Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Studiengang: Fach-Master Biologie
Masterarbeit
Die räumliche und zeitliche Variabilität der Epifaunagemeinschaften in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone der Jahre 2005 bis 2015
vorgelegt von: Ramona Ohde
Betreuende Gutachterin: Prof. Dr. Ingrid Kröncke Zweiter Gutachter: Dr. Hermann Neumann
Oldenburg, den 03.02.2017
Erklärung
Hiermit versichere ich, dass ich diese Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel und Quellen verwendet habe. Außerdem versichere ich, dass ich die Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit und Veröffentlichung, wie sie in den Leitlinien guter wissenschaftlicher Praxis der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg festgelegt sind, befolgt habe.
Oldenburg, den Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis...... I
Tabellenverzeichnis ...... IV
Abstract ...... 1
1. Einleitung ...... 2
2. Material & Methoden ...... 3
2.1 Untersuchungsgebiet ...... 3
2.2 Probennahme und -bearbeitung ...... 4
2.3 Epifauna Rohdaten ...... 7
2.4 Datenanalyse ...... 7
2.4.1 Räumliche Gemeinschaftsanalyse ...... 7
2.4.2 Zeitliche Gemeinschaftsanalyse ...... 10
2.5 Abiotische Parameter ...... 11
2.5.1 Sedimentdaten ...... 11
2.5.2 Temperaturdaten ...... 12
3. Ergebnisse ...... 12
3.1 Artenliste ...... 12
3.2 Räumliche Gemeinschaftsanalyse ...... 18
3.2.1 Clusteranalyse ...... 18
3.2.2 Multidimensionale Skalierung (MDS)...... 20
3.2.3 Similarity Percentages (SIMPER) Analyse...... 21
3.2.4 Kongruente Muster der Infauna- und Epifaunagemeinschaften ...... 26
3.2.5 Sedimentcharakteristika in der deutschen AWZ ...... 27
3.3 Zeitliche Gemeinschaftsanalyse ...... 29
3.3.1 Mittlere Gesamtabundanz & Artenzahl ...... 29
3.3.2 Diversitätsindex ...... 35
3.3.3 Shade Plot ...... 35
3.3.4 Oberflächentemperatur ...... 38
4. Diskussion ...... 39
4.1. Probenahmemethode ...... 39
Baumkurrenvergleich ...... 39
Standardisierung der Daten ...... 40
4.2. Räumliche Variabilität von Epifaunagemeinschaften in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ...... 41
Liocarcinus holsatus & Asterias rubens Gemeinschaft ...... 41
Luidia sarsii Gemeinschaft ...... 44
Nephrops norvegicus Gemeinschaft ...... 44
Gründe für die räumliche Variabilität der Epifaunagemeinschaften ...... 45
Kongruente Muster der Infauna- und Epifaunagemeinschaften ...... 47
4.3 Einfluss der Sedimentverteilung auf die räumliche Verbreitung von Epifaunaarten ...... 48
4.4 Zeitliche Variabilität der Epifaunagemeinschaften in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ...... 50
Oberflächentemperatur ...... 50
Nahrungsverfügbarkeit ...... 52
Fischerei ...... 53
Ausblick ...... 53
Summary ...... 54
Zusammenfassung ...... 55
Literaturverzeichnis ...... 57
Anhang ...... 58
Ergebnisse ...... 58
Mittlere Gesamtabundanz pro 15 min und Shannon-Wiener Index ...... 58
Mittlere Artenzahl der taxonomischen Großgruppen pro 15 min ...... 58
Shade Plot - Abundanzen ...... 58
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Geografische Lage der deutschen AWZ (ausschließlichen Wirtschaftszone) in der südlichen und zentralen Nordsee, sowie die Temperaturmesspunkte Doggerbank, White Bank und Helgoland vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). 4 A ildu g : Geografis he Lage der feste “tatio e der La gzeitreihe „GA“EE) inklusive der räumlichen Variabilität der Infaunagemeinschaften nach Rachor & Nehmer (2003) in der deutschen AWZ...... 5 Abbildung 3: Zusammengefasstes Dendrogramm der Datensätze aus den Jahren 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015. Die Clusteranalyse basiert auf der Bray-Curtis- Ähnlichkeitsmatrix mit der Quadratwurzeltransformation aller Stationen. Die grünen Linien fassen die Stationen, die sich laut der SIMPROF Analyse (p < 0,05) hinsichtlich ihrer Artenzusammensetzung und Abundanz pro 15 min nicht weiter differenzierbar lassen, zusammen...... 18 Abbildung 4: Dendrogramm der Datensätze aus den Jahren 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015. Die Clusteranalyse basiert auf der Bray-Curtis-Ähnlichkeitsmatrix mit der Quadratwurzeltransformation aller Stationen. Die grünen Linien fassen die Stationen, die sich laut der SIMPROF Analyse (p < 0,05) hinsichtlich ihrer Artenzusammensetzung und Abundanz pro 15 min nicht weiter differenzierbar lassen, zusammen...... 19 Abbildung 5: MDS-Plot der Datensätze aus den Jahren 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015. Die MDS-Grafik basiert auf der Bray-Curtis-Ähnlichkeitsmatrix mit der Quadratwurzeltransformation aller Stationen...... 20 Abbildung 6: Geografische Lage der ermittelten Cluster, Quadratwurzeltransformation (A, B = Elbe-Urstromtal, C, D = Tail End, E = Oysterground, F = Deutsche Bucht)...... 21 Abbildung 7: Die räumliche Verteilung der Abundanzen der Arten Nephrops norvegicus, Goneplax rhomboides, Cancer pagurus und Brissopsis lyrifera in der deutschen AWZ. Die Abundanz ist in Individuen pro 15 Minuten Schleppzeit angegeben...... 22 Abbildung 8: Die räumliche Verteilung der Abundanzen der Arten Luidia sarsii, Aphrodita aculeata, Buccinum undatum und Corystes cassivelaunus in der deutschen AWZ. Die Abundanz ist in Individuen pro 15 Minuten Schleppzeit angegeben...... 23 Abbildung 9: Die räumliche Verteilung der Abundanzen der Arten Asterias rubens, Liocarcinus holsatus, Crangon crangon, Astropecten irregularis, Ophiura ophiura und Pagurus bernhardus in der deutschen AWZ. Die Abundanz ist in Individuen pro 15 Minuten Schleppzeit angegeben...... 24
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Abbildung 10: Räumliche Variabilität der Sandgehalte (2 mm - 63 µm) im Untersuchungsgebiet der deutschen AWZ, inklusive des Stationsnetzes nach Rachor & Nehmer (2003) der Langzeitreihe...... 27 Abbildung 11: Räumliche Variabilität der Schlickgehalte (< 63 µm) im Untersuchungsgebiet der deutschen AWZ, inklusive des Stationsnetzes nach Rachor & Nehmer (2003) der Langzeitreihe...... 28 Abbildung 12: Räumliche Variabilität der Schillgehalte (> 2mm) im Untersuchungsgebiet der deutschen AWZ, inklusive des Stationsnetzes nach Rachor & Nehmer (2003) der Langzeitreihe...... 29 Abbildung 13: Zeitliche Variabilität der mittleren Gesamtabundanz und Artenzahl pro 15 min für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der Nephrops norvegicus Gemeinschaft im Elbe-Urstromtal. n = Anzahl der Stationen...... 30 Abbildung 14: Zeitliche Variabilität der mittleren Artenzahl der taxonomischen Großgruppen pro 15 min für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der Nephrops norvegicus Gemeinschaft im Elbe-Urstromtal...... 30 Abbildung 15: Zeitliche Variabilität der mittleren Gesamtabundanz und Artenzahl pro 15 min für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der Luidia sarsii Gemeinschaft im Tail End. n = Anzahl der Stationen...... 31 Abbildung 16: Zeitliche Variabilität der mittleren Artenzahl der taxonomischen Großgruppen pro 15 min für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der Luidia sarsii Gemeinschaft im Tail End...... 32 Abbildung 17: Zeitliche Variabilität der mittleren Gesamtabundanz und Artenzahl pro 15 min für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der Liocarcinus holsatus Gemeinschaft im Oysterground. n = Anzahl der Stationen...... 32 Abbildung 18: Zeitliche Variabilität der mittleren Artenzahl der taxonomischen Großgruppen pro 15 min für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der Liocarcinus holsatus Gemeinschaft im Oysterground...... 33 Abbildung 19: Zeitliche Variabilität der mittleren Gesamtabundanz und Artenzahl pro 15 min für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der Asterias rubens Gemeinschaft in der Deutschen Bucht. n = Anzahl der Stationen...... 34 Abbildung 20: Zeitliche Variabilität der mittleren Artenzahl der taxonomischen Großgruppen pro 15 min für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der Asterias rubens Gemeinschaft in der Deutschen Bucht...... 34
II
Abbildung 21: Zeitliche Variabilität des Shannon-Wiener Index (H`) pro 15 min in der Asterias rubens, Luidia sarsii, Liocarcinus holsatus und Nephrops norvegicus Gemeinschaft in der deutschen AWZ für die Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015. .. 35 Abbildung 22: Shade Plot der transformierten Abundanzen pro 15 min der Epifaunagemeinschaften in der deutschen AWZ nach Jahren. (DB) Asterias rubens - Deutsche Bucht, (TE) Luidia sarsii - Tail End, (OYS) Liocarcinus holsatus - Oysterground, (ELU) Nephrops norvegicus - Elbe-Urstromtal. Die Clusterung der Stationen (x-Achse) basiert auf der Bray-Curtis Ähnlichkeitsmatrix und die 20 dominantesten Arten (y-Achse) wurden mit Hilfe des Whittaker-Index ausgewählt. Das Farbspektrum spiegelt die Abundanz (Ind./ 15 min) wider. Die mittleren Abundanzen pro 15 min wurden mit der Quadratwurzel transformiert...... 37 Abbildung 23: Zeitliche Variabilität des Jahresmittelwertes der Oberflächentemperaturen an den Stationen Helgoland, White Bank und Doggerbank im Untersuchungsgebiet in den Jahren 2004 bis 2015 aus Langzeitmessungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in der Nordsee...... 38
III
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Übersicht der beprobten Jahre mit der Anzahl der Stationen und dem Zeitraum, in dem die Ausfahrt in dem Jahr stattfand...... 6 Tabelle 2: Übersicht der Schleppstrecken (m) und Flächen (m)2. Für die Schleppstrecke und die Fläche sind die minimalen (min.) und maximalen (max.) Werte der Stationen aus dem jeweiligen Jahr angegeben...... 6 Tabelle 3: Taxaliste der mit der 7 m Baumkurre gefangenen Epifaunaarten in dem Untersuchungsgebiet der deutschen AWZ, die an insgesamt 308 Stationen während der Jahre 2005, 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 aufgenommen wurden (S. 13-17)...... 13 Tabelle 4: Charakterarten der Epifaunagemeinschaften, AV. Abund. = mittlere Abundanz pro 15 min; Contrib%= prozentualer Anteil an der Clusterung (B = Elbe-Urstromtal; D = Tail End; E = Oysterground; F = Deutsche Bucht). Arten, nach denen die Umbenennung der Cluster vorgenommen wurde, sind mit einem * gekennzeichnet...... 25 Tabelle 5: Kongruente Muster der vier Epifaunagemeinschaften mit den acht Infaunagemeinschaften nach Rachor & Nehmer (2003) inklusive deren Lage...... 26 Tabelle 6: Einteilung der Epifaunagemeinschaften in der deutschen AWZ nach Neumann et al. (2013), Reiss et al. (2009) und Reiss & Kröncke (2004) inklusive deren Bezeichung und gefundenen Charakterarten...... 43 Tabelle 7: Totale Artenzahl (S), Mittlere Gesamtabundanz pro 15 min und Shannon- Wiener Index (H`) der Nephrops norvegicus Gemeinschaft im Elbe-Urstromtal, der Luidia sarsii Gemeinschaft im Tail End, der Liocarcinus holsatus Gemeinschaft im Oysterground und der Asterias rubens Gemeinschaft in der Deutschen Bucht der Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der deutschen AWZ. ……………………………………………………………… 1 Tabelle 8: Mittlere Taxazahl der taxonomischen Großgruppen pro 15 min der Nephrops norvegicus Gemeinschaft im Elbe-Urstromtal, der Luidia sarsii Gemeinschaft im Tail End, der Liocarcinus holsatus Gemeinschaft im Oysterground und der Asterias rubens Gemeinschaft in der Deutschen Bucht der Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der deuts he AW). Die ta o o is he Großgruppe „“o stige setzt si h aus de Br ozoa, Chordata, Cnidaria und Echiura zusammen. ………………………………………………………………… Tabelle 9: Quadratwurzeltransformierte Abundanzen pro 15 min der 20 dominantesten Epifaunaarten der Shade Plot Analyse der Nephrops norvegicus Gemeinschaft im Elbe- Urstromtal (ELU), der Luidia sarsii Gemeinschaft im Tail End (TE), der Liocarcinus holsatus Gemeinschaft im Oysterground (OYS) und der Asterias rubens Gemeinschaft in der
IV
Deutschen Bucht (DB) der Jahre 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 in der deutschen AWZ. ……………………………………………………………………………………………………………………………
V
Abstract
Epifauna was sampled in the German Exclusive Economic Zone (EEZ) of the North Sea in the fourth quarter of the following years: 2005, 2007, 2009, 2011, 2013 and 2015. Sam- pling took place during the long-ter series Ger a Autu “ur e of the E lusi e E o- o i )o e GA“EE) ith a -m beam trawl. Epifauna were directly identified and counted on board, and the data were standardized to 15 min haul duration. The spatial analyses of epifauna communities revealed a general separation in the German EEZ be- tween an Asterias rubens community in the German Bight, a Liocarcinus holsatus commu- nity at the Oysterground, a Luidia sarsii community in the Tail End and a Nephrops norvegi- cus community in the Elbe-Urstromtal. The comparison to previous studies revealed that the identified community structure, especially the total abundance, largely depends on the catchability of the gears. For some Epifauna species the spatial variability can be as- sociated with the sediment characteristics in the German EEZ. The temporal variability of the epifauna communities were mainly caused by the changes in the Sea Surface Temper- ature (SST). The decreasing of SST from 2007 to 2013 caused a drop in the abundance from 2007 to 2009 in the A. rubens, L. holsatus and L. sarsii community. At the same time, there was an outbreak of the opportunistic brittlestar Ophiura albida in the A. rubens and L. holsatus communities in the years 2011 and 2013. All aspects considered, the A. rubens community in the German Bight seemed to be well adapted to disturbance.
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1. Einleitung
Als Benthos bezeichnet man alle Organismen, die im, auf oder nahe des Meeresbodens leben. Diese Bezeichnung umfasst dabei sowohl Tiere (Zoobenthos) als auch die Pflanzen (Phytobenthos). Als Epifauna (Epibenthos) werden Organismen bezeichnet, die vorwie- gend auf dem Sediment leben. Organismen, die hauptsächlich im Sediment vorkommen, werden Infauna (Endobenthos) genannt (Kröncke & Bergfeld 2003). In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf der räumlichen und zeitlichen Variabilität der Epifauna. Die Nordsee lässt sich in die drei Gebiete südliche, zentrale und nördliche Nordsee (Glémarec 1973) unterteilen, die durch die 50, 100 und 200 m Tiefenlinien getrennt wer- den. Diese Gebiete der Nordsee weisen aufgrund verschiedener abiotischer Faktoren sehr unterschiedliche benthische Gemeinschaften auf (Reiss et al. 2009, Ehrich et al. 2007, Callaway et al. 2002, Jennings et al. 1999). Die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) ist ein Teilgebiet der südlichen Nord- see. Bei kleinräumigen Epifaunauntersuchungen in der deutschen AWZ konnten Neumann et al. (2013) die drei Epifaunagemeinschaften Coast, Oysterground und Duck`s Bill nachweisen, die sich hinsichtlich ihrer Artenzusammensetzung und der Abundanzen spezifischer Arten unterschieden. So war die Verbreitung der Trapezkrabbe Goneplax rhomboides auf die Oysterground Gemeinschaft und die des Seesterns Luidia sarsii auf die Duck`s Bill Gemeinschaft begrenzt (Neumann et al. 2013). Diese räumlichen Unterschiede sind durch abiotische Gradienten, wie zum Beispiel Temperatur, Salinität, Schichtungen der Wassermassen, TOC und Chlorophyll a Gehalt bedingt (Neumann et al. 2013, Reiss et al. 2009, Neumann et al. 2009b, Callaway et al. 2002). Besonders saisonale Temperatur- veränderungen haben in der flachen, südlichen Nordsee einen größeren Einfluss auf die Gemeinschaftsstrukturen als in der zentralen und nördlichen Nordsee (Neumann et al. 2013, Neumann et al. 2009 b). Reiss & Kröncke (2004) fanden beispielsweise unterschied- liche Epifaunagemeinschaften im Herbst/Winter bzw. Frühling/Sommer in der deutschen Bucht. Die in dieser Studie ausgewerteten Daten stammen aus der La gzeitstudie „Ger a Au- tumn Survey of the Exclusive Economic Zone (GASEEZ), die mögliche Veränderungen der bodennahen Fischfauna, sowie der Epifauna, durch die zunehmende Industrialisierung
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(Windparks; Sand- und Kiesentnahme) untersucht. Das Stationsnetz der Langzeitreihe ori- entiert sich an der räumlichen Ausdehnung der Infaunagemeinschaften von Rachor & Nehmer (2003) in der deutschen AWZ. Rachor & Nehmer (2003) definierten acht Infau- nagemeinschaften: Goniadella Spisula II , Goniadella Spisula I , Nucula nitidosa , Tellina fabula , Amphiura filiformis , Bathyporeia-Tellina Gemeinschaft, sowie die küstennahen Stationen und der Übergang zur zentralen Nordsee. In dieser Studie lag der Schwerpunkt auf der Analyse der räumlichen und zeitlichen Vari- abilität der Epifaunagemeinschaften in der deutschen AWZ auf Basis der Daten aus den Jahren 2005 bis 2015. Dabei wird untersucht, (1) wie die Epifaunagemeinschaften und ihre charakteristischen Arten räumlich in der deutschen AWZ verteilt sind und (2) inwie- fern die räumliche Variabilität mit den Ergebnissen von Neumann et al. (2013), Reiss et al. (2009) und Reiss & Kröncke (2004) (Epifauna), (3) aber auch mit den Infaunagemeinschaf- ten von Rachor & Nehmer (2003), übereinstimmen. Es ist bekannt, dass unterschiedliche Sedimente die räumliche Variabilität von Infaunaarten und Gemeinschaften beeinflussen (Heip et al. 1992, Basford et al. 1990). Diesbezüglich soll ebenfalls untersucht und disku- tiert werden, (4) ob die Sedimentverteilung in der deutschen AWZ einen Einfluss auf die räumliche Variabilität der Epifaunagemeinschaften hat. Des Weiteren soll betrachtet wer- den, (5) ob und wie sich die Gesamtabundanz, Artenzahl und Diversität, sowie die A- bundanzen charakteristischer Arten innerhalb der definierten Gemeinschaften von 2005 bis 2015 verändert haben, und (6) ob diese Veränderungen in einen Zusammenhang mit Temperaturveränderungen gebracht werden können.
2. Material & Methoden
2.1 Untersuchungsgebiet Die Proben wurden in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nord- see genommen. Die deutsche AWZ der Nordsee erstreckt sich über eine Fläche von 28.539 km² (Angaben vom Bundesamt für Naturschutz) und dehnt sich seewärts der 12 Seemeilen-Grenze bis zu einer Entfernung von 200 sm zur Küste aus. Die deutsche AWZ beinhaltet Teile der Deutschen Bucht, sowie Teile der östlichen Doggerbank und der zent- ralen Nordsee im Norden. Die Wassertiefe nimmt von der Küste (ca. 15 m) in Richtung der zentralen Nordsee (ca. 60 m) zu. Ausnahmen sind die Stationen der östlichen Doggerbank,
3
mit einer durchschnittlichen Tiefe von etwa 30 m, und das Gebiet im Elbe-Urstromtal im Süden, mit einer durchschnittlichen Tiefe von 40 m (Abbildung 1).
Abbildung 1: Geografische Lage der deutschen AWZ (ausschließlichen Wirtschaftszone) in der südlichen und zentralen Nordsee, sowie die Temperaturmesspunkte Doggerbank, White Bank und Helgoland vom Bundes- amt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).
2.2 Probennahme und -bearbeitung
Im Rahmen der Langzeitreihe Ger a Autu “ur e of the E lusi e E o o i )o e (GASEEZ) erfolgte die Probennahme seit 2004 im 4. Quartal des Jahres mit der FFS Solea. Das Stationsnetz des GASEEZ besteht aus 72 festen Stationen. Diese Stationen orientieren sich an der räumlichen Variabilität der Infaunagemeinschaften von Rachor & Nehmer (2003) in der deutschen AWZ (Abbildung 2).
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Abbildung 2: Geografische Lage der 72 festen Stationen der Langzeitreihe „GASEEZ inklusive der räumlichen Variabilität der Infaunagemeinschaften nach Rachor & Nehmer (2003) in der deutschen AWZ.
Die in dieser Studie ausgewerteten Proben stammen aus den Jahren 2005, 2007, 2009, 2011, 2013 und 2015 und wurden mit einer 7 m Baumkurre mit 20 x 20 mm Innensteert genommen. Die Baumkurre wurde für 15 Minuten bei einer Geschwindigkeit von 3 bis 5 Knoten geschleppt. Die Start- und Stopppositionen der Kurre während der Probennahme urde ittels „Glo al Positio i g “ ste GP“ a Bord des “ hiffs er ittelt, u die Schlepplänge zu berechnen. Bedingt durch schlechte Wetterverhältnisse konnten nicht in allen Jahren die im Rahmen des GASEEZ vorgesehenen 72 Stationen beprobt werden. Tabelle 1 zeigt die Stationen, die dieser Arbeit zugrunde liegen.
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Tabelle 1: Übersicht der beprobten Jahre mit der Anzahl der Stationen und dem Zeitraum, in dem die Ausfahrt in dem Jahr stattfand.
Jahr Anzahl der Stationen Zeitraum 2005 63 22.11. – 7.12. 2007 41 22.11. – 7.12. 2009 75 2.12. – 21.12. 2011 21 1.12. – 20.12. 2013 54 30.11. – 20.12. 2015 53 7.12. – 19.12.
Mit der Baumkurre wurden alle bodenlebenden Arten, sowohl demersale Fische als auch Epifaunaarten, quantitativ erfasst. Im Rahmen dieser Masterarbeit lag das Hauptaugen- merk auf dem Epifauna. Die Epifauna wurde im nächsten Schritt der Probennahme von den Fischen separiert und im Folgenden taxonomisch identifiziert. Sowohl die Abundan- zen, als auch die Biomassen (Nassgewicht) wurden unmittelbar nach dem Fang aufgenom- men. Für die bessere Vergleichbarkeit der Stationsdaten wurden aufgrund der verwendeten Baumkurre die ermittelten Abundanzen pro Station auf eine Schleppzeit von 15 Minuten standardisiert. Bei der Verwendung der 7 m Baumkurre, welche als Gerätestandard in der Fischereibiologie angesehen wird, wird eine Standardisierung auf 15 min vorgesehen. Die Standardisierung auf 15 Minuten entspricht einer mittleren Schleppstrecke von 1707 m und einer mittleren beprobten Fläche von 11494 m2 (Tabelle 2).
Tabelle 2: Übersicht der Schleppstrecken (m) und Flächen (m)2. Für die Schleppstrecke und die Fläche sind die minimalen (min.) und maximalen (max.) Werte der Stationen aus dem jeweiligen Jahr angegeben.
Strecke (m) Fläche (m2) min. max. min. max. 2005 1526 2224 10680 15568 2007 1519 2172 10635 15207 2009 1281 1741 8969 12186 2011 1377 1884 9640 13185 2013 1497 1849 10479 12940 2015 1476 1775 10329 15425
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2.3 Epifauna Rohdaten Neben allen vagilen Epifaunaarten wurden die koloniebildende Bryozoe Flustra foliacea (Abundanz entspricht der Anzahl der Kolonien) und die benthopelagischen Cephalopoda in die Analysen mit einbezogen. Aufgrund der Eindringtiefe der Baumkurre wurden die im Sediment lebenden Bivalvia (Acanthocardia echinata, Laevicardium crassum, Donax vitta- tus, Macoma balthica, Abra alba, Abra nitida, Mye arenaria, Modiolus modiolus, Mytilus edulis, Crassostrea gigas, Aequipecten opercularis, Dosinia exoleta, Arctica islandica, Cha- melea gallina, Lutraria lustraria, Mactra stultorum, Spisula solida und Spisula subtrun- cata) ebenfalls analysiert. Die Validierung der Artnamen wurde mit dem World Register of Marine Species (WoRMS 2017) überprüft und in einer Artenliste zusammengefügt (Tabelle 3). Im Jahr 2005 wurden bei der Fangaufbereitung an Bord die Arten Carcinus maenas, Ophi- ura albida, Ophiura ophiura, sowie Pagurus bernhardus und Pagurus pubescens in den Familien Portunidae (Carcinus maenas), Ophiuridae (Ophiura albida, Ophiura ophiura) und Paguridae (Pagurus bernhardus, Pagurus pubescens) zusammengefasst. Die Differen- zierung der einzelnen Arten innerhalb dieser Familien fand auf den Forschungsreisen erst ab dem Jahre 2007 statt. Aufgrund dieser Datengruppierung wurde bei der Darstellung der räumlichen Variabilität der ermittelten Charakterarten die Abundanzen der Arten P. bernhardus und O. ophiura aus dem Jahr 2005 nicht verwendet. Zudem wurde der ge- samte Datensatz von 2005 nicht in die multivariaten Analysen mit eingeschlossen.
2.4 Datenanalyse Die Datenablage erfolgte mittels des Datenbankprogrammes ACCESS und die statistische Analyse wurde mit den Programm EXCEL aus dem Microsoft Office 2013 Paket, sowie dem Statistikprogramm PRIMER 7 (Plymouth Routines In Multivariate Ecological Research) durchgeführt. Das Geoinformationsprogramm QGis Desktop Programm (2.10.1) wurde für die geografische Darstellung der Gemeinschaften und die räumliche Variabilität der Charakterarten genutzt.
2.4.1 Räumliche Gemeinschaftsanalyse Der Datensatz wurde zunächst mit Hilfe eines multivariaten Analyseverfahrens auf räum- liche Gemeinschaftsstrukturen analysiert. Das Geoinformationsprogramm QGis Desktop Programm (2.10.1) diente wie bereits erläutert zur räumlichen Darstellung dieser Ergeb- nisse.
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Multivariate Gemeinschaftsanalyse Multivariate Analysen dienen der Ermittlung von Ähnlichkeiten bzw. Unähnlichkeiten von Gemeinschaften auf Basis der Artenzusammensetzung von Gemeinschaften, sowie den Abundanzen der dazugehörigen Arten.
Datentransformation und Bray-Curtis-Ähnlichkeitsmatrix Um eine starke Gewichtung der dominanten Arten bei der Clusteranalyse oder der Mul- tidimensionalen Skalierung (MDS) zu vermeiden, wurden die Daten transformiert. Somit werden Arten mit geringen Abundanzen stärker gewichtet. Im vorliegenden Fall wurde eine Transformation der Abundanzen mit der zweiten Wurzel durchgeführt.
= Rohdaten der i-ten in der j-ten Probe / = = transformierter Wert