Deutscher Drucksache 12/65 12. Wahlperiode 01.02.91

Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung

über die Plenarsitzung der Nordatlantischen Versammlung am 28. und 29. November 1990 in London.

Die Nordatlantische Versammlung hielt ihre 36. Jah- Übersicht der Tagung restagung vom 25. bis 30. November in London ab. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat entsand- Die 36. Jahrestagung wurde am 28. November 1990 ten folgende Delegation: mit einer Ansprache des scheidenden Präsidenten der Nordatlantischen Versammlung, Abg. Patrick Duffy (Vereinigtes Königreich), in Westminster Hall eröff- net. Er betonte in seinen Begrüßungsworten den rapi- Bundestag den Wandel, der sich gegenwärtig in Europa und in der Welt vollziehe, und die entscheidende Rolle, die die Allianz dabei gespielt habe. Die Parlamentarier Abg. Prof. Dr. (CDU/CSU), Leiter der westlichen Demokratien hätten dazu ihren eige- der Delegation nen Beitrag geleistet, indem sie geholfen hätten, zu den neuen Demokratien in Mittel- und Osteuropa Abg. Roland Becker (CDU/CSU) Brücken zu bauen. Abg. (CDU/CSU) Abg. Lothar Ibrügger (SPD) Auch der britische Verteidigungsminister Tom King, Abg. Karl-August Kamilli (SPD) der die Teilnehmer der Jahrestagung im Namen der Abg. Dieter Koch (CDU/CSU) britischen Regierung begrüßte, stellte die weitere Abg. (SPD) Notwendigkeit einer effektiven Allianz, die sich Abg. Dr. Max Kunz (CDU/CSU) neuen geopolitischen Herausforderungen stellen Abg. Herbert Lattmann (CDU/CSU) müsse, in den Vordergrund seiner Ausführungen. Das Abg. (Die Grünen) Ende der militärischen Blöcke in Europa und neue Abg. Lorenz Niegel (CDU/CSU) regionale Konfliktherde machten die Erarbeitung Abg. Peter Petersen (CDU/CSU) neuer Strategien, die Übernahme zusätzlicher Verant- Abg. (FDP) wortung und neue Formen der Kooperation erforder- Abg. Brigitte Schulte (SPD) lich. Abg. Ursula Seiler-Albring (FDP) Abg. Dr. Klaus-Dieter Uelhoff (CDU/CSU) Die Ausschüsse tagten am 26. und 27. November Abg. Karsten D. Voigt (SPD) 1990. Abg. Peter Würtz (SPD) Am 29. November 1990 fand die Plenarsitzung mit einer Debatte zu den Themen „Neue regionale Zu- ständigkeiten für ein Bündnis im Wandel" und „Schaffung einer Versammlung von Parlamentariern Bundesrat aus den Mitgliedstaaten der KSZE" statt. Abg. Duffy (Vereinigtes Königreich) brachte die Ple- Senator Volker Kröning (SPD) Bremen, stellvertreten- narresolution über „Neue regionale Zuständigkeiten der Leiter der Delegation für ein Bündnis im Wandel" ein. Er hob hervor, daß es Minister Prof. Dr. Hans-Peter Bull (SPD), Schleswig- für die Allianz nach der Überwindung der Teilung Holstein Europas nun darauf ankomme, einen aktiven Part für Staatsminister Rudi Geil (CDU), Rheinland-Pfalz die Schaffung eines neuen und stabilen Europas zu Senator Horst Gobrecht (SPD), Hamburg spielen. Es sei unabdingbar, die Kollegen in den Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode osteuropäischen Staaten bei der Lösung ihrer Pro- ner deutschen Delegation könne es keinen glückli- bleme zu unterstützen. Sicherheit sei nur auf koope- cheren Moment geben, um sich von der Versammlung rativer Grundlage möglich. Zugleich erforderten aber zu verabschieden. Es sei ein großes P rivileg, so viele auch Entwicklungen außerhalb Europas, wie die Golf- Jahre an Konferenzen und Diskussionen teilgenom- krise, volle Aufmerksamkeit. Zusammenhalt und Soli- men zu haben, wofür er sich bei allen bedanken wolle. darität müsse Priorität zukommen. In Anbetracht Deutschland stehe im Zusammenhang mit der Verei- neuer Risiken und Verwundbarkeiten müsse die Alli- nigung vor schwierigen Aufgaben, deren Bewälti- anz eine aktivere Ro lle als bisher übernehmen. Duffy gung große Anstrengungen erforderten. Es werde betonte, daß durch die Golfkrise europäische Interes- sich aber weiter seiner Verantwortung gegenüber der sen direkt berührt seien; die größte Gefahr liege aber Allianz bewußt sein und in seinem Engagement für in der Bedrohung des Zusammenhalts der Allianz in das Bündnis nicht nachlassen. einem Moment, wo Einigkeit mehr denn je gefragt sei. Senator (Italien) hob hervor, daß der Pariser Dies müsse um jeden Preis verhindert werden, und Orlando KSZE-Gipfel einen historischen Wendepunkt dar- deshalb müsse die Allianz aktiv und positiv neue re- stelle. Helsinki I habe die Koexistenz ideologisch ent- gionale Zuständigkeiten übernehmen. gegengesetzter Systeme bedeutet. Helsinki II werde Abg. Fascell (Vereinigte Staaten) erläuterte sodann ein Forum für Systeme sein, die die gleichen Wertvor- den Entschließungsantrag betreffend die „Schaffung stellungen teilten. Die NATO sei ein Garant für die einer Versammlung von Parlamentariern aus den Mit- Helsinki-Ziele, unabhängig davon, daß ein potentiel- gliedstaaten der KSZE", dessen Einbringung der ler Gegner weggefallen sei. Angesichts neuer Instabi- Ständige Ausschuß beschlossen hatte. Er äußerte die litäten in Osteuropa und in der Nah-Ost-Region stehe Ansicht, daß es die gegenwärtige Phase des Übergan- der KSZE-Prozeß vor einer wichtigen Bewährungs- ges wert sei, neue Ideen zu entwickeln, wie z. B. die probe. Schaffung eines parlamentarischen Gremiums der Senator Orlando schlug vor, daß der Westen eine KSZE-Staaten. Dies werfe jedoch auch Fragen im Hin- Charta für nationale Minderheiten fördern solle, die blick auf das Verhältnis zu bereits existierenden Gre- den von Desintegration und ethnischen Konflikten mien auf, wie z. B. dem Europarat und der Nordatlan- bedrohten Ländern helfen könne. tischen Versammlung; hier stehe man erst am Anfang der Diskussion. Die Nordatlantische Versammlung, Abg. Hicks (Kanada) wies auf die bittere Ironie der die sich den Ruf einer wirksamen interparlamentari- Geschichte hin, daß gerade zu einer Zeit, die einen schen Organisation verschafft habe, solle jedoch wei- vielversprechenden Wandel erlebe, die Welt in der terhin die Funktion eines zentralen Fo rums für Nah-Ost-Region vor einem Konflikt nie dagewesenen Aspekte der Sicherheit und der Entwicklung demo- Ausmaßes stehe. Die Tatsache, daß auch die Sowjet- kratischer Gesellschaften ausüben. union hinter der multinationalen Streitmacht gegen die irakische Aggression stehe, sei ein weiterer Be- In der sich anschließenden gemeinsamen Debatte er- weis für die Beendigung des kalten Krieges. Auf dem griff zunächst der Leiter der deutschen Delegation, Spiel stehe jetzt mehr als nur Kuwait, es gehe um die Abg. Prof. Dr. (Bundesrepublik Deutschland) Abelein Fähigkeit der Allianz, Frieden und Sicherheit durch das Wort. Er äußerte seine Freude über das P rivileg, effektive und gemeinsame Maßnahmen zu gewährlei- auf seiner letzten NAV-Sitzung als erster Redner spre- sten. chen zu dürfen. Er führte aus, daß die NATO eine sehr erfolgreiche Allianz sei, die ihre Ziele erreicht habe, Der Abg. Yavuztürk (Türkei) betonte, daß nach einer ohne militärische Mittel eingesetzt zu haben. Vor ei- langen Phase der Konfrontation nun die Zeit der Zu- nem Jahr noch seien die Geschehnisse der letzten sammenarbeit angebrochen sei. Auch die Sowjet- Monate undenkbar gewesen. Die schmerzhafte Tei- union habe sich nicht mehr der Einsicht verschließen lung Europas und speziell Deutschlands seien nun- können, daß Sicherheitsinteressen nur kooperativ ge- mehr fast überwunden. Ohne die NATO wäre dies wahrt werden könnten. Da die UdSSR aber eine mili- nicht möglich gewesen. Dennoch sei die Allianz jetzt tärische Supermacht bleibe, sei ein intaktes Bündnis nicht überflüssig geworden; sie bleibe Garant der Si- nicht nur für ein Land, das direkt an die Sowjetunion cherheit und Ordnung in Europa. Die NATO stehe angrenze, weiterhin notwendig. nunmehr neuen Herausforderungen gegenüber. Ver- Abg. (Luxemburg) erinnerte an die Ergeb- schwunden sei die Gefahr im Zentrum Europas, neue Greisch nisse des Londoner NATO-Treffens und den Pariser Bedrohungen entstünden aber an den Flanken des KSZE-Gipfel in diesem Jahr, die in entscheidender Bündnisses, besonders an dessen südlicher Seite. Der Weise dazu beitrügen, das gemeinsame europäische Streit um Ressourcen und Waffenlieferungen sei ein Haus zu formen. Dies werde auch Auswirkungen auf Problem, mit dem sich die Allianz in Zukunft verstärkt die Strategie der NATO haben. Eine globale Rolle beschäftigen müsse. werde die Allianz künftig bei der Unterstützung von Eine nur militärische Allianz im klassischen Sinne sei Beschlüssen der UNO übernehmen können, wie dies die NATO nie gewesen. Sie sei immer auch eine Orga- gegenwärtig bei der Golfkrise sichtbar werde. nisation mit wirtschaftlichen und politischen Optionen Abg. Moya (Spanien) begrüßte Vorschläge, die auf gewesen, und genau als solche sei sie jetzt gefragt. eine stärkere Berücksichtigung der Mittelmeerstaaten Als Sprecher der deutschen Delegation könne er sa- im KSZE-Prozeß hinausliefen. Im Hinblick auf ein gen, daß dies eine sehr gute Konferenz gewesen sei. eventuelles Tätigwerden der Allianz außerhalb des Zum ersten Male gehörten der Delegation Abgeord- Vertragsgebietes äußerte Moya die Ansicht, daß dies nete aus beiden Teilen Deutschlands an, die ein ver- zu Spannungen und letztlich zur Schwächung des eintes Deutschland repräsentierten. Für den Leiter ei- Bündnisses führen würde. Die Golfkrise zeige, daß

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Bedrohungen der internationalen Stabilität auch im garantieren. Dafür seien andere Organisationen wie UNO-Rahmen wirksam begegnet werden könnte. die UNO besser berufen.

Abg. Frinking (Niederlande) hob hervor, daß nicht nur Abg. Eiriksson (Island) erinnerte die Abgeordneten die NATO, sondern auch andere supranationale Or- daran, daß der Irak vor allem mit in NATO-Ländern ganisationen zur Befassung mit regionalen Konflikten hergestellten modernen Waffen hoch gerüstet sei. Zu- - kompetent seien. Der NATO-Vertrag solle deshalb dem habe der Irak im Krieg gegen den Iran viele von nicht geändert werden, weil dies das Bündnis ausein- westlichen Ländern noch an den Schah gelieferte anderdividieren würde. Wollten einzelne NATO Waffen erobert, die nun westliche Soldaten bedroh- Staaten darüber hinausgehende Verantwortung über- ten. Irakische Piloten seien in westlichen Ländern aus- nehmen, könnten sie dies im Rahmen der WEU auf der gebildet worden. Der Abgeordnete beklagte die hier Basis von Ad-hoc-Beschlüssen tun. sichtbare Doppelmoral der westlichen Länder und mahnte eine Änderung der Waffenlieferungspraxis Für Abg. Frau Bosterud (Norwegen) bleibt die NATO an. auch angesichts des Wandels in Europa als politische Abg. (Australien) bedankte sich für die Gele- und militärische Organisation notwendig. Es sei nun- Sciacca mehr Zeit, die Verhandlungen über den Abbau der genheit, zur Versammlung sprechen zu dürfen. Er hob die politischen, geschichtlichen und kulturellen Bin- konventionellen Streitkräfte auch auf vertrauensbil- dende Maßnahmen und Rüstungskontrollmaßnah- dungen Australiens zu den NATO-Ländern hervor und betonte die Verantwortung der westlichen Län- men auf See auszudehnen. Die Abgeordnete sprach der für die wirtschaftli sich für eine stärkere politische Ro lle des Bündnisses che Prospe rität der Welt. Sci- acca forderte dazu auf, die Antarktis zu einem Welt- bei regionalen Konflikten aus, weil dort leichter als bei militärischem Engagement ein Konsens zu erzielen naturpark zu machen. sei. Abg. Gloushkov (Bulgarien) zeigte sich über die bei- den Resolutionsentwürfe erfreut und erklärte die Be- (Frankreich) führte aus, daß zur Un- Abg. Chauveau reitschaft der bulgarischen Parlamentarier, nach dem terstützung und Sicherung der demokratischen Ent- Vorbild der Versammlung des Europarates an der wicklungen in Osteuropa konkrete Hilfen des We- Schaffung einer parlamentarischen Versammlung der stens, nicht nur finanzieller Art, gefordert seien. In der KSZE-Staaten mitzuarbeiten. Er dankte für die Mög- Golfkrise müßten zunächst kompetente regionale Or- lichkeit, in der NAV den assoziierten Status zu erhal- ganisationen, wie z. B. die Arabische Liga, Verant- ten. wortung übernehmen. Da die Interessen der gesam- ten Völkergemeinschaft auf dem Spiel stünden, dürfe Abg. Nagano (Japan) würdigte die Arbeit der NATO, es keine Rivalität zwischen verschiedenen Organisa- die Stabilität auch außerhalb Europas gewährleistet tionen geben. habe und auch in Zukunft sicherstellen werde. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Europa, Abg. Verivakis (Griechenland) hob hervor, daß die Nordamerika und Japan müsse ausgebaut werden. Er alte Ordnung in Europa noch nicht ganz verschwun- erwähnte, daß sich Japan nicht nur finanziell und den und die neue noch nicht in vollem Maße gegen- materiell, sondern auch durch ein Truppenkontingent wärtig sei. In dieser Phase des Überganges markierten in der Golfkrise engagiere. der Londoner NATO-Gipfel und die Pariser KSZE- Konferenz in diesem Jahr wichtige Wendepunkte. Der Abg. Dornbach (Ungarn) bedankte sich für die Mög- Abgeordnete beklagte im Hinblick auf die Golfkrise lichkeit, in Zukunft an der Arbeit der NAV teilnehmen die Nichtbeachtung von UNO-Beschlüssen und er- zu können. Besorgt sei er über Zeichen der Instabilität wähnte in diesem Zusammenhang auch die Zypern in den osteuropäischen Ländern, wie ethnische Kon- Problematik. flikte und Armutswanderungen, die große Probleme auch für die westeuropäischen Länder bringen könn- Der türkische Vizepräsident der Versammlung for- ten. Hier seien gemeinsame Anstrengungen notwen- derte den Abg. Verivakis auf, nicht zu seiner Ansicht dig; nicht Barmherzigkeit, sondern Hilfe zur Selbst- nach abseits des Themas liegenden Punkten zu spre- hilfe bräuchten die osteuropäischen Länder. chen. Abg. Koschnick (Bundesrepublik Deutschland) äu- Abg. Sir Peter Emery (Vereinigtes Königreich) wies ßerte seine Wertschätzung für die Arbeit der Nordat- darauf hin, daß es sich bei der NATO um das erfolg- lantischen Versammlung und speziell des Vorsitzen- reichste Bündnis der Geschichte handele. Sie sei nicht den Duffy und sprach diesem seinen Dank aus. Zu- nur eine Militärorganisation, sondern auch eine gleich müsse er aber erklären, daß die deutsche Dele- Wertegemeinschaft. Um den neuen Aufgaben für den gation der Resolution 297 nicht zustimmen könne. Weltfrieden gerecht zu werden, sollte die Allianz auf Parlament und Regierung in Deutschland seien an die Australien, Japan und — so hoffe er — in nicht all zu Verfassung gebunden, die einen „out-of-area " -Ein- ferner Zukunft auf die Sowjetunion ausgedehnt wer- satz nicht zulasse. Der NATO, auf die in Europa neue den. Aufgaben zukämen, sollten keine zusätzlichen Lasten aufgebürdet werden. Die Integration der DDR in die Abg. Harmegnies (Belgien) äußerte die Überzeugung, Bundesrepublik Deutschland und damit in die NATO, daß KSZE und EG im Verhältnis zur NATO größere die Chancen auf enge Zusammenarbeit mit Polen, Bedeutung für Frieden und Stabilität gewinnen wür- Ungarn, der CSFR und anderen Staaten sollten der den. Er warnte davor, NATO-Kompetenzen durch NATO für die nächsten Jahre genug Aktivität bringen Neuinterpretation der Verträge auszudehnen. Die und deren inneren Zusammenhalt stärken. In NATO müsse nicht die Sicherheit der ganzen Welt Deutschland werde diese Problematik im Parlament

Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode mit dem Ziel einer Stärkung der UNO und des Sicher- rade für das Nordatlantische Bündnis hervor. Ohne heitsrates diskutiert werden. Er denke, daß man in funktionierende Seestreitkräfte und Transportwege schwierigen Zeiten mehr verpflichtet sei, zusammen auf dem Meer hätte nicht so überzeugend auf die Her- mit der Völkergemeinschaft zur Sicherheit in der Welt ausforderungen am Golf geantwortet werden können. beizutragen, er glaube aber nicht, daß die NATO hier- Dies müsse auch bei künftigen Rüstungskontrollver- für das geeignete Gremium sei. Dies sei seine Mei- handlungen berücksichtigt werden. nung und die seiner Parteifreunde, im Laufe der par- lamentarischen Debatte würde man aber sicher zu Abg. Petersen (Bundesrepublik Deutschland) erin- Präzisierungen kommen. nerte daran, daß mit der Überwindung der Spaltung in Europa ein Traum in Erfüllung gehe, dessen Realisie- Persönlich wolle er schließlich anmerken, daß die rung die NATO garantiert habe. Er dankte den Alli- NATO als Verteidigungsorganisation westlicher In- ierten, daß es ohne Krieg möglich gewesen sei, den dustrieländer gegen Bedrohungen östlicher Industrie- deutschen Traum von der Einheit zu verwirklichen. länder gegründet worden sei, zur Verteidigung der Freiheit im Ost-West-Konflikt, zwischen Kommunis- mus und Demokratie. Eine Umformung der NATO in Als weiterhin unverzichtbare, einzig funktionierende ein Instrument der Industriestaaten zur Lösung von kollektive Sicherheits- und Verteidigungsstruktur, die Konflikten im Süden der Welt wäre eine völlige Um- Stabilität gewährleisten könnte und praktizierte Part- kehrung der ursprünglichen Intentionen. Es sei nicht nerschaft und Wertegemeinschaft 16 souveräner und Aufgabe der reichen Nationen allein, für Stabilität auf demokratischer Nationen beiderseits des Atlantiks der Welt zu sorgen. Deshalb müsse die UNO gestärkt bezeichnete der Generalsekretär der NATO und Vor- sitzende des Nordatlantik-Rates, Dr. Manfred werden. Wör- ner, die NATO in seiner Grußansprache. Das Ende des Abg. Herrero (Spanien) sprach sich ebenfalls für eine kalten Krieges und der Erfolg des Pariser KSZE-Gip- Beschränkung der NATO-Aufgaben auf das Vertrags- fels hätten die Allianz ihren Ursprungszielen näher- gebiet aus. Dies sei jahrzehntelang so praktiziert wor- gebracht, dennoch sei es bis zu einem freien, blühen- den und genau in dieser Selbstbeschränkung habe den und sicheren Europa noch ein langer Weg mit der Erfolg des Bündnisses gelegen. neuen Herausforderungen, die bewältigt werden müßten. Solange künftige Risiken nicht genau kalku- Abg. George (Vereinigtes Königreich) befürwortete, liert werden könnten, sei die NATO die beste Versi- daß die NATO als militärisches und politisches Bünd- cherung gegen jede Art von Ungewißheit. Wörner nis trotz der Auflösung des Warschauer Vertrages fort- betonte, daß die NATO mit der KSZE für die Alltags- bestehen bleiben solle. Die mittel- und osteuropäi- arbeit dynamische wechselseitige Beziehungen ent- schen Staaten sollten sich in Zukunft verstärkt an der wickeln wolle, warnte jedoch davor, allein in der Arbeit der NAV beteiligen. Dies würde die Diskussio- KSZE das Instrument zu sehen, das Stabilität und Si- nen bereichern und zu einem größeren Konsens auf cherheit gewährleisten könne; dies könne nur die kol- sicherheitspolitischem Gebiet führen. lektive Sicherheitsstruktur der Allianz. Wörner äu- Abg. Tremaglia (Italien) forderte dazu auf, na tionale ßerte sich besorgt darüber, daß Wohlstandsgrenzen Traditionen und Identitäten in Europa innerhalb ge- nationale Tendenzen und ethnische Konflikte ver- rechter Grenzen zu ermutigen, warnte aber gleichzei- schärfen könnten. Er wies darauf hin, daß die Sowjet- tig vor der Gefahr neuer Instabilitäten. Er setzte sich union trotz ihres Interesses an stabilen und f riedlichen für eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenar- Beziehungen mit den westlichen Nationen eine mili- beit für den Mittelmeerraum ein, die auch auf afrika- tärische Supermacht bleibe, die ein Gegengewicht nische Vorstellungen eingehen könne. benötige. Im Hinblick auf die Golfkrise vertrat Wörner den Standpunkt, daß Bedrohungen der territorialen Abg. (Griechenland) wies auf den globalen Korakas Integrität der NATO von außerhalb Europas nicht als Charakter vieler Probleme hin und setzte sich für eine „out-of-area"-Bedrohung heruntergespielt werden stärkere Rolle der UNO ein. Er warnte vor einer mili- dürften. Vielmehr müßten derartige Risiken in die tärischen Aktion gegen den Irak, weil dies zu einer Verteidigungsplanung der Allianz einbezogen wer- weltweiten islamischen Solidarisierung führen würde, den. und sprach sich statt dessen für politische und wirt- schaftliche Maßnahmen aus. Abschließend würdigte Wörner die Arbeit der Nordat- Abg. van Traa (Niederlande) äußerte die Ansicht, daß lantischen Versammlung, insbesondere die Berichte ein „out-of-area"-Einsatz der NATO nur im Rahmen und die vertieften Diskussionen der Arbeitsgruppen. eines UNO-Mandats erfolgen könne. Zuvor müßten Wörner zeigte sich überzeugt, daß eine parlamentari- alle nichtmilitärischen Mittel ausgeschöpft werden. sche Versammlung der KSZE die professionellen Bei- träge der Nordatlantischen Versammlung zu würdi- Abg. Sir Geoffrey (Vereinigtes König- Johnson Smith gen wissen werde. reich) sprach sich ebenfalls für den Fortbestand des NATO-Verteidigungskonzeptes aus und forderte Auf die Frage des Abg. (Niederlande), ob die dazu auf, dieses den gewandelten Aufgaben anzupas- van Traa veränderte geopolitische Situation nicht mit der Auf- sen. Da eine eigene Verteidigungspolitik der EG noch gabe der Strategie der Vorneverteidigung einherge- in weiter Zukunft liege, gehe es jetzt darum, die Ver- hen müsse, antwortete Wörner, daß die Strategieüber- teidigungspolitiken der europäischen Länder besser arbeitung voranschreite; das Konzept der Vornever- und effektiver zu koordinieren. teidigung im herkömmlichen Sinne werde verändert, Abg. Bereuter (USA) hob die Bedeutung effektiver das Prinzip, möglichst weit vorne zu verteidigen, Seestreitkräfte und die Sicherung der Seewege ge- bleibe aber.

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Abg. Lello (Portugal) wollte wissen, welche Rolle Hussein zeige, daß zum ersten Mal in der Geschichte Kurzstreckenraketen in Zukunft spielten und wann der Vereinten Nationen die Chance bestehe, den Stö- gegebenenfalls darüber verhandelt werde. Der Gene- rer dieser kollektiven Ordnung wirksam in die ralsekretär führte hierzu aus, daß in Zukunft auf Nu- Schranken zu weisen. Die Nordatlantische Allianz klearartillerie weitgehend verzichtet werden könne, habe jahrzehntelang in Europa gemeinsame Verant- ein völliger Abbau aber nicht möglich sein werde. Er wortung praktiziert und Erfolg dabei gehabt. Nun gehe davon aus, daß im nächsten Jahr die Verhand- zeige sie, daß sie auch neuen Anforderungen gewach- lungen begännen. sen sei. Ihre Mitgliedstaaten seien bereit, für eine glo- bale Sicherheitsordnung ihren Beitrag zu leisten. Senator Boffa (Italien) richtete an Wörner die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Maße Gladio-Stel- Auf die Frage von Senator Gianotti (Italien) nach den len im NATO-Rahmen operiert hätten, wer verant- zukünftigen Beziehungen zwischen der NATO und wortlich für die Führung der Gladio-Mitarbeiter ge- der EG erwiderte Kinnock, daß sich die Europäische wesen sei, und ob diese Organe in einem gewandel- Gemeinschaft nicht zu einer militärischen Allianz wei- ten NATO-System verschwinden könnten. Der Gene- terentwickeln dürfe; dies bedeute aber nicht, daß ein- ralsekretär äußerte hierzu, daß es Tradition in der zelne EG-Staaten in Zukunft keine eigenen Beiträge NATO sei, derartige Dinge nicht in der Öffentlichkeit zur kollektiven Sicherheit leisteten. Die strukturellen zu besprechen. Gleichwohl habe man aber nichts zu Unterschiede zwischen der EG und der NATO wür- verstecken, in erster Linie verantwortlich seien aber den trotz Überlappungen bleiben. die Mitgliedstaaten der NATO. Der Präsident der tschechoslowakischen Nationalver- Der polnische Außenminister Krzysztof Skubiszewski sammlung, Alexander Dubč ek erinnerte in seinen hob die Schlüsselrolle seines Landes in dessen geopo- Grußworten an die Parlamentarier an die historischen litischer Lage zwischen Deutschland und der Sowjet- Ereignisse in der Tschechoslowakei im Jahre 1968. union hervor. Diese Situation habe in der Vergangen- Dubč ek verwies auf damalige Ziele der Reformer und heit oft zum Nachteil Polens geführt, er hoffe nun daß es sich als richtig herausgestellt habe, sich gegen aber, daß sie sich in einem gewandelten Europa zum die Intervention der Warschauer-Pakt-Staaten nicht Vorteil Polens und Europas als Ganzem entwickele. militärisch gewehrt zu haben. Ursache für den friedli- Das Warschauer Bündnissystem habe de-facto aufge- chen Wandel in Europa sei die in der Sowjetunion hört zu existieren; dies werde seiner Ansicht nach eingeleitete Politik der Perestroika, die es auch den jedoch nicht zu einem sicherheitspolitischen Vakuum Ländern der früheren sowjetischen Einflußsphäre er- führen. Skubiszewski sprach sich in diesem Zusam- möglicht habe, Umgestaltungen und demokratische menhang dagegen aus, in Europa neutrale oder Puf- Reformen einzuleiten. Dubcek zeigte sich besorgt ferzonen zu schaffen, weil diese ihrer Natur nach dazu über die wirtschaftliche Krise in der Sowjetunion und tendierten, Gegenstand von externen Einflußversu- warnte vor einem Scheitern der Perestroika, für deren chen und Rivalitäten zu sein. Europas Sicherheit Gelingen letztlich alle Länder mitverantwortlich müsse vielmehr als Ganzes konzipiert werden, was seien. bilaterale Vereinbarungen aber einschließe. Als Bei- spiel für derartige bilaterale Verträge hob der polni- sche Außenminister den deutsch-polnischen Vertrag Zum Verlauf der Konferenz über Zusammenarbeit und gute Nachbarschaft her- vor. Polen beabsichtige, mit der Sowjetunion und An der 36. Jahrestagung nahmen Beobachterdelega- Frankreich ähnliche Verträge zu schließen. Gehe es in tionen aus Australien, Bulgarien, der CSFR, Japan, einer ersten Phase vor allem darum, Spannungen Ungarn, Polen und der UdSSR teil. An der Spitze der durch verstärkte Zusammenarbeit der europäischen CSFR-Delegation stand Parlamentspräsident Alexan- Staaten abzubauen, so müsse sich Europa langfristig der Dubcek, die sowjetische Beobachtergruppe leitete in ein kollektives Verteidigungssystem gegen Bedro- General Wladimir Lobow. hungen von außen wandeln. Skubiszewski würdigte die Rolle, die die Allianz für den KSZE-Prozeß spiele Die Delegierten trafen folgende Personalentscheidun- und sprach sich gegen deutsch-sowjetische Sonder- gen: beziehungen aus. Zum neuen Präsidenten der Nordatlantischen Ver- Der Oppositionsführer im britischen Unterhaus, Neil sammlung wurde der amerikanische Abgeordnete Kinnock, begrüßte, daß die NATO den Wandel in Charles Rose (Demokrat) mit 87 Stimmen von insge- Zentral- und Osteuropa nicht passiv verfolgt, sondern samt 159 Stimmen gewählt. aktiv gefördert habe. Das Schlußdokument des Pariser KSZE-Gipfels bringe diese Entwicklung zum Aus- Zur Wahl für das Amt des Präsidenten standen zwei druck und bilde den Rahmen für die zukünftige Si- Kandidaten zur Verfügung. Neben dem Abg. Rose cherheit in Europa. Nun gelte es, durch praktische kandidierte der amerikanische Senator William Zusammenarbeit auf allen Ebenen, insbesondere auf D. Roth (Republikaner). dem Gebiet der ökonomischen Entwicklung, die Dau- Für das Amt eines Vizepräsidenten der Versammlung erhaftigkeit dieses Prozesses zu garantieren. Die fort- hatten sich folgende Abgeordnete zur Wahl gestellt: schreitende ökonomische und institutionelle Einigung der europäischen Gemeinschaft gebe hierfür wichtige Robert Hicks (Kanada) Impulse. Zugleich seien die Hoffnungen vieler nach Sir Geoffrey Johnson Smith (Vereinigtes König- einer globalen Friedensordnung, Sicherheit und Zu- reich) sammenarbeit greifbarer geworden. Der Golfkonflikt Jose Lello (Portugal) und das Zusammenstehen der Völker gegen Saddam Rodrigo de Rato (Spanien)

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Gewählt wurden die Abg. Robert Hicks, Sir Geoffrey Entschließungstexte zu „Ozonloch und globaler Kli- Johnson Smith und Jose Lello. mawandel" und „Verschmutzung in der Sowjetunion Von den Mitgliedern der deutschen Delega tion wurde und Osteuropa" . Abgeordneter Karsten D. Voigt in seinem Amt als Vor- Zu dem vom Abg. Perez-Llorca (Spanien) vorgelegten sitzender des Ausschusses für Verteidigung und Si- Sonderbereicht über „Neue Technologien und Vertei- cherheit bestätigt und Abgeordneter Lothar Ibrügger digung", der sich speziell mit entwicklungsspezifi- zum Vorsitzenden des Ausschusses für Wissenschaft schen Aspekten bei Luftfahrzeugen und Raketen be- und Technik wiedergewählt. schäftigte, wurde kontrovers die Frage diskutiert, ob die Wartungs- und Betriebskosten dieser Systeme ten- Auf einem Empfang in der historischen Guildhall, den denziell geringer würden, oder ob die Hersteller die der Lord Mayor von London, Sir Alexander Graham, tatsächlich hohen Kosten verschleierten; dieses Pro- am Abend des 28. November 1990 gab, hob dieser in blem will der Berichterstatter im nächsten Bericht ver- seinen Begrüßungsworten hervor, daß sich in der Ge- tiefen. schichte große politische Wandel immer wieder auch als Perioden der Unsicherheit erwiesen hätten und Der Zwischenbericht des Abg. Banks (Vereinigtes Kö- deshalb neue Vereinbarungen durch geduldige Ver- nigreich) für den Unterausschuß „Ve rifikation und handlungen ausgearbeitet werden müßten. Er zeigte Technologie" hatte aktuelle Aspekte der „open-sky"- sich überzeugt, daß es der NATO auch in Zukunft Politik sowie Fragen militärischer Technologie in ei- gelingen werde, die neuen Herausforderungen zu be- nem veränderten strategischen Umfeld zum Gegen- stehen. stand. Der Berichterstatter äußerte insbesondere die Hoffnung, daß der KSZE-Prozeß den „open-sky"-Ver- Der Präsident der Nordatlantischen Versammlung, handlungen neue Impulse verleihe. Abg. Patrick Duffy, ging in seiner Ansprache an die Gäste auf die führende Rolle Londons als Finanzplatz Abg. Lewis (USA) informierte den Ausschuß über das ein und erinnerte dabei an die wirtschaft lichen Projekt „Nationales Weltraum-Flugzeug" (NASP), die Aspekte aller Verteidigungsanstrengungen. Es sei dabei angewandten Technologien und den Entwick- nicht zufällig, daß die Europäische Bank für Wieder- lungsstand in anderen Ländern. Der Abg. Novozhi- aufbau und Entwicklung, die p rivate Initiativen in low, Flugzeugexperte und Mitglied des Obersten So- Osteuropa ermutigen und finanziell unterstützen soll, wjets der UdSSR, berichtete über die Bemühungen in ihren Sitz in London haben werde. der Sowjetunion, ein Überschallflugzeug zu entwik- keln, und erklärte die Bereitschaft seines Landes, auf diesem Gebiet mit anderen Staaten zusammenzuar- beiten. Ausschuß für Wissenschaft und Technik Der Ausschußvorsitzende, Abg. Ibrügger (Bundesre- Der Ausschuß für Wissenschaft und Technik tagte am publik Deutschland), legte den Delegierten ein infor- 26. und 27. November 1990 unter Vorsitz des Abg. melles Papier vor, das die zunehmende Verstopfung Lothar Ibrügger (Bundesrepublik Deutschland). des europäischen Luftraumes und die dadurch verur- sachten Kosten kritisch aufgreift. Spürbare Entlastung Im Mittelpunkt der Ausschußberatungen standen könnte der Abzug von ca. 1 Mio. Soldaten und die zwei Generalberichte, die vom Generalberichterstat- damit verbundene zivile Nutzung bisher militärisch ter Sir Peter Emery (Vereinigtes Königreich) zu den verwendeter Flugplätze bringen. Themenbereichen „Ozonloch und globale Erwär- mung" und „Umweltprobleme in der Sowjetunion Im Ausschuß bestand Einigkeit, daß dieses Thema für und Osteuropa" vorgelegt wurden. Einen Sonderbe- die nächste Frühjahrstagung in Rotterdam weiter auf- richt zu „Neue Technologien und Verteidigung" er- gearbeitet werden solle. stattete der Abg. Perez - Llorca (Spanien); einen Zwi- Zum Abschluß der Sitzung wurde der Abg. Ibrügger schenbericht legte der Abg. Banks (Vereinigtes Kö- (Bundesrepublik Deutschland) als Ausschußvorsit- nigreich) als Berichterstatter des Unterausschusses zender wiedergewählt. Zu stellvertretenden Vorsit- „Verifikation und Technologie " vor. zenden wurden die Abg. Boehlert (USA) und Chauty (Frankreich) gewählt. Generalberichterstatter wird Ausführlich diskutiert wurde der Generalbericht auch in Zukunft Sir Peter (Vereinigtes König- „Ozonloch und globale Erwärmung", der die gegen- Emery reich) sein. wärtigen wissenschaftlichen Positionen beschrieb und Forderungen an die praktische Politik formu- lierte, wobei besonders auf die hohe Abhängigkeit der Industriestaaten von der Ölversorgung und die Not- Ausschuß für Verteidigung und Sicherheit wendigkeit der Erschließung neuer Energiequellen Die Sitzungen des Ausschusses für Verteidigung und hingewiesen wurde. Sicherheit fanden am 26. und 27. November 1990 un- Über den Generalbericht „Umweltprobleme in der ter dem Vorsitz von Abg. Karsten D. Voigt (Bundesre- Sowjetunion und Osteuropa" wurde ebenfalls lebhaft publik Deutschland) statt. debattiert, wobei erstmals teilnehmende Vertreter aus Der Generalberichterstatter des Ausschusses, Abg. der CSFR (Abg. Lux), Polen (Abg. Rusecki) und Un- van Vlijmen (Niederlande) stellte den Entwurf eines garn (Abg. auf die kritische Lage in ihren Län- Sipos) Generalberichtes vor, der sich mit dem veränderten dern hinwiesen und die Bemühungen zur Verbesse- Arbeitsplan des Bündnisses in Sicherheitsfragen be- rung der Situation vorstellten. faßt. Ausgehend von der Feststellung, daß die Zeit Der Ausschuß verabschiedete einstimmig die von Sir europäischer Kriege vorbei sei, zeichnete der Gene- Peter Emery (Vereinigtes Königreich) vorgelegten ralberichterstatter den Weg zu Integra tion und Befrie-

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dung in Europa. Auf diesem Weg kommt nach seiner ropa. Dazu wird zunächst die Entwicklung der Streit- Auffassung der Rüstungskontrolle eine herausra- kräfte in den Ländern Osteuropas analysiert. Polen, gende Bedeutung zu. Insbesondere thematisiert wer- Ungarn, die Tschechoslowakei, Bulgarien und Rumä- den die strategischen Atomwaffen, die Verteidi- nien stehen dabei im Vordergrund. Daran anschlie- gungs- und Weltraumwaffen, die Atomtests, chemi- ßend wird die Debatte innerhalb der NATO anhand sche Waffen und der Nichtverbreitungs-Vertrag. Auf- - der Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Ame- grund einer Analyse dieser Entwicklungen wendet rika, Kanadas, Großbritanniens, Frankreichs, Bel- sich der Generalberichterstatter neuen Herausforde- giens und der Niederlande dargestellt. Besonders ein- rungen für das Bündnis zu. Als solche erkennt er den gegangen wird auf die Zukunft der in Deutschland weltweiten Waffenhandel, die Kontrolle des Rü- stationierten Streitkräfte. Dabei wird dem Vertrag stungstransfers und die Aggression des Irak. Auf der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Grundlage seines Generalberichtes hat der General- Sowjetunion über den schrittweisen Abbau und den berichterstatter einen Entschließungsentwurf über geregelten Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus Rüstungskontrolle und Rüstungstransfer vorgelegt, Deutschland und den Bestimmungen im Einigungs- der mit einigen Änderungen des Ausschusses dem vertrag über die Zukunft der früheren Nationalen Plenum der Nordatlantischen Versammlung unter- Volksarmee besondere Bedeutung beigemessen. breitet wurde. In einer Podiumsdiskussion über „Die Zukunft euro- In einem zweiten Bericht befaßte sich der Abg. Lello päischer Verteidigungs- und Sicherheitsstrukturen" (Portugal) mit der Rüstungszusammenarbeit und der diskutierten John Steinbrunner (Brookings Institution, sich verändernden politischen Lage in Europa. Ausge- Washington D. C.) Sergei Karaganow (Europa Insti- hend von einer Schilderung der Ausgangsbedingun- tut, Moskau) und Francois Heisbourg IISS (London), gen in den Vereinigten Staaten von Amerika und Eu- aus amerikanischer, sowjetischer und europäischer ropa untersuchte der Berichterstatter ausführlich die Perspektive. Lastenteilung im Zusammenhang mit der Golf-Krise. ordnete die europäischen Verteidi- Dabei kam er zu dem Ergebnis, daß europäische Ver- John Steinbrunner gungs- und Sicherheitsstrukturen in einen Evolutions- bündete bedeutende Beiträge zu der beispiellosen prozeß ein. Er untersuchte die Ziele, Bedingungen, Kräftekoalition leisteten, die derzeit im Irak im Entste- Grundsätze, Kräftestrukturen, Organisation und die hen begriffen ist. Umsetzung dieses Prozesses in die Praxis. Er sprach Der Generalsekretär der Westeuropäischen Union, sich dafür aus, die Sowjetunion und die Staaten des Willem van Eekelen referierte über die Integration Warschauer Paktes in die Sicherheitsgemeinschaft europäischer Außen- und Sicherheitspolitik aus der einzubeziehen. Sergei Karaganow ging insbesondere Sicht der WEU. Er sprach die Überzeugung aus, daß auf die Auswirkungen der Nationalitätenkonflikte in man Außen- und Sicherheitspolitik in Europa nicht der Sowjetunion und ihre Auswirkungen auf die Si- trennen könne. Es käme darauf an, Sicherheit heutzu- cherheitsstrukturen ein. Dabei unterstrich er die große tage in ihrer europäischen Dimension zu betrachten. Bedeutung, die der Tatsache zukomme, daß die So- Der Referent zeigte sich überzeugt davon, daß die wjetunion keine Feinde in der westlichen Welt mehr Verteidigungsfunktion in dem neuen Europa verküm- habe. Francois Heisbourg ging insbesondere auf die mern würde, wenn sie nicht in einen größeren Zusam- Rolle der KSZE, der EG, der NATO und der WEU ein. menhang eingeordnet werde. Das hätte auch unmit- Er unterstrich vor allem, daß diese Organisationen telbare Auswirkungen auf die WEU und die NATO. sich in bezug auf die Sicherheits- und Verteidigungs- politik vervollständigen und nicht gegeneinander General John Oberster Alliierter Befehlshaber Galvin, konkurrieren sollten. in Europa, referierte über die Struktur der Streitkräfte und die zukünftigen Aufgaben für den militärisch in- Der Präsident der europäischen Organisation von mi- tegrierten Oberbefehl. General Galvin unterstrich, litärischen Vereinigungen, Herr J. Rotboell, warb in daß die Sowjetunion nach wie vor die größte Militär- einem Referat vor dem Ausschuß dafür, den Soldaten macht in Europa sei, aber nicht mehr länger als Feind die elementaren Grundrechte, insbesondere das betrachtet werde. Es gelte, Antworten auf neue Fra- Recht der Vereinigung, in den Ländern zuzugestehen, gen hinsichtlich der Sicherheitsstrukturen der Zu- in denen das bisher noch nicht der Fall ist. kunft zu finden. Dazu seien innerhalb der NATO noch stärkere Kontakte nötig, auch Kontakte von Streitkraft Die Abgeordneten Frinking (Niederlande) und Bereu- zu Streitkraft. Kommunikation und Dialog nähmen ter (Vereinigte Staaten von Amerika) stellten den Be- einen immer größeren Stellenwert ein und müßten richt des Sonderausschusses vor, der sich mit der Stra- verstärkt werden. Die Streitkräftestruktur müßte dem tegie der Allianz und der Rüstungskontrolle befaßt. angepaßt werden. Der NATO gehe es darum, die Si Ein Entschließungsentwurf beider Berichterstatter cherheit zu verstärken und nicht so sehr darum, die hierüber wurde im Ausschuß einstimmig angenom- Verteidigung hervorzukehren. Ob die Rolle der neuen men und dem Plenum der Nordatlantischen Ver- NATO, wie sie sich herauszubilden im Beg riff sei, von sammlung unterbreitet. anderen Organisationen wahrgenommen werden könne, sei eine Frage, die die politische Führung zu entscheiden habe. Sitzung des Politischen Ausschusses Der dritte Bericht des Ausschusses für Verteidigung und Sicherheit wurde von den Abgeordneten Estrella Der Politische Ausschuß tagte am 26. und 27. Novem (Spanien) und Gama (Portugal) vorgestellt. Er befaßt ber 1990 unter Vorsitz des Abg. Bruce George (Verei sich mit der Umstrukturierung der Streitkräfte in Eu- nigtes Königreich). Bei Eröffnung der Sitzung be-

Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode grüßte der Vorsitzende die parlamentarischen Beob- Der Leiter der Osteuropa-Abteilung im britischen Au- achter aus Polen, Ungarn; der CSFR, Bulgarien und ßenministerium, Michael Tait, berichtete über den Pa- der UdSSR und lud sie ein, sich an den Debatten des riser KSZE-Gipfel und warnte eindringlich vor einer Ausschusses zu beteiligen. Diese wurden von drei Isolierung der UdSSR. Wie Taint erinnerten auch ei- Themenkreisen beherrscht: der zukünftigen Rolle der nige Delegierte daran, daß die KSZE keine verteidi- NATO angesichts der Golfkrise und der Veränderun- gungspolitische Organisation sei: Auf diesem Gebiet gen in Europa, der Frage nach der Ausgestaltung der könne vorerst nur die NATO als kompetenter An- künftigen Zusammenarbeit in Europa sowie den Per- sprechpartner gelten. spektiven im Bereich der Abrüstung und Vertrauens- bildenden Maßnahmen. Die lebhafte Debatte im Ausschuß, in deren Verlauf auch die deutschen Vertreter, die Abgeordneten Der Generalsekretär der Westeuropäischen Union, Francke und Koschnick, das Wort ergriffen, ergab im Dr. Wilhelm van Eekelen, und der Ständige Vertreter Konsens, daß die Nordatlantische Versammlung auch der USA im Nordatlantikrat, Botschafter William bei einer Institutionalisierung des KSZE-Prozesses H. Taft IV, beteiligten sich an der einleitenden Podi- und seiner parlamentarischen Dimension ihre Aufga- umsdiskussion über „Die NATO, Europa und die Golf- ben auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik behalte. Bei krise", in deren Rahmen auch der von Abg. Loic Bou- der Intensivierung der Kontakte zu den mittel- und vard (Frankreich) als Generalberichterstatter des Aus- osteuropäischen Staaten habe sich der „Euro-Atlanti- schusses vorgelegte Berichtsentwurf über „Europäi- sche Round-Rable" bewährt, der zur festen Einrich- sche Sicherheitsprobleme " debattiert und einstimmig tung werden sollte. angenommen wurde. Mehrere Vertreter südeuropäischer Staaten mahnten, die Probleme der Südflanke dürften nicht in Verges- Botschafter Taft hob die unverminderte Bedeutung senheit geraten. Senator Gerosa und die italienische der NATO als Kern der Stabilität in Europa und in der Delegation befürworteten die Einrichtung einer Kon- Welt hervor. Sie bilde das notwendige Gegengewicht ferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit im Mit- zur Sowjetunion gerade auch in der begonnenen Ära telmeerraum (KSZM) und regten, unterstützt durch freundschaftlicher Beziehungen. den Ausschußvorsitzenden, die Bildung eines Unter- Dr. van Eekelen forderte, die „transatlantische Ar- ausschusses für die Südregion an. beitsteilung" neu und klar zu definieren. Die WEU, Die beiden vorgelegten Berichtsentwürfe wurden ein- bisher einzige Organisation mit Kompetenzen für die stimmig angenommen. Der von Abg. Bruce George Sicherheitsdimension der europäischen Einigung, (Vereinigtes Königreich) als Sonderberichterstatter müsse sich endlich zum tatsächlichen europäischen eingebrachte Entschließungsentwurf „Die nächsten Pfeiler der Allianz entwickeln, um langfristig in einer Schritte im Hinblick auf Sicherheit und Zusammenar- Europäischen Union aufzugehen. Auch Abg. Bouvard beit in Europa" (S. 20) wurde an das Plenum überwie- regte eine Verbindung der Europäischen Politischen sen, nachdem er durch mehrere Änderungsanträge Zusammenarbeit (EPZ) mit der WEU an. auf den letzten Stand der KSZE-Verhandlungen ge- bracht und vor allem die ursprüngliche Forderung, Die Golfkrise hat nach Ansicht von Dr. van Eekelen den Aufbau multilateraler „KSZE-Friedenstruppen" die Notwendigkeit der Erhaltung bzw. Aufstellung zu prüfen, verworfen worden war. von Eingreiftruppen mit schwerem Gerät demon- striert; dies gelte es im Rahmen der KSE-Rüstungs- Zur Abrüstungsthematik lagen den Ausschußmitglie- begrenzungen im Blick zu behalten. Zur Frage mögli- dern der Zwischenbericht des Sonderausschusses zur cher Einsätze außerhalb des NATO-Vertragsgebietes Bündnisstrategie und Abrüstung von Abg. Douglas (out of area) wurden von verschiedenen europäischen Bereuter (USA) und Abg. Ton Frinking (Niederlande) Delegierten, aber auch von kanadischen Vertretern, sowie zwei Entwürfe für Zwischenberichte des Unter- starke Bedenken geäußert. Um die politische Solida- ausschusses für Vertrauens- und Sicherheitsbildende rität und strategische Geschlossenheit der Allianz Maßnahmen von Abg. Johann Einvardsson (Island) nicht zu gefährden, wurde im Ausschuß allgemein vor. davon abgeraten, diese Frage zu forcieren und die statt dessen auf bilaterale Lösungen verwiesen. Die im Zwischenbericht des Sonderausschusses ange- sprochene Frage nach der zukünftigen Rolle der Nu- Die nächsten Etappen des KSZE-Prozesses bildeten klearwaffen war auch vom Generalberichterstatter den zweiten Schwerpunkt der Beratungen. Hierzu la- hervorgehoben worden: Nicht zuletzt im Hinblick auf gen dem Ausschuß der Entwurf eines Zwischenbe- die von einigen geforderte Einbeziehung der briti- richts über „Die Zukunft des Warschauer Paktes" von schen und französischen Arsenale in künftige Abrü- Senator Guido Gerosa (Italien) als Berichterstatter des stungsrunden bedürfe sie dringend der Klärung. Unterausschusses „Osteuropa und die Sowjetunion" Im konventionellen Bereich bestand Einvernehmen, sowie der Entwurf eines von Abg. Bruce (Ver- George daß die Notifizierungsgrenzen für Manöver im Zuge einigtes Königreich) verfaßten Sonderberichts über der KSZE-Vereinbarungen gesenkt werden sollten. die „Zukünftige Strukturen der europäischen Sicher- Weitere Beschränkungen und Reduzierungen seien heit" vor. Ohne die Frage einer Auflösung oder Um- jedoch mit Vorsicht anzugehen. wandlung der WVO beantworten zu können, entwar- fen beide Berichterstatter das Bild einer multipolaren Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen in Ordnung in Europa und den angrenzenden Regionen, den Grenzgebieten könnten nach Ansicht von Abg. die vielfältige Formen der Zusammenarbeit erforder- Einvardsson maßgeblich zur Konfliktverhütung unter lich mache. den mittel- und osteuropäischen Staaten beitragen. In

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/65 seinem zweiten Berichtsentwurf, zur Sicherheit auf den wirtschaftlichen und technologischen Rückstand See, spricht er sich für die Ausdehnung von Überle- schnell aufholen zu können. Die Aufnahme in die gungen zu VSBM und Abrüstung auf die Seestreit- Europäische Gemeinschaft werde sicherlich erfolgen kräfte aus: Die sei nicht notwendigerweise zum können, wenn die politischen, rechtlichen und wirt- Nachteil des Bündnisses, sondern könnte, wie in Mit- schaftlichen Voraussetzungen geschaffen seien. Die teleuropa, zum Abbau des sowjetischen Bedrohungs- für Anfang 1991 erwartete Vollmitgliedschaft im Eu- potentials führen. Beide Berichtsentwürfe wurden an- roparat sah er als wichtige Etappe auf diesem Weg an. genommen. Wie bereits einige polnische Delegierte und auch Dr. Karaganow warnte Präsident Dub č ek — im Ge- Mit besonderem Interesse wurden die Beiträge von gensatz zu der Position des ungarischen Referenten — Referenten und Delegierten aus mittel- und osteuro- vor einer zu schnellen Auflösung des Warschauer päischen Staaten aufgenommen Paktes: Eine (auch nur subjektive) Isolierung der Der sowjetische Beobachter, Admiral Alexej I. Soro- UdSSR sei in jedem Falle zu vermeiden. kin, bestätigte die Notwendigkeit kollektiver Sicher- Der vom Vorsitzenden eingeladene Vizepräsident des heitsstrukturen in Europa. Die Hauptgefahr der „völ- rumänischen Senats, Prof. Oliviu Gherman, berichtete lig neuen Sicherheitsdimension" gehe von den wei- über die Entwicklung in Rumänien und hob die terhin bestehenden nuklearen Arsenalen und den grundlegenden und unumkehrbaren Schritte zur De- Atomwaffen der dritten Generation aus. Daneben mokratie hervor, die bereits unternommen worden griffen in vielen Regionen, auch in Europa, Destabili- seien. Der Vorsitzende äußerte die Hoffnung, daß die sierung und Nationalitätenkonflikte um sich. Schließ- NAV bald auch dem rumänischen Parlament einen lich habe die Golfkrise die Gefahr verdeutlicht, die Beobachterstatus einräumen werde. durch aggressive Regime in der Dritten Welt entste- hen könne. Die Völkergemeinschaft müsse sich hier Möglichkeiten des Eingreifens erhalten, wobei er an den sowjetischen Vorschlag zu VN-Seestreitkräften Wirtschaftsausschuß erinnerte. Die VN-Charta schreibe allerdings den Vorrang politischer Lösungen vor. „Out-of-area-Be- Die Sitzungen des Wirtschaftsausschusses fanden am strebungen" der NATO stünden diesen multipolaren 26. und 27. November 1990 unter dem Vorsitz des Friedensstrukturen entgegen. Abg. Charles Rose (USA) statt.

Der stellvertretende Leiter des Europa-Instituts der Zu Beginn der Sitzung begrüßte der Vorsitzende Rose Sowjetischen Akademie der Wissenschaften, Dr. Ser- ganz besonders die Beobachter aus den osteuropäi- schen Ländern. Ihre Teilnahme an der Jahrestagung gej Karaganow, berichtete über die Situation in der UdSSR: Der Übergang von der Plan- zur Marktwirt- der Nordatlantischen Versammlung spiegele die posi- schaft habe eine längere politische und wirtschaftli- tiven Veränderungen in den Beziehungen zwischen che Krise ausgelöst, bei der es vorerst nur um die vor- Ost und West wider. läufige Überbrückung der Schwierigkeiten gehe, um Der Generalberichterstatter Abg. Estrup (Dänemark) die Konflikte nicht offen ausbrechen zu lassen. Diese stellte den Entwurf seines Berichts über die deutsche Krise wirke sich auch auf die außenpolitische Diskus- Einheit und die wirtschaftlichen Probleme für sion aus, in der die Deutsche Frage und die Auflö- Deutschland und seine Pa rtner vor. In dem Bericht sungserscheinungen innerhalb der WVO von der kon- wird zunächst eine Bestandsaufnahme der Wirt- servativen Opposition thematisiert würden. Die beste schaftslage in beiden Ländern vor dem Fall der Mauer Hilfsmöglichkeit für den Westen liege da rin, das au- gegeben. Dann folgt eine Chronologie der Ereignisse ßenpolitische Umfeld möglichst nicht zu stören. und Maßnahmen bei der Verwirklichung der deut- schen Einheit. Nach Ansicht des Berichterstatters ist Im Unterschied zu den sowjetischen Vertretern schil- der große Finanzbedarf zur Schaffung einer wettbe- derte Tadé Alföldy, Unterstaatssekretär im ungari- werbsfähigen Infrastruktur in der früheren DDR ein schen Außenministerium, die militärische Zusammen- großes Problem. Als besonders schwierig beurteilt er arbeit der WVO-Mitgliedstaaten als faktisch beendet. die Beseitigung der katastrophalen Umweltschäden. Ihre endgültige Auflösung werde für Mitte 1991 er- wartet. Auch die Abstimmung der Außenpolitik solle Die anderen osteuropäischen Länder erwarteten von aufgegeben und durch eine lose Zusammenarbeit im dem neuen Deutschland einen deutlichen wirtschaft- Rahmen der KSZE ersetzt werden, die auch entspre- lichen und politischen Schub. So könnte der Über- chende Sicherheitsgarantien gewähren könnte. Un- gang in der ehemaligen DDR für ihr Vorgehen wert- garn beabsichtige vielmehr eine möglichst enge An- volle Erfahrungen bieten. Der Berichterstatter er- gleichung seiner Außenpolitik an die EPZ. Mit der wähnte das wiederholt geäußerte Bekenntnis der NATO solle fallweise zusammengearbeitet, eine Mit- Bundesregierung zur europäischen Integration. Die gliedschaft jedoch vorläufig nicht angestrebt wer- Befürchtungen vor einem nur auf die eigenen Pro- den. bleme konzentrierten Deutschland seien ebenso un- begründet wie das Unbehagen vor einem heranwach- Der mit herzlichem Applaus bedachte Präsident der senden Wirtschaftsriesen. Bundesversammlung der CSFR, Alexander Dubcek, erinnerte an die internationale Stellung seines Landes Senator Gobrecht (Bundesrepublik Deutschland) vor dem Zweiten Weltkrieg und an den Versuch des dankte den Freunden im Westen und Partnern im Jahres 1968, einen am Westen orientierten Weg ein- Osten für ihre Unterstützung im Einigungsprozeß. Die zuschlagen. Heute sei die „Rückkehr nach Europa" in dem Bericht aufgezeigte Perspektive des Über- schwieriger, jedoch ohne Alternative. Die CSFR hoffe, gangs einer kommunistischen Kommandowirtschaft

Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode zu einer freien Marktwirtschaft sei in der Geschichte stünden. Auch die UdSSR sei noch immer eine Mili- bislang ohne Beispiel. Auch in der Bundesrepublik sei tärmacht und das Wiederaufleben nationalistischer man über den desolaten Zustand in der früheren DDR, Tendenzen in Osteuropa könne zu Instabilität füh- die immerhin Platz 10 auf der Liste der Industrienatio- ren. nen hielt, überrascht gewesen. Der Einigungsprozeß - Im weiteren Verlauf der Sitzung referierte Senator sei für die Bundesrepublik ohne Vorbereitung gekom- (USA) über Wirtschaft und Umwelt. Die weltwei- men. Selbst renommierte Ökonomen könnten die Ko- Gore ten Auswirkungen von Umweltschäden gefährdeten sten der deutschen Einigung nicht exakt einschätzen; nicht nur unseren Wohlstand, sondern letztlich sogar erschwerend komme hinzu, daß kurz vor den gesamt- das reine Überleben. An die Stelle der Ost-West-Kon- deutschen Wahlen die Regierung verspreche, die Ein- frontation sei die Bedrohung durch rasch fortschrei- heit ohne Steuererhöhungen durch Einsparungen tende Umweltzerstörung getreten. Trotz erster positi- im Haushalt und höhere Kreditaufnahmen zu ver Schritte müsse der Gesetzgeber einschneidende finanzieren. Die Opposition hingegen sei von der Maßnahmen im Einvernehmen mit der Bevölkerung Notwendigkeit von Steuererhöhungen überzeugt. verabschieden, damit eine neue Weltordnung ge- Gleichwohl könne er für Deutschland folgende Zusa- schaffen werden könne, in der Wohlstand und Um- gen abgeben: erstens sei Deutschland fest in Europa weltschutz sich nicht gegenseitig ausschließen. verankert, zweitens empfinde es tiefe Verbundenheit zu den Ländern Mittel- und Osteuropas und drittens In Zusammenhang mit dem Informationsdokument werde es die Länder der Dritten Welt weiterhin unter- zur Golfkrise, das die wirtschaftlichen Auswirkungen stützen. zweier Aktionsmodi für das zukünftige Handeln im Golf aufzeigt, verwies Abg. Sabunis (Türkei) auf die Abg. Krieps (Luxemburg) begrüßte die Vereinigung negativen Folgen der Golfkrise für die türkische Wirt- Deutschlands und verwies darauf, daß die frühere schaft und begründete seine Forderung nach Unter- DDR gegenüber anderen osteuropäischen Ländern im stützung durch die Verbündeten mit der konsequen- Vorteil sei, sie habe nun nämlich eine starke Währung ten Anwendung des Embargos in seinem Land. Abg. und erhalte von der EG Unterstützung. Korakas (Griechenland) erwähnte ebenfalls die frü- Senator Gaud (Frankreich) berichtete, daß er am her guten Beziehungen zum Irak und die durch die 2. Juli in Berlin gewesen sei und die Darstellung des Golfkrise ausgelösten wirtschaftlichen Nachteile für Generalberichterstatters voll unterstreichen könne. sein land. Abg. Krieps (Luxemburg) wies darauf hin, So sei er erstaunt gewesen über die schlechte Infra- daß auch andere Länder — z. B. in Osteuropa — durch struktur und die niedrige Produktivität. Aufgrund der die Erhöhung des Ölpreises Nachteile zu akzeptieren Reserven der Bundesrepublik erwarte er jedoch eine hätten. positive Entwicklung in der ehemaligen DDR. Von Anschließend sprach der britische Staatssekretär im dieser Entwicklung werde nicht nur Europa, sondern Energieministerium, John Wakeham, zum Thema auch die Dritte Welt profitieren. „energiewirtschaftliche Aspekte der Golfkrise". Abg. Mateman (Niederlande) bemerkte, gegen die Senator Gaud (Frankreich) gab als Vorsitzender des feste Verankerung Deutschlands in Europa spreche, Unterausschusses „Ost-West-Wirtschaftskooperation daß 95 % der ,joint ventures innerdeutsch seien. Fer- und -konvergenz " eine Einführung in den Zwischen- ner vermisse er den Beschluß der Europäischen Ge- bericht über den Stand der Wirtschaftsreformen in meinschaft, die Länder Osteuropas zu unterstützen. Ungarn. Im Ergebnis wird in dem Bericht festgestellt, Zum Schluß der Diskussion verabschiedete der Wirt- daß Ungarn von Ost und West relativ unabhängig sei schaftsausschuß den Bericht ohne Gegenstimme. und seine zukünftige Wirtschaftsentwicklung von der Effizienz eines umfassenden Reformprozesses ab- Anschließend ergriff der britische Staatssekretär für hänge. Auswärtige Angelegenheiten, Douglas Gogg, das Wort. Staatssekretär Hogg unterstrich die friedenstif- Im weiteren Verlauf der Sitzung sprach der deignierte tende Rolle im gegenwärtigen Wandlungsprozeß mit Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau der Unterzeichnung der Charta in Pa ris. Der KSZE und Entwicklung (BERD), Jacques Attali, über die Prozeß zeige, wie grundlegend der Wandel und neu- Rolle der Bank bei der Umsetzung von Wirtschaftsre- artig die Beziehungen auf allen Ebenen seien. Mit formen im Osten. Die hochverschuldeten, unterneh- dem KSZE-Abkommen sei die Begrenzung von Waf- merisch unerfahrenen Länder Osteuropas benötigten fensystemen und der Austausch von Militärdaten ver- westliche Unterstützung. Dies liege im Interesse der einbart worden. Stabilität in dieser Region, der Förderung und Demo- kratie und diene der Verhinderung massiver Einwan- Zur Zukunft der NATO unterstrich Staatssekretär derungsbewegung in den Westen. Unter der Voraus- Hogg das Erfordernis, bei weiterer Verpflichtung der setzung, daß in den osteuropäischen Ländern Wirt- USA den europäischen Pfeiler innerhalb der NATO zu schaftsilb eralismus, Demokratie und Umweltschutz stärken. gefördert werde, wolle die Bank bei Personaltraining, Privatisierung, Konversion und Modernisierung der Abg. (Kanada) erinnerte an den oft vergesse- Mauley Infrastruktur Hilfe leisten. nen Beitrag kanadischer Streitkräfte auf deutschem Boden und stellte im Zusammenhang mit dem Aufbau Sodann berichtete der Unterstaatssekretär des unga- multinationaler Einheiten bei integrierter Verteidi- rischen Ministeriums für Auswärige Angelegenhei- gung die Frage, wer denn der Gegner sei. Staatsse- ten, Tádé Alföldy, über die Wirtschaftslage seines Lan- kretär Hogg erwiderte, alle müßten so lange an Defen- des. Das Obdachlosenproblem in Ungarn sei ein Pro- sivmaßnahmen intressiert sein, wie Gefahren fortbe blem der Freizügigkeit und könne sich durch Flücht-

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/65 linge aus der UdSSR noch verschärfen. Ungarn sei auf stärkung der kulturellen und sprachlichen Integration dem Weg zu einer öko-sozialen Marktwirtschaft und sei eine kluge und enge Zusammenarbeit unverzicht- eine vorübergehende Konsequenz dieses System- bar. Abg. Frau Schulte betonte, der Platz der Deut- wechsels seien 400 000 Arbeitslose. Zur Bewältigung schen sei an der Seite der Verbündeten. dieser Aufgaben benötige Unganr moralische und fi- (Vereinigtes Königreich) äußerte in der nanzielle Unterstützung ebenso wie westliches Know- Abg. Browne - Diskussion, der Bericht stelle trotz der gegenüber dem how. Frühjahrsbericht vorgenommenen Änderungen wei- In der anschließenden Diskussion wies Abgeordneter terhin eine Beleidigung an den englischen Gastgeber Krieps (Luxemburg) auf das Problem hin, daß es in dar. Es werde dort der Eindruck erweckt, Frau That- vielen osteuropäischen Ländern einen Schwarzmarkt cher sei gegen die europäische Integration, da die gäbe und die Währung nicht konvertibel sei. Auswertung der Meinungsumfragen irreführend und selektiv erfolgt und daher nur schwer zu widerlegen erwiderte darauf, daß die Bank von Jacques Attalie sei. Die Realität sehe jedoch so aus, daß die britische jedem Land individuelle Schritte erwarte und in ihren Öffentlichkeit sich zunehmend EG-freundlicher Maßnahmen nicht nach „Schema f" vorgehen wolle. zeige ; Großbritannien habe nur noch neun Richtlinien Unterstaatssekretär Alföldy (Ungarn) räumte zwar bis zur Verwirklichung des gemeinsamen Marktes Schwierigkeiten ein, unterstrich zugleich jedoch die von 1992 zu erfüllen, für die Bundesrepublik Deutsch- Entschlossenheit sienes Landes, in 3 Jahren eine volle land blieben im Vergleich dazu noch fünfzehn Richt- Konvertibilität herzustellen und in etwa 6 Jahren zum linien offen. EG-Beitritt bereit zu sein. Lord Ardwick (Vereinigtes Königreich) beglück- Senator Lewis (Australien) betrachtete die Vorgänge wünschte Abg. Frau Schulte zu ihrem Bericht und in Osteuropa als einmalige Chance, und sein Land als wies auf die komplizierte Situation Großbritanniens ein Beitragszahler in der BERD unterstütze die neuen innerhalb Europas hin. Demokratien nach besten Kräften. Staatsminister Geil (Bundesrepublik Deutschland) Daran schloß sich die Abstimmung des Berichtes an. stellte fest, der Bericht sei gegenüber der Frühjahrs- Er wurde ebenso angenommen wie der unveränderte sitzung abgemildert und beinhalte eine zurückhal- Entwurf einer Entschließung. tende Stellungnahme, auch in politisch kontroversen heiklen Punkten. Er könne jedoch kein vollständiges Gegen Ende der Sitzung wurde Abgeordneter Wiggin Bild über die Entwicklungen seit dem 3. Oktober ge- (Vereinigtes Königreich) zum Vorsitzenden, und die ben und müsse daher fortgeschrieben werden. Es Abgeordneten Sabunis (Türkei) und Rodling (Ca- sollte dann auch die Ergebnisse des letzten KSZE nada) zu stellvertretenden Vorsitzenden des Wirt- Gipfels von Paris einbezogen werden. Wichtig sei im schaftsausschusses gewählt. Zusammenhang mit der KSZE die Öffnung der Nord- atlantischen Versammlung für osteuropäische Staaten und die Tatsache, daß infolge der Wiener Abrüstungs- Ausschuß für zivile Angelegenheiten verhandlungen nach dem Abzug der Cruise missiles und der Pershing sowie dem Abbau der chemischen Der Ausschuß für zivile Angelegenheiten tagte am 26. Waffen in Deutschland keine Bedrohung mehr zwi- und 27. November 1990 unter dem Vorsitz von Sena- schen Ost und West bestehe. Es seien jedoch weitere tor Genton (Frankreich) und Abg. Mannino (Italien). Diskussionen erforderlich, z. B. über den Tiefflug. Nach den Äußerungen von Abg. Frau Hanquet (Bel- Erstmals nahmen je ein Beobachter aus Bulgarien, gien), Abg. Wilson (Kanada) und Abg. Silvestri (Ita- Ungarn, der CSFR und der UdSSR an der Sitzung lien), der Bericht sei nicht auf dem neuesten Stand und teil. dem Vorschlag von Abg. Frau Schulte, ihn deshalb auf den 30. September 1990 zu datieren, wurde er mit Zunächst stellte die Generalberichterstatterin, Abg. 14 Ja-Stimmen, 3 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen Frau Schulte (Bundesrepublik Deutschland), ihren Entwurf eines Generalberichts über die NATO und angenommen. die öffentliche Meinung 1990 vor, soweit Meinungs- Es folgte eine Debatte zum Thema „Das Vereinigte umfragen bei Franzosen und Briten über verschie- Königreich und Europa" mit Beteiligung des Leiters dene Aspekte der Europäischen Union Grundlage der für politische und soziale Forschungen am Institut für Ausführungen waren. Sie betonte, der Bericht beruhe Meinungsforschung MORI, Brian Gosschalk, und des in erster Linie auf Stellungnahmen der einzelnen Re- Vizepräsidenten der Internationalen Europäischen gierungen sowie auf Meinungsumfragen und könne Bewegung, Ernest Wistrich. Es wurde darauf hinge- daher nur einen Teil der Realität wiedergeben. Den wiesen, daß das Thema in der Öffentlichkeit nicht Vorwurf, einen anti-britischen Bericht verfaßt zu ha- stark im Vordergrund stehe, die Mitgliedschaft in der ben, wies sie zurück. Sie führte kritische Ansichten in EG werde dort als Selbstverständlichkeit angesehen. bezug auf die deutsche Vereinigung auf die Tatsache In der Wirtschaft und in allen politischen Parteien zurück, daß die deutsch-deutsche Entwicklung in ra- werde die öffentliche Meinung mittlerweile ebenfalls santem Tempo voranschreite. Es sei jetzt besonders positiv im Hinblick auf die EG beeinflußt. wichtig für Europa, herauszufinden, wie die europäi- schen Staaten — insbesondere Großbritannien, Bun- Abg. Browne (Vereinigtes Königreich) stellte den Ent desrepublik Deutschland und Frankreich — zur euro- wurf eines Berichtes des Unterausschusses „Konfe- päischen Integration stehen würden. Zur Verwirkli- renz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" chung der wirtschaftlichen Integration sowie zur Ver vor. Ein Schwerpunkt des Berichts stellt die Entwick-

Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode lung der KSZE dar. Eingehend werden die Frage der gesamten Bereich des Zivilschutzes weiter auszu- Institutionalisierung sowie die Kopenhagener Konfe- bauen. Das Bündnis könne durch die Entwicklung renz über die Menschliche Dimension der KSZE ana- eines allgemeinen Konzeptes im Bereich des Zivil- lysiert. In einem weiteren Schwerpunkt wird die Men- schutzes sein Bild in der öffentlichen Meinung erheb- schenrechtssituation in der Sowjetunion unter der Re- lich verbessern. gierung Gorbatschow untersucht. Dabei werden die - politischen Rechte und die Meinungsfreiheit beson- Lawrence Davies, stellvertretender Generalsekretär ders hervorgehoben. Abschließend befaßt sich der Be- der NATO für Infrastruktur, Logistik und zivile Not- richt mit den Reise- und Auswanderungspolitiken in standsplanung, wies in seinem Exposé „die NATO Mittel- und Osteuropa. Zur Frage der Sowjetunion und der Zivilschutz " auf die Londoner Erklärung hin brachte Staatsminister Geil einige allgemeine politi- und betonte in diesem Zusammenhang, daß der Zivil- sche Ausführungen. Es gebe drei Hauptprobleme, die schutz eines der wichtigsten Ziele der NATO werden die Sowjetunion lösen müsse. Dies seien das Verhält- sollte. Die NATO-Länder hätten einzeln und gemein- nis der Sowjetunion zu den einzelnen Republiken, das sam viel im Bereich des Zivilschutzes anzubieten, wie ethnische Problem, welches die Frage nach den Min- z. B. Fähigkeiten und Systeme, die es in den osteuro- derheitenrechten in Zusammenhang mit der weiter- päischen Ländern nicht gebe. Somit könnte die hin hohen Emigrationsrate umfasse, und schließlich NATO-Zentrale ein Clearing House für die Hilfe an das wirtschaftliche Problem. Weiterhin stellte Staats- osteuropäische Staaten sein. minister Geil die Forderung an die Sowjetunion, daß Menschen aus politischen Gründen in Europa nicht In dem Bericht des Unterausschusses „Information der mehr auszuwandern gezwungen seien. Ebenfalls for- Öffentlichkeit über Verteidigung und Sicherheit" un- derte er umfassende Wirtschaftshilfe für Staaten, die tersucht der Berichterstatter, Abg. Gualtherie van dies benötigen. Der Bericht von Herrn Browne habe Weezel (Niederlande) die Rolle der Informationsdien- sich auf der KSZE-Konferenz in Pa ris bestätigt und sei ste auf Regierungsebene und der Ebene der nicht- dort noch einen Schritt weitergeführt worden. staatlichen Organisationen sowie die Rolle des Mili- tärdienstes in den einzelnen Bündnisländern. Der Be- Sir John Robson, Delegationsleiter des Vereinigten richterstatter war der Ansicht, daß die politische Rolle Königreichs bei der KSZE, sprach über „die mensch- der NATO im Hinblick auf lebenswichtige Interessen liche Dimension der KSZE". Die Wiener Tagung vom im Zusammenhang mit der Golf-Krise immer wichti- Januar 1989 sei ein Wendepunkt im politischen Ver- ger werde. Die USA verdienten die Unterstützung der änderungsprozeß der KSZE gewesen, denn dort sei NATO immer mehr, und die europäischen Staaten zum ersten Mal ein Konsens über eine detaillierte müßten sich davor hüten, gegeneinander ausgespielt Unterstützung der Menschenrechte erreicht worden. zu werden. Er betonte weiterhin, daß die Südflanke Die KSZE-Konferenz im Sommer 1989 in Pa ris habe der NATO wichtiger als je zuvor sei und daß die Tür- erste Vorschläge über Rechtsstaatlichkeit und Demo- kei eine Brücke zwischen dem islamischen Osten und kratie entwickelt, jedoch kein Schlußdokument ver- Europa bilde. Ferner sprach er sich für eine militäri- abschiedet. Auf der Konferenz im Juni 1990 in Kopen- sche Integration Frankreichs in die NATO aus. Eine hagen seien die ausgereiften Vorschläge von allen permanente und konkrete Bearbeitung der transat- 35 Ländern voll unterstützt worden, das Kernstück lantischen Beziehungen sei erforderlich, und die ame- des Kopenhagener Dokuments habe im Oktober 1990 rikanischen Truppen dürften nicht aus Europa abge- Eingang in die Pariser Charta gefunden. Die für 1991 zogen werden. In der anschließenden Diskussion geplante Konferenz in Moskau solle sich mit der kon- machte Abg. (Belgien) den Vorschlag, der kreten Umsetzung der Vorschläge in die Praxis befas- Diegenant Unterausschuß „Mittelmeerbecken" solle im näch- sen. Abschließend erklärte Sir John Robson, religiöse sten Jahr eine Reise nach Zypern und Griechenland und ethnische Konflikte könnten sich auch auf die unternehmen. Sicherheit in den KSZE-Staaten auswirken; daher sei ein Konfliktverhütungszentrum in Wien erforderlich. Die KSZE bewege sich auf die Frage eines Instru- Der Präsident der Vereinigung des Atlantikvertrags, ments zu; es solle eine Art Schlichtungsmaschinerie, Bernardino Gomes, hielt einen Vortrag über die Rolle ein zentrales Forum für politische Konsultationen, ge- der nichtstaatlichen Organisationen im Zusammen- schaffen werden. Er betrachte dies als ein Kernpro- hang mit der Zukunft des atlantischen Bündnisses. Er blem im Bereich der Menschenrechte. betonte, die Information der Öffentlichkeit sei eine schwierige Angelegenheit, die eine bessere Koordi- Im Entwurf eines Sonderberichtes über den Zivil- nierung zwischen den verschiedenen atlantischen schutz betont Abg. Zamberletti (Italien) die Notwen- Vereinigungen erfordere. Die Beziehungen über den digkeit einer Ost-West-Kooperation in diesem Be- Atlantik seien das Hauptdiskussionsthema der näch- reich. Es gebe neue Bedrohungen durch die zuneh- sten 10 Jahre, daher solle nach Möglichkeiten gesucht mende Zahl von Raketen in Ländern der Dritten Welt werden, eine europäische Stiftung in den USA zu er- sowie durch die Erhöhung der Risiken des Terroris- richten, die sich hauptsächlich mit der europäisch mus, bedingt durch das Anwachsen der Spannungen amerikanischen Partnerschaft befasse. Bereits im letz- zwischen Nord und Süd. Ein globales Programm im ten Jahr sei ein „atlantisches Barometer" eingeführt Zivilschutz sei unmöglich, lediglich punktuelle Bedro- worden. Hier handele es sich um eine Meinungsum- hungen könnten bekämpft werden. Die Bedrohung frage, die in 12 der 16 Bündnisländern erfolgreich sei grenzüberschreitend, daher müsse in Zusammen- durchgeführt worden sei. Es bedürfe jedoch einer grö- arbeit mit den osteuropäischen Ländern ein neues ßeren Unterstützung von seiten der Regierungen. Konzept zur Bekämpfung des Terrorismus entwickelt Darüber hinaus seien größere Haushalte für die Infor- werden. Es gehe auch darum, die Rolle der NATO im mationsdienste erforderlich.

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/65

Der Ausschuß verabschiedete zwei Entschließungs- Mehrere Delegierte warnten vor einer Verstärkung entwürfe über die menschliche Dimension der Konfe- des Exportdrucks als Folge der konventionellen Abrü- renz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa stung in Europa. Die Konversion von Rüstungsbetrie- sowie über die zivile Verantwortung des Bündnisses. ben müsse so früh wie möglich einsetzen, denn Ar- Er beschloß ebenfalls, einen neuen Unterausschuß beitsplätze dürften nicht zum Alibi für Waffenexporte „Mittelmeerbecken" zu bilden sowie die Frage der in die Dritte Welt werden. Minderheiten im Osten in den Unterausschuß „KSZE" Alle Teilnehmer sprachen sich für eine Intensivierung aufzunehmen. des Dialogs gerade zu diesem Thema aus, an dem evtl. auch Indien als betroffenes Import- und Schwellen- land zu beteiligen wäre. Atlantisch-Pazifisches Seminar Der Gedankenaustausch über Trends und Perspekti- Am Atlantisch-Pazifischen Seminar, das unter dem ven der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen wurde Vorsitz von Präsident Pat rick Duffy (Vereinigtes Kö- von den gegenwärtigen entscheidenden GATT-Ver- nigreich) im Anschluß an die Jahrestagung stattfand, handlungen und dem Problem der EG-Agrarsubven- beteiligten sich Delegierte aus Australien, Belgien, tionen beherrscht. Europäer wie Australier wiesen die Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritan- von den Vereinigten Staaten verfolgte Linie eines ein- nien, Italien, Japan, den Niederlanden, Portugal, Spa- seitigen Verbotes von Exportsubventionen zurück, da nien, der Türkei und der UdSSR. Das Fehlen der be- die in den USA selbst praktizierten, internen Subven- reits am Vortag abgereisten Delegation des US-Kon- tionen hiervon nicht erfaßt würden. gresses wurde allgemein bedauert. Die Einrichtung einer Konferenz über Sicherheit und In seinen einführenden Bemerkungen hob der Vorsit- Zusammenarbeit in Asien wurde allgemein für wün- zende des Ausschusses für Wissenschaft und Technik, schenswert erachtet. Es wurde vorgeschlagen, das Sir Peter Emery (Vereinigtes Königreich), das beson- Einzugsgebiet der Konferenz auf den gesamten Pazi- dere Interesse Europas am Pazifischen Raum hervor, fikraum auszudehnen und eventuell eine parlamenta- aufgrund dessen von einer „Festung Europa" nicht rische Begleitung durch die IPU vorzusehen, wie sie die Rede sein könne. Umgekehrt rief er die Pazifik- sich bei der KSZE bewährt habe. Lediglich die Vertre- staaten auf, ihren Teil zur Aufrechterhaltung des ter Japans äußerten entschiedene Vorbehalte dage- Weltfriedens beizutragen, um militärischen Abenteu- gen, einer solchen Konferenz zum gegenwärtigen rern weltweit alle Aussichten auf Erfolg zu nehmen. Zeitpunkt, angesichts der offenen Fragen in Korea Der Ausschußvorsitzende begrüßte die an die NAV und Kambodscha sowie der inneren Probleme vieler ergangene Einladung zum Pacific Caucus (4. —7. Ja- asiatischer Staaten, mehr als den Status eines Diskus- nuar 1991), bei dem sich Gelegenheit bieten werde, sionsforums einzuräumen. insbesondere auch die wichtigen wirtschaft lichen Abg. Ron (Australien) berichtete über den Aspekte zu erörtern. Sawford Stand der von Frankreich und Australien führend be- In der Debatte über die Golfkrise bestand Einmütig- triebenen Verhandlungen über den Antarktisvertrag. keit in der Entschlossenheit, dem geltenden Völker- Er äußerte die Hoffnung, daß es gelingen werde, den recht im Rahmen der Vereinten Nationen, möglichst für ökologische Studien unersetzlichen antarktischen auf dem Verhandlungswege, zur Durchsetzung zu Kontinent als entmilitarisierte Zone und wissenschaft- verhelfen. Die Beiträge der einzelnen Staaten, insbe- liches Studiengebiet zu erhalten. sondere die verfassungsrechtlichen Auflagen, unter denen Japan und Deutschland operieren müssen, wurden eingehend gewürdigt. Europäisch-Atlantischer Runder Tisch Verschiedene Delegierte forderten, der Einsatz der Völkergemeinschaft und insbesondere der westlichen Im Anschluß an die 36. Jahrestagung der Nordatlanti- Länder könne nicht mit der Herstellung des status quo schen Versammlung fand am 30. November 1990 un- ante enden, sondern müsse sich darüber hinaus auf ter dem Vorsitz des Abg. (Vereinigtes König- Demokratisierung und Verwirklichung der Men- George reich) ein Europäisch-Atlantischer Runder Tisch schenrechte in der gesamten Golfregion richten. statt. Auch das der Krise zugrundeliegende Problem der Energiereserven wurde angesprochen. Abg. Henk Das Roundtable-Gespräch, das seiner Art nach zum Vos (Niederlande) wies darauf hin, daß die größten ersten Male am Rande einer Nordatlantischen Ver- Ölreserven ungenutzt auf dem Gebiet der UdSSR la- sammlung stattfand, sollte in erster Linie abklären, mit gerten, und regte eine Unterstützung des Westens bei welchen Vorstellungen sich die Parlamentarier aus ihrer Erschließung an. den ehemaligen Staaten der WVO an der künftigen Arbeit der Versammlung beteiligen können, und wel- Das Problem der Waffenexporte in Regionen außer- che Problemkreise bei den nächsten Zusammenkünf- halb des NATO-Gebietes, insbesondere in die bisher ten thematisiert werden sollten. vergleichsweise „schwach militarisierte " Pazifikre- gion, wurde vor allem von der australischen Delega- Abg. Dornbach (Ungarn) sprach wirtschaftliche tion angeprangert. Abg. Hans Koschnick (Bundesre- Flüchtlingsströme aus der UdSSR und Rumänien an, publik Deutschland) erläuterte die in Deutschland die in seinem Land befürchtet würden. Die westeuro- sich verstärkende Tendenz, Waffenexporte grund- päischen Staaten seien hier ebenso betroffen, gemein- sätzlich auf NATO- bzw. OECD-Mitgliedstaaten zu same Lösungen müßten deshalb schnell erarbeitet beschränken. werden.

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Dem schloß sich Abg. Novozhilow (UdSSR) an und Freude, daß Sie alle unserer Einladung heute abend stellte fest, daß es jetzt darum gehe, den Lebensstan- gefolgt sind. dard in Osteuropa zu erhöhen. Zum erstenmal in der Geschichte des Nordatlanti- Abg. Ronneburger (Bundesrepublik Deutschland) schen Bündnisses besteht die deutsche Delegation vertrat die Auffassung, daß zur Bewältigung erwarte- aus Parlamentariern aus östlichen und westlichen Tei- ter Flüchtlingsströme in den Ursprungsländern ange- len unseres Landes und repräsentiert somit das ver- setzt werden müsse. Die westlichen Staaten sollten einte Deutschland. Am 3. Oktober 1990, dem Tag der den jungen Demokratien Osteuropas keine ungebete- deutschen Vereinigung, ging der lang gehegte nen Ratschläge erteilen, aber, wenn sie gefragt wür- Wunsch der Deutschen in Ost und West, sich in Frie- den, fundierte Antworten geben können. den und Freiheit zu vereinen, in Erfüllung. Zum er- Abg. Sir Geoffrey Johnson Smith (Vereinigtes König- stenmal seit 57 Jahren leben die Deutschen nun seit reich) befürchtete, daß bei einem Anwachsen des poli- jenem historischen Tag im Oktober in einem verein- tischen Extremismus in Osteuropa ein Rückfall zu au- ten, freien und demokratischen Staat. toritären Methoden möglich sei. Die Europäische Wir danken all unseren Freunden im Bündnis für ihre Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sei ein wich- Unterstützung, die den Weg für die deutsche Vereini- tiger Schritt, um die dortigen Wi rtschaftsprobleme in gung nach 45 Jahren der Teilung und für die Einbin- den Griff zu bekommen und um für mehr Stabilität zu dung des vereinten Deutschlands in die Gemeinschaft sorgen. der freien Staaten eröffnet hat. Wir möchten auch den Abg. Paecht (Frankreich) äußerte ein gemischtes Ge- Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich fühl zu einem assoziierten Status der osteuropäischen danken, die eine besondere Verantwortung in bezug Länder in der NAV, weil diese formal noch dem War- auf Deutschland als Ganzes übernommen und Frie- schauer-Pakt angehörten. Er warnte vor eventuellen den, Freiheit und Stabilität in Westdeutschland und Gefahren im Ost-West-Verhältnis und forderte dazu im westlichen Teil der geteilten Stadt Berlin während auf, den Status der neuen Delegationen genau zu defi- einer langen Zeit der Ost-West-Konfrontation in Eu- nieren. ropa garantiert haben. Abg. Verivakis (Griechenland) sprach sich kritisch zu Wir danken Präsident Gorbatschow. Seine mutige Po- einem Marshall-Plan für Ost-Europa aus. In Griechen- litik hat Europa eine neue Zukunft und Deutschland land habe dieser seinerzeit wenige Menschen sehr die Chance zur Einheit in Freiheit eröffnet. reich gemacht, ansonsten aber nicht viel bewirkt. Der Vertrag über die abschließende Regelung in be- Neue Methoden müßten entwickelt werden. zug auf Deutschland verbindet die deutsche Vereini- Abg. Petersen (Bundesrepublik Deutschland) verwies gung mit der Beendigung der Rechte und Pflichten bezüglich nationaler Minderheiten auf die positiven der Vier Mächte in bezug auf Ber lin und Deutschland Erfahrungen, die Dänen und Deutsche in Schleswig- als Ganzes. Das vereinte Deutschland hat auf diese Holstein bzw. Dänemark miteinander gemacht hät- Weise die volle Souveränität über seine inneren und ten. Nicht immer liege in nationalen Minderheiten äußeren Angelegenheiten wiedererlangt. Die Politik Sprengstoff für eine stabile innerstaatliche Entwick- des vereinten Deutschlands, das ein gleichberechtig- lung. ter Partner in Europa geworden ist, wird durch seine Verpflichtung zu Frieden, Freiheit und Demokratie, Die Teilnehmer des Gesprächs kamen überein, Min- den Grundwerten des Deutschen Grundgesetzes, be- derheitenproblemen und Flüchtlingsbewegungen in stimmt. Zukunft verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken. Die ungarische Delegation erklärte sich bereit, zu einem Daher wird die deutsche Vereinigung in der Tat die Seminar, das im Februar in Berlin stattfinden werde, schwierigen Probleme, die aufgrund der Teilung nicht eine schriftliche Ausarbeitung zu dem Themenkom- nur für die Deutschen, sondern auch für ganz Europa plex vorzulegen. entstanden waren, lösen. Die deutsche Vereinigung Die deutsche Delegation hatte am 27. November 1990 wird der Katalysator für die europäische Vereinigung. Mitglieder der Delegationen Frankreichs, des Ver- Die derzeit Gestalt annehmende Europäische Union einigten Königreichs und der Vereinigten Staaten von wird nur ein Teil der größeren europäischen Konföde- Nordamerika zu einem Abendessen eingeladen. Die ration sein, in der West-, Mittel- und Osteuropa in deutsche Delegation wollte mit dieser Einladung den einem noch engeren Geflecht der Integration und Zu- Dank an die früheren Schutzmächte Ber lins und die sammenarbeit zusammengebracht werden. für Deutschland als gesamte die Verantwortung tra- Das vereinte Deutschland wird weiterhin seine Aufga- genden Staaten vor der Einheit zum Ausdruck brin- ben innerhalb des Atlantischen Bündnisses und der gen. An dem Abendessen nahm als Gast auch die über Europäischen Gemeinschaft erfüllen. Angesichts des einen Beobachterstatus verfügende Delegation der Prozesses der politischen Veränderungen in den UdSSR teil. neuen Demokratien in Mittel- und Osteuropa sollte Während des Abendessens hielt der deutsche Delega- das Hauptziel einer auf Frieden und Stabilität in Eu- tionsleiter, Abg. Prof. Dr. Manfred Abelein, folgende ropa gerichteten Politik darin bestehen, diese Länder Ansprache: bei der Verbesserung ihrer gesamtpolitischen, wirt- schaftlichen, sozialen und ökologischen Verhältnisse „Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu unterstützen. In dieser Hinsicht übernimmt das ver- im Namen der deutschen Delegation möchte ich Sie einte Deutschland eine besondere Verantwortung alle recht herzlich auf diesem Empfang anläßlich der aufgrund seines zunehmenden politischen und wirt- 36. Jahrestagung der Nordatlantischen Versammlung schaftlichen Gewichts und seiner Lage im Herzen Eu- in London begrüßen. Es erfüllt mich mit großer ropas.

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Das Ende der Ost-West-Konfrontation und der Beginn Zustimmung fand die Darstellung des NATO-Gene- eines neuen Verhältnisses zwischen den Mitglied- ralsekretärs Manfred Wörner, nach Ende der Golf- staaten der beiden Bündnisse machen den Weg frei krise — er ließ offen, wie und zu welchem Zeitpunkt für neue Strukturen der Zusammenarbeit und Sicher- man sich das Ende der Krise vorstellen könne — heit in Europa. Die Ergebnisse der Wiener Verhand- werde man über Verbesserungen des Krisenmanage- lungen über konventionelle Abrüstung und über ver- ments und der Krisenverhütungsmechanismen nach- trauensbildende Maßnahmen legen den Grundstein denken müssen. Natürlich könne dem Bündnis dabei für diese kooperativen Sicherheitsstrukturen inner- nicht die Rolle „des Weltpolizisten" zufallen. Festzu- halb des KSZE-Prozesses. halten bleibe gleichzeitig, daß das Bündnis reaktions- Ich möchte meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, fähig sein müsse. Einigen europäischen Delegationen daß eine neue, friedliche und stabile politische Ord- stellte sich dabei auch die Frage, ob man bisher einen nung in Europa als Ergebnis der Mitwirkung all unse- ausreichenden Beitrag zur Bewältigung der Golfkrise rer Partner im Bündnis und auch der Beteiligung der geleistet habe. Die Diskussion trug in jedem Falle KSZE-Unterzeichnerstaaten entstehen wird. dazu bei, neue Herausforderungen an das Bündnis im Zuge der Redefinition seiner Aufgaben zu erörtern. Ich möchte Sie nun bitten, gemeinsam mit mir, Ihr Glas zu erheben auf den Fortbestand einer engen und 4. Die Ansprachen von Oppositionsführer Neil Kin- fruchtbaren Zusammenarbeit innerhalb des Atlanti- nock, des polnischen Außenministers Krzysztof Sku- schen Bündnisses und auf das Wohlergehen der Völ- biszewski sowie des tschechischen Parlamentspräsi- ker, die wir als Parlamentarier vertreten. " denten Alexander Dub č ek und von Generalsekretär Wörner zeigten die neuen Aspekte einer europäi- schen Sicherheitspolitik auf. In diesen Rahmen fiel Zusammenfassung auch der Inhalt der von dem amerikanischen Delega- tionsleiter, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Aus- Die 36. Sitzung der Nordatlantischen Versammlung schusses im Repräsentantenhaus Dante Fascell (De- zeichnete sich in ihrem Gesamtablauf und in den Dis- mokrat/Florida), eingebrachten Entschließung zur kussionen durch mehrere Schwerpunkte aus: Entwicklung einer parlamentarischen KSZE-Ver- 1. Erstmalig nahm nach der Einheit Deutschlands sammlung. Unabhängig davon, ob der Vorreiter einer eine gesamtdeutsche Delegation an der Sitzung teil. KSZE-Versammlung die Nordatlantische Versamm- Die seit der Frühjahrssitzung 1988 in Madeira/Portu- lung oder die Parlamentarische Versammlung des Eu- gal sich abzeichnende veränderte Lage in Europa roparates sein sollte, verdeutlichte die Diskussion, daß fand ihren Niederschlag in der Präsenz von parlamen- das Bündnis eine herausgehobene Rolle im Prozeß der tarischen Delegationen aus den sich bildenden Demo- Fortentwicklung der KSZE übernehmen kann und kratien Mittel- und Osteuropas und auch der Sowjet- diese zu übernehmen auch in der Lage ist. union, denen mit Ausnahme Rumäniens ein offizieller Beobachterstatus eingeräumt wurde. Die Teilnahme Aus deutscher Sicht kann der Verlauf der 36. Herbst- des Parlamentspräsidenten der CSFR, Alexander sitzung der Nordatlantischen Versammlung als er- folgreich bezeichnet werden. Zu unterstreichen ist da- Dubč ek, und des sowjetischen Generals Wladimir Lo- bow zeigte deutlich den Gradmesser des Aufeinan- bei die Zustimmung, die in bezug auf die deutsche derzugehens im Sinne der nach den KSZE-Inhalten Einheit von allen Delegationen zum Ausdruck ge- sich ergebenden europäischen und auch atlantischen bracht wurde. Die deutsche Einheit wurde nachhaltig Dimension. begrüßt von dem den Premierminister vertretenden Verteidigungsminister Tom King. Der Minister führte 2. Die Diskussion in der Plenarsitzung machte die in seiner Festansprache in Westminster Hall die Eini- Bedeutung der Frage der „neuen regionalen Zustän- gung Deutschlands auch auf die Freiheitsgarantien digkeiten" für das Bündnis deutlich. Präsident Pat rick des Bündnisses zurück. Die Bedeutung des Bündnis- Duffy (GB, Labour) verabschiedete sich aus seinem ses für uns Deutsche bei dem Bestreben, die Einheit zu Präsidentenamt (1988-1990) mit der Vorlage einer erlangen, kann seit Veröffentlichung des Harmel-Be- Entschließung über neue regionale Zuständigkeiten richts 1967 nicht hoch genug eingeschätzt werden. für ein Bündnis im Wandel. Die kontrovers erörterte Forderung in der Resolution nach Änderung des Die Herbstsitzung war darüber hinaus eindeutig ge- NATO-Vertrages bzw. dessen erweiterter Auslegung kennzeichnet von dem Willen der Nordatlantischen mit dem Ziel, „out of area" Aktivitäten zu ermögli- Versammlung, nach dem auf dem Pariser KSZE-Gip- chen, wurde letztlich nicht aufrechterhalten. Sie zeigt fel endgültig vollzogenen Ende des Kalten Krieges die hohe Sensibilität der Parlamentarier der Bündnis- neue Aufgaben und Zielvorstellungen für das Bündnis staaten, auch für den Fall einer sich abzeichnenden und seine parlamentarische Versammlung zu entwik- oder bestehenden Gefahr an den Flanken der durch keln. Die Nordatlantische Versammlung wird auch den Nordatlantikvertrag geschützten Gebiete, „out of zukünftig eine aktive Rolle bei der Entwicklung er- area" Überlegungen den Dialog voranzustellen. weiterter Sicherheitsstrukturen spielen. Die deutsche 3. Die Golfkrise war Gegenstand manchen Ge- Delegation wird in diese Bemühungen voll eingebet- sprächs während und am Rande der Sitzung. Breite tet sein.

Prof. Dr. Manfred Abelein Senator Volker Kröning

Leiter der Delegation Stellvertretender Delegationsleiter Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Entschließung 214 e) gemeinsam Wege, Mittel und Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, damit sich die Wirtschaft betr. die menschliche Dimension der Konferenz über der osteuropäischen Länder erholen und die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Grundbedürfnisse ihrer Bevölkerungen befrie- digen kann. Die Versammlung, -

1. begrüßt die auf dem Pariser Gipfel der 34 Staats- und Regierungschefs beschlossene Institutionali- Entschließung 215 sierung der KSZE, insofern als sie dazu beiträgt, die betr. die zivile Verantwortung des Bündnisses Grundlagen für eine neue auf dem Geist der Zu- sammenarbeit beruhende europäische Ordnung zu Die Versammlung, schaffen, und behält zugleich die wich tigen trans- atlantischen Beziehungen bei, die während des 1. ist überzeugt von dem Erfordernis, das Atlantische Kalten Krieges erfolgreich zum Zusammenhalt des Bündnis den veränderten Zeiten anzupassen; Westens beigetragen haben und auch zukünftig ein Hauptelement der globalen Sicherheit sein 2. ist besorgt über die in allen Bündnisländern geäu werden; ßerte Meinung, daß die Allianz ihren Zweck erfüllt habe und deshalb stufenweise abgeschafft werden 2. begrüßt lebhaft die Entwicklungen bei der Konfe sollte; renz über die menschliche Dimension der KSZE, bei deren Sitzung 1990 in Kopenhagen deutlich 3. bekräftigt demgegenüber das Erfordernis, das wurde, daß sie zu einem integralen und grundle- Bündnis zu einer Zeit, in der Europa durch den genden Bestandteil der Beziehungen zwischen Anstieg nationaler und ethnischer Spannungen dem Westen und den neuen Demokratien in Mittel- von einer Destabilisierung bedroht ist, fortbestehen und Osteuropa geworden ist, und zwar mit der Ver- zu lassen; einbarung einer Reihe bisher nie dagewesener 4. ist überzeugt, daß die außerhalb des Vertragsge multilateraler Verpflichtungen, die zeigen, daß die bietes wachsenden neuen Bedrohungen für die früheren kommunistischen Länder sich die westli- westliche Sicherheit einen zusätzlichen Grund bie- chen Werte zu eigen gemacht haben; ten, das Bündnis beizubehalten, und daß diese Be- drohungen reifliche Überlegungen erfordern, wie 3. ist jedoch sehr besorgt über die möglicherweise ihnen begegnet werden kann; schwerwiegende Destabilisierung in bestimmten Regionen Europas aufgrund schwieriger wirt- 5. ist ferner überzeugt von der Notwendigkeit beson schaftlicher Bedingungen in Verbindung mit dem derer Anstrengungen, die öffentliche Meinung, Aufleben von Nationalismus, den Forderungen von ohne deren Unterstützung die Abschreckung ge- Minderheiten nach Anerkennung ihrer Rechte und schwächt wird, darüber zu informieren und aufzu- mit internationalen Migrationen auch aus der So- klären; und wjetunion; 6. begrüßt in diesem Zusammenhang die jüngste Re- 4. und gibt ihrer Überzeugung Ausdruck, daß diese form des NATO-Informationsdienstes, die seine Ef- Fragen für Frieden, Sicherheit und Wohlergehen fizienz zweifellos steigert und den zuvor von der der europäischen Länder von allergrößter Wichtig- Versammlung angenommenen Empfehlungen ent- keit sind; spricht, sowie seine jetzt direkte Verbindung zum NATO-Generalsekretär; 5. fordert die Regierungen und Parlamente der Mit- gliedsländer des Nordatlantischen Bündnisses 7. fordert 'die Regierungen und Parlamente der Mit dringend auf: gliedsländer des Nordatlantischen Bündnisses dringend auf, a) die Bestimmungen des Kopenhagener Schluß- dokuments uneingeschränkt unter besonderer a.i. die frühere und zukünftige Rolle der NATO Beachtung der Freizügigkeit zu implementieren zu betonen, um die Werte und Prinzipien von und zugleich legitime nationale Stabilitäts- und Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlich- Sicherheitsprioritäten zu akzeptieren; keit der parlamentarischen Demokratien zu fördern und zu verteidigen; b) alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Krisen und Konflikte, die in nationalen und ethnischen a.ii. auch weiterhin der Unterstützung des Atlanti- Spannungen ihren Ursprung haben könnten, schen Bündnisses durch die öffentliche Mei- friedlich und gerecht zu lösen; nung größte Aufmerksamkeit zu widmen und in den Mitgliedsländern eine entsprechende c) gemeinsame Überlegungen zu der möglichen Informationskampagne zu lancieren, um die Rolle der NATO, der KSZE, der Vereinten Na- Notwendigkeit des Fortbestehens des Atlanti- tionen, des Europarates und der EG in diesem schen Bündnisses zu erklären; Bereich anzustellen \und die Durchführbarkeit legaler Maßnahmen, einschließlich des Einsat- a.iii. die Bemühungen der NATO um Dialog, Infor- zes von Friedenstruppen, zu prüfen; mation und Kooperation mit den Mitglieds- ländern des Warschauer Paktes dergestalt zu d) auch weiterhin den Prozeß der menschlichen intensivieren, daß unter keinen Umständen Dimension auf das Gebiet der Minderheiten- von den Bündnisländern unternommene Ak- rechte auszudehnen; und tivitäten dadurch beeinträchtigt werden;

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b.i. angemessen auf die Gefährdung, die für die 8. zutiefst beunruhigt über den unerbittlichen und westlichen Demokratien von Massenvernich- weitgehend unkontrollierten Anstieg des welt tungswaffen ausgeht, hinzuweisen, und zwar weiten Rüstungstransfers, insbesondere in Ge Gefährdungen angesichts der Verbreitung biete, in denen große internationale Spannungen von ballistischen Flugkörpern und der Fort- herrschen, sowie über das zunehmende Zerstö dauer terroristischer Bedrohung; und insbe- rungspotential frei erhältlicher Waffensysteme; - sondere über die Anpassung der Zivilschutz- maßnahmen in diesem Bereich, unter Berück- 9. in der Überzeugung, daß das Fehlen des kriti sichtigung der multilateralen Ebene, nachzu- schen Punktes des Waffentransfers auf der inter- denken; nationalen Tagesordnung — die Frage nach des- sen ernsthafter Reduzierung und Kontrolle — ei- b.ii. im Bereich des Zivilschutzes eine Politik akti- nen ständigen Vorwurf gegenüber allen Staaten ver Zusammenarbeit mit den Ländern Ost- und eine Vernachlässigung der politischen Ver- und Mitteleuropas zu initiieren. pflichtungen in einem Ausmaß bedeutet, das sich in Anbetracht der Golf-Krise verheerend auf die Stabilität in der ganzen Welt auswirken könnte;

Entschließung 216 10. fordert die Regierungen der Mitgliedsländer des betr. Rüstungskontrolle und Rüstungstransfer Bündnisses dringend auf:

Die Versammlung, a) weiterhin Folgeverhandlungen über Reduzie- rungen der konventionellen Streitkräfte in Eu- 1. das Ende des Kalten Kriegs sowie die neue Ent- ropa zu unterstützen; schlossenheit begrüßend, mit der die Super- mächte die Vereinten Nationen ernsthaft als die b) für die Aufnahme von Diskussionen über die am besten geeignete Organisation ansehen, wenn Begrenzung des Transfers von militärischem es darum geht, internationale Spannungen und Gerät, das infolge der Abkommen über kon- Konflikte vorwiegend mit f riedlichen Mitteln und ventionelle Rüstungskontrolle überflüssig ge- durch Zusammenarbeit beizulegen; worden ist, zu plädieren, da sich solche Trans- fers gegen den Geist dieser Abkommen richten 2. in der Überzeugung, daß dieses neue internatio- würden und andere Regionen destabilisieren nale Umfeld zu der berechtigten Hoffnung Anlaß könnten; gibt, daß einerseits noch nie dagewesene Fort- schritte im Bereich der Abrüstung erzielt werden, die alle Waffenkategorien betreffen, und daß an- c) unverzüglich und im Einklang mit der Londo- dererseits die Waffenverkäufe in der Welt einge- ner Erklärung vom 6. Juli neue Verhandlun- schränkt und kontrolliert werden; gen über nukleare Kurzstreckenwaffen mit dem Ziel aufzunehmen, ihre Anzahl in Europa 3. sieht in dem kürzlich abgeschlossenen Vertrag substantiell zu verringern; über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu er- 11. fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten des heblich reduzierten Streitkräfteniveaus auf dem Sicherheitsrates der Vereinten Nationen dringend europäischen Kontinent sowie den Vorläufer für auf: die unmittelbare Aufnahme von Verhandlungen über nukleare Kurzstreckenwaffen; a) unter der Schirmherrschaft der UNO gemein- 4. ermutigt durch die in anderen Rüstungskontroll- sam Möglichkeiten zu prüfen für konsequente foren insbesondere in bezug auf chemische Waf- Bemühungen auf hoher Ebene um die Begren- fen, Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maß- zung des Transfers konventioneller Rüstung nahmen (VSBM) und gewisse Aspekte der Atom- jeglicher Art; dabei sollten die Souveränität tests erzielten Fortschritte; und legitimen Sicherheitsinteressen aller Staa- ten respektiert werden und — wo immer dies 5. in der Hoffnung auf den Abschluß eines START- möglich ist — regionale politische Initiativen I-Abkommens im Januar 1991; und Vereinbarungen damit verbunden wer- den; 6. besorgt über die auffallende Zurückhaltung der Mitgliedstaaten, schrittweise Verhandlungen b) die Errichtung einer Datenbank der UNO zu über einen umfassenden Atomteststopp aufzu- befürworten, die jeden Rüstungstransfer regi- nehmen; striert und überwacht, zu der alle Länder Zu- 7. enttäuscht über die Tatsache, daß die Überprü- gang haben und die der Vertrauensbildung, fungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrages insbesondere zwischen potentiellen Gegnern, (NVV) 1990 keine formelle Vereinbarung treffen dienen soll; konnte, was weitgehend darauf zurückzuführen ist, daß viele blockfreie Staaten mangelnde Fort- c) gemeinsam mit anderen Nuklearwaffenstaa- schritte beim Nachlassen des nuklearen Wettrü- ten ernsthafte Verhandlungen mit dem Ziel stens empfinden, in Verletzung des Geists und weiterer Begrenzungen von Atomtests aufzu- des Wortlauts des NVV; nehmen;

Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

Entschließung 217 Entschließung 218 betr. Luftinspektion betr. die Unterstützung von Reformen in Mittel- und Osteuropa Die Versammlung, Die Versammlung, 1. mit Freude über die Unterzeichnung des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) 1. unter Hinweis auf ihre Entschließung 208 betr. die vom 19. November 1990; Unterstützung und Handhabung des Wandlungs- prozesses in Europa, die von der Versammlung im 2. darüber hinaus den Vorschlag von Präsident Bush Oktober 1989 auf ihrer Jahrestagung in Rom ver- vom 12. Mai 1989 begrüßend, daß alle 22 Mit- abschiedet wurde; gliedstaaten der NATO und der Warschauer Ver- tragsorganisation einen Vertrag über die „Offe- 2. ermutigt durch die in zahlreichen Ländern Mittel- nen Himmel" abschließen sollten; und Osteuropas schrittweise erzielten Fortschritte bei der Errichtung eines demokratischen Mehr- 3. Kenntnis nehmend von der ausdrücklichen Ab- parteiensystems und freier Marktwirtschaft; sicht der Mitgliedstaaten der NATO, Luftinspek- tionen in die Verifikationsbestimmungen des 3. mit Genugtuung insbesondere über die f riedliche KSE-Vertrags mitaufzunehmen; Revolution in der früheren DDR und das Zusam- menschmelzen der beiden deutschen Staaten zu 4. darüber hinaus Kenntnis nehmend von der erklär- einem politischen und wirtschaftlichen Ganzen; ten Bereitschaft der Mitgliedstaaten der NATO zum Abschluß eines Vertrags über die „Offenen 4. in der Überzeugung, daß eine Liberalisierung der Himmel" ; Wirtschaft langfristig die Voraussetzung für eine stabile demokratische Entwicklung in allen Län- 5. besorgt darüber, daß der KSE-Vertrag den Prozeß dern Mittel- und Osteuropas und damit für die der Festlegung von Modalitäten für ein Regime Stabilität der Region insgesamt ist; der Luftinspektion auf spätere Verhandlungen hinausschiebt; 5. besorgt darüber, daß unzureichend strikte und umfassende Wirtschaftsreformmaßnahmen die 6. ferner besorgt darüber, daß bei den Verhandlun- politische Stabilisierung beeinträchtigen könn- gen über die „Offenen Himmel" keine Fort- ten; schritte zu verzeichnen sind; 6. feststellend, daß diese Gefahr in der Sowjetunion 7.daß sich dessen bewußt, ähnliche Fragen die Ver- besonders groß ist, wo gegenwärtig weitrei- handlungen über die KSE-Luftinspektion und die chende und andauernde landesweite Diskussio- „Offenen Himmel" beeinträchtigen; nen über den Übergang zur Marktwirtschaft und über einen neuen Unionsvertrag stattfinden. Dies 8.indaß der Erkenntnis, allen Vertragsparteien bei- ist jedoch auch eine konkrete Gefahr in anderen der Verhandlungsrunden ein kommerzieller Zu- Ländern Mittel- und Osteuropas, die zusätzlich gang zu den notwendigen Technologien ermög- noch mit steigenden Energiepreisen infolge der licht werden kann; Golfkrise und sinkenden sowjetischen Lieferun- 9. in der Überzeugung, daß die Luftinspektion eine gen ebenso rechnen müssen wie mit einem relativ kostengünstige und trotzdem wesentliche schwierigen Übergang zu einem Handel mit kon- Ergänzungsmaßnahme zu Vor-Ort-Inspektionen vertierbaren Währungen; für die Verifizierung des KSE-Vertrags ist; 7. nachdrücklich hinweisend auf die anhaltend 10. darüber hinaus in der Überzeugung, daß ein Ver- starke wirtschaftliche Abhängigkeit der Länder trag über die „Offenen Himmel", der Europa, die Mittel- und Osteuropas von der Sowjetunion und Sowjetunion über das Gebiet des Uralgebirges auf die bestehenden und auch möglicherweise hinaus und Nordamerika miteinschließt, eine we- positiven und regenerativen Auswirkungen der sentliche Ergänzungsmaßnahme zu den vertrau- Reformen in der Sowjetunion auf diese Länder; ens- und sicherheitsbildenden Maßnahmen im 8.darüberdaß umfangreiche hinaus feststellend, Bereich vom Atlantik bis zum Ural darstellt; westliche Unterstützung und unternehmerisches 11. fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten der Engagement solange begrenzt sein werden, wie Nordatlantischen Versammlung auf: konsequent und umfassend durchgeführte Wirt- schaftsreformen in ganz Mittel- und Osteuropa in a) unverzüglich ein effizientes Luftinspektions- Verbindung mit angemessenen Veränderungen abkommen abzuschließen, um dadurch eine in der Infrastruktur und der Gesetzgebung nicht wesentlich verstärkte Ve rifizierung des KSE- vollzogen sind; Vertrags zu erreichen und infolgedessen das Vertrauen in Europa auszubauen; 9. in Anerkennung des Eintretens der NATO-Mit- gliedstaaten für die Herbeiführung eines kon- b) schnellstmöglichst einen Vertrag über die „Of- struktiven Wandels in Mittel- und Osteuropa, wie fenen Himmel" abzuschließen, um das gegen- im Nordatlantikvertrag, im Harmel-Bericht und in seitige Vertrauen über den Bereich vom Atlan- der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und tik bis zum Ural auszudehnen auf Nordame- Zusammenarbeit in Europa festgeschrieben und rika und den östlichen Teil der Sowjetunion. in der Londoner Erklärung der Staats- und Regie-

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rungschefs der NATO-Länder vom 6. Juli 1990 f) indem sie die technische Zusammenarbeit und bekräftigt; den Handel zwischen Ost und West fördern, insbesondere in dem wichtigen Bereich des 10. in Anerkennung der verschiedenen von den west- Umweltschutzes mit Hilfe u. a. spezieller Ko- lichen Ländern bereits geleisteten Hilfsmaßnah- operationsprojekte, wie dem Regionalen Um- men, die entweder bilateral oder gemeinschaft- - weltzentrum für Mittel- und Osteuropa in Bu- lich durch Institutionen wie die Europäische Ge- dapest und durch eine weitere Lockerung der meinschaft, den Internationalen Währungsfonds im Rahmen des Koordinierungsausschusses für (IWF), die Weltbank, den Pariser Club, die Multilaterale Exportkontrollen (COCOM) fest- Gruppe der 24 und die Organisation für wirt- gelegten Kontrollen für den Technologieex- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung port; (OECD) durchgeführt wurden; g) indem sie Modelle für Investitionen in den so- überzeugt, daß die westlichen 11. dennoch davon wjetischen Energiesektor vorantreiben, um Länder zur Anregung und Unterstützung der Re- eine effizientere und umweltfreundlichere Pro- formen in Mittel- und Osteuropa mehr tun können duktion und einen stärkeren Export in Länder und sollten; in Ost und West sicherzustellen; 12. fordert die Regierungen und Parlamente aller mit- indem sie privatwirtschaftliche Aktivitäten und tel- und osteuropäischen Länder einschließlich h) die Schaffung von Ost-West-Gemeinschafts- der Sowjetunion dringend auf, konsequente und unternehmen fördern, u. a. durch Aktivierung umfassende Maßnahmen zur Liberalisierung ih- von Handelskrediten, Einrichtung von Kapital- rer Wirtschaft und zur Schaffung von Infrastruktu- fonds für diese Vorhaben und die Schaffung ren und Rechtsinstrumenten zu verfolgen, welche von Investitionsversicherungsrastern; westliche Unterstützung und Unternehmensbe- teiligungen fördern; i) indem sie die Rolle der Europäischen Bank für 13. fordert die Regierungen und Parlamente der Mit- Wiederaufbau und Entwicklung bei der Betei- gliedstaaten des Nordatlantischen Bündnisses ligung und Vergabe von Krediten unterstüt- dringend auf, ihre Unterstützung für alle reform zen, sowohl an Privatunternehmen als auch für willigen Länder Mittel- und Osteuropas ein- Infrastruktur- und Umweltprojekte, die für den schließlich der Sowjetunion zu verstärken; weiteren Ausbau des p rivaten Sektors erfor- derlich sind; a) indem sie ihren Einfluß auf befreundete Staa- ten und internationale Organisationen dahin j) indem sie die Integration Mittel- und Osteuro- gehend geltend machen, daß soziale und wirt- pas in die Weltwirtschaft fördern durch eine schaftliche Reformen in Mittel- und Osteuropa weitere Rücknahme der westlichen Import- gefördert werden; beschränkungen und die aktive Förderung ei- ner Beteiligung des Ostens an internationalen b) indem sie durch den IWF, die Weltbank und Wirtschaftsorganisationen, wie GATT, IWF, den Pariser Club auf eine finanzielle Stabilisie- Weltbank und OECD; rung dieser Region durch kurzfristige Zah- lungsbilanzunterstützung, mittelfristige Kre- k) indem sie die Rolle der Europäischen Gemein- dite zur Strukturanpassung und Maßnahmen schaft bei der Koordinierung der westlichen zur Schuldenerleichterung hinarbeiten; Unterstützung für Mittel- und Osteuropa poli- tisch und materiell unterstützen, die Einbezie- c) indem sie alternative Formen gemeinsamer Fi- hung der Sowjetunion in diese gemeinsamen nanzierung verfolgen, vorzugsweise solche Unterstützungsbemühungen fördern und die Unterstützung, die die bereits sehr hohe Schul- zügige Erarbeitung von Assoziierungsabkom- denlast nicht weiter vergrößert, wie z. B. Vor- men zwischen der EG und den mittel- und zugskredite und -beihilfen; osteuropäischen Ländern ermutigen, die d) indem sie direkte finanzielle Unterstützung ge- schließlich auf eine volle Beteiligung an einem zielt für solche Initiativen sicherstellen, die den erweiterten „Europäischen Wirtschaftsraum" Wettbewerb fördern und neue Handelsmög- abzielen; lichkeiten eröffnen, wie z. B. die Gründung kleiner und mittelständischer Unternehmen, 1) indem sie soweit wie möglich den Rahmen der Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe so- 34 Staaten umfassenden Konferenz über Si- wie die Verbesserung der landwirtschaftlichen cherheit und Zusammenarbeit in Europa für Produktivität und die Verteilung der Agrarpro- den Ausb au wirtschaftlicher Zusammenarbeit dukte auf die gesamte Lebensmittelversor- und Konvergenz nutzen und dabei auf den gungskette; marktwirtschaftlichen Prinzipien, die von allen KSZE-Mitgliedstaaten auf der KSZE-Konfe- e) indem sie durch die Entwicklung von Ausbil- renz über wirtschaftliche Zusammenarbeit im dungsprogrammen, technische Hilfe, Aufbau März/April 1990 in Bonn angenommen und in von Behörden und durch politischen Rat den der Charta von Pa ris für ein neues Europa im Transfer von Wissen und Fachkenntnissen an- November 1990 bekräftigt wurden, aufbauen regen; und diese als Kriterium verwenden.

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Entschließung 219 menwachsenden Europa entwickeln. Die von den Staats- und Regierungschefs der NATO auf dem betr. die nächsten Schritte im Hinblick auf Sicherheit Gipfel vom 5. —6. Juli 1990 in London unterbreite- und Zusammenarbeit in Europa nen Vorschläge im Hinblick auf eine Institutiona- - lisierung der KSZE dienen der Konkretisierung Die Versammlung, sowie der Realisierung dieses Projekts. Diese Vor- 1. in der Erkenntnis, daß die Überwindung der Tei- schläge lauten wie folgt: lung Deutschlands und Europas den wichtigsten a) ein Programm für regelmäßige Konsultationen Einschnitt in der Geschichte des europäischen zwischen den Mitgliedstaaten, mindestens Kontinents seit 1945 darstellt; einmal im Jahr, auf der Ebene der Staats- und 2. die Tatsache begrüßend, daß Europa aus dem Regierungschefs oder der Minister, wobei wei- Schatten des Kalten Kriegs heraustritt und daß tere regelmäßige Treffen von Beamten diese dadurch produktive Kräfte freigesetzt werden, die Konsultationen vor- und nachbereiten sollen; zum politischen und wirtschaftlichen Wiederauf- bau dieses durch den Kommunismus verwüsteten b) ein Zeitplan für KSZE-Folgetreffen alle zwei Teils von Europa beitragen werden; Jahre, um die Fortschritte in Richtung auf das eine und freie Europa zu bewerten; 3. in der Überzeugung, daß die Sicherheit in Europa infolge der neuen politischen Situation zukünftig c) ein kleines KSZE-Sekretariat, um diese Treffen nicht nur auf der Abschreckung, sondern auch und Konferenzen zu koordinieren; ganz besonders auf Vertrauensbildung und Zu- sammenarbeit beruhen wird; d) ein KSZE-Mechanismus, um Wahlen in den KSZE-Staaten auf der Grundlage des Kopen- 4. mit Beifall Kenntnis nehmend von dem ständigen hagener Dokuments zu beobachten; Bemühen der NATO um die Schaffung politisch verbindlicher, militärisch relevanter und verifi- e) ein KSZE-Zentrum für Konfliktverhütung, das zierbarer vertrauens- und sicherheitsbildender als Forum dienen könnte zum Austausch mili- Maßnahmen, deren Bedeutung besonders in Mit- tärischer Informationen, zur Diskussion un- tel-, Ost- und Südeuropa zunimmt; gewöhnlicher militärischer Aktivitäten sowie zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen 5. die Entstehung neuer Muster regionaler Zusam- KSZE-Mitgliedstaaten; und menarbeit, wie z. B. die bereits bestehende Al- pen-Adria-Gemeinschaft und die Balkan-Zusam- f) ein parlamentarisches KSZE-Gremium. menarbeit, sowie den Bericht des Treffens über den Mittelmeerraum in Palma de Mallorca als ei- 10. Die Nordatlantische Versammlung nimmt diese nen Beitrag für die Durchsetzung der Prinzipien Entwicklungen nachdrücklich zur Kenntnis und des KSZE-Prozesses begrüßend; fordert die Mitgliedsregierungen auf, deren Im- plementierung auf dem nächsten KSZE-Treffen 6. in Erwartung einer konkreten Ausarbeitung der 1992 in Helsinki zu bewerten. Die Versammlung zukünftigen Ziele des Bündnisses, die in der Er- verweist ebenfalls auf ihre Rolle bei der Auf- klärung der Staats- und Regierungschefs der nahme von Beziehungen zu den Parlamenten der NATO vom 6. Juli 1990 festgelegt wurden; neuen Demokratien in Mittel- und Osteuropa und 7.daß in der Erkenntnis, die Verstärkung der Wirt- insbesondere auf die Pionierrolle des Politischen schaftshilfe für die neuen Demokratien in Mittel- Ausschusses und bemüht sich um die Aufnahme und Osteuropa ein unentbehrlicher Stabilitätsfak- möglichst enger Beziehungen zu allen derzeitigen tor in ganz Europa sein wird. Mitgliedsstaaten der Warschauer Vertragsorgani- sation.

11. Gleichzeitig könnte es sich jedoch als erforderlich beschließt: erweisen, daß über die Schaffung neuer Institutio- nen hinaus Schritte zur Verhinderung und Bewäl- 8. Das Atlantische Bündnis, die Wertegemeinschaft tigung von Konflikten eingeleitet werden müssen, zwischen den Demokratien Westeuropas und die in der Zeit nach dem Kalten Krieg entstehen Nordamerikas, hat sich bewährt. Das Bündnis könnten. Daher sollten zusätzlich zu den Ergeb- bleibt der Kern der Sicherheits- und der Außenpo- nissen der Verhandlungen über konventionelle litik seiner Mitgliedstaaten. Die NATO wird wei- Streitkräfte in Europa neue vertrauens- und si- terhin der Garant unserer Sicherheit sowie der cherheitsbildende Maßnahmen für alle 34 KSZE entscheidende Eckstein für die künftige Architek- Teilnehmerstaaten ausgehandelt werden und vor tur der europäischen Sicherheit sein. 1992 in Kraft treten.

9. In diesem Zusammenhang kommt der Konferenz 12. Folglich fordert die Nordatlantische Versamm- über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa lung die Regierungen der KSZE-Teilnehmerstaa- (KSZE) eine besondere und unentbehrliche Rolle ten dringend auf: zu. Obwohl sie die NATO, die die einzig funktio- nierende Sicherheitsorganisation in Europa ist, a) Notstandsmechanismen für die Einberufung nicht ersetzen kann, muß sich die KSZE von einer von Treffen hochrangiger Beamter einzufüh- lockeren Absichtsgemeinschaft zu einem Forum ren, wie es im Grundsatz auf dem Pariser für breit angelegten politischen Dialog im zusam- KSZE-Gipfel vereinbart wurde;

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/65 b) den Anwendungsbereich der gegenwärtigen i) in Anbetracht der Tatsache, daß Angelegen- vertrauens- und sicherheitsbildenden Maß- heiten außerhalb der VSBM nicht in den Zu- nahmen (VSBM) auf Einschränkungen militä- ständigkeitsbereich des Konfliktverhütungs- rischer Aktivitäten auszudehnen unter Berück- zentrums fallen, das vom 15. Januar bis 8. Fe- sichtigung der Tatsache, daß der am 12. Ok- bruar 1991 in La Valetta veranstaltete KSZE tober 1990 zwischen der Bundesrepublik - Expertentreffen zu nutzen, um zusätzliche Me- Deutschland und der Union der Sozialistischen thoden zur Förderung einer f riedlichen Beile- Sowjetrepubliken geschlossene Vertrag über gung von Streitigkeiten zu untersuchen, ein- den Abzug der sowjetischen Streitkräfte vor- schließlich der Einführung von Mechanismen, sieht, daß auf dem Gebiet der ehemaligen DDR die bei allen Streitigkeiten in Verbindung mit keine militärische Aktivität sowje tischer Trup- der KSZE die Hinzuziehung eines Vermittlers pen oberhalb einer Gesamtstärke von 13 000 vorschreiben. Mann stattfinden darf und daß diese Ein- schränkung ebenfalls auf die Aktivitäten der NATO-Streitkräfte im Gebiet der ehemaligen Entschließung 220 DDR anzuwenden ist, wie es Artikel 5 des am 12. September 1990 geschlossenen Vertrags betr. den Abbau der Ozonschicht und weltweite über die abschließende Regelung der deut- Klimaänderungen schen Frage vorsieht; Die Versammlung, c) zu untersuchen, ob das Recht, „ungewöhnli- che" militärische Aktivitäten in Frage zu stel- 1. unter Hinweis auf ihr seit über 20 Jahren beste- len, auf Aktivitäten ausgedehnt werden sollte, hendes ständiges Interesse an Umweltproblemen, die nicht von den aktiven konventionellen die durch den Abbau der Ozonschicht, den sauren Streitkräften durchgeführt werden; Regen und den Treibhauseffekt verursacht wer- den; d) die Untersuchung bilateraler Maßnahmen fort- 2. ferner unter Hinweis auf die von der Versamm- zusetzen, die auf die Bedürfnisse bestimmter lung im Jahr 1989 verabschiedete Empfeh- Regionen Europas, insbesondere der Grenzge- lung 212 betr. die Verschmutzung der Atmo- biete, zugeschnitten sind und konkrete Ver- sphäre, in der weitere Maßnahmen gefordert wer- pflichtungen zur Unterlassung provozierenden den, um dem Abbau der Ozonschicht Einhalt zu militärischen Verhaltens enthalten, wie es am gebieten und Reduzierungen des Ausstoßes von 25. Mai 1990 von der Republik Ungarn sowie Treibhausgasen zu erreichen; der Tschechischen und Slowakischen Födera- tiven Republik vorgeschlagen wurde; 3. sich des Ausmaßes des Ozonabbaus über der Ant- arktis sowie wissenschaftlicher Erkenntnisse be- e) die Ausnahmen, die vom Vorankündigungsre- wußt, die einen Ozonabbau über der Arktis und gime für militärische Aktivitäten im Hinblick eine generelle Ozonabnahme in der globalen auf gewisse „Alarmbereitschaftsübungen" vor- Stratosphäre belegen; gesehen sind, abzuschaffen oder noch weiter einzuschränken in Anbetracht der erheblich 4. in der Erkenntnis, daß durch die Ozonabnahme längeren Vorwarnzeit, über die das Bündnis vermehrte schädliche UV-Strahlen in die Atmo- verfügt, und unter Berücksichtigung der Tatsa- sphäre gelangen, welche negative Auswirkungen che, daß die Aufrechterhaltung solcher Aus- auf die Gesundheit des Menschen, auf die Tier- nahmen die Situa tion in Krisenzeiten ver- welt und auf aquatische und terrestrische Lebe- schlechtern könnte; wesen haben;

f) die Grenzen der militärischen Transparenz in 5. mit Lob für die Vereinten Nationen für umgehen- allen Bereichen der Streitkräfte weiterhin ab- des Handeln und Ausarbeitung des Montrealer zubauen; Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen; und g) zu überprüfen, ob die Grenzwerte im Hinblick auf die Ankündigung oder andere Forderun- 6. die von den Unterzeichnerstaaten des Montrealer gen wesentlich heruntergesetzt werden sollten Protokolls auf späteren Überprüfungskonferen- in Anbetracht der verminderten Übungsnot- zen ergriffenen Maßnahmen zur Verschärfung wendigkeit und ob Verhandlungen über neue der Regelungen des Protokolls begrüßend; Arten militärischer Aktivität aufgenommen 7. mit Beifall Kenntnis nehmend, insbesondere von werden sollten, wie z. B. Mobilisierung, Stabs- der Vereinbarung, Mittel für die Entwicklungs- rahmenübungen oder die Verlegung der länder zur Verfügung zu stellen, um zu gewähr- Streitkräfte über vereinbarte Entfernungen leisten, daß das wi rtschaftliche Wachstum in die- hinaus und jenseits der internationalen Gren- sen Ländern nicht durch Maßnahmen zur Be- zen; kämpfung des Ozonabbaus beeinträchtigt wird; aber h) die Parlamentarier direkter in die Aktivitäten der KSZE einzubeziehen, z. B. indem man sie in8.daß Anbetracht weitere Maßnahmen dessen, an den Seminaren der KSZE über die Militär- ergriffen werden müssen zur umfassenden Be- doktrin und an den Beobachtungen und In- wältigung des Problems des Ozonabbaus und daß spektionen militärischer Aktivitäten beteiligt; derzeitige teilhalogenierte FCKW-Ersatzstoffe für

Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

vollhalogenierte FCKWs im gewissen Maße ozon- a) den Termin für den Ausstieg aus Produktion zerstörend sind und wesentlich zum Treibhausef- und Verbrauch von FCKWs und Halonen auf fekt beitragen, und daher 1997 vorzuverlegen, außer in solchen Fällen, wo eine Nutzung für äußerst wich tige medizi- 9. in der Überzeugung, daß die teilhalogenierten nische Zwecke und für eine spezielle Brandbe FCKWs zwar als Zwischenlösung angesehen wer- - kämpfung vorliegt; den können, aber dennoch durch ozonunschädli- che Substanzen ersetzt werden müssen; b) sich über die notwendige wissenschaftliche Forschung und Entwicklung im Hinblick auf 10. die Anstrengungen zur beschleunigten Beseiti- Ersatzstoffe für ozonunschädliche FCKWs und gung ozonabbauender Chemikalien und die Su- Halone zu verständigen; che nach völlig unschädlichen Ersatzstoffen für ozonabbauende Substanzen begrüßend; c) sich unverzüglich zu verpflichten, bis zum Jahre 2000 den Ausstoß von Treibhausgasen 11. mit Lob für die Anstrengungen des Intergouver- auf dem jeweiligen nationalen Stand von 1990 nementalen Ausschusses über Klimaveränderun- einzufrieren; gen der Vereinten Nationen, eine eingehende Be- d) alle neuen oder weiteren wissenschaftliche Er- wertung möglicher durch die Konzentration von kenntnisse zu prüfen, damit gegebenenfalls Treibhausgasen entstehender Klimaänderungen Maßnahmen zur Einführung noch st rikterer vorzunehmen; Grenzwerte und Fristen zur Eindämmung des 12. sich dessen bewußt, daß weitere Arbeiten erfol- Treibhauseffektes ergriffen werden können; gen müssen zur Feststellung der finanziellen Ko- e) Verfahren zu untersuchen, einschließlich han- sten und des Nutzens zahlreicher möglicher Ver- delbarer Emissionslizenzen, zur Unterstützung fahren zur Reduzierung des Ausstoßes von Treib- der Entwicklungsländer bei der Festlegung hausgasen; aber von Grenzwerten für den Ausstoß von Treib- hausgasen; 13. zu der Überzeugung gelangt, daß genügend alarmierende wissenschaftliche Erkenntnisse f) erweiterte Forschungsprogramme über die mit über die globale Erwärmung vorliegen und daß der Ozonabnahme und der Klimaänderung die möglichen Auswirkungen der Erderwärmung verbundenen Phänomene zu unterstützen. so schwerwiegend sind, daß unverzügliches Han- deln erforderlich ist;

14. in der Erkenntnis, daß die Industriestaaten in er- Entschließung 221 ster Linie für die in der Vergangenheit und derzeit betr. die Umweltverschmutzung in der Sowjetunion festgestellte Konzentration von Treibhausgasen und in Osteuropa verantwortlich sind, daß aber der diesbezügliche Anteil der Entwicklungsländer infolge der demo- Die Versammlung, graphischen Entwicklungen und des wirtschaftli- chen Wachstums beträchtlich steigen wird, und 1. besorgt über die starke Umweltverschmutzung in deshalb der Sowjetunion und in Osteuropa;

15. in der Überzeugung, daß die Industriestaaten un- 2. zutiefst beunruhigt über das Ausmaß der in diesen verzüglich durch die Festlegung von Grenzwer- Regionen zu verzeichnenden Umweltschäden und ten für den Ausstoß von Treibhausgasen und über die damit verbundenen Gefahren für die Ge- durch die Ausarbeitung angemessener Hilfspro- sundheit des Menschen; und gramme ein Beispiel geben müssen, damit die 3. besorgt über die Tatsache, daß die Umweltver- Entwicklungsländer eine Begrenzung ihrer Emis- schmutzung in der Sowjetunion und in Osteuropa sionen ohne Beeinträchtigung des wirtschaftli- ebenfalls Auswirkungen auf die benachbarten Re- chen Wachstums vornehmen können; gionen, die Meere und die Umwelt allgemein hat; 16. in der Erkenntnis, daß einige Maßnahmen zur Be- wältigung der Klimaänderungen sehr kostenauf- 4. die Anstrengungen begrüßend, mit denen der We- wendig sein werden, aber sten zur Reduzierung der Verschmutzung und zur Sanierung verschmutzter Gebiete beitragen 17.daßliche in der beträcht Überzeugung, Fort- möchte; schritte mit relativ niedrigen Kosten, insbeson- dere im Bereich der Energieeffizienz, zu erreichen 5. in Anerkennung der Tatsache, daß Wirtschaftshilfe sind; und die Modernisierung der Wirtschaft in der So- wjetunion und in den osteuropäischen Ländern 18. in der Überzeugung, daß eine Überwachung und ebenfalls zur Reduzierung von Schadstoffemissio- jährliche Berichterstattung über die bei der Be- nen beitragen werden; kämpfung des Ozonabbaus und der globalen Er- wärmung erzielten Erfolge notwendig ist; 6. in der Überzeugung, daß die westliche Hilfe zur Reduzierung der Umweltverschmutzung in der So- 19. ersucht die Regierungen und Parlamente der Mit- wjetunion und in Osteuropa das Ergebnis humani- gliedstaaten des Nordatlantischen Bündnisses tärer Erwägungen ist, zur Festigung engerer politi- dringend: scher Beziehungen zwischen Ost und West beitra-

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gen und dem Westen in umwelt- und wirtschafts- Bündnissen, auf die Zeit der Vertragsdurchführung politischer Hinsicht zugute kommen wird; begrenzt sein wird und daß viele Staaten bereits Verringerungen der Streitkräftestärke planen, die 7. fordert die Regierungen und Parlamente der Mit- unterhalb der im KSE-Rahmen vereinbarten Ober- gliedstaaten des Nordatlantischen Bündnisses grenzen liegen; dringend auf, - 6. trotzdem betonend, wie wichtig es ist, Begrenzun- a) eine Untersuchung der bestehenden Wi rt gen der Streitkräftestärke zu erreichen und einen -schafts- und Umwelthilfeprogramme für die So- formellen Rüstungskontrollrahmen beizubehalten, wjetunion und Osteuropa vorzunehmen, um de- innerhalb dessen weitere Begrenzungen und Ver- ren gesamte Auswirkungen auf die Umwelt fest- ringerungen der konventionellen Streitkräfte in zustellen und aufzuzeigen, ob die Wirtschafts- Europa nach festen Regeln durchgeführt werden, hilfe auf Gebiete konzentriert werden könnte, in womit Stabilität und Sicherheit sichergestellt wer- denen im Bereich des Umweltschutzes beson- den; dere Erfolge zu erwarten sind; 7. ebenfalls betonend, wie wichtig es für die NATO b) die westlichen Umweltschutzprogramme zu ist, sicherzustellen, daß alle Verringerungen und analysieren und diejenigen Bereiche herauszu- zukünftigen Streitkräfteplanungen in Einklang mit stellen, in denen die Mittel für Umweltprojekte den jetzt in Betracht gezogenen Militärstrategien im Osten am kostenwirksamsten eingesetzt stehen und diese widerspiegeln; werden könnten; 8.fordertdie Regierungen der Mitgliedstaaten des c) eine Ministerkonferenz unter Beteiligung der Bündnisses dringend auf: entsprechenden Minister der NATO und der Warschauer Vertragsorganisation zu organisie- a) bei der Durchführung der Verifikationsbestim- ren mit dem Ziel, die Möglichkeiten einer Neu- mungen des KSE-Vertrags eine möglichst enge festsetzung der Ausgaben im Umweltbereich zu Zusammenarbeit sicherzustellen, um eine untersuchen, um die Hauptprobleme der Um- strikte Vertragsbeachtung zu gewährleisten, die weltverschmutzung, wie z. B. saurer Regen und jede Vertragsumgehung ausschließt; Verschmutzung von Flüssen und Merren, auf b) ein Konzept für weitere Verhandlungen zu ent- möglichst kosteneffiziente Basis zu bewälti- wickeln, welches mit den politischen Realitäten gen. und mit der Ausarbeitung einer neuen NATO Strategie übereinstimmt; 9. fordert die Parlamente der Mitgliedstaaten des Entschließung 222 Bündnisses dringend auf: betr. den KSE-Vertrag den KSE-Vertrag zu ratifizieren, um sein schnellst- mögliches Inkrafttreten zu gewährleisten. Die Versammlung,

1. mit Freude über die Unterzeichnung des KSE-Ver- trags als einem historischen Durchbruch, der durch Entschließung 223 die Verringerung, Begrenzung und Überwachung der konventionellen Streitkräfte in Europa in ei- betr. die Schaffung einer Versammlung von nem Transparenz und Berechenbarkeit gewährlei- Parlamentariern aus den Mitgliedstaaten der KSZE stenden Rahmen eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung eines stabileren und sicheren Die Versammlung, Europas darstellt; 1. entschlossen, die Herbeiführung einer erfolgrei- 2. in Anerkennung der Bedeutung und der Komplexi- chen parlamentarischen Demokratie in allen Staa- tät der Vertragsbestimmungen, die auf eine Ge- ten Europas zu fördern und eine wirksame Zusam- währleistung der Vertragseinhaltung gerichtet menarbeit zwischen diesen Demokratien, die sich sind, besonders jene Maßnahmen, die den Informa- um gemeinsame Sicherheit und eine auf Gerech- tionsaustausch und die Verifizierung betreffen; tigkeit und Wohlstand gerichtete Gesellschaft be- mühen, zu entwickeln; 3. in der Überzeugung, daß die Verifikationsbestim- mungen des Vertrags eine möglichst enge Zusam- 2. erklärend, daß die Regierungen der Mitgliedstaa- menarbeit innerhalb des Bündnisses verlangen, ten des Nordatlantischen Bündnisses den mittel- um eine im höchsten Maße kosteneffiziente Nut- und osteuropäischen Staaten bei deren Bemühun- zung der Bündnisressourcen sicherzustellen; gen um die Errichtung von Institutionen einer auf der freien Marktwirtschaft beruhenden Demokra- 4. unter Betonung, wie wichtig es ist, daß der Vertrag tie jede nur mögliche Unterstützung zukommen so schnell wie möglich in Kraft tritt und daß dieses lassen sollten; Inkrafttreten erst nach der Ratifizierung des Ver- trags durch alle nationalen Parlamente erfolgen 3. davon überzeugt, daß die Konferenz über Sicher- kann; heit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) durch ihren systematischen Gedankenaustausch und die 5. in der Erkenntnis jedoch, daß die Bedeutung des Bekräftigung der demokratischen Prinzipien im dem KSE-Vertrag zugrundeliegenden konzeptio- außerordentlichen Maße dazu beigetragen hat, die nellen Ansatzes, d. h. Parität zwischen beiden ideologische und militärische Konfrontation in Eu-

Drucksache 12/65 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode

ropa zu überwinden und einen auf gemeinsamen den Beziehungen zwischen den Parlamenten der Werten beruhenden sicheren Frieden herbeizufüh- KSZE-Mitgliedstaaten einen offiziellen Charakter ren; zu verleihen, indem sie hochrangige Vertreter für die Teilnahme an den interparlamentarischen Dis- 4. die Empfehlung der Regierungen der KSZE-Mit- kussionen, einschließlich an jenen Debatten, die gliedstaaten begrüßend, daß eine interparlamenta- - auf Einladung des spanischen Parlaments über die , um rische Versammlung geschaffen werden so ll Aufnahme und die Vertiefung solcher Beziehun- derartige Ziele durch die Erleichterung eines di- gen stattfinden werden, benennen. rekten Dialogs zwischen den Parlamentariern aus den KSZE-Mitgliedstaaten weiter zu fördern; 5. unter Hinweis darauf, daß die Nordatlantische Ver- sammlung: Entschließung 224 a) den Parlamentariern Europas und Nordameri- betr. „Neue regionale Zuständigkeiten für kas seit 35 Jahren als ein von den Mitgliedspar- ein Bündnis im Wandel?" lamenten eingesetztes und organisiertes Forum für regelmäßige Diskussionen über Fragen der Die Versammlung, Sicherheit und der Entwicklung demokratischer Gesellschaften dient; 1. in Anerkennung der unerläßlichen Rolle der NATO bei der Erhaltung von Frieden in Europa b) sich den Ruf einer äußerst effizienten interparla- und der Erleichterung der dramatischen Verände- mentarischen Organisation geschaffen hat, de- rungen im vergangenen Jahr, einschließlich der ren Beitrag zum gegenseitigen Verständnis und Vereinigung Deutschlands unter Beibehaltung guten Verhältnis zwischen den Teilnehmerstaa- seiner vollen Mitgliedschaft in der NATO; ten große Anerkennung gefunden hat; 2. in der Überzeugung, daß die NATO weiterhin sich in den vergangenen zwei Jahren um den c) eine wesentliche Rolle bei der Erhaltung von Sta- Ausbau der Beziehungen zu den neuen Parla- bilität und Sicherheit in Europa spielen wird; menten in Mittel- und Osteuropa bemüht hat und sich unablässig dafür eingesetzt hat, diesen 3. alle Anstrengungen begrüßend, die auf eine Defi- Kontakten einen offiziellen Charakter zu verlei- nition der Identität und der Rolle des europäi- hen, z. B. durch Gewährung des assoziierten schen Pfeilers im Bündnis als Mittel zur Stärkung Delegationsstatus; der NATO und Ausrichtung ihrer Rolle auf die zukünftigen Aufgaben gerichtet sind; 6. in der Überzeugung, daß die Versammlung der KSZE-Parlamentarier als gemeinsames Forum ge- 4. besorgt darüber, daß zukünftige Bedrohungen nutzt werden sollte, von dem aus die Parlamenta der gemeinsamen Sicherheit sich aus regionaler rier aus den europäischen Staaten, den Vereinigten Instabilität sowohl innerhalb wie auch außerhalb Staaten und von Kanada zu einer neuen gemeinsa- Europas und ebenso sehr aus nicht-militärischen men Zukunft aufbrechen können auf der Grund- wie militärischen Faktoren ergeben können, lage der sie alle verbindenden Prinzipien, wobei und Sicherheit und Fortschritt an erster Stelle stehen sollten 5. daher in der Erkenntnis, daß zukünftige Bedro- hungen der Sicherheit der NATO eine weiterge- 7. dem spanischen Parlament dankend für seine vor- hendere Auslegung der Beg riffe „Sicherheit und ausschauende Haltung in Form des Vorschlags, im regionale Zuständigkeit" erforderlich machen Frühjahr 1991 Gastgeber der interparlamentari- können; schen Diskussion zu sein, um dadurch den Ausbau solcher Aktivitäten zu erleichtern; 6. in diesem Zusammenhang die Entschlossenheit der Regierungen der NATO-Mitgliedstaaten be- beschließt, daß: grüßend, weitere kooperative Sicherheitsmaß- 8. die Nordatlantische Versammlung nahmen zu verfolgen, Verteidigungskonzepte und -strukturen zu prüfen und dem KSZE-Prozeß, a) weiterhin für die Parlamentarier das Hauptfo- wie in der Londoner Erklärung der NATO vom rum für die Erörterung von Fragen in bezug auf 6. Juli 1990 festgelegt, noch größere Bedeutung Sicherheit und Entwicklung demokratischer beizumessen; Gesellschaften sein sollte; 7. in der Hoffnung, daß ein ähnlicher Prozeß wie der b) ferner alle geeigneten Maßnahmen ergreifen der KSZE in der Mittelmeerregion gefördert wer- sollte, um gewählte Parlamentarier aus Mittel- den kann; und Osteuropa sowie aus anderen demokrati- schen Staaten an den Arbeiten und Beratungen 8.inder Anerkennung schwerwiegenden und drin- der Versammlung zu beteiligen; und genden Probleme, denen sich die derzeitigen Mit- gliedstaaten der Warschauer Vertragsorganisa- eine Erweiterung des Status der assoziierten c) tionen, nicht nur im wirtschaftlichen und sozialen Mitgliedschaft auf die frei gewählten Parla- Bereich, sondern auch bei der Gewährleistung mente Mittel- und Osteuropas prüfen sollte; der eigenen Sicherheit in einer grundlegend ver- 9. die Parlamente der Mitgliedstaaten der Nordatlan- änderten europäischen Ordnung gegenüberse- tischen Versammlung sollten sich dafür einsetzen, hen;

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode Drucksache 12/65

9. entschlossen, als parlamentarischer Arm der c) Bereitstellung jeder nur möglichen Unterstüt- NATO eine konstruktive Rolle durch die Verkör- zung für die Regierungen und Parlamente der perung eines Sicherheit gewährleistenden Ele- derzeitigen Mitgliedstaaten der Warschauer ments für die neuen Demokratien in Mittel- und Vertragsorganisation bei deren Bemühungen, Osteuropa und durch den Ausbau kooperativer Wirtschaftsreformen, Rüstungskonversion und Sicherheit in Europa zu übernehmen; Umstrukturierung ihrer Streitkräfte durchzu- führen, und 10. in der Feststellung, daß die Sicherheit der NATO durch außerhalb der in Artikel 6 des Nordatlantik- d) im Rahmen der KSZE, Beiträge zur Schaffung vertrags festgelegten Region entstehende Bedro- eines gemeinsamen Sicherheitssystems, das hungen gefährdet werden kann, insbesondere alle europäischen Staaten einbezieht, damit es durch die Weitergabe ballistischer Flugkörper zu einer Auflösung der alten Trennlinien und nuklearer, chemischer und biologischer Waf- kommt; fen, wodurch Staaten die Möglichkeit erhalten, 16. die zukünftigen Aufgaben des Bündnisses, die die Sicherheit der NATO-Mitgliedstaaten direkt über die in der Londoner Erklärung vom 6. Juli zu bedrohen, wie die derzeitige Golfkrise zeigt; 1990 festgelegten Aufgaben hinausgehen, festzu- legen, darunter: 11. feststellend, daß der Nordatlantikvertrag gemein- same Aktionen zur Abschreckung und Abwehr a) die Gewährleistung, daß die derzeitige Über- von Bedrohungen der territorialen Integ rität, der prüfung der zukünftigen Rolle der NATO eine politischen Unabhängigkeit und Sicherheit der weitreichende strategische Einschätzung der Vertragsparteien nicht ausschließt; Entwicklungen umfaßt, die die Sicherheit der NATO, einschließlich der wirtschaftlichen Si- 12. unter Verurteilung der irakischen Aggression ge- cherheit ihrer Mitgliedstaaten, gefährden gen Kuwait und eine umfassende und unverzüg- könnten, und liche Befolgung der einschlägigen Resolu tionen der Vereinten Nationen, die in jedem Fall durch- b) die Anweisung an den Obersten Alliierten Be- geführt werden sollten, fordernd; fehlshaber, Europa, angemessene Notstands- pläne auszuarbeiten; 13. die von den NATO-Mitgliedstaaten unternomme- nen Anstrengungen zur Abstimmung der Aktio- beschließt, nen der einzelnen Verbündeten bei der Durchset- 17. alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Par- zung dieser Resolutionen begrüßend; lamente der neuen Demokratien Mittel- und Osteuropas zu unterstützen, u. a. durch folgende 14. entschlossen, alle weiteren vom Sicherheitsrat der Maßnahmen: Vereinten Nationen für notwendig erachteten Maßnahmen zu unterstützen, mit denen die terri- a) ab sofort Schaffung des Status von „assoziier- toriale Integrität und politische Unabhängigkeit ten Delegationen" für die Parlamente dieser Kuwaits wiederhergestellt werden soll, ein- Staaten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, schließlich aller in Artikel 42 der Charta der Ver- sich aktiver an der Arbeit und den Beratungen einten Nationen vorgesehenen Maßnahmen; der Versammlung zu beteiligen;

fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten des b) Veranstaltung regelmäßiger Treffen, beson- Bündnisses dringend auf, ders im Kontext der Europäisch-Atlantischen parlamentarischen Roundtable-Gespräche; 15. den offenen Charakter des Atlantischen Bündnis- ses dadurch zu bekräftigen, daß sie die derzeiti- c) Veranstaltung spezieller Seminare über legis- gen Mitgliedstaaten der Warschauer Vertragsor- lative Kontrolle und Verfahren, unter besonde- ganisation durch die Verfolgung zusätzlicher rer Hervorhebung sicherheitsbezogener Fra- Maßnahmen der kooperativen Sicherheit ermu- gen, wie zum Beispiel Verteidigungshaushalte tigt, sich auf die Lösung sozialer und wi rtschaftli und Streitkräfte; -cher Probleme zu konzentrieren, wobei zu diesen d) Beteiligung der Parlamentarier Mittel- und Maßnahmen gehören sollten: Osteuropas an den Arbeiten der Ausschüsse und Unterausschüsse; a) die Erleichterung möglichst enger Formen der Assoziierung mit der NATO, einschließlich der e) Förderung des freien Unternehmertums und Teilnahme von Vertretern der derzeitigen Mit- der Solidarität sowie von Kontakten und Mei- gliedstaaten der Warschauer Vertragsorgani- nungsaustausch zwischen hochrangigen Mit- sation an bestimmten Treffen des Nordatlan- arbeitern und Aufnahme von wissenschaftli- tikrats oder anderen geeigneten NATO-Gre- chen Assistenten aus Mittel- und Osteuropa im mien, um dem Verfahren regelmäßiger diplo- Internationalen Sekretariat für Studienaufent- matischer Verbindungen, das mit der Londo- halte; ner Erklärung der NATO vom 6. Juli 1990 fest- gelegt wurde, größeres Gewicht zu verleihen; f) bei der Festlegung der zukünftigen Aufgaben der NATO, Berücksichtigung der wich tigen b) Verhandlungen über weitere Reduzierungen Erfolge, die in der KSZE als politischem Rah- der nuklearen und konventionellen Streit- men zur Stärkung von Stabilität unter den eu- kräfte; ropäischen Staaten bereits erzielt wurden.