~_J_b_._G_e_o_1._B_.-_A_. IS_S_N_O_O_1_6-_7_80_0B_a_nd_1_27 H_e_ft_3__ ~331 -347 Wien, Dezember 1984

Das Fenster von Nüziders () und sein Rahmen

Von MARK EBERHARD')

Mit 17 Abbildungen

Österreich Vorarlberg Stratigraphie Österreichische Kartei: 50.000 Tektonik Bläller 141, 142 Quartär

Inhalt

Zusammenfassung, Summary 331 1. Einleitung 332 1.1. Geographische und geologische Übersicht 332 1.2. Historischer Überblick 332 1.3. Systematisches 332 2. Stratigraphie 335 2.1. Lechtal-Decke 335 2.1.1. Untere Arlberg-Schichten 335 2.1.2. Mittlere Arlberg-Schichten 335 2.1.3. Raibler Formation 335 2.1.4. Kössen-Formation 338 2.2. Falknis-Decke 338 2.2.1. Tristel-Schichten 338 2.3. Uentschen-Decke 338 2.3.1. Planknerbrücke-Serie 338 2.3.2. Fanola-Serie 338 2.4. Liebensteiner Decke 338 2.4.1. Oberkreide 338 2.4.2. Globigerinenmergel 340 3. Tektonik 343 3.1. Lechtal-Decke 343 3.1.1. Übersicht 343 3.1.2. Platznahme der Decke und ihrer Schuppen 344

3.2. ~~~~1n.isÖ~~~~~h't':::::::::::::::::: : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : : ~:; 3.2.2. Platznahme der Decke 345 3.3. Uentschen-Decke 345 3.3.1. Platznahme 345 3.4. Liebensteiner Decke 345 3.4.1. Platznahme 345 4. Quartär 345 4.1. Gletscherausräumung 345 4.1.1. Der Iligietscher zur Riß und Würmzeit 345 4.1.2. Die Vereisung auf dem Hohen Frassen 346 4.1.3. Bildung und Entwässerung der Dolinen 346 4.1.4. Zurückschmelzen der Gletscher und Auswirkungen 346 4.2. Fluviale Einflüsse 346 Dank 346 Literatur 347 Geologische Karten 347

Zusammenfassung Die geologischen Untersuchungen wurden im Gebiet nörd- lich der Ortschaften - Nüziders - Ludesch (Vorarl- berg), vor allem in der Trias der Lechtal-Decke sowie in der im *) Anschrift des Verfassers: MARKEBERHARD,Geologisches In- Fenster von Nüziders aufgeschlossenen Kreide der Falknis- stitut der ETH, ETH-Zentrum, 8092 Zürich. Decke, durchgeführt.

331 Mikrofossilfunde in der Trias ergaben eine neue zeitliche In und oberhalb des Dorfes Nüziders erkennt man ein Einstufung für die Arlberg-Schichten. Die Unteren Arlberg- tektonisches Fenster, in dem Schichten der nordpenni- Schichten wurden im Ladinian bis Carnian (Cordevol), die Mitt- nischen Uentschen-, mittelpenninischen Falknis- und leren im Carnian (Cordevol - Tuval) abgelagert. Die Oberen Arlberg-Schichten konnten nicht datiert werden. Bisher der ultrahelvetischen Liebensteiner Decke zutage treten. Falknis-Decke zugeordnete Formationen werden neu zur Lie- Südöstlich der Ludescher Gegend liegt die oberostal- bensteiner Decke gestellt. pine Lechtal-Decke direkt auf der nordpenninischen Tektonisch wird die das gesamte Ostalpin in diesem Gebiet Uentschen-Decke. umfassende Lechtal-Decke in vier Schuppen gegliedert. Das Fenster von Nüziders selbst ist auf das Aufreißen der LechtaI- Decke und anderer Einheiten zurückzuführen. Im Quartär lassen sich mehrere Rückschmelz-Stadien des 1.2. Historischer Überblick 111-und Lutz-Eises erkennen. Auf dem Hohen Frassen ist ein lokales würmzeitliches Vereisungszentrum nachgewiesen. Er- Das Fenster von Nüziders ratiker belegen, daß das aus dem Klostertal kommende Im Raum von Nüziders sind schon A. ROTHPLETZ Aflenz-Eis durch das III-Eis aus dem Montafon ganz an die (1905) Flyschgesteine bekannt. Nordflanke des III-Tales abgedrängt wurde. J. GUBLER(1927) spricht erstmals von einem Fenster der Falknis-Decke in oberostalpiner Umgebung. Summary E. KRAUS(1932) widerspricht dieser Meinung und be- Geological investigations were carried out in the area north zeichnet die Gesteinsabfolge als lückenhafte Serie süd- of Bludenz - Nüziders - Ludesch (Vorarlberg, ) espe- osthelvetischen Charakters. cially in the Triassic of the Lechtal nappe but also in the Creta- ceous of the Falknis nappe exposed in the window of Nüzi- D. RICHTER(1956) erweitert die Deutung GUBLERS, ders. weist jedoch darauf hin, daß die "Couches rouges pa- Microfossil studies in the Triassic have led to the following läozänen Alters" vielleicht den Leimernschichten der newage assignement for the Arlberg Formation: its lower part Liebensteiner Decke angehören könnten. Ebenfalls be- was deposited in the Ladinian - Carnian (Cordevol), the midd- schreibt er im Liegenden des Hangenden Steins und le part in the Carnian (Cordevol - Tuval). The upper part could not be dated. Formations, which had up to now belonged nördlich des Weges Nüziders - Ludescherberg Gestei- to the Falknis nappe have been reassigned to the Liebenstein ne der Arosazone. Als erster befaßt er sich eingehen- nappe. der mit den tektonischen Problemen des Fensters so- The whole Austroalpine sequence in this area can be inclu- wie seines Rahmens und stellt diese in einer Kartierung ded in the Lechtal nappe. Furthermore, this nappe can be sub- dar. divided into four tectonic slices. The window of Nüziders itself R. OBERHAUSER (1958, 1959, 1963, 1965) kartiert das is a result of the pulling apart of the Lechtal nappe and other unities. Fenster neu. In seinen Untersuchungen erwähnt er se- Quarternary studies proved the presence of several retreat none Schichten mit eventuell turonen Schubspänen, stages of the III and Lutz ice masses. A local centre of the welche teilweise sowohl im Handstück wie im Dünn- Würm glaciation was detected on the Hohen Frassen. Erratic schliff an helvetische Wangschichten erinnern. Ebenso boulders prove that the Alfenz ice coming out of the Klostertal beschreibt er paläozäne bis eozäne Globorotalienschie- was pressed against the north flank of the III valley by the III ice which originated in the Montafon. fer. Das Fenster von Bludenz 1. Einleitung O. AMPFERER(1933) weist die unterhalb des Montikel 1.1. Geographische und geologische Übersicht aufgefundenen Gesteine dem Buntsandstein zu. W. HEISSEL(1968) beschreibt den Aufschluß in einem Das Untersuchungsgebiet liegt in Vorarlberg (Öster- Brief an das Amt der Vorarlberger Landesregierung in reich), in der Umgebung von Bludenz - Nüziders als ein tektonisches Fenster von penninischem (Abb. 1). Es wird im Westen durch den Madonnakopf, Flysch und Falknisgranit. im Osten durch den Rungeliner Wald, im Norden durch Das Fenster ist heute infolge Aufschüttungsarbeiten die Raggaler Seite des Hohen Frassen und im Süden nicht mehr aufgeschlossen. durch den Montikel-Felsen begrenzt. Geologisch ist das Gebiet aus vier Decken aufgebaut. Die oberostalpine Übriges Untersuchungsgebiet Lechtal-Decke nimmt den größten Teil des Untersu- Aus O. AMPFERER(1907, 1909, 1924-1938) ergeben chungsgebietes ein. Sie erstreckt sich vom Bludenzer sich Hinweise über das Gebiet. Raum im Süden bis in den Raggaler Bereich im Norden D. RICHTER(1956) befaßt sich eingehender mit den und in die Ludescher Gegend im Nordwesten. tektonischen Problemen und kartierte einen Teil. R. O~ERHAUSER(1958, 1961, 1966) beschreibt weite- Vorarlberg re Einzelheiten, so den grünen Tuffit bei Laz (Nüzi- ders). M. KOBEL(1969) behandelt das südlich anschließen- de Gebiet des Rätikon, so daß bezüglich Tektonik und Stratigraphie viele Bezugspunkte geschaffen waren .

Rote Wond• 1.3. Systematisches Die in der Arbeit verwendeten topographischen Na- I I men sind den Blättern Montafon und Hoher Freschen o km 10 der Landeskarte der Schweiz 1 : 50.000 entnommen. Genaue Lokalitätsangaben finden sich in der Diplom- Abb. 1: Geographische Lage des Untersuchungsgebietes. arbeit M. EBERHARD(1982).

332 GI ~ '1:) GI CU c ~ I c: CJl CU U .s=- c en u o GI I GJ '- tJl II> o E CU .::c CU C ~ ... E::l _CU C - ::l .5! en ::l ~ QJ ~ ~ u :J ll. .Q - E tJl -u U QJ ~ .Q o '1:) '1:) a. c: .X o .. CU ~ E ':J E GI CU CU U ~ CU o o :i: ~ '- o ~ .I: QJ :J I :J '1:) c o .. u .Q -GI ~ U .... ",. U :J ~ ~ I I en D~ '- QJ .- >- U IJJ iii ~ en GI GI -~ C I C c- GI II> U ~ ....!. C ~ GI CU tJl on U ::! CU GI C .- .- III .¥ tJl >- GI .s=- QJ C ~ QJ > ~ N o o '- .Q .::c CU U C II> u c c: ~ on .s::.C C on o ~U _II> ~4j CU o .Q ':J CU Ci - u III o .Q o c: CU c: .. c.c GI '- '- CU '- IJJ ::l I- Ula. ll. o ~ ...J~ I i I •\ t\ ~

E GI GI .. c: ... .>t. c: o o GI u U IL. '- E GI CU ... o o I '- .. - ~ on E 41 0 E ~ E ~ '- '1:) o .>t. -'1:) '- E ~ - 41 u QJ ~ ... IL. o -; ... o -E o C ::l .. c: o '0 .::c GI I o o 0 o o o IL. '- . c: c .>t. o o IL. - >-41 U._ .s=- ~ '1:) '- .>t. '1:) I ö .. on o I N l/ll/l QJa. u U CI tJl tJl '- .. .. '- '1:) c: c: - ~ II> 0 41 GI ::l .. .. '- '- GI GI GI u 0- GI ::l 41 GI GI :0 on I l1l ::l ;: .Q Q. CI) .~ ~ .Q .Q .Q :0 :0 :0 c: ::l l/l'- ::l CI) tJl .... '- l/l -;;;Vi ~ C o o o '6 o :0 -c: o 0'- :t'll o Ci .. 41 .... 0

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333 N 5 Frassen- Schuppe Geotogi sehe Profit e

K lost er tal- Schuppe

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Lechtal-Decke (Oberostalpin )

R7Wl ~ Alpiner Muschelkalk 5:6l Hauptdolomit - Formation ~ Mürbsandstein

~ Partnach-Formation AlIgöu-Formation Li e b ens tei n e r-D eck e (Ul trahelvet ikum) tt9 Arlbergkalke Falknis-Decke (Mittelpenninikum) ~ Oberkreide ~ Arlbergdolomite ftEEl Tristel-Schichten tt53 Raiblerkalk Quart är E59 Gault b';'.li.1 Raiblerdolomit E:J Moröne,Gehöngeschull Uentschen-Decke _ Raiblerrauhwacke ( Nordpenninikum)

!55E Raiblersandstein ~ Planknerbrücke-Serie

Abb. 3: Geologische Profile durch das Gebiet zwischen und Bludenz.

334 2. Stratigraphie (Abb. 2, 3) e Die zeitliche Einstufung der Mittleren Arlberg- 2.1. Lechtal-Decke (Abb. 4) Schichten ins Cordevol - Tuval wird durch die in den oberen Schichten auftretende Dasycladacee Die Lechtal-Decke besteht im Arbeitsgebiet aus einer C/ypeina besici PANTie (1965) ermöglicht (Abb. 9). Sie mesozoischen Schichtreihe von den frühtriadischen wird von E. On (1972) als eine erstmals im Corde- Punt-La-Drossa-Schichten (Reichen haller-Schichten) bis zu den liassischen Allgäu-Schichten (Abb. 4). Im vol des Wettersteinkalks auftretende Dasycladacee beschrieben. Text werden nur Besonderheiten erwähnt. 2.1.1. Untere Arlberg-Schichten 2.1.3. Raibler Formation Einer separaten Betrachtung bedürfen die westlich Die im Untersuchungsgebiet aufgeschlossenen von Laz aufgeschlossenen, Crinoiden-führenden Kalke. Schichtfolgen der RaibleI' Formation können aufgrund Die im Dünnschliff erkennbaren Fossilien bestehen .der Sandstein-Rauhwacken-Wechsellagerungen in die hauptsächlich aus Crinoiden-Elementen und Problema- von S. V. WÖHRMANN(1889, 1893) und H. JERZ (1966) tika, vereinzelten Muschelschalen, Filamenten, Ostra- definierte "Obere Abteilung", die Torer-Schichten, ge- coden und Globochaeten. Die Fauna spricht für einen steilt werden. gut durchlüfteten Meeresbereich. • Ein interessanter Kleinzyklus wird aus dem Profilaus- schnitt der Abb.l 0 ersichtlich. Alter Eine zeitliche Einstufung ist anhand bestimmbarer e Lumachellenkalk Mikroproblematika möglich: In mikritischer, teils rekristallisierter Grundmasse, lie- P/exoramea cerebriformis MELLO(1977) gen massenhaft Stillwasserooide (E. FLÜGEL,1978), in Ladinian - Carnian (Cordevol) Lagen angeordnete Muschel- und Gastropoden-Scha- Ladine//a porata On (1968) len, sowie Einzelkorallen. Dies spricht für einen hinter Ladinian - Carnian (Cordevol) einer Ooid-Sandbarre liegenden, niederenergetischen Somit wurden die Unteren Arlberg-Schichten im Ladi- Seichtwasser-Bereich mit Feinschlamm. nian - Carnian (Cordevol) abgelagert (Abb. 5, 6). e Steriler, stinkender Kalk 2.1.2. Mitt/ere Arlberg-Schichten (Abb. 7) Eine Erhöhung der Barre über den Meersspiegel, be- e Im unteren Teil der Mittleren Arlberg-Schichten wur- dingt durch Sedirnentanlagerung oder eustatische Mee- de der schon von R. OSERHAUSER(1966) bei Laz resspiegel-Schwankungen, verursacht eine Verschlech- aufgefundene Tuffit untersucht (Abb. 8). Es handelt terung der Lebensbedingungen. sich um einen in dünne Platten zerfallenden, bräun- e Feinkörniger Dolomit lich bis grünlich verwitternden Bimstuffit von hell- Verstärkte Verdunstung des zur Lagune gewordenen grauer bis grüner Farbe. Die Matrix enthält reichlich Meeresteiles führt zu erhöhtem Salzgehalt und zu früh- Pyritkörner. Im Dünnschliff liegen in der mikritischen diagenetischer Dolomitisation. Calcit-Grundmasse bis zu 1,5 mm Durchmesser G Sandstein-Schieferlage messende, von Gasblasen erfüllte Bims-Fragmente. Zunehmende Verlandung der Lagune, Erhöhung der Da diese und die in ihnen eingelagerten Orthopyro- Niederschläge, Vergrößerung und Versteilung des Ein- xene und Amphibole zu Chlorit pseudomorph nach zugsgebietes führen zur Einschwemmung von terrige- diesen umkristallisierten, war eine K-Ar-Altersbe- nem Material. stimmung nicht möglich. Aufgrund der in den Unte- Mit erhöhter Transportkraft der Flüsse wird gröberes ren und Mittleren Arlberg-Schichten erfolgten Fossil- Material abgelagert. Im Ufer- und seichten Strandgebiet bestimmungen ist der Tuffit ins Ladinian - Carnian gewachsene Pflanzen liefern die auftretenden Pflanzen- zu stellen. häcksel (Equiseten-Bruchstücke).

Abb. 4 (auf den beiden folgenden Seiten): Stratigraphisches Sammelprofil der Lechtal-Decke (Oberostalpin) zwischen Bludenz und Hohem Frassen. Die nachstehende Legende gilt auch für die Abb. 7, 10, 11, 12 und 13.

Legende

AIIQemeines: tJ. Weitere AusführunQen folQen im Text 'ts ONKOIDE Tektonischer Kontakt Fossilien:

B MUSCHELN ECHINODERMEN ALLG DASYCLADACEEN a AMMONITEN CRINOIDEA OSTRACODEN ECHINOIDEA 8 GASTROPODEN RADIOLARIEN PELAG FORAMINIFEREN 'V BRACHIOPODEN HOLOTHURIENSKLERITE o KORALLEN BENTH FORAMINIFEREN A SPONGIENNADELN FORAMINIFEREN ALLG. GLOB. GLOBOCHAETEN ..,:1' FRASS -. WEIDESPUREN BRYOZOEN @ DINOFLAGELLATEN

F1L FILAMENTE PROBLEMATICA 00 PELLETS

335 GLIEDERUNG FORMATION Fazielle ~erkmale FOSSILIEN

- Toniger Milai t gg A Ö @ -&

LI AS ALLGAEU - FORMATION

/::,. 06

- Biomikrit RHAETIAN KOESSEN- FORMATION ~/O)OtrA F1L r------05 - Laferite, Intraformationelle Brekzien, Stromatolithe b Ö HAUPTDOLOMI T-

NORIAN FORMATION - Intramikrit mit Aggregat- körnern (Lumps)

------/::,. - Mikrit Ö tr~ Q

RAIBLER- FORMATION - Bio-Oosparit - 00- bis Biospari t @ OBERE ARLBERG- HohlraumgefUge nicht selten Z /::,.- Biomikri t a:: w UNTERE ARLBERG- CD C) AL ...J a::

- Mikrit PARTNACH - FORMATION

Biomikrit bis Biosparit (j ~ GLOB. i::r ~ Z - mit Pyritkonkretionen ~ a:: w --- ? --- z PUNT- LA- DROSSA- - Dolosparit ä: ...J SCYTHIAN c:I SCHICHTEN

336 ABLAGERUNGS- BESCHREIBUNG VERHAEL TNISSE

- Schlecht durchlüfteter - Von zahlreichen Tonlamellen, -flecken und 40- Beckenbereich Calcitadsrn durchzogene, hellgrau bis braun anwitternde Mergel und Kalkmergel -120

- Dunkel bis hellgrau anwitternde mergelreiche - Riff und Lagune Kalke mit reichem Fossilinhalt

- Hellgrau anwitternds, fossil reiche 60 "Korallenkalke"

- Hellgrau anwitternder, kompakter Dolomit - Interner Plattformbereich

- Dunkelgrau anwitternder, zuckeriger Dolomit350

Wechsellagerung von: schwarzen Schiefern, - Durch verminderte Wasser- rostroten Sandsteinen, Rauhwacken, zirkulation gekennzeichne- kavern~sen MUrbdolomiten 100- ter, teilweise Ubersalze- - dazu hellgraue, oft von Mergellagen durch- ner Lagunenbereich zogene sterile Kalke und hellgraue bis bräunliche, zuckerige Dolomite sowie selten -180 Lumachellenkalke - Sehr seichter, lebens- - Zuckerk~rnige, l~cherige und rauhwacken- feindlicher Flachmeer- artige Kalke und Dolomite, zyklisch ge- bereich mit lagunärem schichtete Karbonate, Rauhwacken und Charakter Brekzien sowie kalkige und dolomitische Mergel 150

-Hell- bis bläulichgrau anwitternder, l~cheri- - Geschützte Lagune bis ger Kalk _ "Arlbergkalk" teils mit ovalen Hinte=iffzone Hornsteinknauern, zwisohengelagert von dolomitischen Mergeln 130 -Tuffit

-Hellgrau anwitternde von knolligen Msrgel- - Schwachenergetischer schnUren durchzogene Kalke 20 _ offener Plattformbereich - Schelf bis Lagune - - Sporadisch auftretende, hellgrau verwittsrnde grobspätige Dolomite -100

- Kompakt aufgebaute schwarz bis roetbraune Schiefer - Abgeschlossenes Becken

- Hellbraun verwitternde, oft in Linsen vor- handene dolomitische Mergel 12

- Niedsrenergetischer, in - Hornnteinschichten: kompaktsr, hellgrau an- Bodenpartien.schlecht witternder, mit Knauern durchsetzter Kalk 15- durchlüfteter Beckenbe- Die Schicht flächen sind stark gewellt reich - Gut durchlüftetes,plankton - Encrinitenbank: Massiger, mit Crinoiden -.60 reiches Schelfmser durchsetzter, dunkel grauer Kalk

- Offenmariner Schelfbereich Dunkelgrau anwitternder, von Calcit- adern und Tonlamellen durchzogener, kompakter Kalk 14

- Supratidaler bis inter- - Hellgrauer, grobspätiger Dolomit tidaler, Ubersslzener Ablagerungsbereich

337 0..5 mm o.2mm Abb. 5: Plexoramea cerebriformis MELLO1977 aus den Unteren Arl- berg-Schichten westlich von Laz. Abb. 8: Intermediärer bis saurer, stark chloritisierter Bimstuffit aus den Mittleren Arlberg-Schichten östlich von Laz.

Abb. 6: Ladinella porata On 1968 aus den Unteren Arlberg- Schichten westlich von Laz. Vergrößerung ca. 105x.

D2mm

Abb. 9: Clypeina besici PANTIC 1965 aus den an der Straße Da- I neu - Laz aufgeschlossenen Mittleren Arlberg-Schichten.

o Kohlenlage Die Verlandung ist soweit fortgeschritten, daß sich ein flaches Strandmoor bilden konnte, das durch Über- lagerung transgressiver Sedimente konserviert wurde. e Kalkmergel In einer leichten Meeres-Senke entwickelten sich im Sediment lebende Muscheln.

2.1.4. Kössen-Formation In den Korallenkalken konnten Brachiopoden, Mu- scheln und Korallen bestimmt werden, die das rhäti- sche Alter belegen: Brachiopoden: Rhaetina gregaria (Terebratulidae) Zugmayerella uncinata (Spiriferidae) Fissirhynchia fissicostata (Rhynchonellidae) CD Muscheln: Avicula Korallen: Thamnastrea Thecosmilia

lsm~ 2.2. Falknis-Decke (Abb. 11)

Abb. 7: Sammelprofil der Mittleren Arlberg-Schichten südwest- Im Untersuchungsgebiet besteht die Falknis-Decke lich des Madeisakopfes. Legende siehe Abb. 4. Die Nummern aus kretazischem "Gault" und Tristel-Schichten beziehen sich auf den Text. (Abb. 11). Im Text werden nur Besonderheiten erwähnt.

338 zusammen (Abb. 12). Im Text werden nur Besonderhei- ten erwähnt.

2.3.1. Planknerbrücke-Serle Aus den Sandkalken wurden folgende Fossilien be- stimmt: Echinodermen-Frag mente Bryozoen-Reste Rudisten seltene Inoceramen-Prismen an Kleinforaminiferen: Rotaliiden - Gavelinella, Gyroidina Pararatalia und weitere Rotaliiden Globotruneana cf. area Globotruneana cf. eretaeea Globotrueana triearinata Aus Kieselkalken wurden bestimmt: massenhaft calcifizierte Spongiennadeln an Plankton-Foraminiferen: Hedbergelliden Heterohelicidae Oligostegina Globotruncaniden? Holothurien-Sklerite Radiolarien? Der Fossilinhalt deutet nach J. P. BECKMANN(mündli- che Mitteilung) auf ein senones (Santonian - Campani- an) Ablagerungsalter.

2.3.2. Fanola-Serie 3m Die in den Mü rbsandstei nen vorkommenden Strö- mungsmarken zeigen eine Schüttungsrichtung von NNW nach SSE an. Mit Hilfe der Strömungs- und Bela- stungsmarken sowie Gradierungen konnte die Verkehrt- lagerung der Gesteine nahe am Kontakt Lechtal-Decke, Uentschen-Decl

2.2.1. Tristel-Schichten 2.4. Uebensteiner Decke (Abb. 13) In den kompakten Sandkalken kommen folgende Die Liebensteiner Decke wird im Arbeitsgebiet aus Kleinforaminiferen vor: den oberkretazischen Schichten der Oberkreide und Traehammina den eozänen Globigerinenmergeln aufgebaut (Abb. 13). Agglutinierende Formen - Textulariiden Im Text werden nur Besonderheiten erwähnt. Verneuiliniden Die in Literatur (R. OSERHAUSER,1958; 1959; 1963; Haplophragmoides 1965) und Geologischen Karten (W. HEISSELet aI., Agathammina? 1965; 1967) bis anhin der Falknis-Decke zugeordneten, Pseudotextulariella? östlich von Nüziders gelegenen Schichten werden neu Sabaudia? der Liebensteiner Decke zugesprochen. Milioliden? Pseudolituonella? 2.4.1. Oberkreide Ebenso konnten kleine Dasycladaceen und Echino- Lithologische Ausbildung dermen-Bruchstücke erkannt werden. Gelbbraun bis gräulich anwitternde, gegen das Lie- Dieser Fossilinhalt spricht nach J. P. BECKMANN gende oft stark verfältelte Kalkmergel-Schiefer-Bänke (mündliche Mitteilung) für eine im Barremian - Ceno- werden von tristelähnlichen Areniten und glaukonitfüh- manian erfolgte Ablagerung der Tristel-Schichten. renden Sandsteinbänken unterbrochen. Eine genauere Gliederung ist aufgrund der unvoll- Gegen das Hangende sind in den Kalkmergeln oft ständig erhaltenen Fossilien nicht möglich. Sicherlich Linsen von Areniten festzustellen. ist ein urogenes Ablagerungsalter nicht auszuschließen. Fossilinhalt In Kalkmergeln und sandigen Kalken: massenhaft lagig eingeregelte Schwammnadeln 2.3. Uentschen-Decke (Abb. 12) schlecht erhaltene planktonische Foraminiferen Die Uentschen-Decke setzt sich im Arbeitsgebiet aus (Globigerinen?) der oberkretazischen Planknerbrücke- und Fanola-Serie selten Ostracoden

339 Mächtigkeit STUFE FORMATION FOSSILIEN BESCHREIBUNG m LITHOLOGIE

. ' ' . .' . . .. ., ...... , - Dunkelbraun verwitternde . . . .' ' .. . .' • Glaukonit-Sandsteine mit bis .' .. ,'.,' . . ' '. zu 5% Glaukoni t ' " ,' ' . ' ...... :,:: :.. . . . ' ...... '. . . . . '.' ... " .' .. '. .': . .' .. : .... ". ' . . . ? " " - Eräunlich verwitternde \1 CENOMANIAN- 6. \1 "GAULT" Erekzien mit Dolomit-,~rz-, 20 -ALB/AN "if Feldspat-,Glaukonit- und \1 6. Glimmerkomponenten ? - Durchmeeser bis 0.5 cm - 6. \1 6. Viele Ooide in mikritischer I 6. \1 Grundmasse I". \1 6.

- Hellgrau anwitternde Arenite .0. '<7 mit gleichem Komponenten- .0. '<7 inhalt wie die Brekzien .. . .0... - Durchmesser bis 1.5 mm - / - IrocrL~elgrauanwitternde Sand- ... ., " stein- und Schieferlagen ...... , . .. "

~ (D:, - Hellgrau bis bräunlich an- .0. v .0. witternde Arenite mit Dolomit-,Kalk-,Quarz-, .0. .0. @ Y Glimmer- und Glaukonit- "'" komponenten sowie Coiden c. .0. in mikritischer bis c. v .0. Ih 0 sparitischer Grundmasse - Durchmesser bis 0.2 mm - I .0. '<7 .0. I I . - Hellgrau bis bräunlich an- Ih "if witternde Sandkalke I I . 6.

-APT/AN ? TRISTEL-SCHICHTEN 20-25 I I BARR£M/AN- Ih -1' I - Kompakte Sandkalke I I llänke bis 30 em mächtig • Kein Glaukonit I I I I I I - Hellgrau bis bräunlich an- I witternder Kieselkalk I I

Abb. 11: Stratigraphisches Sammelprofil der Falknis-Decke (Mittelpenninikum) nördlich von Nüziders. Legende siehe Abb. 4.

Palynologische Untersuchungen durch P. A. HOCHULI zweikielige Globotruncaniden (Praeglobotruncanen) ergaben ein häufiges Auftreten von Dinoflagellaten-Zy- Globorotalien sowie weitere Foraminiferen steno Wichtige Formen sind: Bryozoen Leberidocysta ch/amydata (COOKSON & EISENACK) STOVER Echinodermen- Frag mente & EVITT, 1978 - ob. Albian - Maastrichtian. Rudisten Xiphophoridium a/atum (COOKSON & EISENACK) SARJE- vereinzelte Holothurien-Sklerite ANT, 1966 b - ob. Albian - Santonian. in Arenit-Linsen: Aptea po/ymorpha EISENACK, 1958 - Aptian - mittl. Ce- vorwiegend Schwamm nadeln nomanian. agglutinierende Foraminiferen Lituo/a grandis Spiniferites cingu/atus (0. WETZEL) SARJEANT, 1970 - (REUSS) - nach H. BARTENSTEIN (1952) - Campani- Barremian - Oberkreide. an - Maastrichtian Cyc/onephe/ium distinctum DEFLANDRE & COOKSON, 1955 rundliche Verkieselungen (Radiolarien?) - ob. Jura - Maastrichtian. sowie Sporomorphen: C/assopollis sp. Anhand dieses Fossilinhaltes ist eine Ablagerung der Nannofossil-Untersuchungen durch K. PERCH-NIELSEN Sedimente in der höheren Oberkreide erfolgt, mögli- ließen die Oberkreide-Form Micu/a decussata VERSHINA, cherweise mit Aufarbeitung von Unterkreide-Material. 1959 - Coniacian - Maastrichtian feststellen. Die älteren Schichten weisen cenomane bis santone, In Kalkmergeln mit Arenit-Linsen fanden sich im Kalk- die jüngeren ins Campanian - Maastrichtian fallende mergel: Faunen auf.

340 Mcchligked STUFE FORMATION FOSSILIEN LI THOLOGIE BESCHRE.IBUNG m : ...... " .' . ' . ... .- " ...... ' . .' .. ' . Mürbsandsteine . ',' .. 760 ~, 1------, Q Wechsella.,erung von dunkel- I I I I bis rostbraun an"ittemden .. Sandsteinen und sch"arzgrauen ...... :..... ',:.' ...... ' " ,- ...... , ' ') Tonschiefem so"ie dichten ... , ., ...... FANOLA -SERIE Kalken .. ' ';'.:::.':':.'.:'.:.: Sandsteine teil"eise gradiert, Basis mit Stömungs- und l~.....:::::.::'::-".:::.:"':::'.',".: Belastungsmarken (Turbidite) ~=>::.'::',':.:...... :.:.:.: - - - L=- - - -- I. ',' 0' : ..... :..' ...... ' . '., . : 1------c------'. Tonschiefer " Q Sch"arzgraue . '. . . .' .' " .. .. '. .::.::...... :.. N .' .. '< '. .: :" :.. '.' e) 11ell- bis mittelgraue ~ \ Mergelschiefer e v> Hellgrau an"i ttemde, dichte I- ...,"''-' 0 Kalke v> ~ n - "" ::r l- ""'-' - -..;' - A @ Hellgrau bis bräunlich an- "" "ittemder Kieselkall: ..3 I I I I 0 t.1 .dessen Grundmasse Lamination ~ I I I und Slump-Strukturen auf'- 3 Q "eist a- v>

80 0 l:::. .." Gelbbraun an"ittemder e. I I ':: '. .. .. SENON Sandstein .. .. .,'" . " ::r .' .. PLANKNERBRUECKE- '. ~ .' : : " . (-CAMPANIAN - SERIE .. ' ...... " e. .' .. " .. SANTONIAN-) 80 ~ '. .' ' . • .' " .- Braun an"itternde Sand- .' . '. 3 : '. ~ Ö kalke mit vielen zusammen- } .' gesch"emmten Fossilien n ~ .~ 3 Bräunlich Bn"itternde kalk- ~ I I reiche Arenite aJ '"~ Bräunlich ari"itternde n'" ~ gräbere, polymikte llrekzien ::r "" I "" I mit Dolomit-,Kalk-,Quarz- - v ~ und Glimmerkomponenten D. "V D. - Durchmesser bis 0.7 cm - '- -- I "V D.

Abb. 12: Stratigraphisches Sammelprofil der Uentschen.Decke (Nordpenninikum) südlich von Ludesch. Legende siehe Abb. 4.

Diskussion zahlreiche detritische Quarzkörner besitzen ein Die stark beanspruchten Schichten werden aufgrund Netzwerk von feinen Spalten von Lithologie und Fossilinhalt der Liebensteiner Decke bis zu 10 % Glaukonit und somit dem Ultrahelvetikum zugeordnet. Aufgrund Phosphoritknöllchen und Pyritkonkretionen der Beschreibungen von M. RICHTER(1969) und P. STA. Eine Abgrenzung der Leimernschichten gegen das CHER(1980) dürften die jüngsten Schichten - Campan- Liegende ist nicht eindeutig möglich. Ebenso kann eine ian - Maastrichtian - den Leimernschichten entspre- weitere Gliederung der liegenden Schichten in Lieben- chen. steiner Kalk und Freschenschichten nicht mit Sicherheit Die von RICHTERim oberen Teil der Leimernschichten vorgenommen werden. beschriebenen Wang-Gesteine wurden auch hier fest- gestellt. Von den von STACHERaufgeführten Merkmalen der Wang-Schichten sind vorhanden: 2.4.2. Globigerinenmergel Fossilinhalt Fossilinhalt und rege Bioturbation In bräunlich-grünlichen Mergeln: massenhaft calcifisierte Kieselspongien-Nadeln, oft viele silifizierte, bis 0,1 mm große, kreisförmige Ra- mit Zentral kanal diolarien-Querschnitte mit pyritisiertem Skelett gelöster Skelett-Opal der Kieselschwämme bewirkt (Abb. 14). häufig Verkieselungen Palynologische Untersuchungen durch P. A. HOCHULI in beinahe allen Schliffen authigene, rhomboedri- ergaben nicht sehr gut erhaltene Dinoflagellaten-Zy- sehe Dolomitkristalle sten:

341 Mächtigkeit EPOCHE FORMATION FOSSILIEN BESCHREIBUNG LITHOLOGIE m L::,. -: - !2 D &, Wechsellagerung - EOZÄN "GLOBIGERINEN- @ &, • 25 -MITTEl- MERGEL" Kalkmergel-Mergel-Wechsel- lagerung UNTER- Glaukonitsandstein

&, Rote Kalke und Mergel ------L::,. &, '}f • Kalkmergel mit Arsnit- L£IM£RN- B 0 linsen, welche Phosphorit------I ----- I -----I knollsn, Aggregatkörnsr, R1nden- I ~ I ~ I SCHICHT£N körner und Onkoide bseinhalten A &, ~ ~I ~I ,...,..1

I~ 1 rv/-v ------,,-,I -----I ~I Kalkmergel 1'"'-" I ""' I "-' "-' I -.....-1 '""-"I

HÖHERE fOO- I Kalkmergel mit Sch1eferlagen ~ OBERKREIDE -120 v @ ,:1' Tristelähnliche Arenite '" '" ~ L::,. I~ Kalkmergel mit Sch1eferlagen 1 ~ OB£RKR£lO£ Glaukonitführender Sandstein I~ .:::".:.:.:.::, ',.::.:::: ',: Kalkmergel mit Sch1eferlagen ~ Tristelähnliche Arenite '" ~ '<7 I~ "'(; Kalkmergel mit Sch1eferlagen ~ stark verfältslt 1- '0 C 1- :J "'c @ &, @ Kalkmergel mit Schieferlagen :J stark verfältelt - Turbid1t - ,~ U."' .l: A ,:1' "-'I...... u 0 "'c @ .,"- -I-I'"" 1- ;;( Kalkmergel I-I '"" I '"" -I '""l- I-

Abb. 13: Stratigraphisches Sammelprofil der Liebensteiner Decke (Ultrahelvetikum) nördlich von Nüziders. Legende siehe Abb. 4.

Homotryblium tenuispinosum DAVEY & WilLIAMS (1966 b) - unteres und mittleres Eozän Areoligera senonensis LEJEUNE-CARPENTIER (1938) Cam- panian-unt. Eozän Thalassiphora pelagica (EISENACK) EISENACK & GOCHT (1960) - Durchläufer im Tertiär In Sandkalklagen: vorwiegend schlecht erhaltene Plankton-Foraminife- ren, Globigerinen, Globorotalien, eventuell Globotrun- canen und benthonische Textularien. In roten Kalken und Mergeln: Globigerinen, Globorotalien, z. T. gekielt, dünnschali- ge Acarinina Anhand der in den bräunlich-grünlichen Mergellagen Abb. 14: Radiolarien mit pyritisiertem Skelett in den bräunlich- aufgefundenen Dinoflagellaten sowie den Planktonfora- grünlichen Globigerinenmergeln am Beginn des Nietztobels miniferen der roten Kalke und Mergel können die nördlich von Nüziders; Vergrößerung ca. 105 x. Schichten ins Unter- bis Mittel-Eozän gestellt werden.

342 Diskussion Die Decke kann aufgrund von Verwerfungs-, Sche- Inwieweit die Schichten eindeutig der Liebensteiner rungs- und ÜbE!rschiebungsflächen in vier Schuppen Decke zugesprochen werden können ist nicht vollstän- unterteilt werden: Schuppe des Hängenden Stein, Fras- dig abgeklärt. Sie scheinen jedoch aufgrund der durch sen-, Madeisakopf- und Klostertal-Schuppe. P. FELBER& G. WVSSLING(1979) erfolgten Gesteinsbe- Vorab die Madeisakopf-Schuppe ist gut dokumentiert. schreibung ihrer campanen - eozänen Leimernschich- Eine vom Galgentobel in nordwestlicher Richtung ver- ten am ehesten den Globigerinenmergeln zu entspre- laufende ÜbersGhiebungsfläche, die westlich des Ma- chen und nicht den Globorotalienschiefern der Falknis- deisakopfes und im Nietztobel in eine Scherfläche über- Decke (R. OBERHAUSER,1963). geht, eine Stauchfalte nördlich des Madeisakopfes so- Ebenso weist schon D. RICHTER(1956) darauf hin, wie verschiedene Versetzungen im Galgentobel lassen daß paläozäne "Couches rouges" im Fenster auch den die Schuppe gut abgrenzen. Leimernschichten der ultrahelvetischen Liebensteiner Schichtmessungen ergaben eine Antiklinale auf dem Deck~ angehören könnten. Madeisakopf. Die Faltenachse taucht dabei mit 10° ge- gen Südosten ab. Dieses Abtauchen sowie der Um- stand, daß nur im Westteil der Schuppe Reiflinger- und 3. Tektonik (Abb. 15) Partnach-Schichten aufgeschlossen sind, weist darauf Im Untersuchungsgebiet liegen vier Decken über- hin, daß der Westteil der Schuppe stärker herausgeho- einander: Lechtal-, Falknis-, Uentschen- und Lieben- ben wurde als der Ostteil. steiner Decke. Ost-West-Scherungen im Hauptdolomit nördlich des Madeisakopfes, die räumlich Lage des Fensters und 3.1. Lechtal-Decke das Aufreißen des tektonisch belegten Galgentobels 3.1.1. Übersicht lassen folgenden Bewegungsablauf der Schuppe erken- Die Lechtal-Decke ist aus den Formationen des Alpi- nen: Nord-Schub und Rotation im Uhrzeigersinn. nen Muschelkalkes bis und mit Allgäu-Formation aufge- Die Madeisalcopf-Schuppe wurde dabei auf die Klo- baut (Kap. 2.1.). Im Nordwesten und Norden liegt sie stertal-Schuppe geschoben. Das Rotationszentrum liegt der Uentschen-Decke auf; im Raume Nüziders-Dorf ist auf der Süd-Seite des Galgentobels. Unter Beachtung sie zerrissen, so daß Gesteine der Falknis-, Liebenstei- von Rotation und Nord-Schub sowie den im Galgento- ner- und Uentschen-Decke zwischen ihren Formationen bel, bei Daneu und östlich des Madeisakopfes aufge- zutage treten. schlossenen Raibler Rauhwacken und Sandsteinen er-

LECHTAL- DECKE

Schuppe des Hängenden Stein

Fra ssen- SChuppe

Made isakopf -Schuppe

8 8Klostertol- Schuppe

~~ FALKNIS-DECKE

• UENTSCHEN-DECKE

L1EBENSTEINER- • DECKE

Decken- u. Schuppen- -.-..- Ueberschiebungen

-.-.- Schuppen Grenzen

_._._ Brüche, tektonische Grenzen

---Antiklinale

_--_ Synklinale

• Rotationsantrum

? Bewegungsrichlung

--2 Geologische Profile

Abb. 15: Tektonische Karte des Gebietes zwischen Hohem Frassen - Bluclenz Nüziders - Ludesch (Vorarlberg).

343 geben sich Überschiebungs-Beträge von 600 m am äu- rissen. Dabei driftete ein Teil des Schichtstoßes nach ßersten Punkt der Rotation und bei Daneu ca. 350 m. Nordwesten, Richtung Madonnakopf. Ältere Formatio- Die im nördlichen Teil der Frassen-Schuppe aufge- nen wurden durch den Schub emporgedrückt, womit schlossenen Allgäu-Schichten liegen unter Hauptdolo- das Herauspressen der Madeisakopf-Schuppe begann. mit. Dies deutet auf eine Verkehrtserie oder auf ein Schub aus Süden mit Rotation im Uhrzeigersinn ließ die Weiterziehen der Schuppe des Hängenden Stein unter Schichtpakete des Hauptdolomites und Allgäu-Forma- die Frassen-Schuppe (J. GUBLER,1927). tion zerscheren. Die Schuppe des Hängenden Stein Eine südlich des Nützkopfes erkennbare Synform, und die Frassen-Schuppe waren somit gebildet. deren Faltenachse mit 10° gegen Südwesten einfällt, Die Madeisakopf-Schuppe wurde vollständig empor- weist eher auf eine Verkehrtserie hin. Dabei müßte der gedrückt, im Uhrzeigersinn rotiert und auf Frassen- und schon bei der Madeisakopf-Schuppe erwähnte Nord- Klostertal-Schuppe aufgeschoben. Ebenso gehört in Schub die weiter östlich gelegenen Schichtpakete auf- diese Phase das Aufreißen des Galgentobels. gewölbt und sie als Frassen-Schuppe abgetrennt haben Das durch Nordwest-Schub bedingte Zerreißen der (Abb. 16). Lechtal-Decke sowie das Aufdringen älterer Formatio- nen bewirkten die erste Anlage des Fensters von Nüzi- ders. Der folgende Nord-Schub und die Rotation verur- N 5 sachten die eigentliche Freilegung des Fensters (Abb. 17). 2 ....---- I' "'----":::...... \ \ ..- , ...... ,' " (, (.:::~,\ \...... ' ,,', " \ '~~,' ~ _ ' 1 \ \ FRASSEN ~ -- ---.:.,-:-'\ ---, -"'...... ,I \----SCHu'~PE DES \ HÄNGENDEN STEIN Vorn' WESTEN

MADEISAKOPF :3 SCHUPPE

~ N-Sehub und Rotation lkm ... Abb. 16: Entwicklung des tektonischen Baues der Frassen- ~ NW-Schub Schuppe und der Schuppe des Hängenden Stein. 6 NÜZIDERS

Mehrere Faltenwürfe in der Allgäu-Formation, die eine mit 14° gegen WSW einfallende Faltenachse erge- Abb. 17: Bildung des Fensters von Nüziders, bedingt durch Nordwest-Schub, Nord-Schub und Rotation im Uhrzeigersinn. ben sowie die Überschiebung der Hauptdolomit- auf die Allgäu-Formation östlich des Hängenden Stein belegen einen Nord-Schub. Im Fenster selbst ist die Südost-Nordwest-Bewegung Das tektonische Verhalten der Gesteine variiert je durch eine am Burgfelsen in Nüziders ersichtliche nach Gesteinszusammensetzung und zeitlicher Druck- Scherung im "Gault" und Tristel-Schichten belegt. Die beanspruchung. Die Reiflinger Schichten des Alpinen in der Madeisakopf-Schuppe aufgeschlossene, gegen Muschelkalkes und die Kalkmergel der Allgäu-Forma- Süden einfallende Formationsabfolge Alpiner Muschel- tion neigen eher zu Faltenwurf, die übrigen Gesteine kalk, Partnach-, Arlberg-, Raibler-Formation sowie ihr zeigen vorwiegend Bruchtektonik. gegen Norden einfallendes Gegenstück in Bludenz zwi- schen Südtiroler Siedlung und Montikel lassen auf eine Synklinale schließen. Dieselbe Abfolge ist südwestlich 3.1.2. Platznahme der Decke und ihrer Schuppen des Gebietes am Fürkele gegen Süden und in Bürs ge- In einem ersten Schritt wurde durch Nordwest-Schub gen Norden einfallend aufgeschlossen, so daß die Fort- (D. TRÜMPY,1916) die Lechtal-Decke der Falknis-Decke setzung der Synklinale in dieses Gebiet gesichert ist. und Flyschgesteinen der Uentschen-Decke aufgescho- Ein Versetzungsbetrag von 800 m der am Madeisa- ben. Ein Überschieben der einzelnen Decken während kopf aufgeschlossenen Abfolge, gegenüber jenen am des Transportes nach Norden ist wahrscheinlich. Fürkele, ist offensichtlich und ergibt damit ein weiteres Ein zweiter Schritt bestand in der Verschuppung der Argument für einen vorab den nordöstlichen Teil betref- Decke. Dabei ließ ein Schub von Südosten sowie ein fenden Nordwest-Schub. Die nordöstlich gelegenen kurz nachher wirkender Schub aus Süden mit leichter Schichten wurden somit von den südwestlich gelegenen Rotation im Uhrzeigersinn die Lechtal-Decke zerreißen. durch eine südöstlich verlaufende Scherung abgetrennt. Die aus Hauptdolomit und Allgäu-Formation aufgebau- Ebenso ist diese Scherung die Ursache für die Bildung ten Schichtstöße wurden bei der ersten Bewegung zer- des IIltales an dieser Stelle.

344 3.2. Falknis-Decke 3.4.1. Platznahme 3.2.1. Übersicht Schon im frühen Tertiär wurde das Ultrahelvetikum in die jetzige Lage versetzt. Decken, die es überfuhren, Die Decke ist aus Tristel-Schichten und "Gault" auf- gebaut (Kap. 2.2.). Sie ist im westlichen und östlichen zerquetschten das Gestein. Die im Abschnitt über die Lechtal-Decke besproche- Teil des Fensters von Nüziders aufgeschlossen. Gegen die Mitte des Fensters stößt sie von beiden Seiten an nen Bewegungen ermöglichten die Fenster-Bildung. Die Falknis-Decke wurde durch Nordwest-Schub stark zer- die sie durchstoßende Liebensteiner Decke. Der Ost- Kontakt liegt jedoch unter Hangschutt. Die Falknis-Dek- brochen, so daß mit dem Nord-Schub und der Rotation im Uhrzeigersinn Gesteine der Uentschen-Decke und ke bildet damit den äußeren Rand des Fensters, zumin- dest im südlichen Teil. Eine exakte Faltenachse konnte mit ihr verzahnte ultrahelvetische Gesteine in die heuti- in den konstant nach Süden einfallenden Schichten ge Lage gelangen konnten. nicht bestimmt werden. Inwieweit die im Fenster aufgeschlossenen Schichten mit der im Norden liegenden Liebensteiner Decke in Ein starres tektonisches Verhalten der Gesteine ist Kontakt stehen, ist ungewiß. Eine in Linsen zerbroche- bezeichnend. ne Fortsetzung an der Basis der Uentschen-Decke ist 3.2.2. Platznahme der Decke wahrscheinlich. Die heute im Fenster aufgeschlossenen Gesteine ge- hören einem von der Lechtal-Decke mitgeschleppten Schichtstoß an, welcher von der eigentlichen Falknis- 4. Quartär (Abb. 2) Decke losgerissen wurde (M. KOBEL, 1968; 1969). 4.1. Gletscherausräumung Eine durchgehende Verbindung zu der in liechten- stein abtauchenden Falknis-Decke ist unwahrschein- Übersicht lich. - Erratika: Kristalline Gesteine, vorab Gneise, wurden Die Entstehung des Fensters und das Auftauchen der ausschließlich am Talrand, bei Ludesch und Bludenz Falknis-Gesteine wurden in Kap. 3.1.2. erwähnt. An- auf 560-620 m sowie am Madeisakopf auf 700 m hand der Scherung am Burgfelsen kann gesagt werden, abgesetzt. daß auch die Falknis-Gesteine von einem Nordwest- Adneterkalke und graue Kalke, mit Korallen und Schub erfaßt und verschert wurden. Dies wiederum er- Muscheln, wurden von dieser Grenze an bis nördlich leichterte das Emporpressen der Liebensteiner Decke. des Madeisakopfes auf 1320 m abgelagert. Sie lie- gen oft in Gruppen gehäuft. Gletscherscl1liffe: Der höchste Schliff konnte auf 3.3. Uentschen-Decke 1400 m - dem Madeisakopf - beobachtet werden. Die aus Planknerbrücke- und Fanola-Serie aufgebau- Auf Arlbergkalk an der Straße Daneu - Laz sind te Uentschen-Decke (Kap. 2.3.) grenzt im Süden an die zwei weitere zu erkennen. auf sie aufgeschobene Lechtal-Decke. Im Nietztobel Terrassen: Oberhalb Ludesch zeichnen sich mehre- stößt sie als Fenster in oberostalpinen Einheiten zuta- re Terrassen ab, die tiefste liegt auf 590 m, die ge. Faltenachsen konnten in den konstant südfallenden höchste auf 1060 m. Schichten nicht erkannt werden. Nördlich des Montikel hat sich eine solche auf Das tektonische Verhalten ist mehrheitlich starr, ob- 620 m, eine weitere oberhalb der Südtiroler Siedlung wohl vereinzelt Kleinfältelungen auftreten können. auf 640 m und östlich von Nüziders eine dritte auf 660 mausgebildet. 3.3.1. Platznahme Moränen: An der Hangseite von Ludesch und zwi- Während oder nach dem Transport aus dem nordpen- schen Hinteroferst und Nüziders liegen Reste von ninischen Raum nach Norden wurde die Decke von der Stirnmoränen, nördlich des Madeisakopfes eine voll- Falknis- und Lechtal-Decke überfahren und steilgestellt. ständige auf 1350 m. Die im Fenster von Nüziders aufgeschlossenen Mürb- Weitere Stirn- und Seitenmoränen umschließen das sandsteine bestätigen diese Annahme. Das Fenster Kar, welches sich an der Nord-Seite des Hohen entstand durch den schon in Kap. 3.1.2. erwähnten, Frassen befindet. Runde Hügel im Dorf Ludesch nachträglichen Nord-Schub und die Rotation im Uhrzei- sind als Ausschmelz-Moränengut zu deuten. gersinn. Dolinen: Im Hauptdolomit des Madonnakopfes und nordöstlich davon haben sich Dolinen ausgebildet, 3.4. Liebensteiner Decke neben kleineren auch zwei Megadolinen. Die aus Oberkreide und Globigerinenmergeln aufge- Gehängebrekzien: Im Nietz- und Galgentobel bilde- baute Decke (Kap. 2.4.) tritt vorwiegend im zentralen ten sich Gel1ängebrekzien. Teil des Fensters zutage. Sie grenzt im Nordwesten und Südosten an die Falknis-Decke und im Nordosten 4.1.1. Der III-Gletscher zur Riss- und Würmzeit an den Alpinen Muschelkalk der Lechtal-Decke. Im Montafon läßt sich der höchste rißzeitliche Stand Schichtmessungen deuten auf eine gegen Südwesten am Steinwandeck (1996 m) SÜdlich von Bludenz und abtauchende Faltenachse hin. Kleinfalten, Ausquet- östlich der Zimba, auf knapp 2000 m festlegen (R. schung von Tonen und kompakteren Siltsteinen sowie HANTKE, 1980).. Somit müßte das III-Eis den Hohen häufige Brüche sprechen für abrupt auftretende tektoni- Frassen (1979 m) gerade noch überfahren haben. sche Beanspruchung. Nach O. AMPFERER (1907) sind Gehängebrekzien Das tektonische Verhalten der Gesteinsfolgen ist so- dem Riß/Würm-lnterglazial zuzuweisen. Jene im Nietz- mit schon angedeutet. Tonlagen werden zu dünnen und Galgentobl~1 sind Überreste großer Schutthalden, Schieferlagen ausgewalzt. Mergel legen sich in Klein- welche während einer wärmeren Zeit entstanden und in falten, Kalkmergel bilden noch Falten, sind jedoch oft, der Würm-Eiszeit schon wieder stark erodiert wurden. Kalke noch in stärkerem Maße zerbrochen. Ihre Lagerung zeigt, daß Nietz- und Galgentobel dazu-

345 mal schon bestanden haben. Das Nietztobel müßte auf- 4.1.2. Die Vereisung auf dem Hohen Frassen grund der heutigen Lagerung in dieser Warmphase In präwürmzeitlichen Höchstständen dürfte der Hohe schon so stark eingetieft gewesen sein. Im Falle des Frassen gerade noch von III-Eis überfahren worden Galgentobels sind Aussagen über die Eintiefung sein. In Früh- und Spätphasen bestand jedoch auch schwieriger, da die Aufschlüsse r,elativ hoch liegen. eine lokale Vereisung, die noch während der Würm-Eis- zeit anhielt. Dieses Lokaleis vereinigte sich zeitweise Im Würm-Maximum erreichte der IIl-Gletscher am Zu- mit dem Marul- und Alfenz-III-Eis. sammenfluß von 111- und Aflenz-Eis eine Höhe von Spätglaziale Rückschmelzstadien lassen sich an 1700 m (R. HANTKE, 1980). Der Hohe Frassen ragte da- Stirn- und Seitenmoränen gut erkennen. Mittels der mals über die Eisoberfläche empor. Schneegrenzendepression können die Stadien (Abb. 2) Die Stirnmoräne nördlich des Madeisakopfes deutet mit jenen der Typusstände im Gschnitztal korreliert auf einen Eisstand hin, der wohl dem -Stadium werden. des Rhein-Gletschers gleichzusetzen ist. Hinter der Stirn moräne weist ein sumpfiges Gelände auf die Ab- 4.1.3. Bildung und Entwässerung der Dolinen dämmung eines Sees hin, der allmählich verlandete. Im Eine subnivale Entwässerung des IIl-Gletschers Spätwürm wurde östlich des Sees in einer Doline Toteis scheint durch mehrere Dolinen erfolgt zu sein. Das 00- abgetrennt, das von hang nahen Rinnsalen langsam linensystem auf dem Madonnakopf ist besonders inter- überschüttet wurde. Die heute von einem Weiher einge- essant. Ihre Anlage ist tektonisch bedingt, indem meh- nommene Doline bezeugt das allmähliche Abschmelzen rere Nord- Süd und Ost- West verlaufende Brüche ihre des Eises und das Einbrechen der aufliegenden Schutt- Bildung begünstigten. Die vorab in Kreuzungspunkten fracht. von Brüchen versickernden Wässer vergrößerten durch mechanische (Spaltenfrost) und chemische Erosion Noch im Frastanzer Stand lieferte der Lutz-Gletscher (Korrosion) diese Brüche, wobei Hohlräume entstan- einen Zuschuß zum III-Eis. Dies ist im vorderen Teil des den, die von nachbrechendem Gesteinsschutt wieder Großen Walsertales durch Stauterrassen belegt (R. aufgefüllt wurden. Allmählich entstanden so Tröge, wie HANTKE, 1980). Die Stauterrassen am Ludescherberg sie auf dem Madonnakopf auftreten. liegen im wesentlichen um 150-200 m höher, was auf einen früheren Stand, wohl auf das Feldkircher Sta- 4.1.4. Zurückschmelzen der Gletscher dium, hindeutet. und Auswirkungen Die zwei Stauterrassen auf 590 und 610 m weisen Durch das Abschmelzen des Eises sackten FeIspar- auf einen Stand des Lutz-Gletschers nach dem Fra- tien im Süden des Hohen Frassen zur Muttersberger stanzer Stand hin. Alp ab. Im Galgentobel rutschten Raiblerdolomit-Pakete Die mit Kristallin-Geröllen bestückte Stirnmoräne bei von den nordwestlich gelegenen steilen Hängen ins Ludesch zeigt ein Rückschmelzstadium des III-Eises Flußbett. Im Rungeliner Wald östlich von Bludenz be- nach dem Frastanzer Stand an. Wieder vorrückendes wirkte das Abschmelzen einen Bergsturz, der durch Lutz-Eis könnte die Stirn moräne ebenfalls gebildet ha- große Arlbergkalk-Trümmer belegt ist. ben, indem erst vom III-Eis ins Große Walsertal hinein- gedrückte Kristallin-Erratiker bei einem Wiedervorstoß 4.2. Fluviale Einflüsse des Lutz-Eises abgelagert wurden. Die tektonische Anlage des Illtales wurde während Das Churer-Stadium des Rhein-Gletschers scheint sich im Illtal in der Bohrung von Nüziders - Tschalenga der Eiszeiten tiefer ausgekolkt und in den Abschmelz- phasen teilweise wieder aufgeschottert. Die heutige abzuzeichenen (R. HANTKE, 1980). Die Stirnmoräne Talfüllung besteht somit größtenteils aus Glazialschot- zwischen Hinteroferst und Nüziders ist daher einem we- tern und Moränengut (R. HANTKE, nig jüngeren Stand zuzuordnen. Die Stauschotter beim 1980). Das in der heutigen Zeit abgelagerte Material des 111- Sonnenberg sind zwischen Churer- und diesem jünge- tales ist rein alluvial. Die wichtigsten Zuflüsse der III im ren Stand an das Eis angeschüttet worden; jene von Untersuchungsgebiet kommen aus dem Galgen- und Hinteroferst (640 m) bildeten sich gleichzeitig mit der Nietztobel. Sie haben mächtige, sich verzahnende Stirnmoräne zwischen Hinteroferst und Nüziders. Auch Schotterdeltas aufgeschüttet, auf welchen Bludenz und die Terrassen nördlich des Montikel bildeten sich etwa zu jener Zeit. Nüziders gebaut wurden. Das Quellwasser ist sehr kalkreich. Dies ist vor allem Als Einzugsgebiet der Erratiker ergibt sich: am Ludescherberg zu erkennen; hier liegen mehrere Die Gneise stammen aus dem Silvretta-Kristallin; sie Quelltuffvorkommen, die zeitweise für Bauzwecke ver- wurden mit dem III-Eis bis in die Bludenzer Gegend und wendet wurden. weiter transportiert. Adneterkalke stehen an der Roten Auffallende Abschälungen bei Hangwiesen an der Wand und in der Gegend von Lorüns an. Da die Auf- Süd-Seite des Nützkopfes sind auf die Einstellung der schlüsse bei Lorüns jedoch relativ tief liegen Heumahd zurückzuführen, da das nicht mehr geschnit- (800-900 m), die Erratiker jedoch bis in eine Höhe von tene Gras im Frühwinter an den ersten Schnee anfriert 1320 m vorkommen, ist eine Herkunft von der Roten und beim Niedergang von Lawinen und Schneerutschen Wand viel wahrscheinlicher, so daß auch das Alfenz- zusammen mit Wurzelballen und Boden mitgerissen Eis Geschiebe bis in die Bludenzer Gegend transpor- wird. Dies führt zu einer zunehmenden Verkarstung des tiert hatte. Aufgrund der in der Übersicht angegebenen Mähders (H. BERTLE, 1979). Höhenangaben und der Herkunft der Erratiker drückte das III-Eis das Alfenz-Eis an die rechte Talflanke. Beim Dank Zurückschmelzen lagerte das Alfenz-Eis seine Fracht Den Herren Professoren R. HANTKE und R. TRÜMPY (Zürich) von 620 m an aufwärts ab. Das III-Eis stieß demnach sowie Dr. H. FURRER (Zürich) sei für die wertvollen Hinweise bis auf die rechte IIltal-Seite vor und überfuhr noch den und die kritische Durchsicht des Manuskriptes, Dr. J. P. BECK- Madonnakopf. MANN, Dr. P. A. HOCHULI, Dr. K. PERCH-NIELSEN (Zürich) für die

346 Fossilbestimmung und Herrn U. GERBER(Zürich) für die Her- OBERHAUSER,A.: Bericht über die Aufnahmen 1960 auf Blatt stellung der Photographien gedankt. Feldkirch (141). - Verh. Geol. B.-A., 1961, A42, Wien 1961. OBERHAUSER,R.: Die Kreide im Ostalpenraum Österreichs in mikropaläontologischer Sicht. - Jb. Geol. B.-A., 106, 1-88, Literatur Wien 1963. ALLEMANN,F.: Geologie des Fürstentum Liechtenstein (süd- OBERHAUSER,A.: Bericht über die Aufnahmen auf den Blättern westlicher Teil) unter besonderer Berücksichtigung des (111) sowie über Kontrollbegehungen auf Blatt Flyschproblems. Jb. Hist. Ver. Fürstent. Liechtenstein, 56, Feldkirch (141). - Verh. Geol. B.-A., 1965, A33, Wien 1965. 244 S., Schaan 1957. OBERHAUSER,A.: Zur Geologie der West-Ostalpen in Vorarl- AMPFERER,0.: Über Gehängebreccien der nördlichen Kalkal- berg und im Prättigau, unter besonderer Berücksichtigung pen. - Jb. Geol. A.-A., 57, 727-752, Wien 1907. der tektonischen Lagebeziehungen. - Verh. Geol. 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