Weingarten die restlichen 45 ha verteilen sich auf private • Friedhelm Räder Einzelbesitzer. • und seit 7.4.2007 Jochen Müller Alle fünf Jahre wird ein neuer Abschuss- plan erstellt, beruhend auf der Wildzählung, die die Jagdpächter jeweils am 1. April durchführen.

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Kriegstragödie

Altenkirchener Kreisblatt – Ausgabe 01. Dezember 1919 –

m 18. Mai 1920 starb Christine Räder dem Herpterother Friedhof, auf dem am A mit 66 Jahren. Ihre verwaisten Enkel, 25.10.1894 Jakob Burbach, Schwiegervater Lina und Walter, wuchsen bei Onkel und der o.g. Luise Burbach, als erster dort seine Tante auf, bei Adam und Luise Räder. Ruhestätte fand, gleich hinter dem Denk- Zu Ehren der Gefallenen des Ersten mal. Weltkrieges errichtete man ein Denkmal auf

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Schwiegersohn Sohn Sohn gefallen 1.11.1915 gefallen 4.11.1915 gefallen 16.12.1915

Witwe Christine Räder, geb. Euteneuer

Sohn Tochter, zugleich Witwe von gefallen 22.6.1916 Wilhem Burbach (s. o.), gestorben 30.11.1919

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Am 1. September 1939, 4.45 h, begann ein „'s ist Krieg! 's ist Krieg! O Gottes Engel wehre zweites Mal ein wahnsinniges Morden, die und rede du darein! 's ist leider Krieg – und größte Auseinandersetzung in der Mensch- ich begehre, nicht schuld daran zu sein!“ heitsgeschichte. Neuere Schätzungen gehen (Matthias Claudius) von 25 Millionen Toten aus; Deutschland allein hatte vier Millionen zu beklagen. In den 60ern wurde das Denkmal abgeris- Einer davon war Walter Burbach. Wie sein sen. Die Tafeln mit den Namen der Gefal- Vater, der 32jährig im Ersten Weltkrieg ge- lenen befestigte man später an der Fried- fallen war, fiel er im gleichen Alter am hofshalle, die die Herpterother Männer An- 1. August 1944 im Zweiten Weltkrieg. fang 1970 in Eigenleistung bauten.

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Phosphorbomben und „Fledermausstollen“

m Protokollbuch des Altenkichener malige Bergwerksstollen am Dorfrand, deren IStandesamtes ist unter dem Datum des Eingänge aber durch Geröll verschüttet 11. Sept. 1944 folgender Eintrag zu finden: waren. Könnten sie, als „Luftschutzbunker“ genutzt, weitere Katastrophen verhindern? Die Stollen waren so hoch, dass Erwach- sene darin stehen konnten. Sofort machten Albert Georg Hanck, gestorben sich die Amterother an die Arbeit, räumten 11.9.1944, das Geröll beiseite, versahen die beiden Stol- geb. 3.9.1940, Mutter: Helene Hanck len mit einem Holzfußboden und klemm- geb. Heuser, wohnhaft in Düsseldorf; ten als einfache Sitzgelegenheiten Bretter Todesursache: Verbrennung in der zwischen die Stollenwände. Scheune von Emil Hommer Amteroth, die durch Fremdeinwirkung in Brand geraten war.

Was war geschehen?

Ohne Vorwarnung wurden am Nachmittag des 11. September 1944 über Amteroth und näherer Umgebung mehrere Phosphorbom- ben abgeworfen. Sie lösten in der Weyer- und der Bornwiese ein loderndes Flammen- meer aus. Sogar zwei Bauernhöfe und etli- che Bäume gerieten in Brand, und auch die Scheune von „Hermes“ brannte lichterloh. Ahnungslos spielte hier der vierjährige Al- bert. Der kleine Junge konnte nicht mehr gerettet werden! Alberts Familie aus Düssel- dorf war vor dem Bombenterror im Rhein- land geflohen, hatte bei Verwandten in Heinrich Augst (rechts) begutachtete die Amteroth Zuflucht gefunden, und nun die- Arbeit – der Stollen lag im Berghang direkt ser Schicksalsschlag. vor seiner Haustür. V.r.: H.Augst, Hilde Gäbe es in Amteroth überhaupt eine Flemmer (jetzt Schäfer), Gerd Hommer (vor Möglichkeit, sich vor Bombenangriffen zu seinem Vater Wilhelm Hommer sitzend), schützen? Man erinnerte sich an zwei ehe- weitere Pers. unbekannt

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Wilhem Hommer und Emil Asbach legten im Herbst 1944 einen Stolleneingang frei Viele Feuersalamander fühlen sich im In früherer Zeit waren die Amterother Stol- feuchten Stollen wohl len in den Berg getrieben worden, weil man hier wertvolle Erze vermutete. Anregung zu Nach der Gründung des Natur- und Um- dieser Annahme lieferte die Grube Hirsch weltschutzvereins Gieleroth e.V. wuchs das auf der gegenüberliegenden Bergseite, Interesse für den Naturschutz. Man erin - jenseits der Amterother Semseg. Bis zum nerte sich wieder an die Amterother Stollen. Winter 1907/08 wurde dort seit Jahrzehn- Ein Winterquartier für die im Dorf ansässi- ten Bleiglanz, Zinkblende und Kupferkies gen Fledermäuse? Nach Kriegsende waren gefördert. Sogar Silber- und Golderze kamen die Stolleneingänge erneut durch Geröll in geringen Mengen vor. blockiert. Nur ein „Stollenmundloch“ wur - de 1994 wieder freigeschaufelt. Die Giele- rother Umweltschützer inspizierten das Innere des Stollens und entdeckten eine Wasseransammlung von ca. 50 cm Höhe. Die hölzernen Luftschutzbänke waren nicht zerfallen, sondern – zum Erstaunen aller – vom Wasser konserviert worden. Einige Tage lang wurde der Stollen von Interessierten unter die Lupe genommen. Ergebnis? Der Eingang wurde freigeschau- felt und das Stollenmundloch mit einem Gitter verbarrikadiert. Jetzt konnten hier Fledermäuse, Feuer- salamander und andere Kleintiere einziehen und Ruhe finden. Auch den Menschen bie- tet das Gitter Sicherheit, denn es hält unter- Die Sitzgelegenheiten im Stollen sind noch nehmungslustige Kinder vor einem unkon- immer gut erhalten trollierten Einsteigen ins Unwägbare ab.

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Arbeit am Stolleneingang im Jahr 1994

Freischaufeln des Stolleneingangs Freischaufeln des Stolleneingangs im Jahr 1994 im Jahr 2006

Die Stollenwände sind porös und einsturz- gefährdet, und 2006 drohte der Stollen - eingang sogar erneut total verschüttet zu werden. Es blieb nur noch eine kleine Öff- nung frei; das alte Schutzgitter war völlig ver- modert. Wieder traf sich eine Arbeitsgruppe des Natur- und Umweltschutzvereins, besei- tigte das Geröll vor dem Eingang und mon- tierte ein stabileres Schutzgitter.

1 Die Nationalität des Bombers konnte nicht festgestellt wer- den. Man war sich nur sicher, dass es sich um einen Notab- wurf der Bomben gehandelt haben musste. Einige Zeitzeu- Robin und Kevin rütteln an dem neuen gen dieser Katastrophe leben noch. Sie können dieses Ereig- Schutzgitter nis nicht vergessen.

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Amteroth

Versteckt in einem Tale mit Dächern grau und rot, da liegt so still verborgen das Dörfchen Amteroth. Nur von den Bergen droben kannst du es liegen seh'n, die Fachwerkhäuser, Scheunen, nicht mehr als acht bis zehn. Ein Bächlein rieselt leise durch's grüne Tal zur Wied, es murmelt zu sich selber ein altes, altes Lied. Nur wer die Sprache kennet, wird Lied und Text verstehn, dann hört er kluge Worte vom Werden und Vergehn.

Der Häuschen sind nur achte, es können mehr auch sein, und doch im kleinen Raume schließt eine Welt sie ein. Und als die Bomben fielen, da war es bitt're Not, da hat uns treu behütet das Dörfchen Amteroth.

Peter Hartgenbusch (1876–1953) In den Wirren des Zweiten Weltkriegs war der Schriftsteller in Amteroth untergebracht und widmete dem Dorf dieses Gedicht.

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Amteroth um 1957

Amteroth April 2007

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Herpteroth in Feindeshand

ine Schlagzeile, die so nicht mehr in Kindern, aber auch einigen Soldaten. Was E den Zeitungen zu lesen war. Am 31. sind das für Leute? Keiner fragt mehr. Krieg März 2007 erschien ein großer Artikel in der im sechsten Jahr! Rheinzeitung mit der Überschrift: Ein Kurz nach 10 Uhr setzt ohrenbetäuben- schwarzer Sonntag für Oberwambach – Am der Lärm die Bewohner von Herpteroth in Palmsonntag des Jahres 1945 bombardierte die Angst und Schrecken. Alle stürzen in den US-Luftwaffe den Ort. Keller, soweit die Anwesen überhaupt über einen solchen verfügen. Die kleine Irene, fünf Erinnerungen werden wach! Bruchstücke! Jahre, und ihren großen Bruder, der gerade eine Woche zuvor zehn Jahre alt geworden ist, Schon am frühen Sonntagmorgen, am 26. bringt die Mama sorgenvoll zu den Nachbarn März 1945, drückt sich ein nicht enden wol- schräg gegenüber, weil es dort einen halbwegs lender Flüchtlingstreck über den Padweg die sicheren Kellerraum gibt. Ihr Haus, das letzte Dorfstraße hinauf zur Kreisstraße und wieder am Weg, der in die Wiesen führt, hat einen aus dem Dorf hinaus. Alte Männer und ver- solchen nicht. Selbst die Tränen der Kleinen härmte Frauen ziehen und drücken Leiter- können die Mutter nicht zurück halten, sie wagen, schleppen Koffer, begleitet von vielen kehrt ins eigene Haus zurück.

US-Gefechtsreport über die am 25. März 1945 erfolgten Luftangriffe auf Weyerbusch, Oberwambach und Gieleroth

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Welche Gedanken gehen ihr durch den alten Born, das Feuer zu löschen. Schon Kopf? Als Waisenkind des Ersten Weltkrie- stehen weitere Scheunen und Häuser unter ges bei Onkel und Tante aufgewachsen, der Beschuss, bis den Amerikanern endlich ein Bruder am 1. August 1944 gefallen, der weißes Betttuch entgegenflattert. Auf der Mann noch im Krieg – wo mag er sein? Fünf Suche nach deutschen Soldaten wird mit US-Maschinen überfliegen die Gemeinde Gewehr im Anschlag Haus für Haus durch- Gieleroth und werfen 20 Zehnzentner Bom- kämmt. Lässt sich eine Tür nicht sofort auf- ben ab. Die meisten zerbersten auf Wiesen stoßen, wird das Türschloss herausgeschossen. und Feldern, eine aber trifft das Haus – heute Und vieles geht zu Bruch, nicht nur Fenster- Ringstraße Nr. 18 – von Witwe Peter Löhr. scheiben, Marmeladengläser, Weinflaschen. Es wird völlig zerstört. Zum Glück hält sich Aber nirgendwo regt sich Widerstand! keiner darin auf. So zieht in der Nacht die Panzertruppe Kaum haben die Maschinen abgedreht, weiter, der eine Kompanie mit überwiegend schiebt sich der erste amerikanische Panzer farbigen Soldaten folgt. Fast alle Herpte- auf dem gleichen Weg wie der Flüchtlings- rother müssen ihre Häuser räumen, um den treck auf das Dorf zu. Ein Feuerstrahl trifft Besatzern Platz zu bieten, und das schönste die Vohl'sche Scheune. Haus im Dorf, das Rosenbach'sche, belegt Im Nu brennt das gelagerte Heu lichter- der Kommandant. Der größte Teil der Sol- loh, das Vieh brüllt. Willems Karl, genannt daten schlägt sein Lager dort auf, wo heute der Lange, treibt Kühe und Hühner aus dem Rahns ein hübsches Haus bewohnen, Stall heraus und versucht, unterstützt vom Bleichweg Nr. 2.

Die Vorbereitung: Schießstand „Im Hähl“ 1938 (zwischen Gieleroth und Amteroth) (v.l.: Adolf Schmiing, Fritz Nöllgen, Wilhelm Augst, Robert Euteneuer, Otto Nöllgen, Wilhelm Henrichs, vor Robert Euteneuer steht sein Sohn Heinz)

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Räders Fritz und Wesslers Karl erleben hende Gebärden, heftige Wortwechsel, bis schlimme Minuten. Als Verwundete in ihr endlich ein Dolmetscher auftaucht. Kaum Heimatdorf zurück geschickt, haben sie vernehmen die zwei, sie sollten verschwin- inzwischen die Order erhalten, sich unver- den und sich ja nicht mehr draußen blicken züglich auf der Sammelstelle Herborn zu lassen, sind sie schon über die Wiesen fort. melden. Die beiden wagen es, dem Befehl Die Amerikaner ziehen nach einigen nicht Folge zu leisten und werden im Keller Tagen weiter. Die Herpterother atmen auf, von Lina Räder von den amerikanischen krempeln die Ärmel hoch und beginnen mit Soldaten aufgegriffen. Hands high, face to allen Kräften mit dem Wiederaufbau. Lange the wall. Auch ohne Englischkenntnisse wird es brauchen, bis die schlimmsten Spu- verstehen sie, wie sie sich zu verhalten haben. ren des Krieges verwischt sind. Und noch Den Gewehrlauf im Rücken spürend, wer- mehr Zeit wird vergeh'n, um die seelischen den sie zur Kommandantur gestoßen. Dro- Wunden zu schließen.

Einquartierung Winter 1939-1940 Artillerie rückt aus an die Westfront. Von diesen Soldaten sind nur wenige heil nach Hause zurückgekehrt – im Laufe des Sommers kamen viele Todesnachrichten

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Schweine bringen nicht immer Glück

ine bittere Erfahrung machte Heinrich oblag die Tierzählung einem Bürger des E Hüllbüsch aus Amteroth im Jahr 1946, Ortes, der als Polizist seinen Dienst versah. Er als er drei Tage lang im Knast von Altenkir- hatte den rechten Überblick über „sein“ Dorf. chen bei Wasser und Brot sitzen musste. Eines Tages forderte sein Vorgesetzter eine Welche Straftat hatte er begangen? strengere Kontrolle: Alle Landwirte hatten Zur Vorgeschichte: Nach dem Ende des sich mit ihrem Großvieh auf dem Dorfplatz 2. Weltkrieges (ab Mai 1945) herrschte große einzufinden. Listen wurden verglichen und Hungersnot in Deutschland. Einheimische überprüft. Alles war in Ordnung. Trotzdem und Flüchtlinge mussten gleichermaßen ver- sollten zusätzlich Stichproben in den Ställen sorgt werden. Lebensmittel durften nur gegen durchgeführt werden. Zuerst wurde der Stall, Lebensmittelmarken ausgegeben werden. der sich direkt am Dorfplatz befand und der Streng wurde die Lebensmittelproduktion in Familie Hüllbüsch gehörte, in Augenschein der Landwirtschaft überwacht. In Amteroth genommen.

Wo heute Hüllbüschs Scheune an den Dorfplatz grenzt, stand im Jahr 1946 nur ein kleines Stallgebäude mit „Backes“ und Schweinestall. Die alten Mauern des Stalls sind erhalten geblieben und ein Teil der Scheune geworden

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Die Kontrolleure zählten Hühner, Kanin- hauses befand. Tochter Elsa kam mit „Speis chen und Schweine und gaben ihr Einver- und Trank“ zu ihm. Vor der Zelle wurde sie ständnis. Doch bei den Ferkeln war man streng kontrolliert. sich nicht einig. Ein Kontrolleur hatte ein Warum war die Familie dieses Risiko ein- Tier mehr gezählt als die anderen. Da fing gegangen? Sie hatte im Sägewerk Hassel für die Zählprozedur bei den Ferkeln von sich Bretter schneiden lassen. Da in dieser vorne an. Tatsächlich, da wuselten sieben Zeit Geld völlig wertlos war, verlangten Has- quiekende Schweinchen herum und Hüll- sels die Bezahlung in Naturalien in Form büschs hatten nur sechs gemeldet. Vater eines Ferkels. Hüllbüschs sollten jedoch das Heinrich Hüllbüsch wurde sofort verhaftet. Ferkel bis zum Entwöhnen von der Mutter- All seine Beteuerungen, dass das siebte Fer- sau in ihrem Stall belassen. Später erst wollte kel dem Sägewerksbesitzer Hassel in Alten- Gustav Hassel das Schweinchen mit Kleie, kirchen gehöre, reichten ihm nicht zur die er von seinem Vetter aus der Michelba- Verteidigung. Deshalb musste er drei Tage cher Mühle erhalten würde, selbst mästen. in einer Gefängniszelle verbringen, die sich Ja, Heinrich Hüllbüsch hatte mit diesem unter dem Dach des Altenkirchener Rat- Schwein wirklich kein Schwein gehabt.

Amterother Kinder 1943 auf der Bank an der Gartenmauer vom Garten Fam. Heinrich Hüllbüsch von links nach rechts: Hilde Flemmer, Elsa Hüllbüsch, Karlhans Seelbach, Karl- heinz Hüllbüsch, Alfred Schneider, Gerd Hommer, Hubert, ein Ferienkind, Rudi Flemmer

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Es gab einmal eine Schule in Gieleroth

uasi ein Vorwort: Da schlummert schiedsgruß. Lautes Rufen, begeisterte „Hur- Q im Kreisarchiv Altenkirchen ein ras!“, vaterländischer Gesang, Musikkapellen dicker alter Schinken, der sich Chronik auf vielen Bahnhöfen, Tücherschwenken – so nennt. Überwiegend in Sütterlin, ist da auf war's auf der ganzen Eisenbahnfahrt. Hofften 295 Seiten die Geschichte des Schulverban- doch alle, recht bald wieder in die Heimat zu- des, bestehend aus Amteroth, Gieleroth und rückkehren zu können. Die Eisenbahnzüge Herpteroth, von 1854 bis 1963 aufgezeich- der ausrückenden Truppen waren mit frischem net. Die zweite Chronik, jetzt in latei- Grün, mit Blumen und Fähnchen bekränzt. nischen Buchstaben, berichtet über die Die meisten Wagen trugen Kreideaufschriften letzten zehn Jahre bis zur Auflösung der und -zeichnungen, die alle von dem frischen, eigenständigen Volksschule Gieleroth. fröhlichen Geist der ausziehenden „Feld- Welche Rolle spielen die Schulkinder in grauen“ zeugten. Als Beisp. mögen folgende diesen Aufzeichnungen? Man mag es kaum Aufschriften dienen: glauben, sie tauchen nur als Zahlen auf. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, haben Russische Eier, erst seit 1963 die Schülerinnen und Schüler Französischer Sekt, in der Schulchronik einen Namen, ein Deutsche Hiebe, Schicksal, ein Gesicht. Hei, wie das schmeckt! Ganz korrekt ist dieser Vorwurf nicht, denn im ersten Buch ist auf vielen, vielen Jeder Schuss – ein Ruß. Seiten das Soldatenschicksal ehemaliger Jeder Stoß – ein Franzos. Schüler im Ersten Weltkrieg detailliert fest- Jeder Tritt – ein Brit. gehalten – von der Einberufung bis zur Ent- Jeder Klaps– ein Japs. lassung, wenn der Soldat das Glück hatte, Aus Serben machen wir Scherben. die/das Schlachten zu überleben. Sonst ist hinter seinem Namen ein Kreuzchen ge- Lieb Vaterland magst ruhig sein! malt, Kennzeichen für den Heldentod. Wir schlagen alles kurz und klein!“

Und so hat der Chronist das Geschehen Nur wenige Seiten später ist dann dokumentiert: folgendes zu lesen:

„Alle zogen freudig und in stolzer Begeiste- Den Heldentod fürs Vaterland starben: rung, wenngleich der Abschied schwer war. Viele Dorfbewohner begleiteten die Aus- Heinr. Ströder, Gieleroth, 26.09.15 rückenden zum Bahnhof. Hier ein letzter Ab- Simon Baum, Gieleroth 10.09.15

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Albert Seiler, Gieleroth Erst oder schon 1859 wurde ein gemein- Friedr. Burbach, Herpteroth, 09.06.15 schaftliches Schulhaus in Gieleroth gebaut. Karl Burbach, Herpteroth, 05.09.15 Schulunterricht bekam einen anderen Stel- Wilh. Burbach, Herpteroth 31.10.15 lenwert. Die Schule stand jetzt unter Auf- Wilh. Schüchen, Herpteroth 26.08.14 sicht des Staates und der Kirche, Lehrer Aug. Müller, Herpteroth, 30.10.15 erhielten eine Ausbildung, es gab die ersten Karl Wirths, Herpteroth, 24.11.14 Schulbücher. Wegen des hohen Unterrichts- Karl Räder, Herpteroth, 08.10.15 ausfalls verordnete 1875 die Königl. Regie- Karl Euteneuer, Amteroth, 08.9.14 rung, dass kirchliche Handlungen tunlichst Herm. Hommer, Amteroth, 14.11.16 in unterrichtsfreie Zeiten zu legen waren. Es Albert Hommer, Amteroth 25.10.18 ging um die Vorbereitung von Beerdigun- Jakob Wehler, Amteroth gen. Mindestens ein halber Tag ging für die Karl Hüllbüsch, Amteroth Schule jeweils verloren, weil die Lehrer von Karl Henrichs, Amteroth 19.04.18 Oberwambach und Fluterschen die Ver- Gustav Nöllgen, Gieleroth 14.04.18 pflichtung hatten, mit den Schulkindern die Wilhelm Räder, Herpteroth 18.05.16 Leichen aus ihren und weit entfernten Orten Peter Räder, Herpteroth 07.11.16 wie aus Gieleroth und Herpteroth abzuho- Heinrich Nöllgen, Herpteroth len. Die Lehrer wurden vom Abholen der Leichen in den einzelnen Orten entbunden. Bericht: 1. Teil 1854 – 1945 In Zukunft mussten auch die Toten aus Gie- leroth und Herpteroth ohne Gesang bis an Vor gut 150 Jahren hatte Herpteroth sogar den Eingang des Kirchhofs zu Almersbach eine eigene Schule. Erst 1854 wurde die gebracht werden, wo der Lehrer von Fluter- Schulgemeinde, bestehend aus den Ort- schen sie in Empfang nahm und dann den schaften Amteroth, Gieleroth und Herpte- Gesang auf dem Kirchhof und in der Kirche roth, gegründet. So jedenfalls berichteten leitete. damals ältere Leute über Schule der frühe- Die Schulferien richteten sich lange Zeit ren Zeit. nach den Bedürfnissen der Landwirtschaft: Aber was bedeutete Schule im 19. Jahr- acht Tage Frühjahrsferien, 14 Tage Heu- hundert in und um Herpteroth? Bevor ein ferien und vier Wochen zur Erntezeit im besonderes Zimmer für Unterricht gemie- Herbst. Sie variierten, wenn wegen schlech- tet wurde, wechselte der Schulraum monat- ten Wetters z. B. die Kartoffelernte nicht lich.1 Jeder, dessen Kinder den Unterricht rechtzeitig beendet werden konnte. besuchten, musste für vier Wochen einen Als Kartoffelferien, längst auf zwei Wo- Raum in seinem Haus zur Verfügung stel- chen gekürzt, aber gültig bis 1972, sind sie len. Lehrer waren die, die als Schüler durch den Älteren sicher noch heute im Gedächt- Kenntnisse aufgefallen waren. Von den Ge- nis. Die Lehrer der Schulgemeinde wechsel- meinden erhielten sie für 8 bis 12 Jahre ten häufig. Um 1890 musste das Schulhaus einen geringen Lohn. Täglich abwechselnd umfassend renoviert werden; die Bodennässe aßen sie bei den Eltern der schulpflichtigen forderte ihren Tribut. Kinder und schliefen bei einem Ortsbewoh- Im August 1904 erkrankten 89 Kinder ner, der dafür ebenfalls eine kleine Entschä- an Röteln, gefolgt von Scharlach und Diph- digung von der Gemeinde bekam. therie. Der Unterricht fiel lange Zeit aus. Im

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Alte Schule 1918/1919

Winter 1913 forderte die Lungenentzün- Kriegsdienst leisten mussten, wurden Schu- dung sogar den Tod zweier Schulkinder: len zusammengelegt, und die Unterrichtszeit Berta Mand, 7 Jahre, und Wilhelm Schnei- betrug z.T. nur noch 14 Wochenstunden. der, 11 Jahre, beide aus Herpteroth. Ende 1918 konnte der Unterricht mit Und wieder wurde über einen Umbau voller Stundenzahl wieder aufgenommen oder Neubau des Schulhauses verhandelt; werden, nachdem der Durchmarsch der 7. die Mängel waren zu gravierend geworden. Armee beendet und das Schulhaus gründlich Die Bevölkerung in den drei Ortschaften gereinigt und desinfiziert war. Die allgemeine veränderte sich. 1914/1915 sank die Schü- Versorgung wurde immer schwieriger. Da lerzahl, weil viele Eltern „um des Verdienstes wundert es nicht, dass die Schiefertafel willen in Orte mit Industrie oder besseren wieder Einzug hielt, weil ein Schreibheft z.B. Verbindungen“ zogen. 100 M kostete. Der Erste Weltkrieg zog blutige Spuren Nur langsam normalisierte sich auch das und zwang viele Schüler zu schwerer körper- Leben auf dem Lande. Doch schon Ende 1929 licher Arbeit. Von geregeltem Unterricht machten sich Anzeichen einer neuen Krise konnte nicht mehr gesprochen werden. So bemerkbar. Nicht nur die Männer von Herpte - waren z.B. im Sommer 1917 häufig 20 bis roth wurden im Winter arbeitslos. Die Preise für 30 Schüler beurlaubt, um „in Haus und landwirtschaftliche Edelprodukte fielen stetig; Garten, Feld und Werkstatt beim Klein- seit Beginn des Winters 1931/32 steigerte sich kinderwarten und am Krankenbett“ zu die Arbeitslosigkeit auf ein Höchstmaß, und helfen. Da selbstverständlich auch die Lehrer Herpteroth war am stärksten betroffen.

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Schulkinder 1928 oder 1930

Das Schulleben veränderte sich. Teilnahme Einrichtung als Hauptverbandsplatz, Ein- an Reichsjugendwettkämpfen, Elternabende berufung der Lehrer, ungewöhnliche Kälte mit Gedichtvorträgen und gesanglichen – im Winter 1942 war die Tinte noch Darbietungen, Weihnachtsfeiern mit Thea- gegen Mittag in den Tintenfässern gefroren terspiel. Das alles konnte jedoch nicht darü- – machten Unterricht unmöglich. Für ber hinwegtäuschen, dass das Schulhaus sich einige Monate fand Schule formal wieder inzwischen in einem so schlechten Zustand in den einzelnen Dörfern getrennt in befand, dass ein Neubau angedacht wurde. Häusern schulpflichtiger Kinder statt, bis Doch woher sollte das Geld dafür kommen? durch die immer näher rückende Front 1933 stand ganz im „Zeichen der nationa- auch das unmöglich wurde. len Erhebung“: Auf dem Schulhof wurde Nachdem Altenkirchen am 25.3.1945 eine Hitler-Eiche gepflanzt (27. Mai), das zum wiederholten Male Angriffsziel ameri- Sonnenwendfest (24. Juni) und das Dank- kanischer Jagdbomber geworden war, traf feuer (1. Oktober) wurden unter großer An- der Bombenhagel auf dem Rückflug auch teilnahme von Jung und Alt gefeiert. Oberwambach und Gieleroth. Das Haus August 1936 wurde allen Widrigkeiten der Witwe Peter Löhr wurde zerstört und zum Trotz die neue Lehrerdienstwohnung das des Christian Wehler schwer beschä- fertig, und die alte wurde unentgeltlich digt. Im Schulhaus zersplitterten zahlreiche der Staatsjugend und der NS-Frauenschaft Fenster. Am folgenden Tag erreichten die zur Verfügung gestellt. Die nächste Katas- Panzer Herpteroth. Sie beschossen das Dorf trophe ließ nicht mehr lange auf sich so lange, bis die weiße Flagge als Zeichen warten. der Übergabe gehisst worden war. Durch Die Schule wurde nicht nur zu Beginn diesen Feuerüberfall brannten die Wirt- des Zweiten Weltkrieges zeitweise geschlos- schaftsgebäude von Karl Hüllbüsch, Karl sen. Einquartierung von Soldaten, später Altgeld und Otto Vohl ab.

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Schulbild ca. 1935

Mit Datum des 18. Mai 1945 erhielt Artur Schneider, geb. 14.3.1898, eine Temporay Registration, jetzige Adresse: Gieleroth, Schule. Im Juli 1945 ging die Besatzung des Kreises Altenkirchen an Frankreich. Bericht: 2. Teil 1945 – 1973 Auf Anweisung der Militärregierung sollte ab dem 1. Oktober 1945 wieder regelmäßig unterrichtet werden – an zwei Vormittagen und einem Nachmittag in einem beinahe fenster losen Schulhaus, ohne Bücher und Lehrmittel, die alle im Krieg abhanden ge kom - men waren. Manchmal fiel der Unterricht über Wochen aus; die Lehrer wurden in Wissen um- geschult. Als im April 1946 die Lehrerstelle nach vier Jahren endlich wieder besetzt wurde, Letztes Schuljahr 1941: Oben von links: stellte der neue Lehrer, Artur Schneider, fest: Lina Wehler, Herta Zöllner, Inge Hommer, „Das angetretene Erbe ist nicht schön, sowohl Irene Schmuck unten von links: Artur hinsichtlich des Leistungsstandes als auch in Euteneuer, Heinz Weller, Herbert Müller Bezug auf die äußeren Umstände.“

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Der Schulsaal ließ nach des Lehrers Mei- nung nicht einmal den Vergleich mit einem modernen Stall zu. Weitere Zeugen des furchtbaren Krieges: zwei Blindgänger im Dorf vom Bombenangriff auf Gieleroth, Fahrzeugwracks in den umliegenden Wäl- dern, Hamsterer aus dem Oberkreis oder sogar aus Köln. Der Lehrer berichtete seiten- lang über die wirtschaftlichen Folgen des Krieges; des Einen Leid, des Anderen Freud'. Da das Geld seine Kaufkraft verloren hatte, standen selbstverständlich die land- wirtschaftlichen Produkte hoch im Kurs, über die der Lehrer aber nicht verfügte. Der Anlass, eindringlich die Schüler vor solchen 21. Juni 1948 brachte endlich auch für ihn Eskapaden zu warnen. Leider erfolglos. die Wende. Die Schule war der Ort, an dem Keinen Monat später erlag der elfjährige der Geburtstag der DM gefeiert wurde; hier Schüler Werner Leukel seinen schweren Ver- konnte das Kopfgeld in Empfang genom- letzungen bei einem Unfall auf der Frank- men und pro Person 60 RM gegen 60 DM furter Straße. umgetauscht werden. Ein Zitat aus der 1952 war der bauliche Zustand der Chronik, um ein wenig ins betrübte Lehrer- Schule noch immer so schlecht, dass der herz zu schauen: „Am Donnerstag vor der Unterricht mit 52 Wochenstunden an den Geldumstellung musste der Bauer Karl Müller Vor- und Nachmittagen durchgeführt wer- aus Herpteroth eine Kuh zum Preise von 360,- den musste. Es stand nur ein Schulsaal zur RM abliefern. Das Geld bekam er nach der Verfügung, und die Abortanlagen waren Umstellung, und zwar 36,- DM. Die Kuh völlig unhygienisch. Doch der Gemeinderat wanderte in den Stall eines Leuzbacher Händ- schien lange taub für die Klagen des Lehrers, lers und hatte einige Monate später schon einen obwohl Bürgermeister Flemmer sich sehr für Wert von 1.000,- DM.“ die Modernisierung der Schule einsetzte, die Auch wenn der wirtschaftliche Um- schließlich schon fast 100 Jahre auf dem Bu- schwung begonnen hatte, waren viele Eltern ckel hatte. froh, dass ihre Kinder an der Hoover-Schul- speisung teilnehmen durften. Vom 9. Mai 1949 bis 31. März 1950 wurden 26 Kinder unentgeltlich mit dem Nötigsten versorgt. Am 12. Juli 1950 verunglückte der zwölfjährige Schüler Winfried Müller aus Gieleroth tödlich. Er hatte, von Altenkir- chen kommend, versucht, sich auf seinem Fahrrad von einem mit Sand beladenen An- hänger ziehen zu lassen und geriet unter das Vorderrad. Die Beerdigung auf dem Herp- terother Friedhof nahm der Lehrer zum Neubau der Schule von 1957

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Schulneulinge 1954 – von links: Reinhold Müller, Horst Flemmer, Margitta Schmuck, Karl-Hans Wehler, Günter Löhr

Eine kleine Sensation? Ein Foto der Schul- aus Gieleroth neulinge 1954 war es wert, in die Schul- Margarete Enders, heute Müller, Gieleroth chronik aufgenommen zu werden. Die Margitta Schmuck, heute Thiel, Altenkirchen Namen der fünf Kinder wurden damals noch nicht aufgeschrieben. Wieder vergin- aus Herpteroth gen Jahre, bis das Ringen um einen Neu- Norbert Kupzug, heute München bau der Schule endlich Erfolg hatte. Die Brunhilde Löhr, heute Dormann, Hachenburg Zeitung konnte berichten: „Stätte der Bil- Brigitte Müller, heute Schneider, Herpteroth dung, des Wissens und Gewissens – Abschied Und aus der Oberstufe vom fast 100jährigen Schulhaus in Gieleroth“ aus Amteroth Am 10.12.1957 fand eine schlichte Feier Ursula Hülbüsch, heute Nöchel, Amteroth zur Weihe der neuen zweiklassigen Schule Hans Eugen Schneider, heute Ratzert statt. Schüler und Schülerinnen der Unter- und Oberstufe sagten Gedichte auf. Bür- aus Gieleroth germeister Emil Flemmer hielt eine kurze Inge Nöllgen, heute Schmal, Eiserfeld Ansprache, und jedes Kind erhielt zur Erin- Brigitte Schumann, heute Velten, Wahlrod nerung an diesen Tag eine große Brezel. Helmut Seeger, Gieleroth Eine besonders große erhielten sicher die Anneli Weller, heute Schneider, Gieleroth Kinder, die ein Gedicht aufgesagt hatten: aus Herpteroth Aus der Unterstufe waren das Marianne Dege, heute Höller, Leichlingen aus Amteroth Achim Heyer, unbekannt verzogen Günter Löhr, verstorben Margot Jüngerich, heute Müller, Winkelbach Inge Schäfer, heute Sanner, Ellingen Ernst-Werner Sohns, unbekannt verzogen Manfred Weingarten, heute Hamburg Margarete Wirths, heute Schulte, Herpteroth

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Unvergessen bleibt Frau Schulte der Anfang war sicher eine Folge der Technik und der des von ihr vorgetragenen Gedichtes: langsam steigenden Lebensverhältnisse. Aber Du liebe alte Schule, du siehst so traurig aus. vielmehr sind sie ein untrügliches Zeichen Ich glaube gar du merkst etwas, wir ziehen dafür, dass sich die Einstellung zu jungen heute aus. Menschen gewandelt hatte. Noch sechs Jahre, bis zu seiner Pensionie- Endlich ist zu erfahren, dass auch Aus- rung am 29. März 1963, konnte Lehrer flüge mit den Schülerinnen und Schülern Schneider in der neuen Schule unterrichten. unternommen wurden. Am 2. 09.1964 wur- Ihm folgte Erhard Aßmann. den die Marksburg und die Loreley besucht. Er war es, der zum ersten Male seinen In Bad Ems, jetzt schon auf dem Heim- Schülern in der Chronik einen Namen gab. weg, gab es eine Stadtbesichtigung und eine Am 20.3.1964 wurden folgende Schülerinnen Dampferfahrt. Lehrer Aßmann war fest und Schüler im Rahmen einer Feierstunde aus davon überzeugt, dass die Kinder den Blick der Volkschule entlassen: vom hohen Felsen der Loreley ins Rheintal 1. Ursula Falkenhahn, Gieleroth niemals vergessen würden. 2. Elfriede Baldus, Amteroth Zwei Jahre später, Anfang September 3. Renate Bachenberg, Amteroth 1966, war Frankfurt das Ziel des Jahresaus- 4. Gerhard Müller, Amteroth fluges. Es wurde der Rhein-Main-Flughafen 5. Günter Rahn, Herpteroth. besichtigt, und ein Besuch im Zoo schloss sich an. Auf der Rückfahrt durch den Tau- Zum Schuljahresbeginn 1964/65 erhielten die nus gab es noch einen Halt in Limburg mit Schulneulinge in der Chronik auch ein Gesicht. einer kurzen Dombesichtigung. Gutenberg- Dass ab 1954 Fotos der Schülerinnen museum, Mainzer Dom, Niederwalddenk- und Schüler in der Chronik zu sehen sind, mal, Loreley und das Deutsche Eck waren

Schulneulinge 1964 – Auf dem Bild stellen sich die diesjährigen Schulanfänger vor (Lehrerin: Frl. Kuhn – nach Heirat Frau Jäger): v.l.: Luise Augst, Amteroth; Annegret Berger, Amteroth; Rainer Weingarten, Amteroth; Edgar Scharfenstein, Amteroth; Uwe Schmidt,Gieleroth; Margit Schmuck, Gieleroth; Jutta Schäfer, Amteroth

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Stationen auf dem Jahresausflug der Ober- 7. August 1973 – Verabschiedungsfeier stufe im folgenden Schuljahr. Als besondere Abwechslung wurde den Kindern 1968 eine „Der Reinhardsche Saal konnte nicht alle Be- kombinierte Eisenbahn-Schiffsreise – mit sucher aufnehmen, viele mussten vom Schank- der Bahn nach Ehrenbreitstein, von dort per raum der Feier beiwohnen. Bürgermeister Dampfer die Mosel aufwärts – geboten. Lindlein hob in seiner Begrüßung die Bedeu- Ab 1967 liefen die Maßnahmen zur Zen- tung dieser Stunde hervor: Es gilt Abschied zu tralisierung der Volksschulen, um allen Kin- nehmen von der Dorfschule. Unbestreitbar hat dern die gleichen Bildungschancen zu sie eine ehrenvolle Verabschiedung verdient. gewährleisten. Das Ende der Volksschule Das sind wir ihr schuldig, gab doch unsere Gieleroth nahte. Mitte 1973 schloss sie für Volksschule in 119 Jahren vielen Generationen immer ihre Pforten. das geistige Rüstzeug zum späteren Lebenser- werb. Zwei Auszüge aus der Schulchronik:

27. Juni 1973 – Der letzte Schultag der Volkschule Gieleroth

„Nach 119 Jahren schließt mit dem heutigen Tage die Volksschule Gieleroth für immer ihre Pforten. 25 Lehrer und Lehrerinnen haben ihr gedient. Bis zum Bau der neuen Lehrer- dienstwohnung und bis zur Einrichtung der zweiten Lehrerstelle stellte der Dienst an der hiesigen Schule überaus große Anforderungen Im Saal der Gaststätte Reinhard fand 1973 an den amtierenden Kollegen: hohe Kinder- die Abschiedsfeier für die Schule statt zahl (65- 70) nur ein Klassenraum ohne Gruppen raum, bescheidene Ausstattung mit Dann gab der Bürgermeister einen zusammen- Lehr- und Lernmitteln und dazu die feuchte, fassenden Bericht über die Schulchronik aus nasse und gesundheitsschädigende sowie der Sicht der Gemeinde. Alle bediensteten möbelvernichtende Lehrerdienstwohnung. Lehrer und Lehrerinnen, auch die Kollegen, Nicht jeder Lehrer war diesen Anforderun- die Vertretungsunterricht in Gieleroth gehalten gen und Unbilden auf die Dauer gewachsen. haben, wurden namentlich erwähnt, zeit - Das erklärt wohl den häufigen Wechsel der gemäße Begebenheiten fehlten nicht. Aufmerk- Lehrer an dieser Schule. Trotzdem kann wohl sam und mit großen Interesse verfolgten die abschließend festgestellt werden, dass die Zuhörer die Ausführungen des Referenten. Volksschule Gieleroth in ihrer Zeit ihre Mancher frischte alte Erinnerungen aus seiner Aufgabe als Bildungs- und Erziehungsstätte Schulzeit auf und war freudig überrascht, voll erfüllt hat.“ Ereignisse aus längst vergangener Zeit zu hören. Abschließend würdigte der Bürger- meister die Verdienste von Frau Frieda Weller.

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Als Handarbeitslehrerin habe sie 26 Jahre den nen und Schüler ausgeliefert waren. Und Mädchen das Stopfen, Stricken, Häkeln und alle, alle Eintragungen wurden von der Nähen gelehrt. Als Dank überreichte ihr der Schulaufsicht gegengezeichnet – Mitte des Bürgermeister einen Blumenstrauß und eine 19. Jahrhunderts noch vom Superinten - runde Wäschetruhe. denten der Kirche, ab 1872 durch staatli- Der Vorsitzende des Elternbeirats Helmut che Institutionen. Becker wies in seinem Schlusswort darauf hin, Diese Art des Chronikschreibens hing dass die Probleme der Schule viel stärker als sicher nicht zuletzt mit dem allgemeinen bisher die Eltern beschäftigen werden. Rollenverständnis des Lehrers zusammen, der in der dörflichen Hierarchie als Studier- Georg Schülzke ter bis weit in die Mitte des vorigen Jahr- Schulleiter“ hunderts gleich hinter dem Pfarrer und manchmal sogar vor dem Ortsvorsteher Quasi ein Nachwort: Dürftig erscheinen kam. Lehrer = Dienstleister für die Kinder? aus heutiger Sicht die Informationen über Ein Gedanke der Moderne. Doch späte- die Schulkinder, ihre Entwicklung, ihren stens nach dem Zweiten Weltkrieg, so hat Schulalltag. Welche Lehrinhalte wurden es den Anschein, standen und stehen für über die grundsätzlichen Kulturtechniken die Lehrer das Wohl der Kinder im Mittel- – Schreiben, Lesen, Rechnen – hinaus punkt ihres beruflichen Denkens. vermittelt? Viel ausführlicher erörterten die Lehrer in der von ihnen geschriebenen Lehrerliste Schulchronik die Themen Wegebau, Wasser leitung, Kanalisation, Unwetter - Von 1854 bis 1939, die Zeit , in der die schäden, Finanzlage der Gemeinde. Und drei Orte einen Schulverband bildeten, zunehmend fand die Tagespolitik Eingang. waren an der Schule Gieleroth als Lehrer Für die Weimarer Zeit reichte scheinbar die tätig: einmalige Niederschrift des Ergebnisses der Wahl vom 19.1.1919 zur deutschen und Heinrich Schneider 1855 – 1861 preußischen Nationalversammlung. Das Georg Bender 1861 – 1864 änderte sich ab 1933 gewaltig, als „die Schmoll 1864 – 1872 Arbeit im Berichtsjahr ... ganz im Zeichen Simon Müller 1873 – 1874 der nationalen Erhebung (stand).“ Und neun Wilhelm Löhr 1875 – 1878 Jahre später ist zu lesen: Wilhelm Schumacher 1878 – 1880 „Mit Beginn des neuen Schuljahres wurden Karl Wirth 1880 – 1882 12 Kinder aufgenommen. 6 Knaben und 6 Christian Höhler 1883 – 1889 Mädchen. Die Gesamtschülerzahl betrug 63. Jakob Sulzbacher 1890 – 1907 Getreu dem Motto: „Keiner ist zu klein, Max Hoerning 1907 Helfer des Führers zu sein“haben auch die Jakob Daum 1907 – 1908 Schulkinder in diesem Jahre durch ihre Tesch 1908 – 1911 Sammmeltätigkeit Anteil u. Beitrag an den Karl Rexroth 1912 – 1927 großen Erfolgen des Jahres 1942 gegeben.“ Wilhelm Keul 1927 – 1934 Es bedarf keiner Fantasie, um sich aus- Deflize und Collet 1934 – 1935 zumalen, welcher Doktrin die Schülerin- Gustav Voß 1935 – 1942

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links: Lehrerhaus, Mitte: Aborte, rechts: Schulhaus

Zu verschiedenen Zeiten waren auch Lehrer Nach der Einberufung des Lehrers Voß aus den benachbarten Schulen vertretungs- wechselten bis 1945 die Lehrer ständig. weise in Gieleroth tätig, so Philipp Mertgen, Außer Boymanns waren das Herr Lemmler Gerhard Lindscheid, Otto Altgeld (alle von Wissen, Hermann Heyermann aus Köln Oberwambach) und Wilhelm Boymans und Frl. Serbal aus Altenkirchen. (Michelbach). Kontinuität trat erst am Ende des Krie- Und der Grund, weshalb die Lehrer in ges ein. Artur Schneider, geb. 14.3.1898, Gieleroth so häufig wechselten? Sie nennen wurde nach seiner Entlassung aus der ihn selbst in der von ihnen geschriebenen französischen Kriegsgefangenschaft an die Schulchronik: schlechte Wohnverhältnisse Schule Gieleroth versetzt. in den Schulgebäuden, hohe Kinderzahl. Das änderte sich erst Mitte der 30er Jahre, nachdem die Gemeinde eine neue Lehrer- dienstwohnung hatte bauen lassen.

Lehrer Artur Schneider Lehrer Alfred Leyendecker

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Artur Schneider 1946 – 1963 Alfred Schumacher 1954 – 1955 Frieda Weller Alfred Leyendecker 1955 – 1961 (Handarbeitslehrerin) 1947 (?) – 1973 Brigitte Christine Kuhn Erhard Aßmann 1963 –1969 verheiratete Jäger 1961 – 1965 Georg Schülzke 1971 – 1973 Lothar Schwab 1965 – 1967 Am 24.11.1952 wurde eine zweite Lehrer- Christa Schneider 1967 – 1969 stelle geschaffen, die vor allem folgende Per- Jakob Gerholdt 1969 – 1972 sonen inne hatten. versetzt an das Westerwald–Gymnasium Altenkirchen Wilhelm Mand 1952 – 1954 E. Heck 1969 – 1971 Karl Heinz Klein als Halbtagskraft (nur einen Monat lang) 1954

1 Anmerkung: Oft wird dann von Wanderschule gespro- genannt nach den Wandelgängen, die den Schauplatz chen. Korrekt muss es aber Wandelschule heißen – nach seines Wirkens, das Lyzeum, umgaben. Aristoteles, der die Peripatetische Schule gründete, so

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Spatzennest Gieleroth

enau 2.271 Tage sind es her, dass die Orffschen Instrumenten gelang es ihnen an- G Gielerother Volksschule für immer scheinend mühelos, alle bestens zu unterhal- ihre Pforten schloss, und heute, am 15. De- ten. Seit wenigen Monaten waren sie die zember 1979, verkündet Ortsbürgermeister Auserwählten, die schon in den neuen Räum- Friedhelm Lindlein mit verhaltenem Stolz, lichkeiten betreut wurden, 47 Kinder der Ge- dass eine 120jährige Tradition fortgesetzt wer- meinden Gieleroth, Michelbach, Ingelbach den kann, denn in das Haus, das über so viele und Berod. Ein auf Kosten des Landes einge- Generationen hinweg dörflicher Mittelpunkt richteter Pendelverkehr brachte und bringt von Amteroth, Gieleroth und Herpteroth ge- die Kinder sicher nach Gieleroth. Der Weg zu wesen ist, hält neues Leben Einzug. Ein Kin- mehr Chancengleichheit war beschritten. dergarten ist Nachfolger der im Sommer Welche Herzen haben wohl damals 1973 geschlossenen Schule. schneller geschlagen? Die der Kinder, die Nach dem Umbau der Volksschule für die ihren ersten Auftritt hatten, die der Eltern, die Bedürfnisse eines Zwei-Gruppen-Kindergar- immer mitzittern, wenn ihre Sprösslinge tens wurde der sechste kommunale Kinder- präsentiert werden oder waren die Erziehe- garten in der Verbandsgemeinde Altenkirchen rinnen, Brigitte Leins als Kindergartenleite- seiner Bestimmung übergeben. Zur Überga- rin und ihre Mitarbeiterinnen Sonja Hampp befeier im Reinhardschen Saal begrüßte Ver- und Elke Reinhardt, die Aufgeregtesten? Die bandsbürgermeister Karlheinz Klöckner Kleinen ernteten den Applaus der Gäste; ihre neben den Eltern die zahlreichen Gäste aus Helferinnen erhielten Blumen, die ihnen Verwaltung, kommunalen Vertretungskör- Ortsbürgermeister Friedhelm Lindlein mit perschaften, der Kirche und Schule. Das üb- einem herzlichen Dankeschön überreichte. liche Procedere nahm seinen Lauf. Schließlich Und auch dieser Tag liegt nun schon wieder forderten die Kinder die Aufmerksamkeit der 28 Jahre zurück. Im Amt der Leiterin folgte Anwesenden. Mit Lied, Tanz und Musik auf im Herbst 1988 Sonja Hampp, die seit ihrer

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Hochzeit den Namen Sonja Wenzel trägt. Ab- Und wie verhielt es sich mit dem Platz, der gelöst wurde sie im Herbst 1994 von Chris- den immer größer werdenden Gruppen zur tine Mohr-Graben, und seit 1. Oktober 1997 Verfügung stand? Zeitweise besuchten mehr ist Heike Tibusek die tüchtige Frontfrau, als 100 Kinder den Gielerother Kindergarten, unterstützt von ihrem starken Team: Tanja der zum Zehnjährigen den Namen Spatzen- Ehlgen, Pia Henn, Sascha Klein, Maike Löhr, nest erhielt. 1990 reifte bei den Eltern die Julia Schneider. Idee, den Kindern zusätzliche Spielräume in Vieles hat sich verändert. Seit ungefähr Form von Innenbalkonen zu schaffen. Sie be- vier Jahren arbeitet im Kindergarten Giele- schränkten sich nicht auf die Anregung, son- roth entsprechend dem rheinland-pfälzischen dern opferten ihre Zeit und Arbeitskraft und Kindertagesstättengesetz eine zusätzliche schenkten den Kindern damit ein Drittel Halbtagskraft, die Integrationshilfe leistet und mehr Platz. Letztlich war das jedoch nur ein darunter nicht nur Sprachförderung versteht. Tropfen auf einen heißen Stein. Der Kinder- Inzwischen kommt jetzt sogar einmal pro garten musste dringend erweitert werden. Woche eine weitere Teilzeitkraft, um mit dazu Wie rasant die Bedürfnisse stiegen, lässt sich beizutragen, den neuen Fünf-Punkte-Plan des ermessen, dass bei der Einweihung des An- Landes mit dem fantastisch klingenden Titel baus für den 3. Gruppenraum Heike Tibusek „Zukunftschance Kinder – Bildung von beklagte, dass eine vierte Gruppe weiterhin in Anfang an“ zu realisieren. Das ist ein Projekt, der Turnhalle untergebracht werden musste. zu dem man ehrlicherweise sagen muss: Da Beispielhaft war wieder das Elternengage- gibt's noch einiges zu tun, auch wenn die ver- ment: Auf dem angrenzenden Gründstück besserte Fortbildung der Erzieherinnen schon von 500 qm, das die Gemeinde Gieleroth in vollem Gange läuft und die Befreiung vom dem Kindergarten zur Verfügung stellte, Elternbeitrag im letzten Kiga-Jahr bereits um- schufen die Eltern in 350 Arbeitsstunden gesetzt ist. einen naturnahen Spielplatz: Sandschiff, Waren es 1979 nur Regelkinder, d.h. die Matschstelle, Weidentunnel und -tipi. Unter drei- bis sechsjährigen, die den Kindergar- fachkundiger Anleitung von Bernd Euteneuer ten besuchen durften, werden seit Sommer nahmen sie Maß, stemmten und hämmerten 2006 auch Zweijährige ins Spatzennest auf- sie. Das neue Spielplatzgelände erhielt einen genommen. Eichenholzzaun und war außerhalb der Öff- nungszeiten des Kindergartens als öffentlicher Spielplatz zugänglich. Kein Jahr später mel- dete die Rheinzeitung: Sinnlose Zerstörung am Wochenende 10./11. April 1999. Fas- sungslosigkeit herrschte bei den Großen und den Kleinen. Und wieder waren es die Eltern, die umgehend mit den Instandsetzungsarbei- ten begannen. In der Gewissheit, dass solche sinnlosen Zerstörungen sich nie allein gegen die Betroffenen richten, sondern immer auch gegen die Gesellschaft, verharrten sie nicht beim Klagen. Das ist nicht hilfreich, vielmehr Das „Spatzennest“ zur Mittagszeit sind Überzeugungsarbeit und Zivilcourage

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gefragt, um vielleicht solche Vorfälle zu ver- tung von Herbst- und Weihnachtsmärkten, hindern. Laternenumzüge zu Sankt Martin, Projektar- Es gäbe noch so Vieles zu berichten. Vor- beiten, Tage der Offenen Tür, Info-Abende zu bildlich, was die Erzieherinnen mit „ihren“ unterschiedlichsten Themen und-und-und Kindern unternahmen und unternehmen. Hervorgehoben werden muss, dass die Nur ein paar Beispiele aus dem umfangrei- Kinder immer wieder die Erfahrung machen chen Katalog: Familienausflüge für groß und durften, dass Teilen und Helfen froh macht. klein, Feiern zu den verschiedensten Anläs- Mit Unterstützung der Eltern und Erziehe- sen, bei denen die Kinder ihr Können unter rinnen erwirtschafteten die Kinder Geld, das Beweis stellen, Feuerwehr- und Museumsbe- sie Notleidenden schenkten: der Jugoslawien- suche, Blick in eine Zahnarztpraxis, Schmü- hilfe, dem DAHW, (Deutsches Aussätzigen cken der Weihnachtsbäume in den Banken Hilfswerk e.V.), im Rahmen einer bundeswei- der Kreisstadt mit Selbstgebasteltem, Gestal- ten Hilfsaktion Kinder helfen Kindern, der Kinderkrebshilfe Gieleroth, um nur einige Beispiele zu nennen. Nicht unter den Tisch fallen, soll der Boys-Day im Kindergarten. Seit 2003 haben auch Jungen die Möglich- keit, einen Tag lang die Arbeit im Kindergar- ten zu erfahren. Ihr Fazit, das immer wieder zu hören ist: Das ist ein harter Job. Den werd' ich nicht anstreben. Es ist ausgezeichnete Ar- beit, die die verantwortlichen Erzieherinnen leisten, und sie versäumen nicht, den Eltern für ihr großes Interesse und ihre Mitarbeit zu danken. Ihr Dank gilt ebenso der Orts- gemeinde und der Verbandsgemeinde für vielfältige Unterstützung. Zum Schluss ein paar Sätze aus Heike Tibuseks Rede am letzten runden Geburtstag des Spatzennestes: „Einige Kinder sind wie Pflänzchen – noch sehr zart und wackelig. Sie müssen liebevoll gestützt werden, sobald der Wind kommt. Andere haben schon ganz schöne Dornen entwickelt und es bedarf einiger Anstrengungen, an ihre herrlichen Früchte zu kommen. Wir wünschen uns, dass wir auch weiter- hin in der guten Zusammenarbeit mit dem Elternhaus noch bei so mancher Verwurze- lung und zartem Wachstum helfen können. Wir hoffen und wünschen unseren Kindern, dass sie in ihrer Verschiedenartigkeit starke Persönlichkeiten werden.“

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Schneefreuden

eden Winter warten alle Kinder darauf, waren ebenfalls beliebte Strecken. Oft wur- J dass Frau Holle tüchtig ihre Betten den auch die Schlitten aneinander gebun- schüttelt und so viel Schnee auf die Erde den, und alle Kinder fuhren wie in einem fällt, dass sie endlich ihre Schlitten heraus- Zug. Das machte riesigen Spaß, und heim- holen können. So auch die Kinder in Herp- gegangen wurde erst, wenn es dunkel wurde teroth. In den letzten Jahren aber hofften sie oder Hosen und Schuhe völlig durchnässt oft vergeblich. Früher, da war das noch ganz waren. Die Winterkleidung bestand damals anders. Zur Winterszeit lag wochenlang eine meist aus hohen Lederschuhen oder Gummi- dicke Schneedecke auf Feldern, Wiesen, stiefeln, Trainingshose, Anorak, selbstgestrick- Straßen und Häusern. Die Älteren erinnern ten Wollhandschuhen und Mütze, denn sich gern an ihre Kinderzeit. Vor gut 50 Schneeanzüge waren noch unbekannt. Jeden Jahren, als noch nicht so viele Autos durch Tag gemeinsam die Winterfreuden zu erle- den Ort fuhren und auch der Schneepflug ben, war für die Kinder eine Wonne. Getrübt nicht jeden Tag die weiße wegräumte, wurde die Freude nur, wenn manche Leute wurden die Straßen für sie zu herrlichen Asche auf die Schlittenbahn streuten. Schlittenbahnen. Waren nach der Schule die Auch in den 80ern schneite es manchmal Hausaufgaben endlich erledigt, trafen sie noch so heftig, dass die Kinder Schlitten fah- sich. Wer sauste am schnellsten den Berg ren konnten. Die Straßen waren tabu, um hinunter? so übermütiger fuhren sie rasant die kleinen Abhänge im Dorf hinunter auf die Feld- wege. Lachend stapften sie anschließend z.B. den Hang hinter dem Steinbruch hinauf, um wieder und wieder mit größtem Vergnü- gen hinab zu sausen – und der treue Hund begleitete auch sie.

Winter 1954/55 in Herpteroth

Eine besonders gute Strecke war die von der Leimpöl die Hohl hinunter bis ins Überdorf. Von der Bergstraße über den Kreuzweg bis Lauterbachs, vom Lüchesweg durchs Dorf über den Kreuzweg bis zum Padweg in die Wiesen oder von Apelts Haus in die Wiesen Winterdienst 1977/78 in Amteroth

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Winterdienst 1942/43 in Herpteroth

Rodeln am Augstberg im Winter 1977/78

Winter 1985 in Herpteroth

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Iglubau im Winter 1977/78

„Ski und Rodel gut“, Amteroth ca. 1981

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Gewerbebetriebe

Lebensmittelgeschäfte in Gieleroth, Mit Mut ließ sich das Geschäftesterben Herpteroth und Amteroth nicht aufhalten.

ie jüngeren Einwohner mögen es viel- Aufgegebene Lebensmittelgeschäfte Dleicht nicht glauben, aber es hat tat- sächlich Lebensmittelgeschäfte in unseren • „Abbels“ in Gieleroth, Frankfurter Straße Dörfern gegeben, und sie wurden mit viel • Louise Vohl („Müllersch Louwischen“) Liebe und Enthusiasmus geführt. Aber als sich in Herpteroth bis 1953. nur noch Kunden sehen ließen, wenn sie • Hildegard Werkhausen („Wilms Hilde- etwas in Altenkirchen vergessen hatten, konn- gard“) in Herpteroth bis 1966 ten die Läden sich nicht mehr halten, auch • Else Löhr („Lürch Else“) hatte einen wenn Kinder sich als wirklich treue Kunden A&O-Laden von 1958 – 1980 erwiesen, die aus dem großen Glas die Bon- • Luise Becker in Amteroth bis 1969 bons mit Fruchtgeschmack für einen Pfennig • „Minna“ Wehler („Schrängersch“) in oder für zehn Pfennig eine Tüte Waldmeister Amteroth bis 1966 Brausepulver kauften. „Lukas Hedwig“ in Gieleroth widersetzte sich lange, musste sich „Mobile Läden“ versuchen, die Lücke zu aber schließlich auch dem Trend beugen. schließen.

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Bäckerei Schneider: Viermal pro Woche fährt der ist zugleich eine wichtige Stätte der Kom- das „Mobil Schneider“ durch unsere Dörfer munikation. Hier hat man noch Zeit für ein und wird sehnlichst erwartet, nicht nur Schwätzchen, und die Neuigkeiten aus dem wegen des leckeren Kuchens und der guten Ort und der näheren Umgebung werden Brotlaibe. – Das Mobil der Bäckerei Schnei- ausgetauscht.1

Die große Hühnerfarm von Heinz Weller („Hermen Heinz“) gab es seit 1954. Die Herpterother und viele Leute aus den um- liegenden Dörfern holten dort gerne frische Eier, und Tochter Renate fährt ihre Fri- scheier-Tour sogar bis in den Oberwester- wald.

Handwerker in Herpteroth Der Stellmacher Wilhelm Mand (da Wöh- ner – Herta Schneiders Großvater) betrieb von von 1898 bis 1950 im Hof der heuti- Gaststätten – auch die gab es einmal! gen Mittelstr. 6 eine Wagnerei. In Gieleroth waren es die Gaststätte „Zur Schuster Peter Müller (Davids Peter) und Tränke“ (bis 1990) und die „Gielerother Stefan Baba (Anleis Stefan) Höhe“ (bis 2000). In Herpteroth gab es von besohlten bis 1960 die Schuhe der Herpte- 1950–1957 die Gastwirtschaft Schneider rother. („Lauterbachs“).

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Handwerksbetriebe und Händler in Gieleroth:

Bauelementehandel Schneider

Antiquitäten in der „Gielerother Höhe“

Fliesenhandel Jungmann

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In Herpteroth

• Malergeschäft Karl-Willi Schneider, • Bauunternehmung André Bunse, Mittelstraße Brunnenstraße

In Amteroth

Schreinerei und Möbelhandlung Euteneuer, Semseg – die Schreinerei besteht seit dem Jahr 1880

Heizungsbau Norbert und Daniel Jansen, Hohlweg (2007 Fotomontage)

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Ehemalige Gewerbebetriebe – wie sie in den alten Einwohnerlisten eingetragen waren

1925

1929/30

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1940

1 Willi Wirth, 100 Jahre Bäckerei Schneider in Oberwam- bach, Heimatjahrbuch 2001, S.85

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Landwirtschaft im Wandel

Grete Euteneuer und ihr Bruder Karl-Hans 1938

b Mitte der 60er Jahre vollzog sich Markt ohne große innere Handelsschranken A innerhalb der Gemeinde ein Struktur- Angebot und Nachfrage völlig auseinander. wandel, der sicherlich seit einigen Jahren Anstatt eine bedarfs- oder qualitätsorien- abgeschlossen ist. Waren Gieleroth, Herpte- tierte Angebotspolitik zu steuern oder zu roth und Amteroth über Jahrhunderte als fördern, wurden immer unter dem Primat, „Selbstversorger“ landwirtschaftlich geprägt die Lebensmittelpreise für die Verbraucher und verfügten über eine Vielzahl von klei- möglichst niedrig zu halten, Mindesterzeu- nen und kleinsten landwirtschaftlichen gerpreise festgelegt und entsprechend sub- Betrie ben mit drei oder vier Kühen, eine ventioniert, die zwar in Grenzen einen Handvoll Schweinen und Hühnern, wurde sicheren Absatz garantierten, aber Produk- seit Ende der 60er Jahre die Zahl der Neben- tionssteigerungen bei billigeren Erlösen erwerbslandwirte immer geringer. In den erzwangen, wodurch für die „Großen“ gleich- 80er und 90er Jahren wurden auch bis dahin zeitig ein Wettbewerbsvorteil und damit größere landwirtschaftliche Betriebe, Voll- höhere Gewinne festgeschrieben wurden. erwerbslandwirtschaften, fast vollständig Jedenfalls wurde die Stilllegung landwirt- aufgegeben, zumeist zu Zeitpunkten, an schaftlicher Flächen gefördert und zusätzlich denen ein Generationswechsel angestanden die Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe. hätte. Dies war die Zeit, in der der Staat, Dies hatte zur Folge, dass Bauern auch mit bzw. die immer stärker werdende EU, diri- einer ordentlichen Betriebsgröße, einer wirk- gierend in den Markt „Landwirtschaft“ ein- lich guten baulichen und maschinellen Aus- griff, Butter- und Rindfleischberge entstanden, stattung, die wirtschaftlich immer „gut über Milchseen wurden plötzlich existent, kurz: die Runden kamen“ – aber eben auch gut Europaweit liefen in einem gemeinsamen rechnen konnten –, zur Überzeugung ge-

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langten, im eigentlich noch nicht geplanten bunden ist, hält man dies kaum für möglich. Ruhestand finanziell besser zu stehen, als Zahlen des Statistischen Landesamtes für weiter ihre Landwirtschaft zu betreiben. Gieleroth, die für sich im Einzelnen betrach- Wenn man sieht, welches Kapital auf stillge- tet durchaus diskussionswürdig – zweifelhaft legten Höfen in Anlagen und Maschinen ge- wären, belegen die Entwicklung:

Jahr Rinder Schafe Schweine Landwirte ha/Betrieb

1950 484 24 397 1973 534 26 496 46 8 1979 554 29 357 42 8 1988 497 0 112 33 11 1999 293 0 0 13 19 2003 236 0 0 10 24

Übersetzt heißt das: In weniger als 30 Jah- Die Tendenz setzt sich fort. Es verblieben bis ren bewirtschaftet ¼ der Bauern rund 70 % heute wenige landwirtschaftliche Betriebe, der ehemaligen Flächen; die durchschnittli- etwa der von Hartmut Henrichs in Amte- che Betriebsgröße hat sich verdreifacht bei roth, der heute allein mehr Flächen bewirt- einer Konzentration ausschließlich auf schaftet als vor 30 Jahren alle Amterother Milchwirtschaft oder Ackerbau. Bauern zusammen.

Amteroth ist nun von Grünland umgeben – 2006 – , im Jahr 1984 wuchs auf denselben Flächen noch Getreide

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Für den Unterhalt seiner 130 – 150 Rinder Außer Hartmut Henrichs gibt es nur einen (davon 50 - 60 Milchkühe) bewirtschaftet er zweiten Vollerwerbslandwirt in unserer ca. 80 ha Grünland und ca. 25 ha Acker- Gemeinde. Das ist Wolfgang Sautter mit land. Damit kann er sein Vieh weitgehend eigenen und Pensionspferden: mit Futter aus eigener Produktion versorgen.

Getreideernte 1938

Im Herbst 1984 fuhren Panzer über die Stoppelfelder zwischen Semseg und Amteroth

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Blick von der Semseg auf Amteroth – 1977

Blick von der Semseg auf Amteroth – 2006

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Heuernte

Bilder sagen viel mehr als Worte:

Eine Heuladung wird mit dem Heubaum befestigt

Für die Seniorinnen und Senioren unserer Dörfer sind diese Fotos fester Bestandteil ihrer Kindheitserinnerungen. Was taucht zu- Heu wird gewendet – in Amteroth erst aus der Vergangenheit auf? Gedanken an die mühsame Arbeit oder die Freude und der Stolz, mithelfen zu können, einbezogen ge- wesen zu sein in die Welt der Erwachsenen? Nur der geringste Teil der Stöpsel heute hat das Vergnügen, mit Opa auf dem Traktor wenigstens auf die Weide zu fahren. Mähen, Wenden, Zusammenharken, nachdem das Gras zu Heu getrocknet war, – alles per Heu wird aufgeladen 1928 – Die „Heu- Hand, Kühe und Pferde als Zugtiere, das bäume“ hängen unter dem Wagen kennen sie nur noch vom Erzählen. Heute leisten Maschinen die schwere Ar- beit, und das Heu wird in kleine Eckballen oder in große, mehrere hundert Kilo schwere Quader- oder Rundballen gepresst. Die Rundballen haben etwa das Gewicht bzw. das Volumen von 40 Quaderballen. Ein Heufuder entspricht etwa der Menge von 40 bis 80 Quaderballen. Daraus ergibt sich, dass in 1 - 2 Rundballen die Heumenge eines Heufuders enthalten ist. – Ja, so haben sich die Zeiten geändert! – Wegen des unbeständigen Westerwald- Wetters wird das Gras nach einer Teiltrock- Heu wird auf dem Wagen festgetreten nung zu „Silage“ oder „Heulage“ vergoren.

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Emil Hommer unter seinem Heuaufzug Heukran an Seelbachs Scheune (Kran) („Hannesjes“) (links) (Hauptstraße mit Abzweigung „Auf der alten Bitz“)

Entladen des Ladewagens am Heu - gebläse1978 bei Schöffen Quaderballen in Herpteroth

Rundballen 2007

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Heimtransport von Rundballen 2007 – Zum Vergleich: Zwei dieser Rundballen fassen die Heumenge eines alten Heufuders Silage-Ladewagen „Auf dem Triesch“

Abladen des Silagegrases auf dem Fahr- bzw. Flachsilo

Das teilgetrocknete Heu lagert in den mit Folie eingewickelten Rundballen auf den Wiesen. Die Pferde „Wolkenspiel“, „Bodo“ und „Fritzchen“ erhalten ihr Heu aus Rundballen auf der Weide (Foto im März 2007 am Ortsrand von Herpteroth in Richtung Amteroth aufgenommen.)

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Heuernte im Amterother Wiesental

Wolkenlos, grau-blauer Himmel, unbarmherzig heiße Luft. Windesstille, sinnberauschend steigt herauf ein herber Duft. Auf den Wiesen reges Leben, braungebrannt, mit flinken Händen, Frau'n und Männer bei der Ernte mähen, häufeln, harken, wenden. Mit den Rechen, mit den Gabeln, raschelnd fliegt das Heu zu Haufen, aufgeladen auf den Wagen, es gibt kein Ruhen, kein Verschnaufen.

Kaum sieht man Gespann und Räder, hoch der Wagen, schwankt gefüllt. Weiße Tücher, braune Körper, bunt das Leben, bunt das Bild. Bronz'ne Rücken, Sensen blitzen in der prallen Mittagssonne. Rufen, lachen, hier und drüben, „Erntewetter, welche Wonne“.

Abend senkt sich schon hernieder, nun die Arbeit ist vollbracht. „Brav, ihr Burschen, brav, ihr Mädel“, und der alte Bauer lacht. Nun wird's stille. Hoch am Himmel leuchtet schon der Abendstern. In der Scheune, fest umschlungen, raunt ein Pärchen: „Hab dich gern“.

Peter Hartgenbusch (1876-1953) – In den Wirren des zweiten Weltkriegs war der Schriftsteller in Amteroth untergebracht und widmete dem Dorf dieses Gedicht.

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Heuernte, im Vordergrund Grete Euteneuer

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Kartoffelanbau

Familie Seeger/Hommer legt Kartoffeln – 1973

Kartoffelkäferplage – da hilft nur Sammeln 1940 – 1949 v.l.: Herta Wirth, Adolf Euteneuer, Gerd Hommer, Gerda Bachenberg, Hermann Seelbach, Karheinz Hülolbüsch, Heinrich Hüllbüsch (drei weitere Personen unbestimmt)

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Kartoffelernte 1984 Pause auf dem Kartoffelacker 1985

Kartoffelsäcke werden heimtransportiert – 1940

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Milchwirtschaft

Pause muss sein

Ab nach Hause!

Viehtrieb 2004

187 Kapitel 2.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 13:42 Uhr Seite 188

Melkstand auf der Weide, Herbst 2004

Tochter hilft Vater – im Melkstand bei Henrichs 2007

Nach dem Melken gibt's Zeit für eine Plauderei – 1973

188 Kapitel 2.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 13:42 Uhr Seite 189

Auf dem Milchbock 1938 Milchbock in der Brunnenstraße 1940

Milchtiere hüten im Johannistal 1910

189 Kapitel 2.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 13:42 Uhr Seite 190

Wieviele Kühe müssen wohl auf dem Melkarbeit geschafft Reinhardshof gemolken werden? – 1963

Sonntagsidylle bei Augst – vor dem Melken – 1944

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Apfel, Birne & Co rund um Gieleroth

m 1890 wurde im Auftrag der Stadt Der ursprünglich aus dem Orient stam- UAltenkirchen eine Wasserleitung von mende Obstanbau erlangte im Mittelalter Herpteroth über die Gemarkung Amteroth durch die Klöster eine erste Blüte. Vom 15. bis hin nach Altenkirchen gebaut. Als Ent- Jahrhundert bis Ende des 19. Jahrhunderts schädigung erhielten die Amterother Bürger setzte eine starke Verbreitung des Obstan- Obstbäume geschenkt, welche sie beidseitig baus ein. Verordnungen und Erlasse der an die Wege in Richtung Oberwambach und Landesherren führten zu einer Anbauflut Altenkirchen pflanzten. Heute – 2007 – sind um die Dörfer herum. Vorwiegend zur noch drei Exemplare der Sorte „Rheinischer Selbstversorgung wurden die hochstämmi- Bohnapfel“, der sich hervorragend dem gen Obstbäume in der Gemeinde Gieleroth Westerwälder Klima und der hiesigen Bo- angepflanzt. Durch die Züchtung dieser denbeschaffenheit angepasst hat, zu bewun- Bäume war es möglich, den Unterwuchs als dern. Mähwiese oder Viehweide zu nutzen, weil Diese ist eine von vielen anderen „Obst- bei einer Stammlänge von mindestens geschichten“, die in Gieleroth, Herpteroth 1,80m die Tiere den Bäumen nicht mehr und Amteroth noch erzählt werden. Sie sind schaden konnten, sie aber zugleich Schutz Zeugen, dass Äpfel, Birnen, Zwetschgen und vor Sonne und Regen erhielten. Auf diese Kirschen schon sehr lange das Dorfleben Weise war eine ideale Doppelnutzung mög- mitgestaltet haben. lich.

Blick vom Amterother Friedhofsweg in Richtung Norden auf den Weg zum Bismarckturm, wo die „Wasserleitungsbäume“ gut zu sehen sind – ca. 1932. Im Vordergrund: Heinrich Hüllbüsch, Kind links: Helmut Schmidt, Kind rechts: Walter Schmidt

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Blick auf Amteroth mit seinen integrierten Obstbaumwiesen – ca.1980

Dank einer intensiven Sortenzüchtung gab In den 30er Jahren hielt der Einweckauto- es genügend verschiedene und robuste mat mit den klassischen „Weckgläsern“ Ein- Obstsorten, die in den feuchten, tonrei- zug in die Haushalte und eröffnete so neue chen Böden dem rauen Klima trotzten und Möglichkeiten, das Obst vielfältig zu kon- sich mit denen aus dem damals bekannten Obstanbaugebiet „Neuwieder Becken“ durchaus messen konnten. Rund um un- sere Ortschaften, auf sogenannten Streu- obstwiesen und entlang der Wegränder, wuchsen viele starke und großkronige Obstbäume. So konnte im Herbst genügend Obst für den Winter als Vitaminvorrat eingelagert werden. Je nach Sorte hielten die Birnen und Äpfel bis in den nächsten Mai hinein. Die Zwetschgen wurden auf „Hördchen“ im Backes getrocknet und haltbar gemacht. Neben vielen Bauernhäusern stand oftmals ein großer Birnbaum. Die Früchte wurden z. B. in Amteroth im Spritzenhaus, neben der Dreschhalle, in einer gemeinsamen Kelter gepresst und danach in den Häusern zu „Kräutchen“ eingekocht. Obstkeltern 2006

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servieren. Mit dem wirtschaftlichem Auf- machen sie für das Auge vielgestaltig. Sie schwung in den 50ern des vorigen Jahr- gehören in das „Heimatbild“ vom mittleren hunderts ging der Selbstversorgeranbau Westerwald. Die letzten alten Obstbäume, sukzes sive auch im ländlichen Raum zurück. die langsam auf natürlichem Weg zusam - Auf landwirtschaftlichen Flächen musste für menbrechen, sind zudem ein kulturhistori- das gleiche Geld immer mehr produziert sches Denkmal der früheren kleinbäuer- werden. Die Maschinen wurden höher und lichen Lebensweise. breiter, viele Bäume standen sprichwörtlich Auf Obstwiesen sind gemeinsame, jah- „im Weg“. Zusätzlich gab es EU-Rodungs- reszeitabhängige Arbeiten generationsüber- prämien für Obstbäume. Alle diese Fakto- greifend möglich. So können Kinder einen ren führten dazu, dass unsere im Frühling Bezug zur Natur entwickeln – sozusagen „blühenden Landschaften“ um und in den eine umweltverträgliche Freizeitbeschäfti- Dörfern eintöniger und blütenloser wurden. gung direkt vor Ort. Erst Mitte der 80er erkannte man, dass ohne Außerdem sind Obstwiesen ein Schatz- diese Obstwiesen unser Landschaftsbild kästchen für den Naturschutz, weil sie das kaum mehr Abwechslung bietet. Die rein letzte großflächig extensiv bewirtschaftete produktionsorientierte Sichtweise ent- Ökosystem in der offenen Landschaft bieten. wickelte sich langsam hin zu einer umfassen- Sie stellen ein Mosaik von Kleinbiotopen dar, den Betrachtungsweise der landschafts - wo, bedingt durch wenige Bewirt schaf tungs - ästhetischen, ökologischen und psychischen maßnahmen, sich bis zu 5000 Tier- und Wirkung: Obstwiesen und einzelne Obst- Pflanzenarten heimisch fühlen. Um den dro- bäume gliedern unsere Landschaft und henden Verlust der Obstwiesen für das Land-

Gerd und Elfriede Hommer, Amteroth, mit Enkeln bei der Apfelernte – ca.1996

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schaftsbild und den Naturhaushalt auszuglei- Hegering Altenkirchen verschenkte damals chen, wurde in den drei Dörfern von Giele- diese Bäumchen; die Gemeinde pflanzte sie. roth ab Mitte der 80er der Obstanbau auf Seit 1992 pflegen Mitglieder des Natur- Hochstämmen in vielfältiger Weise gefördert: und Umweltschutzvereins diese Bäume. Auf gemeindeeigenen Grundstücken 1995 erhielt Amteroth vom Land Rhein- wurden 1985 in Amteroth beim Friedhof, in land-Pfalz den Sonderpreis für besondere Herpteroth im Tal und in Gieleroth am ökologische Leistungen in der Gemeinde. Ortsausgang Richtung Herpterother Fried- Das Preisgeld wurde in über 100 Obst- hof kleine Streuobstwiesen angelegt. Der hochstämmchen, jeweils mit Verbissschutz

Verteilung der „Umweltpreis“-Obstbäumchen an der Dreschhalle in Amteroth, März 1996

2006 informiert der Natur- und Umweltschutzverein altersgerecht über das Leben auf der Obstwiese

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und Stützpfahl, die sich die Einwohner be- toren, die bedacht und vor allem angewen- stellen konnten, investiert. Der Umwelt- und det werden müssen, damit wir auch in Zu- Naturschutzverein gab hierbei Pflanz- und kunft rund um unsere drei Dörfer Pflegehinweise. wunderschön blühende und obstbaumreiche 1997 wurde u.a. die „Landrat-Blank- Landschaftsbilder erleben können. Allee“ an der Straße zwischen Gieleroth und –> Wer Fragen rund um das Thema Herpteroth aus Fördermitteln des Kreises an- Streuobstwiesen und Obstbäume hat, kann gelegt. sich gerne an den Natur- und Umwelt- 2004 erfolgte im Zuge des Zusammen - schutzverein Gieleroth e. V. wenden. legungsverfahrens Gieleroth/Oberwambach als Ausgleich für sonstige Eingriffe erneut eine Pflanzung zahlreicher Obsthochstämme. Die Ortsgemeinde legte zusammen mit dem Natur- und Umweltschutzverein u.a. am Herpterother Friedhof eine neue Streuobst- wiese mit zwölf Bäumen an. In Gieleroth wurden in der Verlängerung des Lindenwe- ges sieben Bäume und in Amteroth entlang der Verlängerung des Hohlweges sechzehn Bäume gepflanzt. Gleichzeitig griffen auch viele Privatleute zum Spaten, um auf ihren Flächen Apfel-, Birnen-, Zwetschgen-, Kir- schen- oder auch Walnussbäume zu pflanzen. Schnell wurde klar, dass diese Obstbäum- chen nicht nur gepflanzt, sondern auch ge- pflegt werden müssen, damit sie sich zu Die rosa Blütenwolke eines Roten Boskoops einem stabilen großkronigen Obstbaum ent- wickeln können. Ein Obstbaum ist ein ge- züchtetes, veredeltes, also aus zwei Pflanzen entstandenes Holzgewächs. Er wird auf Er- trag gezüchtet, und damit dieser Baum spä- ter jahrzehntelang das Gewicht dieses Ernteertrages halten kann, muss ein Kronen- aufbau mit der Schere in den ersten Jahren durchgeführt werden. Unsere Vorfahren haben dieses Wissen besessen und ausge- führt; die meisten von uns müssen es sich neu aneignen. Obstbäume brauchen Pflege, hauptsäch- lich in Form von verschiedenen und alters- abhängigen Schnittarten. Aber auch die Pflege der Wiese und der Obstbaumstämme Nach 5-6 Standjahren und 3 Erziehungs - und eine entsprechende Düngung sind Fak- schnitten leuchten die ersten Äpfel

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Angaben zur Bodennutzung aus dem Jahr 1888

Gemeinde Fläche Acker Wiesen Wald Grundsteuerreinertrag je Hektar in Mark ha ha ha ha Acker Wiesen Wald

Amteroth 225 73 16 125 10,97 14,49 5,09 Gieleroth 189 100 13 68 11,75 15,27 5,48 Herpteroth 180 114 15 38 11,36 14,10 4,31

Summen 594 287 44 231

Landwirtschaftliche Fläche Neben Ackerbau, Viehzucht und Forstwirt- (Acker, Wiesen- und schaft spielte in unseren Dörfern auch die Weideflächen) 336 ha Obsterzeugung eine gewisse Rolle. Als Bei- Waldfläche 184 ha spiel für die Bedeutung der Obsterzeugung Siedlungs- und Verkehrsfläche 70 ha sind nachstehend die Zahlen aus dem Jahr Wasserfläche 2 ha 1913 für den Obstbaumbestand in unserer Bodenfläche insgesamt 592 ha Gemeinde aufgeführt:

Obstbäume in Amteroth, Gieleroth und Herperoth im Jahr 1913

Apfel- Birn- Pflaumen- Kirsch- Walnuss- Obstbäume bäume bäume bäume bäume bäume Insgesamt

Amteroth 387 72 366 36 6 867 Gieleroth 360 143 409 43 26 981 Herpteroth 239 106 355 32 12 744

Ortsgemeinde Gieleroth 986 321 1.130 111 44 2.592

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Die Waldinteressentenschaft Amteroth

Amterother Waldinteressenten bei der Waldarbeit

ie Waldinteressentenschaften sind gelungen für die Waldinteressentschaften Deine Form der Genossenschaft, bei eingeführt. Der Genossenschaftswald in der jeder Teilhaber ideelle Anteile am ge- Amteroth mit einer Größe von 68 ha samten Waldbesitz der Genossenschaft hat. wurde auf die 12 Häuser Amteroths gleich- Die Waldinteressentschaften haben ihre mäßig verteilt, die in der Katasterkarte von Wurzeln in den ehemaligen Grafschaften 1830 eingezeichnet sind. (Lediglich das Sayn-Altenkirchen und Sayn-Hachenburg. Haus „In der Bornwiese Nr. 2“, das 1830 Die Sayner Grafen wollten im 18. Jahrhun- möglicherweise unbewohnt war und kurz dert die wegen des hohen Bedarfs bei der danach abgerissen wurde, blieb ohne Wald- Erzverarbeitung geplünderten Wälder wie- anteil). Die Gemarkungsgröße von Amte- der aufforsten lassen. Dazu brauchten sie roth betrug zu jener Zeit 225 ha, davon die Hilfe der Bürger. Im benachbarten Sie- waren 125 ha Wald, aber nur 68 ha Inter- gerland funktionierten die Haubergsgenos- essentenwald. senschaften bestens. Daher beschlossen sie, Die Differenz von 53 ha ist zu einem ihre Wälder den Gemeinden mit der Auf- Teil Staatsforst und zum anderen Teil Pri- lage der Aufforstung zu übergeben. vatwald. Die Ackerfläche von Amteroth Mit dem Beginn der preußischen Regie- wurde mit 73 ha und die Wiesenfläche mit rung im Jahr 1816 wurden gesetzliche Re- 16 ha angegeben.

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Der Waldanteil von jeweils 1/12 des Ge- Hauptstraße: nossenschaftswaldes wurde an die Häuser „Schöffen“ (Weingarten) gebunden und musste beim Vererben oder „Beckersch“ (Flemmer) beim Verkauf eines Hauses ungeteilt auf „Hannesjes“ (Seelbach) den neuen Hauseigentümer überschrieben werden. Erst zu einem späteren Zeitpunkt In der Bornwiese: konnten die Waldanteile an mehrere „Flemmersch“ (Hundt/Schütz) Erben aufgeteilt werden, wenn sie in Am- „Müllersch“ (Richter) teroth blieben und dort ein Haus bauten. „Hermes“ (Theis) Auch beim Aufteilen gab es Einschrän- „Gretches“ (um 1900 aufgelöst, kungen. Die Waldanteile wurden halbiert zwischen „Hermes“ und „Henrichs“) und hatten nun die Größe von 1/24 des „Henrichs“ (Dejosez/Imhäuser und Schäfer) Genossenschaftswaldes. Noch heute wer- „Selbachs“ (Schneider) den die Anteile als Vierundzwanzigstel be- „Wehlersch“ (Zemlin) zeichnet. „Hanjerichs“ (Hüllbüsch) Vor dem Jahr 1830 gab es in Amteroth folgende Häuser, zu jedem Haus gehörte Auf der alten Bitz: 1/12 des Interessentenwaldes: „Unnen Hümmersch“ (Euteneuer)

Amterother Waldinteressenten 1992 bei einer Baumpflanzaktion

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Das ist das älteste Foto der Amterother Waldinteressentenschaft – ca.1915 von links: Her- mann Peter Lichtenthäler (Hermes, Uropa von Inge Link), Lina Euteneuer geb. Flemmer, aus Michelbach, * 1870 +1953; Friedrich Flemmer, (Uropa von Rudi Flemmer); Luise Hommer, später Luise Schumann, *1883 +1962, aus dem Haus Scharfenstein, Schwester von Paulinchen; Vater von Peter Seelbach, Jakob? Wilhelmine Henrichs, geb. Grollius aus Helmenzen; Oma von Hans Henrichs, Vater von Peter Neitzert, „Antons Schuster“, leitete die Amterother Kapelle, wohnte im Haus von Fleischers und wurde Bartmann genannt. + April 1918 (Spruch von ihm: „Wenn der Deuwel mech öm Määrz net well, höllt er mech öm Aprell“), Charlotte Schumann, geb Meyer; Schwester der Oma von Gerd Hommer und Artur Augst., Wilhelm Bachenberg, Bruder von Richard Seelbachs Opa.Wilhelm Hüllbüsch (sitzend) Bruder von Karl-Heinz Hüll- büschs Opa

Der Waldanteil von „Gretches“ wurde von Der Waldanteil von „Henrichs“ wurde mit Scharfenstein erworben. Das Anwesen von dem Bau des Aussiedlerhofes auf die Sem- Scharfenstein ist wahrscheinlich als 13. seg verlegt. Die Waldanteile von „Mül- Haus in Amteroth entstanden. Kurz da- lersch“ und „Wehlersch“ gehören nicht nach folgten „Augst“ und „Schrängersch“. mehr zum Haus, blieben aber in Amteroth. Fast alle diese Häuser haben noch heute So haben z.B. „Schöffen“ den Waldanteil, einen Waldanteil. Die Bindung des Wald- der wegen Erbteilung an „Antons“ ging, anteiles an die Häuser wurde nach dem 1. wieder zurück erworben. Zwei der ur- Weltkrieg aufgegeben. Seitdem können die sprünglichen Häuser besitzen heute 3/24 Anteile frei veräußert werden.1 Durch Ro- Waldanteile, und zu vier Häusern gehören dungen verringerte sich in den Jahren 1920 heute 2/24 Waldanteile. Weitere zehn und 1935 die Fläche des Interessentenwal- Häuser haben 1/24 Waldanteil. Zwei davon des auf 52 ha.2 Das gewonnene Ackerland gehören Bewohnern in benachbarten Dör- wurde unter den Interessenten aufgeteilt. fern.

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Die Waldinteressenten wählen alle 3 Jahre aus dem Jahr 1881 hat seine Gültigkeit noch einen Vorstand. Dieser besteht aus einem nicht verloren. Bis vor wenigen Jahren wurde Vorsteher und 2 Beisitzern. Vater, Sohn und die gesamte Arbeit, Aufforsten, Pflegen, Brüder dürfen nicht zugleich Vorstandsmit- Schlagen, im Interessentenwald von den Fa- glieder sein. Alle Beschlüsse werden mit 2/3- milienangehörigen der Anteilseigner durch- Mehrheit, nach Waldanteilen gerechnet, geführt. Als Gegenleistung gab es Holz oder gefasst. Der Vorstand bestimmt einen „Rech- den entsprechenden Anteil des Gewinns ner“ und beaufsichtigt die „Dienstführung beim Verkauf des Holzes. Das Ende eines ge- des Rechners“. Das „Statut für die Waldbe- meinsamen Arbeitsjahres wurde mit einem rechtigten in Amteroth für den in der Gemar- Waldfest gefeiert. Seit ein paar Jahren wird kung Amteroth gelegenen Interessentenwald“ die Arbeit an Lohnunternehmen vergeben.

Versammlung um ein Waldfeuer beim Waldfest

Stärkung nach der Waldarbeit

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Waldschäden durch den Winterorkan „Kyrill“ im Januar 2007 – Diese Straße „Zum Herzberg“ war wochenlang versperrt

Morgennebel über den Ameisenhaufen im Interessentenwald. Die Waldinteressenten widmen sich seit Jahrzehnten dem Ameisenschutz

Die Waldinteressenten stapelten ihr Holz an der Kreisstraße 1979

201 Kapitel 2.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 13:42 Uhr Seite 202

Forstwirtschaft äußerte 1911 ihren gesamten Waldbesitz von 47 ha zum Preis von 36.000 Mark (766 Die heute in der Ortsgemeinde Gieleroth Mark je ha) an den Staat. Auf heutigen vorhandene Waldfläche (182 ha) wird über- Geldwert umgerechnet entspricht dies wiegend von den Waldinteressentengemein- einem Erlös von ca. 162.000 Euro (3.450 schaften Amteroth (Waldfläche), Gieleroth Euro je ha). (Waldfläche) und dem Forstamt Altenkir- In den 20er und 30er Jahren des letzten chen (Staatswaldfläche) bewirtschaftet. Sie Jahrhunderts wurden Waldflächen gerodet. besitzen zusammen mehr als die Hälfte des So rodeten die Waldinteressenten Amteroth Waldes. Der Rest befindet sich in privater 1920 drei Hektar und 1937 die Gielerother Hand. Waldinteressenten neun Hektar. Darüber Bis zum Jahr 1911 existierte in der da- hinaus wurden auch im Staatswald Flächen mals selbstständigen Gemeinde Herpteroth gerodet. Insgesamt sind in den letzten 120 ebenfalls eine aus 18 Mitgliedern bestehende Jahren ca. 45 ha Wald auf Dauer für andere Waldinteressentengemeinschaft. Diese ver- Zwecke umgenutzt worden.

Holzpfad im Amtherother Wald

1 Werner Habbel, Wem gehört der Wald im Kreis- 2 Werner Habbel, Rodungen im Interessentenwald, Heimat- Altenkirchen, Heimatjahrbuch AK 1993, S.47 jahrbuch AK, 1992, S.50

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Drei „zivile“ Friedhöfe in Gieleroth

icht von Anfang an hatten die drei Der Gielerother Zivilfriedhof entstand im NDörfer unserer Gemeinde eigene Jahr 1903. Und Amteroth, das näher an Al- Friedhöfe. Die Verstorbenen wurden auf mersbach lag, erhielt erst 1920 einen eigenen dem Kirchlichen Friedhof in Almersbach Friedhof (gleichzeitig mit Oberwambach). beerdigt. Für die Träger bedeutete dies eine Auf sämtlichen Friedhöfen der Gemeinde enorme körperliche Belastung. 1893 bat wurden Denkmäler zu Ehren der im Kriege daher der Herpterother Gemeinderat um Gefallenen errichtet und in Anwesenheit Genehmigung für einen „Gemeinde-Beer- eines Vertreters des Landrats und des Bürger- digungsplatz“. Das wurde erlaubt, und meisters eingeweiht; das erste Kriegerdenkmal 1894 konnte der erste zivile Friedhof ange- auf dem Friedhof entstand in Amteroth (Kir- legt werden. chen chronik S.52).

Der Gielerother Friedhof

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Der Herpterother Friedhof

Der Amterother Friedhof

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Amterother Ehrenmal

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Ehrentafel für die Gefallenen der beiden Weltkriege in der Herpterother Friedhofshalle

Das ursprüngliche Ehrenmal auf dem Herpte- rother Friedhof wurde im Jahr 1967 abgetra- gen. In der neuen Friedhofshalle sind Tafeln mit den Namen der Gefallenen angebracht.

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Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege auf dem Gielerother Friedhof

Beerdigungsbräuche hörigen und der Trauergemeinde. Die Frauen bereiteten am Tag vor der Beerdi- Starb früher ein Familienmitglied, so ver- gung alles für den Nachkaffee vor und hal- liefen die Vorbereitungen zur Beerdigung fen nach der Beerdigung bei der Bewirtung anders als heute. Die Nachbarinnen wu- der Trauergäste. schen den Leichnam, bekleideten ihn mit Seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhun- dem Leichenhemd und legten ihn in den derts übernahm erst der Dorfschreiner, Sarg. Der wurde dann im Wohnzimmer später ein Beerdigungsinstitut alle Forma- aufgestellt. In der kälteren Jahreszeit blieb litäten. Der „Nachkaffee“ findet in einer der Sarg geöffnet. Die Nachbarmänner Gastwirtschaft oder im Gemeindehaus hielten abends Totenwache. Sie schaufelten statt; der Kuchen wird beim Bäcker bestellt. das Grab auf dem Friedhof aus. Die Nachbarinnen helfen jedoch weiterhin Am Beerdigungstag trugen sie nach bei der Bewirtung, und die Nachbarmän- einer Trauerfeier im und vor dem Haus den ner tragen den Sarg zur Grabstelle und Sarg zum Friedhof, gefolgt von den Ange- lassen ihn dort hinab.

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Gefallenenliste des 1. und 2. Weltkrieges

1. Weltkrieg 1914 – 1918 Wilhelm Schüchen geb. 21.4.1888 gefallen: 28.8.1914 Sedan Karl Euteneuer geb. 1890 gefallen: 8.9.1914 Heinrich Ströder gefallen: 25.9.1915 nördlich von Beaus- Wilhelm Nöllgen éjour (Champagne) vermisst seit 8.9.1914 Vitri la Francois Albert Seiler Karl Burbach. gefallen: 15.7.1916 geb. 1888 gestorben: 5.9.1916 Bois d’Hingry bei Billy Simon Baum geb. 8.1.1889 gefallen: 10.9.1916 Karl Wirths Huichy (Somme) geb. 9.5.1892 gefallen: 24.11.1914 Flandern Friedrich Burbach gefallen: 9.6.1916 Antstoluki Wilhelm Burbach gefallen: 1.11.1915 Russland Hermann Hommer geb. 29.11.93 gefallen: 14.11.1916 Albert Hommer Sailly-Saillisch geb. 15.1.1896 gestorben: 25.10.18 im Lazarett in Hirsen Wilhelm Räder geb. 5.5.1884 gefallen: 18.5.1916 August Müller geb. 24.10.1893 gefallen: 23.9.1915 Karl Räder Ripong geb. 21.2.1888 gefallen: 8.10.1915

Peter Räder Friedrich Koch geb. 7.6.1894 gefallen: 7.11.1915 gefallen: 10.10.1915 Russland Karl Hüllbüsch Karl Henrichs geb. 1898 gefallen: 1918 geb. 4.8.1898 gefallen: 19.4.1918 Passchendaele, beerdigt in Karl Löhr Morenil geb. 5.5.1895 vermisst seit 8.8.1918

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Heinrich Nöllgen Oskar Schüler gefallen: 25.3.1918 geb. 27.12.1916 gefallen: 01.8.1943 Jelontschik Fluss/Miuss Gustav Nöllgen Front geb. 27.3.1893 gefallen: 14.4.1918 Erwin Müller Heinrich Wirths geb. 28.5.1924 gefallen: 1.5.1943 geb. 12.9.1896 vermisst seit 2.9.1918 in Kuban Fluss Frankreich Helmut Vohl geb. 10.2.1924 gefallen: 7.12.1943 2. Weltkrieg 1939 – 1945 Bobruisk (Belarus)

Paul Willi Hüllbüsch Walter Burbach geb. 12.1.1920 gefallen: 23.8.1941 geb. 26.4.1912 gefallen: 1.8.1944 Vieinity Alexejewo (Rußland) of Pelugueneuc Marigny (Frankreich) Erich Born geb. 22.1.1910 gefallen: 22.2.1942 Willi Dörrenberg Gablonka Mostawa/ geb. 20.7.1927 gefallen: 16.10.1944 in Rshew-Rußland Belgien

Otto Müller Heinrich Henrichs geb. 27.9.1920 gefallen: 11.6.1942 geb. 1901 gefallen: 1944 8 km n.ö.Bir Hacheim Emil Müller Heinrich Samson gefallen: Juli 1944 gefallen: 11.3.1942 Paul Päulgen Walter Hommer gefallen: 2.11.1944 geb. 1924 gefallen: 1943 Erich Räder Wilhelm Lauterbach gefallen: August 1944 geb. 14.3.1911 gefallen: 1.1.1943 Stadt Stalingrad Gustav Räder geb. 10.7.1915 gefallen: 6.6.1944 in Karl Löhr Frankreich geb. 10.3.1921 gefallen: 28.11.1943 Marigny (Frankreich) Willi Seelbach gefallen: 14.06.1944 Ewald Müller geb. 28.1.1917 gefallen: 10.9.1943 Friedrich Weller Griechenland gefallen: 14.05.1944

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Heinrich Asbach Wilhelm Reinhard geb. 1921 gefallen: 1945 gefallen: Februar 1945

Alfred Berger Wilhelm Schmuck geb. 3.5.1912 gefallen: 1.1.1945 Rozan geb. 26.3.1904 gefallen: 1.3.1945 Brückenkopf Narew Fluss Oberschlesien

Walter Koch Wilhelm Krug geb. 21.9.1905 gefallen: 15.7.1945 geb. 2.2.1913 gestorben: 23.1.1946 Königs Wusterhausen Kgf. Lz. Baku (Aserbaid- schan) Heinrich Lepsien geb. 6.4.1905 gefallen: 30.11.1945 bei Berlin

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Überblick über die Bautätigkeit und andere wichtige Maßnahmen in der Gemeinde Gieleroth nach dem Zweiten Weltkrieg

Baugebiet am Postweiher

1950 Interessenten errichten eine Dresch- 1963 OG Gieleroth Wasserleitung halle in Amteroth. 1963 Aufbau der Ortsbeleuchtung mit zunächst 36 Leuchten, danach ste- 1955 22 Interessenten errichten ein tige Erweiterung der Ortsbeleucht - Waschhaus in Herpteroth (Einwei- ung, Zahl der Leuchten heute ins- hung Anfang November 1955 gesamt ca. 115 Stück durch Frau Pleines; in den 50er Jahren wurden 83 weitere ähnliche 1965ff OG Gieleroth baut etliche Orts- Anlagen im Bezirk der landwirt- straßen aus. schaftlichen Schule Altenkirchen errichtet). 1968 OG Gieleroth und LK AK bauen Talstraße (K 32) in OT Gieleroth 1956/57 Neubau der Schule in Gieleroth aus.

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Neubau in Gieleroth unten: Neubau in Herpteroth

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1970ff Wirtschaftswegebau: 1994/95 Errichtung des Dorfgemeinschafts- 1970 Hochwald hauses in Gieleroth (Kosten: 1971 Herpteroth – Köppel 1.322.000 DM = 780.000 Euro 1972/73 Ingelbach – Widderstein nach heutiger Kaufkraft) 1973/74 Waldstraße, Ringstraße 1975/76 Friedhofswege 1997 Baugebiet „Waldstraße“ (25 Bau- 1977 Talweg Gieleroth grundstücke) 1980er Herpteroth – Berod Süd Gieleroth - Herpteroth 1999 Baugebiet „ Hinter Eichelhardtsgar- ten“ bzw. „Am Postweiher/In den Eichen“ (18 Baugrundstücke) 1987 Renovierung der ehemaligen Dreschhalle in Amteroth durch die 2003 Abrundungssatzung „Bleichweg“ OG Gieleroth (Kosten: (2 Baugrundstücke) 15.000 DM = 11.100 Euro nach heutiger Kaufkraft) 2006 Baugebiet „Im Schäfersgarten“ (8 Baugrundstücke) 1990-92 Errichtung des Brunnenhauses in Herpteroth (Kosten: 232.204 DM =148.400 Euro nach heutiger Kaufkraft)

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Die Amterother Dreschhalle

ie Dreschhalle ist zu einem Dorf- zeugt werden. Ab und zu kommt auch der D gemeinschaftshaus für den Ortsteil Gielerother Ortsgemeinderat und tagt hier. Amteroth geworden. Zum Feiern versam- Die Amterother Dreschhalle wurde mit meln sich die Amterother auf dem Dorf- dem Symbol der gekreuzten Dreschflegel platz vor der Dreschhalle. Kleine Gruppen ins Gielerother Wappen aufgenommen, nutzen den Innenraum, denn dort kann und das Symbol für einen Hohlweg ist mit einem Holzofen wohlige Wärme er- ebenfalls im Wappen zu sehen.

Amterother „Dreschhalle“ am Anfang des Hohlwegs

Einige Amterother Landwirte bauten sich 1950 eine Halle für die gemeinschaftlich genutzte Dreschmaschine. Der ehemalige Feuerlöschteich am Dorfplatz hatte längst ausgedient und war aufgefüllt worden. Mit dem Aufkommen der Mähdre- scher in den 60er Jahren des vorigen Jahr- hunderts fand die alte Dreschmaschine keine Verwendung mehr. Doch die Halle

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bot sich als Unterstellplatz für den Mäh- war die Dreschhalle leer. Anlass für Ri- drescher von Richard Seelbach an. Von chard, im Winter 1994/95 die Initiative zu jetzt ab konnte die Halle auch zum Feiern ergreifen, das Gebäude wohnlich auszu- provisorisch genutzt werden. Der Mähdre- bauen – sozusagen als Dankeschön für die scher wurde kurzerhand für einige Tage lange Nutzung der Halle. Woche für ausquartiert. Woche versammelte er eine Schar von Am- Nach und nach verschönerten die Am- terothern um sich, und sie bauten und bau- terother Bürger ihre Dreschhalle. Das not- ten und bauten. Das notwendige Material wendige Material bezahlte die Ortsge- schaffte Richard immer wieder heran, und meinde. Die erste größere Renovierung er- bald – schon 1995 – verfügte Amteroth folgte 1987/1988. mit der völlig neu gestalteten Dreschhalle Nach einigen Jahren quittierte Richard über ein kleines, aber feines Dorfgemein- Seelbachs Mähdrescher seinen Dienst. Nun schaftshaus.

Die Dreschhalle 1963 – Gerd Hommer mit Innenausbau der Dreschhalle 1994/95 – Annette Volker Wehler, Gerd Hommer

Vorhalle mit Blick in den Innenraum

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10 Jahre Natur- und Umweltschutzverein Gieleroth 2002

Gielerother Kinder beim Stockbrotbacken 2006

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Siehe dazu auch den Artikel „Unser Dorf soll schöner werden“

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Und die Dreschhalle in Herpteroth?

inks an der Einfahrt des Beroder (Hermen August) übernahm. Sofort nach L Weges, wo heute Sautters Hänge- der Ernte konnte hier das Getreide der bauchschweinchen grunzen, wurde früher Herpterother Bauern gedroschen werden, Lehm gegraben; Lehm als Heilerde für und im Winter gab es die Möglichkeit, die Mensch und Tier. Daher der Name Leimpöl Dreschmaschine in die eigene Scheune kom- (Lehmgrube) für diesen Platz. men zu lassen, um dort zu dreschen. – Nach Etwa 1959 wurde genau an dieser Stelle dem Aufkommen der Mähdrescher blieb die Herpterother Dreschhalle gebaut, Stand- dieser Dreschhalle das Schicksal nicht er- ort der gemeinschaftlich gekauften Dresch- spart, abgerissen zu werden. Na, und heute maschine, deren Bedienung August Schüler wuseln dort die Schweinchen.

Hängebauchschweine in Herpteroth 2008

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Brunnenhaus

m 5. September 1992 lud der Ortsge- Fachwerkhaus abgerissen werden musste, A meinderat und Ortsbürgermeister baute die Gemeinde das Haus im Stil alter Friedhelm Lindlein alle interessierten Mit- Zeiten. Da in diesem Bereich eine Wasser- bürgerinnen und Mitbürger ein, das zapfstelle vorhanden war, wurde hier auch Brunnen haus bei Kaffee, Kuchen und Er- ein Brunnen erstellt, der schließlich dem frischungen kennen zu lernen. Eine Menge Gebäude den Namen gab: Brunnenhaus. Geld hatte das Schmuckstückchen gekostet. Das Brunnenhaus, verbunden mit einem Doch die erheblichen Eigenleistungen der Kinderspielplatz, ist Ort vieler offizieller und Bürger, so betonte der Ortsbürgermeister, privater Veranstaltungen. Geburtstage wer- hatten zu deutlicher Kosteneinsparung den hier gefeiert, das Kinderschützenfest, die geführt. jährliche Adventfeier für die Senioren. Hin Ein Ortsunkundiger vermutet auf den und wieder tagt der Gemeinderat hier, und ersten Blick vielleicht nicht, dass es sich um auch zur Bibelstunde finden sich viele im einen Neubau handelt. Als hier ein altes Brunnenhaus ein.

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Waltraud Schumacher verfasste das folgende ventssonntag eines jeden Jahres. Das wirk- Gedicht zum Lob des Brunnenhauses. lich Besondere und Erwähnenswerte daran ist, dass es die Jugendlichen des Dorfes sind, die eigenständig diese Feier gestalten. Sie entwickeln ein Programm, üben Krip- Brunnenhaus penspiel und Gedichte mit den Kinder- garten- und Schulkindern ein, sorgen für Ein kleines Dörflein im Westerwald ein weihnachtlich geschmücktes Brunnen- ist manchem gar noch unbekannt. haus und laden alle Herpterother Bürgerin- Es trägt den Namen Herpteroth, nen und Bürger, die 65 Jahre und älter an munteren Menschen keine Not. sind, schriftlich ins Brunnenhaus ein, dazu Sie sind gern dabei beim Kaffeeschmaus, den Pfarrer, den Ortsbürgermeister und die besaßen nur kein Brunnenhaus. Herpterother Gemeinderatsmitglieder. Mit Getränken, Gebäck, belegten Brötchen und Erst daran hat keiner gedacht, einem mit kleinen Überraschungen gefüll- durch der Bürger Willenskraft ten Weihnachtsteller werden die Gäste ver- ist es bis heute nun geschafft. wöhnt. So sorgen die jungen Menschen Brauchen nun nicht mehr zu fragen, dafür, dass die Alten einen wunderschönen wo gehen wir hin an solchen Tagen? Nachmittag verleben können. Eine feier- liche und zugleich gemütliche Einstim- Alle seid Ihr doch bereit, mung fürs bevorstehende Weihnachtsfest. seid doch ehrlich liebe Leut’.

Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Es freut sich auch das kleinste Kind. Auch die Nachbarn sind famos. Wenn der Lärm auch manchmal groß, legt euch auf das andere Ohr. Und so singen wir im Chor:

„Im schönsten Wiesengrunde, da steht ein Brunnenhaus.“ Gott schenke Glück und Segen, wer dort geht ein und aus. Schenk’ auch Dank den allen, die mit ihrer fleiß’gen Hand dies alles so geschaffen.

Adventsfeier im Brunnenhaus Zur Tradition gehört inzwischen auch die Adventfeier für die Senioren am 3. Ad-

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Turnverein im Brunnenhaus Nachdem am 8. November 1992 gar ein Turnverein gegründet worden ist, trainieren hier jeden Dienstagabend von 20.00 bis 21.00 Uhr zehn bis dreizehn Herpterother Frauen ihre Beweglichkeit. Winfried Schnei- der, der zuvor Kurse fürs Rückentraining ab- solviert hatte, war der Initiator. Ärztliche Beratung fehlte nicht. Bassam Mostafa beobachtete am ersten Abend kritisch den Übungsablauf und war voll des Lobes über dieses Engagement. Rücken- schule in Eigenregie – lange bevor der Rücken zum landesweiten Gesundheits- thema geworden ist! Hat Winfried Schnei- der keine Zeit, weil die Bahn ihn ruft, übernimmt seine Frau Brigitte die Gruppe. Alle sind geradezu stolz, regelmäßig etwas für ihre Gesundheit zu tun, und selbstver- ständlich kommen Spaß und Geselligkeit auch nicht zu kurz.

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Das Gielerother Dorfgemeinschaftshaus

och bis zum Beginn der 90er Jahre ren geschehen, durch ein „Bürgerhaus“ Nwurde das kulturelle und gesellschaft- Konkurrenz zu machen, welches wirtschaft- liche Leben in Gieleroth aufrecht erhalten, lich notwendigen Umsatz, etwa anlässlich rauschende Sängerfeste mit großer Beteili- von Familienfeiern, weggenommen hätte, gung und mehrtägige Vereinsausflüge sind und richtig, in dem Moment, in dem fest- noch heute legendär. Dreh- und Angel- stand, dass die Familie Wehler ihre Gast- punkt, sowie Kommunikationszentrum stätte aufgeben würde, sofort ein Bürgerhaus waren dabei die „Tränke“ mit ihrem Saal im zu planen – das sicher etwas anderes als ein Reinhardtshof der Familie Wehler und die „Ersatz“ ist, aber/und eben nie die Atmo- „Gielerother Höhe“ von Minna und Willi sphäre haben kann, die etwa ein Frühschop- Schäfer. Es war klug, ihnen nicht, wie in an- pen „beim Minna“ oder ein Samstagabend deren Dörfern bereits in den siebziger Jah- bei „Piddasch“ boten.

Friedhelm Lindlein war von 1972 – 1994 Ortsbürgermeister in Gieleroth. Nachdem im Jahr 1990 die Gaststätte mit dem Festsaal des "Reinhardshofes" geschlossen worden war und sich die Gaststätte auf der Gielerother Höhe als ungeeignet für größere Feiern erwies, en- gagierte sich Friedhelm Lindlein mit gro- ßem Einsatz für den Bau eines Dorf - gemeinschaftshauses in der Nähe des „Reinhardshofes“. Durch seinen frühen Tod war es ihm leider nicht mehr ver- gönnt, die Einweihung des neuen Giele- rother kulturellen Zentrums vorzu- nehmen.

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Nachdem im Jahr 1990 der Reinhardshof den Betrieb der Gaststätte „Zur Tränke“ ein- gestellt hatte, beriet der Ortsgemeinderat mit Ortsbürgermeister Friedhelm Lindlein, ob nun die Zeit nicht doch reif sei, ein Dorf- gemeinschaftshaus zu bauen. Der ortsansäs- sige Architekt Horst Wehler wurde mit der Planung beauftragt, und schon im Jahr 1994 fand der lange Gang durch die Genehmi- gungs- und Zuschussbehörden seinen Ab- Die Jahreszahl 1994 neben dem Eingang schluss. Die Bauarbeiten begannen. des Dorfgemeinschaftshauses erinnert an die Die Inbetriebnahme des Dorfgemein- Grundsteinlegung schaftshauses am 22. Mai 1995 musste vom neuen Ortsbürgermeister Bernd-Rüdiger Für die Begrünung der Umgebung des Dorf- Neeb vorgenommen werden, sein Vorgän- gemeinschaftshauses sorgten Mitglieder des ger, Friedhelm Lindlein, war am 8. Novem- Gemeinderates und des Natur- und Um- ber 1994 völlig unerwartet mit 57 Jahren an weltschutzvereins mit einer großangelegten einem Herzinfarkt verstorben. Pflanzaktion noch im Jahr 1995.

Das Dorfgemeinschaftshaus im Frühjahr 2007

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Jedes Jahr schießen hier die Kinder des Ortsteiles Gieleroth am 2. Pfingstfeiertag um die Würde des Königs

Am und im Dorfgemeinschaftshaus lässt es sich gut feiern

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Das Gielerother Dorfgemeinschaftshaus wird oft besucht

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Dezember 1995

Das Dorfgemeinschaftshaus Gieleroth von der Bundesstraße 8 aus gesehen:

im Oktober 2006

im Februar 2007

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Alter Backes in Herpteroth

roßvater Adam Räder hatte nach G dem Ersten Weltkrieg den Backes auf dem Grundstück der Familie gebaut. Bis weit über die Mitte des vorigen Jahr- hunderts hinaus wurde der Gemeinschafts- backofen rege genutzt, bis bessere Zeiten kamen und bald jedes Haus im Dorf über einen neuen, modernen Backofen verfügte. Da konnten daheim Brot und Kuchen gebacken werden, und der köstliche Duft zog durch die Küchen und nicht mehr durchs ganze Dorf. Bei Räders in der Kreis- straße war das nicht anders, und der Backes außer Brot und Hefezopf wird jetzt auch wurde als Geräteschuppen und Tauben- häufiger Pizza und Knoblauchbrot geba- schlag zweckentfremdet. cken. Das bekam ihm auf Dauer natürlich Viele Hände waren nötig, dieses Schmuck- nicht, und es stellte sich die Frage: Abriss stück zu errichten, Nachbarschaftshilfe, der oder Rettung? Heftige Familiendiskussion, Beweis für das funktionierende Miteinan- denn schließlich, das war Heinz-Erhard der in unserem Dorf. Dass die Kreisverwal- Räder klar, würde die Renovierung des tung Mittel aus der Dorferneuerung locker Backhäuschens nicht nur viel, viel Arbeits- machte, senkte die Kosten und war einsatz, sondern auch ein stattliches Sümm- zugleich offizielle Anerkennung des bürger- chen Geld kosten. Aber Tradition wird in lichen Engagements. Herpteroth hochgehalten, und so begann bald die umfangreiche Sanierung und Renovierung: Der den Ofen umgebende Holzbau war völlig morsch und musste abgerissen wer- den. Ein Fachwerkgerüst aus Fichtenbalken wurde erstellt und anschließend ausgemau- ert. Der Innenraum erhielt eine Pflasterung mit Basaltsteinen; ein wunderschönes Fenster mit Oberlicht lässt das Tageslicht einströmen. Seit dem Sommer 1995 zieht hin und wieder der Duft von Frischgebackenem durchs Dorf, internationaler Duft, denn

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Aus der Vereinschronik des MGV Gieleroth

Motto: In Freud und Leid zum Lied bereit! wurde. Nach dessen Wegzug kam die ge- sangliche Tätigkeit des Vereins leider zum nter diesem Motto fand sich gleich Erliegen, da sich kein geeigneter Chorleiter Unach dem Ende des ersten Weltkrie- als Nachfolger fand. Dennoch blieb der Ge- ges (1919) eine kleine Schar von sangesfro- danke wach, dörfliche Kulturarbeit zu leis- hen Männern zusammen und gründete den ten. Man pflegte das Laienspiel und Männergesangverein Gieleroth. Den Vorsitz betätigte sich bei Spiel und Sport, um so die übernahm Ewald Müller; die gesangliche dirigentenlose Zeit zu überbrücken. Weitere Ausbildung übertrug man Herrn Lehrer dunkle Wolken zogen am Völkerhimmel Rexroth. Unter ihrer Leitung nahm der Ver- heran und es mussten viele Vereinsmitglie- ein nach intensiver Probenarbeit eine gute der in den noch schrecklicheren zweiten Entwicklung, sodass es ihm möglich war, Weltkrieg, aus dem so mancher treue San- schon bald bei öffentlichen Auftritten sein geskamerad nicht mehr zurückkehren sollte. Können zu zeigen. In erster Linie aber Vieles wurde uns genommen, eines aber strebte man danach, den Dorfgemein- ließen sich die treuen Sänger nicht nehmen: schaftsgedanken zu pflegen und so gab es die Liebe zum deutschen Lied. So fanden dann auch damals kein Ereignis, freudiger sich im Jahre 1949, als allmählich der Auf- oder trauriger Art, bei dem die Sänger nicht bau in unserem Lande wieder Fortschritte mitwirkten. So wie heute sangen sie auch zeigte, auch in unserer Gemeinde die sanges- schon früher auf den traditionellen Sänger- begeisterten Männer und Jugendlichen zu- festen und im besten Einvernehmen mit den sammen und erweckten den Männergesang- befreundeten Nachbarvereinen kam man- verein Gieleroth zu neuem Leben. Karl ches alte und schon vergessene Volkslied wieder zu Ehren. Es gab damals noch kein Vereinslokal, sodass man gezwungen war, abwechselnd in den Wohnungen der einzel- nen Sänger zu proben. Wenn sich auch schon mal hier und da Missverständnisse er- gaben: die Liebe zur gemeinsamen Sache blieb bestehen. Nach dem Scheiden des ersten Dirigen- ten übernahm Herr Lehrer Röder aus Wahl- rod kurzfristig die Chorführung, welche dann später auf Herrn Feuerring übertragen Sängerfest 1952 – Festumzug auf der B 8

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Sängerfest 1954 im Zelt

Schäfer übernahm den Vorsitz und Karl Be- zielten Ergebnisse sein. Ende 1954 über- cker, ein Bürger unserer Gemeinde, stellte nahm Herr Willi Schuh die Leitung des sich als Dirigent zur Verfügung. Anlässlich Chores, nachdem Karl Becker aus gesund- des Sängerfestes am 12., 13., 14. Juli 1952 heitlichen Gründen den Dirigentenstab fand die Fahnenweihe des MGV statt. niederlegen musste. Mit einem Festzug vom Vereinslokal Nach fast zweijähriger fleißiger Chorar- Reinhard zum Festzelt begann der Weiheakt. beit besuchten die Sänger im Juli 1956 den Tief ergriffen waren alle Festteilnehmer von internationalen Gesangwettstreit des MGV dem Augenblick, als die Hülle der Fahne ab- Koblenz-Neuendorf anlässlich seines 100- gestreift wurde und das neue Symbol dem jährigen Bestehens. Die Erfolge, welche hier Fahnenträger Gustav Jüngerich übergeben von dem MGV Gieleroth erzielt wurden, wurde. In der Folgezeit verstand es Karl Be- übertrafen alle Erwartungen. Sämtliche er- cker durch seine musikalische Begabung, sten Preise im Klassen-, Ehren-, Haupteh- den Chor bald wieder auf eine beachtliche ren-, und Höchstsingen, einschließlich des Höhe zu bringen. Mit ihm besuchte der Dirigentenpreises wurden dem Verein ver- Chor die Gesangwettstreite in Vallendar am liehen. Nachdem der Gielerother Chor mit Rhein im Jahre 1953 und in Höhr-Grenz- Erfolg das Kreiswertungs- und das Bezirks- hausen im Jahre 1954. In Anbetracht des- wertungssingen hinter sich gebracht hatte, sen, dass es die ersten Wettstreitbesuche erfolgte als höchste Auszeichnung, die Zu- waren und dass es wettstreiterfahrene Ver- lassung zum 2. Bundeschorfest des Sänger- eine, z. T. bekannte Stadtvereine waren, mit bundes Rheinland-Pfalz am 5. Mai 1957 in denen der MGV um die Siegespalme rang, Altenkirchen. Im September des gleichen konnte der Verein mit Recht stolz auf die er- Jahres nahmen die Sänger an dem Gesang-

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wettstreit des MGV Gerlingen teil. Auch hier Nach den erheblichen Arbeitsansprüchen, wurden wiederum schönste Erfolge erzielt. die das Jahr 1958 durch den Wettstreit in Der 1. Klassenpreis, der 3. Ehrenpreis, der 2. Altenkirchen für alle Sänger mit sich Hauptehrenpreis, der 1. Preis im Höchstsin- brachte, beschloss man 1959, kürzer zu gen, der Dirigentenpreis, sowie der Amerika- treten. Für 1960 hatten sich die Sänger für Sonderpreis fielen an den MGV Gieleroth. einen Besuch des Gesangwettstreits am letz- Nach jahrelanger gründlicher chorischer ten Maisonntag in Plettenberg (Sauerland) Schulung erlebte der Verein nun seine schön- entschieden. Als zahlenmäßig kleinster Chor ste Blütezeit. Der Chor war zu einem Binde- errang der MGV in seiner Gruppe den 2. glied der ganzen Dorfgemeinschaft geworden Klassenpreis, den 2. Hauptehrenpreis, den und aus dem Leben der Gemeinde nicht 1. Preis im Ehrenpreis, sowie den 2. Platz im mehr wegzudenken. Bei allen besonderen Er- Höchstehrensingen. Froh und glücklich eignissen stellten sich die Sänger gern zur über ihren Erfolg verabschiedeten sich die Verfügung und erfreuten darüber hinaus in Sänger nach der Verleihung mit dem „Wes- Konzerten und bei geselligen Veranstaltun- terwälder Sängergruß“. gen ihre Mitbürger mit ihren Weisen. „Ohne Fleiß keinen Preis“ sagten sich die Am 28. und 29. Juni 1958 fand in Al- Sänger und Chorleiter des MGV und mel- tenkirchen ein Gesangwettstreit statt, den der deten sich im September 1962 zum Wett- MGV ausrichtete. 32 Vereine aus allen Teilen streit in Güls an der Mosel an, der mit Westdeutschlands, darunter namhafte Chöre großem Erfolg besucht wurde. mit rund 1500 Sängern und Sängerinnen, Höhepunkt in der Vereinsgeschichte hatten mit ihrer Anmeldung dem kleinen 1965 des MGV Gieleroth dürfte wohl das ländlichen Gesangverein ein großes Ver- am 3. Oktober in der Stadthalle Altenkir- trauen entgegengebracht. Die Veranstaltung chen vom Sängerkreis durchgeführte Kreis- wurde dem Verein als ein großer Erfolg und leistungssingen gewesen sein. Von den eine organisatorische Meisterleistung aner- sechzehn aus dem Kreis Altenkirchen betei- kannt. ligten Vereinen erreichte der MGV die beste

MGV 1956 auf der Semseg

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Maisingen in Amteroth 1968

Wertung des Tages. Damit war der Verein Das Jahr 1969 stand ganz im Zeichen des zum nächstjährigen Bezirksleistungssingen 50-jährigen Bestehens des MGV Gieleroth. zugelassen. Solche Erfolge lassen sich nur er- Nun wurde der Verein zu den traditionsrei- zielen, wenn sich alle Sänger für die Sache chen Gesangvereinen unseres Landes ge- begeistern, sie echte Kameradschaft pflegen zählt, die sich durch Generationen hindurch und ihren Chorleiter in seiner Arbeit und ihrer Verpflichtung zur Pflege des deutschen Schulung durch fleißigen Probenbesuch Liedgutes als einem der wertvollsten und unterstützen – so die Meinung des Chronis- schönsten Kulturschätze bewusst waren. Das ten. Die vom Sängerkreis Altenkirchen ein- Ziel: Das Erbe der Väter erhalten und als gesetzte Prüfungskommission erkannte in Kulturträger der Gemeinde auch in Zukunft einer im Februar stattgefundenen Sitzung gute Leistungen vollbringen, vor allem die dem MGV Gieleroth für seine Tätigkeit und Jugend für den aktiven Chorgesang zu ge- Leistung in den letzten drei Jahren die gol- winnen, damit das schöne deutsche Liedgut dene Note des Sängerkreises Altenkirchen auch für die kommenden Generationen er- zu. Diese Auszeichnung wurde dem Verein halten bleiben kann. in einer Feierstunde am Samstag, dem 12. Vom 19. bis 21. Juli feierte man bei bes- März 1966, im Saale des Freizeitheimes der tem Festwetter das Jubiläum. Der Vorsit- Grube Friedrich in Niederhövels verliehen. zende des Sängerkreises AK überbrachte Vom 1. bis 3. Juli 1966 feierte der MGV dem Jubelverein die Glückwünsche des Sän- 1877 Weissenthurm sein 90-jähriges Beste- gerkreises AK, des Landessängerkreises hen, verbunden mit einem großen Gesang- Rheinland-Pfalz und des deutschen Sänger- wettstreit, an dem der MGV Gieleroth bundes, und überreichte dem Vereinsvorsit- teilnahm. Mit der Gesamtzahl von 320 zenden eine Urkunde für 50 Jahre Punkten erreichten die Sänger die zweit- verdienstvolles Wirken im Chorgesang. höchste Punktzahl in ihrer Klasse, eine wirk- Für 50-jährige aktive Sängertätigkeit lich großartige Leistung eines kleinen ehrte man die Sangesbrüder Heinrich Rein- Landvereins. hard aus Gieleroth und Robert Euteneuer

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aus Amteroth. Die von Männern, von Am 29.08.1973 verabschiedete sich der Frauen und von gemischten Chören vorge- MGV von Dirigent Willi Schuh. Vorsitzen- tragenen Lieder fanden bei den Besuchern der Willi Euteneuer wies auf eine fast 20- ungeteilten Beifall. Die Sängerfeste in Giele- jährige gute Zusammenarbeit hin und roth haben eine schöne Tradition. Sie sind dankte ihm im Namen aller Sänger. Ab weit über die Grenzen des Westerwaldes hin- 1.9.1973 wurde Gerd Schnabel aus Meh- aus bekannt geworden, weil sie sich aller ren mit der Leitung des Chores betraut. fremden Einflüsse zum Trotz den Charakter Die Tatsache, dass kurze Zeit nach dem Di- unverfälschter Volks- und Familienfeste be- rigentenwechsel ein halbes Dutzend neuer wahrt haben. Tradition und Gegenwart ver- und alter Sänger als Aktive zum Verein fan- einigen sich im Wirken des MGV. Mit den, gab Gewissheit, die vielleicht schwers- vereinten Kräften gelang es, Erfolg zu errin- te Krise seit Bestehens des Vereins behoben gen und dem Jubelfeste einen würdigen zu haben. – Am 7. und 8. September 1974 Rahmen zu geben. fuhr der MGV zum Festbesuch des Musik- Am 27.09.1970 fuhr der MGV ins Sau- vereins Veldhoven nach Holland. Es wurde erland zum Wettstreit des MGV Pletten- ein schöner Ausflug. 1975 im April fand berg-Holthausen. Die Sänger erreichten eine wieder ein Dirigentenwechsel statt. Gerd Gesamtpunktzahl von 336 Punkten, die Schnabel gab den Dirigentenstab an Uwe höchste Punktzahl in ihrer Klasse. Es war an Hürland aus Isenburg weiter, mit dem das einem herrlichen, sonnenreichen Spätsom- Sängerfest am 19. bis 21. 7. in Verbindung mertag als dieser große Erfolg anschließend mit der Festmusik Musikverein Veldhoven gebührend gefeiert wurde. gefeiert wurde. Bei dieser Gelegenheit 1971 machte der MGV einen mehrtägi- wurde Willi Schnug für 50 Jahre Singtätig- gen Ausflug nach Holland. Durch Vermitt- keit mit der goldenen Ehrennadel des deut- lung des Sangesbruders Walter Wehler schen Sängerbundes ausgezeichnet. Weitere besuchten die Sänger den Musikverein Veld- 13 Sänger wurden für 25 Jahre Mitarbeit hoven. Bei einem Konzert mehrerer Musik- im Verein mit der silbernen Ehrennadel ge- vereine, an dem auch der MGV teilnahm, ehrt. eroberten sich die Sänger die Sympathien Erstmals konnte der Verein bei einer der holländischen Gastgeber. Im Anschluss Schaltplattenaufnahme teilnehmen. Mit fand ein Tanzabend statt, bei dem Freund- weiteren acht Vereinen trafen sich die Sän- schaften geschlossen wurden. Das war, alles ger am 24.10.1976 zur Aufnahme in der in allem, ein gelungener Ausflug. Turnhalle der Grundschule Altenkirchen, Höhepunkt 1972 war das Sängerfest am wo die Platten dank einer guten musikali- 15. bis 17. Juli. Die Festmusik hatte der Mu- schen Leistung schnell abgesetzt wurden – sikverein Harmonie Veldhoven übernom- 1977 feierte der Frauenchor Gieleroth sein men, der mit seinen Musik- und 25-jähriges Vereinsjubiläum, an dem der Gesangsbeiträgen das Publikum restlos be- MGV gebührend teilnahm. Am 7. bis geisterte. Dort wurden Albert Müller und 9.7.1979 fand das 60-jährige Jubiläumsfest Heinrich Weller für 50 Jahre und Gustav des MGV statt, das mit großem Erfolg ge- Jüngerich für 40 Jahre Singtätigkeit mit der feiert wurde. Robert Euteneuer wurde für Goldnadel des deutschen Sängerbundes ge- 60 Jahre Singtätigkeit mit der goldenen ehrt. Nadel mit Schleife ausgezeichnet.

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Maisingen in Amteroth – 1. Mai 1974

Im Januar 1980 fand wieder ein Dirigenten- grüßungschor gemeinsam vom Frauen- und wechsel statt, nachdem Uwe Hürland sein Männerchor gesungen. Am 2.10.1983 Amt abgegeben hatte. Helmut Brandt aus feierte der Sängerkreis Altenkirchen sein 60- wurde sein Nachfolger. – jähriges Bestehen. Heinrich Weller wurde 1980 fand ein Ausflug des MGV in den während dieser Veranstaltung für 60 Jahre Schwarzwald nach Oberharmersbach statt. Singtätigkeit mit der goldenen Sängernadel 1982 in der Zeit vom 17. bis 19. Juli konnte mit Schleife ausgezeichnet. Vom 25. bis der Frauenchor Gieleroth sein Stiftungsfest 27.8.1984 fand das 65-jährige Stiftungsfest begehen. Beim Festkommers wurde der Be- des MGV statt.

Stiftungsfest „65 Jahre MGV“ 1984

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Im September trat Helmut Brandt aus ge- fer und Alfred Schneider mit der goldenen sundheitlichen Gründen zurück. Neuer Di- Nadel des deutschen Sängerbundes. Festzu- rigent wurde Helmut Velten aus Wahlrod. stellen ist, dass der Besuch der Feste in den let- Die Veltenchöre veranstalteten im Dezem- zen Jahren merklich nachgelassen hat. ber 1985 ein Konzert in der Altenkirchener Stadthalle mit großem Erfolg. Am 28.6.1987 fand ein Familienwandertag nach Mudenbach statt und im gleichem Jahr nahm der Verein am Fest des Gielerother Frauenchors vom 5. bis 7.9. teil. 1988 fand in Stockhausen-Illfurt ein Pokalwertungssin- gen statt, an dem der MGV als Chorgemein- schaft mit den Männerchören Wahlrod und Mudenbach teilnahm. Man organisierte außerdem einen Wandertag nach Leuzbach. Und der Jahresausflug des MGV führte die- ses Jahr nach Paris. Nach fünfjähriger Pause feierte der Verein in der Zeit vom 12. bis 14.8.1989 seinen 70. Geburtstag. Für 40 Jahre Singtätigkeit wurden geehrt: Willi Enders, Herbert Fischer, Gerd Hommer, Karl-Heinz Hüllbüsch, Erich Schä- Stiftungsfest „65 Jahre MGV“ 1984

Kranzniederlegung 1984 in Gieleroth

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Sängerfest 1989

Zwischenzeitlich blieb es bei all den Akti- tiven Sängern immer öfter mit dem MGV vitäten des MGV nicht verborgen, dass der Wahlrod eine Chorgemeinschaft bilden. Verein in eine schwere Krise hineinschlit- Der Vorschlag des Frauenchores, einen terte. Die Proben wurden schlecht besucht, gemischten Chor zu gründen, wurde abge- eine Unlust hatte sich eingeschlichen, es war, lehnt. Erfolglos suchte man nach Alter - als wäre aus dem Chor die Luft raus. Über- nativen. einstimmend war man aber der Meinung, Aus bekannten Gründen entschied sich die Vereinstätigkeit aufrecht zu erhalten. In Dirigent Helmut Velten für die Beendigung der Jahreshauptversammlung am 17.2.1990 seiner Tätigkeit zum 31.12. 1991. Der Ver- wurde noch einmal an alle aktiven und pas- ein war am Tiefpunkt angelangt. In der Jah- siven Sänger appelliert, den Verein zu unter- reshauptversammlung am 18.1.1992 wurde stützen. Bei einem Liederabend in Wahlrod beschlossen, die Singtätigkeit niederzulegen stellten die Gielerother Sänger ihr Können und die Mitgliedsbeitragserhebung einzu- noch einmal unter Beweis. Für 40 Jahre stellen. Singtätigkeit wurden Werner Euteneuer und Bei der außerordentlichen Mitglieder- Günther Seiler mit der goldenen Nadel des versammlung am 4.2.1992 wurde noch der Sängerbundes geehrt. Versuch gestartet, einen gemischten Chor Am 15.5.1990 wurde das Vereinslokal zu gründen. Es kam kein Ergebnis zustande. Reinhard geschlossen. Damit hatte eine ur- Am 23.4.1993 bei der Generalversamm- alte Dorfwirtschaft aufgehört zu bestehen. lung wurde der offizielle Ruhebeschluss Seit seiner Neugründung hatte der MGV nochmals bestätigt. Die einzige Aktivität hier sein Domizil. Neues Vereinslokal wurde des MGV beschränkte sich auf die Durch- die Gaststätte „Gielerother Höhe“. Der tra- führung der Wandertage, an denen rege teil- ditionelle Wandertag am 17.6. führte den genommen wurde. MGV nach Marzhausen. Circa hundert Ab dem 1.7.1995 wurden alle Männer Personen nahmen an diesem Ausflug teil. – zwischen 14-70 Jahren ins Bürgerhaus von 1991 musste der Verein aus Mangel an ak- Gieleroth geladen. 35 Personen waren an-

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wesend. Alle Versuche auf eine Wiederbele- 1989-1992 Helmut Seeger bung der Singtätigkeit des MGV scheiter- Helmut Benner ten. Die Mitgliederversammlung am 1992-1993 Willi Schneider 23.3.1996 löste den Verein auf. Er war 77 1993-1996 Günter Seiler Jahre alt geworden.1 – Es ist sicherlich müßig im Nachhinein darüber nachzuden- ken, was letztendlich zur Auflösung eines ehemals stolzen Chores führte. Festzuhalten Sängerfeste: bleibt jedoch eins: Die Gemeinde Gieleroth 1950 in Gieleroth, hatte einen wichtigen Kulturträger verloren, 1951 in Amteroth, den es in dieser Form niemals wieder geben 1952 in Herpteroth, wird. 1954 in Gieleroth, 1956 in Amteroth, Die Vorsitzenden des MGV nach 1949: 1958 in Herpteroth, 1960 in Gieleroth, 1949-1951 Karl Schäfer 1962 in Amteroth, 1951-1958 Emil Jüngerich 1964 in Gieleroth, 1958-1964 Willi Schnug 1966 in Gieleroth, 1964-1970 Albert Müller 1972 in Gieleroth, 1970-1978 Werner Euteneuer 1975 in Gieleroth, 1978-1981 Günter Seiler 1979 in Gieleroth, 1981-1987 Willi Schneider 1984 in Gieleroth, 1987-1989 Werner Euteneuer 1989 in Gieleroth

1 Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mannes 1 inDie Deutschland durchschnittliche lag 1996 Lebenserwartung bei 77 Jahren. eines Mannes in Deutschland lag 1996 bei 77 Jahren.

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Geschichte des Frauenchores Gieleroth

Was könnte auf Erden mehr geliebt vollendet, Freude und Interesse am Chorge- werden als Gesang? sang hatten, herzlich eingeladen, dem Ver- ein beizutreten, dessen Monatsbeitrag 1949 wurde der Frauenchor Gieleroth im damals 0,20 DM betrug. Gasthof Reinhard auf Anregung des Män- Der Männergesangverein, der 1949 nergesangvereins Gieleroth gegründet, und schon auf eine dreißigjährige Tradition zu- seit 1951 ist seine Geschichte genau aufge- rück blicken konnte, beließ es nicht beim zeichnet. In der bisher fast sechzigjährigen Anstoß zur Gründung des Frauenchores, Geschichte des Vereins hat nicht nur der sondern stand dem neuen Verein mit Rat Probentag gewechselt, es gab auch Änderun- und Tat zur Seite. So lieferte er den Damen gen in der Chorleitung und des Vereinslo- auch fürsorglich die ersten Noten der einzu- kals. Aber gemach, alles hübsch der Reihe übenden Lieder. Anlässe zum ,,Ständchen nach. singen“ waren, wie sollte es anders sein, Frieda Jüngerich kümmerte sich bereits Hochzeiten, 80. und 85. Geburtstage – da- vor ihrer Wahl zur allerersten Vorsitzenden nach jedes Jahr zum Wiegenfest – und Beer- des neuen Vereins um Schriftführung und digungen. finanzielle Dinge. Selbstverständlich waren Den ersten großen Auftritt hatte der alle Frauen der drei Dörfer Gieleroth, Herp- Frauenchor 1952 in Herpteroth mit einem teroth und Amteroth, die das 18. Lebensjahr Liedbeitrag auf dem Sängerfest des Männer-

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gesangvereins. Kaum ein halbes Jahr später Die erste Generalversammlung dagegen fand wählte der Chor, dem inzwischen 46 aktive erst im Jahre 1974 statt, von da ab gehörte Mitglieder angehörten, am 8.1.1953 im sie aber zum Pflichtprogramm in der Jahres- Gasthof Reinhard zum ersten Mal einen planung des Frauenchores. Vorstand: Der FC Gieleroth bewies sein Können nicht nur auf vielen Sängerfesten und ande- 1. Vorsitzende Frieda Jüngerich ren Festlichkeiten, sondern übernahm auch 2. Vorsitzende Martha Schüler soziale Verantwortung in der Gemeinde. Seit 1. Kassiererin Frieda Jüngerich seiner Gründung lädt der Chor alljährlich 2. Kassiererin Emmi Jüngerich im Wechsel zu einer Alten- bzw. Nikolaus- 1. Schriftführerin Erna Kasuschke feier ein, die immer großen Anklang findet. 2. Schriftführerin Marga Neubauer Doch auch das Gemeinschaftsleben 1. Beisitzerin Berta Schüler wurde und wird gepflegt. Seit dem ersten 2. Beisitzerin Elli Schmuck Vereinsausflug am 13.09.1954 an die Ahr 3. Beisitzerin Hildegard Seelbach wird Jahr für Jahr ein anders Ziel für die

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Tour der Sängerinnen ausgeguckt. 1993 Last not least ein Blick auf die herausragen- unternahmen alle „Schnabelchöre“ sogar ge- den Ereignisse in der Geschichte des Giele- meinsam einen Ausflug. Drei Jahre später rother Frauenchores: steuerte der FC Gieleroth den Landtag in Mainz an, wohin die Landtagsabgeordnete 1972 feiert der Frauenchor Gerd Schnabels Eda Jahns die Sängerinnen anlässlich der 25jähriges Dirigentenjubiläum. Verleihung des Ökopreises an Amteroth ein- 1976 nehmen die erprobten Sängerinnen geladen hatte. Von dort aus ging es zum in der Grundschule Altenkirchen ihre ZDF, um einen Blick hinter die Kulissen des erste Schallplatte auf. Fernsehens zu werfen. 1977 wird ein wenig verspätet das 25-jäh- Vom Wechsel in der Chorleitung war rige Bestehen des FC Gieleroth ge- schon die Rede. Karl Becker, dem ersten feiert. Chorleiter, folgte 1956 Willi Schuh, der 1982 folgt in gebührendem Rahmen die 1969 von Gerd Schnabel abgelöst wurde. Feier zum 30-jährigen Bestehen des Über 35 Jahre leitete er den Schnabelchor, Chores. und die 1999 als Vizedirigentin berufene 1984 erhält der Vortrag der beiden wunder- Natascha Schewelew übernahm 2005 end- schönen alten Lieder „Suliko“ und gültig von ihm den Dirigentenstab. Mit „Wie heimlicher Weise“ beim Sänger- einer bewegenden Feierstunde wurde der wettstreit in eine ausgezeich- langjährige Dirigent verabschiedet. Ihm galt nete Bewertung. besonderer Dank, der die besten Wünsche 1988 das Jahr, in dem Amteroth den für die Zukunft, vor allem Gesundheit, ein- 2. Platz im Wettbewerb „Unser Dorf schloss, für die vielen erfolgreichen Auftritte soll schöner werden“ gewinnt, singt des FC Gieleroth. Verständlich, dass nach so der Frauenchor auf der Siegerehrung. vielen Jahren gemeinsamer Chorarbeit auch 1989 bereichern die Frauen durch ihren ein wenig Wehmut zu verzeichnen war, denn Gesang das Fest zum 10-jährigen Be- viele Sangesschwestern waren mit ihrem Di- stehen des Gielerother Kindergartens. rigenten älter geworden. 1992 trägt der Chor zur festlichen Einwei- Letzteres war auch – neben der vielen Ar- hung des Herpterother Brunnenhau- beit – der Grund, 2002 die Organisation des ses wesentlich bei. Karnevals abzugeben. Es entstand die „Inter- 1993 als Amteroth und Herpteroth den essengemeinschaft Gielerother Karneval“, bei 1. und 3. Platz im Wettbewerb der alle Sängerinnen, die mit Leib und Seele „Unser Dorf soll schöner werden“ er- dem Karneval verschworen sind, gerne weiter- reichen, gratulieren die Chordamen hin vor und hinter der Bühne mitarbeiten. aufs Herzlichste mit ihrem Gesang Veranstaltungsort ist das „Gielerother Bürger- bei der Siegerehrung. haus“, inzwischen seit 1995 auch bewährter 1995 beeindrucken die Lieder der Frauen Probenort des FC Gieleroth, nachdem das bei der Einweihung des Dorfgemein- Vereinslokal „Zur Tränke“, ehemals Gasthof schaftshauses Gieleroth alle Gäste Reinhard, 1990 seine Pforten geschlossen sehr. hatte und für kurze Zeit wöchentlich auf der 1999 ist das Jahr in der bisherigen Ge- „Gielerother Höhe“ bei Minna Pongratz und schichte des Frauenchores Gieleroth. Jürgen Burbach geprobt worden war. Mit einem außergewöhnlich an-

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spruchsvollem Sängerfest wird das Gesungen wurde zu vielen, vielen Anlässen. 50-jährige Bestehen des Vereins ge- Sie detailliert aufzulisten, würde den Leser feiert. nur ermüden. Aber an die herrlichen Kon- 2004 gestalten die Chormitglieder mit zerte der ,,Schnabelchöre“ in der Stadthalle wunderschönen Liedvorträgen den Altenkirchen muss hier doch noch einmal ersten Gottesdienst im Freien in Gie- erinnert werden. leroth. Welche Begeisterung die Sängerinnen 2005 geben die Lieder des FC Gieleroth beflügelte und die sie noch heute an den Tag der Veranstaltung zur Wappenverlei- legen, beweisen die Ehrungen, die die akti- hung an die Ortsgemeinde einen be- ven Mitglieder bisher erfahren durften. sonderen Rahmen. Bereits 1977 erhielten 13 Sängerinnen vom

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deutschen Sängerbund die silberne Nadel, die echte Begeisterung, der treue Einsatz und und dass das bei einer solch engagierten die Freude am Gesang ermöglichen es, die Gruppe kein einmaliges Ereignis blieb, ist Gemeinschaft des Chores lebensfähig zu er- fast schon selbstverständlich. Die Ehrungen halten. Aus dem kulturellen Leben Giele- entwickeln sich zum stolzen Kapitel der roths und dem des Kreises Altenkirchen ist Vereinstradition. 1990 war es Elisabeth der FC Gieleroth einfach nicht mehr weg- Borchers, die die Silbernadel erhielt, 1994 zudenken. Helga Simon, und 1999 wurden Helga Henn, Margit Lenz und Luise Müller diese Ehrung zuteil. Das Silber verwandelte sich 2001 für Irene Euteneneuer und Elfriede Werkhausen zu Gold für 50 Jahre Gesang im FC Gieleroth. Für ihre 60-jährige Treue zum Chor wurden die beiden Sängerinnen Hildegard Bachenberg und Erna Müller 2004 geehrt. Und noch mehr glänzende Nadeln wurden im gleichen Jahr verliehen: für 50 Jahre Zugehörigkeit Herta Meffert, für 40 Jahre Martha Augst, Waltraud Flem- mer, Margarete Müller und Renate Müller, und für 25 Jahre Dagmar Hoben. 2007 schmückte der neue Präsident des Chor - verbandes Rheinland-Pfalz, Karl Wolff, Hilde Neuls, Marlene Bachenberg, Marga Fischer und Erika Seiler mit der goldenen Die Vorsitzenden des Frauenchores Ehrennadel. Die letzt genannten Drei beka- Gieleroth: men das kostbare Zeichen dafür, dass sie Frieda Jüngerich dem Gesangverein 50 Jahre lang die Treue Ruth Wehler hielten. Hilde Neuls wurde ausgezeichnet Waltraud Euteneuer für 40-jährige Singtätigkeit und über 15 Irene Kupzog Jahre Mitarbeit im Vorstand. Nicht zuletzt Helene Hasselbach wurde auch Petra Land geehrt für 25-jährige Emma Euteneuer Aktivität im Chorgesang, für 15 Jahre Vor- (seit 1976 Ehrenvorsitzende) standsarbeit und fünf Jahre als Vorsitzende. Hilde Neuls Noch nicht ganz so lang sind die beiden Margit Lenz „Karinnen“ Mitglieder des FC Gieleroth. Marga Fischer Karin Schmidt singt 1. Sopran und Karin Cornelia Jansen Thomas Alt. Petra Land Es kann nicht oft genug darauf hinge- wiesen werden, welche Bedeutung den Chorvereinen zukommt. Sie vermitteln über Generationsschranken hinweg kulturelle und gesellschaftspolitische Traditionen. Nur

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Der Natur- und Umweltschutz- verein Gieleroth e.V.

Soll dieser Wald zur Mülldeponie werden? Mai 1992

er Natur- und Umweltschutzverein Großteil des Amterother Interessenten - D Gieleroth e.V. ist einer von vier einge- waldes in Richtung Bismarckturm, und das tragenen Vereinen in Gieleroth. Seine Grün- dritte lag in der Gemarkung Gieleroth, dung verdankt er folgendem Umstand nördlich der B 8 in Richtung Borod-Ingel- Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahr- bach. hunderts: Es ist nur zu verständlich, dass weder Der Landkreis Altenkirchen ist für die die Gemeinde noch ihre Bürger tatenlos Abfallentsorgung in unserer Region verant- zusehen wollten, dass am Ortsrand eine wortlich. Da sich die Aufnahmekapazität der Müllkippe entsteht, die auf Jahrzehnte das damaligen Mülldeponie in redu- Ortsbild prägen würde. Jeder erkannte zierte, suchte der Kreis nach einem neuen zwar die damals geglaubte Notwendigkeit Standort. Mit Hilfe eines Ingenieurbüros eines neuen Standortes, aber niemand wurden insgesamt ca. 120 Standorte kreis- wollte ihn direkt vor der eigenen Haustür weit unter die Lupe genommen. haben. Also schlossen sich in vielen Ge- Drei mögliche Standorte wurden auch in meinden die Einwohnerinnen und Ein- Gieleroth gesehen. Eines der Gebiete um- wohner zu Bürgerinitiativen zusammen, fasste den Bereich zwischen Herpteroth und um ihre Gründe gegen den oder die Stand- der Kreisstraße 34 (Teilstück von Oberwam- orte in ihrer Gemeinde den zuständigen bach nach Amteroth), ein zweites einen Gremien vorzutragen.

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frieden, und in vielen Gemeinden lösten sich die Bürgerinitiativen mangels Betäti- gungsfeldes wieder auf. Auch in Gieleroth stellte sich die Frage nach Auflösung oder Fortführung in Form eines eingetragenen Vereins. Nach reiflicher Überlegung entschied man sich für Letzte- res. In einer Zeit, die vorwiegend von Ge- winn und Kommerz geprägt ist, kann es für eine Gemeinde nur von Vorteil sein, Bürger zu haben, die bereit sind, unentgeltlich im und ums Dorf anzupacken. Dies war die Geburtsstunde des Natur- und Umwelt- Peter Kuckuck war immer dabei. schutzvereines Gieleroth e.V. im Jahre 1992. Öffnen des Fledermausstollens Die Arbeit der Bürgerinitiative erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Orts - gemeinde, und Gemeinderat und Bürger- Auch in Gieleroth war man sich darüber meister waren über ihr Tätigwerden stets einig, keine der drei möglichen Flächen für informiert. Auch der Natur- und Umwelt- eine Kreismülldeponie „opfern“ zu wollen. schutzverein unternimmt keine „Allein- Eine Bürgerinitiative wurde gegründet, und gänge“. Alle Aufgaben, die er für sich sieht, die möglichen Deponiebereiche wurden auf werden nur in Abstimmung mit der Orts- ihre Tauglichkeit hin geprüft. gemeinde erledigt, und der Ortsbürgermeis- Allen voran war es Peter Kuckuck, der ter ist berechtigt, an allen Sitzungen des mühevoll Kriterien herausarbeitete, die letzt- Vorstandes als beratendes Mitglied teil- lich dazu führten, dass sich die drei Stand- zunehmen. orte in Gieleroth als ungeeignet erwiesen. So Aufgabenschwerpunkte des Vereins sind sprach beispielsweise die Rechtsverordnung die Förderung des Umwelt- und Natur- über das Landschaftsschutzgebiet „Im Dorn“ schutzes sowie die Landschafts- und Hei- gegen den Standort in Amteroth. mat pflege. Der Satzungszweck wird durch Im Laufe der folgenden ein, zwei Jahre Maßnahmen verwirklicht, die dem Schutz verschwanden nach und nach die ur- der Landschaft dienen, und Flora und sprünglich 120 Deponieflächen von der Fauna werden vor zerstörerischen und Landkarte. Dass bis heute keine neue Müll- schädlichen Einflüssen und Eingriffen be- deponie im Landkreis Altenkirchen errich- wahrt. Lebensräume für seltene Tiere und tet wurde, hat kommunalpolitische Pflanzen werden geschaffen und erhalten Hintergründe. Es kristallisierte sich heraus, und Bach paten schaften werden übernom- dass die Ausfuhr von verwertbarem und men. nicht verwertbarem Müll in außerhalb des Es gibt Tätigkeitsfelder, die regelmäßig, Kreises liegende Anlagen möglich und vor z.B. jährlich, wiederkehren. Hierzu zählt die allem nicht – wesentlich – teurer ist als die von der Gemeinde initiierte Flursäuberung Alternative der eigenen Deponie. Zu guter in jedem Frühjahr. An einem solchen Tag Letzt waren es die Bürger des Kreises zu- werden Straßengräben, Wegeränder und

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Bachpaten unterwegs Nistkästenbau 1997

Ob einige Vogeleltern diese selbst gebauten Nistkästen bewohnen werden? 1997

Familienwanderung zum Brückenfest auf der Michelbacher Brücke 1998

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Familienwanderung 2006 – Pause bei Widderstein

Lehmbauaktion in Gieleroth 1998 Wiedtalrallye – hier in Ehrenstein 2001

Nach der Flursäuberung sorgt die Ortsgemeinde für „Speis und Trank“

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Waldstücke vom Wohlstandsmüll unserer Die beiden kleinen Bäche, die in der Gemar- Gesellschaft befreit. kung Herpteroth und Gieleroth entsprin- Der Natur- und Umweltschutzverein hat gen, fließen in Amteroth zusammen und es sich zur Aufgabe gemacht, jedes Jahr ein münden als Almersbach in der gleichnami- oder mehrere Angebote für Kinder – und gen Gemeinde in die Wied. Der Almersbach deren Eltern – vorzuschlagen. Die Band- ist ein sogenanntes Gewässer III. Ordnung, breite reicht von der Familienwanderung für die die Verbandsgemeinde Bachpaten- durch heimische Gefilde, über Spieltage in schaften vergibt. Vor einigen Jahren hat der den Schulferien bis hin zu Tagesfahrten in Verein eine solche für ein Teilstück des Freizeitparks. Rege Teilnahme ist den Orga- Almersbaches übernommen. nisatoren Ansporn, fürs nächste Jahr neue Ein besonderes Augenmerk legt der Ideen zu realisieren. Natur- und Umweltschutzverein Gieleroth Einer der Höhepunkte im Laufe des auf den Erhalt und die Pflege zweier Vereinsjahres ist der mehrtägige Ausflug, der Gemeindeflächen, die eine lange Vergangen- jeweils an Christi Himmelfahrt beginnt. heit haben: Verein smitglieder, aber auch Reiselustige, die Der Postweiher in Gieleroth, unterhalb dem Verein – noch – nicht angehören, freuen des Neubaugebietes „Hinter Eichelhardts- sich jedes Jahr auf das attraktive Angebot. Ob garten“ (= „In den Eichen“), wurde als in die Berge oder ans Meer, ob Erzgebirge Pferde tränke der damaligen Pferdewechsel- oder Eifel; in alle Himmelsrichtungen hat station – heute das Anwesen der Familie der Natur- und Umweltschutzverein schon Walter Wehler – genutzt. Er ist eines der Touren unternommen, die immer für Kurz- ältesten künstlichen Gewässer der Region. weil sorgten und dazu eine gute Gelegenheit Der Postweiher ist als Natur- und Kultur- boten, Land und Leute kennen zu lernen! denkmal sogar durch eine Rechtsverordnung

Mit einer Egge an einem Seilzug werden die Schlinggewächse aus dem Wasser gezogen

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boden „wächst“ und die gesamte Anlage nur noch aus Schlamm bestehen würde. Deshalb ist es hin und wieder notwendig, das Wasser gänzlich abzulassen und mit Hilfe eines Baggers den Schlamm bis zum Grund des Weihers zu beseitigen. Solche Eingriffe unter- liegen der strengen Kontrolle der Landes- pflegebehörde und müssen genehmigt sein. Der Hohlweg in Herpteroth ist einer der An der „Tränke“: wenigen Wege seiner Art, der in ursprüng- Zwischenstärkung am Postweiher licher und natürlicher Form erhalten geblie- ben ist. Meist sind vergleichbare Wege längst geschützt. Er wird von einer Vielzahl von geteert und als Straßen oder Wirtschafts- Quellen gespeist, und ein Überlauf ermög- wege entsprechend ausgebaut. licht den Abfluss des überschüssigen Was- Hohlwege waren im späten Mittelalter sers. Verschiedenste Tier- und Pflanzenarten und in der frühen Neuzeit die Hauptzufahr- haben in diesem Biotop einen Lebensraum ten unserer Dörfer. Die undurchdringliche gefunden. Um ein Verlanden des Gewässers Hecke, die zu dieser Zeit rund um eine Ort- zu verhindern, ist es notwendig, den nach- schaft zum Schutz von Mensch und Tier wachsenden Pflanzenwuchs in regelmäßigen üblich war, das sogenannte „Gebück“, wurde Zeitabständen aus dem Weiher herauszu - durch die Hohlwege durchbrochen. Sie ziehen. Verlanden bedeutet, dass der Teich- waren damals die einzige Möglichkeit, in ein

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Dorf hinein und wieder heraus zu kommen. Der Natur- und Umweltschutzverein Giele- Während des 2. Weltkrieges bot der Hohl- roth ist im Laufe der Jahre in unserer weg den Herpterothern einen Zufluchtsort Gemeinde zu einer festen Größe geworden. vor Bombenangriffen. Er hat derzeit ca. 120 Mitglieder. Bewusst Der Herpterother Hohlweg ist an seinen oder unbewusst haben sie in nunmehr 15 Jah- seitlichen Böschungen stark bewachsen. ren Vereinsleben das frühere „Dorfdenken“ Ohne kontrollierten Rückschnitt würden verwandelt; die gegenseitige Abgrenzung der die Bäume und Sträucher den Weg und die drei alten Dörfer ist kaum mehr zu spüren. Böschungen überwuchern. Daher muss alle Als Fred Jüngerich sich im Spätherbst paar Jahre dem Baum- und Strauchbewuchs 1993 zu einem Arbeitseinsatz am Gielerother zu Leibe gerückt werden. Postweiher einfand, fragte ein Gielerother Leider wurde der Herpterother Hohlweg Bürger: „Wat wollen die Herpder dann hee ?“ in den Jahrzehnten nach Kriegsende als Der gleichfalls anwesende Gielerother Müllkippe missbraucht, und es hat Jahre ge- Günter Neuls entgegnete diesem daraufhin, dauert, um aus ihm das zu machen, was er zugegeben etwas barsch: „Der Mann öss Gil- heute wieder ist: Eine Rarität inmitten lerder Bürjer, wahrscheinlich wälle helfen am unserer Natur! Ein delikates Bodendenkmal. Weijjer ze schaffen.“ Das Vereinsmitglied Es gibt in Herpteroth noch einen zweiten Günter Neuls verteidigte schon 1993 die Hohlweg, die Kreisstraße 32 am Ortsaus- eine Gemeinde, zusammengewachsen aus gang in Richtung Gieleroth. In diesem aus- den Dörfern Gieleroth, Amteroth und gebauten Zustand sind die alten Wege in Herpteroth – eine Auffassung, die heute die unserer Heimat häufiger zu finden. meisten von uns teilen.

Fleißige Helfer: hier und dort

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von links : Günter Rosenbach, Helmut Altgeld, Dieter Warmer, Karl-Heinz Seiler, Heinz- Erhard Räder, Fred Jüngerich, Dietmar Müller, Bernd-Rüdiger Neeb; vorne: Martin Enders, Bernd Lindlein, der Fotograf Hans Enders fehlt

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Auf dem Postweiherdamm im November 1993 von links: Elias Bielesch, Bernd Schüchen, ganz tief im Weiher: Hans-Jürgen Burbach, Manfred Born, Achim Neuls, Karl-Heinz Seiler, Hans Enders, davor: Horst Wehler, ganz vorne: Günter Fleischer

Erstaunlich viel Müll liegt an den Straßenrändern

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Im Bayerischen Wald 1993

Am „Rennsteiggarten“ im Thüringer Wald 1995

Fahrt nach Liechtenstein 2003

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Ausstellung zum 10-jährigen Vereinsjubiläum im Jahr 2002 in der „Dreschhalle“

1 Siehe auch die Artikel „Postweiher“ und „Hohlwege“ in diesem Buch

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Eicherfreunde Westerwald e.V. in Herpteroth

issenswertes über uns: 1997 wurde Vier Oldtimer-Treffen wurden schon erfolg- Wder Verein Eicherfreunde – Wester- reich durchgeführt. Zu unserem letzten wald e.V. offiziell gegründet und ins Vereins- Treffen im Jahre 2006 kamen über 300 register eingetragen. Bis Ende Februar 2007 Schlepper. Der Erlös der Veranstaltungen zählten wir 26 Mitglieder, in deren Besitz kommt jeweils gemeinnützigen Einrichtun- über 40 Eicher – Traktoren sind. Besonders gen, wie Kindergärten, Kinderschutzbund erfreulich ist, dass der Verein zu seinen Mit- usw. zugute. Bei mehreren Oldtimer Tref- gliedern auch mehrere Jugendliche und fen waren wir mit unseren Traktoren schon sogar einige weibliche Mitglieder zählen zu Gast. Jedes Mitglied ist zur Teilnahme kann. Unsere Ziele sind es, Traktoren und eingeladen, aber nicht verpflichtet. Im Jahre landwirtschaftliche Geräte zu restaurieren, 2006 sind wir beispielsweise mit sechs Old- aktiv die Jugend an die Technik heranzufüh- timer – Schleppern der Firma Eicher nach ren, den Gedankenaustausch zwischen den Fuldabrück bei Kassel gefahren. Mitgliedern, aber auch zwischen anderen In strömendem Regen machten wir uns Vereinen zu erhalten, zu erweitern und die am Himmelfahrtsmorgen auf, um nach fast Geselligkeit in Form von Festen und Zu- 12-stündiger Fahrt bei den Eicherfreunden sammenkünften zu pflegen. Nordhessen einzutreffen und dort ein ver-

Eicher-Rallye durch Amteroth

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gnügliches Wochenende rund um Schlep- Wer weiß, zu welchem Ziel uns dieses tolle per und Co. zu verbringen. Der Verein Hobby das nächste Mal führen wird? Wei- selbst erwirbt keine Fahrzeuge oder Ma- tere Mitglieder sind gerne willkommen. Wer schinen. Der Vorstand arbeitet ehrenamt- Fragen hat, kann sich melden beim 1. Vor- lich, das heißt ohne Aufwandsentschä- sitzenden Günther Seiler, 57610 Herpte- digung. roth, Hofstraße 4, Tel.: 0 26 81 / 56 48

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Erste Autos – Schlepper und eine Tankstelle

in Auto wurde erstmals in der Schul- Schlepper der Baureihe F1M414 mit 11 PS Echronik Gieleroth unter dem 1. August (der berühmte „11er Deutz“). In Herpteroth 1914 (Ausbruch des 1. Weltkrieges) erwähnt. hatten schon 1950 die Familien Heinrich Sei- Es brachte um Mitternacht die Nachricht, ler (Hanomag R 16) und Hermann Schäfer dass sich der Landsturm stellen müsse. (14 PS Kramer) Schlepper angeschafft. Mitte In den ländlichen Gebieten der preußi- der 50er Jahre hatten sich bereits viele land- schen Rheinprovinz – zu denen unsere Ge- wirtschaftliche Betriebe einen Schlepper zu- meinde gehörte – betrug die Kraftfahr- gelegt. So waren in Herpteroth zu dieser Zeit zeugdichte 1939 etwa 6 Autos je Quadratki- zwei Lanz-Aulendorf-Schlepper (HELA) im lometer. Da die Fläche der Gemeinde Giele- Einsatz, und zwar ein HELA D 12 (12 PS) roth annähernd 6 Quadratkilometer beträgt, bei Familie Wessler und ein HELA D 117 (18 waren damals wohl nicht mehr als ein halbes PS) bei Familie Wirths. Zu Beginn der 60er Dutzend Kraftfahrzeuge im Gemeindegebiet Jahre waren praktisch alle landwirtschaft- vorhanden. Das erste Auto in Herpteroth lichen Betriebe mit mindestens einem Schlep- besaß noch zu Vorkriegszeiten Wilhelm Mül- per ausgestattet. Auf der Gielerother Höhe ler. Es war ein kleiner Opel 2-Sitzer-Wagen. befand sich in den 50er Jahren die erste und Die beiden ersten Autobesitzer in Gieleroth einzige Tankstelle in Gieleroth. Sie wurde zu- waren Hermann Räder und Karl Wehler. nächst von Karl Schäfer und dann von seiner Hermann Räder fuhr einen Opel, den er Tochter Minna und ihrem Mann Willi betrie- wohl 1935 gebraucht in Altenkirchen erwor- ben. Zur Tankstelle gehörte die Gaststätte ben hatte. Karl Wehler kaufte etwa zur „Gielerother Höhe“, in dem vor dem Bau des gleichen Zeit ein neues DKW Cabrio (Wa- Brunnenhauses und des Dorfgemeinschafts- genfarbe: dunkelrot, Verdeck: schwarz, silber- hauses oftmals die Sitzungen des Ortsgemein- farbene Speichenräder). In Amteroth nutzte derates stattfanden. Während die Tankstelle zuerst die Schreinerei Euteneuer ein Auto- Ende der 60er Jahre geschlossen wurde, be- mobil. Nach dem Krieg transportierte Fried- stand die Gaststätte – mit einigen Unterbre- helm Müller mit einem Mercedes-Unimog chungen – noch weiter. Minna war die die Milch zur Molkerei. Die ersten Traktoren geborene Wirtin. Sie führte die Gaststätte tauchten erst nach dem 2. Weltkrieg zu über 40 Jahre lang. Sie war – auch als die Beginn der 50er Jahre auf den Gielerother Tankstelle schon lange nicht mehr bestand – Feldern auf. So besaß Heinrich Reinhard, bis zur Schließung der Gaststätte zu Beginn Gieleroth, einen neu erworbenen Deutz- des 21. Jahrhunderts weithin noch immer als Schlepper der Baureihe F1L514 mit 15 PS. „Tank-Minna“ bekannt. Der Ortsgemeinde- Friedrich Schumann, Gieleroth, erwarb etwa rat tagte übrigens am 12. Januar 2001 zum zur gleichen Zeit einen gebrauchten Deutz- letzten Mal in der „Gielerother Höhe“.

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Freunde der Kinderkrebshilfe Gieleroth

ir über uns: 1995 war das entschei- Wdende Jahr. Was sollte mit den Ein- nahmen eines Fußballturniers sinnvoller Weise geschehen? Jutta Fischer hatte eine zündende und überzeugende Idee: Der Ver- ein der Freunde der Kinderkrebshilfe Giele- roth wurde gegründet. Seine Aufgabe? Betroffene Kinder und deren Familien mit Wohnsitz im geographischen Westerwald zu unterstützen. Inzwischen hilft der Verein auch außerhalb dieser Region, sofern es die finanziellen Möglichkeiten erlauben.

Michel Morgan war Stargast bei dem Sommerspielen 2006

Seit dem 1. April 1999 sind die Freunde der Kinderkrebshilfe Gieleroth e.V. vom Finanz- amt Altenkirchen gem. §§ 51 ff AO als ge- meinnütziger Verein anerkannt und werden seit dem 31. Juli 2001 im Vereinsregister Neuwied als eingetragener Verein geführt.

Symbolische Scheckübergabe an verschiedene Organisationen

Viele tolle Feste und einfallsreiche Spiele folgten jenem richtungsweisenden Fußball- turnier, und ständig steigende Festeinnah- men, sowie Spenden von Firmen, Vereinen und Privatpersonen ermöglichten es, den Behandlungszentren und vor allem den Eltern der erkrankten Kinder bislang (Jahr 2007) einen Betrag von über 700.000,– € Eröffnung des Sommerfestes 2006 vor zur Verfügung zu stellen. einem Piratenschiff

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Prominente Persönlichkeiten spielen mit auf dem Piratenschiff (Weitere Bilder der Kinderkrebshilfe im Artikel „Im Streitort“)

Die Familienhilfe ist zu bewältigen. Die Trennung der Familie ist die wichtigste Aufgabe dabei leider unvermeidlich. Geschwisterkin- der werden bei Großeltern und Verwandten Die Diagnose: „Ihr Kind hat Krebs!“ verän- untergebracht. dert von jetzt auf gleich das Leben einer Fa- Die Mutter verbringt in den meisten Fäl- milie. Die bestehende Situation muss ver - len die ganze Behandlungsdauer mit ihrem standen und akzeptiert werden, und unver- erkrankten Kind im Krankenhaus und teilt züglich sind Maßnahmen zu ergreifen, um mit ihm die ständige Unsicherheit des die lebensbedrohliche Krankheit zu bekämp- Krankheitsausganges und die Angst vor der fen. aggressiven und anstrengenden Therapie. Innerhalb kürzester Zeit müssen Eltern Die ganze Familie steht unter starker psychi- in Zusammenarbeit mit den behandelnden scher Belastung. Ärzten Entscheidungen treffen, die rich- Viele unterschätzen die bedrückende Si- tungweisend für die Behandlung ihres Kin- tuation für die betroffenen Familien. Lange des sind. Alle Prioritäten in der Familie Anfahrtswege zu den Behandlungszentren, gelten ab sofort dem betroffenen Kind. Verdienstausfall des Vaters bei unbezahltem In der heutigen Zeit sind überwiegend Urlaub, Aufgabe einer Teil- oder Vollzeitbe- beide Eltern berufstätig. Um aber eine um- schäftigung der Mutter, das alles übersteigt fassende Betreuung des erkrankten Kindes oft die finanziellen Möglichkeiten der Fami- zu gewährleisten, muss für die Zeit der Be- lie. Dabei ist doch auch Geld erforderlich, handlung ein Elternteil seinen Beruf aufge- um besondere Wünsche des erkrankten Kin- ben, denn das Kind braucht die ständige des und auch die der Geschwisterkinder, die Nähe wenigstens eines Elternteils, um die ja nicht einfach vergessen werden dürfen, zu aggressive Chemobehandlung einigermaßen erfüllen.

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Diese Situation ist Ansatzpunkt des Vereins. mit sehr viel Herz und Verve den Familien Er hat sich zur Aufgabe gemacht, den Fami- eine Anlaufstelle für alle Fragen und Bedürf- lien unbürokratisch und vor allem schnelle nisse. finanzielle Hilfeleistungen anzubieten. Nach Jederzeit telefonisch und persönlich er- einem persönlichen Gespräch mit der Fami- reichbar, werden unsere Kinder und Fami- lie wird die Höhe der Leistungen, am Bedarf lien auf dem langen Weg der Behandlung orientiert, festgesetzt. Die Unterstützung er- begleitet. Jutta Fischer ist 1.Vorsitzende der folgt überwiegend in monatlichen Zahlun- Freunde der Kinderkrebshilfe Gieleroth. gen oder als Einmalhilfe. Durch ständigen Siehe auch: Kontakt zu den Eltern wird festgestellt, ob www.kinderkrebshilfe-gieleroth.de der Bedarf noch besteht oder ob die Zahlun- gen eingestellt werden können. Durch Spenden, Benefizveranstaltungen Weiterhin erfolgt Hilfe bei Problemen und durch das jährliche Sommerfest auf mit Krankenkassen, Behörden etc. Zudem dem Sportplatz oberhalb von Gieleroth er- bieten die engagierten Mitglieder des Vereins fährt der Verein beachtliche Hilfe.

Festveranstaltung im Gielerother Dorfgemeinschaftshaus mit den Spendenübergaben im Jahr 2006 an verschiedene Organisationen

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Kinderschützenfeste

Armbrust und Glasadler

alle Könner noh gohn, dorch Dorf jöführt. Könnerschötzenfest in Herpteroth Vor Johren sammelten dö Könner ön Woch vürher ön jedem Haus ön Mark un kewen n Herptert ös dat greußte und älste Fest dofür Bröutcher und Würschtjer. Die wuren I am irschten Pinsten. Anjefangen wur für dann beim Schützenkönnich gäßen. Heut god 100 Johr möt döm Scheßen öm Bret- würt dat vill gröußer ofjezogen. Dronnerch chen. Dann wur of döm Bleichort geschos- gellet Kaffee un Kochen, Könnerbölustigung, sen. Awwer heut ös dat ön grouß Fest für dat donoh ön Verlusung und owends Schnitzel ganse Dorf beim Brunnenhaus. Fröher dorf- un Salot zö äßen. Öt würt dann döggös bös ten nur dö schulflichtijen Jongen scheßen un ön dö Nacht jöfeiert. wer Schötzenkönich wor, suchte sech uss den Mädcher seng Schötzenkönigin uss. Heut dörfen awwer och dö Mädcher scheßen; die süchen sech dann ön Jong uss. Jeschossen wierd von jeher möt da Armbrust und Holz- stöbben: fröher of ön Glasschejf, heut of ön schün jöbasdelten Vuggel. Wenn dann da Rest vom Glass jöfallen ös, wiert döm Schöt- zenkönich gratöliert, und dann wierd da Kö- nich un dö Königin unnern na Girlandö, wo

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2004

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2006

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Kinderschützenfest in Amteroth ehemalige Könige und Königinnen kom- men immer wieder gerne zurück, um die Am Pfingstsonntag im Jahr 1957 startete Schützenschar anzufeuern und mitzufie- das erste Kinderschützenfest in Amteroth. bern. Die damaligen Amterother „Jungs“ hatten Im Laufe der Jahre hat sich aber einiges sich gedacht, was die Herpterother kön- verändert. Heute schießen alle mit ein und nen, das schaffen wir auch. So organisier- derselben Armbrust. Seit einigen Jahren ten Rolf Schüler, Hans Schneider. Man- dürfen sich natürlich die Mädchen beim fred Weingarten, Horst Flemmer und Erlegen des gläsernen Adlers beteiligen und Gerd Schmidt, Manfred Seelbach, Günter um die Bewirtung der Gäste kümmern sich Löhr, Gerhard Müller und Karl-Hans inzwischen sehr viele Amterotherinnen und Wehler das erste Schießen. Jeder hatte eine Amterother. eigene Armbrust zur Hand. Gebaut wur- Der neue Schützenkönig, mitsamt sei- den diese u.a. von Otto Seelbach, Willi ner (damals gewählten) Königin, wurden Weitershagen und Rudolf Hommer. Die manchmal sehr originell gefeiert. Wir hat- Vorlage hierfür hatte Hans Schneider von ten im Jahr 1986 ein Königspaar zu Pferd einem Waisenjungen aus Herpteroth ge- (Axel Hundt und Judith Fleischer), im Jahr schenkt bekommen. Im Wald oberhalb 2003 ein Königspaar im Oldtimer (Jonas von Amteroth hatten die Jungen einen Bauer und Jannica Hommer). Schießstand gebaut. Der erste Schützenkönig von Amteroth hieß Günter Löhr. Eine Schützenkönigin wurde in diesem Jahr noch nicht erwählt. Der gekrönte Schützenkönig musste im Anschluss an das Schießen für Kaffee und Kuchen sorgen. Damals wurde schon die Altersgrenze für die Schützen festgelegt: Vom Schuleintritt bis zur Konfirmation durften alle Amterother Jungen schießen. Traditionsgemäß wird das Schützenfest immer am Pfingstsonntag gefeiert. Viele

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Festumzug 2006 mit dem neuen Schützenpaar

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Kinderschützenfest in Gieleroth

Und wann fand hier das erste Kinderschüt- zenfest statt? Genau lässt es sich nicht mehr datieren. Aber es hat ebenfalls eine lange Tra- dition, und die bestimmt, dass das Königs- paar des Vorjahres vor dem nächsten Pfingstfest alle Kinder und Erwachsenen aus Gieleroth einlädt, auf den Vogel zu schießen, gutes Essen zu genießen und miteinander Michaela Müller und Michael Weller 1973 einen schönen Tag zu verbringen.

Timo Land und Annika Dönges 1999

Gielerother Kinderschützenfest am Dorfgemeinschaftshaus 2006

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Bräuche in Herpteroth

rüher – in der noch fernsehlosen Zeit ein großes Herz mit Buchsbaum und F – traf sich die ältere Herpterother Papier rosen gesteckt und neben die Haus- Dorf jugend abends zur Spönn. Bohnen türe gestellt. Zur Silberhochzeit nehmen wurden geschnippelt, Äpfel und Birnen lebensgroße Puppen als Brautpaar mit klein geschnitten, zu Schnötzeln verarbei- Anzug und Brautkleid des Paares auf einer tet, gestrickt, gehäkelt oder gestickt. Gern Bank vor dem Haus der Silberjubilare nahmen auch Jungen aus Nachbardörfern Platz. an diesem geselligen Beisammensein teil. Ein- bis zweimal im Jahr wurde in den Wurde eine Silberhochzeit oder Gold- meisten Familien ein Schwein geschlachtet. hochzeit im Dorfe gefeiert, holten die Entweder fand dann am Abend die Herpterother früher Tannenzweige im Wurscht molzeit mit den Nachbarn statt Wald und banden dem Jubelpaar einen oder man brachte ihnen Wurstsuppe, Kranz um die Haustüre. Daran beteiligten Leber- und Blutwurst zum Probieren. sich alle Nachbarn mit größtem Vergnügen. Früher lieh man sich auch viele Sachen Schließlich musste ein solches Ereignis untereinander aus. Den Gemüsehobel für auch gebührend begossen werden. Weißkohl z.B., den überließ Adam Schu- Das ist noch heute so. Aber seit einigen macher (früher Hanflips) für 10 Pfennige Jahren wird für das Goldhochzeiterpaar jedem, der Sauerkraut herstellen wollte.

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Kinderfreuden

„Schöffen Helmut“ mit Enkel Oliver 1977 Auf Erdhaufen lässt sich's gut spielen

Martin Kowalskis Wassermühle 1978

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Kinder spielen Richtfest 1978

Alle Dorfkinder singen Martinslieder und erleuchten mit ihren selbst gebastelten Laternen die Nacht 1977

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Historischer Kinderwagen im Einsatz ca.1977 Weihnachtsfiguren aus Ton kneten 1977

Karnevalsumzug ca. 1979

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Unser Dorf soll schöner werden

m Wettbewerb „Unser Dorf soll schö- wurde am 12.02.1996 von der Umweltmi- A ner werden“ nahmen 1993 31 Dörfer nisterin Klaudia Martini im Dorfgemein- teil; Herpteroth belegte in der Hauptklasse schaftshaus Gieleroth überreicht. den sechsten Platz; Amteroth errang in der Sonderklasse sogar den ersten. Bisherige Teilnahme am Wettbewerb Da gab’s natürlich nicht nur ein Fest im „Unser Dorf soll schöner werden“ Brunnenhaus, sondern eine feierliche Sie- gerehrung durch Landrat Herbert B. Blank 1973 Teilnahme OT Amteroth in der Stadthalle Altenkirchen. Der lobte 1974 Teilnahme OT Amteroth das große Engagement der Einwohner, be- 1987 Teilnahme OT Amteroth sonders aber das der Herpterother Dorfju- 1988 Teilnahme OT Amteroth (2. Platz) und gend, die hinter dem Brunnenhaus einen auch auf Bezirksebene (7. Platz), (Geld- Kräutergarten angelegt und betreut hatte. prämie von 600 DM von der KV AK Bei allen Maßnahmen habe der dorfökolo- und Geldprämie von 1.100 DM von gische Sinn im Vordergrund gestanden, so der VG AK) auch bei der Gestaltung des Hohlweges. 1993 Teilnahme OT Amteroth (1. Platz) Gebührend würdigte der Landrat auch und auch auf Bezirksebene (5. Platz) die Leistung der Amterother, denen nach 1993 Teilnahme OT Herpteroth (3. Platz) vierjähriger Pause auf Anhieb der Sprung an und auch auf Bezirksebene (11. Platz) die Spitze gelang. Getoppt wurde dies Lob (für beide Ortsteile zusammen Geld- Ende November 1995, als der damalige prämie von 1.200 DM von der KV Staatsminister Rainer Brüderle unserem AK + Geldprämie von 1.100 DM von Ortsbürgermeister Bernd Rüdiger Neeb im der VG AK) Kurfürstlichen Schloss in Mainz eine Eh- 1994 Teilnahme OT Herpteroth (3. Platz) renurkunde und eine Silberplakette für die 1995 Teilnahme OT Amteroth (2. Platz) besonderen Leistungen Amteroths beim und auch auf Bezirksebene sowie auf Landesentscheid „Unser Dorf soll schöner Landesebene (Silberplakette) sowie werden“ überreichte. Sonderpreis „Vorbildliche ökologi- Etwa 40 Amterother Bürgerinnen und sche Leistungen“ (mehrere Geldprä- Bürger waren zusammen mit dem Ortsge- mien, die für die Pflanzung von ins- meinderat im Bus zu dieser Siegerehrung gesamt 137 Bäumen und Sträuchern angereist, an der auch der 1. Kreisbeigeord- in Amteroth verwendet wurden. nete Nikolaus Roth und Bürgermeister Kosten: 3.245 DM) Heijo Höfer teilnahmen. Der Sonderpreis 1995 Teilnahme OT Herpteroth für „Vorbildliche ökologische Leistungen“ 1996 Teilnahme OT Herpteroth

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Kreiskommission 1988 in Amteroth

Bezirkskommission 1993 in Amteroth

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Heijo Höfer trägt Lisa auf der Börnchentreppe 1993

Bezirkskommission 1995 am Amterother Dorfplatz

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Der Natur-Kunst-Pfad zwischen Altenkirchen und Amteroth

ergängliche Kunstwerke schaffen, das Pfad habe entstehen können. Manche Vwar die Aufgabe beim Gestalten des waren an einer Nachahmung in ihrer Re- Natur-Kunst-Pfades im Juni 2002. Wie gion interessiert. Wenn sie allerdings von schnell die Kunstwerke verfallen dürften, dem enormen Arbeitsaufwand hörten und war nicht vorgeschrieben. Mehr als 60 In- von den Verhandlungen mit den Grund- stallationen wurden aufgestellt. Daran be- stückseigentümern, den Jagdpächtern und teiligten sich über 600 Teilnehmer jeden den Sicherheitsexperten, dann wurden sie Alters, so arbeiteten z.B. Kindergartenkin- etwas nachdenklich. Doch die Initiatoren der neben Rentnern. Dieser Pfad wurde seit des Pfades – aus der Evangel. Landjugend- seiner Eröffnung zu einem Magneten in der akademie Altenkirchen und aus dem Natur- Altenkirchener Region. Groß war das Echo und Umweltschutzverein Gieleroth – fühl- in den verschiedenen Medien, groß war die ten sich für ihre Mühsal voll entschädigt, Besucherzahl, sie lag im fünfstelligen Be- weil der Natur-Kunst-Pfad einen überwäl- reich. Der Besucherstrom riss nicht ab. tigenden Anklang gefunden und viele Men- Immer wieder fragten Besucher nach Ein- schen zu Waldspaziergängen ermuntert zelheiten, wie ein solcher Natur-Kunst- hatte.

Am Berghang grüßt das „Westerwälder Waldstacheltier“ in voller Größe, es zwinkert mit einem Auge

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Die bunt bemalten „Pestalozzi Waldgeister“ und die „Erich-Kästner Baumst(r)ümpfe“ leuchten den Wanderern von Weitem entgegen

Der „Wünschekreis“ ist am besten aus der Vogelperspektive zu erkennen und zu bewundern. – Am Amterother Waldrand ragt eine von den „Landfrauen“ geflochtene „Himmelsleiter“ aus Getreideähren hoch hinauf in die Baumwipfel

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Ein „Vogelscheuchenchor“ am Hochwaldweg erschreckt so manchen Autofahrer, der bei Dunkelheit den eigentlich verbotenen „Wacholderweg“ befährt, und die „Bürgermeisterbank“ lädt zum Verschnaufen ein

Weiße „Gespenster“ entflohen aus dem Gielerother Kindergarten, schaukeln im dunklen Tannenwald – „Schlangen“ treiben ihr Unwesen

Ein Bombentrichter aus dem 2. Weltkrieg ist zum „Friedensforum“ geworden

Dieser Bombentrichter entstand Ende März 1945. Er hat beim Angriff auf Altenkirchen gehandelt haben. – Dieser einen Durchmesser von ca. 9 m und stammt von einer 20- Bombentrichter sollte als „Bodendenkmal“ erhalten bleiben. Zentner-Bombe. Es wird sich um einen „Notabwurf“

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Eine „Fledermaus“ kann zum Flattern Das „Sonnentor“ ist ein originell gestalteter gebracht werden Brennholzvorratsspeicher

Jenseits des Sonnentores bereichern die Holzskulpturen der Kettensägenkünstler den weiteren Pfad

Bernd Euteneuer, der Kettensägekünstler, in Aktion

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Der Natur- und Umweltschutzverein Gie- leroth hatte den Hauptteil der aufwändigen Organisation auf sich genommen und feierte damit zugleich sein 10-jähriges Bestehen. Am 30. Juni 2002, dem Eröff- nungstag des Natur-Kunst-Pfades, wurden die Besucher an der Amterother „Dresch- halle“ festlich empfangen.

Festplatz an der „Amterother Dreschhalle“

Shuttleverkehr zwischen Amteroth und Altenkirchen

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Die Brücke über den Almersbach, auf der Gemeinde- und Verbandsgemeindeverwal- die Besucher des Naturkunstpfades seit 2002 tung. Die sagten dem Natur- und Umwelt- den Almersbach überschritten, war leider schutzverein Unterstützung bei der Behe - wie die übrigen vergänglichen Kunstwerke bung des Schadens zu. Im Spätherbst 2007 dem Verfall preisgegeben. war es soweit. Fleißige Helfer arbeiteten an Nach fünf Jahren zeigte sie Zerfalls- mehreren Wochenenden, bis die Brücke erscheinungen und musste aus Sicherheits- erneuert war. gründen abgerissen werden. Darüber beklag- Jetzt ist sie wieder begehbar und wird ten sich die Spaziergänger sehr bald bei der bestimmt länger halten als die alte Brücke.

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Ein bedeutender Vorgang: Das Zusammenlegungsverfahren

om preußischen Staat durchgeführte Zeitgleich mit den Konsolidationen entstand VZusammenlegungsverfahren (Gemein- damals auch das Kataster (u. a. bestehend aus heitsteilung und zweckmäßige Zusammen- Flurkarte sowie der Bezeichnung der Flurstü- legung), sogenannte Konsolidationen, gab es cke nach Gemarkung, Flur und Flurstücks- in unserer Gemeinde 1888 in Amteroth, nummer mit Angaben über die Nutzungsart 1893 in Herpteroth und 1902 in Gieleroth. und den Flächeninhalt) in den jeweiligen Ge- Die Gemeinde Herpteroth nahm für diesen markungen. Die durch die Konsolidationen Zweck 1888 ein Darlehen in Höhe von geschaffene Flur- und Gewannenstruktur 3.000 Mark auf (nach heutiger Kaufkraft hatte über hundert Jahre Bestand. etwa 28.000 Euro), das innerhalb von 14 Erst 1997 wurde erneut mit den Vorarbei- Jahren getilgt werden sollte. 1895 wurden in ten für ein Zusammenlegungsverfahren für der Gemeinde Herpteroth auf den konsoli- die Ortsgemeinden Gieleroth und Oberwam- dierten Grundstücken 265 Apfelbäume und bach begonnen, weil die bestehende Flur- 50 Birnbäume gepflanzt. und Gewannenstruktur mit 2.923 Flurstü-

Auf dem Bild sind von links nach rechts zu sehen: Rudi Flemmer, Jürgen Lehnigk-Emden, Hermann Schäfer, Volker Rudloff, Siegfried Schneider, Friedhelm Räder, Gerd-Rainer Theiß, Michael Kein, Oswald Schüler, Hans-Gerd Hasselbach und Bernd-Rüdiger Neeb Foto: Wolfgang Wachow

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cken mit einer durchschnittlichen Flurstück- und Umweltschutzvereins Gieleroth soll nicht größe von nur 0,19 ha (19 ar) bei einer mitt- unter den Tisch fallen. Sie luden die Bewoh- leren Gewannenlänge von nur 120 m für die ner aus Amteroth, Gieleroth und Herpteroth heute übliche maschinelle Bewirtschaftung zu einer gemeinsamen Pflanzaktion für den denkbar ungeeignet war. 6.3.2004 ein. Trotz der schlechten Witterung Es gab viel zu tun! Betroffen waren 740 – es hatte nachts geschneit – fanden sich zahl- ha, davon Acker 182 ha, Grünland 397 ha, reiche Bürgerinnen und Bürger an diesem Wald 90 ha und 71 ha Sonstige. Neben der Samstag ein und pflanzten mehr als 30 hoch- Senkung der Produktionskosten und des stämmige Obstbäume und 40 weitere Bäume Arbeitsaufwandes der 13 landwirtschaftlichen unter kundiger Anleitung fachgerecht ein. Am Betriebe bei der Feldbewirtschaftung durch Herpterother Friedhof wurde eine Streuobst- Vergrößerung der Acker- und Grünland- wiese neu angelegt, und bereits vorhandene schläge und durch qualitative Verbesserung Pflanzungen wurden ergänzt. Auch in Giele- des Feldwegenetzes sollte das Gebiet ökolo- roth wurde eine Obstbaumpflanzung ergänzt. gisch durch Biotopvernetzung sowie punk- Mehr als 40 Birken, Feldahorne und Eber- tuelle und linienhafte Bepflanzung auf ge- eschen wurden entlang des Wirtschaftsweges wertet werden. Auch das Fliessgewässer im von Amteroth zum Bismarckturm gepflanzt. Uferbereich sollte verbessert werden. Bei der Abschlussbesprechung zum Ver- Einzeln aufzuführen, was alles gemacht fahren am 7. Oktober 2004 im Rahmen einer wurde, füllte viele Seiten. Doch die Aktion des Feierstunde im Dorfgemeinschaftshaus in Ortsgemeinderates Gieleroth und des Natur- Gieleroth gab es nur zufriedene Gesichter.

Damals konnten die Ackerflächen noch klein sein: Heinrich Seiler mit Getreidemähmaschine ca. 1930

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Keine strahlende Vergangenheit: Lebensbedingungen der Dorfbewohner

n unserem Teil des Westerwaldes sind ten und dazu noch ungedüngten Boden am I seit etwa 1.000 v. Chr. Spuren mensch- besten zurechtkommt. Gleiches trifft auch licher Anwesenheit nachweisbar. So wurden auf die Kartoffel zu. Willi H. Grün berich- bei Bronze-Tüllenbeile gefun- tet in „Wahlrod – Ein Lesebuch für Wester- den, die der „Urnenfelderzeit“ (1.200 bis wälder zum 750. Dorfjubiläum“, dass es um 700 v. Chr.) zugeordnet werden. 1830 einen Ertrag pro Morgen (1 Morgen „Wohlstand findet man hier wenig“. So gleich 0,25 ha) bis zu 150 Zentnern gege- überschreibt Lutz Sartor seinen Aufsatz in ben habe. Allerdings war der Anbau der „Betrifft: Heimat 3, S. 24 ff“, in dem er die Kartoffel auch mit großen Risiken behaftet. sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse Der Ausfall ganzer Kartoffelernten führte in Amt und Stadt Altenkirchen beschreibt. mehr als einmal zu regelrechten Hungerkat- Zu Beginn des 19. Jahrhundert schreibt astrophen, z. B. 1805. der nassauische Oberbergrat Cramer in der Im Sommer des Jahres 1845 wurde in 1805 erschienenen „Vollständigen Beschrei- Teilen Europas ein bisher unbekannter Kar- bung des Berg-, Hütten- und Hammerwe- toffelpilz namens Phytophthora Infestans, sens in den sämtlichen Hochfürstlich besser bekannt als „Kraut- und Knollen- Nassau-Usingischen Landen…“ wie folgt: fäule“, festgestellt. Diese Kartoffelkrankheit „Die Dörfer“ – und das gilt auch für Am- und zwei Getreidemissernten hintereinan- teroth, Gieleroth und Herpteroth – „beste- der im Westerwald führten im Winter hen aus lauter elenden Strohhütten. Wohlstand 1846/47 zu einer Hungersnot, der der weit- findet man hier wenig, dagegen häufiger aus größte Teil der Bevölkerung aus Mangel Armuth in der vollsten Bedeutung des Worts“. an eigenen Mitteln nichts entgegenzusetzen Die Lebensgrundlage der Dorfbewohner hatte. Der Sozialreformer Friedrich Wil- im 19. Jahrhundert war nahezu ausschließ- helm Raiffeisen sorgte in Weyerbusch dafür, lich die Landwirtschaft, wobei festzuhalten dass durch die Gründung des »Weyerbu- ist, dass die Qualität der Westerwälder scher Brodverein(s)« zumindest in seiner Böden für landwirtschaftliche Zwecke als Gemeinde die Versorgung der Bevölkerung gering bis schlecht einzustufen ist. mit Nahrung gesichert wurde. „Was dem Nur zwei Pflanzen dominierten damals einzelnen nicht möglich ist, das vermögen die Felder, der Hafer und die Kartoffel. Der viele“, hat er einmal gesagt. Hafer, weil er vor allen anderen Getreidear- Im Februar des Jahres 1847 kam dann ten mit dem rauen Klima und dem schlech- noch ein furchtbarer Wintereinbruch hinzu,

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der Schneehöhen von bis zu zwei Metern Die folgenden Jahre und Jahrzehnte waren und teils zehn Grad unter Null brachte. klimatisch wesentlich günstiger (wärmer) „Die Teuerung der Lebensmittel, der Man- und für diese Zeit finden sich im Protokoll- gel an Arbeit und die anhaltende Kälte hat buch der Gemeinde Herpteroth dann auch viele unserer Mitbürger schmerzlich heimge- keine Hinweise mehr auf Hungerkatastro- sucht. Es gibt ganze Familien, die weder phen. Aber nicht nur die besseren klimati- Brennmaterial gegen die empfindliche Kälte, schen Bedingungen trugen zur Steigerung noch die nötige Bekleidung, noch Lebensmit- der landwirtschaftlichen Produktion bei. tel zum Unterhalt auch nur für einen Tag Ab der dritten Dekade des 19. Jahrhun- haben.“ (aus dem „Dürener Anzeiger“ im derts machten sich die Gielerother Bauern Hungerwinter 1846/47) erstmals auch die gerade aufkommenden Die Situation war auch in unseren Dör- landwirtschaftlichen Maschinen nutzbar. fern katastrophal. Trotzdem lieferte die Zwar waren diese in aller Regel noch auf die preußische Regierung das Getreidemehl aus tierische und menschliche Muskelkraft für ihren Lagern nur gegen bares Geld. Am 15. die benötigte Antriebsenergie angewiesen, April 1847 beschäftigte sich der Gemein- dennoch waren damit erhebliche Produkti- derat von Herpteroth mit der Verabrei- vitätszuwächse zu erzielen. So erwarb z. B. chung von Roggen oder Brotmehl an die Gemeinde Amteroth 1871 bei der Fa. bedürftige Gemeinden. Er wies auf die au- Heinrich Lanz, Mannheim eine Dresch- genblickliche Zahlungsunfähigkeit der Ge- maschine. meinde hin, daher: „dass bis zum Schluss des Zwei Männer an einer Handdresch- Jahres 1848 die Schuld vollständig getilgt ist.“ maschine schafften in einer Arbeitsstunde Schon am 31. Mai 1847 beschloss der etwa 0,5 Zentner Getreide (zum Vergleich: G emeinderat erneut, „dass die Überlassung ein Mann schafft mit einem Dreschflegel einer Quantität von fünfzehn Scheffel (ein etwa 7 bis 14 kg je Stunde, und diese Leis- Scheffel in Preußen entspricht ab dem Jahr tung sinkt auf rund 1,5 bis 3 kg je Stunde, 1750 = 40 Stof zu je 1,145 Liter, d. h. 15 wenn er auch das Getreide reinigen muss). Scheffel = 687 Liter) Roggen aus königlichen Schließlich konnten um 1900 die Er- Magazinen erbeten werden soll mit der träge der Felder und Wiesen durch den Zusage: spätestens bis zum 31. Dezember vermehrten Einsatz von Kunstdünger we- 1847 an die ihnen zu bezeichnende Kasse zu sentlich gesteigert werden. Als Beispiel bezahlen.“ Und am 12. August 1847 findet führt Sartor den Kaliverbrauch pro Qua- sich im Protokollbuch der Gemeinde Herp- teroth der Eintrag: „Wald- und Garten- und Baumfrüchte sind reif, so kommen schon häu- fige Klagen über Stehlen.“ Ein Feldhüter wurde gewählt und weitere Männer waren, „so schleunigst wie möglich ist, in ihre Dienste zu verpflichten.“ Die Hungerjahre dieser Zeit werden übrigens auch immer wieder als Ursache für die damals einset- zende Auswanderungswelle aus dem Wes- terwald genannt.

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dratkilometer landwirtschaftliche Nutzflä- der folgende Satz findet: „In den Land- che im Kreis Altenkirchen an. Er nahm in wirtschaft treibenden Gegenden des Krei- der Zeit von 1890 bis 1910 von 27 kg auf ses lebten die Einwohner in den küm- 451 kg zu. Die Steigerung der Nahrungs- merlichsten Verhältnissen „Ein besonders mittelerzeugung war auch bitter notwen- schweres Los hatten in jenen Jahren die dig, hatte doch in den 90 Jahren von 1815 Frauen zu tragen“. Inge Schäfer (in „Frauen (260 EW) bis 1905 (455 EW) die Zahl der – Mütter – Bäuerinnen“, Betrifft Heimat 9 Einwohner um 195 Personen (75 %) zuge- – Beiträge zur Wirtschafts-, Sozial- und nommen. Es wundert daher nicht, dass Zeitgeschichte des Kreises Altenkirchen) sich in einer Kreisbeschreibung von 1913 schreibt hierzu:

„Die medizinische Versorgung war zu dieser Zeit noch nicht gewährleistet und die schwere körperliche Arbeit der Frauen, die oft über ihre Leistungskraft hinausging, fügt ihr übriges noch hinzu.

Unsagbar schwer, anstrengend und arbeitsaufwendig war die in früherer Zeit von Frauen zu verrichtende Arbeit in Haus- und Landwirtschaft, denn die Technisierung hatte noch keinen Einzug gehalten; denkt man nur an die Waschtage zurück, die meistens Sonn-tagabends mit dem Einweichen der Wäsche begannen und sich dann über zwei bis drei Tage hinzogen.

Zu den anfallenden Arbeiten des Tagesablaufes der Bäuerinnen gehörte nach dem frühen Aufstehen die Stallarbeit, wozu Melken, Schweine- und Kälberfütterung, sowie die Hüh- nerhaltung gehörte.

Dann mussten Kinder, Haushalt – eingeschlossen die restliche Großfamilie – versorgt, im Krankheitsfalle gepflegt und je nach Jahreszeit saisonbedingte Garten-, Feld- und Wiesenar- beit verrichtet werden. Die über das ganze Jahr verteilten anfallenden Einzelarbeiten, die zur Heu-, Grummet-, Getreide-, Kartoffel-, Rüben-, und Flachsernte gehörten, im Winter kam das Dreschen noch hinzu, verlangten die Mitarbeit der Frauen. Abends war wieder der Stall an der Reihe. Bei früher Dunkelheit bediente bzw. behalf man sich mit einer Kerze, die ihren Platz oftmals in einer Nische zwischen Küche und Stall hatte und von dort das karge, aber nötige Licht für beide Räume spendete. Ob Sonn- oder Feiertag, das Vieh wurde früher sogar dreimal am Tag versorgt.

Dieses verdeutlicht, dass man die Bäuerinnen schon immer als „berufstätig“ einstufen konn- te und dass sie diese Anforderungen, neben Haushalt und Kindererziehung, nur mit einer gut durchdachten Arbeitsplanung und Einteilung erfüllen konnten.

Der oftmals mit langen Fußwegen verbundene sonntägliche Kirchgang gehörte ebenfalls zu dem zu bewältigenden Lebensalltag hinzu.

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Auch die Kinder blieben nicht verschont und mussten kräftig zupacken, denn jede Hand wurde gebraucht. Ein weiterer, den Frauen zukommender Arbeitsbereich, waren die Gartenbestellung und Obstwiese, die für das ganze Jahr die Nahrungsversorgung sicher- stellen mussten.Im geselligen Miteinander wurde abends auf den „Hosten“ die Obst- und Gemüseernte für die Vorratshaltung verarbeitet. Nebenher wurde das Spinnrad gedreht, eine Idylle, die vielleicht doch keine war. Ein anstrengender 14 – 18 Stundentag war normal… . Ganz besonders schlimm waren für die Frauen die Kriegsjahre (gemeint ist hier der Erste Weltkrieg 1914 – 1918), als Ehemänner und Söhne Kriegsdienst leisteten und die anstehen- den landwirtschaftlichen Arbeiten einen besonders großen Einsatz von ihnen forderte. Der Kriegsbeginn 1914 fiel genau in die Erntezeit und die Frauen mussten unter schwerwiegen- den Belastungen die Ernte einbringen.

Das Einfahren der Ernte mit Kuh- und Ochsengespannen forderte von den Frauen einen großen Leistungseinsatz. Hilfe waren ihnen Kinder und ältere Leute, später dann die Kriegs- gefangenen. Verstärkte Belastungen kamen noch hinzu, als die Zwangsbewirtschaftung von Brotgetreide und Futtermitteln eingeführt wurde und die Zentralwirtschaftsstelle in Berlin den Kreis Altenkirchen zum Selbstversorgerkreis erklärte.

Die Sorge um die Männer und Söhne waren ständige Begleiter, die Gesichter von Sorgen, Wind, Wetter und den körperlichen Belastungen geprägt.“

Der Arbeitsalltag der Frauen in unseren Dör- zehnten so schnell nicht ändern. Dies belegt fern sollte sich auch in den folgenden Jahr- der nachstehende Bericht aus dem Jahr 1947.

Das Tagewerk der Bäuerin

Ein bekannter Ökonomist hat vor nicht langer Zeit einmal in sechzig mittleren und kleineren Bauernbetrieben Erhebungen angestellt über die Arbeitsleistung der Bäue- rin im Vergleich zu der des Bauern. Die dabei gemachten Feststellungen ergaben, dass der Bauer durchschnittlich 12 bis 14 Stunden am Tag arbeitet und die Bäuerin 17 bis 18 Stunden. Diese Mehrarbeit der Bäuerin ist bedingt durch ihren größeren Arbeits- und Pflichtenkreis, in dem der Flickkorb nie leer wird. Am kürzesten lässt sich das von der Bäuerin zu bewältigende Arbeitspensum charakterisieren mit den fünf „K“: Kind, Küche, Kammer, Keller, Korn.

Rheinische Bauernzeitung Nr. 17, 1947

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Schwere körperliche Arbeit von der Kind- gekommenen Prozess der Konzentration der heit bis ins Alter, dazu die unzureichende landwirtschaftlichen Tätigkeit auf nur noch medizinische Versorgung schlagen sich in wenige, aber entsprechend größere Betriebe der viel geringeren Lebenserwartung in der ein. Als Folge dieses Konzentrationsprozes- „guten alten Zeit“ nieder. ses ist die kleinbäuerliche, zuletzt häufig im Bis in die dreißiger, vierziger Jahre des Nebenerwerb betriebene, Landwirtschaft in letzten Jahrhunderts blieb die Landwirtschaft den 80er und 90er Jahren des letzten Jahr- die Haupterwerbsquelle in den Dörfern der hunderts aus Gieleroth verschwunden. Gemeinde Gieleroth. Erst mit dem begin- Wer noch mehr erfahren möchte, dem sei nenden „Wirtschaftswunder“ in den fünfzi- „Betrifft Heimat 8 – Beiträge zur Wirt- ger Jahren boten sich andere, lukrativere schafts-, Sozial- und Zeitgeschichte des Krei- Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Land- ses Altenkirchen“ empfohlen, darin „Das wirtschaft. Dies und die schnell voranschrei- Leben in der Gemeinde Gieleroth – Von der tende Mechanisierung der Landwirtschaft Jahrhundertwende bis in die 30er Jahre“ von leitete den bis heute nicht zum Abschluss Markus Morr.

Ernte in Herpteroth 1940

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Ortskernsanierungen

Die neuen Baugebiete und die dort emsige rungsbedürftigen Häuser in den Ortskernen Bautätigkeit haben den Blick auf die sanie- nicht verstellen können.

Fachwerkhaus in der Gielerother Ringstraße (Jan.2007)

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Die Landwirtschaft ist aufgegeben – nun wird der Stall bei „Strölersch“ in Gieleroth verändert – 2007

Ein Fachwerk-Neubau auf der „Gielerother Höhe“ – 2007

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„Antons“ Haus 1904-1972 mit Anton (Fotomontage) – unten 2005

295 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 14:06 Uhr Seite 296

„Müllersch“ Haus mit angrenzendem „Henrichs“ Haus – 1957 und 2007

296 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 14:07 Uhr Seite 297

Stall und Scheune von „Flemmersch“ Haus wurde völlig umgestaltet. Die Linde am Haus wird seit der Elektrifizierung im Jahr 1924 alle paar Jahre vom RWE gekappt

„Hannesjes“ Stall und Scheune wurden in Wohnraum umgebaut, oben 1975, unten 2006. Rechts im Bild ist jeweils „Schneilersch“ Scheune zu sehen. Auch diese wird jetzt als Wohnraum genutzt

297 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 14:07 Uhr Seite 298

In Herpteroth wurde „Auers“ Bauernhaus durch Ferienwohnungen erweitert

„Jögemsches“ Haus in der Mittelstraße wurde 2006 gründlich saniert

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Dörfliche Impressionen

Maibaumsetzen

Männergespräch ca.1975

299 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 14:07 Uhr Seite 300

1993 stand sie noch – die Telefonzelle

Abwasserrohre für Amteroth 1992

300 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 09.05.2008 9:23 Uhr Seite 301

Herbststimmung

Bauernhof im Schnee ca.1995 Bauernhof – Kohlezeichnung ca.1943

Hochwasser durch Tauwetter

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Winter

302 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 14:07 Uhr Seite 303

Die 5 Nöllgens aus der Gielerother Ringstraße Nr. 12 – ohne Jahresangabe

Julius und Otto Nöllgen mit dem Pferd Flora vor ihrem Haus

303 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 14:07 Uhr Seite 304

Goldhochzeit der Eheleute Hüllbüsch-Seiler 1912

Friedhelm Born mit seinem Großvater auf einem Hanomag 1954

304 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 04.05.2008 14:07 Uhr Seite 305

Fritz Nöllgen bei der Getreideernte mit Wilhelmine Löhr, geb. Bergisch aus einer Mähmaschine, die von einer Kuh Giele roth, in der typischen Kleidung gezogen wird ca. 1940 der Frauen, die in der Landwirtschaft gearbeitet haben 1954

Vor dem Haus Hommer ca. 1935

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Gieleroth (LMZ Juli 1967)

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307 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 08.05.2008 14:20 Uhr Seite 308

Herpteroth (LMZ Juli 1967)

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309 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 08.05.2008 14:20 Uhr Seite 310

Gieleroth Luftaufnahmen S. 310 bis 315 vom 25. Juni 2003, Gerhard Launer WFL-GmbH, Rottendorff

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311 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 08.05.2008 14:20 Uhr Seite 312

Herpteroth, 25. Juni 2003

312 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 08.05.2008 14:20 Uhr Seite 313

313 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 08.05.2008 14:20 Uhr Seite 314

Amteroth, 25. Juni 2003

314 Kapitel 6.qxd:Kapitel 2.qxd 08.05.2008 14:20 Uhr Seite 315

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327 Satz Umschlag Gieleroth:Layout 1 08.05.2008 14:27 Uhr Seite 1

Zwei Aussagen charakterisieren dieses Buch, zum Gieleroth Einen das Wort des alten deutschen Dichters Goethe „...nicht Kunst und Wissenschaft allein, Geduld will bei dem Werke sein“, zum anderen Gieleroth – Herpteroth – Amteroth das der Gegenwartsautorin Ulla Hahn, die beim Lesen einfordert, „...sich mit Kopf und Herz auf das Erzählte einzulassen ...“. 1408 – 2008 Geschrieben wurde dieses Buch zum 600 jährigen Heimat im Wandel Jubiläum der Ortsgemeinde Gieleroth, und es verfolgt das Ziel, die alten Zeiten der drei Dörfer

Amteroth, Gieleroth und Herpteroth 1408 –Wandel im 2008 Heimat aufzuhellen, das Heutige zu erkennen und zu bewahren und zugleich Bürgerinnen und Bürgern den Mut zu vermitteln, Neues zu wagen. Denn nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten. Gieleroth