80 RECHERCHE „Die Volksbildungstätigkeit müsse grundsätzlich eine freie und selbständige bleiben“1 Ludwig Koesslers Bemühungen um eine gesetzliche Regelung des Volksbildungswesens zwischen 1916 und 1922

Thomas Dostal

Die Volksbildung – eine zivilgesellschaftliche Gründung der – wie man es heute nennen würde Errungenschaft – Zivilgesellschaft.3 Die Volksbildung in Österreich ging nicht vom Staat, sondern von der Gesellschaft aus. Ermöglicht „Desinteressement“ des Staates gegenüber durch die rechtlichen Grundlagen des liberalen der Volksbildung Vereinsgesetzes von 1867, entstanden auf Ini tiative Diesem zivilgesellschaftlichen Engagement einer einzelner liberaler, sozialreformerisch orientierter, Phalanx aus bildungsbürgerlicher Intelligenz und zum Teil auch antiklerikal gesinnter bürgerlicher besitzbürgerlichem Mäzenatentums für die Bildung Honoratioren ab den 1870er-Jahren in einzelnen „des Volkes“ stand zunächst die weitgehende Passi- Kronländern der Habsburgermonarchie Volksbil- vität des Staates und seiner Institutionen gegenüber: dungsvereine als die organisatorischen Träger der „Das vollkommene Desinteressement der Unter- Volksbildungsarbeit im jeweiligen Kronland: so richtsverwaltung an der Volksbildungsarbeit kann 1870 der Steier märkische Volksbildungsverein in nicht mit der im ersten Absatze des Artikels 17 des Graz, 1872 der Oberösterreichische Volksbildungs- […] Staatsgrundgesetzes normierten Freiheit der verein in Linz, 1885 der Nieder öster reichische Volks- Wissenschaft und ihrer Lehre begründet werden; bildungsverein in Krems an der Donau, 1893 der denn Volksbildung ist nicht wissenschaftliche For- Wiener Volksbildungsverein in der Reichshaupt - schung, sondern Unterricht und Erziehung, eine und Residenzstadt, der bereits 1887 als „Zweigver- Ergänzung und Fortsetzung der Schule.“4 Diese ein Wien und Umgebung“ des Niederösterreichi- (verfassungs-)rechtliche „Unterlassung der Stellung- schen Volksbildungsvereins begründet wurde.2 nahme“ zu den volksbildnerischen Unternehmun- Auch die erste – im engeren Sinne des Wor tes – gen gab diesen zwar die Gewähr der Unabhängigkeit Abendvolks hochschule der Monarchie, das 1901 von politischen Wandlungen der Regierungen und geschaffene „Volksheim“ in Wien Ottakring, das ihren Ansichten über das Unterrichts- und Erzie- seinen Ursprung im Wunsch von Hörerinnen und hungswesen. Die Kehrseite aber war, dass das Volks- Hörern der volkstümlichen Universitätsvorträge bildungswesen fast gänzlich auf die private Freige- nach intensiverer Bildungsarbeit hatte, ist eine bigkeit angewiesen war.5 „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 81

Mit dem Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember Volksbildung mit polizeilicher Lizenz, 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger aber ohne staatliche Zuständigkeit für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Konnte daraus gefolgert werden, dass der Vollzugs- Länder sowie mit dem am 25. Mai 1868 erlassenen gewalt des Staates auch die oberste Leitung und Schulgesetz wurde das grundsätzliche Verhältnis Beaufsichtigung der freien Volksbildungseinrichtun- zwischen Kirche und Staat im Bereich des Schul- gen zukam? Jahrzehntelang war dies eine rein wesens nach jahrzehntelangen Kämpfen endgültig akademische Frage, denn die staatliche Unterrichts- zu Gunsten des letzteren entschieden. Mühsam verwaltung hatte das private Volksbildungswesen hatte der Staat der katholischen Kirche das Recht von Amts wegen überhaupt nicht bekümmert. Dort der obersten Leitung und Aufsicht über das gesam- einlaufende Subventionsgesuche wurden als eine te Unterrichts- und Erziehungswesen abringen kön- Art Gnadensache behandelt. Die Volksbildungsver- nen. Der Artikel 17 des Staatsgrundgesetzes von eine waren gemeinnützige Vereine, wobei es grund- 1867 hält ferner fest, dass jeder Staatsbürger berech- sätzlich egal war, ob sie sich mit Volksbildung oder tigt ist, „Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu mit einer anderen öffentlichen Aufgabe befassten. gründen und in solchen Unterricht zu erteilen, […] Lediglich bei der Genehmigung oder Abänderung der seine Befähigung in gesetzlicher Weise nachge- der Satzungen traten die Volksbildungsvereine mit wiesen hat.“ Diese Beschränkung war aber offen- den Behörden in Verbindung. Vom Standpunkt der sichtlich nur für die Unterrichts- und Erziehungs- öffentlichen Ordnung und Sicherheit kümmerten anstalten im engeren Sinne, insbesondere für jene sich regelmäßig nur die politischen Unterbehörden der schulpflichtigen Jugend, gedacht. Auf das Volks- um die Volksbildungsvereine. Da die Erwerbszweige bildungswesen, also auf die von der Bevölkerung des Privatunterrichts und der Erziehung, aber auch selbst aus privaten Mitteln errichteten und durch die Unternehmungen der öffentlichen Belustigun- die Beiträge der Bevölkerung erhaltenen Einrich- gen und Schaustellungen aller Art von der Gewer- tungen der Erwachsenenbildung haben diese Geset- beordnung von 1859 ausgenommen waren, fiel das ze offenbar keine Anwendung. Denn erstens war volkstümliche Vortragswesen ebenso wie das Thea- ein außerschulisches Volksbildungswesen in den ter in die Kompetenz der Polizeibehörden. Der 1860er-Jahren noch kaum vorhanden, und zweitens volks bildnerische Vortragsbetrieb ruhte also ledig- war die Vorschrift eines amtlichen Befähigungs- lich auf einer Produktionslizenz der Polizeibehörde, ausweises auf dieses schwer anwendbar.6 Anderer- die von Zeit zu Zeit erneuert werden musste. Wollte seits waren alle Privatlehranstalten klar geregelt, die man zum Beispiel in Wien ein eigenes Gebäude für nach Paragraph 12 der Kaiserlichen Verordnung die Volksbildung errichten, kamen noch das städti- vom 27. Juni 1850 (R.G.Bl. Nr. 309) unter der Ober- sche Bauamt, das Bezirks-Polizeikommissariat, die aufsicht der Regierung standen. Diese hatte das Bezirksvertretung und die städtische Feuerwehr Recht, sich in geeigneter Weise von deren Zustand hinzu.8 Das für die oberste Leitung und Aufsicht des genaue Kenntnis zu verschaffen und sogar Anstalten Unterrichts- und Erziehungswesens zuständige k.k. zu schließen, wenn diese einen in moralischer oder Ministerium für Kultus und Unterricht erklärte sich politischer Beziehung schädlichen Charakter annah- vor dem Ersten Weltkrieg für Anfragen von Wiener men.7 Volksbildungseinrichtungen für unzuständig. Und 82 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

auch mit der Wiener Gemeindeverwaltung hatten keit.12 Beim Niederösterreichischen Volksbildungs- diese trotz umfangreicher Gemeindeautonomie der verein führten die allgemeinen Kriegsfolgen zur Groß-Kommune Wien keine durch die Volksbil- Lahmlegung fast aller seiner Zweigvereine.13 dungsarbeit an sich begründete Verbindung.9 Am Anfang des Kriegs herrschte die Überzeu- Doch erhoben sich bereits vor dem Krieg Stim- gung, dass niemand Lust, Zeit und Geld für Volks- men, die für eine öffentliche Verantwortung gegen- bildungszwecke haben werde. Die Universität Wien über dem um die Jahrhundertwende insbesondere bot zu Beginn des Kriegs im Rahmen ihrer volks- in Wien aufblühenden Volksbildungswesen plädier- tümlichen Universitätsvorträge sogenannte Kriegs- ten. So war der bedeutende Volksbildner Univ.-Doz. kurse an, in denen man nützliche Belehrungen etwa Dr. Ludo Moritz Hartmann davon überzeugt, dass zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten, über sich Volksbildungseinrichtungen nicht selbst erhal- Volksseuchen und über wirtschaftliche Kriegsfragen ten könnten, da der ärmere Teil der Bevölkerung, erhalten konnte. Anfänglich gut besucht, schwand für den die Einrichtungen primär geschaffen wur- aber schon im zweiten und noch mehr im dritten den, nicht in der Lage sei, die Lasten zu tragen. Bei Kriegsjahr das diesbezügliche Interesse deutlich, einem entsprechend hohen Eintritt für volksbildne- weshalb wieder das bisherige, thematisch breit ge- rische Veranstaltungen sei wiederum nur jenen fächerte natur- und kulturwissenschaftliche Pro- Kreisen der Zugang möglich, die ihr Wissensbedürf- gramm eingeführt wurde. Zwar sank die Zahl der nis auch auf andere Weise stillen könnten. Daher angebotenen Kurse, aber jene der Teilnahmen stieg forderte Hartmann die Übernahme und Erhaltung deutlich. Auch bei den Bücherentlehnungen war für von Volksbildungseinrichtungen durch den Staat den Verlauf des Kriegs in Wien ein beträchtlicher oder die Gemeinden.10 Das private Vorgehen könne Anstieg zu konstatieren. Zwar war auch in den jedenfalls nur die Bahn brechen. Ziel bleibe, dass Wiener Volksbildungseinrichtungen ein großer Teil die Volkshochschulen – so wie die Universitäten – der Mitglieder eingerückt, doch traten an ihre Stelle als eigenständige Körperschaften vom Staate unter- andere, so dass der Ausfall gering blieb. Erfahrene halten werden. Die Volkshochschulen müssten aber Volksbildner wie Ludo Moritz Hartmann zeigten selbstständig bleiben. Der Staat dürfe sie nicht sich davon überzeugt, dass gerade während des büro kratisch regeln, denn das wäre das Ende ihrer Kriegs viele Zurückgebliebene an der „Heimatfront“ Wirksamkeit.11 für die Volksbildung gewonnen werden konnten, und dass auch unter den Kriegsheimkehrern auf- „Der Weltkrieg hat die Grundlagen des grund ihrer Kriegserlebnisse ein erhöhtes Interesse menschlichen Daseins und der menschlichen an der Volksbildung bestehen werde.14 Gemeinschaft erschüttert …“ Einen enormen Aufschwung erlebte die 1897 als Der Erste Weltkrieg führte vor allem in den Kron- Syndikat gegründete Urania in Wien, die nach ei- ländern zu einer Beeinträchtigung der Volksbil- nem finanziellen Desaster nach Beendigung der dungsarbeit. Die Einberufung vieler Vortragender Kaiser-Jubiläumsausstellung im Prater als Verein und Hörer sowie die materiellen Nöte führten beim weitergeführt und vom seit 1899 amtierenden Prä- Oberösterreichischen Volksbildungsverein zu einer sidenten Dr. Ludwig Koessler erfolgreich saniert und starken Reduktion der Vereins- und Vortragstätig- organisatorisch sowie volksbildnerisch zur führen- „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 83

den Geldwert, der die ohnedies geringen Eintritts- preise der Urania noch geringer erscheinen ließ, schließlich als tiefere Ursache das erhöhte Bildungs- bedürfnis breiterer Schichten der Bevölkerung, welche eine Vertiefung und Ergänzung ihres Schul- wissens, aber auch veredelte, gebildete und anregen- de Unterhaltung suchten: „Dazu kommt, dass der Weltkrieg die Grundlagen des menschlichen Daseins und der menschlichen Gemeinschaft erschüttert und vielfach in Frage gestellt hat, und dass viele, die in der Behaglichkeit, Sicherheit und Eintönigkeit des Friedens dahinlebten, sich erst jetzt der Wich- Blick auf das 1910 eröffnete Gebäude der Urania Wien tigkeit der Erkenntnis dieser Frage bewusst werden. Auch die Erfahrungen des Weltkriegs selbst haben den Volksbildungseinrichtung der Monarchie ge- nicht nur dem menschlichen Wissen und Können macht wurde.15 So verzeichnete die Urania Wien im neue Antworten gegeben, sondern es wurde in ersten Kriegsjahr 1914/15 345.667 Hörer, im letzten dieser Zeit besser als je erkannt, dass die menschli- Kriegsjahr 1917/18 bereits 513.243. Noch stärker che Gemeinschaft sich nicht so sehr nach dem Un- war die Zunahme der Zahl der Mitglieder (und terschied von arm und reich, als nach dem Maß der Anschlussheftbesitzer), die durch den Jahresbeitrag Bildung sondert. Es ist daher nur natürlich, dass in das Anrecht auf billigere Eintrittspreise (für sich und dieser Zeit von allen Seiten nach einer durchgrei- ihre Familien) erwarben und somit zum Stammpu- fenden Organisation der Volksbildung gerufen blikum der Urania zu zählen waren: Ihre Zahl ver- wird“, so Koessler im Oktober 1918.16 doppelte sich zwischen 1914/15 und 1917/18 von So wie die Lehren des preußisch-österreichischen 6167 auf 12.777. Während des Kriegs baute man im Kriegs von 1866 zur durchgreifenden staatlichen 1910 eröffneten, und bereits nach wenigen Jahren Organisation der Schule geführt haben, „ergibt sich zu eng gewordenen Urania-Gebäude Räumlichkeiten aus den Erfahrungen des Weltkriegs unserer Tage zu weiteren Kursräumen um und erweiterte die die Ueberlegenheit derjenigen Völker, deren Volks- Schülervorträge auch in den 10. und 13. Wiener erziehung und kulturelle Zusammengehörigkeit am Ge meindebezirk. Augenscheinlicher Ausdruck für besten organisiert ist.“ Die große Zahl der in der den Aufschwung waren die Planungen für ein Habs burgermonarchie lebenden Nationen mag viel- weiteres Urania-Gebäude im Bezirk Mariahilf, das leicht die Erreichung dieses Zieles schwierig er- „Mariahilfer Zweighaus“, welches erst nach Ende scheinen lassen, ein unüberwindbares Hindernis sei des Kriegs verwirklicht werden sollte. Als Gründe dies aber nicht. Den nationalen Bedürfnissen müsse für das gesteigerte Interesse an der Volksbildung nur durch die Schaffung einer unabhängigen Orga- während des Kriegs führte Koessler die wachsende nisation Rechnung getragen werden. Denn die Ansammlung der Bevölkerung bei kriegsbedingt Volksbildung und Volkserziehung könne – anders beschränkter Freizügigkeit an, weiters den sinken- als die Schule – nicht unmittelbar vom Staate be- 84 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

wirtschaftet werden. Ihre Wirksamkeit beruhe auf „Im Interesse der öffentlichen Volksbildung der freiwilligen und freien Mitarbeit der zur Volks- wird an die hohe k.k. Regierung die Bitte erziehung berufenen Kräfte sowie auf der freiwilli- gerichtet …“ gen Anteilnahme der Bevölkerung. Die Wahrung Unmittelbarer Anstoß für die Initiative der Urania der Freiheit und Unabhängigkeit der volksbildneri- Wien unter ihrem Präsidenten Ludwig Koessler zur schen Tätigkeit vom Staat ist geradezu die Voraus- Schaffung einer rechtlichen Grundlage für das Ver- setzung für ihre Wirksamkeit. Auch die Aufbringung hältnis von Staat und Volksbildung waren zwei kurz der erforderlichen Geldmittel müsse hauptsächlich aufeinander folgende polizeilich angeordnete Be- Sache der Volksbildungseinrichtungen selbst sein: triebseinstellungen im Zusammenhang mit den „Dem Staate kann es nur obliegen, die Führung auf Kohlensparmaßnahmen im Kriegswinter 1916, diesem Gebiete zu übernehmen und den Staatsan- durch welche das Volksbildungshaus schweren gehörigen die Gelegenheit zur Betätigung und zur Schaden erlitt. Daraufhin wurde in der 23. ordent- Anteilnahme an den volksbildnerischen Einrichtun- lichen Hauptversammlung am 6. Dezember 1916 gen zu schaffen und zu organisieren; wobei es einstimmig der Beschluss gefasst, dem damaligen freilich dem Staate vorbehalten sein muss, die zu k.k. Minister für Kultus und Unterricht, Max Frei- schaffenden Stätten der Volkserziehung von der herr von Hussarek-Heinlein, nachfolgende Petition Abirrung auf das Gebiet der politischen Tätigkeit im Wortlaut des gefassten Beschlusses zu unterbrei- oder von dem Missbrauche zu groben Unfug zu ten, was im Jänner 1917 auch erfolgte: „Im Interes- bewahren und zu diesem Behufe sowie zur Aufrecht- se der öffentlichen Volksbildung wird an die hohe erhaltung der zu schaffenden Organisation die er- k.k. Regierung die Bitte gerichtet, unter die von den forderliche Aufsicht zu führen“, so Koessler weiter.17 Unterrichtsbehörden zu wahrenden Angelegenhei- ten die Ergänzung des öffentlichen Schulunterrich- tes durch öffentliches Vortragswesen und die Förde- rung und den Schutz der hiezu dienlichen öffentli- chen Volksbildungseinrichtungen, sowie überhaupt Volksbildungsangelegenheiten aufzunehmen.“18 Am 9. März 1917 erfolgte die Antwort des Minis- teriums: Man wünsche eine eingehende Darstellung, auf welche Zweige des Volksbildungswesens, bezie- hungsweise auf welche der Volksbildung dienenden Veranstaltungen sich die Einflussnahme der Unter- richtsbehörden zu erstrecken, und auf welche Art sich dieser Einfluss geltend zu machen hätte. Denn das Ministerium müsse zunächst über Ziel und Aus- maß der von den interessierten Kreisen selbst ge- wünschten Einflussnahme genau unterrichtet sein. Vom Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler (1861–1927), gingen die ersten Initiativen zur staatlichen So solle also die Urania Wien sich mit anderen in Förderung des österreichischen Volksbildungswesens aus Betracht kommenden Fachkreisen ins Einverneh- „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 85

richtsministeriums nahegelegte Vorschlag, eine Enquête der Volksbildungsinteressierten über die von Koessler vorgeschlagene Aufnahme der Volks- Der k.k. Unter- bildungsangelegenheiten unter die Agenden des richtsminister Ministeriums zu veranstalten, hatte dieser jedoch Max Hussarek unterlassen, „weil sich […] eine derartige grundsätz- von Heinlein (1865–1935) liche Abneigung des Volksheimes und des Volksbil- zeigte gegenüber dungsvereines gegen jedes Zusammengehen mit der Koesslers „Volks- Urania gezeigt hatte, daß ich auch die mir nahege- bildungsaktion“ legte Enquête für von vornherein aussichtslos halten wenig Interesse musste.“21 Koessler gewann den Eindruck, dass der men setzen und dann die Personen und Anschau- Wiener Volksbildungsverein und das Volksheim ungen der einvernommenen Kreise dem Ministe- Ottakring grundsätzlich gegen die Heranziehung rium bekannt geben.19 staatlicher Mittel eingestellt wären. Um in Zukunft polizeiliche Willkürakte auszu- Im Gegensatz zur wenig erfolgreichen Aufnahme schießen, respektive um bei solchen und ähnlichen der Petition der Urania vom Jahre 1917 bei Minister Anlässen auch eine Behörde zu befassen, die zur Hussarek fiel Koesslers Absicht, ein Memorandum Wahrung der kulturellen Interessen berufen ist, zur organisatorischen Regelung der Volksbildung begann Koessler mit umfangreichen Konsultationen auszuarbeiten, beim neuen k.k. Minister für Kultus und Verhandlungen in alle Richtungen sowie mit und Unterricht, Dr. Ludwig Ćwikliński, auf „sichtli- der Verfassung von Denkschriften, welche die Aner- ches Interesse“. Koessler wurde nun offiziell einge- kennung des Volksbildungswesens als eine vom laden, einen Organisationsentwurf vorzulegen.22 Staat zu fördernde und schützende gesellschaftliche „Gelegentlich eines gemeinsamen Theaterbesu- Aufgabe sowie die Schaffung einer rechtlichen ches“ teilte Regierungsrat Dr. Carl (auch Karl) Grundlage für das Volksbildungswesen, mit der das Brockhausen im Februar 1918 Koessler mit, dass er Ermessen der politischen Behörden begrenzt wird, als Konsulent im neu errichteten Ministerium für zum Ziel hatte. Dies alles unter voller Wahrung der soziale Fürsorge in der Lage wäre, allfällige Ideen Unantastbarkeit der von Lehrpersonen oder aner- für das Volksbildungswesen direkt seinem Minister kannten Fachgelehrten gehaltenen Vorträge, ge- Dr. Viktor Mataja vorzutragen und auf diesem Wege schriebenen Bücher oder gezeigten Bilder, also vielleicht der Verwirklichung zuzuführen. Neben unter Wahrung der akademischen Lehr- und Lern- dem Ziel der Schaffung einer Regierungs-Kompe- freiheit.20 tenz für das Volksbildungswesen schien insbeson- dere Koesslers Idee der Errichtung von „Volkshäu- Unterrichts- oder Sozialministerium? sern“ – die Brockhausen seinem Minister unter der Im Laufe der folgenden Monate kam es zu wieder- Bezeichnung „Volksheime“ für die ländlichen Ge- holten Rücksprachen bezüglich einer Aufnahme der meinden vorschlug23 – in die Kompetenz des Sozi- Volksbildungsangelegenheiten unter die Agenden alministeriums zu passen. Brockhausen meinte, der Unterrichtsverwaltung. Der seitens des Unter- dass es sehr gut sei, wenn sich zwei Ministerien um 86 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

eine Sache raufen würden – umso sicherer werde Betracht kommenden Fragen und Angelegenheiten sie zustande kommen: „Es wurde sohin einverständ- der Volksgesundheit (Hygienische Aufklärung, lich besprochen, mein Memorandum in zwei Exem- Volksbäder, Sportwesen, Kinderheime u.s.w.), die plaren anzufertigen und beiden Ministerien vorzu- vielfachen Angelegenheiten finanzieller Art, legen.“24 u.s.w.“26 Es wäre für Koessler daher vorerst am tunlichsten, Koesslers Vorschläge zur Organisation alle auf dem Gebiet der Volksbildung und Volkser- der Volksbildung durch den Staat ziehung bereits bestehenden Einrichtungen in eine In den von Brockhausen durchgesehenen und am neu zu schaffende Abteilung im k.k. Ministerium 22. März 1918 von Koessler dem k.k. Minister für für Kultus und Unterricht zusammenzufassen und Kultus und Unterricht übermittelten „Vorschlägen ihr eine interministerielle Kommission beizugeben, zur Organisation der ,Volksbildung‘ durch den welche durch Vertreter der Hoch- und Mittelschulen, Staat“ wurden unter „Volksbildung“ alle Lehr-, Fort- Volks- und Bürgerschulen, Fachschulen sowie des bildungs- und Ferialkurse, das öffentliche Vortrags- freien Volksbildungswesens und durch pädagogisch wesen, aber auch Ausleihbüchereien und Lesehallen gebildete Vertreter aller im Staatsgebiete siedelnden sowie lehrhafte Exkursionen gefasst, die nicht durch Nationen zu verstärken sei. Diese Kommission könn- den staatlichen Jugendunterricht geregelt waren.25 te vorläufig die Aufgaben einer „Reichszentrale“ für In diesem Memorandum ging Koessler zunächst Volksbildung und Volkserziehung erfüllen, wobei auf die bisherige Stellung des Staates zur Volksbil- die Vergabe von Subventionen in der Kompetenz des dung ein, erörterte dann die Notwendigkeit der Unterrichts- beziehungs weise des Finanzministeri- Wah rung ihrer Freiheit und Unabhängigkeit gegen- ums bleiben sollte. Aufgabe der zu schaffenden über dem Staat als Voraussetzung ihrer Wirksam- Reichszentrale sei es, die bestehenden beziehungs- keit, um schließlich konkrete Vorschläge zur Orga- weise noch zu gründenden Volksbildungsunterneh- nisierung der Volksbildung und Volkserziehung zu mungen bei vollkommener Wahrung ihrer Freiheit präsentieren: „In erster Linie scheint nämlich für und wirtschaftlichen Unabhängigkeit zu fördern die die Hauptrolle spielenden Angelegenheiten der und in pädagogischer Hinsicht zu unterstützen, ein Erziehung und des Unterrichtes […] und auf die Zentralblatt für das Volksbildungswesen herauszu- erforderliche Heranziehung der Lehrer und der geben beziehungsweise dessen Herausgabe zu för- Seelsorger die Zuständigkeit des k.k. Ministeriums dern sowie eine Sammlung von Vorträgen, Lichtbil- für Kultus und Unterricht begründet und geboten dern, Kinematogrammen und sonstigen Lehrmit- zu sein. Hinzu treten aber die Kompetenz der poli- teln (mit nationalen Unterabteilungen) aufzubauen. tischen Behörden in Bezug auf die Abwehr der Des Weiteren sollte die Reichszentrale die Heranzie- Verletzung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und hung von tüchtigen Volksbildnern fördern, so etwa Sittlichkeit bei allen öffentlichen Veranstaltungen durch die Errichtung von Lehrkanzeln für die Volks- und die Kompetenz des k.k. Minsteriums für sozi- bildung an den Hochschulen, sowie die Einrichtung ale Fürsorge sowohl in Ansehung der Jugendfür- von praktischen Kursen für Volksbildung und die sorge als überhaupt wegen der sozialen Seiten der Vermittlung und den Aus tausch von Vortragenden Volkserziehung, dann die bei der Volkserziehung in in die Wege leiten.27 „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 87

Volkshäuser kunft vorgeschlagenen „Reichszentrale für Volks- Ein weiteres Thema des Memorandums vom 22. bildung“, vorläufig aber der als Zentrale fungieren- März waren die bereits erwähnten „Volkshäuser“, den Abteilung im k.k. Ministerium für Kultus und deren Gründung und Organisierung ebenfalls eine Unterricht. Die Vorträge und Veranstaltungen in den besonders wichtige Aufgabe dieser Reichszentrale Volkshäusern sollten grundsätzlich entgeltlich sein, gewesen wäre: „Damit die Volkserziehung alle Krei- vorbehaltlich der Gewährung der unentgeltlichen se und alle Schichten der Bevölkerung ergreife, ist Anteilnahme durch Arme und Bedürftige. Grund- es notwendig, dass tunlichst jeder Staatsangehörige sätzlich hätte auch jede Gemeinde für die Kosten der eine möglichst leichte Gelegenheit erhalte, am geis- Errichtung und des Betriebs ihres Volksbildungshau- tigen Leben mit seinen Fortschritten, sowie an der ses selbst zu sorgen, wobei auch mehrere gleichspra- Pflege der Kunst teilzunehmen, seine geistigen und chige Gemeinden sich zur Errichtung eines Volks- auch seine körperlichen Fähigkeiten unter fachmän- hauses zusammenfinden könnten. Zulässig wäre nischer Leitung auszubilden.“ Dafür müssten „an auch, dass in einer gemischtsprachigen Gemeinde möglichst vielen Punkten des Staatsgebietes“ Volks- je ein Volkshaus für die verschiedenen Sprachstäm- häuer geschaffen werden, „die einen geistigen Mit- me errichtet wird, sofern die Sprachminorität nach telpunkt für die Bevölkerung der Umgebung bilden.“ der Volkszählungsstatistik einen festzusetzenden Jedes Volkshaus sollte über mindestens einen Vor- Prozentsatz der Einwohnerschaft bildet. Der Ver- tragssaal zur Vorführung von Projektionsbildern waltungskörper eines Volkshauses sollte sich aus und Kinematogrammen, eine Ausleihbücherei und örtlichen Lehrern und Seelsorgern sowie einer von einen Lesesaal verfügen; je nach Möglichkeit auch der Gemeinde gewählten Anzahl von Gemeindemit- über einen Jugendspielplatz, einen Sportplatz und gliedern zusammensetzen. Volkshäuser sollten Turnsaal – ein Kinderheim, ein Volksbad und der- grundsätzlich steuer- und gebührenfrei und auch gleichen könnten angegliedert sein. Diese Volks- vom Konzessionszwang – etwa in Hinsicht auf die häuser sollten sich zu einem Mittelpunkt im Dorf- ebenfalls vorgeschlagene Schaffung von „Muster- leben entwickeln und eine Alternative zum Gast- lichtspielbühnen“ – befreit sein.28 Schließlich sollte oder Kaffeehausbesuch darstellen. „Die Volkshäuser einer künftigen Reichszentrale für Volksbildung und sind als Glieder einer über das Reich gehenden Or- Volkserziehung auch die Errichtung und Förderung ganisation gedacht,“ die nicht nur die Musterpläne von Volksbüchereien in jenen Gemeinden obliegen, für die Errichtung solcher Häuser sowie für die da- in denen keine Volkshäuser bestünden, sowie die rin zu bietenden Veranstaltungen bereit zu stellen Ausbildung des entsprechenden Personals durch die hat, sondern auch die Bücher und Lehrmittel sowie Einrichtung von Kursen für Bibliotheksbeamte.29 die Vortragenden und deren Austausch gegen Ent- gelt nach einem festzusetzenden Tarif an die Hand Verhandlungen im April 1918 gibt. Diese Organisation hätte in einer in Wien zu Im Vergleich zu Großbritannien und den Vereinig- errichtenden Direktion zu gipfeln, an deren Spitze ten Staaten, wo sich aufgrund des „angelsächsischen ein ernannter Direktor stünde, dem aus Staatsmit- Überkapitalismus“ sowie der dürftigen Schultätig- teln der erforderliche Beamtenkörper beizugegeben keit, aber auch aufgrund der „Leerheit des dortigen wäre. Diese Direktion unterstünde der für die Zu- Staatsbegriffes“ eine intensive, privat organisierte, 88 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

freie Volksbildungstätigkeit entwickelt hatte, er- schien Koessler der Vorschlag zur Errichtung eines Reichsamts für Volksbildung und Volkserziehung der Eigenart der Monarchie besser zu entsprechen, da hier für die Erzielung eines Erfolgs ein stärkeres Eingreifen des Staates notwendig sei.30 Denn der Staat, so der Konsulent des Ministeri- ums für soziale Fürsorge, Hofrat Brockhausen, verfüge in den Gemeinden auf dem Lande über keinen Vertreter: „[…] das Land habe ein Organ in dem Bürgermeister, die Nation in dem Lehrer, die Kirche in dem Pfarrer, der Staat sei unvertreten und komme bloß in den Gendarmen, dem Steuerexeku- tor und dem Postfräulein in die Erscheinung.“ Seine Präsenz wäre aber bei den volksbildnerischen An- strengungen insbesondere auf dem Lande vonnöten, da die dortige Langeweile zu Spiel, Trunk und ge- Der k.k. Unterrichtsminister Dr. Ludwig C´wiklin´ski (1853–1942) 31 schlechtlicher Ausschweifung führe. befürwortete eine „kräftige Organisation der Volksbildung“ Insbesondere im Hinblick auf die nationalen Ver- hältnisse sowie das vollständige Fehlen von Volks- ner staatlichen Zentralstelle für Volksbildung. Für bildungseinrichtungen auf dem Lande betonte den wichtigsten Verhandler seitens des Ministeri- Koessler die Notwendigkeit der Schaffung einer ums, Sektionschef Josef Khoss von Sternegg,33 be- staatlichen Zentrale. Da die Volksbildungsarbeit als stand zwischen Schule und Militär ein Vakuum, in eine Fortsetzung der Schulerziehung und des Schul- welchem die Schulentlassenen das Gelernte wieder unterrichts zu betrachten sei und die Volksbildner vergessen würden. Aber auch die Fortbildung beim zumeist Lehrer und Geistliche waren, stehe die Militär geschehe nicht in einer wünschenswerten staatliche Kompetenz dem Unterrichtsministerium Art. Daher sollte die Volksbildung an den Organis- zu: „Die Zuteilung zum Fürsorge-Ministerium würde mus der Schule angeschlossen werden. Aufgaben dem Volksbildungswesen den Charakter der Bil- der dafür zu schaffenden Zentrale waren für Khoss dungsfürsorge der Regierenden für die unteren die Erfassung statistischen Materials, der Zusammen- Volksschichten aufdrücken, was gewiss nicht dem schluss der bestehenden Vereinigungen und die Zeitgeiste entspricht.“32 An regung zur Gründung neuer, wofür die Zentrale Unterrichtsminister Ćwikliński gab seinerseits der auch Landes- und Bezirksstellen haben sollte. Die Hoffnung Ausdruck, dass es gelingen werde, „eine Ausbildung von Volksbildnern sollte für Khoss von kräftige Organisation der Volksbildung“ zu schaffen den Lehrerbildungsanstalten besorgt werden und und auch die zuständigen Ministerialbeamten be- die Bezirkslehrerbibliotheken sollten die Bücher für fürworteten wegen der bisherigen Zersplitterung die Volksbüchereien beistellen. Demgegenüber der volksbildnerischen Agenden die Errichtung ei- sprach sich Koessler entschieden gegen die Verqui- „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 89

Seitens der Wiener Zentralbibliothek zeigte sich ihr Obmann, der spätere österreichische Bundes- präsident Dr. , zunächst skeptisch Der Geograf gegenüber den Koesslerschen Vorschlägen und und Klimatologe wünschte sich lediglich ausreichende finanzielle Univ.-Prof. Dr. Unterstützungen und insbesondere die Befreiung Eduard Brückner der Volksbüchereien von Steuern und Gebühren. (1862–1927) stand einer Hainisch meinte, dass der Staat in der Volksbildungs- staatlichen sache über das System der Förderung nicht hinaus- Einflussnahme gehen sollte. Auch gegenüber dem Vorschlag der auf das Volks- Errichtung von Volkshäusern in den Gemeinden bildungswesen zunächst skep- zeigte er sich aus finanziellen Bedenken heraus sehr tisch gegenüber skeptisch.36 Hofrat Dr. Isidor Himmelbaur (manchmal auch ckung der Organisation der Volksbildung mit dem Himmelbauer geschrieben), Obmannstellvertreter Schulorganismus aus: „Die Volksbildungstätigkeit des Wiener Volksbildungsvereins, hielt demgegen- müsse grundsätzlich eine freie und selbständige über die Ausgestaltung des Volksbildungswesens für bleiben.“ Eine Zentrale dürfe nur anregend, för- unbedingt notwendig. Der Staat wäre nicht in der dernd und beratend auftreten. Daraufhin präzisier- Lage, das Volksbildungswesen selbst in die Hand zu te Khoss, dass der freien Volksbildungstätigkeit in nehmen, was auch nicht notwendig wäre, da das keiner Weise in den Weg zu treten wäre. Nur für den Vereinswesen viel leiste. Ein Eingreifen der Unter- Anfang sollten die Schulen und deren Organisatio- richtsverwaltung hielt er für wichtig und wün- nen dem Volksbildungswesen zur Verfügung stehen, schenswert, dies insbesondere in den kleineren wobei er die Heranziehung der Landes- und Bezirks- Or ten, wo nichts geleistet werde. In den großen schulräte für unerlässlich hielt.34 Städten jedoch sollte die Volksbildung Sache der Befürworteten also die maßgebenden Exponen- Vereine bleiben. So begrüßte er auch die in Aussicht ten der k.k. Ministerialbürokratie die Befassung der gestellte Schaffung eines Volksbildungsreferats im staatlichen Verwaltung mit den Agenden der Volks- Unterrichtsministerium.37 bildung, schlug ihnen von dieser anfänglich Beden- Anlässlich der Verhandlungen im Unterrichtsmi- ken gegen das Eingreifen des Staates entgegen. nisterium am 19. April 1918 gab Sektionschef Khoss Sei tens der Universität Wien pochte man auf die bekannt, dass die Begründung einer Abteilung für Unabhängigkeit gegenüber einer neu zu schaffen- das Volksbildungswesen in Aussicht stehe. Mit der den Zentrale, die keinerlei Zensur ausüben dürfe. Leitung dürfte ein hochangesehener Universitäts- Der Obmann der volkstümlichen Universitätsvorträ- professor betraut werden, dem eine organisatori- ge in Wien, Univ.-Prof. Dr. Eduard Brückner, war der sche Kraft, sowie weitere Hilfskräfte beigegeben Meinung, dass der Staat den Volksbildungseinrich- werden würden. Die Aufgabe dieser neuen Organi- tungen primär durch größere Subventionen helfen sation würde vor allem darin bestehen, den volks- solle.35 bildnerischen Status quo statistisch zu erfassen und 90 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

einen Organisationsplan vorzubereiten. Nach Aus- schaffen werden. Staatliche Sammlungen aller Art räumung der anfänglich geäußerten Bedenken sollten für das freie Volksbildungswesen nutzbar wurde als Ergebnis einstimmig zusammengefasst, gemacht werden. Der Staat solle volksbildnerische „daß Seiner Excellenz dem Herrn Minister für Kultus Veranstaltungen anregen, welche der Aussprache und Unterricht die Begründung eines besonderen wichtiger Volksbildungsfragen dienen, erforderli- Departements des Unterrichts-Ministeriums für chenfalls diese selbst veranstalten, sowie die Heraus- Volks bildungsangelegenheiten empfohlen werde.“38 gabe von Zentralblättern für das freie Volksbildungs- wesen fördern, erforderlichenfalls selbst heraus- Koesslers Memorandum vom 31. Mai 1918 geben. Der Staat solle Volksbildungseinrichtungen Bereits am 31. Mai 1918 legte Koessler dem Unter- finanziell, aber auch sachlich fördern, etwa durch richtsministerium ein weiteres, kürzer gehaltenes Mustersatzungen für Volksbildungsvereinigungen Memorandum vor, in dem er unter abermaliger und Zentralverbände, oder Musterpläne für den Bau Be tonung der Notwendigkeit des „Ausschlusses eines und die Einrichtung von Volksbildungshäusern, jeden wie immer gearteten staatlichen Zwanges“ Volkshäusern und Volksheimen. Weitere Vorschläge folgende Aufgaben für die staatliche Volksbildungs- betrafen die Befreiung der Volksbildungseinrich- politik im Sinne einer „Anregung, Beratung und tungen von Steuern, Gebühren und öffentlichen Förderung“ der freien Volksbildung vorschlug: So Abgaben und den Schutz der gemeinnützigen Volks- sollte der Staat die Begründung von freien Volks- bildungseinrichtungen vor Konkurrenz durch Er- bildungseinrichtungen, aber auch die Errichtung werbsunternehmungen. Schließlich wurde die Ein- von „Volkshäusern“ und „Volksheimen“ mit Inter- richtung von Lehrkanzeln für Volksbildungspäda- naten für die allgemeine Bildung und berufliche gogik an den Hochschulen mit seminaristischen Fort bildung anregen, aber auch den Anstoß zum Kursen für Theorie und Praxis der freien Volksbil- freiwilligen regionalen Zusammenschluss von Volks- dung gefordert sowie die Errichtung von Kursen für bildungseinrichtungen geben. Darüber hinaus soll- Bibliothekare und Bibliothekarinnen.39 te die Gründung von Auskunfts- und Beratungs- Als organisatorische Voraussetzung für ein staat- stellen für die freie Volksbildung gefördert werden, liches Engagement in der freien Volksbildung wäre erforderlichenfalls sollten staatlicherseits solche eine „Zentralstelle zur Förderung des freien Volks- Stel len gegründet werden, die sich auch mit der bildungswesens“ im k.k. Ministerium für Kultus und Beschaffung von Vortragenden und Bibliothekaren Unterricht einzurichten und mit einem Vorstand, zu befassen hätten. Weiters sollte Anregung zur Schreibkräften, ständigen Beratern aus der Praxis Begründung von Lehrmittelzentralen für das Volks- der Volksbildung sowie mit einem mindestens ein- bildungswesen zur Versorgung mit Volksbildungs- mal jährlich einzuberufenden Beirat40 auszustatten. literatur, Büchern, Vorträgen und Bildern gegeben Eine weitere Forderung beinhaltete die Schaffung werden. Erforderlichenfalls hätte dies auch durch eines Referenten für das freie Volksbildungswesen eine staatliche Begründung mit nationalen Unter- (samt Berater und Beirat) bei jedem Landesschulrat abteilungen zu erfolgen. Weiters sollten Wanderbü- mit unmittelbarer Berichterstattung an die Zentra- chereien, Sommerkurse mit anschließenden Volks- le für das freie Volksbildungswesen sowie eines unterhaltungen sowie Musterlichtspielbühnen ge- Referenten für das freie Volksbildungswesen (samt „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 91

Berater und Beirat) bei jedem Bezirksschulrat mit unmittelbarer Berichterstattung sowohl an den Referenten beim Landesschulrat, wie an die Zent- ralstelle.41 Der Mineraloge Univ.-Prof. Dr. „Wir wollen mit Eifer darangehen …“ Friedrich Becke In einer Sitzung am 6. Mai 1918 legte in Anwesen- (1855–1931) heit des Unterrichtsministers Ćwikliński Sektions- sprach sich für die staatliche chef Khoss in groben Zügen das Programm des Förderung des Unterrichtsministeriums dar: Es war geplant, ein Volksbildungs- „Departement für Volksbildung“ zu schaffen. Des wesens aus Weiteren wurde eröffnet, dass Volksbildnerkurse geschaffen werden sollten, um Kräfte für die popu- Bereitstellung von Schulräumen für das volksbild- läre Darstellung verschiedener Themen zu gewin- nerische Vortragswesen für eine Übergangszeit. nen. Am Ende des Lehramtsstudiums sollte den Grundsätzlich sollte aber das Bestreben sein, dass Studenten die Möglichkeit gegeben werden, sich in sich die Volksbildungsvereinigungen eigene geeig- populärer Rede zu üben, um so einen Stamm von nete Räume schaffen: „Nur im eigenen Heim wird guten Sprechern zu erhalten. Das Ministerium sei sich wirkliches Leben entwickeln und das Interesse auch bereit, einzelnen volksbildnerischen Vereini- für das Gedeihen des Institutes für die Leiter dessel- gungen „über gefährliche Zeiten“ mit Subventionen ben förmlich ein persönliches werden“, so Jäger. Der auszuhelfen. Im Allgemeinen aber sollte dahin ge- anwesende Minister Ćwikliński schloss die Sitzung wirkt werden, dass diese aus eigener Kraft ihr mit den Worten: „Wir wollen mit Eifer darangehen, Fortbestehen sichern können. Ein weiteres Ziel liege das Departement zu verwirklichen, wollen also in Erstellung von Statistiken, um feststellen zu vorläufig bescheiden beginnen und hoffen, dass wir können, was bisher auf dem Gebiet der Volksbildung später die Ziele, die in der Errichtung von vielen geleistet worden war. Man fasste auch den Plan der Volksbildungshäusern zu erblicken wären, errei- Errichtung von Wanderbibliotheken ins Auge. Das chen können.“43 Ministerium würde jedenfalls mit Eifer jede Bestre- Am 26. Juni 1918 fand im Unterrichtsministerium bung auf dem Gebiete der Volksbildung gerne för- eine weitere Verhandlung statt, in der Koesslers dern helfen.42 Entwurf über die „Staatliche Beihilfe zum freien Univ.-Prof. Dr. Friedrich Becke, Obmann des Ver- Volksbildungswesen“ breite Zustimmung fand.44 eins „Volksheim“, begrüßte die Absicht des Ministe- Doch formierte sich zur selben Zeit seitens der riums, der Volksbildungsbestrebung ihre Fürsorge Wiener volkstümlichen Universitätsvorträge Wider- angedeihen zu lassen, ebenso wie der niederöster- stand gegen die „Volksbildungsaktion“ Koesslers. reichische Landesschulinspektor Dr. Anton Becker, Der Akademische Senat wollte den Einfluss der der empfahl, die Schulen für Vortragszwecke zu- Universität Wien auch in der im Entstehen begrif- gänglich zu machen. Der Programmdirektor der fenen staatlichen Organisation der Volksbildung Urania Wien, Karl Jäger, begrüßte den Vorschlag der gewahrt sehen.45 92 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

„Hauptstellen“ für die freie Volksbildung gegenüber der Schundliteratur und Verrohung ver- Am 2. Juli 1918 fanden im Unterrichtsministerium teidigen sowie auf Verlangen der Regierung bei der weitere Beratungen über die staatliche Organisation amtlichen Zensur vom Standpunkt der Volksbildung der Volksbildung statt. Gegenstand der Verhandlun- und Volkserziehung mitwirken. Zur Bestreitung des gen war ein von Koessler im Nachhang zu seiner Aufwands der Hauptstellen sollten neben den staat- Eingabe über die „Staatliche Beihilfe zum freien lichen Beiträgen auch die regelmäßigen Beiträge Volksbildungswesen“ vorgelegter Entwurf über die der ihrem Verband freiwillig angehörigen Einrich- „Organisation des Zusammenschlusses der freien tungen der freien Volksbildung dienen, wobei die Volksbildungseinrichtungen“. Darin schlug Koessler Aufnahme einer Volksbildungseinrichtung von der die Begründung von „Hauptstellen der freien Volks- zuständigen Hauptstelle nicht verweigert werden bildung“ vor, und zwar eine Reichshauptstelle für könne. Die Bezirkshauptstellen sollten Vertreter in das gesamte Reich, Landeshauptstellen für die ein- die Zwischenhauptstellen oder Landeshauptstellen, zelnen Kronländer, Bezirkshauptstellen für die po- die Landeshauptstellen in die Reichshauptstelle litischen Bezirke und erforderlichenfalls auch regi- entsenden.46 onale Hauptstellen für mehrere politische Bezirke. Für Isidor Himmelbaur vom Wiener Volksbil- Die Reichshauptstelle sollte alle österreichischen dungsverein war Koesslers vorgeschlagene Gliede- Nationen umfassen und für jede derselben eine rung jedoch viel zu komplex, viel zu weitgehend und besondere Unterteilung haben. In den Kronländern viel zu kostspielig. Die Sache schien ihm auch ver- sollte jede Nation ihre eigenen Landes-, Bezirks- oder früht. Für Himmelbaur war die Errichtung einer Zwischenstellen haben. Koessler schlug weiters vor, Zentralstelle beim Unterrichtsministerium das Wich- dass die k.k. Regierung eine Gesetzesvorlage zur fi- tigste, alles weitere solle der Zukunft überlassen nanziellen Ausstattung der Hauptstellen einbringen bleiben: „Es sei nicht denkbar, von oben herunter solle. Zwecks Wahrung der staatlichen Interessen Volksbildungseinrichtungen zu schaffen“, so Him- wäre der Regierung die Möglichkeit der Bestim- melbaur. Brückner von den volkstümlichen Univer- mung der Zusammensetzung der Hauptstellen sowie sitätsvorträgen erklärte, dass auch er das Eingreifen der Geschäftsordnung gesichert. Den Hauptstellen des Ministeriums lebhaft begrüße, die vorgeschla- obliege die Wahrung und Vertretung der Interessen gene Organisation ihm aber ebenfalls zu weit gehe. der freien Volksbildungseinrichtungen, die Unter- Brückner betonte eindringlich den Standpunkt, dass stützung dieser durch die Beistellung von Lehrmit- an die Volksbildungsarbeit der Universität ange- teln und Vortragenden, die Herausgabe von regel- knüpft werden müsse. Den Universitäten müsse die mäßigen Kundmachungen, die Erstattung von Hauptrolle bei der Organisierung der Volksbildung Gutachten an die Regierung, die Erhebung der Tä- gewährt werden. Dem entgegnete Khoss, dass nie- tigkeit der freien Volksbildungseinrichtungen sowie mand daran denke, den Wirkungskreis der Univer- von Fall zu Fall auch die Organisation öffentlicher sitäten einzuschränken. Diese seien aber noch nicht Veranstaltungen. Aber auch in negativer – abweh- in der Lage, aus ihrer Mitte die Lehrer für eine render – Hinsicht sollten die vorgeschlagenen Haupt- umfassende Organisation der Volksbildung aufzu- stellen aktiv werden: Sie sollten durch öffentliche bauen. Insbesondere, so Khoss in Übereinstimmung Veranstaltungen die Interessen der Volkserziehung mit seinem Minister, seien die Universitäten außer „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 93

Stande, die regelmäßige Volksbildungsarbeit auf und dass der Staat die Absicht habe, nur dort hel- dem Lande zu besorgen. Koessler ergänzte, „daß die fend und fördernd einzugreifen, wo Hilfe nottue und Universität in der Volksbildungssache hauptsächlich verlangt werde. Aufgrund dieser Feststellung erklär- den Beruf habe, die Lehrer zu lehren.“ Nach länge- te sich auch der Vertreter der universitären Volks- rer Debatte resümierte Khoss, dass allseitige Über- bildung, Brückner, mit dieser Vorgangsweise einver- einstimmung bezüglich der Schaffung einer Zent- standen.48 ralstelle zur Förderung des Volksbildungswesens beim Unterrichtsministerium bestehe. Es bedürfe „… bei zunehmendem Interesse stark auch der Bestellung von Referenten bei den Landes- bürokratische Neigungen …“ schulräten und den Bezirksschulräten, um der zu Aus Koesslers Sicht verliefen die Verhandlungen im schaffenden Zentrale die Durchführung ihrer Auf- Sommer 1918 äußerst vielversprechend. Seine Vor- gaben zu ermöglichen. Koessler betonte, dass die schläge über den quasi „doppelten“ Aufbau einer bestehenden Volksbildungsvereine keineswegs die ganz Zisleithanien umfassenden Or ga ni sation – einzigen Keime für den Ausbau des Volksbildungs- einer beim Unterrichtsministerium sowie bei den wesens seien: Dazu kämen „zahlreiche Intelligen- Lan des- beziehungsweise Bezirksschulräten an ge- zen“ in Betracht, ferner große Einrichtungen wie siedelten staatlichen Zentralstelle zur Förderung des die vorhandenen Museen und die Einrichtungen freien Volksbildungswesens einerseits, einer selbst- und Vereinigungen für Kunstpflege, die sich derzeit stän digen Organisation einer Reichshauptstelle so- nicht als Volksbildungseinrichtungen bezeichnen wie von Landes - und Bezirkshauptstellen als frei- oder fühlen. Koessler betonte, dass die Zusammen- williger Zusammenschluss der freien Volksbildungs- schlüsse grundsätzlich freiwillig sein müssten, und einrichtungen anderer seits – fiel auf breite Aner ken- dass die Volksbildungseinrichtungen von der Bevöl- nung, und dies, obwohl Koessler stets betont hatte, kerung selbst erhalten werden sollten, sei es durch dass die Regierung sich in die freie Volksbildungs- Beitragsleistungen, Spenden oder Teilnehmergebüh- arbeit grundsätz- ren: „Bei richtiger Organisation der Wirtschaft der lich nicht einmi- Volksbildungseinrichtungen müssten dieselben im schen dürfe. In den Laufe der Zeit der Subvention entraten können“, so bisherigen Verhand- Koessler, der in diesem Zusammenhang die Subven- lungen genügten tionen als die „Kinderkrankheiten“ der Volksbil- dem Ministerium dungseinrichtungen bezeichnete.47 Nachdem sich in „gewisse Vorbehalte eingehender Wechselrede die Anschauungen geklärt zur Wahrung der hatten, wurde einhellig erklärt, dass der Entwurf gesamtstaatlichen Koesslers über die „Organisation des Zusammen- In teressen.“49 Auch schlusses der freien Volksbildungseinrichtungen“ gegenüber den Posi- geeignet sei, den weiteren Bestrebungen als Grund- tionen des Sekreta- Koessler zeigte sich über den Verlauf der Verhandlungen im Sommer lage zu dienen. Ausdrücklich wies Khoss nochmals riats der volkstüm- 1918 zufrieden, wenngleich ihn darauf hin, das den freien Vereinigungen die volle lichen Universitäts- auch gewisse bürokratische Freiheit ihrer Entschließung gewahrt bleiben muss vorträge sowie des Tendenzen skeptisch machten 94 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

Wiener Volksbildungsvereins erblickte Koessler einer Bürokratisierung des freien Volksbildungswe- weitgehende Übereinstimmung mit den von ihm im sens gleichkomme, denn die Kronlandorganisatio- März 1918 gemachten Vorschlägen.50 nen und damit das ganze freie Volksbildungswesen Koesslers bürgerlich-liberal, aber auch „kaka- würden dadurch dem Unterrichtsministerium un- nisch“ geprägte Vorstellungen von den Aufgaben des terstellt sein. Koessler warnte Khoss davor, diese Staates gegenüber der Gesellschaft waren einerseits Idee in Gegenwart der Vertreter des freien Volksbil- gekennzeichnet vom liberalen Geist der Beschrän- dungswesens auch nur zur Erörterung zu bringen kung und legistischen Kontrolle des „bürokrati- und erklärte, dass er selbst in die Opposition gehen schen“ Staates, andererseits von der initiierenden, werde, wenn diese Idee der Organisation zu Grunde anregenden und koordinierenden Aufgabe eines gelegt würde. Zur Wahrung der gesamtstaatlichen „josephinischen“ Staats dort, wo die freien Kräfte Interessen würde es für Koessler genügen, wenn noch nicht organisiert waren, um „vorläufig die durch die Geschäftsordnung eine Sicherung gegen Sache selbst in Schwung“ zu bringen. Selbstver- die Überschreitung des Wirkungskreises geschaffen ständlich hätte dabei dem Bürokratismus ein Riegel werde und wenn etwa ein Drittel der Mitglieder je- vorgeschoben zu werden, „so wie andererseits das der Hauptstelle von der Regierung ernannt würden. in der Vergangenheit freilich begründete Misstrauen Auch eine staatliche Ernennung der Vorsitzenden der freien Kräfte gegen die Mitwirkung der Büro- dürfte keinen Anstoß erregen, wenn die Vorsitzen- kratie dem Willen zu einer kontrollierenden Ge- den aus den Mitgliedern der Reichshauptstelle ent- meinsamkeitsarbeit weichen“51 müsste, so Koessler. nommen werden würden.53 Ganz unbegründet schien jedenfalls auch diesmal das Misstrauen gegenüber der Bürokratie nicht zu Volksbildungstagung an der Universität Wien sein. Im Laufe der Verhandlungen mit dem Unter- Seitens der universitären Volksbildung wurde am 1. richtsministerium entdeckte Koessler „bei zuneh- und 2. November 1918 im Kleinen Festsaal der mendem Interesse stark bürokratische Neigun- Universität Wien eine Volksbildungstagung organi- gen“52. So führte etwa Sektionschef Khoss Bedenken siert, auf der neben dem Obmann und dem Sekretär gegen das von Koessler vorgeschlagene Nebenein- der volkstümlichen Universitätsvorträge, Univ.-Prof. anderbestehen von ministeriellen Zentralstellen und Dr. Eduard Brückner und Univ.-Prof. Dr. Heinrich einer zentralen Organisation der freien Volksbil- Joseph, auch Univ.-Doz. Dr. Ludo Moritz Hartmann dungseinrichtungen an. Denn er befürchtete, dass zum Thema „Organisation des Volksbildungswe- die Größe des Wirkungskreises der freien Volksbil- sens“ sprach.54 In der Arbeiter-Zeitung vom 27. dungsorganisationen jenen der ministeriellen Zen- Oktober führte Hartmann die Grundgedanken die- tralstelle allzusehr einengen und vielleicht sogar ser Tagung aus, die trotz Hemmungen gerade jetzt bedeutungslos machen könnte. Khoss meinte, man am Platz seien, da das Zerstörungswerk des Welt- solle wenigstens die Reichshauptstelle der freien kriegs seinem Ende entgegengehe und der Aufbau Volksbildungsorganisationen eliminieren, sodass die für die Zukunft beginne: „Denn der Krieg hat auch Kronlandhauptstellen der freien Volksbildungsein- Menschen, die bisher nichts von ihr wissen wollten, richtungen ihre Spitze in der ministeriellen Zentral- die Notwendigkeit der demokratischen Entwicklung stelle hätten. Koessler erwiderte, dass diese Idee gar deutlich bewiesen, Völkern, Staaten und Perso- „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 95 nen. Und der Volksbildungsgedanke ist seinem Konkretes Resultat der universitären Volksbild- ganzen Wesen nach ein demokratischer. Er darf in nertagung vom November 1918 war die Ausarbei- seiner Eigenheit nicht umgebogen, er darf nicht tung eines Organisationsstatuts, das auch der Urania bürokratisiert werden.“ So Hartmann, der in seinem Wien mit dem Ersuchen vorgelegt wurde, sich die- Artikel auch von „einer starken Pyramide“ sprach, sem Vorschlag anzuschließen, sowie die Wahl eines deren feste und breite Grundlage die Volksschule, vorbereitenden Arbeitsausschusses, der bis zum deren Spitze die Hochschule wäre. Er plädierte für endgültigen Aufbau der geplanten Organisation die die Ausbreitung der Bildung auf die breiten Schich- dringendsten Geschäfte zu leiten hatte.56 Mit diesem ten des Volkes, die bisher noch nicht von ihr ergrif- Vorstoß sollte nach der Dominanz der Initiativen fen worden waren, vor allem in der ländlichen Be- der Urania Wien in den vergangenen beiden Jahren völkerung, und führte diesbezüglich die nordischen die Position der universitären Volksbildung gestärkt Demokratien mit ihren Bauernhochschulen als und der Vorrang der Universität Wien auf dem Ge- bisher unerreichtes Vorbild an. In Wien habe mit biet der freien Volksbildung festgelegt werden. der Einrichtung der volkstümlichen Universitätskur- Die vorgestellte Organisation der deutschösterrei- se vor einem Vierteljahrhundert ein demokratisches chischen Volksbildungsvereine des sogenannten Werk begonnen, in dessen Anlehnung das freie „Wiener Sprengels“ sollte alle nicht auf Erwerb ab- Volksbildungswesen auch in Deutschösterreich wei- zielenden Volksbildungskörperschaften und Lehrer- ter blühen werde, so Hartmann.55 vereinigungen deutscher Sprache in Nieder- und Ober österreich, Salzburg, Deutsch-Mähren und Deutsch-Schlesien umfassen. Sein Vertreterrat sollte aus den Vertretern aller angeschlossenen Körper- schaften bestehen und jährlich mindestens einmal unter dem Ehrenvorsitz des Rektors der Universität Wien tagen. Der geschäftsführende Obmann des Vertreterrats wäre der Obmann des Ausschusses für volkstümliche Universitätsvorträge an der k.k. Uni- versität in Wien. Jede angeschlossene Körperschaft habe das Recht, eine beliebige Anzahl von Vertretern in den Vertreterrat zu entsenden, wobei jede Kör- perschaft über ein nach einem spezifischen Mitglie- derschlüssel gewichtetes Stimmrecht verfüge. Der Vertreterrat sollte jährlich den Ausschuss wählen, der außer aus dem Rektor der Universität Wien, dem geschäftsführenden Obmann und seinen Stellver- tretern aus zwölf Personen bestehe. Der Ausschuss sollte die laufenden Geschäfte der Gesamtorganisa- Für Ludo Moritz Hartmann (1865–1924) war der Volksbildungs- gedanke ein ganz und gar demokratischer, der keinesfalls tion führen und je nach Bedarf in Wien tagen. Als bürokratisiert werden dürfe ständiges Vollzugsorgan des Vertreterrats und seines 96 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

Ausschusses war das Sekretariat der volkstümlichen selbst vorgeschlagen, die zwecks Wahrung, Vertre- Universitätsvorträge an der Universität Wien vorge- tung und Unterstützung der Interessen der Volksbil- sehen. Bis zur endgültigen Konstituierung des Ver- dungseinrichtungen in den Bezirken, auf Landes- treterrats und seines Ausschusses führte ein vorläu- und auf Reichsebene auch als Ansprechpartner für figer Ausschuss, der aus der Mitte der Volksbildner- die staatliche Volksbildungspolitik fungieren würde. tagung gewählt wurde, die Geschäfte. Zweck der Die Klärung des Spannungsverhältnisses zwischen Organisation war die Vermittlung zwischen den dem konkreten Ausmaß der staatlichen Einflussnah- einzelnen angeschlossenen Körperschaften, die me und einer ein- beziehungsweise abschnürenden Ausarbeitung von Gutachten in Volksbildungsange- Bürokratisierung der bisher vom Staat „freien“ legenheiten für die Staatsämter und autonomen Volksbildung einerseits sowie der Bedeutung bezie- Körperschaften, die Gründung und Einrichtung hungsweise des Stellenwerts von universitärer zu örtlicher Vereinigungen für Volksbildung und Für- nichtuniversitärer Volksbildung andererseits, blieb sorge („Volkshäuser“), die Einrichtung von Lehrer- der kommenden Republik vorbehalten. kursen und Kursen für Volksbildner, die Bestellung von Wanderlehrern, die Einrichtung von Wander- Ausgangslage zu Beginn der Republik bühnen und Wandermuseen, die Schaffung einer Am Tag nach der Beendigung der Wiener Volksbil- Zentralstelle für Lehrmittel insbesondere für Licht- dungstagung, am 3. November 1918, wurde in der bilder sowie die Vortrags- und Büchereivermittlung, Villa Giusti bei Padua der Waffenstillstand zwischen darüber hinaus aber auch die Errichtung von Volks- Österreich-Ungarn und der Entente unterzeichnet. bildungshäusern auf dem Lande nach dem Muster Nachdem bereits am 28. Oktober in Prag die der nordischen Bauernhochschulen.57 Tschechoslowakische Republik ausgerufen worden Am Ausgang der Monarchie stellte sich der Stand war, und am Tag darauf die südslawischen Gebiete der bildungspolitischen Verhandlungen zur näheren der Monarchie ihren Zusammenschluss zu einem Bestimmung des Verhältnisses von Staat und Volks- selbständigen Staat im Verbund mit Serbien erklär- bildung nach einem zweijährigen Diskussions- und ten, wurde nach dem am 11. November erfolgten Klärungsprozess folgendermaßen dar: Sowohl in- Verzicht Kaiser Karls I. „auf jeden Anteil an den nerhalb des dafür als zuständig erachteten Unter- Staatsgeschäften“ am 12. November 1918 vor dem richtsministeriums als auch in weiten Teilen der Wiener Parlament die Republik „Deutschösterreich“ freien Volksbildungseinrichtungen Wiens gelangte ausgerufen. Aus den Wahlen zur Konstituierenden man zur Überzeugung, dass der Staat durch die Nationalversammlung am 16. Februar 1919 gingen Errichtung einer Zentralstelle für Volksbildung im die Sozialdemokraten als die stärkste Partei hervor, Unterrichtsministerium sowie von nachgeordneten die gemeinsam mit den Christlichsozialen eine Ko- Dienststellen in den Kronländern und Bezirken der alitionsregierung bildete. Regierungschef Staats- freien Volksbildungsarbeit anregend, beratend sowie kanzler ernannte am 15. März 1919 den finanziell, aber auch sachlich fördernd zur Seite sozialdemokratischen Lehrer und Schulreformer Dr. stehen sollte. Parallel dazu wurde eine – von einigen Otto Glöckel zum Unterstaatssekretär für Unterricht Volksbildungseinrichtungen als zu weitgehend er- im Staatsamt für Inneres und Unterricht. In seiner achtete – freiwillige Organisation der Volksbildung nur kurz währenden Amtszeit bis zum Ausscheiden „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 97 der Sozialdemokraten aus der Regierung am 22. Oktober 1920 wurden in rascher Folge eine Fülle von Reformmaßnahmen im Schul-, Hochschul- und Volksbildungswesen zumeist auf dem Erlasswege initiiert, die später zwar teilweise verwässert und Am 30. Juli 1919 revidiert werden sollten, von denen aber einige eine erließ Unterstaats- beträchtliche Langzeitwirkung entfalteten und als sekretär Dr. Otto bildungspolitische Maximen nach wie vor Tagesak- Glöckel (1874–1935) das „Regulativ“ für tualität genießen. Bereits am 10. April 1919 erfolgte die Organisation des der politisch heiß umstrittene, sogenannte Glö- Volksbildungswesens ckel-Erlass, mit dem die Entkonfessionalisierung des in Deutschösterreich Schulsystems intendiert war, am 30. Juli 1919 wur- de ein „Regulativ“ zur Organisation des Volksbil- zur Hebung, Verbreitung und Vertiefung der Volks- dungswesens erlassen und am 22. Oktober 1919 bildung einerseits, die Bemühungen um einen er- erfolgte mit der Schaffung der Hochschullehrerkam- leichterten Zugang an die Universitäten anderer- mer die – kurzfristige – Etablierung einer demokra- seits, ebenso wie das Ziel einer gemeinsamen Aus- tischen Vertretung aller Hochschullehrer, welche bildung aller Lehrer (auch der Volkshochschullehrer) auch als Beratungsgremium für das Unterrichtsamt an den Hochschulen.58 fungierte. Schulreform, Hochschulreform und Volks- Auf der 25. ordentlichen Hauptversammlung der bildungspolitik hatten ihre gemeinsame Basis in den Urania Wien am 1. Februar 1919 wurden die Koess- Maximen der Individualisierung des Bildungsver- lerschen Organisationsvorschläge für das freie laufs sowie in der Demokratisierung des gesamten Volksbildungswesen mit großem Beifall und ohne Bildungswesens sowohl in organisatorischer Hin- Widerspruch genehmigt. Koessler nutzte die Anwe- sicht, als auch in Hinblick auf den Kampf gegen senheit des Rektors der Universität Wien, Univ.-Prof. „Bildungsprivilegien“. In individualpädagogischer Dr. Friedrich Becke, zu einer persönlichen Ausspra- Hinsicht verband sich die Glöckelsche Schulreform che, in der er die Notwendigkeit der staatlichen mit seiner Volksbildungspolitik durch die Reformpä- Or ganisierung des freien Volksbildungswesens nä- dagogik und das Arbeitsschulprinzip Georg Ker- herzubringen suchte und neuerlich eine Verständi- schensteiners. In gesellschaftspolitischer Hinsicht gung zwischen der Universität Wien, der ihr nahe waren die verschiedenen Maßnahmen in der Schul-, stehenden Volksbildungseinrichtungen und der Hochschul- und Volksbildungspolitik Otto Glöckels Urania Wien anregte. Dass auch die Positionen der und seiner Mitarbeiter auf das generelle Bemühen Hochschulen zur Volksbildungsfrage nicht einheit- um eine soziale Integration und die Schaffung eines lich war, zeigte sich daran, dass sich die Tierärztli- „Ausgleichs der Chancen“ zurückzuführen, der che Hochschule in Wien unter Univ.-Prof. Dr. Leo- durch einen erleichterten Übergang von einem pold Reisinger samt Professorenkollegium hinter die Bildungssystem respektive Schultypus zu einem Organisationsbestrebungen der Urania Wien gestellt anderen erreicht werden sollte. Flankierend zu den hatte, insbesondere was den Aufbau der Volksbil- Reformen im Schulsystem traten die Maßnahmen dung auf dem flachen Land betraf.59 Am 4. Februar 98 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

1919 kam es seitens Koesslers abermals zu einer Präsentation des Entwurfs für die Vorsprache bei Rektor Becke. Koessler betonte, dass Organisation des Volksbildungswesens es der Urania fernliege, die Bedeutung der Univer- am 28. Juli 1919 sität für das Volksbildungswesen herabzumindern Am 28. Juli 1919 wurde im Parlament unter Vorsitz oder für die Führung im Volksbildungswesen kan- von Unterstaatssekretär Glöckel ein Entwurf für die didieren zu wollen. Im Rahmen einer staatlichen Organisation des Volksbildungswesens in Deutschös- Organisierung sollte der Universität eine ihrer Be- terreich präsentiert. Neben dem Gesandten der Re- deutung entsprechende Stelle zugewiesen werden. publik Deutschösterreich in Berlin, Ludo Moritz So könnte die Universität beispielsweise die Spitze Hartmann, waren der Sekretär der volkstümlichen einer Auskunfts- und Vermittlungsstelle für Vortra- Universitätsvorträge, Heinrich Joseph, der Leiter des gende sein. Sie könnte aber auch die Kurse zur Reichsbildungsamts der Volkswehr, Josef Luitpold Ausbildung der Volksbildner übernehmen, so Koess- Stern, der Sekretär der Sozialistischen Bildungszen- ler. Nichtsdestotrotz schien das Verhältnis zwischen trale, Robert Danneberg, der Rektor der Universität der Universität Wien, dem Volksheim sowie dem Wien sowie Obmann des Volksheims Ottakring, Wiener Volksbildungsverein einerseits, der Urania Friedrich Becke, anwesend, darüber hinaus Ludwig Wien andererseits von anhaltender Distanz geprägt Koessler als Vertreter der Urania Wien, Eduard Lei- zu sein. Koessler beklagte die „wiederholten Un- sching als Vertreter des Wiener Volksbildungsver- freundlichkeiten“ der mit der Universität, dem Volks- eins, Eduard Castle als Vertreter des Volksbildungs- heim und dem Volksbildungsverein verbundenen vereins Apolloneum, der Sektionschef im Finanzmi- Personen gegenüber der Urania und die wiederhol- nisterium Otto Gottlieb-Billroth als Vertreter des te Ablehnung seiner Vorschläge für eine „Gemein- Volksheims, Sektionschef Franz Heinz vom Unter- samkeitsarbeit“.60 Realpolitischer Hintergrund dieser richtsministerium, Heinz Kindermann als dortiger atmosphärischen Dissonanzen war die ab März 1919 Referent und der Physiker Univ.-Prof. Dr. Anton erfolgte Gewichtsverlagerung nicht nur in der Volks- Lampa als designierter erster Referent des Volksbil- bildungspolitik, sondern in der Bildungspolitik dungsamts im Unterrichtsministerium. Nicht ge- überhaupt. Die Initiative für die Ausgestaltung eines laden waren Vertreter der Technischen Hochschule volksbildungspolitischen Regelwerks ging auf den und der Hochschule für Bodenkultur, wo sich in- sozialdemokratischen Unterstaatssekretär Glöckel zwischen ebenfalls eine, wenn auch im Vergleich und seine Mitarbeiter über, was auch eine Gewichts- zur Universität Wien ungleich bescheidenere Volks- verlagerung zu Gunsten der universitären Volksbil- bildungstätigkeit entfaltet hatte. Koessler verlangte dung zur Folge hatte. In die Diskussionen und Ver- daher die Zuziehung der beiden genannten Hoch- handlungen während des Frühlings und Frühsom- schulen sowie die Vertagung der Sitzung, um den mers 1919 bis zum Erlass des Unterstaatssekretärs eben erst erhaltenen Entwurf zur Organisierung der für Unterricht an alle Landesschulräte und Landes- Volksbildung eingehend studieren zu können. Da regierungen, betreffend die Genehmigung eines Ludo Moritz Hartmann nur mehr bis zum folgenden „Regulativs“ für die „Organisation des Volksbil- Tag in Wien anwesend war, wurde dem Verlangen dungswesens in Deutschösterreich“ am 30. Juli 1919 nicht entsprochen. So wurde das – wie Koessler es war Koessler nicht mehr eingebunden. bezeichnete – „Operat“ im Ganzen und dann Punkt „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 99 für Punkt verlesen. Die erste Reaktion war, dass der darin vorgesehene Apparat sehr bürokratisch wäre. Josef Luitpold Stern sprach der beabsichtigten Grün- Der zunächst als dung überhaupt die Lebensfähigkeit ab und erklär- Ministerialkonzipist, te, dass er zur Volksbildungsarbeit der Universität dann als Ministerial- kein Vertrauen habe. Er meinte auch, dass die vor- vizesekretär im gesehene Organisation in sich widersprüchlich sei, Volks bildungsamt tätige, später als worauf erwidert wurde, dass es sich hierbei um ei- Universitätspro- nen Kompromiss gegensätzlicher Standpunkte fessor für Theater- handle. Sektionschef Heinz gestand stilistische und wissenschaften und praktische Mängel ein. In einem Brief an den spä- vehementer ideo- logischer Vertreter teren Leiter der Abteilung Volksbildung im Bundes- des Nationalsozia- ministerium für Unterricht, Gustav Adolf Witt, be- lismus bekannt gewordene Dr. Heinz Kindermann (1894–1985) schrieb Koessler seine Position in der Sitzung fol- war 1919 für die Textierung des „Regulativs“ zuständig gendermaßen: „Ich war in einer schwierigen Lage, da ich einer geschlossenen Gesellschaft gegenüber- eliminieren und die oberste Vertretung der Volksbil- stand, die sich vorher untereinander verständigt dungsvereinigungen durch freie Wahl bestellen zu hatte.“61 Gleichwohl agierte Koessler alles andere als lassen, stimmte nur Koessler selbst. Damit war ein defensiv: Er argumentierte, dass die Volksbildung, Endpunkt der in den Jahren 1917 und 1918 so domi- wie sie jetzt notwendig wäre, im Wesentlichen die nanten Rolle der Urania Wien in der Volksbildungs- landwirtschaftliche und industrielle Arbeiterschaft politik augenscheinlich geworden. Koessler sah sich befriedigen müsse. Daher wäre auch die Beteiligung wiederholt zu betonen veranlasst, dass seine Argu- der Technischen Hochschule und der Hochschule mente rein der Zweckmäßigkeit entstammten und für Bodenkultur erforderlich, wobei zugesichert die Interessen der Urania keine Rolle spielten. Dem wurde, nachträglich das Einvernehmen mit beiden gegenüber warf Koessler dem Referenten Kinder- Hochschulen zu pflegen. Ein weiterer Einwand mann vor, „eine vorbehaltlose und zum Teile un- Koesslers war, dass das vorliegende Operat nur auf über legte Anhängerschaft für die Pläne des Dr. die intellektuelle Bildung zugeschnitten wäre, dass Hartmann“ an den Tag zu legen: „Ich hatte sogleich aber von der Volksunterhaltung und der Kunst den Eindruck, daß die ganze Organisation auf die ausgegangen werden müsse. In diesem Zusammen- Person des Dr. Hartmann zugeschnitten ist“, so hang kritisierte Koessler die für ihn zu starke Posi- Koessler, der sogar die Gefahr einer „Diktatur über tion der universitären Volksbildung insbesondere das Volksbildungswesen“ heraufdämmern sah. Das bei den geplanten „Volksbildungs-Arbeitsgemein- war wohl übertrieben, und im eigentlichen Sinn des schaften“ an den drei deutschösterreichischen Uni- Wortes auch gänzlich falsch. Was Koessler jedoch versitäten (Wien, Graz und Innsbruck), die aber für richtig einschätzte, war, dass das Staatsamt für Hartmann den Kern der neuen Organisation dar- Unterricht nach einer kleinen Umarbeitung des stellten, bezüglich dessen er auch jeden Kompromiss Entwurfs bald mit einer Vollzugsanweisung heraus- ablehnte. Für Koesslers Antrag, diesen Punkt zu kommen werde.62 100 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

Bestimmungen des „Regulativs“ bildungsamts am Sitz jedes Landesschulrats (außer vom 30. Juli 1919 Wien) zu bestellen sind. Dieser staatlichen, von oben „Um das Volksbildungswesen in Deutschösterreich nach unten gehenden Behördenstruktur sollte eine zur Entwicklung zu bringen“, wurde tatsächlich nur von unten nach oben gehende vierstufige Organi- zwei Tage später, am 30. Juli 1919, seitens des deut- sation von Bildungsräten (Ortsbildungsräte, Kreis- schösterreichischen Unterstaatssekretärs für Unter- bildungsräte, Landesbildungsräte und an der Spitze richt, Otto Glöckel, „bis auf weiteres“ ein Erlass der deutschösterreichische Volksbildungsrat samt „betreffend die Genehmigung eines Regulativs für Arbeitsausschuss) beigestellt sein, die im dritten die Organisation des Volksbildungswesens in Deut- Abschnitt des „Regulativs“ näher ausgeführt werden. schösterreich“ an alle Landesschulräte und Landes- Der erste, seitens des freien Volksbildungswesens regierungen herausgegeben.63 teils heftig kritisierte und in seinen möglichen Implikationen zur Sorge Anlass ge- bende Satz lautet: „Dem Un ter richts- amt kommt die ober ste Leitung und Beaufsichtigung des gesamten Volks- bildungswesens in Deutsch österreich zu.“ Der Einfluss der Universitäten wird bei den Landesbil- Das „Regulativ“ wurde auch in der ministeriellen Zeitschrift Volksbildung. Zeitschrift für die Förderung des Volksbildungs- dungsräten deutlich, die sich zu drei Volks bildungs- wesens in (Deutsch-)Österreich 1919 publiziert Arbeitsgemeinschaften, gemäß den Sprengeln der Universitäten Wien (Wien, Niederösterreich, Ober- Der Text des „Regulativs“ gliedert sich in drei österreich und Salzburg), Graz (Steier mark und Abschnitte: Im ersten wird auf das zu errichtende, Kärnten) und Innsbruck (Tirol und Vorarlberg), dem Unterrichtsamt unmittelbar nachgeordnete zusammenschließen sollten, deren Vorsitz der Ob- „deutschösterreichische Volksbildungsamt“ einge- mann des Ausschusses für volkstümliche Hochschul- gangen, dem die Gesamtorganisation des Volksbil- kurse an der betreffenden Universität innehat. Die dungswesens in Deutschösterreich obliegt und dem Mitglieder aller drei Volksbildungs-Arbeitsgemein- als beratendes Organ der Volksbildungsrat zur Seite schaften bilden den in Wien tagenden deutschöster- steht. Im zweiten Abschnitt wird auf die zu schaf- reichischen Volksbildungsrat, der einen 20-gliedri- fenden „Landesreferenten für das Volksbildungswe- gen Arbeitsausschuss nominiert, der dem Volksbil- sen“ eingegangen, die zur Unterstützung des Volks- dungsamt als ständiger Beirat zur Seite steht. „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 101

Das „Regulativ“ von 1919 ist das Ergebnis einer Rechtliche Implikationen zweieinhalbjährigen Diskussion über die Organisa- Mit dem Erlass des Unterstaatssekretärs für Unter- tion der Volksbildung in Österreich. Koesslers Vor- richt vom 30. Juli 1919 betreffend die Genehmigung schlag zur Errichtung einer staatlichen Zentralstelle eines „Regulativs“ für die Organisierung des Volks- zur Förderung des freien Volksbildungswe sens fin- bildungswesens in Deutschösterreich wurde staatli- det sich darin ebenso verwirklicht wie sein für die cherseits erstmals das „Volksbildungswesen“ amtlich Gegebenheiten der Monarchie entwickeltes Konzept und öffentlich zur Kenntnis genommen, mit der eines „doppelten“ Aufbaus der Volksbildungsorga- Intention, dem Unterrichtsamt die oberste Leitung nisation – einer staatlichen, beim Unter richts mini- und Beaufsichtigung des gesamten Volksbildungs- sterium sowie bei den Landesschulräten angesiedel- wesens in Deutschösterreich zuzuweisen. Diese ten Behördenstruktur einerseits, einer freiwilligen ohne Mitwirkung des Nationalrats erlassene Minis- Vereinigung der Volksbildungseinrichtungen in den terialverordnung konnte sich jedoch auf kein Gesetz jeweiligen Gebietskörperschaften andererseits. Auch stützen. Der Artikel 14 des von der Konstituierenden fanden Organisationsvorschläge, die auf der Volks- Nationalversammlung am 1. Oktober 1920 beschlos- bildungstagung Anfang November 1918 seitens der senen Bundes-Verfassungsgesetzes hielt lediglich universitären Volksbildung präsentiert wurden, Folgendes fest: „Auf dem Gebiet des Schul-, Erzie- Eingang in das „Regulativ“ – so etwa die Idee der hungs- und Volksbildungswesens wird der Wir- Sprengeleinteilung nach den Universitätsstandor- kungsbereich des Bundes und der Länder durch ein ten. besonderes Bundesverfassungsgesetz geregelt“64, Das „Regulativ“ ist zugleich vor dem Hintergrund womit die politische Nichteinigung zwischen Sozial- der Veränderungen im Gefolge des Endes des Ersten demokratie und Christlichsozialen in der Kompe- Weltkriegs und des Zusammenbruchs der Monar- tenzregelung zwischen Bund und Ländern in Bil- chie mit ihren teils revolutionären Begleiterschei- dungsfragen verfassungsrechtlich zum Ausdruck nungen („Rätedemokratie“) zu sehen; was am „frei gebracht wurde.65 Doch eben aufgrund dieser Fest- von unten her“ wachsen sollenden System von schreibung des bildungspolitischen Status quo zwi- Ver treterkörperschaften in Form der demokratisch schen den beiden Parteien war es für Glöckel un- konzipierten Bildungsräte zu erkennen ist. möglich, eine Änderung im Bildungssystem auf Das „Regulativ“ ist aber auch Ausdruck des poli- gesetzlichem Weg zu bewirken, infolgedessen er den tischen Gestaltungswillens einer kurzzeitig regie- durchaus erfolgreichen Erlassweg zur Erreichung renden Sozialdemokratie, welche der universitären, seiner Schul-, Hochschul- und Volksbildungsreform wissenschaftszentrierten Volksbildung ein stärkeres beschritt.66 Gewicht geben wollte; so wie der weitere, selektive Damit war aber das „Glöckel-Regulativ“ der An- Gebrauch respektive Nichtgebrauch des „Regulativs“ fechtung vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß durch das nachfolgende, bis 1938 stets christlichso- Artikel 139 des Bundesverfassungsgesetzes vom 1. zial – beziehungsweise „vaterländisch“ – geführte Oktober 1920 (St.G.Bl. Nr. 450) ausgesetzt: „Eine Unterrichtsministerium Ausdruck einer rechtskon- solche Anfechtung ist freilich nicht erfolgt; dies servativen Volksbildungspolitik ist. darum, weil das Bundesministerium seine diesbe- zügliche Tätigkeit lediglich auf die Anregung zur 102 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

Gründung von Ortsbildungsräten und auf die Be- richtungen könnten dagegen dazu führen, den stellung von Landesreferenten für das Volksbil- schöpferischen Kräften des Volksbildungswesens dungswesen, also auf immerhin begrüßenswerte ihre Arbeit zu verleiden und ihrer Wirksamkeit Aktionen beschränkt, im übrigen von der in diesem Hemmnisse zu bereiten, die teils in den Eigentüm- Gesetze vorgesehenen Reglementierung des Volks- lichkeiten des Amtsganges, teils in politischen Ge- bildungswesens Abstand genommen hat, weil end- gensätzlichkeiten, auch etwa in der Tendenz zur lich die im Rahmen dieser Reglementierung ver- Ausdehnung des staatlichen Machtbereiches ihren suchte Bildung des Wiener Landesbildungsrates Grund haben könnten.“68 tatsächlich nicht zustandegekommen ist.“ So die In seiner grundsätzlichen Kritik am „Regulativ“ Rechtsauffassung von Univ.-Prof. Dr. Robert Bartsch, verwies Koessler auf seine Vorschläge an das k.k. der die Urania Wien in juristischen Angelegenheiten Ministerium für Kultus und Unterricht vom Jahre beriet, und der davon überzeugt war, dass eine 1918, wo er eine staatliche Zentralstelle zur Förde- Klage beim Verfassungsgerichtshof zweifellos zum rung der freien Volksbildung vorgeschlagen hatte, Erkenntnis der Gesetzeswidrigkeit dieser Verord- während den freien volksbildnerischen Kräften der nung und sohin zu ihrer Aufhebung führen würde, Zusammenschluss zu einer eigenständigen, freien eben weil kein Gesetz bestand, aufgrund dessen das Vereinigung und die schöpferische Tätigkeit auf dem Unterrichtsministerium die oberste Leitung und Gebiet der Volkserziehung vorbehalten wäre. Nach Beaufsichtigung des Volksbildungswesens zu bean- dem „Regulativ“ oblag jedoch dem Volksbildungs- spruchen berechtigt war.67 amt die Durchführung der Gesamtorganisation des Für Bartsch war sowohl die Kaiserliche Verord- Volksbildungswesens in Deutschösterreich, die Ein- nung vom 27. Juni 1850, welche den Privatunter- flussnahme auf die Errichtung neuer Volksbildungs- richt unter die Aufsicht der Schulbehörden stellt, als einrichtungen und die Errichtung von Volksbil- auch das Schulgesetz vom 25. Mai 1868, demzufolge dungsauskunftsstellen, während der Volksbildungs- die oberste Leitung und Aufsicht über das gesamte rat beziehungsweise dessen Arbeitsausschuss dem Unterrichts- und Erziehungswesen dem Staate zu- Volksbildungsamt nur als beratendes Organ zur steht, nur auf das Schulwesen und nicht auf das Seite stehen sollte. Auch der Landesbildungsrat Volksbildungswesen anwendbar. Auf der anderen sollte dem Landesbildungsreferenten als Beirat zur Seite gab es kein Gesetz, durch welches die Volksbil- Seite stehen und Volksbildungsfragen nur im Ein- dungseinrichtungen einer staatlichen Einflussnah- vernehmen mit dem Volksbildungsamt beziehungs- me unterworfen worden wären: „Die Festhaltung weise mit dem Landesbildungsreferenten lösen. Den des Standpunktes der Freiheit und Unabhängigkeit Volksbildungs-Arbeitsgemeinschaften wären die des Volksbildungswesens scheint mir“ – so Koessler Vorsitzenden und Sekretäre vorbestimmt, und alle dazu resümierend – „für dessen Entwicklung und Geschäftsordnungen bedürften der Genehmigung Zukunft von der größten Bedeutung zu sein. Die des Volksbildungsamts beziehungsweise des Unter- Inanspruchnahme der obersten Leitung und Auf- richtsamts, so die Kritik Koesslers: „Nach dem Re- sicht über das Volksbildungswesen seitens der Schul- gulativ ist also nur eine einzige selbständige, näm- behörden […] beziehungsweise die Anerkennung lich eine staatliche Organisation des Volksbildungs- dieser Abhängigkeit seitens der Volksbildungsein- wesens vorgesehen, innerhalb deren die freien „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 103

Volksbildungskräfte nur eine beratende Funktion gesetzliche Regelung des Verhältnisses des Staates haben sollen.“69 (des Bundes, der Länder und Gemeinden) zum Doch abgesehen davon, dass im „Regulativ“ „über- Volksbildungswesen wäre daher von größter Bedeu- mäßig viele“ Instanzen vorgesehen wären und dass tung für die zeitgemäße Entwicklung des freien den Sekretariaten der volkstümlichen Universitäts- Volksbildungswesens, so Koessler. Der Staat solle vorträge ein „zum Widerspruche herausforderndes gegenüber der freien Volksbildung fürsorglich und Vorrecht“ eingeräumt werde, stellte für Koessler das schützend auftreten und diese nicht obrigkeitlich „Regulativ“ ein für die Freiheit des Volksbildungs- behandeln. Notwendig wäre dabei auch die unpar- wesens verhängnisvolles Präjudiz dar, „das umso teiliche Stellung des Volksbildungsamts zu allen gefährlicher ist, als für das Eingreifen der Staatsre- Volksbildungsvereinigungen.71 gierung durch die Zerfahrenheit des freien Volksbil- Im November 1921 forderte Koessler die Umwand- dungswesens und durch die geringe Tätigkeit der lung des „Regulativs“ in eine Amtsinstruktion für Volksbildungseinrichtungen auf dem flachen Lande das Volksbildungsamt und das Fallenlassen der dermalen eine Art von praktischer Legitimation Staatshoheit über die Organisation des freien Volks- besteht.“ Diese, seine Bedenken hatte Koessler dem bildungswesens. Dies sei umso dringender geboten, Unterrichtsministerium und dem Volksbildungsamt da die ganze Kraft und alle verfügbaren Mittel ebenso mitgeteilt, wie Eduard Brückner von den notwendig sein werden, um das freie Volksbildungs- volkstümlichen Universitätsvorträgen: „Sache der wesen auf dem Lande staatlich anzuregen, zu för- freien Volksbildungseinrichtungen wäre es aber dern und zu schützen.72 nach meiner Anschauung, sich wenigstens bei die- sem Anlasse zu einer gemeinsamen Stellungnahme „,Gott sei Dank‘ nicht zur Durchführung aufzuraffen, um eine dauernde Entrechtung des gelangt …“ freien Volksbildungswesens hintanzuhalten und Der seit dem Ausscheiden der Sozialdemokratie aus über ihr Verhältnis zum Volksbildungsamte zu be- der Regierung im Oktober 1920 für die Unterrichts- raten und schlüssig zu werden.“70 angelegenheiten zuständige christlichsoziale Vize- Im September 1921 beklagte Koessler gegenüber kanzler Breisky war im Juli 1921 der Meinung, dass dem mit der Leitung des Innen- und Unterrichtsmi- das „Regulativ“ „offenbar nicht gültig“ sei, da es auf nisteriums beauftragten christlichsozialen Vizekanz- ler Walter Breisky abermals „den Mangel einer ge- setzlichen Regelung des Verhältnisses des Staates zum freien Volksbildungswesen“. Denn dieser Man- gel einer gesetzlichen Stellungnahme habe den missverständlichen Standpunkt des „Regulativs“ Der für das Unterrichts- verschuldet, dass das freie Volksbildungswesen ein ministerium zuständige, Teil des im Artikel 17 des Staatsgrundgesetzes vom christlichsoziale Vize- kanzler Walter Breisky 21. Dezember 1867 geregelten Unterrichts- und Er- (1871–1944) erachtete ziehungswesens sei und daher der obersten Leitung 1921 das „Regulativ“ und Beaufsichtigung des Staates unterstehe. Eine als nicht gültig 104 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

keinem Gesetz beruhe.73 Im August 1921 teilte Breis- heit gebe, dass dieses Aufsichtsrecht zu einem spä- ky Koessler vertraulich mit, dass er den Eindruck teren Zeitpunkt nicht in einem anderen, weitgehen- gewonnen habe, dass „ich zweckmässiger Weise deren Sinn ausgelegt würde.75 zunächst mit den Regierungsparteien in der Sache Koessler wollte diese Causa zu einer gemeinsa- Fühlung nehmen müsse. […] Ich möchte dabei aber men Stellungnahme der neutralen Volksbildungs- darauf hinweisen, daß die Einrichtung der ,Landes- einrichtungen nützen. Da aber das Volksheim „von referenten‘ wohl nicht beseitigt werden könnte, da verlässlicher Seite“ erfahren hatte, dass der Wiener die Landesregierungen, soviel mir bekannt, auf Stadtschulrat nicht die Absicht habe, die Frage seiner diese die Länderautonomie zum Ausdrucke bringen- Einflussnahme auf das freie Volksbildungswesen de Institution kaum verzichten würden.“74 weiter zu betreiben, war für dieses der unmittelbare Die rechtlich ungeklärte Lage führte in den fol- Anlass zu einer gemeinsamen Stellungnahme weg- genden Jahren zu Beschwerden seitens Wiener gefallen: „Was die von Ihnen, sehr geehrter Herr Privatschulen, dass der Wiener Stadtschulrat sein Präsident, gegebene Anregung anbelangt, auf die Aufsichtsrecht über den schulmäßigen Unterricht gesetzliche Festlegung der Freiheit und Unabhän- nicht auch auf die Wiener Volksbildungseinrichtun- gigkeit des gemeinnützigen Volksbildungswesens gen erstrecke. Bei diesen Beschwerden stützte man und seiner Ansprüche auf Unterstützung seitens des sich auf die Kaiserliche Verordnung vom 27. Juni Bundes, der Länder und Gemeinden hinzuarbeiten, 1850 (R.G.Bl. 309) und das provisorische Gesetz sind wir nach reiflichster Ueberlegung zu der An- über den Privatunterricht, die man auf Volkshoch- sicht gekommen, daß es nicht zweckmässig wäre, schulkurse aus den Bereichen Musik und Gesang, eine derartige gesetzliche Regelung unter den ge- fremde Sprachen, Zeichnen und Malen, Handfertig- genwärtigen Verhältnissen anzustreben.“76 Auch der keiten und rhythmische Gymnastik in Anwendung Wiener Volksbildungsverein reagierte ablehnend bringen wollte. Dies veranlasste im Oktober 1926 und wollte vorläufig keine Schritte in diese Richtung den Wiener Stadtschulrat, die diesbezügliche Mei- setzen. Die Anregung einer gesetzlichen Regelung nung der drei Wiener Volkshochschulen (Urania wurde zwar als „sehr beachtenswert“ bezeichnet, Wien, Wiener Volksbildungsverein, Volksheim) ein- aber die politische Lage gebe derzeit wenig Hoff- zuholen. Diese waren einhellig der Meinung, dass nung auf eine befriedigende Lösung. Allenfalls sich die Volksbildungseinrichtungen auf keinen Fall sollte sich ein zu schaffender Bund der österreichi- ohne weiteres der Aufsicht einer Schulbehörde un- schen Volksbildungseinrichtungen damit befassen.77 terstellten. Dies würde der Idee des Volksbildungs- Schließlich kam Koesslers Vorstoß anlässlich ei- wesens widersprechen und die gesamte Arbeit in ner Unterredung bei Stadtschulratspräsident Glöckel Misskredit bringen. Zwar wurde seitens des Stadt- am 19. November 1926 zur Sprache, wobei Koessler schulrats zugesichert, dass es sich bei der Anwen- bekannte, dass er die Gelegenheit nützen wollte, dung der Schulaufsicht nur um eine zur Kenntnis- die ihm der Referent des Stadtschulrats aufgrund nahme handeln würde, aber auch von diesem Ge- der Befragung der drei großen Volksbildungsvereine sichtspunkt aus wurde von den drei anwesenden über die Anwendung des provisorischen Gesetzes Vertretern der Wiener Volkshochschulen Ablehnung über den Privatunterricht geboten hatte: Glöckel geäußert, allein schon deshalb, weil es keine Sicher- „ge brauchte hiebei die Wendung, dass das ,Regu- „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 105 lativ‘ ,Gott sei Dank‘ nicht zur Durchführung gelangt sei“.78 Sollten diese bemerkenswerten Worte – die Koess- ler in einem Aktenvermerk festgehalten hatte – tat- sächlich von Glöckel, als dem wohl exponiertesten Der sozialdemokrati- Verfechter der Säkularisierung des Bildungssystems, sche Wiener Finanz- in dieser Form getätigt worden sein, so wären sie stadtrat Hugo Breitner nicht ganz richtig gewesen. Denn in der Zwischen- (1873–1946) plädierte für eine zeit war es zur Konstituierung von zahlreichen, Zentralisierung wenn auch nur kurzlebigen – im „Regulativ“ vorge- innerhalb des Wiener sehenen – Ortsbildungsräten gekommen, ebenso Volksbildungswesens zur – gescheiterten – Etablierung des Wiener Volks- bildungsrats und zur Ernennung der Landesreferen- wie die Volksbildungs-Arbeitsgemeinschaft des ten für das Volksbildungswesen. Nicht zuletzt hatte Sprengels Wien in der Erfüllung ihrer Aufgaben das staatliche Volksbildungsamt seine Arbeit aufge- unterstützen. Inhaltliche Aufgabe des Wiener Volks- nommen. bildungsrats sollte die Expansion des Volksbücherei- wesens, die Ausgestaltung des Volkshochschulbe- Eklat im Wiener Volksbildungsrat triebs, des volkstümlichen Vortrags- und Konzert- Auf Landesebene sah das „Regulativ“ die Errichtung wesens sowie die Erschließung der Museen und von „Landesbildungsräten“ (für Wien den „Wiener Sammlungen Wiens für Volksbildungszwecke sein.80 Bildungsrat“) vor. In diesem Sinne lud der zustän- Der Entwurf der Geschäftsordnung ließ am Ein- dige sozialdemokratische Wiener Gemeinderat Josef fluss der sozialdemokratisch regierten Stadtverwal- Hellmann ab Herbst 1919 zu Beratungen und Sit- tung keinen Zweifel: Mitglieder des Wiener Volksbil- zungen, welche die Ausgestaltung des Wiener Volks- dungsrats wären die von der Kommune bestellten bildungsrats sowie die Aufstellung eines Arbeitspro- Vertreter der Gemeinde, der vom Unterrichtsamt gramms zum Inhalt hatten. Auch die gebündelte bestellte Landesreferent für Wien, ferner alle jene Adressierung der Wünsche und Vorschläge der Volksbildungsorganisationen und sonstigen Körper- einzelnen Wiener Volksbildungsinstitute an die Stadt schaften sowie Vertreter der Fakultäten. Den Vorsitz Wien war Thema der Verhandlungen, wobei Finanz- sollte ein auf drei Jahre gewähltes Mitglied der ge- stadtrat Hugo Breitner einen gemeinsamen Subven- meinderätlichen Delegation führen. Die dem Wiener tionsantrag aller Wiener Volksbildungshäuser, even- Volksbildungsrat angehörenden Körperschaften tuell durch den Wiener Volksbildungsrat, wünsch- hätten ohne Rücksicht auf die Zahl ihrer Mitglieder te.79 je eine Stimme, die Kommune Wien sollte zwei Als Landesbildungsrat für das Land Wien sollte Stimmen bekommen, wobei zur Beschlussfassung der Wiener Volksbildungsrat eine Kommunikations- eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen wäre.81 und Verständigungsplattform für die Wiener Volks- Soweit sollte es aber gar nicht kommen. In der bildungsorganisationen aller Richtungen sein und Sitzung des Wiener Volksbildungsrats am 8. Juli den Wiener Landesreferenten für Volksbildung so- 1921 im Wiener Rathaus, auf der auch die Entwür- 106 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

fe für Programm und Geschäftsordnung zur Diskus- Wiener Volksbildungsrats. Im Namen der genannten sion gestellt werden sollten, kam es zum Eklat. In- zehn zeigte man sich verwundert, dass nach deren folge einer vom Vorsitzenden Hellmann verursach- Weggang die zurückgebliebene Minderheit dies be- ten „Vergewaltigung“ der Vorsitzführung verließen nützte, um entgegen der seitens der Zweidrittel- die Vertreter von zehn Wiener Volksbildungsver- mehrheit nachdrücklich erklärten Ablehnung des einigungen unter Federführung Koesslers den Sit- „Regulativs“ die Konstituierung des Wiener Landes- zungssaal.82 Die verbliebene Minorität, bestehend bildungsrats aufgrund eben dieses „Regulativs“ aus den volkstümlichen Universitätskursen, dem auszusprechen. Man erachtete daher alle nach dem Wiener Volksbildungsverein, dem Verein Volksheim Weggang von der Minderheit gefassten Beschlüsse und zwei sozialdemokratischen Vereinen, konstitu- als ungültig. Weiters wurde erklärt, dass man den ierte sich aufgrund des „Regulativs“ als Landesbil- Fortbestand des Wiener Volksbildungsrats wünsche dungsrat und beschloss die Zuziehung weiterer so- und bereit sei, an dessen Versammlung und Orga- zialdemokratischer Bildungsorganisationen.83 Die- nisierung weiter teilzunehmen, „soferne uns eine ser – wie es Koessler nannte – „bedeutungslose unparteiische Handhabung der Verhandlungslei- Rumpf“ nahm en bloc die Organisationsvorschläge tung gewährleistet wird.“86 von Eduard Leisching an und fasste den Beschluss, eine größere Anzahl von Bildungsorganisationen „Regulativ“-Revision im Wege der Kooptierung zuzuziehen.84 Am 13. Juli 1921 wurde auf einer Besprechung bei Gegen diese Vorgangsweise erhob der Vorstand Vizekanzler Breisky seitens des Wortführers Koessler der Urania Wien einstimmig Protest: „Der gefertigte das Begehren gestellt, dass eine Enquête zur Abän- Vorstand beehrt sich sohin dem Wiener Volksbil- derung des „Regulativs“ einberufen werden solle, dungsrate zur Kenntnis zu bringen, daß das Volks- und dass die Stellung des Volksbildungswesens zum bildungshaus Wiener Urania nicht in der Lage wäre, Staate der Gesetzgebung vorbehalten werde. Ferner sich an einer Organisation des freien Volksbildungs- wurde das Ersuchen gestellt, dass der am 8. Juli 1921 wesens zu beteiligen, die auf Grund des Regulativs konstituierte Wiener Volksbildungsrat keinesfalls als in seiner gegenwärtigen Gestaltung erfolgen sollte Landesbildungsrat anerkannt werden möge. Breisky und solchermaßen die Anerkennung des Rechtes legte Wert darauf, dass die Anwesenden der schon der Regierung zur obersten Leitung, Aufsicht und früher erfolgten Konstituierung als Landesbildungs- Organisierung des freien Volksbildungswesens be- rat nicht opponierten, schloss sich aber der An- inhalten würde.“85 schauung an, dass aufgrund der Regellosigkeit der In einem gemeinsamen Brief an Josef Hellmann Versammlung ein solcher Protest notwendig war. vom 27. Juli 1921 kritisierten Ludwig Koessler, Ru- Koessler machte geltend, dass die Frage des „Regu- dolf Halter vom Volksbildungsausschuss der Tech- lativs“ erst durch Professor Hartmann akut gemacht nischen Hochschule Wien und Eduard Castle vom worden sei, der die Konstituierung des Landesbil- Volksbildungsverein Apolloneum dessen Vorsitz- dungsrats aufgrund des „Regulativs“ beantragte: führung. Ihr Weggang richte sich ausschließlich „Wir glaubten, daß damit politische Absichten ver- gegen die „höchst unzweckmäßige Art der Verhand- bunden sind und wehrten uns dagegen hauptsäch- lungsleitung“ und nicht gegen den Bestand des lich aus der Besorgnis, daß die Handhabung des „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 107

Regulativs zur Politisierung der Volksbildung führen dem Unterrichtsamt die „oberste Leitung und Be- könne.“87 aufsichtigung des gesamten Volksbildungswesens“ Am 3. November 1921 fand in der Vorstandskanz- in Deutschösterreich vorbehalten, und dem Volks- lei der Urania Wien ein Treffen der Vertreter des bildungsamt die Durchführung der Gesamtorgani- Volksbildungsausschusses der Technischen Hoch- sation des Volksbildungswesens übertragen werden, schule, des Ausschusses für volkstümliche Kurse an fallen gelassen wurde. Statt dessen führten die der Hochschule für Bodenkultur, des Ausschusses „Richtlinien“ in Paragraph 1 unverfänglich aus, dass der volkstümlichen Kurse an der Tierärztlichen die „dem Unterrichtsamte obliegende Förderung des Hochschule, der volkstümlichen Akademie- und Volksbildungswesens in Österreich […] vom Volks- Fachkurse an der Akademie für Musik und darstel- bildungsamt durchgeführt [wird], das dem Unter- lende Kunst, des Technischen Museums für Industrie richtsamt eingegliedert ist.“ 89 und Gewerbe, der Freien Vereinigung für technische Damit war für Koessler „die Absicht und die Ge- Volksbildung, des Fortbildungsvereins Reunion, des fahr der Reglementierung und Bevormundung des Vereins Wiener Volkslesehalle, des Volksbildungs- freien Volksbildungswesens gefallen“90. vereins Apolloneum sowie des Volksbildungshauses Urania Wien statt, auf dem einstimmig beschlossen Anmerkungen: wurde, sich zu einem „Verbande der freien Volksbil- 1 So der Präsident der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, im Protokoll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unterrichtsmi- dungseinrichtungen Wiens“ zu vereinigen. Dieser nister Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918. In: Österreichisches sollte alle in der Stadt tätigen volksbildnerischen Volkshochschularchiv (ÖVA), Bestand Urania Wien, Box „Allge- meine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 3. Vereinigungen und Kräfte aufnehmen. Man erhob 2 Grundlegend: Helmut Engelbrecht, Geschichte des österreichi- abermals Protest gegen die Konstituierung des schen Bildungswesens. Erziehung und Unterricht auf dem Boden Österreichs, Bd. 4: Von 1848 bis zum Ende der Monarchie, Wien Wiener Landesbildungsrats und erklärte, die Bil- 1986, 329 ff.; Christian H. Stifter, Geistige Stadterweiterung. Eine dung eines „Reichsverbandes der freien Volksbil- kurze Geschichte der Wiener Volkshochschulen 1887–2005 (= Enzyklopädie des Wiener Wissens, Bd. 3: Volksbildung), dungseinrichtungen für Österreich“ anzustreben. Weitra o.J. [2005], 35 ff.; Wilhelm Filla, Von der freien zur Schließlich sprach man sich gegen die Bildung integrierten Erwachsenenbildung. Zugänge zur Geschichte der Erwachsenenbildung in Österreich. Ein Studienbuch (= Schrif- weiterer Landesbildungsräte aus. Statt dessen sollten tenreihe des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen, Bd. 13), Frankfurt a. Main – – Bruxelles – New York – Oxford das Volksbildungsamt und die Volksbildungsreferen- – Warszawa – Wien 2014, 40 ff., 54 ff. ten in den Bundesländern Beiräte erhalten, die vom 3 Wilhelm Filla, Wissenschaft für alle – ein Widerspruch? Bevöl- Bundesminister für Unterricht beziehungsweise von kerungsnaher Wissenstransfer in der Wiener Moderne. Ein historisches Volkshochschulmodell (= Schriftenreihe des Verban- 88 den Landesregierungen zu ernennen wären. des Österreichischer Volkshochschulen, Bd. 11 – Edition Volks- Koesslers Mobilisierung der bürgerlich-liberalen hochschule), Innsbruck – Wien – München 2001, 43 ff. Zur grundsätzlichen Darlegung des Verhältnisses von Staat und und christlichsozialen Volksbildungskräfte im Hin- Volksbildung vor 1938 siehe: Gerhard Bisovsky, Bedingungen, Aufgaben und Funktionen staatlicher Erwachsenenbildungspoli- blick auf die angestrebte Revision des „Regulativs“ tik. In: Werner Lenz (Hrsg.), Bildungsarbeit mit Erwachsenen führte dazu, dass im Rahmen der 1922 erfolgten (= Bildung – Arbeit – Gesellschaft, Bd. 17), München – Wien 1994, 26 ff. und Hans Altenhuber, Staat und Volksbildung in Umwandlung des „Regulativs“ in eine Amtsinstruk- Österreich 1918-1938. In: Wilhelm Filla/Elke Gruber/Jurij Jug tion, das Ministerium „Richtlinien für die Tätigkeit (Hrsg.), Erwachsenenbildung in der Zwischenkriegszeit (= VÖV-Publikationen, Bd. 15), Innsbruck – Wien 1999, 72 ff. des Volksbildungsamtes“ erstellte, in denen der 4 „Vorschläge zur Organisation der ,Volksbildung‘ durch den umstrittene Punkt I des „Regulativs“, mit welchem Staat“. Denkschrift, Wien, am 22. März 1918. Beilage des 108 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

Schreibens des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Erwachsenenbildung vor, während und nach dem Ersten Welt- Koessler, an den k.k. Minister für Kultus und Unterricht, krieg. In: Spurensuche. Zeitschrift für Geschichte der Erwach- Dr. Ludwig Ćwikliński, vom 23. März 1918. In: ÖVA, Bestand senenbildung und Wissenschaftspopularisierung, 7. Jg., Heft Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, 2, 1996, 12 ff. Mappe 1. 15 Ludwig Koessler (1861–1927), Sohn einer Fabrikantenfamilie, 5 Ebd. studierte Fabrikantenfamilie, studierte an den Universitäten Graz, Heidelberg und Wien Jus. Nach seiner Promotion 1885 war 6 Ausführungen über die Rechtslage. Beilage zum Brief des Vor- er an der Finanzprokuratur in Graz tätig. 1886 übersiedelte er stands der Urania Wien an den Vorstand des Wiener Volks- bildungsvereins und an den Vorstand des Vereins „Volksheim“ nach Wien, wo er ab 1895 als Rechtsanwalt tätig war. Er enga- vom 30. Oktober 1926. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box gierte sich im Rahmen des Niederösterreichischen Gewerbever- „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 4. eins im „Reformklub“ und stieß von dort zur Wiener Urania, der er seit 1899 als Präsident vorstand. Nach ihrer ökonomischen 7 Ebd. Sanierung war er der Initiator zur Errichtung des neuen, heute 8 Volksbildungshaus Wiener Urania (Hrsg.), Gründung und noch bestehenden Urania-Gebäudes, das er gegen erhebliche Organisierung von Bildungsvereinen. Aus dem Vortrage des Widerstände 1910 eröffnen konnte. Koessler war Propagator der Präsidenten der Wiener Urania Dr. Ludwig Koessler, gehalten am Kinoreform und Initiator der Urania-Kulturfilme. Unter seiner 17. November 1921 im Rahmen des Kurses der Technischen Leitung strahlte die Urania Wien nach dem Ersten Weltkrieg mit Hochschule in Wien über Volksbildung. Sonderabdruck aus den der Gründung von Urania-Zweigvereinen in die Bundesländer Verlautbarungen des Volksbildungshauses Wiener Urania Nr. 42, aus. Siehe: Gustav Adolf Witt, Der Werdegang der Wiener Urania. Wien o. J., 20 f. Zum 20. Jahrestag der Wahl Dr. Koesslers zum Präsidenten der Wiener Urania. 9 Ebd. In: Volksbildung. Monatsschrift für die Förderung des Volks- 10 Ludo M. Hartmann, Fortbildung in Wien. Zentralbibliothek bildungswesens in Deutschösterreich, 1. Jg., Heft 5, 15. Februar Volksbildungsverein. Offener Brief an Eduard Reyer, Wien 1911, 1920, 144–149; Ludwig Koessler, 25 Jahre Volksbildungsarbeit 3. Zu seiner Biografie: Wilhelm Filla/Michaela Judy/Ursula 1897–1922. Aus den persönlichen Erinnerungen des Präsidenten Knittler-Lux (Hrsg.), Aufklärer und Organisator. Der Wissen- der Wiener Urania. In: Neue Wege und Ausblicke. Das Volksbil- schaftler, Volksbildner und Politiker Ludo Moritz Hartmann (= dungshaus Wiener Urania im Jahre 1920–1921, Wien 1922, 6–10; Schriftenreihe des Verbandes Wiener Volksbildung, Bd. 17), Wien Gustav Adolf Witt, Präsident Dr. Ludwig Koessler. 1992; Christian H. Stifter, Ludo Moritz Hartmann. Wissen- In: Volksbildung. Zeitschrift für die Förderung des Volksbil- schaflicher Volksbildner, sozialdeterministischer Historiker, dungswesens in Österreich, 7. Jg., 1927, Heft 4–5, 105–107; realitätsferner Politiker. In: Mitchell G. Ash/Josef Ehmer (Hrsg.), Christian Stifter, Ludwig Koessler. Mitbegründer und Präsident Universität – Politik – Gesellschaft. 650 Jahre Universität Wien der Wiener Urania. In: Spurensuche. Zeitschrift für Geschichte – Aufbruch ins neue Jahrhundert, Bd. 2, Göttingen 2014, 247– der Erwachsenenbildung und Wissenschaftspopularisierung, 255. 3. Jg., 1992, Heft 1, 16–19; Wilhelm Petrasch, Die Wiener Urania. Von den Wurzeln der Erwachsenenbildung zum lebenslangen 11 Ludo Moritz Hartmann, Das Volkshochschulwesen. Lernen, Wien – Köln – Weimar 2007, 31 ff., 53 ff.; sowie online: In: Dürerbund. 66. Flugschrift zur Ausdruckskultur, München http://www.adulteducation.at/de/historiografie/personen/74 1910, 13. Ebenso unter: http://www.adulteducation.at/de/ [8.8.2016]. literatur/textarchiv/757/ [8.8.2016]. 16 Wiener Mittags-Zeitung, 6. Oktober 1918. Zitiert bei: Petrasch, 12 Thomas Dostal, „Die Menschen haben unaufhörlich zu lernen …“ Die Wiener Urania, a.a.O., 4. Zur Geschichte des Verbandes Oberösterreichischer Volkshoch- schulen. In: Hubert Hummer/Günter Kalliauer (Hrsg.), 50 Jahre 17 „Vorschläge zur Organisierung der Volksbildung durch den Verband Oberösterreichischer Volkshochschulen, Linz 2006, 20. Staat.“ Memorandum, verfasst von Dr. Ludwig Koessler, Präsi- dent der Wiener Urania, Wien, am 22. März 1918. In: Öster- 13 Erika Gerstenmayr, Das Volksbildungswesen in Niederösterreich reichisches Staatsarchiv (ÖStA), Allgemeines Verwaltungsarchiv mit besonderer Rücksicht auf den „Allgemeinen Niederöster- (AVA), Unterricht allgemein (1848–1940), Volksbildung 1934, reichischen Volksbildungsverein“ (1886–1938), Diss., Univ. Wien Sign. 2D2, Ktn. 439, GZl. 7342-II/34: Neugestaltung des Volks- 1962, 63 f. bildungswesens in Oesterreich. Volksbildungsverordnung 14 Ludo M. Hartmann, Das Wiener Volksbildungswesen im Kriege. [handschriftlich korrigiert auf: Volksbildungsgesetz]. In: Arbeiter-Zeitung, 8. April 1917. In: Österreichisches Volks- 18 Schreiben des Vorstands des Volksbildungshauses Wiener Urania hochschularchiv, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volks- an seine Excellenz Herrn Dr. Max Freiherr von Hussarek- bildungsangelegenheiten“, Mappe 3. Zum bisher wenig erforsch- Heinlein, k.k. Minister für Kultus und Unterricht, am 22. Dezem- ten Thema Volksbildung im Krieg siehe dazu weiterführend: ber 1916. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volks- Wilhelm Filla, „Moderne Kriegskunst“ und Volksbildung. Zur bildungsangelegenheiten“, Mappe 1. Geschichte der Wiener Volkshochschulen im Ersten Weltkrieg – ein bislang unbeleuchtetes Kapitel. In: Spurensuche. Zeitschrift 19 Schreiben des Ministeriums für Kultus und Unterricht an den für Geschichte der Erwachsenenbildung und Wissenschafts- Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler am 9. März popularisierung, 6. Jg., Heft 2, 1995, 23 ff. und Klaus Taschwer, 1917 (Zl. 874). In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Friedliche Volksbildung? Ergänzungen zur Geschichte der Wiener Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 109

20 Undatiertes Typoskript. Vermutlich März 1917. In: ÖVA, Bestand Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Ein weiterer Durchschlag des Memorandums wurde an Dr. Otto Mappe 1. Gottlieb-Billroth, k.k. Sektionschef im Finanz-Ministerium, übermittelt. 21 Die Vorgeschichte des Memorandums vom 22. März 1918 wurde von Koessler am 7. Mai 1918 schriftlich zusammengefasst. Siehe: 25 „Vorschläge zur Organisation der ,Volksbildung‘ durch den Anhang zum Protokoll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Staat“, Denkschrift, Wien, am 22. März 1918. Beilage des Schrei- Unterrichtsminister Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918 vom 7. bens des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an Mai 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine den k.k. Minister für Kultus und Unterricht, Dr. Ludwig Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 3. Sowie: Protokoll der Ćwikliński, vom 23. März 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unterrichtsminister Ludwig Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. Diese Ćwikliński am 27. April 1918. In: ÖStA, AVA, Unterricht allgemein inhaltliche Bestimmung der Volksbildungstätigkeit fußte auf (1848–1940), Volksbildung 1934, Sign. 2D2, Ktn. 439, GZl. Koesslers breitem Verständnis von Volksbildung, welches nicht 7342-II/34: Neugestaltung des Volksbildungswesens in Oester- nur die Vermittlung von Wissenschaften zwecks geistiger Anteil- reich. Volksbildungsverordnung [handschriftlich korrigiert auf: nahme breiter Teile der Bevölkerung an den Fortschritten des Volksbildungsgesetz]. Wissens und Könnens umfasste, sondern sich auch auf die Entfaltung der körperlichen Fähigkeiten sowie die Pflege von 22 Protokoll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unterrichts- Kunst und Kultur auf den Gebieten der Musik, der Literatur, aber minister Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918. In: ÖStA, AVA, auch des Kinowesens und der „gehobenen“ Volksunterhaltung Unterricht allgemein (1848–1940), Volksbildung 1934, Sign. 2D2, erstreckte. Ktn. 439, GZl. 7342-II/34: Neugestaltung des Volksbildungswe- sens in Oesterreich. Volksbildungsverordnung [handschriftlich 26 „Vorschläge zur Organisierung der Volksbildung durch den korrigiert auf: Volksbildungsgesetz]. Sowie: Anhang zum Proto- Staat.“ Memorandum, verfasst von Dr. Ludwig Koessler, Präsi- koll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unterrichtsminister dent der Wiener Urania, Wien, am 22. März 1918. In: ÖStA, AVA, Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918 vom 7. Mai 1918. In: ÖVA, Unterricht allgemein (1848–1940), Volksbildung 1934, Sign. 2D2, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- Ktn. 439, GZl. 7342-II/34: Neugestaltung des Volksbildungswe- heiten“, Mappe 3. sens in Oesterreich. Volksbildungsverordnung [handschriftlich korrigiert auf: Volksbildungsgesetz]. Eine Abschrift der „Vorschlä- 23 Karl Brockhausen übersandte seine Überlegungen zur Errich- ge zur Organisation der ,Volksbildung‘ durch den Staat“ befindet tung von „Volksheimen“ zur Bildung der unteren ländlichen sich im ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbil- Volksschichten auch an den damaligen Leiter der Geschäftsstelle dungsangelegenheiten“, Mappe 1. [Hervorhebungen im Origi- des „Vereins für bäuerliche Jugendbildung in Steiermark“ in St. nal]. Martin bei Graz, Josef Steinberger, und an Viktor Geramb vom Grazer Volkskundemuseum, die am 12. Juni 1918 mit einer Denk- 27 Ebd. schrift dazu Stellung nahmen. Darin forderten sie die Bildung 28 Ebd. der ländlichen und bäuerlichen Schichten durch volkskundlich 29 und volkspädagogisch geschulte Lehrer, aber auch Priester, Ebd. Verwaltungsbeamte, Offiziere sowie Richter und Ärzte. Siehe: 30 Schreiben Ludwig Koesslers an k.k. Sektionschef im Ministerium Denkschrift 1918. In: Franz Maria Kapfhammer (Hrsg.), Josef für Kultus und Unterricht, Josef Khoss von Sternegg vom 20. Steinberger, der Gründer von St. Martin. Leben, Wirken, Schrif- April 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine ten, Graz – Wien – Köln 1970, 510 ff. Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. 24 Die Vorgeschichte des Memorandums vom 22. März 1918 wurde 31 Protokoll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unterrichts- von Koessler am 7. Mai 1918 zusammengefasst. Siehe: Anhang minister Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918. In: Österreichi- zum Protokoll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unter- sches Volkshochschularchiv, Bestand Urania Wien, Box „Allge- richtsminister Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918 vom 7. Mai meine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 3.

1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volks- 32 bildungsangelegenheiten“, Mappe 3. Sowie: Protokoll der Be- So Koessler im Protokoll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn sprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unterrichtsminister Ludwig Unterrichtsminister Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsan- Ćwikliński am 27. April 1918. In: ÖStA, AVA, Unterricht allgemein gelegenheiten“, Mappe 3. (1848–1940), Volksbildung 1934, Sign. 2D2, Ktn. 439, GZl. 7342-II/34: Neugestaltung des Volksbildungswesens in Oester- 33 Josef Khoss von Sternegg (1862–1931) wurde in Podgórze in der reich. Volksbildungsverordnung [handschriftlich korrigiert auf: Nähe von Krakau im damaligen Kronland Galizien geboren, trat Volksbildungsgesetz]. Am 23. März 1918 teilte Koessler Minister nach Beendigung seines Studiums 1885 in den Dienst der Ćwikliński mit, dass, angeregt von einem Funktionär des k.k. böhmischen Statthalterei in Prag. Seit 1887 war er bei der Ministeriums für soziale Fürsorge, er dem Minister für soziale Bezirkshauptmannschaft in Teplitz tätig, ab 1889 im k.k. Ministe- Fürsorge, Dr. Viktor Mataja, die Ideen über die Errichtung von rium für Kultus und Unterricht und ab 1895 beim niederösterrei- „Volkshäusern“ bekannt gegeben habe: Schreiben des Präsiden- chischen Landesschulrat, dessen Vizepräsident er 1909 wurde. ten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an den k.k. Minister Als solcher gab er 1916 einen Erlass heraus, der zwecks Eindäm- für Kultus und Unterricht, Dr. Ludwig Ćwikliński vom 23. März mung des Andrangs zu den Mittelschulen den Schuldirektoren 1918. In: Österreichisches Volkshochschularchiv, Bestand Urania eine besondere Zurückhaltung bei der Aufnahme von Schülern 110 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

aus „bildungsferneren“, ärmeren Schichten empfahl. Dieser 41 „Staatliche Beihilfe zum freien Volksbildungswesen“. Memo- „soziale“ Numerus clausus wurde von breiten Teilen der Öffent- randum von Dr. Ludwig Koessler. Wien, am 31. Mai 1918. In: lichkeit als dem Geist der Zeit widersprechend kritisiert. Nach ÖStA, AVA, Unterricht allgemein (1848–1940), Volksbildung heftigen Presseangriffen kehrte Khoss als Sektionschef in das 1934, Sign. 2D2, Ktn. 439, GZl. 7342-II/34: Neugestaltung des Ministerium für Kultus und Unterricht zurück, wo er unter Volksbildungswesens in Oesterreich. Volksbildungsverordnung Staatssekretär Glöckel 1920 frühzeitig pensioniert wurde. [handschriftlich korrigiert auf: Volksbildungsgesetz]. Eine Siehe: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950, Bd. 3 Abschrift der Punktation befindet sich in: ÖVA, Bestand Urania (Lieferung 14, 1964), 317 f. Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. 42 34 Protokoll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unterrichts- Bericht über die Sitzung im Unterrichtsministerium am 6. Mai minister Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918. In: ÖVA, Bestand 1918. In: Österreichisches Volkshochschularchiv, Bestand Urania Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. Mappe 3. 43 Ebd. 35 Protokoll der Besprechung bei Sr. Excellenz Herrn Unterrichts- 44 Abschrift des Protokolls der Sitzung vom 26. Juni 1918. „Volks- minister Ludwig Ćwikliński am 27. April 1918. In: ÖVA, Bestand bildung, Organisation durch den Staat“. In: Österreichisches Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Volkshochschularchiv, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Mappe 3. Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. 36 Bericht über die Besprechung im Salon des Herrn Ministers für 45 Abschrift des Briefes des Akademischen Senats der k.k. Universi- Kultus und Unterricht am 19. April 1918, 11 Uhr Vormittags. In: tät Wien, volkstümliche Universitätskurse an den k.k. Minister ÖStA, AVA, Unterricht allgemein (1848-1940), Volksbildung 1934, vom 27. Juni 1918. In: Österreichisches Volkshochschularchiv, Sign. 2D2, Ktn. 439, GZl. 7342-II/34: Neugestaltung des Volksbil- Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- dungswesens in Oesterreich. Volksbildungsverordnung [hand- heiten“, Mappe 1. Sowie: Promemoria von Dr. Ludwig Koessler, schriftlich korrigiert auf: Volksbildungsgesetz]. 21. August 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine 37 Ebd. Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. 46 38 Ebd. In einem am 4. Mai 1918 erschienenen Artikel im Neuen Ludwig Koessler, Organisation des Zusammenschlusses der freien Volksbildungseinrichtungen. Typoskript, Wien, am 2. Juli Wiener Tagblatt informierte Ludwig Koessler eine breite Öffent- 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbil- lichkeit über Notwendigkeit und Stand der Verhandlungen dungsangelegenheiten“, Mappe 1. bezüglich der Schaffung einer ministeriellen „Zentralstelle für Volkserziehung“: Ludwig Koessler, Neue Aufgaben der Volksbil- 47 Promemoria von Dr. Ludwig Koessler, 21. August 1918. In: ÖVA, dung. In: Neues Wiener Tagblatt, 52. Jg., Nr. 119, Samstag, 4. Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- Mai 1918, 9. Koessler verabsäumte es nicht, seinen Artikel heiten“, Mappe 1. verschiedenen Honoratioren des wissenschaftlichen und politi- 48 Protokoll der Beratung vom 2. Juli 1918 zum Thema „Volksbil- schen Lebens, darunter Hussarek von Heinlein, zur Kenntnis zu dung, Organisation durch den Staat.“ In: ÖVA, Bestand Urania bringen. Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. 39 „Staatliche Beihilfe zum freien Volksbildungswesen“. Memo- 49 Brief Ludwig Koesslers an Alfred Lassmann vom 17. Juli 1918. In: randum von Dr. Ludwig Koessler. Wien, am 31. Mai 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsange- ÖStA, AVA, Unterricht allgemein (1848-1940), Volksbildung 1934, legenheiten“, Mappe 1. Sign. 2D2, Ktn. 439, GZl. 7342-II/34: Neugestaltung des Volksbil- 50 Brief Ludwig Koesslers an das Sekretariat der Volkstümlichen dungswesens in Oesterreich. Volksbildungsverordnung [hand- Universitäts-Kurse vom 15. August 1918. In: ÖVA, Bestand Urania schriftlich korrigiert auf: Volksbildungsgesetz]. Eine Abschrift der Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. Punktation befindet sich in: Österreichisches Volkshochschular- 51 chiv, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsange- Schreiben Koesslers an Prof. Alfred Lassmann vom 29. August legenheiten“, Mappe 1. 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbil- dungsangelegenheiten“, Mappe 1. 40 Dieser Beirat sollte aus Vertretern des volksbildnerischen Vor- 52 Brief des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an tragswesens, des Volksbücherei- und Musealwesens, der Universi- Univ.-Prof. Dr. Eduard Brückner vom 20. Mai 1921. In: ÖVA, täten, technischen Hochschulen, Hochschulen für Bodenkultur, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- der Akademie für Musik und darstellende Kunst, einem Mittel- heiten“, Mappe 2. schulprofessor oder Direktor, einem Volks- oder Bürgerschulleh- rer beziehungsweise Direktor, je einem Fachlehrer, Musikpädago- 53 Aktennotiz von Ludwig Koessler vom 18. Juli 1918. In: ÖVA, gen, Vertreter des landwirtschaftlichen Unterrichts, Vertreter des Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- Handfertigkeitsunterrichts, eines Fachmanns für Volkskunst, heiten“, Mappe 1. Sportwesen, Jugendspiele und Volksspiele, ferner je einem 54 Koessler, der auch zu dieser Tagung eingeladen war und zum päda gogisch gebildeten Vertreter aller österreichischen Nationen Thema „Lehrmittelzentrale“ sprechen sollte, sagte seine Teil- bestehen. nahme jedoch ab. Brief des Akademischen Senats der k.k. Universität Wien, volkstümliche Universitätsvorträge an Ludwig „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 111

Koessler vom 12. September 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, reichischen Volksbildungsamt“ als einer „staatlichen Zentralstelle Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 1. für das gesamte Volksbildungswesen“. Brief des Präsidenten Koessler an Baurat Ing. Gustav A. Witt vom 30. Juli 1919. In: ÖVA, 55 Ludo Moritz Hartmann, Kultur im Kriege. In: Arbeiter-Zeitung, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- 27. Oktober 1918. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allge- heiten“, Mappe 3. meine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 3. 63 56 Brief des Sekretariats der volkstümlichen Universitätskurse an Regulativ für die Organisation des Volksbildungswesens in den Vorstand der Urania Wien vom 26. November 1918. In: ÖVA, Deutschösterreich (Genehmigt mit Erlaß vom 30. Juli 1919, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- Z. 16.450). In: Volksbildung. Monatsschrift für die Förderung heiten“, Mappe 3. des Volksbildungswesens in Deutschösterreich, 1. Jg., Heft 1, 15. Oktober 1919, S. 5-10. Sowie online: http://www.adultedu 57 „Die Organisation des Volksbildungswesens“. Beilage zum Brief cation.at/de/literatur/textarchiv/612/ [8.8.2016]. des Sekretariats der volkstümlichen Universitätskurse an den 64 Vorstand der Urania Wien vom 26. November 1918. In: ÖVA, Artikel 14 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), welches am Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- 1. Oktober 1920 beschlossen und am 5. Oktober 1920 im Staats- heiten“, Mappe 3. gesetzblatt (St.G.Bl.) unter Nr. 450 kundgemacht wurde. Die Kundmachung wurde am 10. November 1920, dem Tag des 58 Otto Glöckel, Schulreform und Volksbildung in der Republik Inkrafttretens wesentlicher Teile dieser Verfassung, im Bundesge- (= 12. November, Heft 4), Wien 1919. Oskar Achs/Albert Krass- setzblatt (B.G.Bl.), welches das Staatsgesetzblatt ablöste, unter nigg, Drillschule – Lernschule – Arbeitsschule. Otto Glöckel und Nr. 1 wiederholt: Gesetz, womit die Republik Österreich als die österreichische Schulreform in der Ersten Republik (= Bundesstaat eingerichtet wird. Bundesgesetzblatt für die Repub- Pädagogik der Gegenwart, Bd. 112), Wien – München 1974. lik Österreich, Jg. 1920, Ausgegeben am 10. November 1920, 1. Franz Buchegger, Otto Glöckel als Regierungsmitglied 1918–1920, Stück. Diss. Univ. Wien 1981. Herbert Dachs, Schule und Politik. Die 65 politische Erziehung an den österreichischen Schulen 1918 bis Oder in den Worten eines Rechtsgutachtens der Urania Wien: 1938, Wien – München 1982, 33 ff. Wilhelm Filla (Hrsg.), Univer- „Das Fehlen einer solchen gesetzlichen Berechtigung des Unter- sität, Schulreform und Volksbildung. 2. Hietzinger Symposion, richtsministeriums geht vollends aus dem Artikel 14 des Bundes- 23.–24. März 1981 (= Schriftenreihe des Verbandes Wiener verfassungsgesetzes vom 1. Oktober 1920 St.G.Bl. 450 hervor, Volksbildung, Bd. 6), Wien 1982. Richard Olechowski, Schulpoli- worin zum ersten Male in unserer Gesetzgebung das Volksbil- tik. In: Erika Weinzierl/Kurt Skalnik (Hrsg.), Österreich 1918– dungswesen, und zwar im Gegensatz zum Schul- und Erzie- 1938. Geschichte der Ersten Republik, Bd. 2, Graz – Wien – Köln hungswesen Erwähnung findet und die Austeilung [sic] des 1983, 589 ff. Erik Adam/Primus-Heinz Kucher/Eva Reitmann/ diesbezüglichen Wirkungsbereiches des Bundes und der Länder Josef Weidenholzer, Die Schul- und Bildungspolitik der österrei- einem besonderen Bundesverfassungsgesetz, also der künftigen chischen Sozialdemokratie in der Ersten Republik (= Quellen Gesetzgebung vorbehalten wird.“ Ausführungen über die Rechts- und Studien zur österreichischen Geistesgeschichte im 19. und lage. Beilage zum Brief des Vorstands der Urania Wien an den 20. Jahrhundert, Bd. 3), Wien 1983. Helmut Engelbrecht, Ge- Vorstand des Wiener Volksbildungsvereins und an den Vorstand schichte des österreichischen Bildungswesens. Erziehung und des Vereins „Volksheim“ vom 30. Oktober 1926. In: ÖVA, Bestand Unterricht auf dem Boden Österreichs, Bd. 5: Von 1918 bis zur Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Gegenwart, Wien 1988, 64 ff. Hans Altenhuber, Staat und Volks- Mappe 4. [Hervorhebungen im Original]. bildung in Österreich 1918–1938. In: Wilhelm Filla/Elke Gruber/ 66 Herbert Dachs, Schule und Politik. Die politische Erziehung an Jurij Jug (Hrsg.), Erwachsenenbildung in der Zwischenkriegszeit den österreichischen Schulen 1918 bis 1938, Wien – München (= VÖV-Publikationen, Bd. 15), Innsbruck – Wien, 1999, 75. 1982, 33; Helmut Engelbrecht, Geschichte des österreichischen Mitchell G. Ash, Die Universität Wien in den politischen Umbrü- Bildungswesens. Erziehung und Unterricht auf dem Boden chen des 19. und 20. Jahrhunderts. In: Mitchell G. Ash/Josef Österreichs. Bd. 5: Von 1918 bis zur Gegenwart, Wien 1988, 75. Ehmer (Hrsg.), Universität – Politik – Gesellschaft. 650 Jahre 67 Universität Wien – Aufbruch ins neue Jahrhundert, Bd. 2, Ausführungen über die Rechtslage. Beilage zum Brief des Vor- Göttingen 2015, 65 ff., 86 f. stands der Urania Wien an den Vorstand des Wiener Volksbil- dungsvereins und an den Vorstand des Vereins „Volksheim“ vom 59 Bericht des Vorstands der Urania Wien an das Präsidium des 30. Oktober 1926. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemei- Staatsamtes für Unterricht vom 11. Februar 1919. In: ÖVA, ne Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 4. Diese Rechtsmei- Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- nung entsprach auch der Position Koesslers: „Es ist freilich heiten“, Mappe 1. meines Wissens niemals unternommen worden, dieses Recht der 60 Pro memoria Dr. Ludwig Koesslers vom 4. Februar 1919. In: ÖVA, obersten Leitung und Beaufsichtigung auch tatsächlich auszu- Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- üben. Ein solcher Akt der Bevormundung oder Einschränkung heiten“, Mappe 3. der Freiheit eines Volksbildungsvereines würde gewiß die Frage

61 der Giltigkeit dieser auf keinem Gesetze beruhenden Ministerial- Brief des Präsidenten Koessler an Baurat Ing. Gustav A. Witt vom verordnung aufgerollt haben.“ Volksbildungshaus Wiener Urania 30. Juli 1919. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine (Hrsg.), Gründung und Organisierung von Bildungsvereinen, Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 3. a.a.O., 22. [Hervorhebungen im Original]. 62 Im „Entwurf für die Organisation des Volksbildungswesens in Deutschösterreich“ war noch die Rede von einem „Deutschöster- 112 SPURENSUCHE 25. Jg., 2016

68 Brief des Vorstands der Urania Wien an den Vorstand des Wiener zu treffen, zu denen die Urania Wien eingeladen hatte, führte zu Volksbildungsvereins und an den Vorstand des Vereins „Volks- lebhaftem Befremden über diese geringschätzige Art. Koessler heim“ vom 30. Oktober 1926. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box sprach in diesem Zusammenhang von jahrelangen Erfahrungen „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 4. bei diesen beiden Vereinen bezüglich ihrer „geradezu unüber- windlichen Eifersucht und Abneigung“, die sich zwar nach dem 69 Brief des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an Ableben von Ludo Moritz Hartmann gründlich geändert hätten, Hofrat Direktor Dr. Eduard Leisching vom 7. April 1921. In: ÖVA, doch die abweisenden Reaktionen auf die Einladung zur Zusam- Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- menarbeit bezüglich einer gesetzlichen Regelung im Volksbil- heiten“, Mappe 2. [Hervorhebungen im Original]. dungswesen ließen auf die alten Verhaltensweisen schließen. 70 Brief des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an Daher, so Koessler, könne es der Urania Wien nicht verargt Univ.-Prof. Dr. Eduard Brückner vom 20. Mai 1921. In: ÖVA, werden, wenn sie in Hinkunft, gänzlich unbekümmert um diese Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- beiden Vereine, ihre eigenen Wege gehe. Brief des Präsidenten heiten“, Mappe 2. der Urania Wien, Ludwig Koessler, an Nationalrat Otto Glöckel, 71 Brief des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an geschäftsführender II. Präsident des Stadtschulrats für Wien vom Vizekanzler Walter Breisky vom 27. September 1921. In: ÖVA, 13. Januar 1927. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 4. heiten“, Mappe 2. 78 Aktenvermerk von Dr. Ludwig Koessler bezüglich Vorsprache bei 72 Volksbildungshaus Wiener Urania (Hrsg.), Gründung und Präsident Glöckel am 19. November 1926. In: ÖVA, Bestand Organisierung von Bildungsvereinen, a.a.O., 23. Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 4. 73 Protokoll der Vorsprache beim Herrn Vizekanzler Breisky am 79 13. Juli 1921. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Brief des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2. die Vorstände des Wiener Volksbildungsvereins, des Volksheims, des Apolloneums und der Volkslesehalle vom 8. April 1920. In: 74 Brief des Vizekanzlers Walter Breisky an den Präsidenten der ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsange- Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, vom 8. August 1921. In: ÖVA, legenheiten“, Mappe 2.

Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- 80 heiten“, Mappe 2. „Entwurf des Programmes für die Tätigkeit des Wiener Volks- bildungsrates“. Beilage zur Einladung des Gemeinderats Josef 75 Kurzer Bericht über die Besprechung im Wiener Stadtschulrat Hellmann zur Sitzung des Wiener Volksbildungsrats am 8. Juli mit Friedrich Plutzar vom Wiener Volksbildungsverein, Richard 1921, vom 4. Juli 1921. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box Czwiklitzer vom Volksheim und Alfred Lassmann als Vertreter „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2.

der Urania Wien vom 18. Oktober 1916. In: ÖVA, Bestand Urania 81 Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 4. „Entwurf einer Geschäftsordnung des Wiener Volksbildungs- Bereits Anfang Jänner 1923 hatte Eduard Castle Koessler auf rates“. Beilage zur Einladung des Gemeinderats Josef Hellmann einen Erlass des Wiener Stadtschulrats hingewiesen, mit dem – zur Sitzung des Wiener Volksbildungsrats am 8. Juli 1921, vom vorbehaltlich des jederzeitigen Widerrufs – bis auf weiteres die 4. Juli 1921. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Mitbenützung der Bundesrealschule in Wien II. für seinen Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2. Volksbildungsverein Apolloneum gestattet wurde: „Hinsichtlich 82 Diese waren: der Vertreter des Volksbildungsausschusses der der privaten Unterrichtsveranstaltungen des Vereines behält sich Technischen Hochschule, jener des Ausschusses für volkstümli- der Stadtschulrat die Schlußfassung auf Grund der den Privatun- che Kurse an der Tierärztlichen Hochschule, der Vertreter der terricht regelnden Vorschriften vor.“ An diesen Schlusspassus, volkstümlichen Unterrichtskurse der Hochschule für Bodenkul- der – so Castle – die Rechtsauffassung des Stadtschulrats aus- tur, der Vertreter des Ausschusses für volkstümliche Akademie- spricht, wäre vielleicht bei einer künftigen Aktion anzuknüpfen, und Fachkurse an der Akademie für Musik und darstellende die erreichen solle, dass die Volksbildungseinrichtungen vor dem Kunst, der Vertreter der Freien Vereinigung für technische bürokratischen Eingriff der Unterrichtserteilung sichergestellt Volksbildung, des Technischen Museums für Industrie und werden. Brief des Präsidenten des Volksbildungsvereins Apollo- Gewerbe, des Volksbildungshauses Urania Wien, des Volksbil- neum, Univ.-Prof. Dr. Eduard Castle, an den Präsidenten der dungsvereins Apolloneum, des katholischen Fortbildungsvereins Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, vom 1. Januar 1923. In: ÖVA, Reunion und des katholischen Vereins Wiener Volkslesehalle. Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- 83 Koesslers Erregung über die Vorfälle kamen in den drastischen heiten“, Mappe 4. Worten zum Ausdruck, die er nun für das „Regulativ“ fand: dieses 76 Brief des Obmanns der Volkshochschule Wien Volksheim, wäre ein „absolutistische[s] Machwerk“, das sich mit allen mögli- Friedrich Becke, an Ludwig Koessler vom 22. November 1926. chen „Räten“ ein „demokratisches Mäntelchen“ umhänge, in In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungs- ihm verbinde sich die „sozialistische Idee der Omnipotenz des angelegenheiten“, Mappe 4. Staates […] mit bürokratischer Herrschsucht zur Knebelung und Gängelung des freien Volksbildungswesens“. Entwurf, Dr. Koess- 77 Brief des Obmanns des Wiener Volksbildungsvereins, Eduard ler vom 12. Juli 1921. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allge- Leisching, an Ludwig Koessler vom 7. Dezember 1926. In: ÖVA, meine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2. Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegen- heiten“, Mappe 4. Die Verweigerung des Volksheims und des 84 Brief des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an Wiener Volksbildungsvereins, sich zu gemeinsamen Beratungen Hofrat Ing. Oberbaurat Rudolf Halter, Professor an der Techni- „DIE VOLKSBILDUNGSTÄTIGKEIT MÜSSE GRUNDSÄTZLICH EINE FREIE UND SELBSTÄNDIGE BLEIBEN“ 113

schen Hochschule vom 9. Juli 1921. In: ÖVA, Bestand Urania 88 Protokoll der am 3. November 1921 in der Vorstandskanzlei der Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2. Urania Wien abgehaltenen „Besprechung in Angelegenheit der Volksbildungsorganisation und des Regulativs“. In: ÖVA, Bestand 85 Brief des Vorstands der Urania Wien an den Wiener Volks- Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, bildungsrat vom 8. Juli 1921. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box Mappe 2. „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2. [Hervor- hebung im Original]. 89 Josef Dinkhauser, Von den Durchführungsformen der heimi- schen Volksbildungsarbeit (= Führer für Volksbildner, Heft 15), 86 Brief von Prof. Dr. Eduard Castle, Präsident Dr. Ludwig Koessler Wien 1925, 52 f.; „Richtlinien für die Tätigkeit des Volksbildungs- und o. Prof. an der Technischen Hochschule Hofrat Rudolf Halter amtes“. Undatiertes Typoskript. In: ÖStA, AVA, Unterricht allge- an den Wiener Volksbildungsrat, zu Handen Herrn Gemeinderat mein (1848–1940), Volksbildung 1934, Sign. 2D2, Ktn. 439, GZl. Josef Hellmann, vom 27. Juli 1921. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, 7342-II/34: Neugestaltung des Volksbildungswesens in Oester- Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2. reich. Volksbildungsverordnung [handschriftlich korrigiert auf: 87 Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten: Protokoll der Vor- Volksbildungsgesetz]. Sowie: „Richtlinien für die Tätigkeit des sprache bei Herrn Vizekanzler Walter Breisky durch Dr. Ludwig Volksbildungsamtes“. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allge- Koessler, Prof. Dr. Willibald Winkler, Prof. Eduard Castle, Ober- meine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2. baurat Ing. Rudolf Halter, und Univ.-Prof. Dr. Franz Zaribnicky 90 Brief des Präsidenten der Urania Wien, Dr. Ludwig Koessler, an am 13. Juli 1921. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine den Leiter des Volksbildungsamts, Sektionschef Dr. Franz Heinz, Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2. vom 26. September 1922. In: ÖVA, Bestand Urania Wien, Box „Allgemeine Volksbildungsangelegenheiten“, Mappe 2.

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