Röderberg-Verlag Gmbh, Frankfurt/Main

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Röderberg-Verlag Gmbh, Frankfurt/Main Röderberg-Verlag GmbH, Frankfurt/Main BIBLIOTHEK DES WIDERSTANDES Copyright by Röderberg-Verlag GmbH Frankfurt am Main 1974. Nachdruck der Gedichte von Bertolt Brecht mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlages Frankfurt. Gesamtherstellung: Fuldaer Verlagsanstalt GmbH. Eingescannt mit OCR-Software ABBYY Fine Reader Inhalt PROF. DR. RENATE RIEMECK • Vorwort .............................................. 7 GERDA ZORN • Einleitung ........................................................................ 9 GERDA ZORN • Aus dem Leben der Charlotte Gross .............................. 11 INGEBORG KÜSTER • Verlobung in Oranienburg .................................. 25 RUTH GLEISSBERG • Abschied und Heimkehr ...................................... 28 LUCIE SUHLING • Aufmachen – Polizei! ................................................ 32 LINA KNAPPE • Meuterei im Jugendgefängnis........................................ 41 LINA KNAPPE • «Es war alles ganz einfach» .......................................... 45 ELLY JLLMER-REUTER • Seite an Seite ................................................ 51 GERTRUD MEYER • Die Mutter des Deserteurs ..................................... 59 GERTRUD MEYER • Begegnung mit der Schauspielerin Hanne Mertens .................................... 71 EDMUND VON DER MEDEN • Meine Erinnerung an Hanne .... 91 GERTRUD MEYER • «Gerichtliches Nachspiel» ..................................... 94 GERTRUD MEYER • Mit «Kristin Lavranstochter» in der Zelle ... 98 AENNE BOHNE-LUCKO • ... entkommen ..............................................103 GERTRUD MEYER • Schweigen .............................................................110 GERTRUD MEYER • France Bloch-Sérazin ...........................................114 ERIKA L. • Ich gebe zu Protokoll .............................................................129 GENEVIÈVE HELMERS • Odyssee einer Deportierten ..........................132 ILSE LÖFFLEROWA • Flämmchen .........................................................138 LIZA NEUMANOVA • Vor der Gaskammer «gerettet» ..........................142 MAX OPPENHEIMER • Nachwort ..........................................................150 Bildteil 153 7 Vorwort Dieses Buch füllt eine Lücke in der Literatur über den Widerstand gegen die NS-Herrschaft: Es sind Frauen, die hierzu Worte kommen. Der Kampf, den die zur Illegalität verdammten Repräsentanten der deut- schen Arbeiterschaft gegen die faschistische Diktatur geführt haben, ist zwar noch längst nicht hinreichend dokumentiert. Doch es liegen bereits wichtige Veröffentlichungen vor und weitere sind in Vorbereitung. Das ist um so wichtiger, als wir in der Bundesrepublik Deutschland lange Zeit aus- schliesslich über die Opposition kirchlicher Kreise und über die Verschwö- rungen enttäuschter Offiziere, bürgerlicher Politiker und Diplomaten infor- miert worden waren. Was bisher jedoch gänzlich fehlte, war eine Sammlung von Berichten, aus denen beispielhaft hervorgehen kann, in welchem Masse die Frauen an der Widerstandsbewegung beteiligt waren, wie sehr sie sich im antifaschisti- schen Kampf bewährten, was sie taten und erduldeten, um ihrer Überzeu- gung treu zu bleiben. Erstmals wurde hier nun der Versuch gemacht, die Erinnerungen von heute noch Lebenden und einiges aus dem Nachlass der Opfer des Faschismus zu- sammenzutragen. Man möchte hoffen, dass weitere Bände dieser Art bald- möglichst folgen. Es sind Lebensbilder schlichter, unglaublich einsatz- und opferbereiter Frauen, die sich in diesem Buch manifestieren. Keines ist zum Zwecke der Selbstdarstellung geschrieben. Jedes will nur Zeugnis sein. Aber indem diese Frauen bezeugen, was sie erlebt und erlitten haben, lassen sie uns erken- nen, wie sie in den Zeiten schlimmster Verfolgungen das Risiko der illega- len Arbeit auf sich nahmen, die Angst überwanden, jeden Gedanken an ihr persönliches Wohlergehen verjagten und alles taten, um dem NS-Regime widerstehen und ihren Kameraden helfen zu können. Die Schilderungen von Verhaftungen, Verhören, Brutalitäten sind nicht nur eine erschütternde Anklage gegen das System des Faschismus; sie sind zu- gleich Beweise einer unvorstellbaren Kraft des Beharrens und menschlichen Durchhaltevermögens im Glauben an humane Werte. Erzählte Episoden aus Haft und Deportation lassen Einzelschicksale her- vortreten; aber diese Einzelschicksale sind charakteristisch für das Ganze der Widerstandsbewegung: Welch überragende Grösse der Verfolgten und welch aufopferungsvolle Verbundenheit und Liebeskraft der mit ihnen Lei- denden leuchtet darin auf! Die Briefe, Dokumente und Gedichte, die in den 8 Band aufgenommen wurden, erhalten auf diesem Hintergrund ihr beson- deres Gewicht. Erschütternd sind die zu Protokoll gegebenen Berichte aus den letzten schlimmsten Wochen der NS-Diktatur: Fakten, Zahlen, Daten – ohne Kommentar. Weil es da gar nichts mehr zu sagen gibt. Weil Erzählungen nicht mehr möglich waren. Weil man nur noch schweigen kann. Und doch müssen wir heute Bertolt Brechts Aussage wiederholen: «Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.» Wir müssen es sprechen. Wir, die wir Erben dieser Vergangenheit sind. Das Wissen um ihre gesellschaftliche Verantwortlichkeit und die Solidarität mit den Gleichgesinnten gab den Frauen, die wir hier kennenlernen dürfen, die Fähigkeit, auch unter furchtbarsten Umständen – in Gefängnissen, Zuchthäusern, Arbeitslagern, KZ und auf den Wegen der «Evakuierung» – das Letzte an Lebenswillen aufzubringen. In der Hoffnung auf die Zukunft erwuchs ihnen die Kraft. Sie haben eine leuchtende Spur hinterlassen. Sie sind uns Vorbild. RENATE RIEMECK 9 Einleitung Opposition und Widerstandskampf deutscher Frauen und Mädchen gegen das Hitlerregime ist hierzulande noch immer viel zu wenig bekannt. Wer wusste damals – wer weiss heute –, was es gerade für Mütter und Frauen in den Jahren 1933 bis 1945 bedeutete, ihren Idealen von Menschlichkeit und Demokratie unbeirrt treu zu bleiben. Bundespräsident Heinemann forderte, * «in der Geschichte unseres Volkes nach jenen Kräften zu spüren und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu las- sen, die dafür gelebt und gekämpft haben, damit das deutsche Volk mündig und moralisch verantwortlich sein Leben und seine Ordnung selbst gestal- ten kann». Wir spürten einige Frauen auf, die, inzwischen älter geworden, bereit waren, ihre Erlebnisse und Erfahrungen aus dem illegalen Kampf niederzuschreiben. Andere erzählten uns Einzelheiten von damals. Es sind unterschiedliche Erlebnisse, alle aber zeigen, dass es in den zwölf langen Jahren faschistischer Diktatur auch in Deutschland Frauen gab, die ihr eigenes Leben für den Frieden und eine bessere Welt einsetzten, obwohl sie wussten, dass sie damit ihr Leben riskierten. Wer waren diese Frauen? Was bewog sie zu ihrem Tun? Woher nahmen sie den Mut und die Standhaftigkeit, sich nicht zu beugen, wo andere, längst von Angst gelähmt, resignierten, das Unrecht duldeten oder sich gar zum willigen Werkzeug des Faschismus herabwürdigen liessen? Woher nahmen sie die Kraft, die unbeschreiblichen Leiden zu überstehen, nicht aufzuge- ben, auch wenn ihre Lage hoffnungslos schien? Der grösste Teil dieser Frauen kam aus der Arbeiterbewegung. Viele von ihnen hatten bereits vor 1933 aktiv in ihren Parteien und in der Öffentlich- keit gewirkt. Jüngere waren in der Arbeiterjugendbewegung und im Arbei- tersport organisiert. Sie hatten gelernt, dass Gleichberechtigung vor allem im gemeinsamen Kampf errungen wird. Gemeinsam lernten sie politische Zusammenhänge zu begreifen und anderen zu vermitteln. Gemeinsam führ- ten sie auch den illegalen Kampf – oft bis in den Tod. Auch in bürgerlichen und liberalen Kreisen und Parteien gab es Frauen, die erkannten: der Feind steht rechts. Frauen der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit mahnten: «Hitler bedeutet Krieg! Schützt Eure Kinder, lasst Euch nicht von Phrasen bluffen, hinter diesen Phrasen steht die brutale Gewaltpolitik, die Ihr alle am eigenen Leib zu spüren bekommt. Gebt keine Stimme für Hitler, der der Handlanger Eurer Ausbeuter, Euer Bundespräsident Gustav Heinemann in einer Rede am 13. 2.1970 in Bremen. 10 Feind ist. Schliesst Euch zusammen, organisiert Euch für Frieden und Frei- heit.» * Als Warnungen, Mahnungen, Demonstrationen gegen das heraufziehende Unheil legal nicht mehr möglich waren, gingen viele den schweren Weg des illegalen Kampfes oder der Emigration. Nach ersten Verhaftungen hoffte ein grosser Teil noch, der «braune Spuk» sei bald vorüber. Aber der Kampf wurde härter, je länger er dauerte. Welche Bedeutung die Haltung dieser Frauen, Mütter und Mädchen für die Geschichte unseres Volkes hat, kann im Rahmen der hier vorgelegten Er- lebnisberichte nur unvollkommen angedeutet werden. Viele Frauen sassen bereits zum zweiten- oder drittenmal in den Gefängnissen und Zuchthäu- sern, als nach Kriegsausbruch unzählige Mädchen und Frauen aus den von Hitler besetzten Ländern Europas dazu kamen. Widerstandskämpferinnen und «Fremdarbeiterinnen», die nun das Schicksal deutscher Antifaschistin- nen innerhalb und ausserhalb der Gefängnismauem teilten. Sie wussten, dass ihr Kampf in Übereinstimmung mit dem Willen ihrer Völker stand. Der Kampf der deutschen Antifaschisten dagegen fand bei der Mehrheit unse- res Volkes nur geringen Widerhall. Alle geistigen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Begebenheiten sind nicht zuletzt auch auf Traditionen gegründet, erklärte Bundespräsident Heinemann. Sogar das, was man Umbrüche, Revolutionen und Reformen nenne, beruhe nicht selten darauf, dass Erkenntnisse und Forderungen frü- herer Tage neu aufgegriffen
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