Dokumentvorlage Für Risdokumente
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
26.01.2012 Gericht Asylgerichtshof Entscheidungsdatum 26.01.2012 Geschäftszahl D14 302667-1/2008 Spruch D14 302667-1/2008/27E IM NAMEN DER REPUBLIK! Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Windhager als Vorsitzenden und durch die Richterin Mag. Riepl als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX auch XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.05.2006, FZ. 05 17.994-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.09.2011 zu Recht erkannt: I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG 1997) hinsichtlich Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. II. Gemäß §§ 8 Abs. 1 iVm. 10 Abs. 3 AsylG 1997 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von XXXX in die Russische Föderation nicht zulässig ist. III. Gemäß §§ 8 Abs. 3 iVm. 15 Abs. 2 AsylG 1997 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte in der Dauer von einem Jahr erteilt. IV. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben. Text Entscheidungsgründe: I. Verfahrensgang und Sachverhalt I.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig, reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau, XXXX und den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern XXXX (Beschwerdeführer zu den Zlen. D14 302668-1/2008, D14 302669-1/2008, D14 302670-1/2008 und D14 302671-1/2008) am 25.10.2005 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten sie gemeinsam am selben Tag Anträge auf Gewährung von Asyl. Am XXXX wurde im Bundesgebiet die minderjährige Tochter XXXX (Beschwerdeführerin zu D14 313331- 1/2008) geboren und wurde für diese am 27.02.2007 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der Beschwerdeführer wurde am 03.11.2005, am 08.11.2005 und am 04.05.2006 niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen seiner Einvernahme vor der Grenzbezirksstelle Neusiedl am See am 25.10.2005 gab der Beschwerdeführer an, im Februar 2005 mit seiner Familie XXXX verlassen zu haben und nach Moskau gereist zu sein. Über Weißrussland seien sie nach Polen gereist, wo sie sich bis Oktober 2005 in einem Flüchtlingslager aufgehalten hätten. Am 01.10.2005 hätten sie Polen Richtung Slowakei verlassen, wo sie um Asyl ansuchen hätten müssen. Am 24.10.2005 hätten sie das Flüchtlingslager in der Slowakei verlassen und hätten sie zu Fuß www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 38 Asylgerichtshof 26.01.2012 die Grenze nach Österreich überquert, wo sie von Soldaten des österreichischen Bundesheeres aufgegriffen worden seien. Der Beschwerdeführer habe demnach in Polen und in der Slowakei Asylanträge gestellt. Zu den Gründen für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat befragt, verwies der Beschwerdeführer auf den in Tschetschenien herrschenden Kriegszustand. Der Beschwerdeführer sei mehrmals im Rahmen von Säuberungen festgenommen worden. Er habe Angst um sein Leben und um jenes seiner Familie. In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstaufnahmestelle Ost am 03.11.2005 brachte der Beschwerdeführer vor, sich körperlich und geistig in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Danach befragt, schilderte der Beschwerdeführer neuerlich von seiner Ausreise aus Tschetschenien sowie von seinen Aufenthalten in Polen und in der Slowakei, wo er Asylanträge gestellt habe. Der Reisepass des Beschwerdeführers befinde sich bei einem Bekannten in Polen. Zu seinem Verfahren in Polen erklärte der Beschwerdeführer, dass dieses abgeschlossen sei und er - wie auch seine Familienangehörigen - eine Aufenthaltsberechtigung erhalten habe. Nach Aufforderung, die Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates darzulegen, erklärte der Beschwerdeführer, von maskierten und uniformierten Männern verfolgt worden zu sein. Der Beschwerdeführer sei im Mai 2004 von diesen Männern zuhause aufgesucht und geschlagen worden. Die Männer seien auf der Suche nach dem Bruder des Beschwerdeführers gewesen, der Kämpfer gewesen sei und an Kriegshandlungen teilgenommen habe. Im Sommer 2004 seien die Männer immer wieder gekommen und hätten nach dem Beschwerdeführer gesucht. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch mit seiner Frau und seinen Kindern bei Verwandten seiner Ehefrau versteckt. Dass er gesucht werde, habe er über Verwandte erfahren. Laut ärztlicher Untersuchung im Zulassungsverfahren am 04.11.2005 leide der Beschwerdeführer an keiner krankheitswertigen psychischen Störung. Im Rahmen der Untersuchung erklärte der Beschwerdeführer betreffend seinen Fluchtgrund, dass sein Leben in Gefahr wäre, da sein Bruder verfolgt worden sei. Er sei zwei Mal von Männern aufgesucht worden, die ihn vor seiner Ehefrau und den Kindern geschlagen hätten. Im Jahr 2002 habe jemand vor seinen eigenen Augen seinem kleinen Bruder eine Granate ins Hemd gesteckt und sei davongelaufen. Im Zuge der Einvernahme vor der Erstaufnahmestelle Ost am 08.11.2005 wurde der Beschwerdeführer auf Konsultationen zwischen den österreichischen und polnischen Behörden iSd. der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates verwiesen. Mit Aktenvermerk vom 29.11.2005 wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers und seiner Familie zugelassen. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 04.05.2006 durch das Bundesasylamt, Außenstelle Graz, niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer erklärte, sich bis zum Tag seiner Ausreise in XXXX aufgehalten zu haben. Der Beschwerdeführer sei bei der Ausreise aus Tschetschenien im Zug von Personen in Zivil kontrolliert worden. Der Beschwerdeführer erklärte, sowohl über einen russischen Reisepass als auch über einen Inlandspass zu verfügen. Der Pass sei in XXXX "unter der Hand" gegen Bezahlung von viel Geld ausgestellt worden. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, beide Pässe vorzulegen. Der Beschwerdeführer habe bis zum zweiten Krieg als Automechaniker gearbeitet. Zuhause habe er gelegentlich Autos repariert. Offizielle Arbeit habe es keine mehr gegeben. Zu seinen Fluchtgründen schilderte der Beschwerdeführer, dass in seiner Wohnstraße in XXXX beinahe alle Wohnhäuser zerstört worden seien. Am Tag würden die Russen kommen und kontrollieren. In der Nacht würden nicht näher bekannte Maskierte kommen. Im Mai 2004 seien sie in der Nacht gekommen und hätten den www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 38 Asylgerichtshof 26.01.2012 Beschwerdeführer bedroht, geschlagen und misshandelt. Dabei hätten sie nach dem Bruder des Beschwerdeführers gefragt. Sein Bruder habe an Kriegshandlungen teilgenommen. Er sei in XXXX in Gefangenschaft gewesen und aufgrund einer Amnestie entlassen worden. Er werde jedoch trotzdem von irgendwelchen Leuten inoffiziell gesucht. Nach Mai 2004 habe der Beschwerdeführer nicht mehr zuhause übernachtet, sondern sich bei Verwandten seiner Ehefrau aufgehalten. Im Juli 2004 seien sie erneut an seine Wohnadresse gekommen, wo seine Mutter gelebt habe, die zu jenem Zeitpunkt alleine zuhause gewesen sei. Von seiner Mutter sei ihm mitgeteilt worden, dass er gesucht werde. Im Mai 2002 habe jemand seinem jüngeren Bruder eine Granate ins Hemd gesteckt. Sein jüngerer Bruder sei dabei ums Leben gekommen. Die Polizei habe zwar den Fall aufgenommen, ihn in der Folge jedoch eingestellt. Der Beschwerdeführer habe bereits nach diesem Vorfall in Zusammenhang mit der Untätigkeit der Polizei nicht bleiben wollen, es sei eine frühere Ausreise mangels Geld jedoch gescheitert. Der Beschwerdeführer habe mit seiner Ehefrau zum Schwager nach Russland gehen wollen. Während seine Ehefrau sich bei ihrem Bruder aufgehalten habe, sei dieser umgebracht worden. Deshalb sei auch ein Umzug nach Russland nicht in Frage gekommen. Im Übrigen erklärte der Beschwerdeführer, dass die Mutter seiner Ehefrau im Jahr 1996 in XXXX bei einem Angriff getötet worden sei. Da der Bruder des Beschwerdeführers unverändert Widerstandskämpfer sei, wäre eine Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich. Konkret zum 04.05.2004 befragt, schilderte der Beschwerdeführer, dass um ca. zwei oder drei Uhr in der Nacht fünf Leute ins Haus gekommen seien, die Russisch und Tschetschenisch gesprochen hätten. Der Beschwerdeführer habe die Frauen schreien gehört. "Sie" hätten Taschenlampen gehabt, hätten den Beschwerdeführer vom Bett auf den Boden geworfen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei im Zimmer herumgelaufen. Die Mutter habe geweint. Er sei von den fünf Leuten beschimpft worden, diese hätten ihn mit ihren Stiefeln getreten, ständig zum Bruder befragt und auch seine Mutter gestoßen. Plötzlich seien die Männer aufgebrochen und hätten den Beschwerdeführer im Zimmer zurückgelassen. Beim nächtlichen Vorfall im Juli 2004 sei der Beschwerdeführer nicht in der Wohnung gewesen. Er sei lediglich am Tag zuhause gewesen. Sie seien genauso gekommen wie beim ersten Mal. Die Ehefrau und die Kinder des Beschwerdeführers hätten sich zu der Zeit mit ihm bei den Schwiegereltern aufgehalten. Der gesuchte Bruder des Beschwerdeführers komme manchmal nachhause und gehe dann wieder. Nach Juli 2004 habe es keine den Beschwerdeführer persönlich betreffende Vorfälle gegeben. Unmittelbar zum Beschwerdeführer und zu seiner Familie seien sie nicht mehr gekommen. Er habe sich bei Kontrollen immer versteckt. Befragt, wann er wieder zu seiner Wohnadresse zurückgekehrt sei, meinte der Beschwerdeführer, dass er manchmal am Tag gekommen sei, um seiner Mutter zu helfen, wenn er zuvor mitgeteilt bekommen habe, dass es keine Kontrollen geben würde. Er habe nicht mehr ständig dort gewohnt. Aus Angst habe er jedoch nicht mehr zuhause übernachtet. Der Beschwerdeführer sei manchmal - ca. drei