SPRACHROHR mitgliederzeitung des fachbereiches Medien, 25. jahrgang nr. 4 Kunst und Industrie -brandenburg Dezember 2015

Inhalt

Seite 3 Offene Tür – MedienGalerie mit Zeichnungen von Flüchtlingskindern Seite 4 Babylonische Ver(w)irrungen Seite 7 Freispielen – Flüchtlingsbegegnungen im Playbacktheater Mittelseiten Lesen und laufen – Marathon im Doppelpack in Berlin Seite 16 Mindestlohn fürs Zeitungszustellen – unter Umständen

»Mir auch ein Stück, bitte!« Geburtstagskuchen im TAP-Ausweichquartier Prater Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de

lem junge Besucher auf diese Phan- Wenn ich will, ist mein tasiereisen ein, gefesselt von Klassi- kern wie »Schneekönigin«, »Romeo und Julia« oder Uraufführungen mit neuen Stoffen. Das Theater ist Part- Nachbar ein Pferd ner von Koproduktionen im In- und Ausland, von Projekten mit Museen TAP – 65 Jahre Theaterkunst für Kinder und Jugendliche oder Wohnungsbaugesellschaften. Und derzeit ist es selbst auf Reisen, er Geburtstagskuchen ist ange- Ensemble. Inszenierun­gen von Horst blikum und Förderern verhindert, die weil gebaut wird. Nachdem der Neu- Dschnitten, die jungen Zuschauer Hawemann begründe­ten die künst- Stellenreduzierung auf 81 allerdings bau von Bühne 3 Ende Oktober mit reißen sich nach der Vorstellung um lerische Autonomie des Kinder- und nicht. der Premiere von Otfried Preußlers ihn. Zu feiern war Mitte November Jugendtheaters in der DDR, namhaf- 2005 schließlich bekam das Haus »Kleine Hexe« eröffnete, wird jetzt der 65. Geburtstag des THEATERS te Autoren schrieben Stücke, Gäste den heutigen Namen und das Profil das Innenleben des Haupthauses auf AN DER PARKAUE (TAP), zu erzählen zeigten sich beeindruckt von der als Zentrum künstlerischer Vielfalt. den Kopf gestellt. Technik, Bestuh- war die wechselvolle Geschichte des Qualität der Aufführungen. Gast- lung, Heizung, Garderoben, Brand- Jungen Staatstheaters in Berlin. spielreisen führten in die BRD und schutz werden erneuert. Deshalb er- 1911 als Höhere Knabenschule in europäische Staaten, die internati- Phantasie macht alles obert das Theater in seiner 66. Spiel- Lichtenberg gebaut, überstand das onale Anerkennung folgte. zeit Berlin: den Prater im Prenzlauer Haus den 2. Weltkrieg, bekam 1948 Nach der Wiedervereinigung be- möglich Berg, die Tischlerei an der Deutschen vom sowjetischen Militärkomman- gann ein hartes Ringen um das The- Oper, das Kulturhaus Karlshorst und danten Tschuikow den Befehl zur Um- ater. 1991 wurde die Beschäftigten- »Das TAP ist ein Spielraum der Träu- das Haus der Kulturen der Welt – Er- gestaltung in ein »Haus der Kulturen zahl von 240 auf 151 abgeschmol- me und Wünsche«, sagt Intendant satzspielstätten bis Ende 2016 für die der Sowjet­union, Filiale für Kinder«. zen, mit der Phase als »carrousel Kay Wuschek. »Wenn ich will, steht »Träume«, die wir auch weiterhin Am 16. November 1950 eröffnete Theater an der Parkaue« folgten zur am Nordpol ein Schloss. Wenn ich »keimen, aufblühen, anecken, stür- es unter der Leitung von Hans Ro- Jahrtausendwende Strukturänderun- will, habe ich fünf Brüder. Wenn ich zen, brechen und sich neu erfinden denberg als »Theater der Freund- gen und Stellenabbau. Die Pläne des will, ist mein Nachbar ein Pferd. Es sehen werden«, wie Intendant Wu- schaft« mit »Du bist der Richtige«. Senats 2004, Zuschüsse um die Hälf- ist wahrhaftig erstaunlich, was Phan- schek versichert. »Dafür arbeiten wir 1959 übernahm Ilse Rodenberg die te zu kürzen, wurden durch heftige tasie alles kann.« Seit Anbeginn lie- mit ganzer Leidenschaft.« Leitung und verpflichtete ein junges Gegenwehr von Beschäftigten, Pu- ßen sich rund 10,5 Millionen vor al- R. WEBER/ B. ERDMANN 2 Meinung sprachrohr 4 | 15

ie Entgelttarifverträge in der bereitschaft der Kolleginnen und träge und was zu tun ist, nämlich rungen, bedingt durch zunehmende DDruckindustrie werden Anfang Kollegen in der Druckindust­rie ab- gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft Arbeitsverdichtung, erhöhte Anfor- des Jahres 2016 gekündigt und lau- gewehrt und trotz alledem akzepta- für ihre Interessen zu kämpfen und derungen sowie gestiegene Verant- fen somit zum 31. März 2016 aus. ble Lohnsteigerungen durchgesetzt den Angriffen der Arbeitgeber Pa- wortung für Qualität, Geschwindig- Es ist im Rahmen dieser Tarifausein- werden. roli zu bieten. keit, Termintreue und Flexibilität er- andersetzung damit zu rechnen, warten und fordern. Das wird sich dass es – wie auch in denen der letz- im Februar beim Aufstellen der For- ten Jahre – zu einem Angriff auf die derungen in der Tarifkommission wi- Einkommen und Arbeitsbedingun- derspiegeln. gen der Beschäftigten in der Druck- Doch bereits jetzt müssen wir uns industrie kommt. Es wird für die im Auf ein Wort im Vorfeld auf diese Tarifrunde vor- transitfoto.de Bundesverband Druck und Medien / bereiten und uns die Frage stellen: e.V. (bvdm) organisierten Arbeitge- »Was sind die Voraussetzungen für ber wieder im Kern darum gehen, eine erfolgreiche Tarifauseinander- die Arbeitsbedingungen der tarifge- Uns wird setzung«. Dazu gehört vor allem, die bundenen Betriebe im bvdm auf das (noch) nicht in ver.di organisierten Niveau der nichttarifgebundenen Polentz v. Chr. Foto: Beschäftigten für ver.di zu gewinnen. Unternehmen zu drücken. Wobei nichts Und der Tarifflucht von Arbeitgebern völlig außer Acht gelassen wird, dass in die Ohne-Tarif-Mitgliedschaft oder hierdurch der Preis-Unterbietungs- geschenkt Austritt aus dem Verband mit der wettbewerb erst recht beschleunigt Forderung nach Anwendungstarif- wird. verträgen zu begegnen, um sie in Seit rund zwanzig Jahren ist die Alfons Paus, VDP Fachgruppensekretär, die Auseinandersetzungen einzube- Druckindustrie von Beschäftigungs- ver.di Berlin -Brandenburg ziehen. abbau, extremer Preiskonkurrenz und Klar ist – uns wird nichts geschenkt. einem hohen Maß an Tarifflucht ge- Nur gemeinsam können wir unsere kennzeichnet. Mehrere Angriffsver- Interessen formulieren und durchset- suche des bvdm auf die Einkommen Was sagt uns das über uns selber? Aus dieser Erkenntnis heraus kön- zen. Also, an die Arbeit. Eine Mit- und die im Manteltarifvertrag gere- Die Gewerkschaftsmitglieder und nen wir auch in der nächsten Tarif- gliedschaft bei ver.di? Macht immer gelten Arbeitsbedingungen konnten Beschäftigten in der Druckindustrie runde selbstbewusst eine Honorie- Sinn! Sagt es weiter, liebe Kollegin- nur durch die Solidarität und Kampf- wissen um den Wert ihrer Tarifver- rung für erhebliche Leistungssteige- nen und Kollegen.

ner, Afrikaner im Hungerstreik für ihr schrieben hat. Kommt zu den Reise- Westen sind. Richard hat die wich- Buchtipp Recht auf Asyl. Wobei dieser Haupt- beschreibungen eines Ibn Battuta tigsten Jahre seines Lebens in der gedanke gegenwärtig eine drängen- aus dem 14. Jh., die von Marokko DDR verbracht. 1990 war er plötzlich dere Aktualität erhalten hat, als es über Mittelasien bis China führen. Bürger eines anderen Landes gewor- der Autorin beim Verfassen des Bu- Mit dem Leser durchstreift er die Hei- den. Er überlegt, »wann der Über- ches vorstellbar gewesen sein kann. matländer und Hauptstädte seiner gang passierte, der aus ihm, dem mit Jenny Erpenbeck Die Männer wecken vorerst das neuen Bekannten, erkennt die Viel- Interesse des Sprachwissenschaftlers, falt Afrikas. Vertieft sich schließlich weil er sich fragt, woher sie kamen, in die Landnahme an der Südwest- Sprache ist niemals welche Sprachen sie sprechen. Mit küste Afrikas durch den deutschen nur zufall GEHEN, GING, einem Fragenkatalog ausgerüstet, Händler Lüderitz – der Autorin ge- GEGANGEN wird er – mit ihm die Lesenden – lingt es, auf einer knappen Buchsei- Schritt für Schritt mit Menschen aus te die Geschichte der gewaltsamen den großen Hoffnungen für die verschiedenen Gebieten des großen Gründung dieser deutschen Kolonie Menschheit, einen Almosengeber Knaus 2015 Kontinents Afrika bekannt. Jeder hat darzustellen. Auf gleich engem Raum gemacht hat«. Der nun im Kleinen ein eigenes schweres Erleben, mit werden Inhalte des Islam und ande- versucht, diese Ideale nicht einfach Toten am Rande des Fluchtwegs. Aus rer Religionen beschrieben. beiseite zu legen. vorsichtiger Annäherung wird im »Sprache ist niemals Zufall«, hat Bei der Profession der Hauptper- Laufe der Begegnungen freund- Richard seinen Studenten vermittelt. son liegt es nahe, dass die Autorin eit und Zeiten. Jenny Erpenbeck schaftliches Einverständnis mit den Er denkt über Gegenwartssprache als Stilmittel Zitate aus der klassi- Zwidmet sich der Aufgabe von Li- jungen Männern, die nicht arbeiten schen Literatur benutzt – Goethes teratur, Probleme der Gegenwart zu dürfen, jedoch die deutsche Sprache Iphigenie als Emigrantin auf Taurus, durchleuchten, sie befördern zu hel- erlernen. Was freilich schwer ist, Himmelsrichtungen sind Dantes Göttliche Komödie, auch fen. Ins Zentrum der Erkenntnisse wenn man nicht weiß wozu: gehen, Faust: Habe nun, ach… Ihr eigenwil- jetzt alle West stellt sie Richard, emeritierter Profes- ging, gegangen. liger, sprachlich genauer Stil ermög- sor, Fachgebiet klassische Philologie, Aber es handelt sich nicht um ei- licht, Gedanken zwischen den Wor- kinderlos, verwitwet. Nach seinem nen gutgemeinten »Flüchtlingsro- nach, über das »blondgescheitelte ten zu lesen und weiter zu denken. letzten Arbeitstag im Institut hat er man«. Ein Strang der Erzählung führt Deutsch« des Senatsvertreters. Auch Also Eigenschaften, die gute Literatur viel Zeit. Kann nun tun, was ihm in die Weiten des schwarzen Konti- »Ostzeiten« erscheint ihm ein inte- auszeichnen. ANNEMARIE GÖRNE Freude macht: Nachdenken. Lesen. nents. Richard liest – bei Herodot, ressantes Konstrukt, da es Zeit nach Jenny Erpenbeck: GEHEN; GING; GEGAN- Eher ein Zufall lässt ihn aufmerksam der schon im fünften Jahrhundert v. einer Himmelsrichtung benennt. Und GEN, Verlag Knaus, 350 Seiten, 4.Aufl., werden auf zehn schweigende Män- Chr. die Vorfahren der Tuareg be- dass alle Himmelsrichtungen nun 19,99 Euro, ISBN 978-3-8135-0370-8. 4 | 15 sprachrohr Blickpunkt 3

laggen, Panzer und immer wieder FHäuser, Häuser, Häuser: Noch bis Ein festes Haus, dessen Tür offen steht zum 16. Dezember zeigt die Medien- Galerie die Ausstellung »A stable Ausstellung mit Bildern von Flüchtlingskindern in der MedienGalerie house with an open door – Ein festes Haus mit einer offenen Tür«. Gemalt Dahinter steckt die Geschichte ei- wurden die Bilder von sechs- bis nes Mädchens aus Taiwan. Sie hatte zwölfjährigen Flüchtlingskindern im mit ihrer Mutter in Deutschland Asyl Rahmen eines Malkurses »Experi- beantragt, das nach drei Monaten mentelle Malerei«, den die Berliner abgelehnt wurde. Zum Abschied hat Künstlerin Barbara Salome Trost von mir das Mädchen ein Haus gebastelt, 2011 bis 2013 in einer Willkom- es ist auch auf der Einladungskarte mensklasse anbot. Außerdem sind zu sehen. Das stabile Haus mit seiner Briefe zu sehen, die Kinder einer 6. offenen Tür steht für den Wunsch Grundschulklasse an Flüchtlingskin- vieler Flüchtlingskinder nach Sicher- der geschrieben haben. heit und Frieden an Seele und Leib.

Was war der Anlass für die Aus- Hat das Malen für traumatisierte stellung? Kinder einen therapeutischen Ef- BARBARA SALOME TROST: An einer fekt? Grundschule gab es zwei große Will- Auf jeden Fall. Allerdings muss kommensklassen für Flüchtlingskin- man Geduld haben. Ein tschetsche- der aus Afghanistan, Syrien, dem nisches Brüderpaar wollte anfangs Irak, Libyen, Tschetschenien, Bulga- gar nicht malen. Stattdessen haben rien, Serbien und der Ukraine. Sehr sich die Jungen unter dem Tisch ver- viele dieser Kinder waren traumati- krochen und von da aus beobachtet. siert. Einmal in der Woche habe ich Viel später verließen sie ihr Versteck, Das stabile Haus – Wunsch nach Sicherheit und Frieden Fotos: Barbara Salome Trost sie für jeweils vier Stunden zu einem und nach einer Phase, in der einer Malkurs eingeladen. Mir ist schnell der Brüder geradezu zwanghaft al- klar geworden, dass Empathie für Du hast den Malkurs bald auch le Paletten und Pinsel reinigte, be- diese Kinder nur entsteht, wenn man für deutsche Kinder geöffnet? gannen sie zu malen: zuerst ihren etwas über ihre Schicksale erfährt. Die einheimischen Kinder wussten Namen, dann die Flagge ihres Lan- Ihre Namen, ihr Alter und ihr Her- nichts über Flucht oder Flüchtlinge. des und schließlich Häuser, Häuser, kunftsland verraten nur wenig dar- Ein Kind aus der Regelklasse fragte Häuser. Erst nach einiger Zeit wer- über, was die Kinder erlebt haben. mich etwa, was denn die ganzen den die Kinder freier und fangen Aber in den Bildern erzählen sie ihre Ausländer an der Schule machen. beim Malen an, sich zu öffnen und Geschichte. Auf diese Weise hoffe Um das gegenseitige Verständnis zu zu erzählen. ich, Empathie und Verständnis zu fördern, haben wir deshalb die Grup- wecken. pen auch für deutsche Kinder geöff- Zusätzlich zu den Bildern sind net. Der Annäherungsprozess war Briefe ausgestellt, was hat es da- Wie lief der Kurs ab? langwierig: Die Kinder tolerierten mit auf sich? Alles war freiwillig. In Zehnergrup- sich, aber aufgrund der geringen Ich habe diese Ausstellung schon pen konnten die Kinder am jeweili- Deutschkenntnisse der Flüchtlings- einmal gezeigt. Eine Lehrerin hat ih- gen Tag zu mir in den Malraum kom- kinder lernten sie sich nur zögerlich re Schülerinnen und Schüler ange- men. Um sich zu entfalten, durften kennen. Und leider wurden die kost- regt, Briefe an Flüchtlingskinder zu sie nach Lust und Laune mit Pinseln, baren Momente seltener, in denen schreiben. Sie leitete die Briefe an Spachteln, Farbrollen oder Händen die Flüchtlingskinder ins Erzählen ka- eine evangelische Kirchengemeinde arbeiten, großformatig oder klein- men. Sie haben beobachtet, dass die weiter in der Hoffnung, dass die Kin- formatig. Wenn eine Gruppe fertig anderen Kinder alles hatten, von der eine Antwort bekommen. Letz- war, kam die nächste. dem sie nur träumten: Sicherheit, ei- teres ist leider nicht passiert. ne Bleibeperspektive, Zukunftsge- wissheit. Dagegen waren die Flücht- Flüchtlingskinder malen, was sie er- Was wünscht du dir für die wei- lingskinder angespannt, sie wussten, lebten tere Arbeit mit Flüchtlingskin- dass sie jederzeit zurückgeschickt dern? werden konnten. Sechsjähriger erzählte, dass seiner Eine ganz wichtige Sache für Kin- Oma ein Auge ausgeschossen wor- der, die aus einem Krisengebiet nach Wie hast Du die Kinder erlebt? den war, eine Achtjährige sagte, ihr Deutschland kommen, wäre mindes- Als ganz normale Kinder, so un- Bruder sei beim Verhör getötet wor- tens einmal pro Woche eine Ge- terschiedlich wie Kinder eben sind. den. Viele hatten enge Verwandte sprächs- bzw. Traumatherapie in ih- Sie stammten aus ethnischen Min- durch gewaltsame Handlungen ver- rer Landessprache. Ich habe erlebt, derheiten und beherrschten mindes- loren. So jung wie sie waren, kann- wie zornig und frustriert einige der tens zwei Sprachen. Viele waren sehr ten sie die Furcht vor Bomben, Ra- Kinder waren. Erst wenn sie ihre intelligent und lernten umso schnel- keten und Krieg. Manche Bilder spie- traumatischen Erlebnisse bearbeitet ler, je mehr Stabilität sie erfuhren. geln das wider. haben, können sie erfolgreich in den Sobald sie dem Schulunterricht fol- Schulalltag integriert werden. gen konnten, wurden sie aufge- Wie bist du auf den Titel der Aus- Berliner Künstlerin Barbara Salome schlossener und fröhlicher. Aber ihre stellung »A stable house with an INTERVIEW: Trost Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de Schicksale waren erschreckend: Ein open door« gekommen? UTE CHRISTINA BAUER 4 Blickpunkt sprachrohr 4 | 15

in lokaler Streik sorgt bundesweit fanden statt, ein substanzielles An- Efür Aufsehen: Zuletzt belangte Ti- gebot gab es nicht. Zwischenzeitlich mothy Grossman, geschäftsführen- gab es prominente Unterstützung: der Gesellschafter der Neuen Baby- Am 3.11 fand im Babylon eine Ver- lon GmbH, mehrere Streikende ge- anstaltung »50 Jahre diplomatische richtlich; zuvor hatte er Anfang Ok- Beziehungen zwischen Deutschland tober mit einer höchst umstrittenen und Israel« mit Bundesaußenminister »Kunstaktion« für Negativschlagzei- Frank-Walter Steinmeier statt. Direkt len gesorgt. Getarnt mit einer gelben nach seiner Ankunft ging Steinmei- Warnweste, die ihn optisch in die er auf die Streikenden zu, munterte Nähe der Streikenden rückte, hatte sie auf und sagte Unterstützung zu. er Davidsterne auf die Eingangstüren Gestreikt wird in jedem Fall weiter. des Kinos gesprüht, oberhalb des Ki- Eine neue Wendung brachte am noschriftzugs prangte ein Plakat, auf 11. November Grossmans Kompag- dem in Frakturschrift zu lesen war: non Tobias Hackel ins Spiel, indem »Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht er einen Insolvenzantrag wegen an- »Geschmacklose« Kunstaktion machte Schlagzeilen Fotos: Chr. v. Polentz / transitfoto.de im Babylon«. geblicher Zahlungsunfähigkeit stellte: Einen Gefallen hat sich Grossman Die Neue Babylon GmbH schulde damit nicht getan. Die Aktion, mit über 100 Gläubigern mehr als 150.000 der sich der jüdischstämmige Gross- Babylon bizarr Euro. Grossmann hatte bis Anfang man als Opfer antisemitischer Bestre- Dezember Zeit, nachzuweisen, dass bungen darstellen wollte, rief zwar Babylonische Ver(w)irrungen ums Kommunale Kino er 90 Prozent dieser Verbindlichkei- immenses öffentliches Interesse her- ten begleichen kann. UCB vor, stärkte aber die Sympathie mit Thees Ullmann und Bela B. (»Die Ärz- ser bezahlen, teilte das Gericht nicht. den Streikenden. Kultur- te«) zuletzt der Kabarettist FIL. Nach der doppelten Niederlage zog staatssekretär Tim Renner bezeich- Auch das Landesarbeitsgericht Grossmann den dritten Antrag zu- nete Grossmans Vorgehen als »hoch- folgte Grossman nicht. Zwei von drei rück. ver.di-Verhandlungsführer And­ gradig geschmacklos«, Medien kri- Abmahnungen und Unterlassungs- reas Köhn bewertete den Vorstoß als tisierten die Banalisierung nazisti- forderungen, die er von einer An- Einschüchterungsversuch. scher Schandtaten als Verhöhnung waltskanzlei durchsetzen lassen woll- Die von ver.di vertretenen Kino-Mit­ der wirklichen Opfer des Antisemi- te, wies es am 11. und am 13. No- arbeiter befinden sich seit dem 23. tismus, der Babylon-Betriebsrat gei- vember ab. Den Vorwurf, Flugblätter Juli im Arbeitskampf um Lohnerhö- ßelte die Aktion als Obszönität. In hätten die finanzielle Lage des Kinos hungen im Rahmen des HdF-Bun- der Folge verlagerten weitere Künst- zu positiv dargestellt und den Ein- destarifvertrags und verbindliche Min­ ler ihre Veranstaltung an andere druck erweckt, das Babylon könnte destbesetzung der Schichten. Zwei Steinmeier ermutigt die Streikenden Spielstätten – nach dem Schriftsteller seine Beschäftigten problemlos bes- ergebnislose Verhandlungsrunden Foto: AA

Kurz gemeldet  Bundesdruckerei – allianz lehnte jegliche Einschränkung vertrags für arbeitnehmerähnliche D-Trust verhandelt der Arbeitszeit ab und bot lediglich Freie war dpa nicht bereit. 1,3 bzw. 1,5 Prozent Tariferhöhun- In Sondierungsgesprächen und einer gen. Die Verhandlungen werden im  MOZ steckt in der ersten Verhandlungsrunde zu einem Januar fortgesetzt.  CinemaxX- konstruktive Umgestaltung Tarifvertrag bei der D-Trust GmbH erste Runde hat ver.di die Forderungen zur An- Das Medienhaus der Märkischen passung an den Bundesdruckerei  Bessere Verträge für Die Tarifverträge für die CinemaxX Oderzeitung in Frankfurt (Oder) Mantel- und Entgelttarifvertrag for- freie dpa-Fotografen Holding wurden zu Ende des Jahres wird derzeit umstrukturiert. Um muliert. Der Arbeitgeber kündigte gekündigt. Kinobeschäftigte konn- »Kosten zu reduzieren, alte Märkte für die Verhandlung Mitte Dezember Bei dpa wurden Mitte November ten auf Diskussionen und per Frage­ zu verteidigen und neue Geschäfts- an, seine Vorstellungen zu präsen- nach vier Gesprächsrunden mit der bogen ihre Vorstellungen für Tarif- felder zu erschließen«, sei, so die tieren. Bis dahin sollen als Grundlage Geschäftsleitung verbesserte Verträ- ziele äußern. Die von der Tarifkom- Geschäftsführung, »der Konzern- für die Vergütung des Einzelnen alle ge für freie Bildjournalistinnen und mission daraufhin beschlossenen verbund intelligent zu ordnen«. Das Arbeitsplätze eingruppiert sein. –journalisten vereinbart. Die Zeitpau- Forderungen wurden Mitte Novem- heißt u.a. ab Dezember, Verlag und schalen für Fotoaufträge werden um ber in einer ersten Verhand­lungs­ Druckhaus, MOZ Redaktion, MMH 2,5 Prozent erhöht. Fotografen, die runde diskutiert, die ver.di als ziel- Service GmbH und die PZW Presse-  Tarifrunde Film bei dpa mindestens 21.000 Euro pro orientiert und konstruktiv wertete. service GmbH unter das Dach des gestartet Jahr verdienen, erhalten ein Urlaubs­ Im Dezember werden die Gespräche Märkischen Medienhauses zu füh- ersatzgeld in Höhe eines durch- fortgesetzt. ren. Ab Januar folgen weitere Um- Mit Forderungen nach deutlichen schnittlichen Monatshonorars. Tele- gestaltungsschritte. Für die Beschäf- Verbesserungen bei Gagen und Ar- kommunikationskosten werden pau- tigten soll sich dadurch laut Aussa- beitszeiten für die 25.000 Film- und schal mit 20 Euro vergütet. Die neuen  Einigung beim rbb ge der Geschäftsleitung »so gut wie Fernsehschaffenden startete ver.di Verträge gelten ab 1.1.2016. Diese zu Gehaltstarif nichts« ändern. Ziel sei, das Haus Ende November in die Tarifrunde. So Regelungen sollen einzelvertraglich zu einem erfolgreichen Medienhaus sollen die tägliche Arbeitszeit be- mit den Fotografen vereinbart wer- Mitte Oktober wurde beim rbb eine auszubauen und Arbeitsplätze zu grenzt und Wochengagen um 50 Eu- den. Zum Abschluss eines von den Einigung für den Abschluss zum Ge- sichern. ro erhöht werden. Die Produzenten- Gewerkschaften geforderten Tarif- haltstarifvertrag 2016 erzielt. Das 4 | 15 sprachrohr Blickpunkt 5 Digitale Transformation mit Hindernis DW – unfaires Paket  Geschäftsführung des Berliner Verlages blockiert Betriebsvereinbarung Beschäftigte der Deutschen Welle er­ fuhren auf einer Info-Veranstaltung eit dem 14. November präsen- dakteure müssen auf zwei Systemen den Redaktionen niemand scharf auf im Foyer des Hauses (Foto) Anfang Stiert sich die »« parallel arbeiten. »Davon, dass im die Uhr. Die Geschichte und ihre Ver- November Ergebnisse aus der ersten in neuem Layout. Zehn Tage später Vergleich deutscher Medienhäuser öffentlichung haben Vorrang«, Verhandlungsrunde. Die von der Ge­ zog der »Berliner Kurier« mit einer mit modernster Technik gearbeitet meint Gensch. Mit der gleichberech- schäftsleitung für 2016 und 2017 relaunchten Webseite nach. Mo- würde, sind wir noch weit entfernt«, dern, neu strukturiert, aufgeräumt, bemängeln Betriebsräte. so lassen sich die Neuerungen der Der Konzernbetriebsrat des Ber- Zeit verloren mit Verlagsprodukte vom Alexander- liner Verlages kritisiert auch, dass Einigungsstelle platz beschreiben. Speziell der neue Onliner Redakteure zweiter Klasse mobile Auftritt des Boulevardblattes bleiben sollen. Die Online-Redak- markiert einen überfälligen Schritt teurinnen und Redakteure von »Ber- tigten Produktion von Print und On- in die Zukunft. Die Abo-Zeitung soll liner Zeitung« und »Berliner Ku- line steige der Aufwand, und das En- im Februar mit einem neuen Netz- rier«, die erst vor zwei Jahren in die de einer Geschichte sei nicht mehr auftritt nachziehen. Alles Teil der di- Tochter DuMont Net ausgegliedert mit dem Andruck terminiert. Die Ver- gitalen Transformation 2016, die worden waren, sollen bis 1. Januar einbarungen sollen dazu beitragen, angebotenen 2 Prozent Erhöhungen nicht nur der Mediengruppe Berliner in eine oder zwei neue Gesellschaf- dass die Arbeitszeiten eingehalten für Gehälter und Honorare, lediglich ten unter Ägide der Berliner Me- werden. Erhöhung der Mindesthonorare für diengruppe quasi ins Stammhaus Die Geschäftsleitung hat sich bis- Freie sowie die auf ein Prozent fi­ Firmenname noch zurückgeholt werden. Bisher hat her nicht zu den Vorschlägen des Be- xierte jährliche Anpassung der Al­ niemand entsprechende Verträge, triebsrates inhaltlich geäußert. Die unbekannt tersversorgung liegen deutlich unter die Konditionen sind noch unklar, Schichtpläne für die digitale Trans- den Abschlüssen der ARD und seien nicht mal der Firmenname sei be- formation liegen uns bis heute nicht »kein faires Angebot«, so ver.di. Li­ Verlag sondern dem gesamten Du- kannt, erklärt Betriebsratsvorsitzen- vor«, so Gensch. »Wir haben bereits neare Erhöhungen seien zu niedrig, Mont-Konzern als Zukunftsstrategie de Renate Gensch. drei der vier angekündigten Betriebs- geltende Verträge würden in Frage verordnet wurde. Die Interessenvertretung des Ber- vereinbarungen zu neuer Technik gestellt, alle Beschäftigtengruppen Dass dieser Weg keinesfalls glatt liner Verlages hat – wie auch die Du- und Arbeitszeit vorgelegt. Doch statt würden unzumutbar belastet. Mit verläuft, zeigte sich jüngst wieder: Mont-Betriebsräte in und mit uns zu einer Redaktionspla- Verschlechterungen werde sich die Das Print-Redaktionssystem und das Halle/Saale – ihrer Geschäftsführung nungssoftware zu verhandeln, hat Konkurrenz- und Zukunftsfähigkeit Online-CMS Core Media passen den Entwurf einer Betriebsvereinba- uns der Arbeitgeber in eine Eini- des Senders nicht verbessern. nicht zusammen, weil es immer noch rung zu Arbeitszeiten und Schicht- gungsstelle getrieben. Damit haben keine passende Schnittstelle gibt. Re- planung vorgelegt. »Bisher schaut in wir unnötig Zeit verloren.« NEH

Ergebnis liegt laut ver.di über dem 8. Dezember vereinbart. Das Kultur-  Tarifvertrag für Zeit Redakteure sowie Freie und Pau- ARD-Durchschnitt und enthält meh- werk des bbk erbringt seit 1975 die ONLINE und Zeit Digital schalisten kann zu Ende 2015 ge- rere soziale Komponenten. Für Fest- infrastrukturelle Förderung der pro- kündigt werden, der Manteltarifver- angestellte steigen die Gehälter ab fessionellen Bildenden Kunst. Ende November begannen die Ver- trag erst zu Ende 2018. Dieser wur- Oktober 2015 um 2 Prozent und handlungen zu einem Tarifvertrag de im April 2014 mit Verschlechte- noch einmal zu Oktober 2016. Im für Die Zeit Digital GmbH in Berlin rungen beim Urlaubsgeld und der gleichen Rhythmus erhalten Azubis  Draussenwerber – kein und die Zeit ONLINE GmbH, Stand- Jahresleistung abgeschlossen, die im und Freie 2,1 und 2,3 Prozent mehr. Hin und Her mehr ort Berlin. Diese sollen als Haustarif- jetzigen Gehaltstarifvertrag schon Der Familienzuschlag wird um 2 Pro- verträge auf Basis der 40-Stunden- eingepreist sind. Dafür wurde der zent erhöht. Auf der Strecke blieb DIE DRAUSSENWERBER GmbH soll, Woche und Vertrauensarbeitszeit Geltungsbereich erweitert. Ab Juni ein einheitlicher Sockelbetrag, der so ver.di, einen verlässlichen Tarif- abgeschlossen werden und sich an- 2016 gilt der Manteltarifvertrag untere und mittlere Einkommen vertrag bekommen. Seit 2011 wer- lehnen an für den Norden abge- auch für Online-Redakteurinnen und stärker gefördert hätte. den Einkommen nur sporadisch über schlossene Mantel- und Gehaltsta- Redakteure. eine nichteinklagbare, rechtswidrige rifverträge. In der ersten Verhand- Betriebsvereinbarung erhöht. Das lungsrunde lehnte die Geschäfsfüh-  bbk Kulturwerk Arbeitgeber-Versprechen, jährlich rung Anhebungen auf 100 Prozent  rbb Intendantin verhandelt das Entgelt anzuheben, wurde nicht der Tarife Zeitschriften ab. Mitte De- Dagmar Reim tritt ab eingehalten. Beschäftigte, von de- zember wird weiterverhandelt. Ende November wurde auf einer nen knapp die Hälfte in ver.di orga- Dagmar Reim, 64, Intendantin des Mitgliederversammlung der bbk Kul- nisiert sind, haben dieses Hin und rbb, gibt ihr Amt im Juni 2016 vor- turwerk Berlin GmbH eine Tarifkom- Her satt. Angesichts angekündigter  Klassischer Tarifkampf zeitig ab. Ihr Vertrag galt noch bis mission gegründet. Für die 27 Be- erneuter Verhandlungen von Ge- für Tageszeitungen 2018. Sie gehe ausschließlich aus schäftigten wurde als Tarifforderung schäftsleitung und Betriebsrat und »privaten Gründen«, habe sich die Übernahme des TV-L, der Tarif- unklarer Angebote fordern sie einen Die dju in ver.di erwartet 2016 eine »neue, eigene Ziele gesetzt«, erklär- vertrag für die Landesbeschäftigten Tarifvertrag mit rechtssicheren Ar- »klassische« Tarifauseinanderset- te Wolf-Dieter Wolf, Chef des rbb- beschlossen und die Geschäftsfüh- beitsbedingungen, gleichem Lohn zung für die Tageszeitungsredaktio- Verwaltungsrats. Reim wurde 2003 rung zu Verhandlungen aufgefor- für gleiche Arbeit und regelmäßigen nen. Der Gehaltstarifvertrag für die die erste Frau an der Spitze eines dert. Der erste Termin wurde für den Entgelterhöhungen. rund 14.000 Redakteurinnen und öffentlich-rechtlichen Senders. 6 Berichte sprachrohr 4 | 15

Wir stoßen täglich an die Grenzen Dein Name sei eb

Flüchtlingsarbeit bei sicht.weisen im Fokus Oderlandspiegel verzichtet schon mal auf Urheberrechte rbeitsbedingungen und Pers- bis 40 am Tag«. Das wichtigste seien le Fragen auf. So die, warum es so Apektiven in der Flüchtlingsarbeit Unterkünfte, die fehlten. »Die ganze schwierig ist, den Grundbedarf für Journalist Wolfgang F. kümmert sich standen bei der ver.di Gesprächsrei- Verzweiflung der Leute belastet uns die Flüchtlinge zu sichern? Jahrzehn- für den Freundeskreis der Stadt- und he sicht.weisen Mitte November auf sehr.« Gebraucht würde das Dreifa- telange Sparpolitik und Stellenstrei- Regionalbibliothek in Frankfurt (Oder) dem Programm. Der rappelvolle Ver- che an geschultem Personal. Obwohl chung des Senats schlügen jetzt zu- ehrenamtlich um die Öffentlichkeits­ anstaltungsraum in der ver.di Bun- das Lageso monatlich 50 neue Be- rück. Ehrenamtliche Helfer seien aus- arbeit. Dem heimischen Oderland­ desverwaltung zeigte: Das Interesse schäftigte einstelle, dauerten Schu- gelaugt. »Wir stoßen täglich an un- spiegel lieferte er eine Pressemel­ an dem, was unter Willkommens- lungen zu lange. Und sie »im Chaos« sere Grenzen«, bestätigt Olbrich. dung über eine Veranstaltung des kultur zu verstehen ist und wie Hilfe einzuarbeiten, sei unmöglich. »Weder vom Dienstherren noch vom Freundeskreises und ein Foto über funktionieren Senat gibt’s Rück- eine Spende fürs Lesecafé zu. Unter kann, ist groß. halt.« dem am 31.10. veröffentlichten Bei­ Marco Olbrich Für die Flücht- trag »Sessel geschenkt« vermisste vom Lan­desamt lingshilfe wird Kollege F. neben dem von ihm ge­ für Gesundheit Vernetzung ge- machten Foto seinen Namen, der in und Soziales, braucht, auch der Pressemeldung ausdrücklich ge­ Mitarbeiter der Zentralen Aufnahme- Hassoun stammt aus dem Libanon über ver.di. Andrea Kühnemann, nannt war. In einer Mail bedankte er stelle für Asylbewerber und Joanna und lebte als Kind selbst in einem Vorsitzende FB 7 Gemeinden, Lan- sich für die Veröffentlichung, äußer­ Has­soun, Psychologin, Projektleiterin Flüchtlingsheim. Die Not im Sommer desbezirk Berlin-Brandenburg, kün- te aber sein Unverständnis, dass der beim Lesben- und Schwulenverband vorm Lageso habe sie elektrisiert: digte ein fachbereichsübergreifendes Name des Fotografen fehlte: »Ande­ Berlin und Beraterin für queere »Kinder schliefen im Dreck, alte Unterstützer-Treffen an und das Bün- re Medien beachten das Urheber­ Flüchtlinge, berichteten aus ihrer Pra- Menschen waren unversorgt.« Seit- deln von Forderungen an die Politik. recht besser, was ich zukünftig auch xis. dem hat Hassoun ihren Einsatz wie Als Fazit führte Olbrich die Relati- von Ihnen erwarte.« Bei ihm in der Leistungsabteilung ungezählte andere intensiviert, küm- onen vor Augen: »Bis Jahresende Von der Geschäftsleitung kam har­ funktioniere es wie im Sozialamt, so mert sich um medizinische Versor- werden 70.000 Flüchtlinge nach Ber- sche Antwort. Der Oderlandspiegel Olbrich. Er gebe Verpflegungs- und gung, betreut Traumatisierte und be- lin gekommen sein. Wir aber sind sei vor allem deshalb ein erfolgrei­ Taschengeld aus, beschaffe Kinder- sonders Schutzwürdige: »Lesben, 3,5 Millionen!« Flüchtlinge seien ches Printmedium, weil er seine ei­ wagen und anderes. Seit Ende Au- Schwule und Transgender-Personen nicht als Krise, sondern als Bereiche- genen Regeln strikt einhalte. Zuge­ gust sei der Ansturm explodiert. Bis werden massiv diskriminiert, sind se- rung zu verstehen. »Wir schaffen lieferte Bilder mit eb für Eigenbe­ zu 600 Menschen kämen täglich, xuellen Übergriffen und Mobbing das?« Besser: »Wir machen das!« richt als Quelle zu markieren, sei eine »wir schaffen 250 Termine, ich 30 ausgesetzt.« Die Diskussion warf vie- B. ERDMANN solche. Den Fotografen zu bezeich­ nen, sei Kann-Bestimmung. Passe der nicht in die maximal zwei Zeilen lange Bildunterschrift, werde das Das Skandalrad immer schneller drehen? »absolut übliche eb verwendet«. Der Journalismus wird Defizit an Pluralität und Recherche bescheinigt Geschäftsführer rechnete F. noch vor, dass die seiner Meldung überlassene ie Hamburger Medienwissen- kreiert worden. Die Verlagerung des riert. »Warum fühlen sich die Medi- Fläche einen Warenwert von 356 Euro Dschaftler Kramp und Weichert Interesses von den Inhalten der Po- en berufen, das Skandalrad immer habe und empfahl ihm, den Oder­ bescheinigen 2011 in »Die Mei- litik auf die – auch abwertende – Dar- schneller zu drehen?« Mainstreami- landspiegel aus dem Presseverteiler nungsmacher« dem Hauptstadtjour- stellung von Politikerleben ist be- sierung, der Eindruck stehe. »Immer des Freundeskreises zu streichen. nalismus ein Defizit an Pluralität und kannt. Christian Wulff etwa. Hetz- eine Intention herauszulesen«, davor Die Forderung des Journalisten in Recherche, High-Society-Journalisten jagd durch die Presse. Gaus wider- warnt Leonard Novy und fragt, wohin puncto Urheberrecht wurde als inszenierten sich selbst. Politik und spricht: Sie finde richtig, was sie da- sich die Kommunikation entwickle. »hoch zu Ross« bezeichnet und von Politjournalismus, Information und mals geschrieben habe. Um das Was darf die Presse, was nicht? Me- ihm gar eine Entschuldigung dafür Boulevard glichen sich an. »Ausmaß von Instinktlosigkeit und dien sollten Mittler sein zwischen Po- erwartet. Am 19.11. sitzt in Berlin, Tagungs- schlechtem Krisenmanagement« sei litik und Bevölkerung, das Für und Falsch, sagt Matthias von Fintel vom werk Jerusalemkirche, Ex-Bundes- es gegangen. Journalisten seien vor Wider von Programmen sachlich aus- ver.di Bundesvorstand. »Das Recht tagspräsident Wolfgang Thierse mit loten. Die Frage des Umgangs mit- auf Nennung des Urhebers ist eine einer aus Politik und Journalismus ge- einander bleibt im Raum stehen, gera­ gesetzliche Regelung, auf die der mischten Runde zusammen. »Machen unbelangbar de, weil sie verdecken kann, welches Oderlandspiegel offenbar verzichten Medien Politik?« Darüber tauscht er Problem durch welche Programme möchte.« Laut § 13 des Urheber­ oder eher nicht? sich aus: mit Bettina Gaus von der konstruktiv anzugehen wäre. In Mey- rechtsgesetzes hat der Urheber das taz, Thomas Meyer von Neue Gesell- ers Buch ist auch von der sozial un- Recht auf Anerkennung seiner Urhe­ schaft/ Frankfurter Hefte, dem Sati- dem Gesetz auch nicht unbelangbar. gesicherten Lage abhängig Beschäf- berschaft am Werk. Er kann bestim­ riker Friedrich Küppersbusch, dem Pressefreiheit aber gelte. »Warum tigter wie des »Heeres« der Freien men, ob und mit welcher Urheberbe­ Medienwissenschaftler Leonhard No- nicht gleich die Wahlempfehlung ge- und nebenberuflich Schreibenden – zeichnung das Werk zu versehen ist. vy und Kurt Beck, Ex-Rheinland-Pfäl- ben, wählt CDU«, reagiert Wolfgang im Unterschied zu den Alpha-Jour- »Der Oderlandspiegel hat als Anzei­ zischer Landesvater. Bettina Gaus Thierse, als Friedrich Küppersbusch nalisten – als einer Ursache von Ho- genzeitung die geltenden Urheber­ fällt die undankbare Aufgabe zu, die das kritisierte »Herunterschreiben« mogenisierung der Medien die Rede. rechtsregelungen zu beachten, die Medien zu vertreten. Undankbar, des SPD-Kanzlerkandidaten selbst Unsicherheiten prägen das Leben vie- Nennung des Bildurhebers oder weil diese hier als »Die Unbelangba- durch den Spiegel mit Verweis auf ler und bilden Boden für Diskriminie- Textautors ist eine Selbstverständ­ ren« gelten, der Begriff ist von Tho- »mangelnde Fähigkeit zum Wahl- rung, auch der zu uns kommenden lichkeit.« RED mas Meyer im gleichnamigen Buch kampf« Peer Steinbrücks konterka- Flüchtlinge. DORLE GELBHAAR 4 | 15 sprachrohr Berichte 7

ngespült, hart und grau, tau­ balen Einstieg und das Spiel der an- Asendfach­ am Boden, Kieselsteine. deren an, entwickeln gemeinsam die An vielen Stränden dieser Welt liegen Szene. Playbacktheater, das persön- sie herum … Ich spüre die Kraft der liche Erfahrungen und Gefühle zu Steine… Prof. Wolfgang Wendlandt, berührenden Szenen mit großer Aus- Leiter des Teams »Theater mit Flücht- druckskraft verarbeitet, beruht auf lingen«, stimmt mit seinem Gedicht klassischem Impro-Theater. Erfahrun- die Besucher im Kieztheater Bühnen- gen von Flüchtlingen mit Mitteln der Rausch in Berlin-Prenzlauer Berg auf Improvisation in Szenen und Liedern das Thema des Sonntagnachmittags umzusetzen, ist Ziel des Theaterpro- im Oktober ein: »Begegnungen mit jekts. Angefangen, so berichtet Flüchtlingen«, erzählt als interaktives Wolfgang Wendlandt, hat es im Fe- Playback-Theater. Eingeladen sind bruar im Asylbewerberheim Kling­ Ehrenamtliche, die sich auf die eine sorstraße. »Da, wo die Folgen von oder andere Weise um Flüchtlinge Kriegshandlungen und Flucht über- kümmern. Sie geben Eindrücke aus mächtig waren, haben wir versucht, diesen Begegnungen wieder, die auf mit unserer Theaterarbeit Aktivität der Bühne im Improvisationstheater und Lebensfreude anzustoßen.« zu Geschichten, Mosaiken und Be- Inzwischen existiert eine feste Freies gemeinsames Spielen befreit Fotos: Goihl-Hollmann wegungsabläufen ausgebaut und in Gruppe, die sich donnerstags trifft ihrer Aussage verdichtet werden. und Räume im Begegnungszentrum Darstellerinnen und Darsteller aus Villa Folke Bernadotte in Berlin- zwei Berliner Improvisations-Theater- Wer spielt das Lageso? Steglitz gefunden hat. Workshopta- gruppen (www.tumoristen.de und ge zeigten, die Begeisterung ist groß. www.playback-theater-berlin.de) Begegnungen mit Flüchtlingen im Playback-Theater Chris Simmat, Sozialpädagogin für verleihen den Gedanken des Publi- verhaltensauffällige Kinder, die sonst kums aus Berliner Stadtbezirken, aus der seit einigen Monaten in Deutsch- sere Tochter rief an und fragte, ob bei den »Tumoristen« spielt, sagt: Worms, Kassel, oder Lu- land lebt und selbst im Theaterpro- wir ihn aufnehmen. Ja, machen wir. »Wir bekommen von den Flüchtlin- ckenwalde Gestalt. Vieles passiert, jekt mitwirkt, gefragt, was hier schön Wir haben so viel Platz und andere gen so viel zurück.« Drei Stunden begleitet von Klaviermusik, nonver- sei und was fehle. Das von ihm ge- haben keinen.« Jetzt, wo alle Kinder Probe seien für alle ein Geschenk. bal. Auch Flüchtlinge sind dabei. liebte Radfahren wird zum fröhlichen ausgezogen sind, seien sie wieder zu Ein junger Mann habe gesagt, er sei Die kleine Bühne ist nahezu leer, Move auf der Bühne mit Mirjam He- einem Kind gekommen und darüber ein viertel Jahr in Deutschland, er die sechs schwarz gekleideten Agie- geman als Fahrrad, Linda Steuerna- froh. Doch es gäbe Streit mit dem wolle nun kein Flüchtling mehr sein. renden schildern zu Beginn ihren Be- gel als radfahrender Yamal, der über Landesamt für Gesundheit und So- Eine Frau: »Ich möchte lachen, ab- zug zu Flüchtlingen. Bamikale Sho- das von Johannes mit den Händen schalten.« Theater, weiß Wendlandt, nubi – der Vater Nigerianer – sagt: geformte Kopfsteinpflaster hoppelt. schafft Kompetenz, macht sicher »Ich habe einen Migrationshinter- Helfen wollen viele. Zur Vorstel- Drei Stunden Probe und angstfrei. Gerade beim intensi- grund. Im Vordergrund bin ich.« Ma- lung ist auch Dr. Renate Degner, Psy- ven Impro-Theater, bei dem Signale sind ein Geschenk ria Gräff: »Ich bin froh, dass meine chotherapeutin aus Berlin-Steglitz, der anderen aufzufangen sind, ent- Eltern vor 55 Jahren keinen Asylan- gekommen. Ab November bietet sie wickele sich Vertrauen und Integra- trag stellen mussten. Der wäre ab- einige Stunden in der Woche psy- ziales Lageso, das Nourouz aufgrund tion. Auf Sprache komme es erst in gelehnt worden.« chosoziale Beratung für Flüchtlinge seiner Registriernummer nach Chem- zweiter Linie an. »Wer reicht Flüchtlingen die Hand, an. »Ehrenamtlich selbstverständlich. nitz verfrachten wolle, »obwohl er Alles im Playback-Theater mit wer kennt jemanden zum Anfassen, Ich war früher in Palmyra und Alep- inzwischen bei uns zuhause ist.« Da- Flüchtlingen passiert ehrenamtlich. weshalb berührt Sie das?« Wolfgang po und frage mich angesichts der raus machen wir eine freie Geschich- »Wir tragen uns selbst, kaufen Ma- Wendlandt, der als Hochschullehrer Bilder jetzt: Wo kann ich etwas tun?« te, kündigt Wendlandt an und fragt terialien, sorgen für Werbung, wer- Sozialpädagogen ausbildete und im- Eva im Publikum hat Nourouz, ei- »Wer spielt das Lageso?« den wie hier von der Kiezbühne un- mer Theater gespielt hat, fragt das nen Flüchtling aus Afghanistan mit- Auf der Bühne haben die Darstel- terstützt, die Miete und Technik be- ins Publikum. Aus der Schilderung gebracht. »Er ist uns in den Schoß lerinnen zunächst nichts im Kopf, zahlte«, berichtet Wendlandt. »Aber von Bernadette, die in einer gemisch- gefallen. Er stand am Bahnhof, un- nehmen dann die Rolle, den nonver- ehrenamtliche Arbeit hat Grenzen. ten WG lebte und das Alltägliche am Um bekannt zu werden, brauchen Küchentisch als großen Schatz be- wir Sponsoren.« Wohlfahrtsverbän- zeichnet, entwickelt sich auf der Büh­ de wie Diakonie, AWO oder andere ne ein Spiel. Johannes Philipp kommt könnten solche Partner werden. Auf- als Flüchtling zum gemeinsamen tritte in Flüchtlingsunterkünften oder Tisch, Bruchstücke seines Schicksals bei Tagungen seien denkbar. »Will- werden gestisch erzählt. Bamikale kommenskultur ist Bereitschaft, sich breitet die Arme aus, sie ist der Tisch. zu begegnen«, sagt Wendlandt und Es sei doch nicht alltäglich, was hier räumt ein, dass Theater dabei derzeit passiere. Es gäbe Gemeinsamkeit, »Luxus« ist. Verstehen, exotische Leckereien. »Ich Ach so, wie spielte Linda das La- bin dankbar, hier Tisch zu sein.« geso? Mit Beharren auf der Regist- Chris Simmat verkörpert den Schatz riernummer und deutendem Zeige- mit bunten Tüchern in der Hand: finger. Nach oben: La! Hier ist das »Den Schatz kannst Du nicht kaufen, Amt! Nach vorn: Ge! Geh! Nach un- nur einsammeln. Viele Kulturen an Erschöpft, aber auskunftsbereit am Bühnenrand: Bamikale Shonubi, Mirjam ten: So! So ist das! einem Tisch, das macht Dich reich.« ­Hegeman, Linda Steuernagel, Johannes Philipp, Maria Gräff, Chris Simmat, BETTINA ERDMANN Im Publikum wird Yamal aus Syrien, Wolfgang­ Wendlandt (v.l.n.r.) www.wolfgangwendlandt.de 8 Lesemarathon zum 25. Jahrestag sprachrohr 4 | 15

15. Lesemarathon des Berliner VS – deutschDEUTSCHEGESCHICHTEn zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit Oben laufen sie, unten lesen sie

arathon im Doppelpack: Oben auf tärin für Jugend und Familie Sigrid Kleb- russischen Soldaten, über Bewegungen Mden Straßen stellten sich an die­ ba zur Begrüßung, sei Thema deutsch- in Geisterbahnhöfen bis zur Gentrifizie- sem sonnigen 27. September mehr als deutsche Geschichte(n) gut aufgehoben, rung in Berliner Kiezen. 42.000 Läuferinnen und Läufer der kräf­ hier, an diesem Platz im Herzen der Stadt. te­zeh­renden Herausforderung, die Wo seien die vielen Sichtweisen und 42,195 km des 42. Berlin-Marathons zu Blickwinkel besser zusammenzubringen Im Kommen und Gehen bewältigen. Unten in der U-Bahnstation als an diesem besonderen Tag, an dem Alexanderplatz stellten sich 24 Berliner oben gelaufen und unten gelesen wer- des Alltags Autorinnen und Autoren im historischen de. Zu hören sei von der Sehnsucht nach Sonderzug der Geduld gebietenden He­ Einheit und Freiheit, von dem, was be- Wie klappte es nun mit dem Lesen und rausforderung, im halbstündlichen freiend war oder neue Zwänge gebracht Zuhören? Das war über die Stunden hin- Wechsel über 12 Stunden Lesezeit hin­ habe. Wie die großen Herausforderun- weg einem steten Wandel unterworfen. weg Fahrgäste der Linie U 5 zum Inne­ gen zur Wende bewältigt wurden, müs- Mal waren die Sitzbänke gut, mal we- halten und Zuhören von deutschDEUT­ se heute die der Integration der vielen niger gut besetzt. Mal saßen Familien SCHEGESCHICHTEn zu bewegen. Letz­ Flüchtlinge gemeistert werden, die voll mit Kinderwagen im zweiten »Chill-out« teres ein Experiment des Berliner Schrift­ Sehnsucht nach einer friedlichen Welt Waggon, mal zückten dort japanische stellerverbandes VS zum 15. Lesemara­ nach Deutschland gekommen seien. Touristen das Handy und wunderten sich thon und 25. Jahrestag der deutschen »Dieser Prozess ist kein einfacher.« über den fremden Sprachfluss aus dem Einheit, unterstützt von der BVG. Lautsprecher. Wie die Spandauerin, die Was ist los mit diesem schönen alten aus München nach Berlin zog und gern Es lasen U-Bahn-Zug? Wann startet er? Nicht we- Eigene Geschichte als U-Bahn fährt, oder den Punk mit Flasche Jutta Blume nige Passagiere auf dem Bahnsteig zur in der Hand, der ohne diese zum Lau- Horst Bosetzky (-ky) U5 lugten durch die Fenster und setzten unbekanntes Terrain schen noch mal zurückkehrte, führte die Achim Engelberg sich drin verblüfft auf die edlen roten meisten der Zufall in die Lesewagen. Frederike Frei Ledersitze unter ovalen Glasleuchten. Berlin ist in der Lage, tausende Men- »Spontanität und Zufälle des Tages«, Ruth Fruchtman Hier wurde vorgelesen! Der U-Bahnwag- schen freundlich zu empfangen – Su- so empfand es Schriftsteller Fritz Leve- Dorle Gelbhaar gon von 1929 war der besondere Ort, sanne Stumpenhusen, ver.di Landesbe- renz, »und das Empfinden, fortwährend Harald Gröhler deutsch-deutschen Geschichten zu lau- zirksvorsitzende Berlin-Brandenburg, unterwegs zu sein – im U-Bahnwagen Heinrich von der Haar schen. Die BVG hatte die Rarität, von der knüpfte an den Gedanken an. Der Ma- und im Text – brachte eine bislang un- Stephan Hähnel nur noch zwei Wagen existieren, für den rathon-Tag zeige: »Eine volle Stadt bekannte Ebene in die Lesung, einen V- Olaf Kappelt Lesemarathon zur Verfügung gestellt. klappt.« Mit Dank an die BVG für das Effekt, der die Texte in das Kommen und Ulrich Karger Ja, er kann noch fahren, bestätigte »wundervolle Ambiente« verwies sie auf Gehen des Alltags projektierte.« Ursula Kramm-Kono­ der das Schmuckstück bewachende die »gute Tradition«, die Gewerkschaft »Natürlich hätten wir uns noch mehr walow Werkstattmeister Thuma. Zwei Fahrer und Literatur verbinde. »Schriftsteller Zuhörende gewünscht«, konstatierte Fritz Leverenz werden gebraucht, denn der Zug hat brauchen die Gewerkschaft, vor allem, Astrid Vehstedt, »doch wir haben an Salean A. Maiwald keine unabhängige Bremssicherung. wenn sie von ihrer Arbeit leben wollen.« Werbung getan, was möglich war. Vie- Gert-Peter Merk Nach dem Krieg gingen 120 Wagen VS-Vorsitzende Astrid Vehstedt kon- les kann man vorab nicht planen. Bei Hans Müncheberg nach Moskau. Auf der U8 glitten sie un- statierte, dass das aktuelle Flücht- den wechselnden Besucherzahlen gab Ilke S. Prick ter den Geisterbahnhöfen des Ostens lingsthema in den vorgetragenen Arbei- es keine eindeutig zu- oder abnehmen- Regine Röder-Ensikat hinweg von einem Westteil der Stadt ten noch nicht präsent sei, »aber wir de Tendenz.« Jutta Rosenkranz zum anderen. 1975 landete der Wagen müssen bewältigen, was auf uns zu- Was aber vor allem zählt: Durch die Waltraud Schade auf dem Abstellgleis in Berlin-Friedrichs- kommt.« Auch die eigene Geschichte zentrale Lesung am Alexanderplatz Astrid Vehstedt felde. Nach 33jährigem Dornröschen- sei oft noch »unbekanntes Terrain.« Es konnte der Schriftstellerverband auf sich Michael-André Werner schlaf wurde er aufwändig hergerichtet sei nicht selbstverständlich, dass jeder aufmerksam machen. Am Büchertisch Carmen Winter und ging am 21.12. 2008 wieder in Be- darüber schreibt, trotz zahlreicher Rück- auf dem Bahnsteig kamen die VS-Vor- Charlotte Worgitzky trieb. Nicht im Linienverkehr. Aber zu meldungen für den Lesemarathon. sitzende und ihre Helferinnen und Hel- besonderen Anlässen wie der Langen »Zum Zusammenwachsen aber gehört fer mit viel »Laufkundschaft« ins Ge- Nacht der Museen. Oder er wird vermie- der Blick in die Vergangenheit.« spräch. Einige fragten schon nach dem tet. Er sei, so der Bahnfachmann, ein Die Geschichten, die dann im Halb­ nächsten Lesemarathon und bedauer- Stück Gesicht und Geschichte der BVG. stundentakt von den Autorinnen und ten, in Zeitnot zu sein: »Schade, dass Dazu passte, dass es von Mittag bis Autoren bei kuschligem Leselicht unter ich nicht früher davon gewusst habe.« Mitternacht um deutsch-deutsche Ge- alten Reklameschildern vorgetragen Diese Reaktionen bestätigen die Inten- schichte und die Sicht von Autorinnen wurden, deckten eine große Bandbreite tion des Berliner VS: »Wir wollten den und Autoren des Berliner VS auf diese ab: von der Auseinandersetzung mit Bis- Lesemarathon ins Bewusstsein der Stadt ging. Hier, so sagte es auch Staatssekre- marck, einer Liebesbeziehung zu einem holen.« BETTINA ERDMANN 4 | 15 sprachrohr Deutsch-deutsche Geschichten 9 transitfoto.de / Polentz v. Chr. Fotos: Geschichten, die das Motto treffen Texte von Ratlosigkeit, getrenntem Leben und Kofferasyl

er Auftakt. Am 25. September in ma, die wegen ihres Äußeren und ihrer dem »Kofferasyl« ebenso treu wie mit Gespanntes Zuhören im besonderen Ambiente DMoabit, Turmstraße 5. Wer gern zu Ausstrahlung nie jene Rollen bekommt, seiner politischen Satire »Gehirnwä- des historischen Wag- Lesungen kommt, schätzt die Adresse die sie gern spielen möchte. Ihre unvor- sche«. Da werden Männer entführt und gons von 1929. der Dorotheenstädtischen Buchhand- hergesehene Besucherin ist die westlich- kurzerhand zu Politikern umgepolt. Da- Alle halbe Stunde wech- selten Lesende und lung. Man nutze die BVG. Manchen mag wohlsituierte Internistin Roswitha, die mit endete der Abend amüsant. Abge- Geschichten.­ der Weg hierher am Landesamt für Ge- beim Kurzbesuch im Zuschauerraum des sehen davon, dass sich die musikalische sundheit und Soziales vorbei geführt ha- Theaters sitzt. Es treffen zwei Frauen Begleitung mit den Gassenhauern aus Viel Laufkundschaft zum Lesemarathon des VS auf ben, dem Lageso. An diesem Abend gab aufeinander mit verschiedenen Lebens- dem Kabarett »Die Insulaner« phantas- dem Bahnsteig der U5 es hier noch keinen Ansturm, nur ein, entwürfen und entsprechend geprägten tisch einpasste. Beifall für Elke Querbeet! (linke Seite). zwei Dutzend meist junge Männer wa- Denkweisen. Wenn der Roman erscheint, Wäre noch zu vermerken: Und wieder ren im Gespräch mit Polizisten. heißt er »Die große Rolle«. Was bei Le- Bravos! Erneut hat Klaus-Peter Rimpel, Im Leseraum der Buchhandlung sitzen der Inhaber der gastgebenden Buch- die Gäste erwartungsvoll. Lesungen ver- handlung, für den gelungenen Auftakt sprechen zweierlei Eindrücke. Es sind die Mit Gehirnwäsche ein des Lesemarathons gesorgt – und so na- unbekannten Texte, noch nicht gedruckt hezu ein Anrecht auf VS-Ehrenmitglied- amüsantes Ende zu erhalten, die fesseln oder auch mal schaft. nichts Interessierendes vermitteln, je Auf dem späten Heimweg wieder am nach dem. Aber die andere Seite ist der sungen ungewohnt ist – es gab erste Lageso vorbei, hatten sich die Männer Vortrag. Nicht jeder Schriftsteller, der ei- Bravorufe für besonders Gelungenes. in Schlafsäcken auf dem Fußweg aus- nen schönen Text verfasste, ist auch in Astrid Vehstedt agierte in Doppelfunk- gestreckt. Es war ein milder Spätsom- der Lage, ihn wirkungsvoll vorzulesen. tion. Natürlich las sie – aus einer deutsch- merabend. ANNEMARIE GÖRNE Die Erwartung ist demnach doppelt. polnischen Anthologie »Im Wirtschafts- Angekündigt sind: (-ky), Horst Bosetz- wunderland« und ein Stück über die ky, der Erfinder des Berliner Sozio-Krimis, Ratlosigkeit von Politikern: Doch zu- Astrid Vehstedt, Charlotte Worgitzky gleich war es ihre Vorstellung als neue und Michael-André Werner. (-ky) war Vorsitzende des VS Berlin und Mit-Or- leider weniger gut zu verstehen. Dage- ganisatorin des Lesemarathons. Sie hat gen Charlotte Worgitzky, im vorigen Le- nach entsprechendem Studium an Mu- ben Schauspielerin, kann sehr gut lesen. siktheatern gearbeitet, ehe sie zur ge- Aber das machte es nicht allein, es ist druckten Literatur stieß. Gerade veröf- ihr Text, der das Motto trifft: Zwei Frau- fentlichte sie einen umfangreichen Kri- en, Kindheitsfreundinnen, begegnen minalroman »Sonutarium Labyrinth«. sich nach drei Jahrzehnten getrennten Michael-André Werner, Lesebühnen- Lebens in nunmehr zwei vereinten Staa- Autor, mit verschiedenen Satirepreisen ten. Die eine ist die zierliche Aktrice Al- ausgestattet, blieb seiner Richtung mit 10 Beruf & Gesellschaft sprachrohr 4 | 15 Gemeinsamkeit und Vernetzung groß schreiben Mitgliederversammlung des VS Brandenburg plante Austausch und Fortbildung

wegen des Kürzels VS wie "Verfas- Fachgruppe sungsschutz", löste, ungeachtet des ernsten Hintergrunds, Heiterkeit Literatur aus. Selbst das Bemühen um Förde- rung seitens des Kulturministeriums Brandenburg ließe sich, zumindest emeinsamkeit werde groß ge- metaphorisch, noch unter vernetzen Gschrieben, sagte Markus Der- ablegen: Carmen Winter, Vorstands- ling, in Frankfurt (Oder) Beigeordne- vorsitzende, hoffte in ihrem Bericht ter für Kultur. Er sagte es, als er am auf ein künftig enger geknüpftes 1.10. dieses Jahres die Mitglieder des Netz der Geförderten, denn bisher VS Brandenburg zu ihrer jährlichen waren wir dort durch die Maschen Mitgliederversammlung willkommen gefallen. hieß, und er meinte damit die Dop- Gemeinsam wurde in einer Veran- pelstadt: Frankfurt links, Słubice staltung nach der Mitgliederver- rechts der Oder, historisch mal eine Ingeborg Arlt liest und nicht nur Rudolf Loch hört zu. Foto: C. Winter sammlung Stephan Hermlins ge- Stadt, jetzt unter anderem durch ei- dacht, dessen Geburtstag sich im ne gemeinsame Fernwärmeleitung können. Eva Leipprand, Vorsitzende dafür vorhanden ist, lässt sich an den April 2015 zum 100. Mal jährte. Ge- verbunden. Mit dem Kleist-Museum des gesamten VS, die zwar nicht an- vorgeschlagenen Themen ablesen: meinsam lauschte man dem Text, als diesjährigem Versammlungsort, wesend war, deren Aufruf um Enga- Die Künstlersozialkasse und die Ver- den André Hermlin über seinen Vater was er »eine gute Entscheidung« gement für das Urheberrecht aber vortrug, den Texten von Stephan fand, kam der VS Brandenburg der zitiert wurde, rief dazu auf. Astrid Hermlin selber, die unsere Mitglieder Wissbegier seiner Mitglieder sichtlich Vehstedt, Vorsitzende des VS Berlin, Heiterkeit mit Till Sailer, Ingeborg Arlt und Erhard entgegen. 1923 im Geburtshaus des die als Gast zugegen war, war es aus Scherner lasen. Auch wusste man die ernstem Hintergrund Dichters gegründet, befindet sich das genau diesem Grunde. einfühlsamen Moderationen Dr. Ru- Museum heute in einer ehemaligen Die vom VS Brandenburg mit dem dolf Lochs zu schätzen, der immer Garnisonsschule, die vor zwei Jahren Lübecker Autorenkreis gepflegte Zu- wertungsgesellschaft Wort gehören auch zu den Vortragenden ein paar um einen Neubau erweitert wurde. sammenarbeit ließe sich genauso da- dazu, genauso wie die politischen Worte sagte. Freudig begrüßte man Interessiert machten sich alle Anwe- zu zählen wie ein für das kommende Implikationen des demografischen als Gast Anke Jonas, die uns viele senden vor und nach der Versamm- Frühjahr vorgesehenes Mitglieder- Wandels, das Genre Hörspiel oder Jahre bei ver.di betreute. Und dass lung sowie in den Pausen mit diesem treffen. Letzteres, angeregt und or- die Zusammenarbeit mit Literatur- der Pianist Sören Gundermann mit Neubau bekannt. Gut und wichtig, ganisiert vom Vorstandsmitglied Tho- agenturen und Verlagen. allem Musik machte, was ein Kon- sagte der Vertreter der Stadt, sei es mas Bruhn, soll den Kollegen für ein Astrid Vehstedt sprach über eine zertflügel hat: mit Tasten, Saiten, Pe- auch, dass sich Interessengruppen ganzes Wochenende – mit Gastro- gemeinsame Homepage. Die bishe- dalen und Gehäuse, sei nicht nur die- miteinander vernetzten. Dies, Ge- nomie und Übernachtung – die rige sei schwer auffindbar, wurde ses Könnens wegen erwähnt, son- meinsamkeit und Vernetzung, hätte Möglichkeit zu Austausch und Fort- von mehreren Seiten befunden. dern auch, weil Musik bekanntlich der Versammlung als Motto dienen bildung geben. Welches Interesse Dass sie gehackt wurde, vermutlich verbindet. INGEBORG ARLT

Buchtipp in einem«, sowohl als Berichte für Aufmerksam registriert Klemperer eine (konservative) Leipziger Zeitung allerdings den zunehmenden Antise- Lesenswert als auch als unveröffentlichte Erin- mitismus. Zu dieser Zeit fühlt er sich nerungen. Jetzt ist beides in einem noch nicht davon betroffen, weil er Victor Klemperer Neuerscheinungen Band zu lesen – was manchmal zu zum Protestantismus übergetreten ist. »Revolutions­ wortgleichen Übereinstimmungen Drucktechnisch sind die beiden Be- Ulrich Karger »Homer: Die Odys­ tagebuch 1919« führt. richtsarten Klemperers klar vonein- see nacherzählt von Ulrich Karger« Auch hier – wie bei LTI – die ge- ander abgesetzt; ein Fototeil in der Vollständige Nacherzählung der Aufbau Verlag 2015 naue Beobachtung, ausgezeichnet Mitte des Buches zeigt sowohl Por- griechischen Heldensage. Neuaus­ formuliert, aber zu meinem Erstau- träts der Protagonisten wie Kurt Eis- gabe mit umfangreichem Anhang, nen mit nur geringer politischer Ein- ner oder Erich Mühsam als auch ih- Edition Gegenwind – neobooks, TI – Die Sprache des Dritten Rei- sicht: Für Klemperer sind die täglich rer politischer Widersacher wie Gus- ISBN 978-3-7380-4637-3 Lches von Victor Klemperer; als die- wechselnden, geradezu verrückt wir­ tav Noske.­ Für das Buch ist der an- ses Buch in der DDR erschien, war k­enden Ereignisse eine Art Karneval, schließende Essay von Wolfram Wet- Miriam Magall »kosher & kosher es für mich ein Kompendium, mit dem Charakter der Münchner ge- te wichtig, weil er mit heutigem Wis- style in Berlin« Verlag Hahnsche dem die offizielle politische Sprache schuldet, zumal die eigentlichen Re- sen die politischen Zusammenhänge Buchhandlung, ISBN 978-3-7752- wegen gewisser Ähnlichkeiten ent- volutionäre keine Bayern, sondern von damals herstellt. Schließlich war 1791-0 larvt werden konnte. Berliner sind. So ist er überrascht, als die Novemberrevolution 1919 die Nun erschienen Klemperers Auf- er die materiell geringfügige Hinter- erste und bislang einzige deutsche Thomas J. Hauck »Das Gummi­ zeichnungen von 1919 als Revoluti- lassenschaft des ermordeten Kurt Revolution. CHARLOTTE WORGITZKY bärchen und der Braunbär«, Kinder­ onstagebuch, gesehen und erlebt in Eisner sieht; so bescheiden hat er sich Victor Klemperer »Revolutionstagebuch buch, Allitera Verlag, München, ISBN München unter dem Zitat »Man diesen zierlich gewachsenen, schwer 1919«, Aufbau Verlag 2015, 263 S., 19,96 9 783869 067667 möchte immer lachen und weinen arbeitenden Mann nicht vorgestellt. Euro, ISBN 978-3-351-03598-3 4 | 15 sprachrohr Beruf & Gesellschaft 11

m Oktober befragte die FG Musik Igemeinsam mit der Landeslehrer- Desaströses Bild an den Musikschulen vertretung LBM e.V. die ca. 1.600 frei- beruflichen Berliner Musikschullehr- ver.di-Umfrage unter freiberuflichen Musikschullehrkräften kräfte zu ihrer Situation nach Einfüh- rung der neuen »Ausführungsvor- norar vor. In der Realität funktioniert schriften Honorare« (AV). Die Ergeb- das an den Musikschulen unter- nisse zeichnen ein desaströses Bild schiedlich. Insgesamt zeichnet sich der Berliner Musikschullandschaft. kein zufriedenstellendes Bild. So er- Zufriedenheit mit dem Beruf: klären 67 Prozent, dass Gesamtkon- Zwar sind immer noch 25 Prozent ferenzen nach wie vor nicht hono- der Kolleginnen und Kollegen »eher riert werden. zufrieden« oder »ziemlich zufrie- Einkommensentwicklung und den« mit ihrer beruflichen Situation. Rentenerwartung: Bei der Einkom- Dies ist wohl dem Umstand geschul- mensentwicklung führen die Hono- det, dass der Beruf an sich mehrheit- rare »Sonstige Tätigkeiten« nicht zu lich als hochgradig sinnstiftend erlebt einer durchgängigen Besserung. wird. Drei Viertel aber sind »eher un- Aufgespielt zum Protest – nicht zum ersten Mal! Musikschullehrkräfte der Leo- Vielmehr ist die Entwicklung insge- zufrieden« oder »sehr unzufrieden«. Borchardt Musikschule luden am 13. November zum Konzert in die Matthäus­ samt negativ. Etwa ein Drittel sagt, Durch die AV nehmen Abwande- kirche Berlin-Steglitz. Unüberhörbar protestierten sie gegen die schlimme das Einkommen habe sich nicht ver- rungsgedanken zu: 31 Prozent den- ­Situation an den Musikschulen. Seit langem sind mehr feste Stellen und ein ändert. Deutlich gestiegen ist es nur ken »öfter« und 35 Prozent »häufig« ­Tarifvertrag gefordert. Foto: Gabi Senft bei 8 Prozent, dagegen bei 22 Pro- über berufliche Alternativen nach. zent stark gesunken. Gefragt nach Auch das über die Unterrichtstätig- mit stark schwankenden Einkünften der Rentenerwartung, gibt mehr als keit hinausgehende Engagement an und langen Ferienzeiten ohne Hono­ Fachgruppe die Hälfte unter 500 Euro an. der Musikschule hat deutlich gelit- rar. Damit hatten diejenigen, die aus- Fazit: Die Einführung der AV hat ten. Zwar äußern 43 Prozent, ihre schließlich im Kursbereich tätig sind, Musik die ohnehin prekäre Lage der Berli- diesbezügliche Bereitschaft sei »eher schon immer zu kämpfen. Nun be- ner Musikschullehrkräfte deutlich hoch« oder »sehr hoch«. Aber auf trifft es alle. So schildern 63 Prozent verschlimmert. Die zeitgleich im Dop- die Frage, wie sich die AV auf diese geschäftliche Probleme, die vor den der Kolleginnen und Kollegen erhal- pelhaushalt 2014/15 bewilligten zu- Bereitschaft auswirkten, meinen 41 AV nicht auftraten – z.B. die Schwie- ten ihr Honorar pünktlich. Knapp die sätzlichen Mittel für Musikschulen Prozent, sie sei stark gesunken. rigkeit, regelmäßige Einkünfte für Hälfte beklagt mangelnde Differen- von 2,5 Mio Euro sind mehrheitlich Umstellung auf Einzelstunden- den Abschluss eines Mietvertrags ziertheit der Abrechnungen. Ledig- nicht bei den Honorarkräften ange- abrechnung: Kern des Problems ist nachzuweisen. Zudem sind die Aus- lich ein Viertel meint, die Abrech- kommen. Mehr Geld reicht also nicht die Umstellung von monatlich pau- wirkungen auf Verwaltungsabläufe nung sei korrekt. – wir müssen weiter kämpfen: Die schaler Zahlungsweise auf Einzel- verheerend. Hier schlägt die komplet- Honorierung »Sonstige Tätig- Einzelstundenabrechnung muss wie- stundenabrechnung. Dabei wird der te Überlastung des Personals zurück: keiten«: Mit dem Unterrichtshono- der weg, wir brauchen mehr feste eigene bürokratische Mehraufwand Die Kommunikation mit den Lehr- rar sind Vorbereitungszeiten und El- Stellen und einen Tarifvertrag für zwar beklagt, spielt aber eine unter- kräften ist massiv erschwert, die terngespräche abgegolten. Für Freie! ANNETTE BREITSPRECHER geordnete Rolle. Folgenschwer ist Schülervermittlung funktioniert häu- »Sonstige Tätigkeiten« sieht die AV FG Musik, Präsidiumsmitglied vielmehr die jetzige Zahlungsweise fig nur schleppend. Nur 22 Prozent ein mit rund 10 Euro klägliches Ho- Landeslehrervertretung LBM

ns kommende Jahr fällt der 150. konzeption und der aufkommenden IJahrestag des Deutschen Buchdru- Geburtstagslektüre Wirtschaftsdemokratie, wird durch- ckerverbandes, der nach dem Zigar- weg kritisch gesehen, den Auffas- renarbeiterverband ältesten Gewerk- Schätze aus der Historischen Bibliothek sungen des von der KPD bestimmten schaftsorganisation in Deutschland. »Graphischen Blocks« entgegenge- Kolleginnen und Kollegen in Berlin »Aus Gestern und Heute wird Mor- 1966 erschien in der DDR – hier setzt. Dem Widerstand von Mitglie- und Umland werden in einer Aus- gen« heraus. Darin wird die Ge- herausgegeben vom Zentralvorstand dern gegen die Naziherrschaft ist ein stellung in der ver.di-Zentrale einen schichte jedes der in die IG Medien der IG Druck und Papier im FDGB – gesondertes Kapitel gewidmet. Einblick in die Geschichte der Orga- eingegangenen Verbandes bis Janu- das Buch »Hundert Jahre Kampf der Für 1945 bis Mitte der 1960er Jah- nisation nehmen können. Wem an ar 1933 vorgestellt. Dann wird auf Gewerkschaften der graphischen Ar- re wird nur auf das Wirken der IG umfassender Information gelegen den 1. Trizonalen Verbandstag der beiter«. Als Autoren zeichneten His- Druck und Papier in der sowjetischen ist, dem sei die Historische Bibliothek Gewerkschaften des Graphischen toriker, Gewerkschaftsveteranen und Besatzungszone bzw. DDR eingegan- des Karl-Richter-Vereins empfohlen. Gewerbes und der Papierverarbei- Funktionäre; Unterschiede in der gen. Die von der SED begründete Zum Wachsen der Organisation tung 1948 in den Westzonen einge- Stringenz einzelner Beiträge lassen Position der Verantwortung der Ge- gehört das von den Buchdruckern gangen, dem die Geschichte der IG sich so verstehen. Interessant, dass werkschaften und ihrer Mitglieder nicht immer begrüßte Zusammen- Druck und Papier folgt. Die Journa- auf die allgemeine Zeitgeschichte, so für das Wirtschaftswachstum als gehen mit anderen Gewerkschaften listen- und Künstlerorganisationen in auch die unterschiedlichen Positio- Grundlage gesellschaftlichen Wohl- der graphischen Arbeiter, dann, seit der BRD werden vorgestellt, dann die nen in der deutschen Arbeiter- und standes durchzieht die Darstellun- den 1960er Jahren, mit den Medien- Chronologie der Stationen und »Die Gewerkschaftsbewegung bis 1933, gen. Jedoch wird die gesamte Breite und Künstlerverbänden. Diese Ge- Mediengewerkschaft – ein Stück Ge- Bezug genommen wird. Divergieren- gewerkschaftlicher Aktivitäten in der samtgeschichte umgreifend, liegen werkschaftsreform«. Der gewerk- de Ansichten zwischen Vorstand und IG Druck und Papier durchaus wie- zwei, zu den jeweiligen 100- bzw. schaftliche Zusammenschluss wird Mitgliedschaft sind aufgezeigt. Das dergegeben. Anders wäre der hohe 125-jährigen Jubiläen der Verbands- als Reaktion auf Prozesse in der Fer- vom Vorstand vertretene Festhalten gewerkschaftliche Organisationsgrad gründung erschienene Bücher vor. tigungstechnik und der Unterneh- an der Tarifgemeinschaft, von 1918 auch nicht verständlich zu machen. 1992 gab die IG Medien den Band menskonzentration geschildert. bis 1933 an der Arbeitsgemeinschafts­ WOLFGANG BLUMENTHAL 12 Beruf & Gesellschaft sprachrohr 4 | 15

tungen – bereits in diesem Jahr in Alles ungewiss bei der MOL Kultur GmbH die Kreishoheit zurückgehen.« Doch auch deren Schicksal ist – Zeitplan für Umstrukturierung ist ins Wanken geraten anders als die Worte von Landrat Schmidt vermuten lassen – ungewiss. ie Zukunft der gemeinnützigen des Landesmusikschulgesetzes ent- Denn die künftige Trägerschaft kann DKultur GmbH Märkisch Oderland Fachgruppe spricht. 2.000 Schülerinnen und nicht losgelöst von der Entscheidung bleibt ungewiss. Ein Grundsatzbe- Schüler werden derzeit von vierzehn für das Brecht-Weigel-Haus und die schluss des Kreistages vom Dezem- Theater festen und 70 freien Lehrkräften un- Gedenkstätte Seelower Höhen be- ber 2013 zur Liquidierung war mit und Bühnen terrichtet. trachtet werden. Der Betriebsrat wird einem Zeitplan zur Umstrukturierung »Greift«, so MOL Betriebsratsvor- jeweils einen Interessenausgleich aus­ der Einrichtungen – dem BrechtWei- langjährig festangestellten Beschäf- sitzende Maxi Pincus-Pamperin, »hier handeln. »Es geht uns dabei um mehr, gel Haus, der Kreismusikschule, dem tigten nicht übernommen. ein Privatisierungsmodell, würden als nur Arbeitsplätze abzusichern«, Schloss Freienwalde, der Gedenk- Wie geht es aber weiter mit all den die Festangestellten nach Betriebs- erklärt Betriebsrätin Pincus-Pampe- stätte Seelower Höhen und dem Frei- anderen Einrichtungen, die noch zur rin. »Es geht auch darum, Beschäf- lichtmuseum Altranft – verbunden MOL Kultur GmbH gehören? Das zu tigten Ängste zu nehmen und ihnen (Sprachrohr berichtete). Anlässlich beantworten, ist nicht ganz einfach. Erhalt von Kultur statt Zukunftsgewissheit zu vermitteln. der jetzigen Überführung des Frei- Denn der Maßnahmeplan – der bis Wir sind froh, mit ver.di eine starke politisches Kalkül lichtmuseums Altranft in einen Ver- 31.12. 2016 die Kultur GmbH zum Gewerkschaft an unserer Seite zu ha- ein meinte Landrat und Gesellschaf- Ende führt, um sie anschließend zu ben.« Die Kultur GmbH sei zwar ta- ter Gernot Schmidt: »Der schwierig­ liquidieren – ist erheblich ins Wanken übergang 613a BGB überführt. Ob rifvertraglich gesichert, aber seit ste Part in Sachen Kultur GmbH ist geraten. aber der Landkreis auch, wie für 2012 ohne Tariferhöhung. Mit einem bewältigt«. So wird der Landkreis Im ersten Halbjahr 2016 will der zehn Jahre zugesagt, Personalkosten bis Ende 2016 geltenden Haustarif Mitglied im neu gegründeten Muse- Kreistag entscheiden, wie die Kreis- übernimmt, ist fraglich. Versäumt konnte ver.di diese Einbuße mildern. umsverein und gewährt bis 2020 ei- musikschule weitergeführt wird. wurde, uns als Betriebsrat zum Inte- »Wir hoffen«, sagt Pincus-Pamperin, nen jährlichen Zuschuss von 400.000 Landrat Schmidt versicherte, dass ressenbekundungsverfahren des Ge- »dass es bei künftigen Entscheidun- Euro für Bewirtschaftung und Perso- man verschiedene Modelle prüfe und sellschafters rechtzeitig zu unterrich- gen um den Erhalt von Bildung und nal. Allerdings wurden – und das war der Kreis immer eine Musikschule fi- ten. Eigentlich sollte die Musikschu- Kultur geht und nicht um Ränkespie- Bedingung für diese Regelung – die nanziere, die den Qualitätsvorgaben le – wie auch die anderen Einrich- le der Politik.« B.E.

Kurz und wichtig liegt für 2016 bei 0,25 Prozent, die ver.di-Tarifkommission stimmt dem bislang nicht zu.  Ziel: Ein Haustarif für die Schaubühne  Zähe Verhandlungen im Eine wachsende Schar von ver.di- Friedrichstadtpalast Mitgliedern in der Berliner Schau- bühne organisiert sich, um Hausta- Seit dem Frühjahr verhandelt ver.di rifverhandlungen durchsetzen. Sie mit dem Deutschen Bühnenverein kämpfen um eine Anpassung an die über den von Arbeitgeberseite ge- Tarifverträge des Landes Berlin und kündigten Haustarifvertrag für die wollen hinsichtlich Vergütung und Tänzerinnen und Tänzer des Fried- Arbeitszeitregelungen eine Gleich- richstadtpalastes. Nach anfängli- stellung mit ähnlichen Bühnen, wie chen Schwierigkeiten und einer be- der Volksbühne, erreichen. Die streikten Probe schienen die Ver- nächsten Mitgliederversammlungen handlungen in ein gutes Fahrwasser werden zeigen, welchen Druck die zu geraten. Leider änderte sich das Kolleginnen und Kollegen aufbauen in der Verhandlungsrunde am 1. und welche Schritte ver.di einschla- Oktober. Seitdem haben die Tänze- gen kann, um die Arbeitsbedingen rinnen und Tänzer in drei Work- sowie die Vergütungen am Haus zu shops eine zufriedenstellende Ar- verbessern. Noch ist der Konflikt um einen von den Tänzerinnen und Tänzern des Berliner beitszeitlösung mit der Ballettlei- Staatsballetts mit ver.di gewünschten Haustarifvertrag nicht ausgestanden. Im tung des Friedrichstadtpalastes aus- November haben die Gewerkschaften GDBA und VdO mit dem Deutschen Büh- gearbeitet. Nun gilt es, diese ge- nenverein eine Tarifregelung für das Ballett abgeschlossen. ver.di ist bislang meinsam mit ver.di bei einem  In Cottbus geht es außen vor. Ob das so bleibt, darüber laufen Gespräche. Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de um Angleichung nächsten Verhandlungstermin, der hoffentlich noch in diesem Jahr Der Haustarifvertrag der Branden- TV-L, das bedeutet, dass auch die ßerdem die fällige Anpassung an stattfindet, zu einem guten Ab- burgischen Kulturstiftung Cottbus Erhöhungen für die Arbeitnehmer­ die 100 Prozent des TV-L-Tarifs. Die- schluss zu bringen. Die Forderun- (BKC) bietet die Möglichkeit einer anteile der VBL zutreffen. Deshalb se werde sich bis 2019 strecken, gen nach Vergütung und Sonder- jährlichen Anpassungsverhandlung werden die tariflich ausgehandelten dann soll die volle Höhe der Vergü- leistungen sowie Zusatzvereinba- zur Vergütung für die nichtkünst- Vergütungssteigerungen gezahlt, tungen der übrigen TV-L-Beschäf- rungen zur betrieblichen Rente und lerisch Beschäftigten. Als Hausta- 2016 sind das 2,1 Prozent. ver.di tigten erreicht sein. Das Angebot zum Gastierurlaub gilt es mit ein- rifvertrag gilt ab 1. Januar 2016 der Berlin-Brandenburg verhandelt au- des Arbeitgebers zur Anpassung zubinden. 4 | 15 sprachrohr Beruf & Gesellschaft 13

Markenzeichen der Druckertage, das Mühsam gezügelte Wut gepflegt werden soll. Ebenso, dass nicht allein Drucker willkommen sind. 9. Druckertage zu gewerkschaftlicher Bildung in Lage-Hörste In der Diskussion über den Um- gang von ver.di mit gewerkschaftli- um Thema »Gewerkschaftliche chen Werten und vertretenen Zielen, ZBildung – Wo kommen wir her, brach sich die Wut über die Schlie- wo wollen wir hin?« hatte das Insti- ßung der Bildungsstätte Lage-Hörs- tut für Bildung, Medien und Kunst te Bahn. Der Angriff auf die Identität Mitte November ein letztes Mal ins des Fachbereiches, die vorgeschobe- Heinrich-Hansen-Haus nach Lage- ne Begründung von nicht zu finan- Hörste geladen. Der Anblick der Bil- dungsstätte wirkte verändert. Besu- cher, Seminarteilnehmer, Mitglieder Vor Augen, was von ver.di und IG Metall drückten verloren geht mit Plakaten und Stellwänden aus, was sie von dem im Schnellverfah- renen durchgesetzten Beschluss des zierenden Brandschutzkosten, der Bundesvorstands und Gewerkschafts- politische Wille, einen großen Teil der rates halten: »Wer das Haus schließt, Abschied vom Haus: Die letzten Druckertage und das Team von Lage-Hörste Beschäftigten – überwiegend Frauen hat nicht alle Latten am Zaun!« (sie- Foto: Wolfgang Benning – in die Arbeitslosigkeit zu entlassen, he auch Sprachrohr 3/15) all das wirft die Frage auf, wofür ver.di Das Programm der Druckertage, Potsdam, beschrieb die Bedeutung in der Praxis steht und welche poli- zu dem sich die Musik der Potsdamer Fachgruppe von Bildungsarbeit für Tarifbindung, tische Glaubwürdigkeit verbleibt. Gunnar Wagner und Uwe Diederich Verlage, Mitgliedergewinnung, Stärkung ge- Die Uraufführung des Films über gesellte, bedeutete angesichts der Druck und Papier werkschaftlicher Durchsetzungsfä- die Geschichte von Hörste – Holger bevorstehenden Schließung der Bil- higkeit und Vernetzung. In diesem Menze, langjähriger Leiter der Bil- dungsstätte vor allem Zündstoff. Zusammenhang ist für das nächste dungsstätte, hatte viele der Beschäf- Andreas Michelbrink, Geschäfts- Teamende, 12 Bildungssekretäre und Frühjahr eine JAV-Konferenz für den tigten und langjährigen Wegbeglei- führer der GewerkschaftsPolitischen 10 Leiter in den Zentren. Bildungs- Fachbereich 8 geplant. Die Betriebs- ter interviewt – führte vor Augen, Bildungs gGmbH, ging auf Bildungs- arbeit ist wirtschaftlich erfolgreich: rätin nannte als Herausforderung, was für die Gewerkschaft verloren arbeit seit Gründung von ver.di und Mit 230 Beschäftigten wird ein Um- Bildungsangebote weiter zu entwi- geht. Keiner von denen, die dieses die Schwierigkeiten ein, aus fünf sehr satz von 20 Mio Euro jährlich erzielt. ckeln, diese in den Betrieben zu ver- Haus nun aus der Hand geben, war unterschiedlichen Bildungskulturen Vor Ort ist Bildungsarbeit allerdings breiten, betriebliche Themen aufzu- anwesend. Da mit der Schließung eine Konzeption zu entwickeln. Die- oft unterfinanziert, es gibt zu wenig nehmen und über den Fachbereich von Hörste als Bildungsstätte auch se wurde 2007 verabschiedet. regionale Angebote. hinaus zu öffnen. Die Anwesenden die Druckertage in Frage stehen, Mit zentraler Bildungsarbeit wer- René Rudolf, Bundesfachgruppen- forderten, Druckertage sollten den wurde gefordert, dass die nächsten den jährlich etwa 10.000 Kollegin- leiter Verlage, Druck und Papier, er- Charakter von politischer Bildung Druckertage Mitte September 2016 nen und Kollegen erreicht; es neh- klärte die Vielfalt der Seminare. Ka- beibehalten, da es zu wenig gewerk- in Gladenbach konkret geplant so- men 40 Prozent Frauen und 60 Pro- rin Wagner, Betriebsratsvorsitzende schaftliche Veranstaltungen dieser wie finanziell gesichert werden. zent Männer teil; es gibt ca.1.000 der Märkischen Allgemeinen Zeitung Art gibt. Offene Debatten sind ein CONSTANZE LINDEMANN

CUB – die Fliege war sein Markenzeichen Erinnerung an einen, der anhaltend dagegenhielt

ch kannte Christian, bevor ich ihn chen umgänglich zu sein. Im Vor- wice, ehemals Hansdorf, in Polen. Er Ipersönlich kennenlernte. Während stand unseres Fachbereichs verstan- übergab Familiendokumente seines der Streiks um die 35-Stunden-Wo- den wir uns auf strittigen wie auf ver- Großonkels Emil von Behring, des che in der Druckindustrie 1984 fluch- trauten Feldern. CUB alias Chris­tian ersten Nobelpreisträgers für Medizin, ten unsere streikfreudigen IG Druck Ulrich Behring war kein Freund von an das Marburger Archiv, kümmerte & Papier Kollegen in der Mercator- Oberflächlichkeit. Sein Markenzei- sich um den Erhalt des Schulhauses, Druckerei des Tagesspiegels über den chen war die Fliege, seine Stärke ge- in dem seine Mutter aufgewachsen Betriebsrat im Verlag, vor allem über schliffene Aussagen, in kritischen Si- und sein Großvater Lehrer gewesen einen Kollegen, der anhaltend dage- tuationen half gesunder Humor, und war. Er lebte bei zahllosen Besuchen genhielt und auch noch in der DAG über Musik konnten wir uns immer mit Leidenschaft die deutsch-polni- So bleibt CUB im Gedächtnis organisiert war – Christian Ulrich austauschen. So verbunden wie CUB sche Aussöhnung und setzte sich mit Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de Behring. dem Tagesspiegel blieb – nach sei- Enthusiasmus für die Freundschaft Im ver.di-Vereinigungsprozess be- nem Arbeitsende auch in der Unter- mit unserem Nachbarland ein. und seiner Freunde. Sein letzter gegnete ich bei einem Treffen von stützungseinrichtung des Verlags für Wir waren im Mai dieses Jahres Wunsch war es, im Familiengrab in Mitgliedern der DruPa und der DAG Kollegen – so verwurzelt war er in der schockiert zu hören, dass CUB ins Lawice beigesetzt zu werden. Nur Christian zum ersten Mal direkt. Wir klassischen Musik. Freunde meinten, Hospiz gezogen war kurz vor seinem vier Tage später, am 31. Mai starb sollten den ver.di Fachbereich Medi- er habe die Hälfte seines Lebens in 70. Geburtstag. Einmal konnten wir Christian. Ein Kollege, der uns fehlt en, Kunst und Industrie bilden. Ko- der Philharmonie verbracht. ihn dort besuchen, das Zimmer vol- und der in unserer Erinnerung leben- misch, dachte ich, ausgerechnet die Als Rentner stürzte er sich in die ler Blumen, Plakate, Fotos, CDs und dig bleibt. DAG-Kollegen scheinen ausgespro- Geschichte der Familie Behring in La- Briefen der Berliner Philharmoniker CONSTANZE LINDEMANN 14 Ausser der Reihe sprachrohr 4 | 15

es wichtig, dass ein Mensch über sein gesamtes Potenzial verfügen kann, Schriftsteller sind darauf besonders angewiesen, kreieren daraus ihre Vi- sionen.

Von der traumatischen zur erotischen Spur

Bei der Anamnese arbeite die Psy- choenergetik mit körperlichen Impul- sen, das Unbewusste zeige sich in Gestik und Mimik, oft deutlich im Widerspruch zum gesprochenen Wort. Darauf müsse man achten: Wo bleibt jemand stecken, welche Gesten begleiten das Gesagte? Der Körper gebe Emotionen unverfälscht wider. So setzen sich Klienten in der psy- choenergetischen Therapie ganz wörtlich in Bewegung – beispiels- weise gehend. »Dieser Prozess ist lustvoller als eine klassische Psycho- analyse«, so Weißbach, Schellen- baum habe ihn die erotische Spur genannt, wobei Erotik nicht im se- Foto: Chr. v. Polentz / transitfoto.de xuellen Sinn, sondern als ein gelun- gener Entwicklungsweg zu verstehen sei. Auch Schrift­steller können davon Zu dem werden, was du wirklich bist profitieren. »Die Methode ist gerade für Schriftstellerin Ingrid Weißbach hilft, Schreibblockaden aufzulösen schreibende Menschen sehr geeig- net, weil sie Sprache und Bewegung ch bin Autorin und Psychoenerge- dienzeit sehr nahe kommen, aber nie sin« oder »Eine kulinarische Entde- verbindet. So lassen sich Schreibblo- Itikerin.« Mit diesen Worten umreißt den Schritt zur Liebe wagen. Das ckungsreise Tessin« entstanden. ckaden lösen.« Ingrid Weißbach Ingrid Weißbach, worum es ihr geht. nicht Gelebte wird in der Folge als weiß, wovon sie spricht, verspürte Denn einerseits gilt es, die Professi- dauerhafter Verlust erfahren. sie doch schon seit ihrer Studienzeit onen separat auszuüben, anderer- Seit einigen Jahren hat sich die ge- Die Energie muss zum den Wunsch, einen Roman mit au- seits möchte sie beide miteinander bürtige Thüringerin Weißbach die tobiografischen Zügen zu schreiben. verknüpfen: Sie will schreiben, an- Schweiz als Zweitwohnsitz gewählt. Fließen kommen Lange sei es ihr nicht möglich, ge- dererseits will sie anderen helfen – Inspiriert vom Werk Hermann Hesses wesen, das Thema des Romans zu beispielsweise, wenn sie unter war sie nach Montagnola im Tessin Parallel dazu entschloss sich Ingrid fassen. »Irgendetwas nicht Bearbei- Schreibblockaden leiden. gereist, wo der Schriftsteller mehr als Weißbach 2010 zu einer Ausbildung tetes stand dem Schreiben im Wege. Weißbach, Mitglied des Landes- 40 Jahre lebte. Fasziniert von der ein- als Psychoenergetikerin bei Peter Dagegen halfen weder Disziplin noch verbands Deutscher Schriftstellerin- drücklichen Landschaft, vertieften Schellenbaum, 2014 erwarb sie ihr Fleiß.« Viele Schriftsteller empfänden nen und Schriftsteller in ver.di, lebt sich ihr Interesse und ihre Bewunde- Diplom. In dieser Zeit schrieb sie ein das Schreiben als »Inneres Muss« seit 30 Jahren in der Hauptstadt. Ih- rung. Am liebsten mag sie Hesses Buch über die Heilung sexuellen und plagten sich dennoch mit Blo- re erste Ausbildung absolvierte die Erzählung »Narziss und Goldmund«, Missbrauchs durch Psychoenergetik. ckaden. Sie müssten erst ihr Trauma Mitte der 1950er Jahre Geborene als in dessen Mittelpunkt die »Individu- Die lebenspraktische Methode lasse bewältigen. Ihre eigene Blockade ha- Lehrerin für Mathematik und Physik. ation« steht. Der von C.G. Jung ge- sich aber auch sehr gut für jegliche be sie mit Hilfe der Psychoenergetik In diesem Beruf arbeitete sie einige prägte Begriff beschreibt den Prozess individuelle Weiterentwicklungspro- überwunden, so Weißbach. In einem Jahre, später war sie vor allem Nach- des Ganzwerdens zu etwas Einzig- zesse nutzen. »Unter bestimmten Be- Jahr soll ihr Roman herauskommen. hilfelehrerin. »Eigentlich habe ich artigem, zu einem Individuum. Der dingungen staut sich die von Anfang Seit zwei Jahren arbeitet Weißbach schon damals – allerdings ohne es Mensch werde zu dem, was er wirk- an vorhandene Lebensenergie. Die- selbst praktisch mit einzelnen Klien- zu wissen – mit meinen Schülerinnen lich ist, er entfalte seine Fähigkeiten, se Energie will wieder ins Fließen ten; 2017 soll in Berlin ein Institut und Schülern nach psychoenergeti- Anlagen und Möglichkeiten. Von kommen.« Leider müssten sich Men- eröffnen, das nach der Schellen- schen Prinzipien gearbeitet.« 1987 diesem Ansatz begeistert, war Weiß- schen während des Aufwachsens baumschen Lehre arbeitet, Weiß- bis 1989 studierte sie am Leipziger bachs Weg zu Peter Schellenbaum sehr an ihre Umwelt anpassen, eini- bach soll es aufbauen. Gern möchte Literaturinstitut; es folgten Erzie- nicht weit. Schließlich arbeitete der ge Anlagen und Potenziale würden sie eine Gruppe von Autorinnen und hungsphasen und die Veröffentli- Psychoanalytiker und Tiefenpsycho- ausgeblendet. »Irgendwann kommt Autoren zusammenstellen und mit chung eines eigenen Kurzgeschich- loge in seinem Institut für Psycho- eine Lebensphase, wo all dies wieder ihnen psychoenergetisch arbeiten. tenbandes sowie von Gedichten und energetik in Locarno ebenfalls damit. ans Licht drängt und gelebt werden Dies soll auch im wunderschönen weiteren Geschichten in Anthologi- Aus dem Besuch wurden längere Au­ will. Menschen wollten wieder ganz Tessin geschehen, wo die Natur das en und Zeitungen. Einige davon wur- fenthalte, die Liebe zum Tessin mün- werden. Dafür müssen oft erst inne- Kreative hervorragend unterstützt. den verfilmt: etwa die Geschichte dete in eine Tätigkeit als Reiseschrift- re Blockaden aufgelöst werden.« Vor UTE CHRISTINA BAUER von zwei Frauen, die sich in ihrer Stu- stellerin, Bücher wie »Gärten im Tes- allem im künstlerischen Bereich sei www.ingrid-weissbach.de 4 | 15 sprachrohr Termine 15

• Medientraining 14.01.2016 | 18.04.2016 Literatur • Social Media – Erfolg im Netz | 26.02.2016 ver.di Literaturpreis Berlin-Bran- • Veranstaltungsmoderation denburg 2015. Der mit 5.000 Eu- 10.12.2015 | 11.02.2016 ro dotierte ver.di Literaturpreis • Öffentlicher Auftritt 11.12.2015 wird im Genre Kinder- und Ju- | 12.02.2016 gendbuch ausgeschrieben. Ein- • Mobile Reporting/Videojournalis­ sendeschluss: 31. Dezember 2015 mus | 09. – 11.03.2016 (Poststempel). Bewerber müssen • Workshop TV-Moderation 11. – ihren Hauptwohnsitz in Berlin oder 15.04. & 26. – 30.09.2016 Brandenburg haben. Die Jury trifft Alle Seminare zu finden unter: ihre Entscheidung auf der Grund- www.dw.com/medientraining lage eingesandter, deutschspra- chiger Veröffentlichungen in Buch­ Verschiedenes form, die innerhalb der letzten drei Jahre erstmals erschienen Der Arbeitskreis Europa ist offen sind und nicht von Autor/Autorin für ver.di-Mitglieder. Nächste Termi- Papageien im Weihnachtsstrauß – eine Anmutung exotischen feelings beflügelt (mit-) finanziert wurden. Die Be- in dunkler Jahreszeit. Träumen wir uns in die Sonne, doch zunächst in eine licht- ne: 20.1. und 17.02.2016, 16 Uhr, werbung kann durch Verlage, volle Weihnachtszeit und einen glücksgefühlten Jahreswechsel. Und wenn die ver.di Haus, Köpenicker-Str. 30, ­Literaturvereine, Autorenvereini- heimischen Vögel wieder munter in den Zweigen zu zwitschern beginnen, steckt 10179 Berlin, Raum 3.12. Bitte an- gungen oder die Autoren selbst das nächste Sprachrohr im Briefkasten. Bis dahin: fühlt Euch, fühlen Sie sich melden: [email protected] beflügelt! Die Redaktion Foto: Nora Erdmann erfolgen. Drei einzureichende Exemplare werden nicht zurück- Karl-Richter-Bibliothek: Im Januar gegeben. Einsendungen an ver.di, Senioren ale Absicherung (KSK), betriebswirt- öffnet die Historische Bibliothek nicht FB 8 / VS, Köpenicker Str. 30, schaftliche und steuerliche Aspekte, am ersten Montag im Monat, sondern 10179 Berlin. Seniorenausschuss FB 8: Vorstands- Gemeinschaftsgründungen. Referent: am 11. 1.2016, 14 – 18 Uhr (Duden- sitzungen 11.1. und 21.3.2016, Mit- Bernd Hubatschek, MKK Consult. straße 10, Hof, linker Flügel, 1. Etage) Buchpremiere von Erhard Scher- gliederversammlungen am 25.1. und • Selbstvermarktung freier journa­ ner am 21. Januar 2016 um 17.30 4.4.2016, jeweils 11 Uhr, ver.di Lan- listischer Arbeit: 23.2. 2016 und Uhr im Potsdam Museum (ehem. desbezirk, Köpenicker Str. 30 13.9.2016, 9.30 -16.30 Uhr. Hans Marchwitza Kulturhaus), Am Größere Sicherheit bei der Erschlie- Impressum Alten Markt 9, 14467 Potsdam. Alte Barden Runde: Jeden zweiten ßung und Vermarktung journalisti- SPRACHROHR – Mitgliederzeitung des Vorgestellt wird sein im »Verlag und vierten Donnerstag im Monat scher Leistungen, Beispiele für die Fachbereiches Medien, Kunst und In­ am Park« erschienenes neues um 15 Uhr im Restaurant »Alter Selbstvermarktung. Seminar für dustrie Berlin-Brandenburg Buch »Der chinesische Papagei« Krug« in Dahlem, Königin-Luise-Str. Journalisten, die den Markteinstieg Herausgeber: ver.di-Fachbereich 8 (ISBN 978-3-945187-40-1). 52, 14195 Berlin vollziehen oder sich bisher nicht ge- Medien, Kunst und Industrie Berlin- Brandenburg. nutzte Medien erschließen wollen: Redaktion: Andreas Köhn (verantwort­ ADN Senioren: letzter Montag je- Kontaktaufbau, Honorare, Markt­­pre­ lich), Anschrift von Herausgeber und des Monats (außer Dezember), je- ise, Informationsbeschaffung, Mehr­ Redaktion: Köpenicker Str. 30, 10179 weils 14 Uhr, Begegnungsstätte der fach­ver­wertung, Gemeinschafts- Berlin. Tel: 030/88 66-6. Stammtisch: Jeden ersten Donners- Volkssolidarität, Torstr. 203, 10115 gründungen. Redaktionelle Betreuung: Bettina Erd­ tag im Monat im »Terzo Mondo«, ab Berlin-Mitte Referenten: Andreas Ulrich, Journa- mann, transit berlin. pro media, Torstraße 177, 10115 Berlin, Tel.: 030 / 61 30 96- 19 Uhr, Grolmannstr. 28, zwei Minu­ list/Moderator, Bernd Hubatschek, 63, Fax: 030 / 61 30 96-66. ten vom U-Bhf. Uhlandstraße (U 15) ver.di Jugend MKK Consult [email protected] und vom S-Bhf. Savignyplatz entfernt. • Existenzgründung für Einzelun­ Gestaltung / Produktion: bleifrei Medien Die ver.di Jugend Potsdam trifft sich ternehmer und Microunternehmen. + Kommunikation/Claudia Sikora, MedienGalerie jeden 3. Donnerstag, meist in der 14.06.2016, 9.30 – 16.30 Uhr: Exis- Erkelenzdamm 9, 10999 Berlin, Tel: 030 Bezirksverwaltung: aktuelle Themen, tenzgründung als freiberuflicher / 61 39 36-0, [email protected] Anzeigenannahme: bleifrei Medien + Karikaturenausstellung der Car- Aktionen vorbereiten, diskutieren. bzw. gewerblicher Einzelunterneh- Kommunikation toonlobby: Lob des Kapitalismus – [email protected] oder mer oder in Kleinstunternehmen, Druck: apm AG Darmstadt ein Versuch in Bildern, 14. 1 – 26. 2 0171 567 50 30 Chancen und Risiken einer Selbst- Auch unverlangt eingesandte Manuskrip­ 2016, Ausstellungseröffnung: Don- ständigkeit. Für bereits erfolgte te werden sorgfältig behandelt. nerstag, 14. Januar 2016, 18 Uhr Seminare Gründungen kann das Seminar zur Sprachrohr erscheint fünfmal im Jahr, MedienGalerie, Dudenstraße 10, Überprüfung der getroffenen Ent- Bezugspreis 5 Euro pro Jahr, für ver.di- 10965 Berlin, U-Bhf Platz der Luftbrü­ • Existenzgründung für Journalis­ scheidungen dienen. Referent: Bernd Mitglieder im Beitrag enthalten. cke, Bus 104, Tel.: 030 – 8866 5402 ten, Medienberufler und Künstler. Hubatschek, MKK Consult Der ver.di-Fachbereich 8 8.3.2016 und 15.11.2016, 9.30- Ort jeweils: ver.di Landesbezirk, Köpe- vom Landesbezirk Berlin- Aktive Erwerbslose 16.30 Uhr. nicker Str. 30, 10179 Berlin, Raum 3.12. Brandenburg im Internet: Rahmenbedingungen einer freibe- Anmeldung: andreas.koehn@verdi. Erwerbslose von ver.di Berlin tref- ruflichen Existenz in Medien- und de. Tel: 030/8866-4106. ver.di-Mit- www.medien-kunst-industrie. fen sich jeden 2. und 4. Donnerstag, künstlerischen Berufen. Chancen und glieder 13 €, Nichtmitglieder 60 € bb.verdi.de 17.30 Uhr, ver.di Landesbezirk, Kö- Risiken. Besonderheiten. Bereits er- Sprachrohr 1/2016 erscheint penicker Str. 30. Kontakt: Ulla.Pin- folgte Gründungen können überprüft Seminare bei der Akademie der Mitte März 2016 [email protected], Tel. 0174/5616579 werden: Existenzgründung aus der Deutschen Welle. ver.di-Mitglieder Redaktions­schluss am [email protected], Tel. 0176/ Arbeitslosigkeit, Förderungsmöglich- erhalten 15 Prozent Nachlass auf die 11. Februar 2016 9021662 keiten wie Gründungszuschuss, sozi- Teilnahmegebühr. 16 Alles was Recht ist sprachrohr 4 | 15

die ausschließlich periodische Zeitun- Mindestlohn gilt auch fürs Zustellen von gen oder Zeitschriften austragen – also keine Werbekataloge – und dies Zeitungen – unter Umständen ausschließlich an Endkunden. Das Einsortieren von Werbeprospekten Arbeitsgericht Nienburg entschied über Voraussetzungen in die Zeitungen gehört nicht dazu. Daher fällt auch das Verteilen von eitungszustellerinnen und Zei- gerte Mindestlohn »ausschließlich« da Ausnahmeregelungen eng aus- Zeitungen, in die Werbeprospekte Ztungszusteller, die per Hand Wer- für das »Zustellen« von »periodi- zulegen sind, fällt das Einsortieren maschinell eingeschossen sind, unter beprospekte in die auszuteilenden schen Zeitungen und Zeitschriften« von Prospekten per Hand in die Zei- den Mindestlohn. Denn sie bestehen Zeitungen einsortieren, können den sowie von »Anzeigenblättern mit re- tungen nicht mehr unter die Aus- nicht »ausschließlich« aus periodi- vollen Mindestlohn von 8,50 Euro daktionellem Inhalt«. nahmevorschrift. Ergänzend beruft schen Zeitungen oder Zeitschriften verlangen. Das hat das Arbeitsgericht Jetzt wird es juristisch speziell: Hier sich das Arbeitsgericht auf den und sind auch keine »Anzeigenblät- Nienburg entschieden (Urteil vom könne man argumentieren, so die Zweck der Ausnahmeregelung. Der ter mit redaktionellem Inhalt«. 14.08.2015, 2 Ca 151/15). Dieses Ur- Fach­anwältin, dass das Zustellen von Gesetzgeber wollte, dass aktuelle »Das Urteil betrifft zwar nur Zei- teil wird auf der Website der Hensche Werbeprospekten, die unselbständi- Presseprodukte die Leser rechtzeitig tungszusteller, macht aber deutlich, Rechtsanwälte, Fachanwaltskanzlei erreichen. Daher sei es sinnvoll, die dass die Arbeitsgerichte Ausnahmen für Arbeitsrecht, ausgewertet. Ausnahmeregelung nur auf Arbeiten vom Mindestlohn kritisch sehen«, Seit Jahresbeginn gilt in Deutsch- Gesetzliche Definition zu erstrecken, die für die rechtzeitige schätzt Fachanwalt Dr. Martin Hen- land der allgemeine Mindestlohn auf Auslieferung der Zeitungen erforder- sche ein und empfiehlt: »Wer mit ausleuchten Grundlage des Mindestlohngesetzes. lich sind. Dazu gehöre das Konfek- einem Stundenlohn von weniger als Dieses schreibt vor, dass alle Arbeit- tionieren von Werbematerial nicht. 8,50 Euro nach Hause geht, sollte nehmer Anspruch auf ein Arbeits- ger Teil einer normalen Zeitung sind, Das Arbeitsgericht Nienburg be- seine Lohnabrechnungen daher entgelt in Höhe des Mindestlohnes zum Zeitungszustellen dazugehört. tont zudem, dass sich das Wörtchen rechtlich überprüfen lassen.« RED haben – derzeit auf 8,50 Euro pro Denn wenn sogar Anzeigenblätter »ausschließlich« sowohl auf die Ar- Urteilsbesprechung zu finden unter www. Stunde. Unter die Ausnahmen davon (mit redaktionellem Teil) unter das beit des Zustellens als auch auf die hensche.de/Mindestlohn_Zeitungszustel- ler_Zusteller_Mindestlohn_fuer_Zeitungs_ fallen Zeitungszusteller, die für eine Mindestlohngesetz fallen, sollte das auszutragenden Produkte bezieht. Zusteller_Arbeitsgericht_Nienburg_ Übergangszeit nur einen verringer- erst Recht für Werbeprospekte gel- Zeitungszusteller sind Arbeitnehmer, 14.08.2015_2Ca15115.html ten Anspruch haben. Begründet ten, die Bestandteil einer normalen wurde diese Ausnahmeregelung mit Zeitung sind. Aber, so fragt die An- der Bedrohung der freien Presse vor wältin weiter, »wie steht es mit Wer- anzeigen allem in ländlichen und struktur- beprospekten, die weder drucktech- schwachen Regionen: Ohne Zustel- nisch als Bestandteil zu einer Zeitung lung keine funktionierende freie gehören noch fest mit ihr verbunden Presse. Diese Zustellung und damit sind, sondern per Hand vom Zustell- Verteilungsgerechtigkeit nimmt rasant zu. die Zeitungen würden jedoch durch boten in die Zeitung eingelegt wer- den Mindestlohn verteuert, so die den?« Zu dieser Frage hat das Ar- offizielle Argumentation. Die Presse- beitsgericht Nienburg Stellung ge- freiheit müsse geschützt werden. Er- nommen. Ein Zeitungszusteller klagte. go sah der Gesetzgeber eine stufen- Seit April 2014 teilte der Kläger weise Anhebung des Mindestlohnes Tageszeitungen und Anzeigenblätter Jürgen Brauweiler/bleifrei Foto: für Zeitungszusteller vor. 2015 be- aus. Dabei lagen die Werbeprospek- kommen sie nur 6,38 Euro, 2016 te nicht immer in der Zeitung, sie sind 7,23 Euro vorgesehen bis 2017 mussten von ihm per Hand eingelegt der derzeitige Mindestlohn von 8,50 werden. Unter Berufung auf den ver- Euro erreicht ist. Laut gesetzlicher minderten Mindestlohn zahlte der Definition sind »Zeitungszustellerin- Arbeitgeber für diese Tätigkeit 6,38 nen und Zeitungszusteller [...] Perso- Euro Stundenlohn, dazu einen Stück- nen, die in einem Arbeitsverhältnis lohn von 6 Cent für Werbekataloge. ausschließlich periodische Zeitungen Der Zusteller war der Meinung, dass oder Zeitschriften an Endkunden zu- die Ausnahmeregelung auf ihn nicht stellen; dies umfasst auch Zustelle- zutreffe und klagte auf Lohnnach- rinnen und Zusteller von Anzeigen- zahlung in Höhe des Mindestlohnes. blättern mit redaktionellem Inhalt.« Das Arbeitsgericht Nienburg gab »Angesichts dieser Regelung fragt dem Zeitungsausträger Recht. Es ver- Lassen Sie sich nichts vormachen. sich, was alles unter Zustellen fällt«, urteilte den Arbeitgeber zu einer Profis recherchieren mit Presseausweis. meint Nina Wesemann, Fachanwäl- Lohnnachzahlung von 619,90 Euro tin für Arbeitsrecht von der Kanzlei brutto für die Zeit von Januar bis Mai Hensche Rechtsanwälte Hannover, 2015 – auf Grundlage des Mindest- die diesen Fall besprochen hat. »Ist lohnes von 8,50 Euro. Denn, so ar- damit die reine Verteiltätigkeit ge- gumentierte das Gericht: Zum Zu- Der aktuelle Presseausweis 2015 steckt in den Taschen zehntausender professio­ meint oder fallen auch Hilfs- und Ne- stellen gehören zwar Hilfs- und Ne- neller JournalistInnen. Immer griffbereit. Denn er legi­ti­miert gegenüber Behörden, bentätigkeiten wie das Beladen von bentätigkeiten wie das Bepacken des Veranstaltern und Polizisten. Bei Akkreditierungen, Recherchen vor Ort, bei poli­ Wagen usw. darunter?« Unklar sei Wagens, nicht aber das Einsortieren ti­­schen und sportlichen Großereignissen, in Archiven und Unternehmen. Er weist auch, wann das Zustellen von Wer- von Werbeprospekten in die Zeitun- die Inhaber als hauptberuflich­ tätige JournalistInnen aus. Er hilft ihnen weiter. beprospekten von der Ausnahmere- gen. Dieses Konfektionieren kann gel erfasst ist. Folge man dem ge- vom Austragen getrennt und durch Presseausweise bei ver.di Berlin-Brandenburg I Köpenicker Str. 30 I 10179 Berlin I Tel. 030 / 88 66-54 20 Mo./Di. 9 – 16.30, Mi. 9 – 14, Do. 13 – 17 Uhr I www.dju-berlinbb.de setzlichen Wortlaut, gilt der verrin- dritte Personen erledigt werden. Und