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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Entomologische Nachrichten und Berichte

Jahr/Year: 1997/1998

Band/Volume: 41

Autor(en)/Author(s): Tabbert Heinz

Artikel/Article: Bemerkenswerte Noctuidae aus der Stralsunder Umgebung (Lep.). 7-17 © Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte, 41,1997/1 7

H. Tabbert ,

Bemerkenswerte Noctuidae aus der Stralsunder Umgebung (Lep.)*

Summary Remarkable Noctuidae from the area of Stralsund (Lep.) - Faunistically important records signifi­ cantly expanding knowledge of distribution of Noctuidae in the east of are presented.

Zusammenfassung Der Autor informiert über faunistisch wichtige Noctuidae-Funde in der Umgebung von Stralsund (), durch die eine wesentliche Erweiterung der bisherigen Kenntnisse von der Verbrei­ tung der Noctuidae im Osten Deutschlands erfolgt.

In diesem Beitrag sollen für das Stralsunder Gebiet Um einige Noctuidenfunde besser beurteilen zu kön­ neue und faunistisch interessante Noctuidae mitgeteilt nen, schien es hinsichtlich ihrer Verbreitung, ihres Er­ werden, die bei H einicke & N aumann (1980-1982) scheinens im Gebiet einer eventuell beginnenden nicht verzeichnet sind und aus zoogeographischer oder Arealausbreitung notwendig, vergleichende Betrach­ ökologischer Sicht publiziert werden sollten. Mit tungen mit dem Vorkommen einiger Arten in den be- „Stralsunder Gebiet“ ist der Teil Nordvorpommerns in­ sammelten Nachbargebieten anzustellen. nerhalb der Linie ---Halbinsel Zudar/Rügen sowie der südwestliche Küstenabschnitt Mein herzlicher Dank gilt Herrn W. H einicke (Gera) der Insel Rügen im Bereich des Strelasundes und der für die Nachprüfung oder Bestätigung einiger fraglicher Ostseeküste am Darß festgelegt. Noctuidae, Herrn E. H aubrich (Stralsund) für die Mit­ teilung seiner Lichtfangergebnisse bei Andershof/Stral­ Während bei den Tagfaltern auf Spormann (1907/09) sund und Altefähr/Rügen, Herrn J.K oschey (Rostock- und seinen Nachtrag bis 1925, der in der „Pommern­ Dierkow) für die Sichtung seiner Sammlung, Frau P. fauna“ (U rbahn & U rbahn 1939) dokumentiert wurde, Pisch sowie den Mitarbeitern der ehemaligen Kreis­ eine etwa dreißigjährige Beobachtungslücke folgte, pflanzenschutzstelle Stralsund für die seit 1985 zur ruhte die Sammeltätigkeit im genannten Gebiet bei den Auswertung aufbereitete Lichtfallenausbeute der Obst­ Noctuidae, Geometridae und bei den Spinnerartigen ab­ plantage Lüssow, Herrn Schulz von der ehemaligen gesehen von einigen gelegentlichen Funden und der Kreispflanzenschutzstelle Grimmen für die Bereitstel­ Forschungstätigkeit des Ehepaares U rbahn auf der In­ lung der Lichtfallenfänge der Gartensparte der Tribseer sel sogar 50 bis 60 Jahre lang ! Vorstadt Grimmens, den Herren Dr. G. Klafs und Dr. L. Jeschke (, ehem. ILN) für die Erteilung Von 1969 bis 1980 beschränkten sich die Sammelme­ einer Sondergenehmigung zur entomologischen Tä­ thoden bei den „Nachtfaltern“ auf das Absammeln von tigkeit in den Naturschutzgebieten „Mannhagener Hausbeleuchtungen in der Stralsunder Frankenvorstadt Moor“, „Krummenhagener See“ und dem „Grenztal­ und auf einige Köderfänge im Stadtgebiet. 1980 begann moor“ sow ie den Herren H.H oppe (Klein Pravtshagen), erneut die systematische Erfassung des Arteninventars A. Kallies (Schwerin) und A. G ördes (Neubranden­ an „Nachtfaltern“ mit allen bekannten effektiven Beob- burg). achtungs- und Sammelmethoden. Ab 1986 erfolgte Lichtfang mittels Stromaggregat in unerschlossenen Um die im Text angeführten Fundorte aus dem Gebieten. Seit 1985 standen die Lichtfallenfänge der Stralsunder Gebiet besser lokalisieren zu können, wur­ Obstplantage Lüssows am südlichen Stadtrand Stral­ den diese für die Meßtischblattkartierung aufgeschlüs­ sunds und seit 1987 die der Gartensparte der Tribseer Vorstadt Grimmens zur Auswertung zur Verfügung. selt:

MTB 1445 Haide/ MTB 1642 Bartelshagen, Barth MTB 1643 Lassenthin, Kummerow * Herrn OStR Dipl.-Päd. W o l f g a n g H e i n i c k e zum 65. MTB 1644 Drigge, Dähnholm, Altefähr, Stralsund, Geburtstag gewidmet. Klausdorf 8 Entomologische Nachrichten© Entomologische und Berichte, Nachrichten 41,1997/1 und Berichte; download unter www.biologiezentrum.at

MTB 1743 Endingen, Pennin, Jacobsdorf Schwemmsanden Haken oder Nehrungen gebildet ha­ MTB 1744 Devin, Negast, Lüssow, Andershof, NSG ben oder durch Flugsande langjährig stabile Strände „Krummenhagener See“, entstanden sind und wo gleichzeitig die halophilen (NSG „Försterhofer Heide“) Pflanzen wuchsen, konnten die Raupen vonripae ge­ MTB 1745 Brandshagen funden werden, meist sehr häufig. Fundorte sind MTB 1746 Zudar Drigge, Zudar, Devin, Grahlefähr, Altefähr und der MTB 1842 NSG „Grenztalmoor“ Dähnholm. Raupen, die an sonnigen Tagen von Anfang MTB 1844 Grimmen bis Mitte Oktober gefunden wurden, konnten nahezu MTB 1845 NSG „Mannhagener Moor“ hundertprozentig durch die Zucht gebracht werden. Am Licht erschienen die Falter seit 1987 vom 12.06. bis Systematik und Nomenklatur der nachfolgend aufge­ 27.07. vereinzelt in der Kieskuhle bei Drigge, häufiger führten Noctuidae richten sich nachH einicke & N au ­ an den Stränden bei Drigge sowie jahrweise sehr häufig m ann (1980 1982). Die Flugzeiten und Generationsfol­ am Strand von Zudar. gen der nachfolgend besprochenen Noctuidae sind an­ hand eigener Beobachtungsergebnisse, wenn nicht aus­ 33. Noctua interjecta Hb . drücklich anders vermerkt, ermittelt worden. Im Verlaufe der vom Westen ausgegangenen, nach Osten und Nordosten erfolgten Arealausbreitung, er­ 7. Euxoa cursoria Hufn . reichte interjecta 1984 den Greifswalder Raum (Wach- Cursoria bevorzugt Sandböden und ist im Küstenbe­ lin & Weidlich 1984). Obwohl im Stralsunder Gebiet reich der Ostsee und seiner anschließenden Boddenufer an vielen Stellen Lichtfang betrieben wurde und seit verbreitet, doch wurden die Falter bisher ziemlich sel­ 1985 täglich die Auswertung der Funde aus der Licht­ ten beobachtet. In der alten Kieskuhle bei Drigge er­ falle Lüssow erfolgte, konnten die ersten Falter erst schienen am 11.08.1986 je ein Männchen und ein 1987 nachgewiesen werden. Haubrich fand am Weibchen am Licht. 16.08.1987 einen Falter am Licht bei Andershof, ein weiterer konnte am 18.08.1987 im Grenztalmoor geke- 15. Agrotis ripae Hb . schert werden (Tabbert). Die Lichtfalle in Grimmen Früher wurde diese halobionte Art als typischer Besied- enthielt zahlreiche Falter, die vom 31.07.-27.08.1987 ler der Strände der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpom- angeflogen waren. Seit 1988 erschieninterjecta dann in mems angesehen, deren Raupen vorrangig im Über­ der Lichtfalle Lüssow und im gesamten Gebiet von gangsbereich zwischen Sandstrand und Düne an ha- Stralsund vom 07.07.-31.08. bei Zarrendorf, Wendorf, lophilen Pflanzen, wie Salzmiere (Hockenya peploi- Stadtgebiet, Endingen, Klausdorf, Drigge, Negast und des), Kalisalzkraut (Salsola kali) oder Strandmelde Kummerow. überall war sie die häufigste Noe tua- Art. (Atriplex hastata) gebunden sind. Mit der sommerli­ Die zwei bis drei Jahre verspätete Besiedlung des Stral­ chen Badesaison und der fast flächendeckenden Bele­ sunder Gebietes ließe sich folgendermaßen erklären: gung weitläufiger Strandabschnitte durch Urlauber ge­ Die großen und weitverzweigten Flußtäler von Reck­ wann man den Eindruck, daß der Lebensraum von ri­ nitz und Trebel, die die geologische Landschaftseinheit pae und anderer Strandarten (z.B. elymi T r .) „gefähr­ „Nordöstliche Lemplatte“ westlich und südlich mit Tal­ det“ oder „stark gefährdet“ wäre, was für einige Strand­ hängen begrenzen, könnte die Arealausbreitung erst in abschnitte durchaus zutreffend war und noch ist. Inzwi­ östliche Richtung gelenkt haben und nachfolgend nach schen hat sich die Belastung durch Urlauber verringert. Norden, da die „Lemplatte“ klimatische Besonderhei­ Daneben werden bekannte Lebensräume der Strandfal­ ten aufweist, wie: ter natürlich weiterhin immer wieder durch Sturmhoch­ - späterer Einzug des Vollfrühlings gemessen am mitt­ wasser oder Sandverwehungen gefährdet. Dennoch gab leren Beginn der Fliederblüte, und gibt es viele Ausweichmöglichkeiten zum Überle­ - höhere mittlere jährliche Niederschläge, ben der Strandarten an ausgedehnten und ziemlich un­ - erhöhte Neigung zur Nebelbildung, gefährdeten Stränden sowohl an der Ostseeküste als - Klimaeinfluß auf den Wärmehaushalt der „Lem­ auch im Bereich des Greifswalder und des platte“ von Nordosten und Nordwesten, Strelasundes. Mit der lepidopterologischen Bearbei­ - die Großfelderwirtschaft verstärkt die o.g. Faktoren. tung des Stralsunder Gebietes wurden viele neue und bisher unbekannte Vorkommen von „klassischen Diese klimatischen Besonderheiten könnten im Ver­ Strandtieren“, wie ripae oder elymi, in den genannten laufe der Arealausbreitung ein vorerst unüberwind­ Gebieten nachgewiesen. Überall dort, wo sich kleinere, bares Hinderdernis gewesen sein und die Besiedlung höher gelegene Strände dem Spülsaum der Bod- entlang der südlichen Talränder begünstigt haben den- oder Sundgewässer anschlossen, wo sich aus (A bb.l). © Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte, 41, 1997/1 9

Abb. 2: Eugraphe subrosea Steph., cf. NSG „Grenztalmoor“, 18.08.1987, leg. H. T a bb ert .

1987 wurden die Falter in ihrem unmittelbaren Lebens­ Abb. 1: Arealausbreitung von N. interjecta Hb. und wahrscheinliche raum, auf den von Moorgehölzen beräumten und zur Besiedlung des Stralsunder Gebietes. Moorregeneration vorbereiteten Flächen (Sphagnetum Hervorgehobene Quadranten: Stralsunder Gebiet, punktierte Linien: magellanici), vor allem an den mit Torfmoosen bedeck­ Flußtalsysteme ten alten Entwässerungsgräben, deren Ränder üppige Wollgrasbulte säumen und an deren höheren und trock- neren Stellen vitale Rauschbeerbestände (Vaccinium 35. Spaelotis ravida D. & S. uliginosum) gedeihen, im Taschenlampenlicht geleuch­ In der Literatur ist diese Art für Stralsund bisher nicht tet. Raupen wurden an Rauschbeere, Moorbirkenbü­ verzeichnet gewesen. Ravida ist heute weit verbreitet schen und an Wollgras in der Dämmerung gefunden. und wurde vom 25.07.-06.10. zwischen 1976 und 1982 Bei den Lichtfängen zeigte sich, daß subrosea vorran­ in der Frankenvorstadt an Hausbeleuchtungen häufig gig in der Form rubrifera W a r n e c k e , gekennzeichnet gefunden. Nach 1982 erschienen die Falter meistens durch die ziemlich bunt wirkenden, braunroten Vorder­ vereinzelt am Licht bei Negast, Drigge, Lüssow und flügel, vorkommt. Obwohl die Art stark variiert, kön­ Grimmen. nen die Falter in zwei weitere Grundformen eingeteilt werden: 36. Opigena polygona D. & S. Erst 1987 konnte polygona in der Stralsunder Umge­ 1. Vorderflügel: helles rotbraun als Grundfarbe; Wel­ bung nachgewiesen werden. Ähnlich wie bei interjecta lenlinien, Feld zwischen Ringund Nierenmakel so­ läßt sich eine von Südosten bis Osten ausgehende Be­ wie Fransen dunkles rotbraun; Adern, Ring- und siedlung nachvollziehen. Während polygona in der Nierenmakel helles grau, ebenso Feld zwischen Lichtfalle bei Grimmen häufig war, erschienen die Fal­ Costale und Subcostale. Hinterflügel: Grundfarbe gelbliches grau, Fransen ter bei Andershof am Licht (H a u b r ic h ) und in der Lichtfalle Lüssow in Einzelexemplaren. Im folgenden rotbraun. Jahr nahm polygona dann an Häufigkeit zu und wurde vom 23.07.-22.09. im Stadtgebiet, Drigge, Zarrendorf Vom Gesamteindruck sieht der Falter (Abb.2) eher zie­ und im Grenztalmoor gefunden. gelrot aus und kommt wohl der E. s. subrosea S t e p h . sehr nahe. Diese Form ist hier sehr selten.

3 9 . Eugraphe subrosea S t e p h . Bis 1973 war subrosea für Mecklenburg-Vorpommern 2. Vorderflügel: Grundfarbe blaugrau; Feld zwischen Ring- und Nierenmakel und Wellenlinien schwarz­ nur noch aus dem NSG „Thurbruch“ bekannt (U r b a h n grau. Hinterflügel: gelbliches grau, Fransen ebenso. & U r b a h n 1974). 1984 wurde mit Raupenfunden (T a b b e r t ) ein neuer Fundort dieser sehr lokalen, insel- artig verbreiteten, tyrphostenen Art entdeckt: das NSG „Grenztalmoor“. 10 Entomologische Nachrichten© Entomologischeund Berichte, Nachrichten 41,1997/1 und Berichte; download unter www.biologiezentrum.at

23 30 3-1 3 2 3 3 Jif 35 3 6 31 3 6 3 9 HO ^ i/2 i/3 W ii5 i/6 i/? HQ H9 50 51 52.

M ecklenburg- Vorpommern

Abb. 3: Verbreitung von Eugmphe subrosea S te p h ., Neufassung 91. Mamestra splendens Hb. der Karte 251 von Heinicke & Naumann (1980-1982). Splendens war früher und ist heute immer noch sehr sel­ Strichpunktlinie: bisher angenommene relative Areal-Südgrenze, gestrichelte Linie: Grenze der Regenmoorverbreitung, punktierte ten bei Stralsund. Bisher wurde nur einmal ein Männ­ Linie: heutige inselartige Verbreitungsgebiete. chen am 22.08.1983 in Haide auf Ummanz/Rügen beim Lichtfang nachgewiesen. Diese Art ist neu für Rügen.

99. Hadena perplexa D. & S. Perplexa ist die seltenste der bei Stralsund vorkommen­ Diese Form kommt wohl der östlich verbreitetenE. s. den „Lichtnelkeneulen“ Schon S p o r m a n n schrieb: subcaerulea S t a u d in g e r nahe. Auch diese Form ist „Sehr selten. Seit 1830, wo Dr. T e t s c h k e zwei Falter hier sehr selten. Zum Ende der Flugzeit sind die groben aus Puppen zog, nicht wieder beobachtet.“ 1915 und und bunten Schuppen der Vorderflügel ziemlich „abge­ 1917 konnte S p o r m a n n insgesamt 3 Falter bei Miltzow flogen“, so daß die Farbe in Grautönen erscheint und nachweisen (U r b a h n & U r b a h n 1939). Der erste aktu­ zur Verwechslung mit subcaerulea führen kann. elle Nachweis dieser Art (bestätigt: W. H e in ic k e ) Mit dem neuen Vorkommen vonsubrosea im „Grenz­ stammt aus der Lichtfalle Lüssow vom Juni 1986. talmoor“ kann die in H e in ic k e & N a u m a n n (1980- 1982) in Karte 251 dargestellte relative Areal-Süd- 136. Senta flammea Cu r t is grenze im Stralsunder Gebiet um ca. 35 km ins „Kü­ Die bei H e in ic k e & N a u m a n n (1980-1982) in Karte 67 stenhinterland“ verschoben werden (Abb. 3). Die neuen dargestellten Funde für Mecklenburg-Vorpommern und alten Funde aus Mecklenburg-Vorpommern liegen könnten den Eindruck erwecken, daß flam m ea in die­ inselartig im Bereich der klimaabhängigen Regenmoor­ sem Gebiet sehr selten ist. Ursache dafür war die teil­ verbreitung (Regenmoor = ausschließlich von Nieder­ weise jahrzehntelange Beobachtungslücke, da es an schlägen ernährtes Hochmoor = Sauer-Armmoor), Lepidopterologen mangelte. Heute istflam m ea überall (Je s c h k e 1986). da, wo größere Schilfbestände sind, verbreitet. © Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte,41,1997/1 11

Im Stralsunder Gebiet wurde die Art seit 1980 vom Falter oder für Wanderfalter hat sich mit den vergrößer­ 25.05.-25.06. bei Negast, Pennin, Drigge und im Stadt­ ten Verbascum-Beständen die Möglichkeit verbessert, gebiet am Licht gefangen. Am 26.04.1990 erschien ein geeignete Lebensräume zu finden. Falter im „Grenztalmoor“ am Licht.

155. Brachylomia viminalis Fabr . 138. Cucullia fraudatrix E v. Von 1981 bis 1983 erschien viminalis vom 26.06.- Falternachweise erfolgten ab 1976 vom 08.07.-14.08. 10.08. bei Negast häufig am Köder. Danach kam die alljährlich jedoch immer nur vereinzelt in der Franken­ Art bei Pennin, im „Grenztalmoor“ und bei Lüssow nur vorstadt an Hausbeleuchtungen, bei Negast, Drigge, vereinzelt ans Licht oder zum Köder. Gartensparte Grünthal (Stralsund), Lüssow und Grim­ men. 171. Xylocampa areola ESP.

139. Cucullia argentea H u f n . Seit 1983 wurden die ersten Falter von areola im Stral­ Bisher beschränkte sich der Nachweis auf Raupen­ sunder Gebiet nachgewiesen und eine Verbreitungs­ funde. So konnte argentea alljährlich in unterschiedli­ lücke geschlosen. Anfangs erschienareola vom 30.03.- cher Häufigkeit ab Ende August bis Ende September im 10.05. vereinzelt bei Negast, Pennin und Drigge. Seit Strelasund-Uferbereich auf warm-trockenen Standor­ 1990 nahm die Art an Häfigkeit zu, und bis zu 15 Falter ten mit Sand- oder Kiesböden, wo Artemisia campestris pro Lichtfang waren keine Seltenheit, so bei Jacobsdorf wächst, so im hinteren Uferbereich der Halbinsel und Moisall (bei Pennin). Drigge und Zudar, am Strand bei Devin oder am Rü­ Eine 1983 durchgeführte Eizucht verlief einfach. Als gendamm bei Altefähr, gefunden werden. Futterpflanze bevorzugten die Raupen Lonicera xylo- steum. 41. Cucullia chamomillae D. & S. Ohne genauere Angaben schrieb S p o r m a n n : „Sehr sel­ 193. Conistra rubiginea D. & S. ten; früher nur einmal bei Stralsund vonH e in z e l m a n n Diese Art schein im Gebiet sehr selten zu sein, denn gefangen (vor 1870; Anm.T a b b e r t ). Neuerdings fand bisher konnte nur je ein Männchen am 10.05.1984 und H e c k e l auf dem Schulhofe bei Lassenthin eine 27.04.1986 in der Kieskuhle in Drigge am Licht gefan­ Raupe “ (nach 1900; Anm. T a b b e r t ). Von 1909 bis gen werden. 1925 konnte S p o r m a n n die Art dann mehrfach bei Pan- telitz, Lüssow und Negast nachweisen(U r b a h n & U r ­ 215. Simyra albovenosa G oeze b a h n 1939). Auch heute erscheint die Art sehr selten und unregel­ Albovenosa bevorzugt Feuchtbiotope. Am 15.08.1981 mäßig. Anfang Juni 1985 konnte ein abgeflogener Fal­ kam ein Männchen im NSG „Krummenhagener See“ ter aus der Lichtfalle Lüssow mittels Genitaluntersu­ ans Licht, am 02.08.1983 wurde im NSG „Mannha­ chung nachgewiesen werden. Am 26.04.1990 erschien gener Moor“ ein Weibchen auf Schwingrasen (Sphag­ ein Falter am Licht im „Grenztalmoor“ und im Septem­ num) geleuchtet, und gleichzeitig fanden sich an Woll­ gräsern (Eriophorum) 3/4-erwachsene Raupen, die als ber 1993 wurde im Garten in Grünthal eine Raupe auf Puppen überwinterten und im folgenden Jahr die im Schafgarbe (Achillea millefolium) gefunden (T a b ­ Freiland bei Stralsund bisher noch nicht beobachtete 1. b e r t ). Chamomillae scheint besonders im westlichen Generation ergaben. Weitere Falter konnten bis 1989 Teil Mecklenburg-Vorpommerns weit verbreitet und vom 29.09.-15.08. im „Grenztalmoor“, bei Endingen häufiger zu sein, z.B. bei Wismar (T a b b e r t ). und Brandshagen gefangen werden. 152. Cucullia verbasci L. In H e in ic k e & N a u m a n n (1980-1982) ist verbasci für 224. Acronicta strigosa D. & S. Stralsund verzeichnet, eine Angabe, die wohl von Nach S pormann war die Art schon früher bei Stralsund F r ie s e (1957) stammt. Erst 1993 konnten in der „För­ sehr selten und wurde bis 1909 nur einmal nachgewie­ sterhofer Heide“ Raupen an zwei Königskerzenarten sen. Ohne nähere Angaben heißt es: „... nur bei Bartels­ (Verbascum thapsus L. und V. nigrum L.) ziemlich hagen von A. v. Homayer im September am Köder ge­ häufig gefunden werden. Beide Verbascum-Arten, ha­ fangen.“ Nach 1909 konnte Spormann weitere Falter ben in der „Försterhofer Heide“ in den letzten Jahren bei Negast und Zarrendorf nachweisen(U rbahn & U r ­ prächtige Bestände entwickelt. bahn 1939). A m 01.08.1979 fand sich an einer Hausla­ Vor allem für einigeCucullia- Arten, deren Nordgren­ terne in der Stralsunder Frankenvorstadt ein Männchen zen ihrer Verbreitung wesentlich tiefer im Küstenhin­ ein, und am 12.06.1993 erschien ein Weibchen am terland liegen, für an ihren Arealgrenzen fluktuierende Licht bei Drigge. 12 Entomologische Nachrichten© Entomologische und Berichte, Nachrichten 41,1997/1 und Berichte; download unter www.biologiezentrum.at

225. Acronicta menyanthidis Esp. abnehmend. Funde aus der Schweriner Gegend teilte Um die Jahrhundertwende war diese interessante, wohl K a l l i e s brieflich mit. In der Sammlung von J. Ko- tyrphophile Noctuide im Stralsunder Gebiet weit ver­ SCHEY, Rostock-Dierkow, steckten zwei Männchen von breitet und nicht selten. Spormann und Heckel fanden raptricula, gefangen am 19.08. und 21.08.1987 in Dier­ sie im Juni an den Chausseebäumen bei Negast und an kow an der Straßenbeleuchtung. den Birken hinter den „Bleichen“ am Mühlgraben mit­ Ob der Stralsunder Fund als Fortsetzung der Arealaus­ tels Ködern. Negast liegt im Einzugsgebiet des Borg­ breitung, als erneuter Vorstoß nach Norden oder als an wallsees mit damals flächenmäßig größeren Feuchtbio­ der Arealgrenze fluktuierender Falter zu werten ist, topen, wie Birken-Erlenbrüchen, Sumpfwiesen und kann mit einem Fund natürlich nicht eingeschätzt wer­ blütenreichen Streuwiesen auf Moorstandorten. Der den. Letzteres ist anzunehmmen, da keine weiteren Fal­ Mühlgraben fließt in den Stralsunder Moorteich ein und ter nachgewiesen werden konnten. hatte damals einen Moorwald, der heute allerdings durch anthropogene Einflüsse drastisch verändert ist. 238. Amphipyra berbera R u n g s Von vielen ehemaligen Fundorten in Mecklenburg- Am 07.09.1981 erschienen in Negast am Köder zwei Vorpommern ist menyanthidis heute verschwunden. Männchen und am 07.09.1981 ein weiteres in der Fran­ Seit 1985 liegt nun ein weiterer aktueller Fundort aus kenvorstadt Stralsunds am Licht. Zwei Falter konnten dem „Grenztalmoor“ vor. Hier wurde die Art in 2 Ge­ am 21.08.1983 im „Mannhagener Moor“ geködert wer­ nerationen vom 07.06.-20.07. und 08.08.-22.08. gefun­ den. Genitaluntersuchungen bestätigten die Artzu­ den. Eine 3/4-erwachsene Raupe konnte an Glocken­ gehörigkeit. heide (Erica tetralix) am 01.08.1988 gefunden werden. Eine Eizucht aus Faltern der 1. Generation ergab eine 239. Amphipyra perflua F a b r . teilweise 2. Generation (ca. 50 %) ab Anfang August, Nach S p o r m a n n galt perflua vor der Jahrhunderwende während die restlichen Puppen überwinterten und im als große Seltenheit. Ende Juli 1897 fand K r ü g e r zwei Mai die Frühjahrs generation (1. Gen.) erbrachten. Als Falter bei /Grimmen. 1905 köderte H e c k e l Futterpflanze bevorzugten die Raupen Weidenblätter. perflua bei Negast in großer Zahl, dagegen 1906 nur ein Die typischen Merkmale in Koch (1984) bedürfen ei­ Stück ( S p o r m a n n 1907). Auch heute noch gehört diese ner Neufassung. Schon Spormann schrieb, daß die Art Noctuide zum Faunenbestandteil des Stralsunder Ge­ sehr variiert. Auch Schröder, Schwerin (1905), be­ bietes. Vom 19.07.16.08.1981 bis 1988 kam peiflua re­ schreibt menyanthidis folgendermaßen: „Da die Zeich­ gelmäßig ans Licht und zum Köder bei Negast und Pen­ nungen dieser Eule fast verloschen waren, so zeigte nin. Der Biotop sind feuchte Mischwälder mit dichtem sich eine ziemlich gleichmäßige, schwarzgraue Fär­ Unterholz. bung.“ Im Vergleich mit einigen englischen Stücken nach Prout erwiesen sich diese als „melanistische 21\.Apamea aquila funerea H e in e m a n n Varietät ab. sujfasa T u tt“. In diesem Zusammenhang Nachdem K a l l i e s (Schwerin) am 05.08.1984 im wurde schon damals darauf hingewiesen, daß einige „Grambower Moor“aquila funerea für Mecklenburg- variierende Formen vonmenyanthidis mit melanisti- Vorpommern erneut nachweisen konnte, liegt nun ein schen Faltern vonAcronicta auricoma f. salicis C urt. weiterer aktueller Fundort aus dem NSG „Grenztal­ leicht verwechselt werden können. Auch einige „Stral­ moor“ vor. Am09.08.1986 wurde ein Männchen, das sunder“ Formen vonmenyanthidis kommen in Zeich­ nung und Färbung der A. auricoma f. salicis Curt, sehr nahe, und gleiche Bestimmungsschwierigkeiten, trotz Vergleich aller äußeren Merkmale, traten auf.

234. Cryphia raptricula D. & S. Am 06.08.1979 wurde in der Stralsunder Frankenvor- stadt, „Am Hühnerberg“, in der Nähe der alten Fried­ höfe ein Männchen gefangen. Nach Heinicke & N aumann (1980-1982) stieg bis 1970 die Anzahl der am Licht gefangenen Falter in Fi­ now (D uckert ) stark an. Karte 128 zeigt Funde außer­ halb der relativen Areal-Nordgrenze bei Neubranden­ burg. Gördes (schriftliche Mitteilung) schrieb dazu, daß raptricula überall im bebauten Stadtgebiet Neu­ Abb. 4: Apamea aquila funerea H ein em ., Cf. NSG „Grenztalmoor“, brandenburgs gefunden wurde, allerdings an Häufigkeit 11.08.1987, leg. H. T a bbert . © Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichtenund Berichte, 41,1997/1 13

2 3 30 31 3 2 33 JV 35 36 3? W h& *V9 5 0 51 52.

M ecklenburg- Vorponunern

Abb. 5: Verbreitung von Apamea aquila funerea H ein em ., Neufas­ 276. Apamea oblonga H a w . sung der Karte 280 vonH ein ic k e & N a um a nn (1980-1982). Oblonga scheint langjährig andauernden Häufigkeits­ N: alte Nordgrenze, gestrichelte Linie: Grenze der Regenmoorver­ breitung, gebogene gestrichelte Linie: Zentren der Regenmoorver­ schwankungen zu unterliegen. Paul & Plötz (1872) breitung, punktierte Linie: heutige relative Areal-Nordostgrenze. gaben diese Art für nicht selten bei Stralsund-Dähn- holm an und nach S p o r m a n n (1907) war sie selten bei Negast und Bartelshagen. ziemlich abgeflogen war (bestätigt: W. Heinicke), im Zentrum des Moores im Übergangsbereich zwischen Das in Karte 147 bei Heinicke & Naumann (1980- der Freifläche und dem lichten Moorbirkenwald auf 1982) dargestellte Verbreitungsbild von oblonga ent­ den mit Pfeifengras (Molinia caerulea) bewachsenen spricht zu diesem Zeitpunkt wohl nicht der wirklichen Moordämmen am Köder gefangen. Das Vorkommen Verbreitung in Mecklenburg-Vorpommern, da Fund­ wurde 1987 durch weitere Falterfunde bestätigt (Abb.4) meldungen aus dem Küstenhinterland jahrzehntelang Nach Heinicke & Naumann (1980-1982) besiedelte mangels Beobachter ausblieben und sich die Sammel- aquila funerea auf dem Darß ein Kleinareal an der täigkeit durch Urlauber und Einheimische auf den Kü­ Nordgrenze des Vorkommens. stenabschnitt beschränkte. Die in der Literatur vielfach Mit den neuen Fundorten in den NSG „Grenztalmoor“ dargestellten ökologischen Beziehungen zu Sand- und und „Grambower Moor“ bedarf diese Charakterisie­ Schwemmlandböden sind nicht vorrangig, da oblonga rung einer Neubewertung. Bei einem Vergleich der drei seit 1983 vom 17.07.-06.08. in verschiedenartigen Bio­ bisher bekannten Fundorte von aquila funerea in Meck­ topen am Köder und am Licht häufiger werdend er­ lenburg-Vorpommern kann festgestellt werden, daß der schien, wie z.B. bei Drigge in der Kieskuhle Lebensraum in Bereich der klimaabhägigen Regen­ (17.07.1985), im Hausflur der am Feldrand stehenden moorverbreitung (siehesubrosea, Nr.39) liegt, und bis Neubauten bei Vogelsang/Stadt (05.08.1987), im Gar­ heute hier gleichzeitig die Nordostgrenze ihres Vor­ ten bei Grünthal am Licht und zwischen einem Bretter­ kommens ist (Abb. 5). stapel (1988) sowie am Köder im „Mannhagener 14 Entomologische Nachrichten© Entomologische und Berichte, Nachrichten 41,1997/1 und Berichte; download unter www.biologiezentrum.at

Moor“ Nach 1988 konnten keine Falter mehr nachge­ Wahrscheinlichkeit die 70er Jahre, hier 1970, als Be­ wiesen werden. ginn einer Arealausbreitung vonextrema (Abb.6) ange­ nommen werden. Die Funde aus dem Süden Mittel­ 291 a. Mesapamea didyma Esper deutschlands (Bermbach) lassen sich durch die breite Alle bisher gefangenen M. secalis L. wurden genitalun­ Auslöschungszone zwischen dem neu besiedelten Ge­ tersucht. Darunter befanden sich Falter von didyma, ge­ biet in Mecklenburg-Vorpommern und dem Voralpen­ funden am 29.07.1979 bei Devin, am 06.08.1983 im gebiet vorerst noch nicht einordnen. Da hier die Areal­ „Mannhagener Moor“ und am 07.07.1986 im „Grenz­ ausbreitung noch andauert, wäre es interessant festzu­ talmoor“ stellen, ob sich dieser Vorgang auch in anderen Bun­ desländern oder in den Nachbarstaaten vollzieht. Flug­ 294. Photedes extrema Hb. zeit im Stralsunder Gebiet: 04.06.-24.07. Bis 1961 war extrema nur vom Darß, von der Insel Bock und von (U rbahn & U rbahn 1939, 297. Photedes elymi T r . 1962) bekannt. Am 04.07.1981 wurde ein Männchen dieser streng Etwa zehn Jahre später folgten weitere Funde außerhalb stenöken Strandart am Ufer des Strelasundes bei Drigge ihres ehemaligen Verbreitungsgebietes, die hier in An­ an Strandroggen (Elymus arenarius) geleuchtet. Häufig lehnung an H einicke & N aumann (1980-1982) voll­ erschien die Art vom 04.06.-20.07.1989 am Strand der ständigkeitshalber reihenfolgemäßig aufgelistet werden Halbinsel Zudar. Das Verbreitungsbild von elymi im sollen: Bereich des Strelasundes und des Greifswalder Bod­ 1972 /Rügen (Jänicke ; det. H einicke ), dens scheint dem von ripae ähnlich zu sein (siehe 1973 Lühmannsdorf/Greifswald, 17.08.1973 Nr. 15) und hängt wohl von der Beschaffenheit der (Friese ), Strände und von Größe der Elymus arenarius-Bestände 1975 Negast/Stralsund (Tabbert ; det. H einicke ), ab. 1976 Graal-Müritz/Rostock (Löbel; det N aumann ), 1977 Groß Zicker/Riigen (Leidenfrost ; det. Hei­ nicke ), 299. Photedes brevilinea Fenn ab 1980 im Greifswalder Gebiet an vielen Stellen re­ Am 18.08.1988 konnte mit dem Fund eines Mänchen gelmäßig; jahr- und stellenweise häufig vonbrevilinea bei Drigge eine Verbreitungslücke zwi­ (W achlin & W eidlich 1984), schen Hiddensee und Gristow/Greifswald geschlossen ab 1981 im Stralsunder Gebiet regelmäßig vom 11.06.- werden. Der neue Fundort liegt am Wamper Wiek, des­ 24.07. am Licht, Köder oder in der Dämme­ sen Ufer mit einem breiten, zum größten Teil auf Torf­ rung geleuchtet bei Negast, Drigge, Lüssow, boden locker stehenden Schilfgürtel bewachsen ist. Grimmen, Zudar, , Zarrendorf, Ziemlich regelmäßig betriebener Lichtfang seit 1988 Endingen und im Stadtgebiet. zeigte, daß hier brevilinea etwa 14 Tage später als bei Gristow erschien. Ursache dafür könnte sein, daß der 1982 Bermbach (W illsau ; det. L öbel; Löbel 1985), Wiek von Südost nach Nordwest ausgerichtet ist, ein 1984 Dierkow/Rostock(K oschey ; det. T abbert ), beiderseitig ebenso verlaufendes Kliff hat und dadurch klimatisch vom Nordwesten stark beeinflußt wird, was 1986 NSG „Grenztalmoor“ (Tabbert ), 1992 Tarnewitzer Huk/ Westmecklenburg (H oppe), sich zeitlich auf die Wachstumsphase des Schilfes und damit auf den Entwicklungszyklus von brevilinea aus­ 1994 Potenitz-Rosenhagen, Stuthof-Rosten(H oppe), wirken könnte. 1995 Rosenow bei Neubrandenburg (Gördes ). Soweit es sich nach den Funden zurückverfolgen läßt, hat ex trema seit etwa 1970 seine südliche relative Are­ 300. Eremobia ochroleuca D. & S. algrenze, vom ehemaligen Verbreitungsgebiet aus ge­ S pormann gibt ohne genauere Angaben für ochroleuca sehen, um ca. 120 km entlang der Ostseeküste nach Bartelshagen als Fundort an. Nach 1909 fing er die Art Westen und etwa 80 km nach Süden und Südosten ins bei / (U rbahn & U rb ahn 1939). Küstenhinterland verschoben. Daß die Art damals im Seit 1983 erfolgte dann ein Einzelfund beim Lichtfang Stralsunder Gebiet übersehen oder verwechselt wurde, in Negast, weitere Nachweise von 1986 und 1987 stam­ ist unwahrscheinlich, zumal U rbahn die damalige und men aus der Lichtfalle Lüssow. Seit 1991 erschien heute ausgelagerte „Pommernsammlung“ aus dem ochroleuca regelmäßig in dem neuen NSG „Försterho­ Stralsunder Museeum gut kannte. Für den Greifswalder fer Heide“ südlich von Stralsund bei Zarrendorf jahr­ Raum erfolgte die entomologische Sammel- und Beob­ weise häufig. Auch tagsüber konnten an Disteln oder achtungstätigkeit zeitlich gleichmäßiger, doch erst 1973 Rainfarn sitzende Falter beobachtet werden. Die Flug­ wurde extrema gefunden. Damit können mit großer zeit lag zwischen dem 07.07. und 17.08. © Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte, 41,1997/1 15

I.IncklFnburp- Vorpommern

Abb. 6: Verbreitung von Pholedes extrema Hb., Neufassung der Fund in Mecklenburg-Vorpommern nicht allein. K a l ­ Karte 156 von H ein ick e & N a u m a n n (1980-1982). l ie s , Schwerin (sehr. Mitt.), konnte 1984 nachweisen, Linien mit Jahreszahlen: zeitlich fixierte Arealausbreitung. daß sich die Raupen bei systematischer Suche in Pest­

Alle Fotos und Zeichnungen: H.T a bbert wurzbeständen finden lassen, teilweise häufig, aber stark parasitiert.

306. Amphipoea lucens F r r . 314. Celaena haworthii Cu r t . Bis 1983 war lucens im Stralsunder Gebiet nur noch aus S p o r m a n n fing 1908 drei Falter im Stralsunder Stadt­ dem „Mannhagener Moor“ bekannt, wo die Art vom wald (Moorteich) am Köder. Ein Männchen dieser in 01.08.-30.08. auf der Freifläche zwischen den Bulten unserem Gebiet tyrphobionten Art konnte in der Licht­ fliegend beobachtet wurde und vereinzelt am Köder er­ falle der Obstplantage Lüssow am 30.07.1986 gefunden schien. 1987 und 1988 konnte dann im „Grenztalmoor“ werden. Die Herkunft dieses Falters läßt sich vorerst jeweils nur ein Falter geködert werden. Danach nahm nicht genau ermitteln. Ein Restvorkommen in den heute die Art an Häufigkeit zu; zwischen 20 und 30 Falter an verlandeten und buschigen Moorwiesen des NSG einem Köder- oder Lichtfangabend konnten gezählt „Krummenhagener See“ oder in einigen vermoorten werden. Die Artzugehörigkeit vonlucens würde mittels Sollen der heute nicht mehr kenntlichen „Wendorfer Genitaluntersuchung bestätigt (T a b b e r t ). Heide“, die zwischen der Obstplantage und dem Krum­ menhagener See liegen, wäre denkbar. Der Stadtwald 309. Hydraecia petasitis D bld . im Bereich des Moorteiches kann wegen seiner drasti­ Am 08.08.1981 erschien bei Negast am Licht direkt ne­ schen anthropogenen Veränderung ausgeschlossen ben einem alten Entwässerungsgraben, wo üppige Be­ werden, da hier keine haworthii mehr nachgewiesen stände der Pestwurz wuchsen, ein Falter. Der Graben werden konnten. Wahrscheinlicher ist es, daß der Falter fiel bald Meliorationsvorhaben zum Opfer, so daß ein aus dem etwa 15 km entfernten NSG „Mannhagener Suchen nach den Raupen ausblieb. Dennoch steht der Moor“ stammt, zumal in der Lichtfalle ebenfalls die 16 Entomologische Nachrichten© Entomologische und Berichte, Nachrichten 41,1997/1 und Berichte; download unter www.biologiezentrum.at

tyrphobionte Geometride Carsia sororiata imbutata 338. Caradrina selini B sd . H bn . herausgefunden wurde, deren bis dahin einziges Ein Männchen konnte am 27.06.1987 in der Kieskuhle und häufiges Vorkommen aus dem gleichen Moor be­ bei Drigge am Licht gefangen werden. kannt ist. Diese beiden Funde erhärten die Vermutung, daß beide Arten, wahrscheinlich durch Winddrift be­ 340. Chilodes maritima T ausch . günstigt, Lüssow erreicht haben. Von 1989 bis 1991 Seit 1981 ist maritima im Stralsunder Gebiet nachge­ konnte haworthii vom 02.08.-30.08. im „Grenztal­ wiesen und eine Beobachtungslücke geschlossen. Vom moor“ in Einzelstücken am Köder und am Licht nach­ 27.06.-01.08. konnte die Art jährlich überall dort, wo gewiesen werden. Schilf wächst, gefangen werden. Meist erschienen die Falter einzeln am Licht bei Zarrendorf, Negast, Drigge, 318. Archanara geminipuncta H aw . Stralsund/Grünthal und im „Grenztalmoor“. Die besten Obwohl geminipuncta zu S pormanns Zeiten vom Darß Fangergebnisse brachte 1981 das Ableuchten einer und Greifswald bekannt war, fehlten Nachweise für locker mit Schilf durchsetzten Moorwiese im Verlan­ Stralsund. Heute ist diese Art weit verbreitet, erscheint dungsbereich des Wamper Wieks bei Drigge mit der aber meist nur in Einzelstücken und wird überall dort Taschenlampe. gefunden, wo Schilfgebiete sind. Seit 1981 liegen Fal­ terfunde vom 20.07.-18.08. vom Krummenhagener 344. Hapalotis venustula H b . See, Negast, Lüssow, Klausdorf, Drigge, Stralsund/ Der erste Falter erschien am 28.06.1982 bei Negast am Grünthal, Zarrendorf und aus dem „Grenztalmoor“ vor. Licht. Am 19.06.1986 wurde bei Pennin eine Stelle ent­ deckt, wo zahlreiche Falter in der Dämmerung dicht 319. Archanara dissoluta Tr . über einem alten, feuchten und mit Kurzrasen bewach­ Auch dissoluta ist im Stralsunder Gebiet weit verbrei­ senen Waldweg flogen. Vom 23.06.-07.07.1986 und tet. Ab 1981 erschienen die Falter einzeln am Licht bei 1987 erfolgten weitere Funde im „Grenztalmoor“ am Negast und am Krummenhagener See vorrangig in der Licht, Köder oder auf dem Schwingrasen der Moor­ schilffarbenen f. aurundineti Schmidt . Dagegen war freifläche. Ein weiterer Falter kam 1993 bei Jacobsdorf die Art am 29. und 31.07.1986 im Schilfgürtel des ans Licht. Moorteiches im Stralsunder Stadtwald, wo sie mit der Taschenlampe geleuchtet wurde, stellenweise auf nur 369. Earias chlorana L. wenigen Quadratmetern Schilffläche häufig. Die Vor­ Chlorana ist im Stralsunder Gebiet in allen Biotopen derflügel frischer Falter waren vorrangig hellbraun und anzutreffen. Aus der Flugzeit der Falter läßt sich mit schwarzbraunen Einmischungen verdunkelt. Seit schließen, daß sie hier vom 03.06.-30.06. und vom 1988 nahm dissoluta an Häufigkeit zu und konnte vom 14.07.18.08. in zwei Generationen fliegen. Von 1981 20.07.-30.08. bei Klausdorf, Lüssow, Drigge, Stral­ bis 1987 traten sie nur in Einzelstücken bei Negast, sund/Grünthal, „Grenztalmoor“ und bei Zarrendorf ge­ Drigge, Pennin und Lüssow auf. Seit 1988 nahm die fangen werden. Auch die bei Zarrendorf im NSG „För­ Anzahl der ans Licht oder zum Köder angeflogenen sterhofer Heide“ 1991 und 1992 am Licht gefangenen Falter zu, so bei Zarrendorf, im „Grenztalmoor“ bei dissoluta, die aus den in der Heidefläche eingelagerten Drigge und Zudar. Feuchtbiotopen (Niedermoor, Feuchtwiese) stammen, waren mit schwarzbraunen Einmischungen verdunkelt. 386. Macdunnoughia confusa Steph. Die im gesamtem Gebiet gefundene Art erschien vom 320. Archanara neurica H b . 17.07.-10.10. von 1981-1989 am Licht bei Negast, Unter den am 29. und 31.07.1981 im Stadtwald gefan­ Drigge, Lüssow, Pennin, „Grenztalmoor“, Grimmen, genen dissoluta Tr. befanden sich drei Falter von neu­ Zarrendorf und in der Frankenvorstadt immer nur in rica Hb. Beide Arten unterschieden sich schon in ihrer Einzelstücken. Flugweise: Dissoluta schwirrte ruhig, ziemlich tief zwi­ schen den Schilfhalmen herum, während neurica recht 391. Autographa iotaL. unruhig im Bereich der Blütenstände umherflatterte. Iota ist bei Stralsund ziemlich selten. Vorrangig in der Frankenvorstadt trat sie an Hausbeleuchtungen von 324. Sedina buettneri Hering 1976-1984 regelmäßig auf. Weitere Fundorte sind Ne­ 1981 fanden sich die ersten Falter in der Stralsunder gast, Drigge, Lüssow, Grimmen, Endingen und das Frankenvorstadt an Hausbeleuchtungen in der Nähe des „Grenztalmoor“. Die Flugzeit dauerte vom 19.06.- Frankenteiches ein. Danach erschienen die Falter häufi­ 18.07. Ein Falter erschien noch am 25.08.1988 im ger werdend vom 21.09.-23.10. bei Negast, Pennin, En­ „Grenztalmoor“ am Licht. dingen, Drigge, Kummerow, Stralsund/Grünthal, „Grenztalmoor“ und bei Zarrendorf. © Entomologische Nachrichten und Berichte; downloadEntomologische unter www.biologiezentrum.at Nachrichten und Berichte, 41,1997/1 17

417. Parascotia fuliginaria L. Hinzu kommt, daß z.B. im NSG „Grenztalmoor“ viele Die „Pilzeule“ ist heute bei Stralsund weit verbreitet, Noctuiden-Arten, die in den Mooren Mecklenburg- wenn auch selten. Die Falter kamen vom 18.07.- Vorpommerns nur noch vereinzelt angetroffen werden, 15.08.1981 bis 1988 bei Negast, Altefähr, Lüssow und verschollen oder sogar ausgestorben sind, hier noch als Drigge ans Licht sowie im NSG „Mannhagener Moor“ „Tiergemeinschaft“, auftreten, teilweise in hoher Indi­ zum Köder. viduenzahl. Die gleiche Situation dürfte z.B. besonders für die Zentren der Regenmoorverbreitung, für die aus­ 436. Hypenodes turfosalis W ocke gedehnten Flußtallandschaften oder für die breiten Die kleinste heimische Noctuidenart konnte von 1985 Schilfgürtel im Boddenuferbereich zutreffen. bis 1988 regelmäßig im „Grenztalmoor“ beobachtet Gewiß werden einige Noctuiden, besonders die mit werden. Zum Beginn der Flugzeit flog turfosalis nur im spezifischen ökologischen Ansprüchen, in ihren ehe­ Zentrum des Moores zwischen Wollgrasbulten und mals bekannten Verbreitungsgebieten vermißt. Den­ Torfmoosschlenken kurz nach Sonnennuntergang ge­ noch liegt die Beantwortung vieler offener Fragen in meinsam mit einigen in der Dämmerung sehr ähnlich der Erkundung des „Küstenhinterlandes“, das neben aussehenden „Micros“, die sich aber schon in der Flug­ der durch intensive Großfelderwirtschaft gekennzeich­ weise unterscheiden ließen. Später fanden sich verein­ neten Landschaft noch viele Reste naturnaher Land­ zelt Falter am Licht ein. Unklar ist noch die Flugzeit. schaftsformen mit entsprechender Vegetation enthält Regelmäßige Beobachtungen ergaben eine Zeitspanne und eine interessante Insektenwelt vermuten läßt. vom 28.06.-20.07. Pause und dann wieder vom 06.08.-12.08. In der „Försterhofer Heide“ bei Zarren­ dorf erschien noch am 14.09.1991 ein Falter am Licht. Literatur F rie s e , G.(1957): Tabellarische Übersicht der bis zum Jahre 1955 in Mecklenburg festgestellten Lepidoptera (Schmetterlinge). Teil 1: 438. Schrankia costaestrigalis Steph. Macrolepidoptera (Großschmetterlinge). - Arch. Nat. Meckl. 3: 44- Am 15.07.1985 wurde im „Grenztalmoor“ ein Männ­ 99. H ein ick e, W. & C. Naumann (1980-1982): Beiträge zur Insekten­ chen geködert. Da dieser Falter ziemlich abgeflogen fauna der DDR: Lepidoptera -Noctuidae. - Beitr. Ent. 30-32. war, wurde er W. H einicke zur Bestätigung vorgelegt. Je sc h k e , L. (1986): Mecklenburgische Regenmoore als Natur­ schutzgebiete. Naturschutzarbeit in Mecklenburg, 20 (1): 2-16. Am Köder sind die Falter sehr scheu und flüchten R a l li e s , A. (1985): Apamea aquila funerea (Heinemann, 1859) für leicht, so daß sie vielerorts wohl übersehen werden. die Fauna der DDR emeut nachgewiesen (Lep., Noe.). - Ent. Nachr. Ber. 20: 84-85. K o c h , M. (1984): Wir bestimmen Schmetterlinge. Ausgabe in ei­ nem Band. - Leipzig/Radebeul. Diskussion Schröder, H. (1905): Acronicia menyanthidis, var. salicis C u r t = ab. suffusa T u t t . - Arch. Nat. Mecklbg. N.F. 1: 104-106. Mit E. subrosea Steph., A. menyanthidis Esp., C.raptri- Spormann, K. (1907/09): Die im nordwestlichen Neuvorpommern cula D.& S., A. aquila funerea Heinem., A. lucens Frr ., bisher beobachteten Großschmetterlinge mit Berücksichtigung der näheren Umgebung Stralsunds. Teil I, 1-55,Teil II, 1-36. H. petasitis D bld ., C. haworthii Curt ., A. neurica H b ., U r b a h n , E. & H. U r b a h n (1939): Die Schmetterlinge Pommems H. turfosalis W ocke , P. brevilinae Fenn und S. costae­ (Macrolepidoptera). - Stett. Ent. Ztg. 100: 125-826. strigalis Steph. konnten im Stralsunder Gebiet einige U r b a h n , E. & H. Urbahn. (1974): Neue Falterbeobachtungen in den Naturschutzgebieten „Anklamer Stadtbruch“, „Thurbruch“ und herausragende Noctuiden nachgewiesen werden. Bei „Ostufer der Müritz“ Naturschutzarbeit in Mecklenburg 17: 47- weiteren Arten, die in Nachbargebieten schon längst 51. bekannt sind, wurden nun Verbreitungs- und Beobach­ W achlin, V. & M. W e id lic h . (1984): Die Großschmetterlinge von Greifswald und Umgebung. - Nat. Naturschutz Mecklbg. 20: 5-80. tungslücken geschlossen. Mit dem Beginn der Erfas­ sung des Arteninventars an Schmetterlingen des „Kü­ stenhinterlandes“ im Bereich des Recknitz- und Trebel­ Anschrift des Verfasers: tales, besonders im NSG „Grenztalmoor“, ist erstaunli­ cherweise erstmals 1984 „lepidopterologisches Neu­ Heinz Tabbert land“ betreten worden, wo, abgesehen von einigen ge­ Kranichbogen 19 legentlichen, lange zurückliegenden Besuchen, bisher D-18442 Negast noch kein Entomologe systematisch tätig war. Viele Schmetterlinge, die früher im Stralsunder Gebiet ver­ breitet waren und heute verschwunden sind, fanden sich in diesem und anderen Naturschutzgebieten wie­ der, was die Bedeutung als Reservate für bestandsbe­ drohte Tierarten unterstreicht.