Wohnbau Und Wohnraumbedarf in Den Stadt- Und Landkreisen Baden-Württembergs
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Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2018 Wirtschaft, Arbeitsmarkt Wohnbau und Wohnraumbedarf in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs Thomas Schwarz Im Beitrag werden die Baugenehmigungen für wird, ist nicht einfach zu beantworten. Meist den Wohnungsneubau der Jahre 2013 bis 2016 wird in bestimmten Regionen ein Bedarf fest- nach Stadt- und Landkreisen ausgezählt. Es gestellt, der zum Beispiel am Zuwachs der zeigt sich, dass im Landkreis Biberach in Bezug Wohnbevöl kerung bzw. den davon abgelei- zur Einwohnerzahl die meisten Neubauwoh- teten steigenden Haushaltszahlen gemessen nungen genehmigt wurden. Anhand einer ak- wird. Häufig wird rechnerisch die Zahl der tuellen Studie der prognos AG zum Wohn- Haushalte dem Wohnungsbestand gegenüber- raumbedarf auch in Baden-Württemberg wird gestellt. Stellt man die Zahl der neu zugezoge- verglichen, ob die Wohnungen im Lande da nen Haushalte den genehmigten Neubauten Thomas Schwarz M. A. ist genehmigt wurden, wo sie gebraucht werden. gegenüber, liegt der Schluss nahe, es fehle an Referent im Referat So gesehen bleibt der Wohnungsneubau fast verfügbarem Wohnraum.1 Viel hängt davon „Bauwirtschaft, Gebäude- und Wohnungsbestand, in allen Kreisen des Landes hinter dem ver- ab, ob für Wohnungssuchende die Wohnung Verdienste, Arbeitskosten“ des Statistischen Landes- muteten Bedarf zurück. Schließlich wird nach bzw. der angebotene Neubau in Arbeitsplatz- amtes Baden-Würt temberg. den Gebäudearten differenziert und dargestellt, nähe noch erschwinglich ist. Oft ist eine be- wie viele Ein- und Mehrfamilienhäuser 2016 in zahlbare arbeitsnahe Wohnung in den Zu- den Stadt- und Landkreisen zum Bau freige- zugsgebieten nur schwer zu finden. Das könnte 1 prognos AG (Hrsg.): geben wurden. der Grund dafür sein, dass einige zuziehende Wohnraumbedarf in Haushalte im weiten Umland nach einer Woh- Deutschland und den regionalen Wohnungs- nung suchen (müssen). In den öffentlichen märkten, Studie Woh- Die Frage ob Wohnraum bevorzugt da ent- Medien wird immer wieder thematisiert, dass nungsbautag 2017. Stuttgart/Freiburg steht, wo er besonders dringend gebraucht um zur Arbeit zu kommen, Menschen zuneh- 31.05.2017. Übersicht der Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs nach regionalen Wohnungsmarkttypen Ü (nach prognos) Sehr angespannte Angespannte (Unter den) Top 7 Relativ ausgeglichene Wohnungsmärkte mit Wohnungmärkte mit Wohnugsmärkte Wohnungsmärkte (A-Standorte) Wohnungsmärkte stagnierender Nachfrage rückläufiger Nachfrage (B-Standorte) (C-Standorte) Sp. 1 Sp. 2 Sp. 3 Sp. 4 Sp. 5 Sp. 6 Stuttgart Freiburg im Breisgau Baden-Baden Alb-Donau-Kreis Freudenstadt – Heidelberg Biberach Calw Neckar-Odenwald-Kreis Heilbronn (Stadt) Böblingen Enzkreis Karlsruhe (Stadt) Bodenseekreis Göppingen Mannheim Breisgau-Hochschwarzwald Heidenheim Pforzheim Emmendingen Ortenaukreis Ulm Esslingen Ostalbkreis Heilbronn (Landkreis) Rottweil Hohenlohekreis Schwäbisch Hall Karlsruhe (Landkreis) Schwarzwald-Baar-Kreis Konstanz Sigmaringen Lörrach Main-Tauber-Kreis Ludwigsburg Waldshut Rastatt Zollernalbkreis Ravensburg Rems-Murr-Kreis Reutlingen Rhein-Neckar-Kreis Tübingen Tuttlingen Datenquelle: „Wohnraumbedarf in Deutschland und den regionalen Wohnungsmärkten“, Hrsg. prognos AG, 2017, Auszug aus Tabelle 12, S. 37 ff. 19 Wirtschaft, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2018 Arbeitsmarkt mend längere Pendlerwege in Kauf nehmen, Jahres gesetzt, diese Indikatorwerte dann ad- mit allen Auswirkungen auf Verkehr und soziale diert. Dadurch ergibt sich über die 4 Genehmi- Infrastruktur.2 gungsjahre eine relativ stabile Tendenz. Auf- fällig sind die doch recht weit gestreuten Genehmigungszahlen zwischen 227 auf 10 000 Wohnraumbedarf und Personen (Landkreis Biberach) und 79 (Neckar- Genehmigungsgeschehen Odenwald-Kreis). Diese Thematik aufgreifend werden im Folgen- In der Region mit der nach prognos ausgepräg- den die genehmigten Neubauwohnungen in testen Wohnraumnachfrage – dem Stadtkreis Wohngebäuden in regionaler Verteilung dar- Stuttgart – wurden im Verhältnis zur Bevölke- gestellt. Um zufällige Genehmigungsspitzen rung in den Jahren 2013 bis 2016 eine unter- „nach oben“ oder „nach unten“ möglichst zu durchschnittliche Zahl von Neubauwohnungen nivellieren und Bevölkerungsunterschiede in genehmigt (105 Neubauwohnungen auf 10 000 den Kreisen auszugleichen, wurden im Schau- der Stadtbevölkerung gerechnet). Die weiteren bild 1 die Zahl der genehmigten Neubauwoh- Stadtkreise außer Baden-Baden befinden sich nungen der Jahre 2013 bis 2016 kumuliert und alle im Segment mit sehr angespannten Woh- auf 10 000 Personen der jeweiligen Kreisbevöl- nungsmärkten. Unterdurchschnittliche Neubau- kerung bezogen. Die Rangfolge zeigt den Land- aktivität gemessen an der Stadtbevölkerung kreis Biberach mit Abstand an der Spitze der verzeichneten vor allem der Stadtkreis Karls- Zahl der genehmigten Neubauwohnungen und ruhe gefolgt vom Stadtkreis Pforzheim. Die Stadt- den Landkreis Neckar-Odenwald-Kreis mit der kreise Ulm und Heidelberg lagen im Bezugszeit- im Vergleich geringsten Genehmigungszahl. raum im oberen Drittel der Rangfolge bei den Die Stadtkreise verteilen sich über die gesamte Neubaugenehmigungen. Rangfolge der Genehmigungszahlen, beginnend mit Ulm am oberen Ende mit deutlich über- Nicht alle Landkreise mit „angespannten“ Woh- durchschnittlichem Genehmigungsgeschehen nungsmärkten (Spalte 3 der Übersicht) wiesen und endend mit Stuttgart und Karlsruhe am im Bezugszeitraum überdurchschnittliche bzw. unteren Rand mit unterdurchschnittlichem Ge- durchschnittliche Genehmigungszahlen im Woh- nehmigungsgeschehen. Es fällt auf, dass bei nungsneubau auf. Im unteren Genehmigungs- den südöstlich und südlich gelegenen baden- drittel lagen die Landkreise Rhein-Neckar, Lud- württemberger Kreisen ein überdurchschnittlich wigsburg und Rems-Murr. Dagegen wurden lebhaftes Genehmigungsgeschehen zu beo- den Landkreisen Alb-Donau, Waldshut und bachten ist: Von Norden beginnend mit dem Schwäbisch Hall „relativ ausgeglichene“ Woh- Alb-Donau-Kreis und Ulm, dann Biberach, wei- nungsmärkte bescheinigt, die Ziffer der geneh- ter südlich mit Ravensburg, dem Bodenseekreis migten Neubauwohnungen befand sich dort und den Kreisen Konstanz sowie dem südwest- interessanterweise im oberen Drittel. Ein deut- lich gelegenen Kreis Waldshut. lich überdurchschnittliches Genehmigungsge- schehen, mit Positionen im Schaubild 1 ganz In der Übersicht sind die Stadt- und Landkreise oben, verzeichneten der Landkreis Biberach und Baden-Württembergs nach regionalen Woh- der Bodenseekreis. Wohnungsmärkte mit „sta- nungsmarkttypen angeordnet. Datenquelle ist gnierender Nachfrage“ (Spalte 5 der Übersicht) die bereits zitierte prognos-Studie, die den re- wurden für die Kreise Freudenstadt und Neckar- gionalen Wohnungsbedarf berechnet, indem Odenwald ermittelt. Diese befanden sich mit die Entwicklung der Zahl der Haushalte in Be- ihren Genehmigungsziffern im unteren Drittel ziehung zur Entwicklung des Wohnungsbe- der Rangfolge in Schaubild 1. In Baden-Würt- standes gesetzt wird. Neben dem Verhältnis von temberg gibt es aus Sicht der Prognos-Studie Wohnungen zu Haushalten wurden zusätzlich (derzeit) weiterhin keinen Stadt- bzw. Landkreis Arbeitsmarkt- und Wohlstandsindikatoren mit mit rückläufiger Wohnungsnachfrage (Spalte 6 einbezogen.3 der Übersicht). Vergleicht man die relative Position der Stadt- und Landkreise in der Rangfolge aus Schaubild 1 Welche Gebäudearten wurden genehmigt? 2 Neuer Rekordwert – In mit der Zuordnung der Kreise zu den regionalen Deutschland gibt es Wohnungsmarkttypen in der Übersicht, können Im Folgenden soll das Neubaugeschehen bei immer mehr Pendler, in: SPIEGEL Online vom die in der Studie getroffenen Aussagen mit Wohngebäuden des Jahres 2016 in regionaler 31.7.2017 mit Bezug auf Angaben des Bundesins- diesen aktualisierten Daten bekräftigt werden. Verteilung und aufgeteilt nach Gebäudeart be- tituts für Bau-, Stadt- Im Schaubild wurden die genehmigten Neu- trachtet werden. Landesweit wurden 44 204 und Raumforschung. bauwohnungen der Jahre 2013 bis 2016 in Be- Wohnungen in Wohngebäuden zum Bau frei- 3 Wohnraumbedarf in ziehung auf 10 000 Personen der jeweiligen gegeben, davon 11 349 Wohnungen als Ein- Deutschland, a.a.O., S. 14. Stadt- bzw. Landkreisbevölkerung des selben familienhäuser, 26 856 Wohnungen in der Ge- 20 Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2018 Wirtschaft, Arbeitsmarkt S1 Genehmigte Neubauwohnungen*) auf je 10 000 Einwohner in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs 2013 bis 2016 Wohnungen je 10 000 Einwohner Biberach (LKR) 227 Bodenseekreis (LKR) 201 Ulm (SKR) 189 Alb-Donau-Kreis (LKR) 183 Hohenlohekreis (LKR) 179 Waldshut (LKR) 176 Ravensburg (LKR) 176 Heidelberg (SKR) 171 Konstanz (LKR) 169 Böblingen (LKR) 168 Tübingen (LKR) 165 Heilbronn (LKR) 165 Baden-Baden (SKR) 164 Schwäbisch Hall (LKR) 163 Breisgau-Hochschwarzwald (LKR) 160 Emmendingen (LKR) 159 Heilbronn (SKR) 154 Freiburg im Breisgau (SKR) 150 Ortenaukreis (LKR) 147 Karlsruhe (LKR) 145 Tuttlingen (LKR) 142 Reutlingen (LKR) 139 Mannheim (SKR) 137 Baden-Württemberg 137 Lörrach (LKR) 132 Calw (LKR) 129 Rastatt (LKR) 127 Esslingen (LKR) 126 Schwarzwald-Baar-Kreis (LKR) 119 Pforzheim (SKR) 118 Enzkreis (LKR) 118 Rhein-Neckar-Kreis (LKR) 116 Ludwigsburg (LKR) 115 Rems-Murr-Kreis (LKR) 112 Sigmaringen (LKR) 109 Göppingen (LKR) 108 Ostalbkreis (LKR) 107 Freudenstadt (LKR) 105 Stuttgart (SKR) 105 Rottweil (LKR) 105 Main-Tauber-Kreis (LKR) 96 Zollernalbkreis (LKR) 93 Karlsruhe (SKR) 92 Heidenheim (LKR) 88 Neckar-Odenwald-Kreis (LKR) 79 *) In Wohngebäuden. Bevölkerung