NPD-Wahlmobilisierung Und Politisch Motivierte Gewalt Backes · Mletzko Stoye Backes Und Politisch Motivierte Gewalt NPD-Wahlmobilisierung
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Zum Inhalt: Seit Beginn der neunziger Jahre stellt rechte, insbesondere fremden- Uwe Backes feindliche Gewalt einen beträchtlichen Teil des Gesamtaufkommens politisch motivierter Gewaltkriminalität in Deutschland. Auch die Bekämpfung des politischen und lebensstilistischen „Feindes“ hat an Matthias Mletzko Gewicht gewonnen. Ein bedenklich hoher und stabiler Gewaltsockel mit überproportionalen Jan Stoye Anteilen der östlichen Bundesländer bestimmt das Bild. Angesichts teils spektakulärer Wahlerfolge auf regionaler Ebene stellt sich die Frage, welche Rolle die radikalisierte Nationaldemokratische Partei Deutsch- lands (NPD) bei dem hohen Gewaltaufkommen spielt. Eine Forschungsgruppe am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismus- forschung e.V. in Dresden hat für den Zeitraum 2003 bis 2006 unter- sucht, ob Wechselwirkungen zwischen NPD-Wahlmobilisierungen und dem Gewalthandeln rechts- sowie linksmilitanter Szenen bestehen. Die Studie zieht einen kontrastiven Vergleich zwischen den Bundes- ländern Sachsen und Nordrhein-Westfalen und geht der Leitfrage mittels quantitativer Analysen der Polizei- und Wahldaten sowie mit qualitativen Untersuchungen (Gerichtsakten, Szeneschriften, Fallstudien zu Räumen gehäufter rechter Gewalttätigkeit, Experteninterviews) nach. NPD-Wahlmobilisierung und politisch motivierte Gewalt Backes · Mletzko Stoye Backes und politisch motivierte Gewalt NPD-Wahlmobilisierung ISBN: 978-3-472-07700-8 www.luchterhand-fachverlag.de Vorwort Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in polizeilichen Lageberichten oder in den Medien von rechtsextremistisch motivierten bergriffen berichtet wird. Das rechtsextremistische Potenzial in Deutschland beluft sich dem Bundesamt fr Verfassungsschutz zufolge auf etwa 31.000 Personen. Die Zahl polizeilich regis- trierter rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Straftaten hat im Jahr 2008 mit ber 20.000 einen Hçchststand erreicht. Obgleich es sich berwiegend um Propagandadelikte handelte, wird dadurch auch mehr als 60 Jahre nach Ende der NS-Gewaltherrschaft ein Klima der Angst und Einschchte- rung erzeugt, unter dem besonders unsere auslndischen Mitbrgerinnen und Mitbrger leiden. Angst, Einschchterung und rechtsradikaler Gewalt schutzlos ausgeliefert zu sein – das darf es in unserem Staat nach den schrecklichen Erfah- rungen der Vergangenheit nicht mehr geben! Gelegentlich wird von polizeiexternen Betrachtern der Eindruck vermittelt, die Polizei htte diese Zeichen der Zeit nicht erkannt. Dem entgegen ist es jedoch nicht bertrieben zu behaupten, dass die Polizei neben dem internationalen Ter- rorismus kaum einem anderen Thema eine solch hohe Aufmerksamkeit entgegen bringt wie dem Rechtsextremismus, dessen Bekmpfung seit vielen Jahren einen Aufgabenschwerpunkt bei den Polizeien der Bundeslnder und auch im Bundes- kriminalamt bildet. Darber hinaus hat das BKA im Jahr 2007 eine Initiative ge- startet, die eigene Entwicklungsgeschichte im Hinblick auf „braune Wurzeln“ aufzuarbeiten. Vereinzelt bezweifelten dabei kritische Stimmen, ob der Blick in die Vergangenheit auch der Zukunft diene. Ich bin jedoch davon berzeugt, dass wir nur durch die Kenntnis und Auseinandersetzung mit der eigenen Vergan- genheit knftige Entwicklungen verantwortungsvoll gestalten kçnnen. Das hier gegenstndliche Forschungsprojekt „NPD-Wahlmobilisierung und poli- tisch motivierte Gewalt“ ist erneut Ausdruck dessen, dass sich das BKA den He- rausforderungen des Rechtsextremismus stellt und bestrebt ist, – neben vielflti- gen repressiven und prventiven Maßnahmen – Ursachen und Erscheinungsfor- men dieses Phnomens systematisch zu untersuchen. Nur ein objektiver, wissen- schaftlich gesttzter Ansatz wird uns verlssliche Einblicke gewhren, die notwendig sind, um dem Phnomen adquat begegnen zu kçnnen. Trends, Ent- wicklungen und Brennpunkte bei der Straftatenentwicklung mssen mçglichst frhzeitig erkannt werden, damit wir entsprechend gegensteuern und unsere Res- sourcen optimal einsetzen kçnnen: Frherkennung ist das strategische Ziel. Mein Dank gilt an dieser Stelle dem Forschungsteam um Prof. Dr. Uwe Backes vom Hannah-Arendt-Institut fr Totalitarismusforschung e. V. an der TU Dres- den. In einem fr ein solches Projekt vergleichsweise knappen zeitlichen Rahmen von 18 Monaten wurde ein umfangreiches Programm engagiert bearbeitet. Damit konnten Einsichten zu Fragestellungen gewonnen werden, die in einer solchen V Systematik auch im internationalen Vergleich bislang nicht angegangen worden waren. Vonbesonderem Wert sind hieraus erlangte, so bisher nicht dokumentierte Einblicke in das rechte und linke Gewaltgeschehen, die fr die Gestaltung polizei- strategischer Zugnge zum Phnomenfeld der Politisch motivierten Kriminalitt –rechts– neue Handlungsanstze versprechen. So wurden u. a. Tatbegehungswei- sen identifiziert, die kennzeichnend fr rechte und linke Szenestrukturen zu sein scheinen. Das Phnomen der Politisch Motivierten Kriminalitt, wie auch immer sie ideo- logisch begrndet ist, stellt eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar. Jedweder Form von Extremismus und Terrorismus mssen wir in allen gesell- schaftlichen Bereichen entschieden entgegen treten. Rechtsextremismus und An- tisemitismus in Deutschland mssen weiterhin mit allen zur Verfgung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln begegnet werden – neben polizeilichen Maßnahmen sind auch Aktivitten kommunaler Einrichtungen und gesellschaftlicher Organi- sationen unverzichtbar. Wir alle tragen eine besondere Verantwortung dafr, dass in unserer Gesellschaft kein Platz fr derart menschenverachtendes Gedankengut bleibt. Jçrg Ziercke Prsident des Bundeskriminalamtes VI Geleitwort des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen Der politische Raum, gesellschaftliche Institutionen und die Sicherheitsorgane in Deutschland mssen sich seit Jahren in immer strkerem Maße mit unterschied- lichen Aspekten des Rechts- und Linksextremismus auseinander setzen. Parteien und Gruppierungen dieser Spektren versuchen zwar seit Jahrzehnten, sich in den Parlamenten und auf kommunaler Ebene in Deutschland als ernst zu nehmende politische Krfte dauerhaft zu etablieren. Eine auf Toleranz und Pluralismus ge- sttzte politische Kultur in Deutschland sorgt jedoch auch weiterhin dafr, dass dieses Ansinnen in unserer gefestigten Demokratie zumeist scheitert. Derartige Parteien und Gruppierungen fhren daher regelmßig ein Schattendasein in unse- rer politischen Landschaft. Wichtig ist, dass neuen Strategien des Rechtsextremismus, die vor allem auf die Rekrutierung jugendlichen Nachwuchses zielen, durch umfassende Aufklrungs- arbeit und Prventionsmaßnahmen begegnet wird. Zur Information von Jugend- lichen hat der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen den Bildungscomic „An- di“ verçffentlicht, der in drei Ausgaben zu den Themen Rechtsextremismus, Isla- mismus und Linksextremismus erschienen ist. Das erste Heft geht den Methoden nach, mit denen Rechtsextremisten Jugendliche kçdern mçchten, und liegt inzwi- schen in einer Gesamtauflage von rund 320.000 Exemplaren vor. Darber hinaus sind Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen regelmßig an Schulen und in Einrichtungen der Lehrerfortbildung zu Gast, um ber den Rechts- extremismus, seine Ideologie und Strategie aufzuklren. In den vergangenen Jah- ren fanden jeweils ber 100 entsprechende Informationsveranstaltungen pro Jahr statt. Kontinuierlich entwickelt und untersttzt der Verfassungsschutz Nordrhein- Westfalen Konzepte und modellhafte Projekte, die auf die Strkung prventiver Kompetenz bei Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zielen. Einige Beispiele sind die Jugendkongresse „Fr Demokratie – gegen Rechtsextremismus“, die sich an jugendliche „peer leaders“ richten, die Fortbildungsreihe „Erlebniswelt Rechtsextremismus“ fr Fachleiterinnen und Fachleiter an Studienseminaren fr das Lehramt, entsprechende Fortbildungen fr Lehramtsanwrterinnen und Lehramtsanwrter, Workshops fr Vertreterinnen und Vertreter von Fußballver- einen sowie das „Kommunalwiki gegen Extremismus“ eine Informationsdreh- scheibe, durch die sich vor allem Kommunalbehçren nach dem „best practi- ce“-Prinzip untereinander ber ihre Projekte gegen Extremismus austauschen kçnnen. Darber hinaus gibt das Innenministerium hier Rechtshinweise, stellt Ur- teile etc. zur Verfgung, deren Beachtung bei der Aufklrungsarbeit wichtig ist. Verfassungsschutzbehçrden kçnnen die professionelle prventive Arbeit anderer nicht ersetzen, aber sinnvoll ergnzen und untersttzen. Deshalb arbeitet der Ver- fassungsschutz Nordrhein-Westfalen mit Partnerorganisationen eng zusammen, zum Beispiel mit der Landeszentrale fr politische Bildung, mit jugendschutz.net VII – der Zentralstelle der Lnder fr Jugendschutz im Internet –, mit Universitten, Stiftungen,Volkshochschulen, kirchlichen oder gewerkschaftlichen Gruppen und anderen staatlichen oder zivilgesellschaftlichen Partnern. Trotzdem werden die Auseinandersetzungen zwischen Rechts- und Linksextre- misten seit einigen Jahren zunehmend „auf die Straße“ getragen. Die Folge sind gegenseitige Gewalttaten, vor allem im Zusammenhang mit Demonstratio- nen. Vor diesem Hintergrund ist es auch wichtig neben einer Vielzahl von prventiven Maßnahmen, die Ursachen von Gewalt und Rechtsextremismus zu erforschen. Polizei und Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen haben daher im Rahmen ihrer rechtlichen Mçglichkeiten durch die Bereitstellung von Datenmaterial und durch Hintergrundgesprche Hilfestellung fr das Forschungsprojekt geleis- tet. Dr. Ingo Wolf MdL Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen VIII Geleitwort des Staatsministers des Innern,