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8 Breslauer Rundfunk-Programm vom 22. bis 28. Februar Welle 418

Sonntag, den 22. Februar 5—6 Uhr: Unterhaltungsmusik der Haus­ 8,30 Uhr: Richard Wetz-Abend (Zum 50. 9 Uhr: Musikalische Morgenandacht, aus­ kapelle ... Geburtstag) geführt von der Kapelle der Heilsarmee 7,15—7,45 Uhr: „Rheinischer Humor“, Mitwirkende: Gerhard Strecke (Ein­ (Leitung Karl Kumm) Plauderei von Heinrich Klimke leitende Worte), Maria Neugebauer 7,50—8,10 Uhr: „Richtiges Deutsch“, Nach­ (Sopran), Bruno Sänke (Bariton), Ernst 12 Uhr: Harfenkonzert denkliches int Plaudertone, von Friedrich August Voelkel (Klavier) Bruno Schäfer (erster Harfenist vom Koch (8. Vortrag) 3. Wetterbericht Zeitansage neueste Stadttheater, Breslau), Elsa Dankeiwitz 8.30 Uhr: Fastnachts-Abend Pressenachrichten. (Mezzosopran), Fritz Kaatz (Harmonium) Mitwirkende: Betty Will (Eigene 12,55 Uhr: Nauener Zeitzeichen, Zeitansage, Vorträge), Fritz Trostorff (Heitere 1. Wetterbericht Lieder), Fritz Ernst Bettauer (Confe­ Freitag, den 27. Februar 4- 4,30 Uhr: „Funkheinzeimanns Märchen“rencier),, Df. Edmund Nick (am Seiler­ 11,15 Uhr: Wirtschaftsnachrichten (Berliner erzählt von Kitty Seiffert flügel) Freiverkehr 10,40 Uhr vorm.) 4,30 Uhr: Rätselfunk 3. Wetterbericht, Zeitansage, neueste 1. Wetterbericht 5- 6,30 Uhr: Teemusik der Original-ungar.Pressenachrichten 12,05—12,55 Uhr: Arbeiterrundfunk Magnaten-Kapelle Ferry Gyallay (vom 3.30 Uhr: 1. landwirtschaftl. Preisbericht 12,55 Uhr: Nauener Zeitzeichen. Schauspielhaus Breslau) 10—12 Uhr: Tanzmusik der Hauskapelle 1,25 Uhr: Zeitansage. 8 Uhr: Rosegger-Abend 1.30 Uhr: 2. Wetterbericht und Wirtschafts­ Mitwirkende: Studienrat M. Kittner nachrichten (Breslau amtlich). (Einführung und Rezitation); Bruno Mittwoch, den 25. Februar 3 Uhr: Pressenachrichten und Wirtschafts­ Sänke (Bariton); Fritz Kaatz (Harmo­ 11,15 Uhr: Wirtschaftsnachrichten (Berliner nachrichten (Berlin amtlich) nium) Freiverkehr 10,40 Uhr vorm.) 3.30 Uhr: 1. landwirtschaftl. Preisbericht. 2. Wetterbericht, Zeitansage, neueste 1. Wetterbericht 5 Uhr: 2. landwirtschaftlicher Preisbericht Pressenachrichten 12,05—12,55 Uhr: Arbeiterrundfunk 5—6 Uhr: Unterhaltungsmusik der Haus­ 10-11,30 Uhr: Tanzmusik der Hauskapelle 12,55 Uhr: Nauener Zeitzeichen kapelle 1,25 Uhr: Zeitansage 7,10—7,30 Uhr: „Die Poesie des Posthorns“, 1.30 Uhr: 2. Wetterbericht und Wirtschafts­ Vortrag von Anselm Nohl Montag, den 23. Februar nachrichten (Breslau amtlich) 7,50—8,10 Uhr: „Rechenvorteile“, praktische 11,15 Uhr: Wirtschaftsnachrichten (Berliner 3 Uhr: Pressenachrichten und Wirtschafts­ Winke von Prof. Köhler (8. Vortrag) Freiverkehr 10,40 Uhr vorm.) nachrichten (Berlin amtlich) 8.30 Uhr: Schlesische Dichtung (1. Abend) 1. Wetterbericht 4.30— 5 Uhr: „Märchen für jüngste Jugend“, Mitwirkende: Fritz Ernst Bettauer 12,05—12,55 Uhr: Arbeiterrundfunk erzählt von Hilmar Schlüter (Einführung), Eva Becker und Fritz Raff 12,55 Uhr: Nauener Zeitzeichen 5 Uhr: 2. landwirtschaftlicher Preisbericht. (Rezitationen), Paul Neumann (Bariton) 1,25 Uhr: Zeitansage 5—6 Uhr: Unterhaltungsmusik der Haus­ Am Seilerflügel: Dr. Edmund Nick 1.30 Uhr: 2. Wetterbericht und Wirtschafts­ kapelle 3. Wetterbericht, Zeitansage, neueste nachrichten (Breslau amtlich) 7—7,30 Uhr: „Breslau um 1800“, Vorträge Pressenachrichten. 3 Uhr: Pressenachrichten und Wirtschafts­ von Kunsthistoriker Bernhard Stephan nachrichten (Berlin amtlich) 7.30— 8,15 Uhr: Stenographie im Rundfunk 3.30 Uhr: 1. landwirtschaftl. Preisbericht 7. Unterrichtsstunde, erteilt von Elise Sonnabend, den 28. Februar 5 Uhr: 2. landwirtschaftl. Preisbericht Orgler 11,15 Uhr: Wirtschaftsnachrichten (Berliner 5—6 Uhr: Unterhaltungsmusik der Haus­ 8.30 Uhr: Zum 1. Male „Jugend“, ein Liebes- Freiverkehr 10,40 Uhr vorm.) kapelle drama in 3 Aufzügen von Max Halbe 1. Wetterbericht 7—7,30 Uhr: „Rechts- und Linkshändigkeit Mitwirkende: Grete Sprengholz, 12,05—12,55 Uhr: Arbeiterrundfunk. Vortag von Dr. Max Sieber Mascha Graben, Willi Koch, Friedrich 7,30—8,15 Uhr: Englischer Korrespondenz- 12,55 Uhr: Nauener Zeitzeichen. Reinicke, Gerhard Kunze; Spielleitung: 1,25 Uhr: Zeitansage. Unterricht, erteilt von Margarete Gräfin Fritz Ernst Bettauer 1.30 Uhr: 2. Wetterbericht und Wirt­ Matuschka (2. Stunde) 3. Wetterbericht, Zeitansage, neueste schaftsnachrichten (Breslau amtlich). 8.30 Uhr: Kammermusik-Abend, ausgeführt Pressenachrichten. 3 Uhr: Pressenachrichten und Wirtschafts­ vom Schlesischen Streichquartett: Georg nachrichten (Berlin amtlich) Beerwald (1. Violine), Glaser (2. Violine), 3.30 Uhr: Landwirtschaftlicher Preisbericht Paul Hermann (Bratsche, Alexander Donnerstag, den 26. Februar 4.30— 6 Uhr: Unterhaltungsmusik der Haus­ (Cello), mitwirkend: Fritz Kneter' (2. 11,15 Uhr: Wirtschaftsnachrichten (Berliner kapelle Bratsche) Freiverkehr 10,40 Uhr vorm.) 3. Wetterbericht, Zeitansage, neueste 6— 6,30 Uhr: „Schachfunk“, Anregungen für 1. Wetterbericht Schachspieler von Ad. Kramer Pressenachrichten 12,05—12,55 Uhr: Arbeiterrundfunk. 10 Uhr: Jazzband-Tanzmusik der Haus­ 12,55 Uhr: Nauener Zeitzeichen 7— 7,30 Uhr: „Reisebilder aus Mexiko“, kapelle Ahl 1,25 Uhr: Zeitansage Vortrag von Leo Fiedler 1.30 Uhr: 2. Wetterbericht und Wirtschafts­ 7.30— 8 Uhr: „Die musikalischen Formen nachrichten (Breslau amtlich). und ihr Ausdruck“ (4. Vortrag von Dienstag, den 24. Februar Rudolf Bilke) 11,15 Uhr: Wirtschaftsnachrichten (Berliner 3 Uhr: Pressenachrichten und Wirtschafts­ 8.30 Uhr: „Gitarre - Kammermusik - Abend“ Freiverkehr 10,40 Uhr vorm.) nachrichten (Berlin amtlich). Mitwirkende: Otto Meyer (Gitarre), 1. Wetterbericht 3.30 Uhr: 1. landwirtschaftl. Preisbericht Ernst Tschirner (Flöte), Stefan Brischke 12,05—12,55 Uhr: Arbeiterrundfunk 5 Uhr: 2. landwirtschaftlicher Preisbericht. (1. Violine), Konrad Specht (2. Violine), 12,55 Uhr: Nauener Zeitzeichen 5—6 Uhr: Unterhaltungsmusik der Haus­ Leo Reichelt (Viola), Alfred Schatt­ 1,25 Uhr: Zeitansage kapelle schneider (Cello) 1.30 Uhr: 2. Wetterbericht und Wirtschafts­ 7—7,30 Uhr: „Das Rüstzeug des Funkhörers, Werke von Call, Schnabel, Giuliani und nachrichten (Breslau amtlich) Boccherini 3 Uhr: Pressenachrichten und Wirtschafts­ Röhren und Stromquellen“, 4. Vortrag von Richard Hellmann 10—11 Uhr: Schallplatten-Konzert nachrichten (Berlin amtlich) 3. Wetterbericht, Zeitansage, neueste 3.30 Uhr: 1. landwirtschaftl. Preisbericht 7,30—8,15 Uhr: Englisch, 22. Unterrichts­ 5 Uhr: 2. landwirtschaftlicher Preisbericht stunde, erteilt von Valerie Arlt Pressenachrichten Rundfunk-Apparate und Zubehörteile ,l||lllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll!lllllllllllillllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll |lllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll,lllllllllllllllllllllil111111111111111111111111111111111 bestens und billigst nur Osthandel G. m. b. H., Breslau Teichstrafje 21 Illustrierter Katalog kostenlos jfmMe*isch&

GRÖSSTE ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT OSTDEUTSCHLANDS FÜR DAS GESAMTE BÜHNEN- UND KONZERTLEBEN

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2. Jahrgang Breslau, den 21. Februar 1925 Nummer 8

Richard Wetz. Von Georg Jensch. Propheta nihil in patria — das Wort von dem Künstler den Kapellmeister und schlug mit einem Zweiglein den Takt der außer Landes gehen muß, um Anerkennung zu finden, wird mit, was mir aber verboten wurde, da die Flötisten das Lachen im Fall Richard Wetz wieder einmal traurige Wahrheit. bekamen und nicht mehr weiterspielen konnten. Irgendeine Was weiß man in Schlesien von dem Schaffen des nunmehr besondere Begabung oder Liebe zur Musik habe ich in meiner fünfzigjährigen Meisters? Als die Stadt im Juni 1923 Familie später niemals bemerkt. Ich muß sogar bekennen, ihr erstes Musikfest veranstaltete, widmete sie es voll und ganz daß mein Vater und meine Schwester gänzlich unmusikalisch ihrem Adoptivsohn Richard Wetz. Man hätte meinen sollen, waren. Meine Mutter spielte das Klavier in der üblichen Weise, dieses mutige Vorgehen hätte zumindest in der Heimatprovinz d. h. sie trug gelegentlich die in ihren Klavierstunden einge­ des Meisters ein lebhaftes Echo erwecken müssen. Allein drillten Stücke vor; ich brauche kaum zu erwähnen, daß das über schüchterne Versuche ist die Anbahnung einer inten­ unsterbliche „Gebet einer Jungfrau“ die Säule ihres Spiel­ siveren Bekanntschaft mit Richard Wetz kaum hinausge­ plans bildete. Mit acht Jahren erhielt ich Klavierunterricht, kommen. Man überließ es zumeist dem Zufall, von dem Vor­ aber bereits lange Zeit vorher hatte ich mir selbst Unterricht handensein dieser vornehm stillen Künstlerpersönlichkeit gegeben und, wie eine mich sehr liebende Tante behauptete, Notiz zu nehmen. Vereinzelt nur tauchte auf den Programmen mir eine virtuose Technik angeeignet. Eine selbsterfundene unserer heimischen Sänger und Sängerinnen der Name des Fantasie über das „Schöne Minka, ich muß scheiden“ Tondichters auf, dessen liederfrohem Mund ein an die hundert bildete den Höhepunkt meiner Darbietungen bei allen Familien­ heranreichender Reichtum zarter lyrischer Gebilde und kraft­ festlichkeiten. Der Unterricht, den ich erhielt, war nach jeder voller Weisen entströmt ist. Auf den Kammermusiker Wetz Richtung hin erbärmlich. Da ich sehr leicht begriff, geschickt die Aufmerksamkeit zu lenken, blieb dem Schachtebeck- vom Blatt spielte, bekam ich viel zu schwere Sachen, durch die Quartett Vorbehalten. Vielleicht bietet die Feier des 50. Ge­ ich mich hindurchzwängte wie ein Bohrwurm durch einen burtstages — Wetz ist am 26. Februar 1875 in Gleiwitz Balken. Ohne eine Ahnung von den Regeln der Harmonie geboren — Veranlassung, auch in Schlesiens Gauen, seinem und der Formenlehre zu haben, begann ich mit etwa acht Lebenswerk die ihm zukommende Beachtung zu schenken. Jahren zu komponieren. So entstanden Märsche. Lieder und Anzeichen deuten darauf hin. Hoffen wir jedoch, daß die Klavierstücke. Ich wußte damals gar nicht, was ich tat, ahnte Beschäftigung mit Richard Wetz nicht nur die pflichtmäßige nichts von dem Wunder der Musik; ich hatte ja noch nichts Erfüllung eines Höflichkeitsaktes, nicht nur eine schöne, aber gehört. Die Sonaten Beethovens bildeten zwar das Futter in unverbindliche Geste anläßlich der festlichen Begehung der meinen Klavierstunden, aber ich stümperte wohl so greulich Vollendung seines fünften Dezenniums bedeute, sondern zu an ihnen herum, daß mir ihr Wesen unenthüllt bleiben mußte. einem dauernden Verbundensein mit dem wurzelstarken und Da hörte ich in meinem 13. Lebensjahr Mozarts G-Moll- wurzelechten Sprößling unserer heimatlichen Erde führe. Symphonie, und der Genius dieses Meisters leuchtete blitz­ Dem Herkommen und dem durch keine Abweichung von artig in mein Inneres hinein: Ich fühlte tief und klar, daß ich der Regel zu erschütterndem Brauche gemäß hätte nunmehr Musiker sei, ohne freilich zu wissen, wie ich es werden könnte. eine Schilderung des Werdeganges des Jubilars zu folgen. Ich Ich begann nun auf eigene Faust Theorie der Musik zu befinde mich in der angenehmen Lage, mich dieser Aufgabe studieren und vor allem Mozarts Werke, soweit das möglich entziehen und sie gleichwohl in schönster Weise erfüllen zu war, kennen zu lernen . Als ich zu dieser Zeit einst während können. Lassen wir den Meister selbst sprechen, der uns mit des Schulunterrichts heimlich ein Werk Mozarts durchblätterte, eigenen Worten sein geistiges Wachstum viel anschaulicher das ich mir soeben gekauft hatte, machte ich die Entdeckung, vor Augen führen kann, als es ein Außenstehender vermöchte! daß ich die gelesene Musik innerlich deutlich hörte. Die „Meine Liebe zur Musik entbrannte schon im frühen Freude über diese Entdeckung mußte ich zwar mit zwei Stunden Arrest büßen, aber das berührte mich nicht weiter. Kindesalter. Ich sage absichtlich „entbrannte , denn sie war durchaus leidenschaftlicher Natur. Wo immer etwas zu hören Die Schule wurde mir gleichgültig, die Musik hatte mich ganz. war, da war ich dabei. In den Gartenkonzerten der Militär­ Große Stöße Notenpapier beklexte ich. Ohne von Wagner kapellen, die in meiner Kinderzeit wenigstens, den Höhepunkt des etwas zu wissen oder zu kennen, dichtete ich mir — nachdem musikalischen Lebens in meiner Vaterstadt bildeten — Gleiwitz ich die Oper „Martha“ gehört — einen sehr tragischen Opern­ hatte damals etwa 16 000 Einwohner — stellte ich mich vor text und saß bis tief in die Nächte hinein über meinem neuen 2 Schlesische Theater- und Musik-Woche Nr 8

Werke (ich habe immer ohne Hilfe des Klaviers komponiert). Nun begab ich mich zu Richard Hoffmann. Dieser Mann war, Die Oper hatte einen Erfolg, der zwar in einer andern Richtung wenn auch keine tief-künstlerische Natur, doch ein Lehrer, lag — ich blieb zu Ostern in der Untertertia sitzen. Diese dem ich vieles zu verdanken habe. Mit glühendem Eifer Tatsache führte zum ersten Zusammenprall mit meinen Eltern, arbeitete ich bei ihm Kontrapunkt, Formenlehre und Instru­ denen meine Beschäftigung mit der Musik bisher als Spiel er­ mentation. Dreiviertel Jahre währte sein Unterricht, dann schienen sein mochte. Erst nach, langer Zeit, die mit Vor­ hatte ich das Gefühl, daß eine Veränderung notwendig sei. würfen und erzieherischen Maßnahmen seitens meiner Eltern Der reine Zufall machte mich mit einem Künstler bekannt, und Lehrer angefüllt und für mich von unbeschreiblicher der in mir den festen Grund legte, auf dem ich nun mein Trübsal war, gelang es mir, zwischen den Anforderungen der Können aufzubauen vermochte, Alfred Apel war sein Name Schule und meinen eigentlichen Neigungen einen erträglichen Aus der Schule Friedrich Kiels kommend, eine edle Künstler­ Ausgleich zu schaffen. Ich wurde wieder ein guter Schüler natur, ein Mann mit scharfem, hellblickendem Geist, ein Mensch, und erhielt zur Belohnung einen wirklichen Musiklehrer. wie er der Natur nur selten gelingt. Er gab mir, was ein Max Wiedemann, ich nenne diese Namen mit herz­ Lehrer dem Schüler überhaupt geben kann: Die Beherrschung licher Dankbarkeit, war ein vortrefflicher Klavierspieler und der Mittel. Neben klaviertechnischen Studien, die ich bei ihm hatte sich unter Aufbietung aller Willenkräfte (er hatte das trieb, arbeitete ich noch einmal die ganze Harmonielehre und Schicksal, völlig erblindet zu sein) ein gründliches theoretisches den Kontrapunkt durch. Nach einem Jahr entließ er mich Wissen und Können erworben. Ich erhielt nun einen ge­ mit dem Rate, noch bei Thuille weiter zu studieren. regelten Klavierunterricht, arbeitete die Harmonielehre durch Ich ging im Herbst 1899 nach München und studierte bei und war in den kontrapunktischen Arbeiten bis zum doppelten Thuille die Lehre von der Fuge. Komponiert hatte ich in Kontrapunkt gelangt, als ich nach Ablegung der Reifeprüfung dieser ganzen Zeit nur wenig, und dieses Wenige erschien am Gymnasium die Universität bezog. Mein Vater mir bald albern und kindisch. Im Winter 1900 ging ich als wünschte, ich sollte die Rechte studieren, allein „zur Rechts­ Theaterkapellmeister nach und das Jahr darauf an gelehrsamkeit kann ich mich nicht bequemen“, sagte ich wie das Stadttheater in Barmen. Kurz vor dem Ende der Spiel­ der Schüler im „Faust“. Ich wagte es, Musiker zu werden. zeit brannte dieses Theater ab. Ich betrachtete das als eine Von Anfang an fühlte ich mich als schaffender Musiker, Fügung des Schicksals und beschloß, nicht wieder zum Theater weder an die Kapellmeister-, noch an die Lehrtätigkeit wurde zu gehen. Ich war oft dem Ersticken nahe in der künst­ gedacht. Ich war in allen Dingen ein großes Kind, eng war lerischen Luft, die ich da einatmcn mußte. Denn bei allem mein geistiger Gesichtskreis, klein die Summe meiner Lebens­ Wandel, der sich in mir vollzogen hatte — alles, was ich noch erfahrungen und gering die Kenntnis von Welt und Menschen. vor wenigen Jahren geglaubt und gedacht hatte, war in In meinem kindlichen Glauben hoffte ich, als Schaffender Trümmer gesunken — war doch eins unverwandelt geblieben: bescheiden leben zu können; mehr verlangte ich nicht. Schon Die Liebe zur echten und reinen Kunst. Ich versuchte in damals war ich ohne jeden Ehrgeiz, Ruhmsucht und vier­ Bonn und Wiesbaden als Lehrer für Musik Fuß zu fassen — schrötigen Dünkel; ich darf bekennen, daß dies heute noch vergebens. In dieser Zeit entstand neben mehreren Liedern genau so der Fall ist. Mit Wonne stürzte ich mich in die der „Oedipuschor“ und das Musikdrama „Judith“, deren Arbeit, denn ich sah bald, wie weit ich hinter den Strebenden Dichtung, aus Schopenhauerscher Weltanschauung geboren, meines Alters in allem und jedem zurückstand. Ich arbeitete ich mir selbst entworfen hatte. Im Januar 1903 kehrte ich in Leipzig vom frühen Morgen bis spät in die Nacht hinein; nach Leipzig zurück, wo ich bis zu meiner Berufung nach das sogenannte Studentenleben lernte ich nicht kennen. Erfurt (Herbst 1906) lebte, schaffend und an meiner weiteren Klavierspiel, Kontrapunkt, Formenlehre, Partiturstudium Ausbildung emsig arbeitend. In diesem Jahre voller Bitter­ nahmen den Hauptteil des Tages in Anspruch. Daneben hörte keiten und Enttäuschungen verschlangen sich die immer noch ich an der Universität Vorlesungen über Psychologie, Philo­ verworrenen Fäden meines Innern zu einem festen, geordneten sophie, Naturwissenschaften und Literatur. Konzert und Oper Gewebe, das immer unzerreißbarer ward. Das Versenken wurden eifrig besucht, in tagebuchartigen Niederschriften in die Werke Goethes, Schopenhauers und Hölderlins festigte versuchte ich, mir über das Gehörte begrifflich klar zu mich mehr und mehr. Diese Genien wiesen mich immer werden. Mit der Liebe und Bewunderung für Mozart, Beet­ stärker auf die Kräfte meines Innern und lehrten mich, den hoven, Schumann und Brahms war ich nach Leipzig ge­ wahren Wert und Sinn des Lebens nicht in der lärmenden kommen; nun lernte ich Wagners Werke kennen. Ich brauche Welt zu suchen, sondern in der Stille und Einsamkeit, die nicht zu beschreiben, welch ein Rausch mich überfiel. Für meine gütigste Freundin wurde. Liszt hatte ich damals nicht das mindeste Verständnis. Während meines zweiten Aufenthalts in Leipzig ging mir Nur sechs Wochen war ich Schüler des Leipziger Konser­ auch Liszt Bedeutung auf, zu dessen Werken ich eine vatoriums; ich war mit hohen Gedanken über die Art einer schwärmerische Liebe faßte Hugo Wolfs Liedschaffen lernte solchen Bildungsanstalt dahin gekommen und fühlte mich ich als Begleiter von Dr. Felix von Kraus im weitesten Um­ grausam enttäuscht. Ich war zu einer unglücklichen Zeit er­ fang kennen. Als letztes großes Erlebnis aber gilt mir das schienen; der Geist, der dazumal dort herrschte, war nicht Bekanntwerden mit den Werken Bruckners, der für meine der, den ich brauchen konnte. Später erblühte ein neues Entwicklung von entscheidender Bedeutung werden sollte. Leben in jenen Räumen, aus denen ich, einem innern Muß Ich habe fast zehn Jahre gebraucht, um diese Werke ganz folgend, entwich. Ich suchte einen Privatlehrer: Führerlos, in mich einzusaugen und zu verarbeiten. Über Bruckner ge­ ohne einen beratenden Menschen in der fremden großen Stadt, langte ich zu Schubert und Bach; nicht daß ich diese Meister beschränkt in den äußeren Mitteln, aufgewühlt im tiefsten erst so spät kennen lernte, aber ihr Wesen erschloß sich mir Innern, von all dem Neuen, was in Kunst und Wissenschaft auf erst durch Bruckners Kunst. Diese drei Meister bilden die meine wartende, lechzende Seele einstürmte, war ich wie ein Grundlage meines Schaffens, dessen Quellen aus Bezirken vom Sturm hin und her geschleudertes Schiff, das jeden strömen, die ich nicht zu nennen vermag, die jedenfalls nichts Augenblick zu scheitern drohte. Aber meine Ankertaue hielten: mit meinem begrenzten eigenen Ich zu tun haben. die unbesiegbare Liebe zur Musik und die felsenfeste Gewiß­ Ich weiß nun das Eine: Daß die Musik nichts zu schaffen heit, daß ich irgendeine Aufgabe zu lösen habe. Naturgemäß hat mit der Welt der gegenständlichen Erscheinungen, mit glaubte ich noch an „Autoritäten“. Dieser Glaube führte mich begrifflichen Gedanken und äußeren Geschehnissen, daß sie zunächst zu Gustav Schreck, dem Thomaskantor; als Nach­ nicht dazu da ist, die privaten Freuden oder Schmerzen des folger Bachs mußte er ein Meister sein, bei dem sich wohl Menschen auszudrücken, sondern daß sie die unmißverständ­ etwas werde lernen lassen. Nach fünf Unterrichtsstunden liche Sprache des Weltwillens ist, der aus abertausend Sternen- schrieb ich einen Abschiedsbrief und war wieder ohne Lehrer. äugen vom Himmel auf die Erde blickt, dessen nie ermüdende Nr 8 Schlesische Theater- und Musik-Woche 3 Die Vereinigten Theater in kommender Woche

Links: Robert Meyn spielt in der Aufführung des Thalia- Theaters von Marlowes „Goldener Ritterszeit" die männliche Hauptrolle

Rechts: Richard Pelden Darsteller des Lionel in der Auf­ führung des Lobe -Theaters von Bernard Shaws „Heiliger Johanna"

Phot. N. von Kreyfelt, Breslau

Kraft im Frühling den weiten Umkreis der schlummernden diesem Boden entwachsen ist, gibt ihr das Echte und Wesen­ Natur mit neuer, hochaufschäumender Werdelust durchflutet, hafte. der das Meer donnern und die Nachtigall ihr süßes Lied Die Vokalmusik hat Wetz ferner noch bedacht mit Chören. schluchzen läßt. Dieser Todeslose hat den Musiker erwählt Auf der Dichtung des von ihm so hoch verehrten Hölderlin zu sagen, was denn das alles bedeutet: „Einiges, ewiges, hat er seinen „Hyperion“ für Bariton, gemischten Chor und glühendes Leben ist alles.“ Orchester aufgebaut. Der 3. Psalm für den gleichen Apparat Es bleibt nur noch übrig, diesem Bekenntnis, das den und vier Messesätze a capella (Kyrie, Incarnatus, Crucifixus Menschen wie den Künstler in all seiner Reinheit und liebens­ und Agnus dei) stellen seinen Beitrag zur geistlichen Musik werten Schlichtheit enthüllt, eine Übersicht über sein bis­ dar. Für Frauenchor ist sein op. 14 „Traumsommernacht“, heriges kompositorisches Lebenswerk anzuschließen, eine für Männerchor sein op. 29 „Gesang des Lebens“ und op. 34 Übersicht, die ihren Ehrgeiz nicht in bibliographischer Voll­ geschrieben. ständigkeit, sondern in dem Anreiz zu wahlfreier Beschäfti­ Zur reinen Instrumentalmusik hat sich Wetz erst in den gung mit den Schöpfungen Wetz’ nach persönlichem Er­ letzten zehn Jahren hingezogen gefühlt, sicherlich wohl aus messen sucht. einer ähnlichen selbstkritischen Strenge heraus, wie sie ja Das Hauptkontingent stellt die Lyrik. Es ergibt einen auch Brahms und Bruckner erst in der Zeit männlicher Reife reichen Liederstrauß, wenn man das alles zusammennimmt, zur Aussprache in den großen Formen der Symphonie ge­ was von op. 5 bis op. 45 in den Verlagen von Hainauer, langen ließ. Den drei Symphonien treten zwei Streich­ Eulenburg und Kistner erschienen ist. Eichendorffsche quartette zur Seite. Romantik liegt ihm im Blut. Daß deren musikalischer Wider­ Literarisch ist Wetz mit einer Biographie Bruckners (bei klang bei Brahms und ihn am stärksten berührt Reclam) hervorgetreten, die zu zu den Zierden der gesamten hat, haben wir von ihm selbst gehört, und daß seine Lyrik Brucknerliteratur gehört.

FvQTIZ Lehar. Von Herbert Urban. I. VonNam’ undArtbis zu den ersten Welterfolgen. Die Familienchronik des Hauses Lehar ist von einem Zuges von Landsleuten eskortiert zu werden. Er hält in diesem romantischen Zauber voll eigenartigsten Reizes umsponnen. Falle eine Flucht keineswegs zu Unrecht für der Tapferkeit Die nicht einmal so unglaubhafte Legende berichtet von einem besseren Teil und kann sich auf das Schloß Brünnlitz in französischen Offizier Le Harde, dem im Jahre 1799 als Mähren retten. Flier versorgt ihn ein junges Bauernmädchen Gefangenen der Armee des russischen Generals Suwórow das höchst uneigennützig mit Speis’ und Trank, und Le Harde ist nicht eben beneidenswerte Schicksal blüht, inmitten eines sich seiner Dankesschuld für die geglückte Rettung vor Feind und Hungertod nicht nur seiner Retterin gegenüber, die er *) Wir veröffentlichen im Laufe der nächsten Wochen in An­ heiratet, sondern auch der Menschheit, der er-auf so wunder­ lehnung an den Spielplan des Schauspielhauses Fortsetzung und Schluß dieses Aufsatzes. bare Weise wiedergeschenkt ist, vollauf bewußt: er schenkt 4 Schlesische Theater- und Musik-Woche Nr. 8

jener einen Sohn und der Nachwelt damit, wenn auch auf dem hergeben, um von dem in Konkurs geratenen Verleger Umwege über einige Generationen, den Komponisten Franz wenigstens das Notenmaterial zurückzukaufen. — Die Oper Lehar. hat ihn enttäuscht, und diese Enttäuschung bedingt zwar nicht Wo sich aber das Romantische, wie es sich in dieser sein Hinüberwechseln zur Operette, aber sie erleichtert es. seltsamen Chronik offenbart, so innig mit dem Roma­ Unter der schweren Decke des zur Melancholie neigenden nischen paart, wie es in der französischen Abkunft Le Hardes slawischen Geblüts lodert doch auch das Feuer des Süd­ liegt, da muß sich ein individuelles Gebilde von nicht all­ länders heftig genug, um sich Durchbruch nach außen, an täglichen Qualitäten gestalten. Umso mehr noch dann, wenn die Oberfläche, zu verschaffen. Und das ist das Charakte­ einer der Epigonen, der ausersehen ist, Franz Lehars Vater ristikum aller seiner Operetten: er verleugnet nirgends seine zu werden, hauptberuflich im Orchester des Theaters an der stille Liebe zur Oper, die ihn und seine Hoffnungen zwar Wien das Horn bläst. Was anderes kann dann der Sohn betrogen, der er aber doch wie einer fernen Geliebten allent­ werden als — Komponist? halben nachtrauert. Nicht überall gereicht aber dieser sym­ Lehar jr. ist indes nicht, als Komponist zur Welt ge­ bolische Pietätsbeweis seinen Werken zum Vorteil. Denn die kommen, wie manche Sterne am Berliner Operettenhimmel von jähen, vulkanartigen Temperamentsausbrüche des Romanen heute, die zum Ausgleich für ihr mangelndes Talent — nicht erscheinen dann oft zu unvermittelt, zu kraß aus dem eben komponieren können. Er macht vielmehr die harte Schule noch so vollsaftigen Instrumentationsrahmen fallend. — Doch durch, wie sie auch heute — trotz Stipendienfonds und staat­ findet sich diese Erscheinung erst bei Werken der späteren lichen Unterrichtsanstalten — das Gros der nachmals zu An­ Epoche. sehen und Bedeutung gelangenden Männer durchmacht: den Die Feuerprobe im Hoheitsgebiete der Operette besteht er Dornenweg des Genies. Er leidet während seiner Studien­ — nach einem ebenso unwesentlichen wie mißglückten Ver­ jahre in Prag oftmals bittere Not und Entbehrungen; die such — mit dem „R a s t e 1 b i n d e r“. Dieses Werk zeigt typisch slawische Zähigkeit und Willensstarre verbieten ihm den Neuling auf dem Gebiete der Operette nicht nur auf einer aber wiederum doch auch, von irgendwelcher Seite Hilfe erstaunlichen Höhe der melodischen Erfindung und des rhyth­ zu nehmen oder gar die des Elternhauses anzurufen. Hier in mischen Leichtflusses, sondern auch als einen verblüffend in­ Prag, wo er nach der Übersiedlung des Vaters sehr bald im stinktsicheren Instrumentator. Wie köstlich fängt er unter Orchester mitwirkt, werden auch Dvorak und Brahms ausgiebiger Zuhilfenahme der näselnden Holzinstrumente und auf die ersten Kompositionen des jungen Musikers aufmerksam. der dumpfen Bässe die slowakische Bauernpoesie mit allem Jener rät ihm gradezu: werde Komponist! Und so sehr auch Weh und aller Ausgelassenheit ein! Dann aber kam der im der Vater auf Fortführung des Violinstudiums drängt: das besten Sinne des Wortes sensationelle Welterfolg mit der Saatkorn ist gelegt und muß aufgehen. „Lustigen Witw e“. Mit ihr beginnt der Abschnitt, den Vorerst aber wird des Handwerks goldener Boden, der wir unter dem Sammelbegriff der „Modernen Operette“ zu­ auch für den Künstler die sicherste Operationsbasis für das sammenzufassen gewohnt sind. Wie Lehar zu den Text­ spätere Schaffen abgibt, sorgsam bereitet. In Barmen- büchern der beiden Operetten (von Viktor Leon) kam, das ist Elberfeld lernt er kennen, was es heißt, als Konzertmeister eine Operette für sich, die sogar den Vorzug besitzt, schon eines großen Orchesters um die Wette Oper, Operette und geschrieben zu sein. Es ist der Abschnitt „Die erste Operette“ Symphonie zu probieren und zu spielen. Nach einem kurzen aus der Biographie „Franz Lehär“ von Dr. Ernst Decsey (Drei­ Intermezzo daheim, in der Kapelle des inzwischen nach Wien maskenverlag.) zurückgekehrten Vaters, der damals grade ein später nicht Einige Streiflichter mögen zur Illustrierung des Erfolges unbekannter engerer Fachkollege Lehars — Leo Fall — an­ der ersten modernen Operette dienen: gehörte, diente er in Losoncz (Ungarn) als Militärkapell­ meister des dortigen Regiments seine Dienstzeit ab. Im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten brach eine Seine erste große Komposition für die Bühne ist die Oper „Merry Widow“-Epidemie aus. Zigarren und Hautcremes, „Kukuschka“. In den Händen eines materiell schwer Kakes und Schuhe, Salate und Korsetts wurden in anmutigem kämpfenden Verlages wird sie Lehars Sorgenkind — trotz Durcheinander nach dem erfolgreichen Musenkinde Lehars ihrer günstigen Aufnahme in Leipzig — und Lehar, der ihr benannt. In Ungarn taucht eine Rätselkarikatur auf: ein und seinem Komponistenberuf bereits eine pensionsberechtigte Mann wandelt seines Weges, hinter sich her eine gewaltige Marinekapellmeisterstelle in Pola geopfert hat, muß zuguter­ Menge Menschen. Sie alle wollen das Unikum betrachten, das letzt auch noch den Rest seines kärglichen Barvermögens die „Lustige Witwe“ noch nicht gesehen hat.------Berühmte Dirigenten wie , Leo Blech, Oskar Fried, Max v. Schillings, Rieh. Strauß, Bruno Walter u. a. mit den besten Orchestern wie die Kapelle der Staatsoper und das Philharmonische Orchester, Berlin wirkten mit bei den Symphonie - Aufnahmen der Deutschen Grammophon - Akt. - Ges. Berlin Bruckner: VII. Symphonie E-dur, VIII. Symphonie 3. Satz, Adagio, Mahler: II. Symphonie C-moll, mit Chor- und Sologesängen, Beethoven: IX. Symphonie D - moll, mit Chor- und Sologesängen Beethoven: I., III., IV., V., VI., VII. Symphonie, Strauß: Zarathustra, Don Juan, Till Eulenspiegel, Tod und Verklärung, Schumann: IV. Symphonie D-moll, Haydn: Symphonie Nr. 6 m. d. Paukenschlag und Nr. 88 G-dur, Brahms: I. Symphonie C-moll, Liszt: Les Preludes, Smetana: Die Moldau, Mozart: Jupiter-Symphonie, Schubert: Unvoll. Symphonie H-moll Viele andere Orchesterwerke und alle bekannten Ouvertüren Kataloge und Platten erhältlich Im GRAMMOPHON-SPEZIÄLHAUS BRESLAU, GARTENSTRASSE 47 Zur Neueinltudierung der »Luftigen Witwe«

Die" Uraufführung (Wien 1905) Der Komponilt Mizzi Günther, Franz Lehar, Louis Treumann

Ölterreichifches Komponiften-Ordiefter Wiener Karikatur von Rudolf Herrmann

Amerikanifche Karikatur Eysler, Oskar Straus, Nedbal, Lehär, Ziehrer, Fall »Es gab einen Komponilten namens Lehar, der „Die Sämtliche Illuftrationen find in der ausgezeichneten Biographie „Franz Lehär", von luftige Witwe" fchrieb. Aber, wenn man fie taufendmal hat pfeifen hören, möchte man Lehar in einer fdiwarzen Dr. Ernft Decsey,

beffefle id? ein SNonota«Abonnement auf bte //ötfolefifdfe Beater» unb SJlufifsJBodje" SIm einfadjffen burd) Cfinsablung oon Iftarf %— auf pofłfd)ed=ffonto 35redau 3tr. 24114 burd) telepf)omfd)en 2(nruf (£>f)te 5035) ober burd) pofffarfe beim Verlag: 23reedau 6, 5riebrid)=2Bifbetmfl:r. 24

Herr Eier faltete die Hände auf der Tischplatte und sieht führer einer Unschuld, Verantwortlichkeit . . . nein, nein. Nur die Lisel über den Kneifer weg an. Er faßt nach ihrer Hand keine Scherereien. Besser, edelmütig verzichten. und tätschelt sie. „Hast du keine Mutter, mein Kind? Also, da sollst du „Schatz, es ist doch prächtig, daß du heut noch nicht ver­ sehen, daß du an den Rechten gekommen bist. Der dich nicht geben warst . . . Nämlich — du sollst ganz klar sehen: jeder verdirbt. Ich bin nicht so wie mancher. Ich fahr dich nach Mann ist ein Luderchen. Eigentlich sollt ich . . . ganz wo Haus. Willst?“ anders sitzen. Aber man ist ein Luderchen — diesen einen Abend.“ Er lacht mit dem ganzen Leib. „Und heißt Tobias Eier.“ Darüber gröhlt er, daß er fast erstickt. Endlich prustet ers heraus: „Tobias Eier — diesen einen Abend.“ Dem Tier hungert — Tobias mault: „Die Bedienung läßt Von der Winterfrische in Davos zu wünschen übrig.“ Und er ruft und fuchtelt mit den Armen und wird zornig und schimpft, als der Kellner ihn noch immer warten läßt. Endlich ist das Essen da. Tobias Eier knüpft sich die Serviette um den Hals und ißt — ißt schmatzend und wohl­ gelaunt und trinkt fleißig dazwischen. Der Lisel ist der Hals wie zugeschnürt. Sie starrt vor sich hin, immer hinaus in das Bunte, und kommt sich ausge­ stoßen, unnütz vor. Tobias Eier sitzt breitspurig vor ihr und versperrt ihr den Weg. Ein Narr klatscht Herrn Eier mit der Pritsche eins aufs Dach. „Alter, weißt du für deine Tochter keinen heiligem Ort?“ „Blöder Kerl“, murrt Herr Eier. „Aber — ißt du denn nicht, mein Kind? Du wirst hungrig werden. Nein? Schade. Dann gibs halt, das Schnitzel, well's schon einmal bezahlt ist. — Herrgott, da ziehts auch noch.“ Eier hält die Hand ans Ohr. Der Kellner ist in das Separe links gegangen, die Tür ist offen geblieben. Da sieht die Lisel einen Augenblick hinein. Sieht eine Dame in einem blauen Kleid, mit einem stahl­ flimmernden Spitzenschal um die nackten Schultern — einen jungen, schwarzgelockten Mann, der in den Sessel zurück­ gelehnt ist und weißzähnig lacht: der Herr Abteilungschef. Ein Silberkübel auf dem Tisch, ein Obstkorb, voll Süßigkeiten. Und über all dem verschleiertes Licht. Der Kellner schlägt die Tür zu: Lisels Traum vom schönen, lustigen, nobeln Leben ist verlöscht. Lisel sieht Herrn Eier an und bricht plötzlich in Tränen Carola Neher — Klabund aus. Die Wäsche von Weichselbaum & Cie. brennt ihr auf dem Leib wie ein Nessushemd. „Na“, ruft Herr Eier verblüfft, „was ist denn das? 00000000®0iä0®00000TOö Warum weinst du denn?“ Lisel schluchzt und antwortet nicht. „Ja“, sagt die Lisel. Meiner Seel, jetzt ist ihr schon alles Tobias Eier wird unruhig. — Er ist nämlich schon mehr aus. Verpatzt ist der Abend doch. als einmal von Weibern um einen Genuß betrogen worden — „Und du bleibst brav?“ im letzten Moment sozusagen — unter dem und jenem Vor­ wand — und ihm schwant, Lisels Tränen könnten eine neue In der Droschke legt Herr Eier, ungemein gerührt von Methode des Rückzugs sein. seiner Seelengröße, den Arm väterlich um ihre Schultern. „Hör mal“, sagt er etwas gereizt, „machst du das immer „Mein unschuldiges Kind! Du wirst immer meine schönste so? Weinen auf der Redoute?“ Erinnerung bleiben. Der liebe Gott hats wollen, daß wir ein­ Lisel flennt unverdrossen. „Ich bin doch zum ersten­ ander vor Sünde bewahrt haben.“ mal hier.“ Und er beschließt, dieses seltene, ja, schöne Erlebnis „So. Hm. Ja — dann . . .“ gelegentlich im Kegelklub ,,D’ G’müatlichen“ — an einem „Zum erstenmal“, wiederholte Tobias geknickt. Und ver­ Herrenabend — zu erzählen. sinkt im Nachdenken. Nein, das paßt ihm gar nicht: Ver­ Ein unschuldiges Mädchen. Na, die wem schaun!

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Eigene Photographie, Schriftgießerei, Galvanoplastik, Buchbinderei - Gegr. 1504 - Fernruf Ring 6210/6211 / 7920 8 Schlesisc le Theater- und Musik-Woche Nr 8 Rudolf Hans Barf sch: Musik Mozarts Faschingsoper XVIII. Niemals früher, niemals später ist an einem Grabhügel Fastnacht, und niemand behielt recht, als Da Ponte. Mozarts soviel Satire der Inschrift, soviel Oberflächlichkeit nach nieder­ Musik ahnten kaum ein paar Verzückte, und die gehören stets gedrücktem Schmerze, soviel Gelächter und soviel rosenrotes zu den schon halb Abgeschiedenen dieses Lebens. Blühen und Duften verschwendet worden, als an diesem, der Im Türkenkriege waren viele reiche Lieferanten erstanden. die kleine frivole und schmerzliche Geschichte von fünf Herzen Die schrien in Loge und Parkett vor Vergnügen, weil die Liebe bedeckte, welche der Geist de Lignes und die Reizbarkeit des so billig, veränderlich, vergnüglich und leicht war. Der Adel, weltverachteten Kaisers zu heißem Leben erweckt, die frauen­ der es damals sehr gut hatte, lachte mit ihnen- hafte Sanftmut Marie Christinens gesänftigt, der italienische Mozart sah sich ein wenig erbleichend im Hause um, weil Opernbüchelschreiber völlig platt gewälzt und das ahnungsvoll immer nur solche Dinge wiederholt werden mußten, welche er mit einem ihm fremden Leben ringende Kind Mozart zuletzt wenig schätzte. Wo immer er sich wahrhaft verströmt hatte, da lag das Packeis des Publikums entgegen. durch eine Schönheit ohne Maßen gereinigt und entsühnt hatte. Das arme, leichtsinnige und sorgenvolle Kind beschloß, es „Cosi fan tutte . . .“ Der Hohn auf Frauentreue. nächstens darin besser zu machen. Marie Christine überließ ihrem Bruder und dem Fürsten Zum Schlüsse brausende Befriedigung. Mozart atmete auf. von Ligne den Triumph, recht behalten zu haben; mit dem Er hatte, im Grunde, nichts verdorben . . . wehmütigen Lächeln der stets entsagender], ganz großen Frau. De Ligne und die beiden jungen Herren sahen sich lachend — Da Ponte bekam hundert Dukaten. an. De Ligne blickte anders als sie, aber sie merkten es nicht Mozart fünfzig. mehr. Sie waren von sich selber ganz begeistert! — De Ligne Dafür fror er den ganzen, vergrämten November im Garten­ kannte die Macht des Mehrheitsjubels. Er kannte ihn genau. häuschen an der Währingstraße, und im Dezember, als er in Die beiden jungen Herren hatten keine Ahnung davon- Sie den letzten Akt seine letzten Kräfte an Süße und Schönheit ver­ waren mitten drin; sie schrien mit; sie gefielen sich unbändig, senkte, zu einer Zeit, da selbst die Natur keine einzige Frucht weil es allen gefiel. Sie waren freigesprochen, wie nur je­ mehr süß und reif zu machen verstand, da saß er immer noch mals ein gläubiges Beichtkind. Wenn alle mitschuldig sind? — dort, einen groben Kutschermantel auf den Knien, mit eiskalten Wer zum Hunderttausend gehört, ist dann erlöst. Händen und glühender Seele, — und komponierte das Hohn­ Und so hatte zwar Marie Christine eine Gefahr geahnt und gelächter aller Teufel in leidende, liebende, verzeihende Schön­ abgewendet, aber der Fürst de Ligne hatte sie zu verzückter heit um. Bejahung umgekehrt. — Ein leises Verwundern bloß ging Da Ponte hatte dem Wiener Stubenmädel ein Satyr­ durch die Loge, als der alte Kaufmann kurz nach dem denkmal gesetzt. Ende der Vorstellung zum Kaiser gerufen wurde. Der kleine Kapellmeister gab dem Stubenmädel Töne, wie „Majestät möchten über den Verlauf Bericht haben.“ eine Lerche sie hat, Töne einer Seele, welche sich jubelnd ins „Von wem, bitte?“ helle Licht hinausschwingen möchte. Er hüllte die Sünde in „Nur vom alten Herrn, der hier in der Loge wäre.“ Zärtlichkeit ohnegleichen. Er milderte den reißenden Schmerz De Ligne drückte Frau Abisag die Hand. — Die fastnachts­ frohen Zuhörer jubelten immer noch; die Offiziere lachten der Männerherzen, er umgab sogar ihre Eitelkeit mit Grazie wirklich und aufrichtig; Frau Abisag sah zwar ein wenig und machte gut, was da auseinanderstrebte. Alles unter einem spitzbübisch nach de Ligne hin, freute sich aber dennoch und Kutschermantel, mit frierenden Armen, die ihm bis an die Ell­ war angeregt — und der Fürst schien selig. bogen wehe taten, weil alle Hitze bloß in Kopf und Herz sich „So ist das Leben, oder so sollte es wenigstens sein, meine zusammengedrängt hatte, — und ihn bitterlich fror, — um fünf­ liebsten Freunde! Wir haben so wenig Zeit hier, gegenüber zig Dukaten, die er für Frau und Kinder so sehr brauchte! der Zeit, die wir nicht hier verbringen dürfen! Man muß sie Als die Oper aufgeführt wurde, die Oper, welche der ehe­ mit etwas Geist, etwas Grazie und ganz wenig Liebe, die malige Schätzer der Menschen mit einem verzweifelten niemals irgendwen verbrennen darf, ausfüllen. Mord und Lachen bestellt hatte, da lag der Kaiser im Sterben. Totschlag kommen ja von höherer Seite-“ Die beiden Offiziere wurden nicht, wie sie sich’s vorgestellt „Exzellenz, Sie lenken das Leben, wie niemand vor Ihnen hatten, vom allerhöchsten Philosophen, vom Mark Aurel des jemals eine Schlacht gelenkt hat,“ rief Latzkovics begeistert. achtzehnten Jahrhunderts, in die Hof- und Festloge zu „Vielleicht traute man mir darum nicht zu, jemals eine lachendem Zusehen geladen. Schlacht zu führen,“ lächelte der Fürst und sagte dann: „Und De Ligne hatte damals beide Herren zu sich, in eine ganz jetzt, gnädige Frau, wird der kleine Mozart zum letzten Male kleine Privatloge genommen, zu welcher niemand hinaufsah. gerufen. Sehen wir nicht weiter zu, wie Da Ponte fortan allein Vorn saß der blinde jüdische Kaufmann und die schöne Frau hervorgejubelt wird. Wir bekommen einen köstlichen Cham­ Abisag, welche ihren Reim auf das Wort Entsagen schon ge­ pagner und eine Forelle, welche der liebe Gott mit ganz dem­ funden hatte. Die drei Herren hielten sich im Dunklen. selben Raffinement geschaffen hat, wie er das Genie unseres Unnötig! Das Publikum fragte nicht im mindesten, woher kleinen Herrn Musikanten dort unten bildete.“ und wohin. Es war Ende Jänners; es war losgelassenste Nr 8 Schlesische Theater- und Musik-Woche 9

Kaiser Joseph hatte eine schlimme Nacht. Seine Lunge „Ich habe dich von der Oper holen lassen,“ sagte Joseph, versagte nur dann nicht, wenn sie das arme Leben in breiten der sich vorübergehend wohler fühlte. „Sie war gut? So? Blutströmen auszugeben hatte. Die Leute klatschten sehr? — Ah: Was hatte ich mir davon Der Beichtvater, den der Ringende bei sich gehabt, war für einen Spaß versprochen! Nun liege ich hier. Die, welche fortgeschickt worden. Zum Sterben wäre es heute noch nicht, meine Puppen sein sollten, haben aus meiner Hofloge zu­ hatte der Arzt gesagt. gesehen. So geht die Welt. Und so ist es ganz gut. Ich Aber das Leben in dieser Fastnacht war schwerer als ahne, dass es etwas wie Gerechtigkeit geben muß- Nur eine Sterben. So zwecklos, so zerquält! So unnütz für den Un­ weitgreifendere, als wir sie empfinden. Ah, wie unwichtig sind geduldigsten aller Ungeduldigen. Den Tod abzuwarten, wir!“ wochenlang! „Unwichtig? Je nachdem. Majestät haben als Aufgabe Die Erdachse hatte er, mit einem Griffe, zehnmal schneller immerhin einen Staat zu formen bekommen. Ich war damals drehen gewollt als jemals ein Mensch die Speichen des Ge­ schon ein alter Mann, als Majestät auftraten. Und damals, schehens! kurz vorher oder nachher, war gerade Gelegenheit für mich, Eine Gottesgeißel des heiligen Übereifers war er bloß ge­ durch ein großes Fernrohr viele Sonnenflecke zu beobachten, worden- welche, in großer Unruhe und immer wechselnd, das Tages­ Nun wälzte er sich mit den Minuten, die ihm seine Lunge gestirn überkamen, ein paar Tage blieben und dann ver­ an Atemzügen freigab, im Zwergenkampfe umher. schwanden. Ich habe dabei an die Erdkarte mit ihren König­ Es waren noch keine letzten. Ihm blieb noch etwas Kraft, reichen und Republiken denken müssen. Da hat es Alexander, zu denken, zu fragen. Und er wußte niemand zu rufen, als einen Cäsar, einen Augustus, einen Theodorich und Karl, einen einen, der schauend geworden war, indem er erblindete. Timurlenk und wen noch gegeben. Und wenn man all ihre Einen, der reich wurde dadurch, daß er ins Burgverließ Reiche dunkel auf die Erdkugel gemalt hätte, und dann nur seines rettungslos einzigen Ich geworfen worden war. ein wenig rascher die Erde gedreht, — so wäre ihr wechselndes Bild, ihr Anwachsen und Verschwinden nichts „Na, mein Seher! Nun seien Sie so aufrichtig, wie es mein andres gewesen als das jener Sonnenflecke. Nur daß diese Los verlangt!“ Flecke mehr als hundertmal so groß und mehr als hundertmal „Aufrichtig durch Liebe und Mitleid, Majestät.“ so vergänglich waren. Macht das Zehntausendfache an Kraft­ „Aufrichtig, wie die Eiseskälte der unerbittlich mathe­ aufwand, Majestät. So ist das Feuer- Wir? Wir bilden matischen Sternennacht. zu der ich eingehen muß, mein bloß Schimmelflecke auf Erden, mit unsern Besiedlungen, Freund!“ Majestät; sie kommen und gehen auf einem kälteren Stern „Wenn Eure Majestät sich so stark fühlen?“ ebenso, nur ein wenig langsamer.“ „Warum stark? Ich bin schwach genug, stille zu liegen „Aber wenn ich nun einsehe, daß ich ebenso kam und gehe? um das Allerletzte anzuhören, das ich sonst nicht vertragen Gibt es einen Trost, Sie, mein sonderbarer Beichtvater?“ hätte. Ah: — Was für ein Tag! An diesem einen Tage — „Majestät geruhen schon zu spotten. Da bin ich mit meinem daß Sie es wissen — waren folgende Menschen bei mir. Zu­ Säftchen zufrieden. Immer spottet, wer Kräfte zu haben erst der päpstliche Nuntius. Er wollte, ich solle das Toleranz­ meint. Ich aber, für mein Ablebeteil, habe die friedlich müde, edikt widerrufen und alle aufgehobenen Orden und Klöster also nicht mehr zu ändernde Überzeugung, daß die allerletzte wieder hersteilen. Ich habe Nein gesagt- Dann war mein und höchste erreichbare Größe des Menschen in der ver­ Beichtvater bei mir. Auch er ist nicht zufrieden von mir ge­ nichtenden Erkenntnis seiner Kleinheit bestehe. Und erst, gangen. Dann waren die ungarischen Malkontenten bei mir. wer nie mehr los kann von diesem Empfinden, daß er eine Ich habe ihnen in allen Äußerlichkeiten nachgegeben. Zuletzt Made im Gewimmel unsäglich wichtig tuender Maden ist, der sogar meine Tiroler! Vielleicht verhetzt? Sicher treuen geht ein zu dem, welcher rief: „Lasset die K 1 e i n e n zu mir Herzens, und mehr fragend und verschüchtert, als fordernd. kommen!“ Da habe ich ihnen erwidert: Ja! Ja! Ich widerrufe, was ihr „Mein kluger Jude, Christus meinte die Kinder!“ nur wollt. Ihr sollt weiterhin selig werden, wie ihr es müßt. „Er meinte alle, welche vor ihm ebenso hilflos und klein Legt eure l oten wieder in Holzsärge, führt das Rorate und sind.“ das Wetterläuten wieder ein und nehmt eure Kapuziner wieder „Sie reden also doch von ihm, auf dem meine letzte Hoff­ an eure Herzen. Aber laßt mich um Gotteswillen jetzt ruhig nung beruht? Sie, als Jude. Warum sind nicht Sie zu ihm sterben!“ gekommen?“ Der Kaiser atmete schwer. Sorglich stützte der alte Mann „Warum haben Sie nicht sein Sakrament genommen?“ das fiebernde Haupt gegen ein höheres Kissen- „Seines? Es ist das das Sakrament des Täufers Johannes, „Darf ich Eurer Majestät ein paar stärkende Tropfen das Sie meinen. Jenes tiefe Symbol des Eintauchens in das geben?“ fragte er. reinigende und tötende Element. Und das habe ich in mir „Du bist doch kein Arzt!“ erlebt. Untertauchen, umleben, umsterben; — neu empor­ „Ein Arzt, wie jeder, der mitliebte und mitlitt. Das vor kommen.“ allem. Aber ich habe die Medizin studiert, ehe ich mich dem „Sind diese Worte nicht Ausflucht eines Menschen, der Willen meines Vaters beugte, der mich als Kaufmann wollte.“ die Gottheit Christi nicht anerkennen will?“ Joseph nahm von dem Säftchen, welches seine Pulse bald „Er war ein Gott. Wie wir alle sein könnten. Majestät, regelmäßiger zu ordnen schien. so wurde er allein. Das ist seine Gottheit!“ 10 Schlesische Theater- und Musik-Woche Nr. 8

„Dann reichen Sie mir das silberne Kruzifix da — von ihm ging, rang nach Luft, rang noch einmal nach Kraft. andächtig. Sie gar zu gescheiter Mann. Es ist dasselbe, von Er versuchte die Stunden abzuschätzen, die ihm noch zum dem einmal eine Stimme zum katholischen Ferdinand ausge­ Sterben gesetzt waren, und sank dann müde in seine Kissen gangen ist: ,Sei getrost, ich will dich nicht verlassen*.“ zurück. — „Dort musizieren sie zu meinem Ende; und ich „Und nun, mein Teiresias, gehen Sie zurück zu Ihren selber habe sie dazu versammelt. Zu einer Fastnachtsoper Operngästen, grüßen Sie alle und bitten Sie alle für mich um in derselben Stunde, die mich hinwegwischt. . . Ach, wer hört Vergebung. Auch den kleinen Mozart, der aus lauter Liebe mich? Und wer erzählt das jenen unverbesserlich Lachenden bei mir geblieben ist, obwohl man ihn anderswo besser bezahlt dort? Zur Lehre. . . Es wäre auch umsonst: cosi fan tutte . . hätte. — Ich brauche nichts mehr als Einsamkeit und mich le bestie. Sterben. - In derselben Stunde, da ich zu lachen selber. — Leben Sie wohl, mein Lieber!“ gedachte... So machen’s alle — alle armen Seelen. — Und Joseph, der schwer atmete, als der ergriffene Greis Cosi fan tutte . . . povere anime tutte.“ (Schluß) Zur Breslauer Iniendanienfrage Wenn wir bisher zu den allenthalben in der Presse auf­ auf einen Sanierungsplan, den der Intendant des Breslauer tauchenden Gerüchten über einen beabsichtigten Weggang des städtischen Opernhauses H. Tietjen im Aufträge des Stadttheater-Intendanten T i e t j e n keine Stellung genommen Berliner Magistrats entworfen hat. Die Aktiengesell­ haben, so geschah das in der Überlegung, daß alle diese schaft, die den Betrieb des städtischen Opernhauses über­ Zeitungsmeldungen Seifenblasen seien. Vor einer Woche noch nehmen wird, soll durch die Stadt mit einem Aktien­ wurde das Gerücht ventiliert, Tietjen werde möglicherweise kapital von einer Million Mark gegründet werden. die Intendanz des „Deutschen Opernhauses“ in Charlottenburg Die Hälfte des beschlossenen Betriebszuschusses von übernehmen. Eine Berliner Zeitung stellte den Fall sogar so 300 000 Mark soll zur Vergrößerung des Fundus ver^ dar, als habe Tietjen sich um diesen Posten beworben (!) wendet werden, der zur Konkursmasse gehört und auf Nun hat die „B.-Z. am Mittag“ mit all diesen Mutmaßungen Betreiben des Magistrats inn Kürze versteigert werden tabula rasa gemacht, denn der Magistrat der Stadt Berlin hat soll. Die Stadtverwaltung wird sich natürlich bemühen, in seiner letzten Sitzung folgendes beschlossen: diesen für die Fortführung des Opernhauses wichtigen 1. Zur Erhaltung des „Deutschen Opern­ Fundus im Versteigerungswege zu erstehen, wenn andere hauses“ als Opernunternehmen die Begründung mitbietende Parteien den Preis nicht in die Höhe treiben. einer städtischen Aktiengesellschaft unter Ausschluß Nach Übernahme des Harses durch die Stadt wird von Privatkapital. diese auch bauliche Veränderungen im Zu­ 2. Die Bewilligung von jährlich 150 000 Mark für Be­ schauerraum wie im Bühnenhaus vornehmen lassen. Das triebszwecke und von weiteren 150 000 Mark im soll in den Sommerferien geschehen, die eine längere Bedürfnisfalle. Ausdehnung als sonst erfahren sollen. Im Zuschauerraum 3. Die Bewilligung von weiteren einmaligen 80 000 Mark kommt der Einbau von Logen zwischen Parkett und zur Abwicklung des Konkurses. Bühne. Der Magistrat wird der Stadtverordneten-Versamm- Die Frage des Intendanten ist noch nicht gelöst. Als lung eine Dringlichkeitsvorlage zugehen lassen und zu­ aussichtsreicher Anwärter für die musikalische Leitung sammen mit der städtischen Kunstdeputation die Satzung wurde in den letzten Tagen wieder Leo Blech genannt. für die neue Aktiengesellschaft entwerfen Wie wir von Intendant Tietjen erfahren, hat er persönlich Damit ist der Neuaufbau des Charlottenburger zur Charlottenburger Intendanzfrage überhaupt noch keine Deutschen Opernhauses in die Wege geleitet. Die An­ Stellung genommen. — Damit dürfte allen eventuell wieder träge der Kunstdeputation stützen sich im wesentlichen neu auftauchenden Gerüchten die Spitze abgebrochen sein. Des Ueberbreiils Werdegang. XIV. Von Kurt Baumeister. Der zehnjährige Entwickelungsgang der Überbrettl in dieser Fremden, gingen gern in diese Kabaretts, um nach Berlin hatte zu einer Nivellierung der Unternehmungen geführt. einem guten Souper oder nach einer Theater- oder Zirkus­ Der Geschäftsgeist der Unternehmer führte dazu, aus der vorstellung den einmal angebrochenen Abend standesgemäß Verpflegung der Gäste eine möglichst ergiebige Einnahme­ zu beschließen. In einigen Unternehmungen dauerte der quelle zu gestalten. Schließlich bestand der Hauptteil des Betrieb bis 4 Uhr morgens, bis zum Anschluß an die ersten Geschäftes in der Ökonomie. Dadurch, daß man die Vor­ Stadtbahnzüge. stellungen auf den späten Abend bis in die Nachtstunden Man denke sich ein elegantes Weinlokal mit weißgedeckten hinein verlegte, erhielten die Veranstaltungen eine besondere Tischen. Das Publikum erscheint zwischen 11 und 12 Uhr Note, die es begründete, daß die Preise für den Eintritt und abends, zum Teil sehr elegant, die Herren im Smoking, die den Konsum höher bemessen werden konnten, als diejenigen für die früheren Vorstellungen während der gewöhnlichen Theaterzeit. — Theodor Martin SSSÄSS Die Berliner Kabaretts waren nunmehr in vornehmen Wein­ erteilt Unterricht in Stimmbildung restaurants eingemietet. Die Fremden, denen der Tag nicht lang genug werden konnte, die Berliner selbst als Bärenführer Breslau X Kohlenitra^e 1611- Nr.8 Schlesische Theater- und Musik-Woche 11

Damen in Abendtoilette, zum Teil auch in Straßenanzügen. F rancke, Max Laurence gehörten zu den ständigen Mit­ Es sind Agrarier, bessere Beamte, Offiziere in Zivil und gliedern des Unternehmens. Lebeelemente aller Grade. Auf ähnlicher Höhe stand das Lindenkabarett, dessen Sehr viel Sekt wird getrunken, sehr viel Zigaretten werden rühriger Unternehmer Carl Rosenfeld die weiten Räume geraucht. Auf dem Podium steht ein guter Flügel, auf dem seines Passagenpanoptikums dazu ausnutzte, daß er außer dem mit den Vorstellungen um 11 Uhr abends beginnen­ den sogenanten „Weinkabarett“ noch ein sogenanntes „Bierkabarett“ von 8 Uhr abends an einrichtete, wo man zu kleinen Eintrittspreisen ein recht gutes Programm zu hören bekam, und wo man für ziviles Geld auch leidlich verpflegt wurde. Die Mehrzahl der Vortragskräfte war in geschäftstüchtiger Weise für beide Kabaretts verpflichtet, indes traten die „Attraktionen“ nur im Weinkabrett mit den weit höheren Eintrittspreisen auf. Direktor Rosenfeld hatte eine glückliche Hand, neue Talente zu entdecken und bewährte Kräfte den anderen Unter­ nehmungen weg zu kaufen. Ih rnzur Seite stand der allen Kabarettisten jener Jahre noch in guter Erinnerung lebende Kunstmaler Joe Steiner, ein kleiner, aber sehr energischer Herr von hervorragenden künstlerischen Gaben und einem eminent praktischen Blick. In diesem Lindenkabarett hat sich eine Reihe von Kabarettypen herausgebildet, von denen ich für heute nur zwei Künstlerinnen nenne, Claire Wal doff und Else Ward. Wer kennt heute nicht Claire Waldoff? Schon als sie, blutjung, ihre Brettllaufbahn begann, war ihre rassige Sonderqualität zu erkennen. Das war, wenn ich nicht irre, bei Schneider-Dunker „im Roland“, wo sie ein reizendes Chanson „Das kleine Schmakeduzchen“ von Walter

graziöse Musik verübt wird. Ein Conferencier vermittelt das Auftreten der einzelnen Vortragskräfte. Es muß zugegeben werden, daß in den besten Berliner Kabaretts damals der Pianist, der Conferencier und die meisten Vortragskräfte zu den Prominenten ihres Faches gehörten. Natürlich waren für die „Füllnummern“ auch mindere Kräfte verpflichtet. Die Darbietungen waren in ihrem Wert himmelweit verschieden voneinander. Trällerte zu Anfang des Programms irgend eine Chansonette ein Liedchen, das dadurch, daß der Name des Autors und des Komponisten genannt wurde, eine lite­ raturmäßige Zurechtstutzung erhielt, so wurde man doch bestimmt im Laufe des weiteren Programms durch das Auf­ treten von „Vortragskanonen“ voll entschädigt, deren Repertoir auf geistreiche Pointen zugeschnitten war. Freilich hatten damals grade die Nachtkabaretts unter den strengen Zensurvorschriften schwer zu leiden. Man ging von dem Gesichtspunkte aus, daß die Programme nach 11 Uhr abends sich von Reibungsmöglichkeiten ganz besonders freizuhalten hatten. Man gestattete den Künstlern nicht, sich so zu ge­ bärden, wie sie wollten, wenn sie könnten. In Paris durfte der Kabarettier am Abend ein „politisch“ Lied singen von dem, was am Morgen geschehen war. In Berlin mußte er sich statt dessen mit allgemein gehaltenen Cochonnieren begnügen. Es gab damals vier größere Kabaretts in Berlin, „C h a t n o i r“, Ecke Behrenstraße und Friedrichstraße, „Das Linden­ kabarett“, unter den Linden, „Roland von Berlin“, in der Kurt Baumeister Potsdamerstraße, und das „Intime Theater“, in der Bülow- Der Verfasser unserer Artikelserie „Des Überbrettls Werdegang", zählt straße. Im „Chat noir“ unter der Leitung des feinmelodiösen Rudolf zu den markantesten Autoren und Vertretern des Wolzogensdien Qberbrettfs Nelson verstand man es am meisten, eine künstlerische Ambition zu wahren. Schon die zarte, äthetisch - vornehme Kollo mit entzückendem Charme vortrug. Mehrere Jahre Musik des Direktorkomponisten stand auf einem hohen ist sie dann der Mittelpunkt des Programms im Lindenkabarett Niveau. Käthe Erlholz, Nelsons Gattin, die vom gewesen, nachdem sie ihre Note gewechselt und sich dem Theater kam, war und ist heute noch eine ganz außergewöhn­ grotesk-komischen Berliner Couplet zugewandt hatte. Das lich vielseitige Vortragskünstlerin. Fritz Grünbaum und Couplet „Det Scheenste sind die Beenekens“ hat sie Abend Seine damalige Gattin Carli N a g e 1 m ü 11 e r. Theodor für Abend, wohl viele tausendmale auf Verlangen des Publi- 12 Schlesische Theater- und Musik-Woche Nr. 8 Theater-Spielplan vom ZI. Februar bis 1. März 1925

Tag Stadt -Theater*) Lobe-Theater Schauspielhaus*) Thalia-Theater*) Zirkus Busch*) Liebich -Theater (Operettenbühne) Cavalleria rusticana Erstaufführung Erstaufführung Sonnabend Der Bajazzo Die heilige Johanna. Die lustige Witwe Die gold. Ritterzeit Die Lokalbahn und Sonntag Heitere Singspiele Iphigenie auf Tauris Das Dreimäderlhaus nachmittags Die Medaille Manege- Sonntag Die Fledermaus Die lustige Witwe Schaustück: abends

Montag Der Rosenkavalier Die heilige Johanna Gräfin Mariza 1806 Allabendlich: Das Dienstag Die Fledermaus Die lustige Witwe Die goldene Königin Luise internationale nachm. Ritterzeit Variete= Mittwoch Tristan und Isolde Gräfin Mariza Iphigenie aufTauris und Das neue Donnerstag Carmen Die lustige Witwe Kabarett- Zirkus-Programm Programm Freitag Der Wildschütz heilige Johanna Gräfin Mariza Kapitän Der Schlafwagen­ Schneiders Sonnabend Aida Die lustige Witwe kontrolleur Löwen Sonntag Die Lokalbahn und nachmittags Heitere Singspiele Die Medaille Sonntag Der Schlafwagen­ abends Figaros Hochzeit kontrolleur *) Die Anfangszeiten und sonstige nähere Angaben sind aus dem besonderen Inserat ersichtlich. ku ms immer wieder vortragen müssen. Claire W a 1 d o f f hatte immer ein ausgezeichnetes Repertoir. Ein Soldatenlied von Kurt Baumeister ..Knoll, der stramme Grenadier“, das sie in jener Zeit vortrug, kennzeichnet ungefähr die damalige Geschmacksrichtung für Derb-Parodistisches:

Es kamen einmal die Soldaten Zur jungen Witwe ins Quartier; Der Hauptmann war der Herr von Platen, Und Knoll, sein Bursch, ein Grenadier.

Der Hauptmann hat dem Knoll befohlen: „Tu deine Pflicht hier gründlich, Knoll, Denn sonst soll dich der Teufel holen!“ Und der stand stramm und sagt: „Jawoll.“ Nur noch Der Witwe Hand tat zärtlich küssen. kurze Zeit! Voll Lieb der junge Offizier, Der neue Doch sie, sie hat ein Aug geschmissen. große Erfolg! Auf Knoll, den strammen Grenadier. Das gewaltige historische Manegeschauspiel Zur Nacht tat sie ein Herz sich fassen, Ging zu der Kammer hin des Burschen Knoll: 1806 Königin Louise „Willst du mir lieben oder hassen?“ in 7Bildern ausDeutschlands tiefsterNot Und der stand stramm und sagt: „Jawoll!“ und einem Ausblick Das Wiedererwachen. Aufruf an mein Volk, Breslau — 1813 Sie haben Beide karessiret, Vorher der neue Circusspielplan u. a. Bis Morgens früh der Tag anbrach. Dann aber wurde abmarschieret. Die Luftsensation,3 Die Witwe sah ihm weinend nach. Des großen Erfolges wegen reengagiert: Und unterwegs der Hauptmann fraget: Terrero Don Manzanos „Tatst deine Pflicht du gründlich, Knoll?“ Spanische Kampfsliere Der war ob Antwort nicht verzaget, Und er stand stramm und sagt: „Jawoll!“ Sonntag Nachm. STS" halbe Preise (Fortsetzung folgt.) Vorverkauf: Barasch und Circuskasse 13 Nr. 8 Schlesische Theater- und Musik-Woche

schon von vornherein die Ohren. Im Fall Karl Fis che r-N le­ rn ä n n kann man es sich gut vorstellen, daß er an der Hochburg der Gesangskultur keine erste Rolle spielt. Er besitzt gewiß ein gutes, sogar ein prächtiges Material, das in der Mittellage einen schönen warmen Klang hat und in der Höhe Fülle und Glanz auf­ weist; er versteht sich auch auf die Kunst, einen Ton abzunehmen und ein gutes Legato zu spinnen. Aber seine Resonanz ist so ein­ seitig nasal orientiert, daß der Klangcharakter dadurch erheblich beeinträchtigt wird. Sein Ton ist eine Legierung aus echtem und Stadt=Theatec. aus unedlem Metall. Und es ergeht einem wie bei einem nicht ganz reinen Glockenklang: man möchte die unvorteilhaften Bei­ „Die heilige Ente“. Die Sonntag-Vortelhmg der „heiligen mischungen weghören, aber auf die Dauer drängen sie sich gerade Ente“, hatte ihren besonderen Anreiz durch den Umstand, daß am stärksten und störendsten ins Ohr. Im Vergleich zu den der Komponist die Aufführung persönlich leitete. Nicht sauberen Klangkurven von Marta Seile und Niels Kälte trat immer ist der Komponist seinem Werk der beste Kapell­ diese Erscheinung am auffallendsten hervor. Die Darstellung meister. Wie es komponierende Kapellmeister gibt, so gibt es auch verriet, soweit dieser im wesentlichen passive Held zu psycho­ kapellmeisternde Komponisten d. h. Musiker, die Komponisten von logischer Feinarbeit Anlaß bietet, den routinierten Praktikus, der Profession und als Kapellmeister Amateure sind, die nicht in den Mechanismus der schematischen Theaterposen im Schlaf be­ ständiger, unmittelbarer Berührung mit der Theaterpraxis stehen herrscht. Für den erkrankten Richard Groß sang Eugen Fuchs und nicht aus jahrelanger Vertrautheit mit allen Eventualitäten trotz der Anstrengungen des vorherigen Tages den Telramund, des „Betriebs“ jene unbeirrbare Sattelfestigkeit gewonnen haben, klug und klar in der Charakterzeichnung, sympatiach und vornehm die man mit dem schönen Ausdruck Routine bezeichnet. Hugo in der Tongebung. Dr. Gg. J. Wolf mag wohl bei der Leitung seines „Corregidor“ eine von seinem Kapellmeisterberuf nicht gerade überzeugende Figur abge­ Zirkus Busch geben haben, während andererseits der als Meister des Taktstockes Diesmal bringt der Zirkus Busch ein historisches Manege- unzweifelhaft anerkannte Felix v. Weingartner als Komponist nicht Schauspiel von Paula Busch heraus. „1806 Königin Luise“. In die gleiche Gegenliebe findet. Doppelbegabungen vom genialen sieben, zum Teil äußerst wirkungsvollen und packenden Bildern Rang eines Rieh. Wagner, Rieh. Strauß oder Gustav Mahler zählen versetzt uns dieses Schauspiel in die Zeit von Deutschlands tiefster eben zu den Ausnahmefällen. Hans Gal betreibt das Metier des Schmach und Erhebung. Bewegte Szenen wechseln mit hoch­ Kapellmeisters nur gelegentlich. Gleichwohl war sein Dirigenten­ dramatischen Momenten. In diesem Sinne sind besonders die gastspiel von hohem Wert, insofern als es einige Varianten offen­ Schacht bei Saalfeld und Begegnung der Königin Luise mit dem barte, die wohl für die Zukunft als verbindlich angesehen werden feindlichen Eroberer in Tilsit gegenüberzustellen. Die Inszenierung dürften. Dahin gehört anscheinend vor allem die Szene mit dem Adolf Steinmanns hat es sich angelegen sein lassen, das Stück Haushofmeister im ersten Akt, die im Tempo gemäßigter und in packend auszustatten und die Bühnenbilder wirkungsvoll zu der Unterstreichung des komischen Refrains „und die Ente ist nicht gestalten. Ihm zur Seite stehen Trude Tradowsky, die für den da“ wesentlich drastischer zu Tage trat. Um die akustischen Ver­ choreographischen Teil zeichnet und Paul Richter, der die musika­ hältnisse auszuprobieren und das klangliche Gleichgewicht zwischen lische Leitung inne hat. Leonore Oppermann verleiht der Orchester und Solisten bis ins Feinste auszubalanzieren, hätte wohl unvergeßlichen Königin Luise auch wirklich syinpatische Gestal­ eine ausgedehntere Probezeit zur Verfügung stehen müssen. tung. Kurt H a 11 e n s t e i n verrät auch diesmal in seiner Doppel­ Außerdem kann man es schwerlich einem Komponisten verübeln, rolle als Prinz Louis Ferdinand und Theodor Körner großes wenn er das klingende Leben, das er in die starren Zeichen der Par­ Können. Max Winter stellt einen ausgezeichneten alten, biederen titur gebannt hat, auch wirklich zu tönender Wiedergeburt erweckt Wachtmeister, während Bernhard Wagner mit Erfolg den hören will. Auf die Verläßligkeit von Solisten, Chor und Orchester Napoleon Bonaparte mimt. Großes Chor- und Balletpersonal gestützt, konnte Hans Gal einen richtungweisenden dritten Dar­ greift allenthalben belebend und ergänzend in den Gang der Hand­ stellungsstil für sein Werk aufstellen. Nach dem zweiten und lung ein. H. D. dritten Akt konnte er den Beifall des begeisterten Hauses persönlich in Empfang nehmen. Niddy Impekoven. „Tristan und Isolde“. Zum Gedächtnis von Richard Wagners Der für den vorigen Montag angesetzte Tanzabend der berühm­ Todestag brachte das Stadttheater „Tristan und Isolde“. Dieses ten Impekoven mußte infolge eines heftigen Fiebers, von dem Werk mit seinen übermenschlichen Anforderungen an die Ausfüh­ die Künstlerin befallen war und unter dessen Folgeerscheinungen renden wie an die Aufnehmenden verträgt nur gehobene Festtags­ sie nach wenigen Takten der Musik auf dem Podium ohnmächtig stimmung. Eine fünf Stunden währende Repertoireoper ist ein zusammenbrach, abgesagt und für später verschoben werden. Unding. Der Besonderheit des Anlasses hatte man weitgehend Wie wir aus sicheren Informationen wissen, wird aber der Abend Rechnung getragen. Die Episodenrollen des Melot und des jungen noch bestimmt stattfinden, da Niddy Impekoven in der Zeit Seemanns hatte man mit keinem Geringeren als Fritz Mareks zwischen ihrer Wiederherstellung und der Ausreise nach Indien nur und Josef Witt besetzt. Für die stolze Irenmaid hatte man sich mehr zwei Tanzabende zu absolvieren hat. die in gutem Andenken stehende Bella Fortner-Halbaerth Der rührige Singverein Be u then Q. - S. veranstaltet verschrieben. Sie ist in ihren Vorzügen und in ihren Begrenzt­ unter der künstlerischen Leitung von Paul Jaschke am 14. und heiten die nämliche wie früher geblieben. Der metallischen Wucht 15. Mai ein Richard Wetz-Fe st. Für das Programm sind ihres Organs steht eine nicht immer absolut zuverlässige. Musi­ in Aussicht genommen: am ersten Tag: Lieder und Chöre a capella: kalität und die immer mehr bemerkbar werdende Hohlheit _ und am zweiten Tag: die orchesterbegleiteten Chorwerke „Der Reizlosigkeit ihres Pianos gegenüber. Adolf Löltgens I ristan 3. Psalm“ und „Hyperion“ sowie eine Symphonie. war, wie immer, das Resultat von Intelligenz und Oekonomie. Die letzte Steigerung seines Paroxismus war sogar von wirklicher Leipzig darstellerischer Leidenschaftlichkeit erfüllt. Brangäne und Marke Bei Gelegenheit eines beruflich bedingten Aufenthaltes in der beanspruchten in ihrer Neubesetzung durch Luise St rau ß und „vergnügten“ Pleißestadt lockte mich ein verheißungsvolles Plakat Geerd Herrn. Andra besonderes Interesse. Gesund, von ruhigem zum Besuch eines Konzerts, in dem Werke eines aus Neiße Fluß, hellfarbig und von angenehmem Eigenklang, möchte man der gebürtigen Schlesiers, Ernst Smigelski, aufgeführt wurden. Stimme von Luise Strauß nur wünschen, daß sie den Weg zu Die Leipziger Sopranistin Anni Q u i s t o r p, aus der Schule der einer völligen Ausnützung einer noch ergiebiger zu gestaltenden hier vorteilhaft bekannten Frau Helling-Rosenthal, setzte Bruststütze findet. Nahezu ideal war Geerd Herrn. Andra als sich im Verein mit dem Pembaurschüler Fritz Weitzmann König Marke. Plastische Prägung der Vokale, eine weiche, viel­ für alte und neue Lieder des genannten Komponisten ein und ersang leicht zu weiche, aber im Charakterbild dieses Gütigen, Verzich­ sich und ihnen einen durchschlagenden Erfolg. Die Kunst des tenden nicht eben störende Formung der Konsonanten. Ausge­ Tonsetzers wandelt keine abwegigen Pfade, sondern gibt sich glichenheit des Tonansatzes und strömendes Legato machten seine gesund und natürlich, zeichnet sich durch Selbständigkeit und gesangliche Leistung zu einem einzigen Genuß. Die feierliche Gedankenreichtum aus und erfreut den Hörer durch absolute Vor­ Breite der Zeitmaße teilte er mit Ernst Me hl ich, der das nehmheit. Smigelskis stärkste Seite ist offenbar die Lyrik; feinen, Orchester sehr subtil behandelte. Wegen der unbedeutenden Patzer sehnsuchterfüllten Stimmungen verleiht er überzeugenden Aus­ ein Merkersprüchel vorzubringen, verlohnt nicht. Daß Richard druck. Doch zeigt er auch eine glückliche Erfindungsgabe bei Groß, Hans Haus child und Walter Zöllner auf ihrem Posten Stücken launigen Charakters, wie in der entzückenden „Toilette ebenso wie Robert Beckers sorgfältige Spielleitung wesentlich im Walde“. (Für die heitere Muse soll er eine besondere Begabung am Erfolg beteiligt waren, sei rühmend anerkannt. besitzen; eine schon in Halle und Dortmund mit großem „Lohengrin.“ Der Wiener Musikfreund gilt in seinen gesang­ Erfolg auf geführte Operette wird demnächst auch in Leipzig lichen Ansprüchen als sehr verwöhnt. Er ist ja der Musik des herauskommen.) Die ansehnliche Zuhörerschar, welche den archi­ Südens und der Sinne ein ganzes Stück näher als wir, und mancher tektonisch und akustisch wundervollen Saal des neuen Rathauses Bühnenstern, der bei uns gleißte und glitzerte, ist am Wiener füllte, bereitete dem Komponisten und den für ihn eintretenden Künstlern am Schluse des Konzerts herzliche Ovationen. Himmel gar rühmlos verblichen. Wenn nun ein lenor von der Th. Martin. Wiener Staatsoper bei uns. auf Anstellung gastiert, so spitzt man 14 Schlesische Theater- und Musik-Woche Nr. 8

Litauische Musik, Von Wolfgang Greiser. Die litauische Musik ist wohl erst infolge der Kriegszeit, in das 18. Jahrhundert hinein nur als reinen einstimmigen Ge­ die sie bekannter gemacht hat, zum Gegenstände eines be­ sang anzutreffen. sonderen Interesses geworden. Die Prüfung ihrer Weisen, die Recht viele Memellieder aus der Gegend Grodno, Wilna. fachmännischen Untersuchungen , ihrer Klangerscheinungen Minsk erinnern lebhaft an die gregorianische Abschluß- und haben sie aber bald zu einem feinen und zugleich doch starken Leittonfolge. Diese Lieder enden zumeist so, daß die Schluß­ Faktor innigsten Volksempfindens und typischer Eigenart er­ note mit einem Leittone sofort wieder in das Anfangsmotiv stehen lassen und gedeutet. zurückführt. Es entstehen dadurch — zumeist durch die oft Die überall im litauischen Volke zu Gehör kommenden sehr zahlreich vorhandenen Textstrophen vieler Lieder veran­ Balaleikaklänge, häufig doppeltönig, sind wohl ein wenig laßt — jene „unendlichen“ Melodien, die in ihrer immer­ monoton; aber auch sie verraten allgemeinhin eine tiefe, stille währenden Wiederholung sehr leicht ermüden würden, wenn seelische Empfindsamkeit, ein ernstes, reiches Volksgemüt als nicht ein ganz eigenartiger Rhythmus immer wieder neue ihre Grundlage und immer wieder die grenzenlose Liebe ihres Wendungen in die in gewissem Maße eben durchaus monotone Volksstammes zum Memelstrome, zur Natur, zu — Gott als ihr Stimmführung hineinzutragen geeignet wäre. Charakteristikum. Was das litauische Volkslied als indivi­ Der Rhythmus der litauischen Melodien ist in seiner Eigen­ duelles Gepräge im allgemeinen trägt, das zeigt die litauische art wohl einzig — dastehend! Er liegt fast in keinem Liede für Musik auch schließlich überall. die gesamte Melodienfolge des ganzen Liedes fest, sondern Fast allen Dainos liegt in der Melodieführung die dia­ verändert diese infolge von allerlei textlich erforderten Rück­ tonische Tonleiter des griechischen Tonsystems zugrunde. sichten und auf Grund seelischer Empfindsamkeitsbedürf­ Weder unsere Dur- noch unsere Molltonarten können den nisse ständig. So herrscht im Verlaufe der einzelnen Melo­ Rahmen dieser Melodien- und Tonfolgen umfassen und musi- dien sehr oft eine an völlige Willkür grenzende rhythmische kalgesetzlich umspannen! Unregelmäßigkeit in den litauischen Gesängen vor und führt Die Halbtonstufung — das charakteristische Hauptmoment in ein und derselben Tonfolge oftmals zu der eigenartigen der litauischen Musik — tritt oft derart überraschend unver­ Erscheinung, daß im gleichen Liede nicht nur zwei-, vier- und mittelt und unerwartet auf, daß sie anfänglich nur befremdet, dreiteilige Takte wechseln, sondern bisweilen auch Lieder mit später aber als das auffallendste Moment der gesamten Ton­ einem Dreivierteltakte beginnen, um nach wenigen Takten im folge erscheint und endlich die Wesensart der litauischen Fünfachtelrhythmus zu enden. Volksliedmelodien verstehen und bewerten lehrt. Ähnliche ’rhythmische Willkürerscheinungen zeitigt nun Der Tonumfang ist in den einzelnen Melodien derart ver­ aber auch wiederum die altgriechische Musik, und so muß es schieden, daß auch hierbei nur von einer fast undenkbar will­ wohl weiterer gründlichster Forschung überlassen bleiben, die kürlichen Folge gesprochen werden kann, die eine musikalische vielen sprachlichen und tonsprachlichen Parallelbeziehungen Einreihung in bestimmte geordnete und regelnde Umfangs­ zwischen dem Altgriechischen und dem Litauischen einmal zu gesetze, die uns doch für den Einzelgesang so unendlich klären. Die indogermanische Stammabkunft der Litauer läßt wichtig und fast unerläßlich erscheinen, hier völlig ausschließt. manche Vermutung seiner Beziehungen zur Musik der Inder Das litauische Volkslied ist ehemals wohl ausschließlich ein­ als gerechtfertigt erscheinen, manche Ähnlichkeit zum Grie­ stimmig gesungen worden. Auch damit verrät es alsdann eine chischen verstehen, aber die forschende und kritische Musik­ ebenso auffällige, parallellaufende Übereinstimmung mit der wissenschaft hat im litauischen Musiklande noch ein weites altgriechischen Vokalmusik, wie seine Sprache mit dem Idiom Feld klarer Beweisführung zu ergründen. des Griechischen im allgemeinen. Denn wie die gesamte vor­ christliche Volksmusik die Verwendung des zweistimmigen Gesanges nicht kannte, so ist auch die Mehrstimmigkeitser­ \Jł.\ MEN H ą u s scheinung des litauischen Liedes ganz gewiß erst ein Er­ gebnis der christlichen, wohl sogar erst der spät-christlichen Musikpflege. Die Akkordbildung wurde bei den Völkern der Alten durch­ BIELSCHOWSKY Nikolaistraße 74/76 ED DC" Ol All I Schweidn. Str. 8 a weg durch alerlei Begleitinstrumente herbeigeführt. So kannte Ecke Herrenstraße ^ IV L_ L—zx L/ I Ecke Schloßohle auch der Litauer die „Kanklys“ als ein solches und hat erst im 17. Jahrhundert un dwohl nur auf Grund späterer kirchlicher Wäsche jeder Art starker Einflüsse die Mehrstimmigkeit seiner Gesänge erprobt llllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllillllllllllllllllllllll und erwogen. Die reine Terzenbegleitung tritt am häufigsten in bekannter Güte in Erscheinung und fügt sich bei der allgemeinen und guten Eigene Fabrikation in größtem Stil musikalischen Volksbegabung der Litauer leicht und sehr ge­ schickt all denjenigen Melodiegängen, die das litauische Ton­ B L U S E N*TEPPICHE system so reizvoll und klangwirkend gestalten. Gerade die UNTERRÖCKE* G A R DINEN Terzenbegleitung liegt ja so auffallend im Gehör- und Ton­ MORGEN RÖCKE * MÖBELSTOFFE reiche aller litauischen Volksschichten, daß man sich nur Man verlange kostenlos die neueste Preisliste! darüber verwundern kann, das litauische Lied selbst bis weit Nr 8 Schlesische Theater- und Musik-Woche 15

Iftufifafienfyanbtung C. BECHER 33re$lou 5/ Cüxfrtöeiöni&er öfobtgrobcn 9lr. 13 Ich schrieb so viel über die Kleidung der Frau außerhalb ihres Hauses, daß ich heute einmal über das Hauskleid berichten neben öemDteifebüro möchte. empfiehlt Der Stil des modernen Hausgewandes ist unbedingt weicher, gefälliger, anmutiger als die Form der Straßen- und Gesellschafts­ kleider. Ob Pyjama oder Teagown, die Linie ist weiblich. Noten Der Aufputz an wehenden Bändchen, Kräuschen, duftigen Spitzen Staffifer, ©Ąuten, ©übern 3dn;e, ©djtager, Lieber, Stuffütjrungen, und zarten Stickereien ist notwendiger denn je, um uns das intime ©efdjenftnerfe, Gljorfammlungen, ©atomDrdjefter, StaniepStubjtlge, Kleid begehrenswert und lieb zu machen. Das Hosen- und das Rockkleid (Pyjama und Partituren Teagown) machen sich lebhafte Konkurrenz. Die Schlanken schwören auf den Hausanzug — die Molligen protegieren das Haus­ Musikinsfmmenle kleid ------und die klugen Frauen bergen in ihren Schränken in ©eigen, Lauten, ©uitarren, SJlanbotinen. ©alten, Seffanbfeüe, friedlichem Nebeneinander sowohl Pyjama als auch Teagown: 3ubet)ör tnie Säften, Sögen, $afd)en uftn. denn Abwechslung in der Aufmachung bedeutet erst den wahren Charme der modischen Persönlichkeit. Das Schlaf pyjama und das Hauspyjama sind zwei verschiedene Dinge. Ich bitte sehr, Verwechslungen zu vermeiden, da sie nur peinlich enden können. Denn der Schlafanzug ist . aus helleren zarteren Stoffen gefertigt, als sein derberer Bruder, der gern auf Reisen, im Hotel getragen wird, da er geschlossener und seriöser wirkt als ein weiches flatterndes (Morgen-) Gewand. — Die Form dieser beiden Kleidungsstücke ist die gleiche: lose ge­ gürteter Jumper über langen Hosen, die je nach Laune und Geschmack genau wie Herrenbeinkleider gerade herabfallen (6afe _Jauenłzien (mit Umschlag) oder in Türkenart am Knöchel graziös gebunden FcLuenlzienpfczIz 16* Fernsprecher: (Dhfe 6-6-85 sind, — oder im Stil der weißen Perücke an der Wade geknöpft sind und sich erst über den Knieen erweitern. (Diese letzte Art 57n6.: Franz fa6ndor/er wird fast nur für Hauspyjamas verwandt.) Neu renoviert! Das Material des Schlafanzuges ist vorzüglich hellfarbiger Chinakrepp und Batist. Der Aufputz: echte Spitzen, abstehender Täglich von ö Uhr abends ab Besatz und — vor allem das große Monogramm. Das Kapelle Grog er , Monogramm ist auch typisch für den Hausanzug, der aus dunkler Seide gefertigt ist und oft mit Pelz verbrämt. Eigene Konditorei Das Nachthemd und das Teagown sind häufig der gleiche Gegenstand. Wiener Wäschehäuser verkaufen seidene Großer Billardsaal Gewänder, die diese doppelte Eigenschaft besitzen. Doch wird 2, Matchbretter / ö Normalbretter davon in Praxis wohl kaum Gebrauch gemacht. Der Sinn des sämtlich neubezogen Doppeldinges ist: chacun ä son gout; für die eine ist es Nacht­ gewand, für die andere Teekleid. Diese Teekleider sind denkbar luxuriös einerseits und äußerst schlicht andererseits. Einfache plissierte Rohseidenkleider, die nur mit kleinem Kragen, aber desto größerem Monogramm Qcsasc^osc^oeQcsoccgoscscjscgosQc^cscsc^cscg versehen sind, — wechseln mit traumhaft verführerischen Krepp­ georgette- und Spitzengewändern ab. Das kurze Cape, die fließende, häufig seitliche Schleppe, der weite Umhang, ßücherwurm und Bücherbund betonen das Elegante und Unnötige dieser Gewänder, die wie jede offizielle Bekleidung größte Aufmerksamkeit für Wäsche, Strumpf Im Kampfe gegen Bücherschund! und — Pantöffelchen, ja sogar für den Schmuck des Haares fordern. Das Pantöffelchen ist launisch und eigenwillig wie es eben nur solch hochhackiges (hochnäsig kann ich nicht gut sagen!) Prospekte versendet kostenlos Ding sein kann. Es besteht genau, wie der Ballschuh, aus weichem Leder, aus Brokat, aus Seide, — es muß zu jedem Hauskleid besonders passen und einen neckischen Zierrat aufweisen: Blüm­ KONRAD APPELBAUM chen, aus Seide genäht, blitzende Schnallen, Federtuffs. — 1st der Bubikopf gerad nicht gut frisiert, so wird er, dem Charakter BRESLAU, Breitesirafte 23/24 des Kleides entsprechend, unter einem Häubchen für die frühen Fernruf Ohle 1769 Morgenstunden bis 12 Uhr Mittags! oder hinter einem breiten Band verborgen. — 1 Der Geschmack an japanischen Kimonos tritt hinter der Freunde an individuellen, modernen Hausgewändern erheblich zurück. Hier Europa! — Hier Pyjama oder Teagown! Ibala. * Schallplatten Auflösung des zweiten Kreuzworträtsels: Von oben nach unten: 1. Thalia, 15. Ehe, 16. Henares, Bergmann 17. Erde, 18. Turm, 19. Amerika, 20. Tantalus, 21. Edison, 22. Oelig, 23. Eden, 24. Anklam, 25. Aru, 26. Charlotte, 27. Lotte. BRESLAU 1, Karlsplatz 1,11. Von links nach rechts: 1. Theater, 2. Hermann, 3. Anden, 4. Aka, 5. Laertes, 6. Jade, 7. Ae, 8. Klio, 9. Stausee, Spezialgeschäft / Tauschzentrale 10. Soldat, 11. Horn, 12. Niere, 13. Eimer, 14. Gnu. Einziges Geschäft am Platze Druckfehlerberichtigung. In der Besprechung des 7. volks­ Neue Platten! Neueste Schlager! tümlichen Sinfonie-Konzerts (Heft Nr. 7 des 2. Jahrg. der Schles. Mk. 2.30 und 2.80 Theater- und Musikwoche) muß es heißen: „des ... Klavierkonzerts Tausch,- jede spielbare Platie in 1 andere bei Zuzahlung b - m o 11" und später „mit seinen sich mächtig aufbauenden von 20 Pf. an um. Steigerungen“. 16 Schlesische Theater- und Musik-Woche Nr 8

vor Beginn des Weltkrieges, leitete das Stadttheater in X, der große Charakterdarsteller Q. Q. war ein kunstverständiger Mann, als trefflicher Regisseur, aber auch als großer Knicker bekannt. An allen Ecken und Enden wurde gespart. Einigermaßen entbehrliche Requisiten wurden häufig nicht an­ geschafft, und mußten in einem Stücke einmal genießbare Sachen auf­ getragen werden, so konnten die Darsteller mit Sicherheit darauf rechnen, Attrappen, oder, wie der Fachausdruck lautet, „Kaschier­ tes“ vorgesetzt zu bekommen. Kein Faschingsscherz Da gab es Hamburger Kücken, Brüsseler Poularden, junge Enten, Gänse oder Fische aus täuschend nachgeahmter, bemalter Pappe. Vor. kurzem fand im „Hotel Vier Jahreszeiten“ ein Kostümfest Napfkuchen oder Sandtorten waren tatsächlich aus hübsch ge­ der Solomitglieder der Vereinigten Theater statt, für dessen formtem Sand, und — o Schmerz, für den armen, rauchenden Tombola die Intendanz der genannten Bühnen dankenswerterweise Mimen — die Bühnenzigarren des knickerigen Theaterleiters be­ auch eine Reihe von Freikarten zum Repertoirstück des Lobe­ standen aus zigarrenähnlich ' zubereitetem Holz, das von dem theaters, „Die tote Tante“, gestiftet hatte. Wenn nun auch mit Theatermaler fein säuberlich hell- oder dunkelbraun angestrichen einiger Sicherheit anzunehmen war, daß das Kostümfest nicht war. ausschließlich vpn Erwerbslosenunterstützungsempfängern und ab­ Das hätte nun einen nichtrauchenden Jünger Thailens völlig gebauten Seehandlunggs- u. Stadtbankdirektoreh besucht sein würde, gleichgültig gelassen, nicht aber einen bekannten Künstler, der ein so ist doch der Versuch, auch einmal Angehörige der oberen Zehn­ starker, verwöhnter Raucher war und in X. auf Einladung unseres tausend (inzwischen können es elftausend geworden sein) zum Besuche unserer Schauspielbühne anzuregen, unbedingt zu loben. Direktors ein Gastspiel gab. Aber über Breslau steht ein ungünstiger Stern. Man hat ihn zwar Es wurde ein kassenfüllendes Lustspiel aufgeführt, und der Herr mit bloßem Auge noch nicht wahrnehmen können, aber er ist Direktor spielte mit. Im letzten Akte hatte er seinem Gast eine da —------Denn wem warf Fortuna, die sich weiß Gott ihre Leute Zigarre anzubieten und dabei folgende Worte zu sprechen: hätte besser aussuchen können, zwei Freikarten, die einem schuld­ „Belieben Sie, mein verehrter Freund, sich eine meiner Brasil­ los in Not geratenen Börsenmakler die längst ersehnte Möglich­ zigarren anzuzünden?“ keit zum Theaterbesuch verschafft hätten, in den Schoß ? ? ! Der gastierende Komiker dankt, greift in die Zigarrentasche des Nä raten Sie: — — — Carola N eher, die die Gelegenheit infolge Direktors und zieht ein festes, dunkelbraun gefärbtes Etwas hervor, technischer Schwierigkeiten leider nicht wahrnehmen konnte, sich das sich alsbald als eine Holzzigarre entpuppt. selbst vom Zuschauerraum aus auf der Bühne spielen zu sehen. Der Komiker läßt die „Zigarre“ absichtlich seinen Händen ent­ Ouod di bene vertant! gleiten: mit lautem Geklapper, allen Zuschauern vernehmlich, rollt das „edle Kraut“ über die Bühne und bleibt vor dem Souffleurkasten liegen. Ein seltener Fund. Der Direktor ist verblüfft und ringt nach Worten, als sein Part­ Einer unserer Mitarbeiter erstand kürzlich in einer Altbücherei ner, übrigens ein Berliner Junge, der den Schnabel sozusagen auf ein Werk aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts. Zu Hause an­ dem rechten Fleck sitzen hat, hohnlächelnd fragt: gekommen, war er nicht wenig überrascht, zwischen den Blättern „Sagen Sie mal, Verehrtester, wat kost' Ihnen denn der Klafter des Buches Goethes Todesanzeige, die sonst nur noch in von dieser jroßartigen Marke?“ wenigen Stücken vorhanden ist, vorzufinden. Der Text der gut er­ Das Publikum tobte vor Vergnügen, und ein Lachsturm löste den haltenen Anzeige lautet: anderen ab. — „Gestern Vormittags halb zwölf Uhr starb mein geliebter Es sei noch berichtet, daß der blamierte Theaterdirektor nie Schwiegervater, der wieder kaschierte Zigarren auf die Bühne brachte, dafür aber eine Oroßherz o g 1. Sächsische wirkliche Sorte hielt, die zarte Naschen auf das empfindlichste beleidigte, und Geheime-Rath und Staat s m in i s t e r von den Mimen obendrein mit dem Ausdruck „Stinkadores“ belegt Johann Wolfgang von Goethe wurde. nach kurzem Kranksein, am Stickfluß, in Folge eines nervös gewor­ denen Katharrhalfiebers. — Geisteskräftig und liebevoll bis zum letz­ Verantwortlich für den musikalischen Teil: Dr. Georg J e n s c h; für den ten Hauche, schied er von uns im drei und achtzigsten Lebensjahre. literarischen Teil und den gesamten übrigen Inhalt: Herbert Urban , 23. März 1832. Verlag: „Schlesische Theater- und Musik-Woche*1. Ottilie von Goethe, geh. von Pogwisch zugleich im Namen meiner drei Kinder: Druck: Graß, Barth & Comp. W. Friedrich; sämtlich in Breslau. Walther, Wolf und Alma vonGoeth e.“ h. r. (bz.)

Schauspielergagen in alter Zeit. Wie gering die Schauspielereinnahmen während früherer Jahr­ hunderte waren, offenbart uns eine alte, handschriftliche Chronik, die Verfasser dieser Zeilen vorliegt. Aus den verblaßten Aufzeichnungen geht hervor, daß der Schau­ spieler Schönemann, der ums Jahr 1750 im benachbarten Lüneburg die einst in ganz Deutschland bekannte Neubersche Wandertruppe übernahm, wöchentlich Gesamtgagen in Höhe von 16 Talern und 8 Groschen bezahlte. Die ersten Kräfte der Gesellschaft erhielten davon je 2 Taler; während die geringsten Wochengagen 1 Taler und 8 Groschen be­ trugen. Die „Musika vor einen Tag“ stellte sich auf 1 Taler und 8 Groschen. — Bühnenarbeiter und die bei keiner Truppe fehlenden Zettelträger erhielten je einen Tagelohn von 6 Groschen. Die Hausmiete in dem niedersächsischen Städtchen Lüneburg be­ trug wöchentlich 2 Reichstaler: während die „Beleuchtung mit Talg- Lichtern“ die Hälfte dieser Summe erforderte. Hans Runge, Braunschweig.

Die „Brasil“. Humoreske von Hans Runge (Braunschweig.) (Nachd. verb.) Zu der Zeit, als man eine gute, rauchbare Bremer oder Ham­ burger Zigarre für einen Reichsgroschen erhalten konnte, also lange I STADT *TM E ATE R I Sonnabend, den 21. Februar, abends 7'/2 U h r : Cavalleria rusticana. Hierauf: Der Bajazzo Sonntag, den 22. Februar nachmittags 31/* Uh r: Heitere Singspiele • Die drei Wünsche • Seine Schwester Brüderlein fein Abends 7'/j Uhr: Neu einstudiert: Die Fledermaus Montag, den 23. Februar, abends 7 Uhr: Der Rosenkavalier Dienstag, den 24. Februar, abends 7% Uhr: Die Fledermaus Mittwoch, den 25. Februar, abends 6 Uhr: Tristan und Isolde Donnerstag, den 26. Februar,abends 71/a Uhr: Oastsp. Maria Olszewska v. d. Staatsop. in Wien: Carmen Freitag, den 27. Februar, abends 71/s Uhr: Der Wildschütz ß Sonnabend, d.e n 28. Fe br uar, abends 7 Uhr: i Gastsmei"Marfa*Olszewska v. d. Staatsoper in Wien: Aida /> ------...” ' ------? 4

1 SCHAUSPIELHAUS S Opereftenbüfyne / 5 e r n f p r e d) e r CR in g 25 45 ettttttttttttttttcttteectttttttcttttttttetttttttttttttttttttttetettcttttttte ©onnabenb, ben 21. Sebruar, abenbo 6 #r itfeucinftubiert. 3um i. 3Me: Die lustige Witwe & fi (Sonntag, ben 22. gebruar, nad)mittagei 3% #r= Das Dreimäderlhaus (Sonntag, ben 22., ©ienotag, ben 24., £>onnerestag,ben26. $ unb (Sonnabenb, ben 28. $ebruar, abenbee 8 Die lustige Witwe Dtonfag, ben 23., lOWftood), ben 25. I unb greitag, ben 27. Februar, abenbes 8 Sifyn & Gräfin Mariza

THALIA-THEATER Direktion: Paul Barnay und Ludwig Sfössel / Fernruf Ring 6700 | BREHAU 1 Sonnabend, den 21. Februar, abends 8 Uhr, Erstaufführung: Fernfpr. R.1o48 „Die goldene Ritterzeii"

Sonntag, den 22. Februar und Sonntag, den'l. März nachmittags 31/2 Uhr: „Die Lokalbahn" und „Die Medaille" 1 Alfred Kleinert f Sonntag, den 22. bis Freitag, den 27. Februar, abends 8 Uhr: ß Holz»Blas =Instrumentenmacher a „Die goldene Ritterzeit" 4> BRESLAU I * Neumarkl 231- | Sonnabend, den 28. Februar und Sonntag, den 1. März empfiehlt seine anerkannt vorzüglichen 3 abends 8 Uhr: Gastspiel Julius Falkenstein | Flöten, Oboen & „Der Schlafwagenkontrolleur" Klarinellen etc. I verschiedener Systeme in nur bester Ausführung lU- -<üj umm Byßgj ? $55555555$ % «25C 2^2» 5^ ^3. */£• 5ä 5ä5«5«

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Druck: Graß, Barth & Comp. W. Friedrich, Breslau