Machtergreifung beim Mettbrötchen

Raumnahme der Neuen Rechten in Westberlin Machtergreifung beim Mettbrötchen – Raumnahme der Neuen Rechten in Westberlin

Impressum Autoren: Valentin Domann und Alexander Thom Herausgeberin: Sozialistische Jugend - Die Falken Landesverband Berlin, 14059 Berlin Website: www.falken-berlin.de Aufage: 2. korrigierte Aufage, Dezember 2017 Druck: Print24, Radebeul Bildnachweis: Umschlag: Valentin Domann Grafk S. 5-7, 9: Valentin Domann und Alexander Thom

unterstützt durch gefördert von

Die Veröffentlichung wurde gefördert aus Mitteln der Partnerschaft für Demokratie Charlottenburg-Wilmersdorf im Bundesprogramm Demokratie Leben! des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend. Die Sozialistische Jugend - Die Falken LV Berlin ist die Trägerin des Projekts.

1 Die - Eine Positionsbestimmung

Eine zweite Lesart der Entstehungsgeschichte ist die Interpretation der bundesdeutschen Neuen Rechten als Ableger der französischen . Auch in Frankreich vollzieht sich in einem ähnlichen Zeitraum ein Bruch mit der klassischen Rechten. Hier allerdings werden durch junge Intellektuelle Rechte wie Alain de Be- noist auch ideologische Transformationen vorgenommen. Ziel der Agitation wird die Erlangung der kulturellen Spätestens seit der xenophoben Mobilisierung für den Hegemonie im metapolitischen Kampf. Brexit, der US-Präsidentschafswahl 2016 und den Wahl- erfolgen rechtspopulistischer Parteien in den Niederlan- den, Frankreich und Deutschland wird von der Formie- Akademisierungsversuche – die Vierte Politische Teorie von Alexandr Dugin: rung einer Neuen Rechten gesprochen. Die Bezeichnung Alexander Dugin fordert in seinem Werk „Vierte versucht dabei nicht nur Parteien, sondern die ganze Politische Teorie“ die radikale Ablehnung universalis- Bandbreite der Bewegung zu erfassen. Eine abschließende tischer Werte, der Menschenrechte und der Globalisie- Defnition der Neuen Rechten scheint durch die Vielfalt rung. Er nimmt dabei direkten Bezug auf postmoderne und postkoloniale Teorien. Diese Kritik an der Mo- der Akteur*innen ihrer Aktionsformen und Radikalität derne begründet dabei eine Neuformulierung rassis- schwierig. Eine Möglichkeit der Annäherung besteht nach tischer Grundannahmen. Eine Hierarchie zwischen Langebach und Raabe (2016) in der Beschreibung der den nun über Kultur, Religion und Sprache defnierten historischen Ursprünge der Bewegung. Ethnien lehnt Dugin ab und sieht sie als gleichberech- tigt. Selbstbestimmt könnten Menschen dabei aber nur Einen ersten Zugang bietet das Verständnis der Neuen leben, wenn sie in den ihnen zugeschriebenen Territo- Rechten als Modernisierungsversuch der klassischen rien blieben. Die Bindung an einen bestimmten Raum Rechten der 1960er Jahre, der stark im historischen Nati- ist für ihn Grundlage des Daseins, die Konsequenz daraus Ausgrenzung und die Abwertung von allem onalsozialismus verankert war und der Reichsidee anhing. dessen, was nicht in den völkischen Konsens passt. Bei dieser Erneuerung es jedoch kaum grundlegende inhaltliche Brüche. Stattdessen spielen ein Generationen- Die dritte Lesart, die Langebach und Raabe identifzieren, konfikt und Strategiefragen die tragende Rolle. Während ist weniger eine Erneuerung als eine Wiederkehr: und also die Ideologie kaum transformiert in dieser „»jungen« zwar des revolutionären Konservativismus. Akteure wie Rechten“ fortlebt, ändern sich die Formate hin zu einer oder Caspar von Schrenck-Notzing ver- eher intellektuellen und Lebensstil-orientierten strategi- folgen demnach seit den 1970er Jahren das Projekt, den schen Ausrichtung. antidemokratischen und revolutionären Konservatismus, der seit 1945 in Verruf geraten war, wieder salonfähig zu Metapolitik: machen. Dabei werden autoritäre und völkische Denk- Mit dem Begrif „Metapolitik“ wird die Strategie zum modelle in der Tradition des Jungkonservatismus, der das Kampf um gesellschaflichen Einfuss und schließlich zu konservierende erst zu erschafen statt in der Vergan- die Erlangung gesellschaflicher Vorherrschaf ver- bunden. Von Rechts wurde bis zu den 1960er Jahren genheit zu suchen anstrebt, verbunden und als politi- der Kampf um die Straße und die Mobilisierung der sches Projekt einer breiten Bevölkerungsschicht attraktiv Masse propagiert. In der Abgrenzung dazu wurde in gemacht. der Nouvelle Droite in Frankreich der Kampf um die Mit der Anknüpfung an diese historischen Wurzeln Köpfe ausgerufen. In einem der Politik vorgelagerten Feld, der Kultur können über den Bezug auf gemeinsame Begrifsapparate und Bildung, soll eine bürgerliche Elite angesprochen auch inhaltliche Überschneidungen beschrieben werden. werden rechte Positionen zu übernehmen und gesell- In den deutschen Publikationsnetzwerken avancierte der schafsfähig zu machen. Hierzu dient eine an die Öf- russische Autor und Politologen Alexandr Dugin und sein fentlichkeit gerichtete Abgrenzung von Neonazis, der Versuch einer Akademisierung der eigenen Positionen, zentrales Werk die Vierte Politische Teorie (2013) zur sowie die auf Seite 9 dargestellten Taktiken. programmatischen Kernschrif der Bewegung 2 Das Akteursfeld Die Neue Rechte im Berliner Westen

Nach der inhaltlichen Bestimmung können nun konkret Im Fall Berlin scheinen sich die Aktivitäten und erfolg- Akteur*innen defniert werden, die in diesem Rahmen reichen Raumnahmen der Neuen Rechten auf Westberlin in Deutschland aktiv sind. Zentral werden immer wieder und hier vor allem auf Charlottenburg-Wilmersdorf zu Einzelpersonen wie Jürgen Elsässer, Götz Kubitschek oder konzentrieren. Der Bezirk gilt als konservativ und bürger- Ken Jebsen genannt, wenn es um die Neue Rechte geht. lich, ist einer der wohlhabendsten in Berlin und ver- Aufällig an ihnen ist, dass sie allesamt mit Compact, der zeichnet seit etwa 20 Jahren Geländegewinne der Neuen Sezession und KenFM über eigene Veröfentlichungs- Rechten. organe verfügen. Gegenüber der generellen Ablehnung Ein bedeutendes Ereignis ist in diesem Zusammenhang der so genannten „Mainstream-Medien“, erfahren eige- der Umzug der Redaktionsräume der Jungen Freiheit (JF) ne Kanäle eine hohe Relevanz. Denn sie befördern „die von Potsdam an den Hohenzollerndamm in Wilmersdorf. Strategie der Neuen Rechten, Positionen, die vormals von Diese „nationale, liberale und konservative“ Zeitung gilt als Hausblatt der AfD und scheint tiefsitzende Ressenti- allen als eindeutig undemokratisch und rechtsextrem ments besonders gut bedienen zu können, da ihre Auf- verstanden wurden, nun als eine legitime Möglichkeit im lagen insbesondere nach Events wie der „Grenzöfnung“ Meinungsspektrum anzusiedeln“ (Zick & Küpper 2016: Merkels oder dem Anschlag von Nizza in die Höhe schie- 16). Als weitere maßgebliche Medien können die Maga- ßen. Dass es sich bei der Standortwahl nicht nur um eine zine und Zeitungen (JF), Blaue Narzisse, rein logistische Frage handelt, zeigt auch ein Blick in die eigentümlich frei, Gegengif, unzählige unterschiedliche 2011 geleakten Adresslisten der Autor*innen der Zeitung, und reichweitenstarke Online-Angebote wie PI-News, die sich zu großen Teilen in dem Westberliner Bezirk anonymus.kollektiv oder Arcadi, der Fernsehsender RT- niedergelassen zu haben scheinen (Anonym 2011). Deutsch, und ganze Verlagshäuser wie Arndt, Zuerst!, Ein regelmäßiger Werbekunde der JF und als Veranstal- Orion-Heimreiter, Antaios, Bonus, Pour le Mérite oder tungsort in relativer Nachbarschaf zu Charlottenburg- der Kopp-Verlag gelten. Ferner spielen im „Kampf um Wilmersdorf ist die Berliner Burschenschaf Gothia die Köpfe“ mit dem Ziel der Akademisierung rechter (BBG), die in einer Zehlendorfer Villa residiert. Die Positionen Tink-Tanks eine wichtige Rolle in der Bewe- studentische Verbindung stellt eine Melange aus National- gung. Zu ihnen gehören das Institut für Staatspolitik, das konservativen und Rechtsradikalen dar und ist Mitglied der rechten Vereinigung der Burschenschaflichen Ge- Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit, die Deutsche meinschaf, nichtsdestotrotz dient sie als bewegungsüber- Studiengemeinschaf, die Gesellschaf für freie Publizistik, greifender Veranstaltungsort. Weiterhin galt der Ortsteil das Tule Seminar, Deutsches Kolleg, das Hofmann- Charlottenburg schon 2007 als Zentrum der PRO BER- von-Fallersleben-Bildungswerk und die Staats- und LIN-Bewegung, die durch fremdenfeindliche und islamo- Wirtschafspolitische Gesellschaf. Auf parlamentarischer phobe Positionen auf sich aufmerksam machte (Jentsch Ebene äußern sich die inhaltlichen und ideologischen 2008: 96). Zusätzlich wählte auch die Förderstifung Positionen der Bewegung zunehmend in der AfD, die die Konservative Bildung und Forschung Charlottenburg als Parteien Pro Deutschland und Die Freiheit abgelöst hat. Standort eines besonders prestigeträchtigen Projekts: die Ihre verschiedenen Orts- und Hochschulgruppen agieren Eröfnung einer eigenen Bibliothek des Konservatismus mit unterschiedlicher Radikalität. Relevant sind in diesem (BdK). 2013 wurde mit Spenden des neurechten Vor- Zusammenhang auch die Geschehnisse innerhalb der denkers Caspar Freiherr von Schrenck-Notzing und des Jugendorganisation der Partei, die Junge Alternative für Hamburger Reeders Folkard Edler in der Fasanenstraße Deutschland (JA). Diese wiederum zeigt personelle und eine Immobilie erworben, die nun über 30 000 Bücher in inhaltliche Überschneidungen mit der Identitären Bewe- ihrem Katalog führt und als regelmäßiger Veranstaltungs- ort neurechter Events dient. gung (vgl. Krebs 2017), eine „sich zur Jugendbewegung stilisierende extrem rechte Gruppierung, die inhaltlich an die Ideenwelt der Neuen Rechten anschließt“ (Herkenhof Damit kann das betrachtete Spektrum der Neuen Rechten 2016: 207). Einzelne der genannten Akteur*innen ar- dezidiert als kohärente Bewegung (Gessenhauer 1989: beiten immer wieder punktuell in verschiedenen Kam- 565) beschrieben werden, die durch ihre gemeinsamen pagnen wie Ein Prozent oder temporären Protesten wie nationalistisch, völkisch und konservativ tradierten PEGIDA zusammen. Denkmuster geeint wird 3 Trial and Error – Dokumentation neurechter Raumnahmen

Im Zuge der Datenerhebung wurden in Charlottenburg- Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf 41 Orte kartiert, die zwischen 2012 und 2017 Ziel neurechter Raumnahme wurden. Die Kartierung der Versuche sich (halb-)öfentli- che Orte anzueignen erfolgte auf drei Grundlagen. 1) Auswertung der Daten des „Registers zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle“ der beiden Bezirke. 2) Recherche in weiteren Online Dokumentationsportalen 3) Validierung und Vertiefung der Vorkommnisse in In- terviews mit Aktivist*innen und Gastronom*innen. Das, für quantitativ fundierte Aussagen zu kleine Daten- sample, kann erste Informationen über räumliche Präfe- renzen liefern, die scheinbar in räumlicher Nähe zu den Bahnhöfen Charlottenburg und Wannsee, sowie zu den Campus der Freien und Technischen Universität beste- hen. In elf Fällen wurden die anvisierten Orte durch neurechte Akteur*innen aufgrund unterschiedlicher Faktoren nur ein einziges Mal genutzt. Zumeist wurden Sie noch wäh- rend oder nach dem ersten Trefen vor die Tür gesetzt, was auch vermuten lässt, dass es bei diesen einmaligen Raumnahmeversuchen eine hohe Dunkelzifer gibt, die nicht bekundet ist. Weitere 16 Orte wurden dokumentiert, an denen Das besondere Interesse am Westberliner Innenstadtbe- Betreiber*innen aus der Gastronomie und von Veranstal- zirk wird durch diese Konzentration von Akteur*innen tungsorten erst nach mehreren Nutzungen den Gruppen der Neuen Rechten belegt. Attraktiv ist für sie die Mög- die Weiternutzung untersagten. Dies geschah häufg im lichkeit ein bürgerliches Millieu aus mehreren Richtungen Zusammenhang mit Interventionen durch engagierte anzusprechen und unter Druck zu setzen. Dies zeigt sich Nachbarschafen oder antifaschistische Gruppen. beispielhaf auch an der Technischen Universität: Der In mindestens zehn Fällen, konnten die Akteur*innen Campus, in unmittelbarer Nähe zur BdK wird einerseits sich jedoch dauerhaf Räume aneignen. Dabei handelt es von der IB regelmäßig mit Flyern und Plakaten bespielt sich etwa zu gleichen Anteilen um regelmäßig genutzte und mit Grafti-Aktionen um die Aufmerksamkeit der gastronomische Einrichtungen, angemietete Objekte und Studierendenschaf gebuhlt und andererseits werden erworbene Immobilien. durch Professoren, die auch Vorträge in der BdK halten, Die Räume, die durch die Neue Rechte in den beiden mehr oder minder subtil rechte Positionen in Seminaren Bezirken eingenommen werden, dienen spezifschen und Vorlesungen platziert Funktionen - sowohl im „Kampf um die Straße“ als auch im „Kampf um die Köpfe“. Die unterschiedlichen Ortqua- litäten zeigen nicht nur die taktische Diversität der Neuen Rechten in Westberlin auf, sie verdeutlichen auch, dass es eine regelrechte Landschaf an neurechten Räumen gibt, die sich aufeinander beziehen und ergänzen. Die hier auf- geführten Fallbeispiele verdeutlichen dieses Gefecht 4 Der Rückzugsort – Das Gothenhaus In der Immobilie der Burschenschaf Gothia können sowohl Vernetzungstrefen, als auch Veranstaltungen mit Redner*innen der extremen Rechten in vertrauter Atmosphäre stattfnden. Der physische Schutz vor poli- tischen Gegnern ist durch die Präsenz der Burschis, der benachbarten Polizeiwache und der baulichen Qualitäten gesichert, sodass hier ein Freiraum für den Austausch von altem und neuen rechten Gedankengut produziert wird.

Die Akademie – Bibliothek des Konservatismus Die Bibliothek des Konservatismus beschreibt sich selbst als „Denkfabrik“ und vereint in ihrem Bestand, wie auch in hier regelmäßig stattfndenden Veranstaltungen jungkonservatives Denken der 20er und 30er Jahre mit christlich-fundamentalistischen und neurechten Ansät- zen. In ihrem Anliegen, die Neue Rechte zu akademi- sieren, hat die tragende „Förderstifung Konserva- tive Bildung und Forschung“ eine Immobilie in unmittelbarer Nachbarschaf zur Lobbyzent- rale der Berliner Wirtschaf, der Technischen und der Universität der Künste erworben. Ihr zunächst seriöses Aufreten ermöglicht es der Stifung, immer wieder konservative Professor*innen der TU und anderer Unis für Veranstaltungen in der Bibliothek zu gewin- nen und sie damit akademisch aufzuwerten. Ferner versuchen die Betreiber immer wie- Charlottenburg-Wilmersdorf der Anschluss an den bildungsbürgerlichen Mainstream zu fnden, indem sie sich über Steglitz-Zehlendorf Events wie der „langen Nacht der Biblio- theken“ in die Bibliothekslandschaf zu integrieren versuchen. Dies dient der Normalisierung revolutio- när-konservativen und neu- rechten Gedankengutes im allgemein akzeptierten Wissens- kanon.

Abb. 1: Raumnahmeversuche der Neuen Rechten in Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf zw. 2012 und 2017, eigene Darstellung

5 Die Anlaufpunkte – Bürgerbüros Mit der Eröfnung von Bürger- und Abgeordneten- Dr. Thomas Bürk über den büros erhielt neurechte Raumnahme 2016 und 2017 in den Westberliner Kiezen eine neue Qualität. Das Unterschied räumlicher Abgeordnetenbüro von Dr. Hans-Joachim Berg und Andreas Wild in Lichterfelde bezeichnen sie selbst als Taktiken von Neonazis und „Staatsreparatur“. Auch die AfD-Abgeordneten Kristin Brinker und Frank-Christian Hansel unterhalten ein Neuen Rechten Büro in der Kurfürstenstraße, das sich gemeinsam in einer Immobilie mit der für Fake-News bekannten Sei- te „Epoch Times Deutschland“ befndet. Als Niederlas- sung von ofziell gewählten Vertreter*innen der Partei legitimieren diese Orte die Präsenz neurechten Gedan- Tomas Bürk promovierte über Fremdenfeindlichkeit kengutes in den Alltagswelten der Westberliner*innen. und Rechtsradikalismus in ostdeutschen Kleinstädten Im Fall von Andreas Wild, der den AfD-Landesver- und erklärt im Interview die zentralen Bezüge zu seinen band aufgrund zu extrem rechter Aussagen verlassen Ergebnissen. musste, verhilf dieser Ort, weiterhin die Seriosität eines parlamentarischen Abgeordneten zu inszenieren, während hier Vernetzung in andere rechte Strukturen, Sie haben dazu geforscht, wie sich Neonazis öfentliche wie PEGIDA vorangetrieben wird (Kraetzer 2017). Räume und ganze Ortschafen in Ostdeutschland aneignen. Halten Sie Raumnahmeversuche der Neuen Rechten für ebenso gefährlich? Die Kommunikationsstrategien der Neuen Rechten, die hauptsächlich auf Wortergreifung im Internet setzen, sind aggressiv, einschüchternd und brutal. Gleichzeitig steigen aber auch die konkreten Übergrife und Beleidigungen gegenüber im Stadtteil lebenden Migrant*innen, Gefüch- teten oder nichtrechten Jugendlichen. Dieses Verhältnis Charlottenburg-Wilmersdorf kann als Wellenbewegung von Motivationssteigerung und Bestätigungsefekt verstanden werden und verstärkt die Steglitz-Zehlendorf Präsenz der Neuen Rechten, on- und ofine. Zusammen- gefasst heißt das: verlagerte Aktivitätsräume, mehr Selbst- und Sendungsbewusstsein bei gleichzeitig höherem Maß an (nicht nur verbaler) Aggressivität. Die Stammtische – Ratskeller und Bon Verde Der Ratskeller Charlottenburg und das Bon Verde in Zehlendorf dienen für Stammtische, Events und - im Wo sehen Sie die zentralen Unterschiede und Gemeinsam- Falle des Ratskellers – auch für Wahlpartys der AfD. keiten Ihrer Forschung zu den Beobachtungen neurechter Diese Räume sind keine der typischen „Hinter- Aktivitäten in Westberlin? zimmer“ mehr, in denen in den Anfangstagen der Anders als die Neonazis der 1990er und 2000er Jahre, die “Alternative“ die lokalen Parteieliten tagten. Sie sich als rechte Subkultur stark um ihre Vorherrschaf im ermöglichen es viel mehr Neumitglieder und Inte- ressierte aber manchmal auch Aktivist*innen der öfentlichen Raum bemühte, muss der „Extremismus der IB oder Burschenschafler mit Funktionär*innen Mitte“ einer Neuen Rechten viele Räume gar nicht mehr der Partei in einem halb-öfentlichen Ambiente zu- erobern oder verteidigen. Der Unterschied zwischen sammenzubringen. (alter) Neonaziszene und Neuer Rechter ist also nicht, dass Raumnahme keine Rolle mehr spielt, sondern dass sich die Orte und kommunikativen Techniken derselben verändern. Falls es also eine Strategie rechter Raumnahme gibt, so vereinigt diese zunehmend den „Kampf um die Straße“ mit dem „Kampf um die Köpfe“ und den „Kampf um die Diese Beispiele zeigen, dass das neurechte Hegemo- Parlamente“. Diese „Drei-Säulen-Strategie“ hatte die NPD nieprojekt, zur Normalisierung der Ideologien in ver- auch bereits in den frühen 2000er Jahren als Ansatz aus- schiedenen Milieus und Lebensbereichen auf Orte mit gegeben, der scheint nun gegenwärtig - allerdings ohne unterschiedlichen funktionalen und symbolischen Dominanz der Partei - deutlicher zu werden. Zuschreibungen angewiesen ist. Weiterhin wird deutlich, Die erkennbareren Grenzen zwischen aktiven Neonazis wie das neurechte Projekt, das zunächst auf Eliten und und neurechten Bürger*innen verschwimmen zusehends, kulturelle Sphären abzielte, sich nun zentral in alltags- die optische Diferenz schwindet und mehrere Generatio- weltlichen Räumen manifestiert. nen an rechten sind simultan aktiv. 6 Wie funktionieren Gebietsgewinne?

Im Zuge der Erhebung zeigten sich vielfältige Strategien der Raumnahme. Neben der langfristigen Anmietung von Räumlichkeiten, z.B. als Bürgerbüro, Kauf von Immobili- en, z.B. Bibliothek des Konservatismus, stehen insbeson- dere gastronomische Einrichtungen im Fokus der Neuen Rechten in Westberlin. Reservierungen werden dabei meist nicht auf die Namen Herbst 2015 entfalten konnten. So ließ die Reaktion der Gruppierungen oder Parteien, sondern den Namen auf die sogenannte „Grenzöfnung“ durch neurechte der Anmelder*innen getätigt. Akteur*innen in Charlottenburg nicht lange auf sich war- „Da hat sich ein Herr Doktor vorgestellt, der den ten und dokumentierte Vorfälle des Registers nahmen im Raum gemietet hat. Bietet sich ja auch an hier die Oktober deutlich zu. Während sonst monatlich im Schnitt großen Räume. Wir wussten das gar nicht, bis sie etwa 13 Vorfälle registriert waren, stieg die Zahl hier auf ihre Fahnen rausgeholt haben. Dann stehst du da.“ 27 an. Dieser Anstieg lässt sich auf Vorfälle zurückführen, (Wirt aus Charlottenburg) die sich im Rahmen der sogenannten Herbstofensive der AfD abspielten, in der die Kernthematik der Partei weg Insbesondere verschwörungsideologische Kreise, die der von Finanz- hin zu Migrationspolitik verschoben wurde. Neuen Rechten zuzurechnen sind, nutzen regelmäßig Ca- fés und Gaststätten, da sie kaum über fnanzielle Ressour- cen für die Anmietung oder Kauf von Räumen verfügen. In den Fällen, in denen wie im BonVerde und dem Rats- keller die Betreiber*innen von gastronomischen Einrich- tungen nicht nur von der ökonomischen Notwendigkeit überzeugt sind, sondern sich auch politischen Interven- tionen der Nachbarschaf gegenüber taub stellen, werden diese halböfentlichen Räume auch langfristig behauptet und stellen einen zentralen Bestandteil der neurechten Raumnahme im Bezirk dar. Weiterhin wird das Konzept halböfentlicher Veranstal- tungen intensiv durch die hiesige Neue Rechte bemüht, mit denen insbesondere ein bildungsinteressiertes Milieu einer bürgerlichen Schicht angesprochen werden sollen. Dies wird in den Bestrebungen der Bibliothek des Kon- servatismus mit einem gut gefüllten Veranstaltungskalen- der und Seminarangeboten für „Schüler, Studenten und Jungakademiker“ (BdK o.J.) überdeutlich. Diskursiven Rückenwind erhielt die Partei durch die Die Vielfalt der Orte, die sich neurechte Akteur*innen in hier ansässigen Medien Junge Freiheit und Epoch Times den Bezirken aneignen konnten, stellt eine wichtige Res- Deutschland, die zugleich selbst von der politischen Stim- source für die Verankerung der Neuen Rechten in Berlin mung massiv proftierten. Hatte letztere Seit Anfang 2015 dar. Die längerfristige Behauptung dieser Orte gegenüber monatlich noch etwa 1,4 Millionen Zugrife, hatte sich Widerständen aus der Nachbarschaf und berlinweit agie- diese Zahl mit der „Herbstofensive“ fast verdoppelt. renden Gruppen zeugt von einer sich zunehmend unhin- Ähnliches gilt für die Junge Freiheit, die entgegen dem terfragten physischen Präsenz in den Bezirken. Branchentrend durch die Besetzung dieser Temen seit Zugleich ergeben sich in diesem Ökosystem neurechter 2015 ihre Aufage kontinuierlich steigert: von etwa 22.000 Strukturen Synergien und Netzwerkefekte. Ein Blick auf im letzten Quartal 2014 auf über 30.000 im zweiten Quar- einige Zahlen rund um den „Sommer der Migration“ ver- tal 2017. Den rasanten Anstieg im letzten Quartal 2015 deutlicht die Dynamiken, die dieses Netzwerk im zeigt die Grafk deutlich 7 Fortsetzung des Interviews mit Dr. Thomas Bürk

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Sichtbarkeit neurech- ter Akteur*innen im Berliner Westen zuletzt zwar rasant zunahm, sie jedoch schon seit Jahrzehnten in den Vierteln aktiv waren. Konnten Sie ähnliche Zusammenhänge in Ihrer Forschung beobachten? Ja, beispielsweise war im Berliner Stadtteil Schönewei- de deutlich zu beobachten, dass die Abwesenheit kon- kreter antirassistischer Öfentlichkeitsarbeit rechten Akteur*innen viele Möglichkeiten der Stabilisierung ihrer meist auch lokal verankerten Netzwerke eröfnet. Die Präsenz rechter Gruppen und Aktiver in Charlotten- burg war jahrelang wohl nur zu wenig wahrgenommen worden, hierzu hat sicherlich die vereinfachte Vorstellung beigetragen, dass Neonazis und rechte Gruppen vor allem ein Problem der Ostberliner Stadtteile und der neuen Bundesländer seien. Aber Westberlin ist da wohl durch das Aufmerksamkeitsraster gefallen und bietet derzeit möglicherweise einen relativ ruhigen Rückzugsraum für Neonazis und die sich nun deutlicher bemerkbar machen- den Neuen Rechten.

Welche Strategien erscheinen Ihnen sinnvoll, um es rechten Abb. 2: Registrierte diskriminierende oder rassistische Vorfälle in Akteur*innen und Infrastrukturen zu erschweren in Kiezen Charlottenburg- Wilmersdorf © Register CW, 2015 Fuß zu fassen? Grundsätzlich wichtig ist natürlich die Aufmerksamkeit, Neugierde, auch die gezielte Recherche politisch-rechter und rassistischer Aktivitäten in den jeweiligen Stadtteilen und darüber hinaus. Zu einer Abwehr gehört aber auch die selbstverständliche und alltägliche Kommunikation mit (potentiellen) Opfern, sowie die Unterstützung zivil- gesellschaflicher antifaschistischer Initiativen. Es wäre ein bedeutender Schritt, wenn die Problematik rechter Präsenz und rassistischer Gewalt nicht mehr als reines, ofmals ethnisiertes Nischenproblem behandeln würde, wenn die Auseinandersetzung um eine ofene Stadtkultur als gesamtgesellschafliches Problem angese- hen würde. Die Verantwortung für eine tolerante, antiras- sistische Kultur vor Ort muss auch von der institutionali- sierten Stadt(teil)politik übernommen werden und kann nicht nur von den in diesem Bereich glücklicherweise zahlreichen zivilgesellschaflich Aktiven ausgehen. Ferner Abb. 3: verkaufe Exemplare der „Jungen Freiheit“ zum letzten Quartal. Eigene Darstellung nach 1998 bis 2007 Verlagsangaben, 2008 bis 2016 bedarf es einer angemessenen, auch materiellen Anerken- IVW, jeweils viertes Quartal. nung dieses Engagements 8 Einordnung und Deutung

Welche Bedeutung hat die beobachtete zunehmende Nut- zung von Räumen fernab von kurzen Wegen und Netz- werkefekten? Die Identitäre Bewegung beschreibt den Nutzen von festen Räumen in einem Stadtteil wie folgt: kengut geschafen, der die Akteur*innen in Verbindung „Du solltest aber deinen Raum nicht nur als Ta- setzt und weitere Mobilisierung befördern soll. Beispiel- gungsort betrachten. Es ist ein Hauptquartier, eine haf ist hier die Assemblage an Werken und Ideologien, ,Insel‘, von der aus du dein ,Piratenschif‘ abdockst die in der Bibliothek des Konservatismus beobachtet und auf ,Beutejagt‘ in der Stadt gehst. Es ist kein wurde. Hier stehen unvermittelt „politisch unkorrekte“ sicherer Hafen, sondern ein ,Vorposten‘“ Kinderbücher zwischen Landser-Hefen, Carl Schmitt (IB 2017: 43, Fehler im Original) und Ernst Jünger. Als drittes Konzept kann die Einkreisungsstrategie Dieses sehr invasive Verständnis von Raumnahme kann gelten, wie etwa Kellershohn (2016) sie beschreibt. Hier mit den von Borstel und Luzar vorgeschlagenen Raum- wird die imaginierte Mitte durch die Mobilisierung aller ordnungskritierien rechter Taktiken verglichen werden. regierungskritischen Kräfe so unter Druck setzt, dass Darin wird postuliert, dass über Provokationsgewinne neurechte Ideologien oder Gedankengut der sogenann- (darunter fallen räumliche Taktiken wie Sprühaktionen ten Querfront als Ausweichtaktik angenommen werden oder Plakatieren) Räumungsgewinnen eingefahren wer- sollen. den können, die politische Gegner*innen einschüchtern Die Vielfalt der Akteur*innen im Berliner Westen ver- und ihnen Räume nehmen. Über langfristige Raumge- unmöglicht die einfache Festlegung auf eine theoretische winne, in denen Stadtteile demonstrativ eingenommen Deutung. Insgesamt zeigt sich die Neue Rechte aber über- werden, wird – in diesem Konzept – rechte Ideologie vor wiegend der Strategie des metapolitischen Brückenschlags Ort normalisiert und räumlich stabilisiert. zugewandt, indem zahlreiche identitätsstifende und in- Für die „Identitäre Bewegung“ als aktionistischen Arm tellektuelle Angebote an lokale Eliten produziert werden. der Neuen Rechten weisen solche Konzepte eine gewis- Die in der Fachliteratur identifzierten Scharnierfunkti- se Plausibilität auf. Wenn allerdings als Spezifkum der onen und Einkreisungsstrategien sind vor Ort über die Bewegung die metapolitische Machtergreifungsstrategie Parteiaktivitäten und Vereinnahmungen genuin linker Orte defniert wird, benötigt es zusätzlicher räumlicher Analy- durchaus beobachtbar, scheinen jedoch untergeordnet. seschemata. Die Erhebungen zeigen weiterhin deutlich, dass die Neue Dabei können in der Fachliteratur drei zentrale Konzepte Rechte aus einem multiplen Feld von Akteur*innen be- identifziert werden, die neurechte Raumnahme erklären steht, die sich im Einzelnen nicht unbedingt als Teil einer können: Koalition verstehen müssen. Nichtsdestotrotz zeigt die Erstens wäre nach Gessenharter (1989) die „Scharnier- Beschäfigung mit ihrem metapolitischen Kampf Hinwei- funktion“ zu nennen, in der neurechte Praktiken und se auf mögliche Efekte einer festgestellten Verdichtung Ideologien in angrenzenden Milieus normalisiert wer- neurechter Artefakte und Veranstaltungen. Diese Verdich- den. Dies geschieht durch wiederkehrende Routine und tungen können, einen „gesellschaflichen Resonanzbo- alltägliche Sichtbarkeiten der zentralen Akteur*innen. So den“ schafen, der „Rechtsextremisten z. T. ungewollt das kann etwa der urbane Erfahrungsraum fungieren, wenn gute Gefühl [gibt], Avantgarde einer schweigenden Mehr- neurechte Botschafen im öfentlichen Nahraum, bei- heit zu sein. Mit diesem Gefühl wird Gewalt legitimiert. spielweise durch Parteiwerbung oder Stickerkampagnen, Sie dient als Ansporn für politisches Handeln“ (Borstel & unausweichlich werden. Luzar 2016: 50). Der Zusammenhang zwischen rechten Die zweite zentrale Strategie des „Brückenschlags“ kann Geländegewinnen und dem Anstieg registrierter diskri- als performatives Moment gesehen werden. Hier werden minierender Vorfälle sowie genereller gruppenbezogener temporär Brücken-Räume geschafen, in denen verschie- Menschenfeindlickeit (Klein & Heitmayer 2012) verdeut- dene Ideologiegebäude etwa wertkonservative, antietatis- lichen die Relevanz, Etablierungs- und Normalisierungs- tische und nationalistische miteinander in Dialog gestellt strategien xenophober Bewegungen über Raumnahmen werden. Über die Behandlung gemeinsamer Temen- auf lokaler Ebene ganz genau zu beobachten schwerpunkte wird ein Resonanzraum für rechtes Gedan- 9 Widerstände

In den Interviews traten vielfältige Strategien zutage um den zunehmenden Geländegewinnen der Neuen Rech- ten etwas entgegen zu setzen. Drei davon zeigten sich als zentral: 1. Dokumentieren Die Dokumentation und Veröfentlichung von neurechten Aktivitäten ist ein wertvolles Werkzeug im Kampf gegen neurechte Niederlassung in den Kiezen. Auch wenn die Aufnahme und Aufarbeitung solcher Aktivitäten of nicht sogleich in Widerstandspraktiken münden, können sie doch zukünfige Vorhaben informieren und der verdeck- Manchmal ist es schwer hier die richtigen Worte zu fn- ten Normalisierung entgegenwirken. Obwohl neurechte den um beispielsweise angefeindeten Kolleg*innen den Akteur*innen sich immer weiter in die Öfentlichkeit Rücken zu stärken oder in der Kneipe rassistischen Äu- trauen, sind sie doch auf das verdeckte agieren in Hin- ßerungen zu widersprechen. Dafür gibt es Trainings, z.B. terzimmern und Halböfentlichkeiten angewiesen. Hier die sogenannten „Stammtischkämpfer_innen“. Infos dazu erproben sie, wie weit sie ihre immer radikaleren Positi- gibt es online: aufstehen-gegen-rassismus.de/kampagne/ onen öfentlich vertreten können. Ohne Widerspruch in stammtischkaempferinnen diesen Räumen ist es zu befürchten, dass Diskurse noch 3. Rausschmeißen rassistischer und menschenfeindlicher werden. Gastronom*innen, mit denen die Autoren dieser Publika- Gerade weil neurechte Raumnahme zunimmt und erfolg- tion sprechen konnten, hatten meistens kein Interesse da- reicher verläuf, sind Recherche-Initiativen auf Informati- ran, dass ihre Räume zu Trefpunkten der Neuen Rechten onen aufmerksamer Bewohner*innen angewiesen. werden. Denn solche Trefen prägen nicht nur die öfent- Also: Wenn ihr Wind davon bekommt, dass alt- oder liche Wahrnehmung einer Einrichtung, sondern setzen neurechte Gruppen Räume in eurem Kiez nutzen, meldet auch die of internationale Belegschaf einer sehr unan- euch beispielsweise hier: [email protected] genehmen Situation aus. Aus diesen Gründen entstanden 2. Nachbarschafen organisieren in den letzten Jahren deutschlandweit mehrere Kampag- Die Ergebnisse zeigen ganz eindeutig: je besser der soziale nen von Gewerbetreibenden und Gastronom*innen, die Zusammenhalt in einzelnen Kiezen ist, desto schwerer konsequent für Hausverbot von rassistischen Gruppen hat es die Neue Rechte sich hier Räume anzueignen. warben. Dazu gehören z.B. „Keine Bedienung für Nazis“ Wenn Nachbar*innen sich regelmäßig austauschen, ist die (Regensburg), „Sonnenallee gegen Rechts“ (Berlin) oder Wahrscheinlichkeit viel höher, dass solche Raumnahmen „Kein Kölsch für Nazis“ (Köln). thematisiert werden. Zugleich sinkt die Hemmschwelle Zugleich zeigten sich die Befragten of unsicher, ob sie etwas dagegen zu unternehmen, sobald man merkt, man die ungeliebten Gäste einfach vor die Tür setzen dürfen. ist nicht alleine. So ist es viel einfacher beispielsweise Prinzipiell gilt: Wirt*innen haben Hausrecht und können Vermieter*innen anzusprechen, die rechten Gruppen jederzeit selbst bestimmen, ob sie Personen oder Gruppen Räume bereitstellen oder Briefe an die Nachbarschaf zu den Zutritt verweigern, solange dabei nicht diskriminie- verfassen, in denen darüber informiert wird. rend vorgegangen wird. Der Bundesgerichtshof verweist Eine Gemeinschaf erhöht nicht nur die Widerständigkeit in einem Urteil von 2012 ausdrücklich darauf, dass die eines Kiezes gegenüber Vereinahmungsversuchen, son- politische Anschauung kein Diskriminierungsgrund ist. dern stärkt vor allem den Nachbar*innen den Rücken, die Wenn ein Anlass besteht, können auch Haus- oder Lokal- von der Stimmungsmache der Neuen Rechten am meisten verbot ausgesprochen werden. betrofen sind. Deshalb bleibt es wichtig, sich für ofene Detailliertere Informationen und Strategievorschläge für Räume des kollektiven Austausches in Nachbarschafen Wirt*innen und gastronomisches Personal fndet sich in einzusetzen, sich in Sportvereinen und am Arbeitsplatz gut aufereiteten Broschüren von Keine Bedienung für solidarisch zu zeigen und ins Gespräch zu kommen. Nazis und von der Mobilen Beratung gegen Rechts 10 Quellen Anonym (2011): Das Adressverzeichnis der Wochenzeitung „Junge Freiheit“. URL: https://linksunten.indymedia.org/node/43205 abgeru- fen am 12.03.2017. Borstel, Dierk & Claudia Luzar (2016): Geländegewinne – Update einer Zwischenbilanz rechtsextremer Erfolge und Misserfolge. In: Braun, Stephan, Alexander Geisler & Martin Gerster (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Springer Fachmedien, Wiesbaden: 39-53. Braun, Stephan & Ute Vogt (Hrsg.) (2007): Die Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Kritische Analysen zu Programmatik, Inhalten, Autoren und Kunden. 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