Monographie Der Gattung Typha Tourn. (Typhinae Agdh., Typhaceae Schur-Engl.)
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© Zool.-Bot. Ges. Österreich, Austria; download unter www.biologiezentrum.at 89 Monographie der Gattung Typha Tourn. (Typhinae Agdh., Typhaceae Schur-Engl.). Von Dr. M. Kronfeld. (Mit Tafel IV und V.) (Vorgelegt in der Versammlung am 7. Jänner 1888.) I. Einleitung. (Geschichtlicher Ueberblick. Allgemeines.) Es konnte nicht fehlen, dass eine allerwärts verbreitete und physiog- nomisch so sehr auffallende Gattung wie Typha schon von den ersten Natur- forschern beachtet wurde. In der That nennt bereits des Aristoteles Schüler Theophrast (371—286 n. Chr.) an mehreren Stellen seiner Pflanzengeschichte ein Gewächs ncpr). Und sicher ist, dass wir mindestens ein oder zwei der Beleg- stellen auf die Typha im heutigen Sinne beziehen dürfen. Legen wir nämlich die Ausgabe Theophrast's von Heinsius (Leyden, 1613) zu Grunde, so sind von vorneherein auszuschliessen: I 9, II 5, VIII 8 (p. 11, 31, 152, 155, 157), wo es sich bestimmt um ein gesätes (VIII) und in Weizen (II 5, VIII 8) umwandelbares Getreide1) handelt. Dagegen könnte die tup») I 8 mit knotenlosen Stengeln unsere Typha bedeuten. Ohne Zweifel ist als solche die Pflanze in IV 11 anzusehen. Von dieser heisst es, sie wachse im See Orchomenos und sei zur Speise geeignet, indem die Knaben gerne an dem zarten Theile kauen, welcher den Wurzeln zunächst ist. Des Näheren auf den ökonomischen Abschnitt verweisend, wollen wir hier nur daran erinnern, dass den Kosaken am Don der Wurzelstock von Typha latifolia noch heute zur beliebten Speise dient. Ob Theophrast diese Art im Sinne habe, wie Spren- gel2) meint, oder ob unter seiner xtcprj die in ganz Griechenland vorkommende Typha angustata Bory et Chaub. zu verstehen sei, das lassen wir dahingestellt, obschon die letztere Deutung pflanzengeographisch wahrscheinlicher ist. 1) Die Fabel von dem in Weizen umwandelbaren Grase, über welches noch 1843 E. Berg eine Abhandlung schrieb, findet sich zuerst hei Theophrast. 2) Comment, in Dioscorid., II, p. 547 (1827). Z. B. Ges. B. XXXIX. Ahh. 12 © Zool.-Bot. Ges. Österreich, Austria; download unter www.biologiezentrum.at 90 M. Kronfeld. Dioscorides, der ira Jahre 70 n. Chr. starb, gibt eine genauere Be- schreibung von Typha. Im dritten Buche, Cap. CXXIII, seiner Materia medica (editio Sprengel1) heisst es nämlich: Tuç7] cpOXXov avtyat xunEßföt ojxoiov, xauXòv XETOV, ófjiaXòv, ÌT? axpw 7:£pize{[j.£vov avGoç TCUXVOV xai £/7ta7n:oûfAEVov, o xaXXouaiv ïvioi OCV07]XT]V " taurr); TO av8oç, àvaXrjçÔèv crre'aTi ::aXa(io ûstto 7t£7rXufj.£vw, xaraxaû^axa ÛEpa^Eust • tpus- Tai ôs £V ÊXeai xai û8poaTaa(|Aoiç TOKOIÇ. Aus dieser Stelle erfahren wir zugleich, dass die haarigen Typha-Früchte mit Talg gemengt an verbrannte Stellen des Körpers applicirt wurden. Spren- gel1) und ebenso Andere2) halten des Dioscorides Pflanze für Typha latifolia. Nahezu anderthalb Jahrtausende vergingen, bis Fuchs zur Erkenntniss kam, jede Gegend trage ihre eigenen Gewächse, und blosse Commentation des Dioscorides könne nicht die Aufgabe der Pflanzenkunde bleiben. Auf p. 823 seiner Historia stirpium (Basileae, 1542) finden wir ein schönes ganzseitiges Habitusbild der Typha, die eine Seite vorher im Anschlüsse an Dioscorides abgehandelt ist. Wir halten die dargestellte Art mit Linné3) für Typha angustifolia. Vier Jahre nach Fuchs' Werke kam Cuba's Hortus sanitatis4) heraus. In diesem ist eine Abbildung von Typha latifolia neben Schilfrohr (Phragmites communis) enthalten. Die Pflanze wird Typha genannt, und es wird erwähnt, dass ihre „Wurzel" (d. i. das Khizom) zu erweichenden Umschlägen Verwen- dung finde. Typha minima Funk-Hoppe findet sich als Typha minor zuerst bei Lobel (Nova stirp. advers., Antwerpen, 1576, p. 41) beschrieben und abgebildet. Die Abbildung ist habituell zutreffend. Aus einem Ehizome erheben sich drei Blüthentriebe mit wenigen scheidigen Grundblättern. Die Inflorescenzen sind deutlich getrennt; unterhalb der männlichen Abtheilung zweigt ein Hochblatt ab. In Lobel's Icônes stirp. (Antwerpen, 1591), Tab. 114, ist diese Figur wieder abgedruckt. Neben ihr (Tab. 113) kommt eine Typha (Typha latifolia) zur Darstellung. Lobel (Nov. stirp.) berichtet, dass die Typha minor, oder, wie er sie auch nennt: Typha pusilla, Typhula, bei Genfan der Zusammenflussstelle von Rhône und Arve durch Penna gesammelt wurde. Die weitere Beschreibung, zusammengehalten mit der Abbildung, lassen keinen Zweifel darüber, dass Lobel als Erster die Typha minima von der Typha latifolia. unterschieden habe. (Im Jahre 1693 führt Rajus5) die Typha minima von dem bei Lobel verzeichneten Standorte wieder an; sie hat sich daselbst bis zur Stunde erhalten.) Nicht lange darauf (1583) erkannte Clusius6) Typha angustifolia als eigene Art. Er nennt sie Typha media und sagt von ihr aus, ihre Blätter 1) Comment, in Dioscorid., II, p. 547. 2) Sternberg, Catalogus in Comment. Matthioli etc., p. 27. 3) Species plantarnm, Holm., 1753, ed. I, p. 971. «) Frankfurt, 1546. 5) Hist, plant., Londini, 1693, p. 1312, 1313. 6) Rariorum al. Stirp. per Pannon. etc. hist., Antverp., 1853, p. 716. © Zool.-Bot. Ges. Österreich, Austria; download unter www.biologiezentrum.at Monographie der Gattung Typha Tourn. 91 seien schmäler, ihr Kolben schlanker als bei Typha vulgaris (Typha lati- folia), im Ganzen jedoch übertreffe sie an Grosse Lobel-Penna's Typha minima. In seiner Rariorum plantarum historia (Antverp., 1601), Tab. CCXV bildet Clusius später Typha media (angustifólia) ab. Damit waren in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts die drei Arten festgestellt, welche noch Linné allein bekannt waren. Inzwischen wurde ihre Kenntniss im Einzelnen erweitert. So gibt Tabernaemontanus1) für die ihm wohlbekannte Typha minima („ein kleiner Geschlecht vom Lieschkolben") als Standort die Obergrafschaft Katzenellenbogen an, nachdem er von ihr betonte: „wird nicht allenthalben gefunden." In dem Gebiete der oberen Grafschaft Katzenellenbogen, zwischen Main, Odenwald und Wetterau, wurde Typha minima neueren Datums nicht wieder gefunden. Als nördlichstes Vorkommen am Rheine abwärts bezeichnet Rohr bach2) Strassburg. C. Bauhiu in seinem Pinax (Basileae, 1623), p. 20 gibt zunächst, wie von den übrigen Gattungsnamen, so auch von Typha eine etymologische Er- läuterung. Der Name komme von dem „gedrehten" Blüthenstande her, der an die Wirkung des Wirbelwindes (Typhon) erinnere, oder der Blüthentrieb deute die aufrechte, drohende Gestalt des Riesen Typhon an, endlich x(.yi\ sei von ncpo;, der Sumpf, abzuleiten. Doch ist der Name eher auf ruœo; = Rauch zu- rückzuführen; dies wegen der dunklen Färbung des Kolbens. Indem Bauhin ferner die Angaben sämmtlicher früherer Autoren zusammenstellt, gelangt er zur Unterscheidung der drei Arten, Typha palustris major, Typha palustris clava gracili, Typha palustris minor, welche sich mit Typha latifolia, angusti- folia und minima decken. Dieselben Arten handelt Rajus (1. c.) ausführlich ab. Er bedient sich hiebei wieder der Clusius'sehen Bezeichnung Typha palustris media für Typha angustifólia. Typha minima fand Rajus, wie schon erwähnt, an Lobel's locus classicus auf. Richtig beobachtete er, dass die Blüthengemeinschaften bald zusammenstossen, bald von einander deutlich abgesetzt erscheinen, weiters, dass die beiden Blüthenvereine in ihrem Längenverhältniss wechseln. Abermals erörtert Mori s on (Plant, historiae, Oxonii, 1715), p. 246, ein- gehend die Artentrias und bildet dieselbe in Sect. 8, Tab. XIII recht gut ab. Man erkennt die Typha palustris major mit zusammenhängenden, Typha pa- lustris media mit getrennten Inflorescenzen, endlich die Typha minima. Mori- son zieht auch Acorus Calamus und einige exotische Aroideen zu Typha. 1719 erschien Tournefort's bedeutendes Werk Institutiones rei herbariae, die wichtigste Vorarbeit zu Linné's Genera plantarum. Die XV. von Tourne- fort's Classen ist betitelt: De herbis et suffrutieibus flore apetalo seu stamineo,3) und führt in sechs Sectionen die Verwandtschaft der Gräser, Cyperaceen, 1) Neues Krauterbuch, Frankfurt a. M., 1588, I, S. 686. 2) Ueber die europäischen Arten der Gattung Typha, Verhandlungen des Botan. Vereines iür Brandenb., XI, 1869, S. 92. 3) Tournefort, 1. c, Tom. I, p. 501. 12* © Zool.-Bot. Ges. Österreich, Austria; download unter www.biologiezentrum.at 92 M. Kronfeld. Amaranthaceen, Polygoneen und Urticaceen, nebstdem auch Genera wie Asarum, Herniaria, Paronychia, Alchemilla vor. In der V". Section begegnen wir den Gattungen Carex, Typha, Sparganium, Zea und Coix. Typha im Besonderen erhält, 1. c, p. 530, die folgende Charakteristik: Typha est plantae genus, flore apetalo, plurimis scilicet staminibus constante, in spicam disposito, sed sterili; embryones enim inferiorem spicam occupant, abeuntque deinde in semen. Tab. CCCI stellt nicht nur eine Inflorescenz von Typha angustifolia dar, sondern bringt auch eine immerhin anerkennenswerthe Blüthenanalyse der Art. In A und B Pollenblüthen mit drei, beziehungsweise zwei Antheren (stamina), in D eine einzelne Stempelblüthe, in E ein Büschelchen von solchen (embryones), in G ein Früchtchen (semen). Von Typha -Arten nennt Tournefort dieselben wie Morison. Mit dem Jahre 1753, in welchem Linné's Species plantarum zum ersten- male herauskamen, war die neue Richtung der systematischen Botanik angebahnt. Statt langathmiger Erörterungen über jede Pflanze, statt ihrer vielwortigen Be- zeichnung, ward die knappe, auf das Wesentlichste gerichtete Diagnose und mit ihr die binäre Nomenclatur eingeführt. Nur so gelang es Lin né's Genie, eine Codification sämmtlicher bekannt gewordener Pflanzen zu Wege zu bringen, eine Uebersicht aller bisherigen Errungenschaften, auf