Ko?pfe U1_U2_U3_U4_EK_07-08_2011:EZK Cover 10.06.2011 13:00 Uhr Seite 1 erziehungs07 / 08 | 2011 kunstJuli / August | 6,90 € Waldorfpädagogik heute Kinder, Lehrer, Temperamente

Chemie kann auch schmecken Die andere Frau – ein Sommerkrimi »O Mensch, erkenne Dich« Was ist Schulreife? Ko?pfe U1_U2_U3_U4_EK_07-08_2011:EZK Cover 10.06.2011 13:00 Uhr Seite 2

2 INHALT

4 H. Eller: Warum Rechtsanwälte und Frisöre sich für die Temperamente interessieren 5 U. Maiwald: Im Haus der Temperamente 9 M. Schnabel: Temperamente im Klassenzimmer – ein Praxisbericht 12 E. Leipold: Die Temperamente sind die Farben der Seele 14 M. Maurer: Temperamente ad acta? 17 L. Ravagli: Mit Temperament in den Urlaub 19 B. Olayiwola-Olosun: Wenn Temperamente nicht zu bremsen sind … 22 25 E. Schaffrath: Was ist Schulreife? 25 A. Ziemke: Sollen Kinder auswendig lernen? 28 30 H. Erasmus: Sind Waldorfschüler interessierter als Schüler von Regelschulen? 30 33 34 K. Joost: Generationenübergreifend 34 36 S. Hesse: Der steinerne Horizont. 50 Jahre Mauer 36 B. Kettel: Chemie kann auch schmecken 39 43 M. Maurer: »O Mensch, erkenne Dich« 43 46 N. Göbel: Waldorf boomt in China 46 K. Tevdorashvili: Holzspielzeug statt Flachbildschirm 49 B. Scheffold: »Welcome on Board of the Air Rosado« 52 C. Boettger: Sind Geschäftsführer an Waldorfschulen zufrieden? 56 T. Steen: »Erweckungserlebnis« in Dornach 57 58 J. Holle: Die andere Frau – ein Sommerkrimi 58 61 M. Stettner-Ruff: Nach der Wehrpflicht die Schulpflicht: abschaffen! 61 64 L. Ravagli: Fallende Schleier 64 66 68 72 77 80 98

erziehungskunst Juli / August | 2011 Titelfoto und Fotos Inhalt: Joan Vicent Cantó Roig 03_04_EK07/08_2011:EZK 10.06.2011 14:13 Uhr Seite 3

EDITORIAL 3 Die Temperamente – keine Lehre, eine Kunst

Liebe Leserin, lieber Leser, Elternabend, fünfte Klasse. Man begrüßt sich, setzt sich, redet noch ein bisschen. Einzelne Blicke wan- dern zur Wand, an der 35 Bilder aus der Heimatkunde hängen. Manche kräftig in den Farben und im Farbauftrag, manche blaß und zart, ja karg und spärlich. Bei manchen ist kein Fitzelchen an weißer Flä- che mehr zu sehen, bei anderen ist viel »Luft« dazwischen. Heutiges Thema: Temperamente. Der Klas- senlehrer führt in die vier klassischen Temperamente ein – erstes bestätigendes Kopfnicken der Eltern begleitet seine Ausführungen. Dann wird es konkret. Wir gehen die Bilder durch, es werden die dazu- gehörigen Kinder genannt. Es scheint auf der Hand zu liegen: der kräftige und dynamische Malduktus des einen Bildes zeigt den Choleriker, der akribisch-genaue und systematisch gestaltete den Melancho- liker, der ruhige und gleichmäßige den Phlegmatiker und der vielgestaltige und farbenfrohe den Sanguniker. Diese Eindeutigkeit zeigt sich aber nur bei den wenigsten Bildern. Bei dem weit größeren Teil ist eine klare Zuordnung nicht auf Anhieb auszumachen. Der Lehrer, ein alter Hase, scheint sich seiner Sache sicher. Die Eltern geraten dagegen ins Schwim- men: Was, mein Kind soll ein Sanguniker sein? Der Lehrer erläutert: Es gibt Mischtypen, bei denen das eine oder andere Temperament nicht auf Anhieb ins Auge springt. Goethe und Schiller hätten das in ihrer »Temperamentenrose« schön dargestellt. Da wird der Choleriker zum Abenteurer, wenn er einen Schuss Sanguinik hat, der Melancholiker mit phlegmatischen Einschlag zum Philosophen ... Es zeigt sich schnell, dass man genau hinschauen muss, dass nicht immer ein Temperament vorherrscht, und nicht zuletzt, dass die Dominanz eines Temperaments alters-, ja sogar situationsabhängig wechseln kann. Was so einfach und schlicht anfing, wird zunehmend kompliziert. Der Lehrer macht deutlich, dass ein schematisches Vorgehen nicht weiterführt, sondern in jedem Kind die Temperamente individuell gemischt sind. Es sei eine Kunst, keine Lehre, die Temperamentsmischungen in ihrer lebendigen Dynamik und Differenziertheit zu erkennen. Die künstlerische Methode sei die angemessenste, um sich von diesen »Farben der Seele« ein Bild machen zu können. Das klingt einleuchtend. Heute ist die sogenannte Temperamentenlehre Rudolf Steiners in die erziehungswissenschaftliche Diskussion gekommen. Die Frage ist, ob ihre Forschungsmethoden dem Forschungsgegenstand ge- recht werden. Fasst man die Temperamente schematisch auf und untersucht man sie gleichermaßen mit schematischen empirischen Methoden und Begriffen, droht die Gefahr, sich den erziehungskünst- lerischen Blick zu verstellen. Ohne lebensnahe Beobachtungen, qualitative, biographische und phäno- menologische »Sättigung« bleiben diese Zahlen allerdings leeres Stroh. ‹›

Aus der Redaktion grüßt

Mathias Maurer

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»Also gibt es keine zusammen- gesetzten Temperamente ...,

sondern es sind in allem deren nur vier, und jedes derselben einfach, und man weiß nicht,

was aus dem Menschen gemacht werden soll, der sich ein gemischtes zueignet.«

Immanuel Kant, 1798

Fotos: Die vier Temperamente, legendär dargestellt von Frieder Nögge (1955 – 2001) als Natsch, Nogele, Nicks und Nack. 05_06_07_08_09_10_11_12_13_EK07-08_2011:EZK 10.06.2011 14:31 Uhr Seite 5

THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE 5 Warum Rechtsanwälte und Frisöre sich für die Temperamente interessieren

Im Gespräch mit Helmut Eller

Die Temperamente – wissenschaftlich bezweifelt und doch lebenspraktisch von hohem Nutzen. Im Gespräch mit dem Waldorf- pädagogen Helmut Eller über seine unkonventionellen Wege, den Menschen die Temperamente näher zu bringen.

Erziehungskunst | Herr Eller, warum meinen Friseusen verbessern. Sie lässt sich auch mit Erfolg auf die Arbeit von und Friseure in Japan, dass ihnen die Temperamente be- Richtern und Rechtsanwälten anwenden. Bei der Vereini- ruflich weiterhelfen? gung deutscher Mediatoren in Hamburg habe ich einen Helmut Eller | Die Einladung, vor einer Gruppe von etwa Vortrag gehalten. Dieser erste Vortrag bei Kaffee und 60 jungen Friseuren und Friseusen in Tokio über die Tem- Kuchen wurde zunächst amüsiert aufgenommen. Doch die peramente zu sprechen, verdankte ich Eltern der im Wer- Mediatoren erkannten schnell, dass sich mit Hilfe der den begriffenen Waldorfschule im Westen der Stadt. Temperamente Konflikte besser verstehen und leichter Diesen war in meinen Seminaren über die Grundlagen der lösen lassen. Waldorfpädagogik wohl klar geworden, dass diese Kennt- Es folgte ein zweiter Vortrag, vor noch mehr Teilnehmern nisse nicht nur in der Schule und häuslichen Erziehung, auf der Generalversammlung der Mediatoren. Die Anwe- sondern auch im beruflichen Leben wichtig sein können. senden hörten gespannt zu. Sie konnten mit diesen Er- Die Friseure und Friseusen, lauter junge Leute, waren je- kenntnissen und Methoden unmittelbar etwas anfangen. denfalls begeistert, als sie erkannten, dass das Tempera- Mir wurde im Nachhinein davon berichtet, dass die Me- ment des Sanguinikers sich für ihren Beruf besonders diatoren immer wieder »geübt« hätten, den anderen und eignet. Gilt es doch, mit einem Kunden, der vor einem im sich selbst nach seinen auffallenden Temperamentsanla- Stuhl sitzt, über das zu reden, was ihn interessiert. Da ist gen zu bestimmen. Dabei wurde anscheinend viel gelacht. schnelles Interesse angesagt! Schon nach kurzer Zeit Inzwischen arbeiten die Mediatoren mit den Tempera- kommt ein neuer, will auch plaudern, aber über ganz an- menten, ohne diese »Lehre« – als Schablone zu betrach- dere Dinge. Sich rasch umstellen zu können, sich für kurze ten. Denn jeder Mensch trägt alle vier Temperamente in Zeit für alles Mögliche zu interessieren und dabei höflich, sich. Einige auffallende Eigenschaften kann man relativ freundlich zu sein, auch wenn einem selbst vielleicht nicht schnell finden, aber es dauert länger, unter Umständen danach ist: Das sind Eigenschaften, die das sanguinische sehr lange, bis man auch die verborgenen Seiten entdeckt. Temperament mitbringt. Sie gehören aber auch dazu. Die Haarkünstler empfanden es als eine große Hilfe zu er- Die Zusammenarbeit mit den Rechtsanwälten setzte sich fahren, wie sie sich selbst, ihre Mitarbeiter und Kunden fort und stieß auf immer regeres Interesse, so dass bei besser verstehen und auf ihre Eigenarten eingehen kön- meinen Vorträgen auch Richter und Mandanten einge- nen, wenn sie ihr Temperament kennen. laden waren und die Zuhörer zum Teil stehen mussten. Man vernahm mit Staunen, dass in den Waldorfschulen EK | Ist das nicht ein bisschen viel Aufwand für eine so auf die Temperamente der Kinder geachtet wird und dass schlichte Dienstleistung wie das Haare schneiden? den Lehrern Wege gezeigt hat, wie sich HE | Es zeigt eine Möglichkeit, die Arbeit mit Menschen zu diese im Unterricht nutzen: Die Kinder werden den ›

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6 THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE

Temperamente im Friseursalon: Tokioter Hair- dresser profitieren davon für ihre Kundschaft.

› Temperamenten entsprechend zusammenge- und dass man lernen kann, mit den einzelnen Eigen- setzt. Durch eine vierfach gefärbte künstleri- schaften geschickter umzugehen. Ratschläge, die den Um- sche Erzählweise können die Lehrer dazu gang mit dem cholerischen Temperament betreffen, beitragen, dass die Kinder lernen, ihr Tempe- wurden wohl bei allen Vorträgen und Seminaren als das rament zu beherrschen, statt von ihrem Tem- Interessanteste empfunden. Es hilft zu wissen, dass so perament beherrscht zu werden. In gewisser mancher zornig gewordene Mensch, der Kraftausdrücke Weise waren meine Vorträge eine Einführung in in die Gegend schleudert, vielleicht sogar etwas zerstört, die Waldorfpädagogik. und der nachher kein Bewusstsein davon hat, ein Opfer seines cholerischen Temperaments geworden ist. Auch die- EK | Irgendwie landeten Sie dann bei den Biochemikern: ser Vortrag zog weitere nach sich. untersuchen die jetzt die Temperamente der Bakterien? Schließlich landete ich bei Bio-Chemikern: Der Vorsit- HE | Möglicherweise. Aber erst noch etwas zu den zende dieses Vereins hörte meinen Vortrag im Kranken- Hausfrauen! Nach den Vorträgen in den Kanzleien haus -Havelhöhe, als er dort Patient war, und lud brachte eine ältere Dame ihr soeben entdecktes Inte- mich ein. Die praktische Anwendbarkeit des Themas habe resse an diesem Thema zum Ausdruck und lud mich ihn überzeugt, meinte er. Ihm seien ständig neue Lichter zu einem Vortrag in ihrem »Hausfrauen-Bund« ein. aufgegangen, und das wünsche er auch all den Menschen Anfangs klapperten noch die Kaffeetassen, doch seiner Vereinigung. langsam wurde es ganz still. Die Damen schienen zu bemerken, dass sie die Menschen, mit denen EK | Ihr »Einsatzgebiet« sind klassischerweise Waldorf- sie zu tun haben, auf einmal besser verstehen. lehrer-, Kindergarten- oder heilpädagogische Seminare im Da wird manche erkannt haben, warum ihre Le- In- und Ausland. Doch werden sie auch von Pflegefach- benspartner und sie selbst an ihrem jeweiligen schulen, Krankenhäusern und therapeutischen Einrich- Temperament kaum etwas verändern konnten, tungen eingeladen. Wo liegen deren Fragen?

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THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE 7

Helmut Eller

Die vier Temperamente

Anregungen für die Pädagogik HE | In den erwähnten Einrichtungen hat man die Er- fahrung gemacht, dass die jungen Menschen, die mit Betreuten oder Kranken zu tun haben, dringend Menschen- kenntnis benötigen. Lernen sie die Temperamente verste- hen, so lernen sie das Allgemein-Menschliche kennen. Verlag Freies Geistesleben Jeder Mensch aber färbt seine Temperamente mit seiner www.geistesleben.com individuellen Persönlichkeit ein, so dass nicht ein einziger Helmut Eller Die vier Temperamente Mensch wie der andere ist. Die Temperamente kann man Anregungen für die Pädagogik verhältnismäßig schnell verstehen, man kann sich schon 250 Seiten, kartoniert | € 18,50 (D) ISBN 978-3-7725-1644-3 in wenigen Kursstunden die wesentlichen Grundlagen er- arbeiten und dann bedarf es der steten weiteren Übung. Im Krankenhaus Havelhöhe in Berlin beginnt die Kran- Die Temperamente im Unterricht kenpfleger-Ausbildung mit meinem Vortrag, und dann ar- beitet eine Therapeutin mit den Auszubildenden, wie man Von den vierTemperamenten des Menschen – dem praktisch damit am Krankenbett umgeht. Nach meinem cholerischen, sanguinischen, melancholischen und Vortrag im Hamburger Carus-Institut wurde auch dort die phlegmatischenTemperament – spricht man schon seit Therapeuten-Fortbildung ergänzt. der Antike; Rudolf Steiner griff diese Betrachtungsweise 1919 bei der Gründung der erstenWaldorfschule auf EK | Die Temperamentenlehre Rudolf Steiners wird von und gab wertvolle Hinweise für den Unterricht im den Erziehungswissenschaften als obsolet erachtet. Warum Hinblick auf die verschiedenenTemperamentsfärbungen ist sie es Ihrer Ansicht nach nicht? des Kindes. Helmut Eller führt hier anschaulich und HE | Man muss sich die Mühe machen und die Tempera- umfassend in dieseThematik ein. Durch charakteristi- mente »sehen« lernen. Wenn ich irgendwo über die sche Schilderungen schärft er den Blick für einzelne Temperamente spreche, erlebe ich, dass die Menschen Temperamentszüge und vermittelt einVerständnis für anfangen, die entsprechenden Eigenschaften an sich die verschiedenen seelischen Dispositionen. selbst, ihren Kindern oder Mitmenschen wahrzunehmen. Es gehen ihnen die Augen auf. Das Thema ist in Misskre- «Kunst kommt von Können, Erziehungskunst von erzie- dit geraten, da man sich gegen Schablonen sträubt – und hen können. Dieses Buch trägt ganz wesentlich dazu das mit Recht. Man spricht zum Beispiel von einem bei, Kinder gerecht zu erziehen, und ist ein wunderbarer Choleriker. Damit kann nur jemand gemeint sein, der Begleiter für all diejenigen, die jungen Menschen in der verhältnismäßig viel von diesem Temperament hat. Alle Schule, auf demWeg ins Erwachsenenleben zur Seite anderen Temperamente sind ja auch vorhanden und stehen. Es hilft, ihre Eigenarten, ihreTemperamente zu müssen entdeckt werden. Es gibt niemanden, der in erkennen und diese Erkenntnis umzusetzen – zum jeder Situation gleich reagiert. Wenn man im Alltag vom › Wohle des Kindes.» Erziehungkunst

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8 THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE

»Jeder Mensch aber färbt seine Temperamente mit seiner individuellen Persönlichkeit ein,

› Choleriker oder Phlegmatiker spricht, dann blendet man lebte durchweg großes Interesse, spürte auch immer den die Vielschichtigkeit des Themas aus. Willen und die Begeisterung, die Dinge in die Tat umzu- setzen. Mit besonderer Freude habe ich erfahren, dass ei- EK | Sie hatten 25 Jahre lang einen Lehrauftrag an der Uni- nige Kollegen in der Christophorus-Schule in Hamburg versität Hamburg zur Waldorfpädagogik. Wie reagierten mit ihren seelenpflege-bedürftigen Kindern Tempera- die Studenten und Professoren auf die Temperamente? ments-Erziehung betreiben! Von den vielen Möglichkeiten, HE | Das Thema war in jedem der 50 Semester ein be- auf die Temperamente einzugehen, finde ich zwei beson- liebtes Referatsthema. Es wurde meistens von vier Teil- ders wirksam und einfach zu handhaben. Zum einen das nehmern sehr lebendig vorgetragen und oftmals durch ein Setzen der Kinder im Unterricht, das sich auf die Disziplin Stegreifspiel, Demonstration oder Zeichnungen sichtbar der Klasse auswirkt; zum anderen die vielfältigen Arten, gemacht. Es fand große Anerkennung und wurde nicht ein Geschichten zu erzählen oder Dinge zu beschreiben, die einziges Mal in Frage gestellt. jedes Temperament bei den Kindern auf seine Kosten kom- Als ich mein Konzept gegen Ende meiner Tätigkeit in einer men lässt. ‹› Konferenz verschiedenen Professoren vorstellte, sprach ich auch über die Temperamente. Man hörte interessiert zu, kannte wohl die Beurteilung ehemaliger Studenten aus meinen Kursen und äußerte sich wohlwollend.

Literatur: EK | Wird die »Temperamentenlehre» an den Waldorf- Helmut Eller: Die vier Temperamente. Anregungen für die Pädagogik, schulen überhaupt angewandt? Stuttgart 2007 HE | Das hoffe ich sehr! Ich durfte dieses Thema jahrelang Peter Lipps: Temperamente und Pädagogik. Eine Darstellung für den in mehreren unserer Lehrer-Seminare vortragen und er- Unterricht an der Waldorfschule, Stuttgart 1998

sodass nicht ein einziger Mensch wie der andere ist.«

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Im Haus der Temperamente

von Ulrich Maiwald

»Das Haus der Temperamente« von Nestroy bietet besondere Möglichkeiten der Selbsterfahrung. Die Schüler lernen an diesem Stück: Jede Einseitigkeit macht unfrei. Und sie fragen sich: Welches Temperament habe ich, welches hat mein Mitschüler oder gar mein Klassenlehrer?

Das Schauspiel bietet den Schülern wie kaum ein anderes sondern versteht es, alle Temperamentslagen zu bedienen. Fach die Möglichkeit, das eigene Seelenleben in seiner Viel- Die Einseitigkeit der Familien macht sie leicht manipulier- falt zu erkunden. Dabei können sie wesentliche Einsichten bar und er treibt sein boshaftes Spiel mit ihnen. Hierin be- über sich und ihr Verhältnis zu ihren Mitmenschen gewin- steht eine Kernaussage des Stückes: Jede Einseitigkeit macht nen. Die innere seelische Haltung spiegelt sich in Körper- uns unfrei und berechenbar. haltung, Geste und sprachlichem Ausdruck. Durch die Die Schüler konnten sich bei diesem Stück intensiv mit dem Begegnung mit den verschiedenen Rollen erweitert und dif- körperlichen und seelischen Ausdruck der einzelnen Tem- ferenziert sich der persönliche Ausdruck des Schülers. peramentslagen beschäftigen und so ihre Kenntnisse aus Die Rückmeldungen des Regisseurs und der Mitspieler der entsprechenden Deutschepoche, in der die vier Tempe- geben dem Spieler Aufschluss über seine Selbstwirksamkeit ramente und ihr Bezug zu verschiedenen Schreibstilen er- im dramatischen Spiel und seine innere und äußere Hal- arbeitet wurden, praktisch umsetzen. Dabei haben sie ganz tung wird bestätigt oder korrigiert. Dieser Prozess gibt dem selbstverständlich die eigene Temperamentslage mit den Heranwachsenden Orientierung bei seiner Selbstfindung. verschiedenen Rollenfiguren verglichen. Welches Tempera- Auf der Bühne bleibt Inneres nicht verborgen, alles wird an- ment habe ich selbst oder welches Temperament erkenne schaubar und dadurch auch bewältigbar. Der Bühnenraum ich bei meinen Mitschülern oder meinem Klassenlehrer? wird zum Seelenraum. Wer passt am besten zu dieser oder jener Rolle? Welche Fä- higkeiten muss ein Spieler mitbringen oder dazulernen, um Einseitigkeit macht uns unfrei eine bestimmte Rolle spielen zu können? Diese Fragen In unserem Klassenspielprojekt »Das Haus der Tempera- haben die Schüler bewegt, bevor sie zu einer endgültigen mente« von Johann Nepomuk Nestroy bot sich eine beson- Rollenentscheidung kamen. dere Möglichkeit der Selbsterfahrung für die Schüler der 8. Klasse. In dem Stück geht es um vier Familien, die gemein- Wahl der Rollen sam in einem Haus leben und dabei jeweils eine Tempera- Die meisten Rollen in diesem Stück wurden von den Schü- mentslage verkörpern. Die Geschichten der einzelnen lern selbst ausgewählt. Dabei sollten sie zunächst drei Familien sind nahezu identisch, alle haben einen Sohn und Wunschrollen in der Abstufung von »unbedingt« über eine Tochter im heiratsfähigen Alter und alle sind zunächst »gerne« bis »spiele ich auch« aufschreiben. Dieser Schritt ohne den Segen der Väter in die Söhne oder Töchter einer ist pädagogisch wichtig, weil er den Schüler dazu ermutigt, der anderen Familien verliebt. Diese verwickelte Grundsi- einerseits eine Entscheidung für eine Rolle zu treffen, an- tuation nutzt der gewiefte Frisör Schlankerl für seine eige- dererseits von vornherein einer zu starken Fixierung auf nen Ziele aus. Er verkörpert nicht ein Temperament, eine bestimmte Figur zu entraten. ›

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› Interessant bei der Rollenwahl war, dass einige Schüler Rol- Übungen, bei denen es um die charakteristische Darstellung len wählten, die ihrer eigenen Temperamentslage entspra- von Tieren und ihren Körperschwerpunkten geht, hilfreiche chen und damit also eine gewisse Verstärkung ihrer eigenen Erfahrungen zur Gestaltung der Rollen machen. Charakterzüge forcierten. Andere Schüler hingegen such- In dieser Beschäftigung lernten die Schüler sowohl das ten sich eine Temperamentslage, die ihnen eher fern stand Typische der Temperamentslagen kennen als auch ihre und stellten sich so die Aufgabe, das andere Temperament Differenzierung in den verschiedenen Spielsituationen und zu erforschen und ihre eigene Ausdrucksfähigkeit zu er- Handlungsumständen. Es wurde der Blick für Wesentliches weitern. geschärft und für die Vielfältigkeit der Erscheinungsformen der Temperamente geweitet. Dadurch gelangten die Schüler Wie trauert ein Choleriker? über die unmittelbare und praktische Auseinandersetzung In der praktischen Arbeit versuchten wir nun, die Beson- von einer zunächst plakativen zu einer zunehmend diffe- derheiten der einzelnen Temperamente zu charakterisieren renzierten Vorstellung von den Temperamenten und deren und durch eine gezielte Körperarbeit zum Ausdruck zu brin- Verkörperung auf der Bühne. Wesentlich war dabei, dass gen. Wie ist die Körperhaltung eines Cholerikers? Wie geht es nicht bei der Vorstellung von den Temperamenten ein Sanguiniker? Welche Dynamik in der Bewegung hat ein blieb, sondern dass diese eine seelisch-leibliche Erfahrung Phlegmatiker? Welche Gestik und Mimik zeichnet einen wurden. Melancholiker aus? Wie spiegeln sich die vier Tempera- Dass die Schüler durch die intensive künstlerische Beschäf- mente in ihrer spezifischen Sprechweise, in Sprechtempo, tigung mit den vier Temperamenten zu Fragen angeregt Sprechrhythmus, Stimmmodulation und Artikulation? wurden, welches Temperament wohl bei ihnen selbst die Auch die Frage nach der seelischen Äußerung von Grund- größte Dominanz hätte, ist leicht nachvollziehbar. Dass aber gefühlen wie Freude, Zorn, Trauer, Sehnsucht, Liebe und Ei- auch die Zuschauer sich durch das Stück angeregt fühlten, fersucht stellte sich bei der Verkörperung der Rollen. Wie über ihr eigenes temperamentbedingtes Verhalten in der drückt sich bei einem Melancholiker Wut aus? Wie trauert Familie oder Partnerschaft ins Gespräch zu kommen, wurde ein Choleriker? Hier lassen sich durch improvisatorische erst durch die Rückmeldungen der Gäste deutlich und war

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Fotos: Charlotte Fischer

überraschend und erfreulich zugleich. Offensichtlich haben wählten, fand ein die Temperamente viel mit uns zu tun und lassen uns nicht in der Tendenz entge- unberührt, wenn wir sie in Reinform vor das Auge gestellt gengesetzter Prozess statt. Sie bekommen. erweiterten ihren Horizont und lernten neue Möglichkeiten des Ausdrucks und des Erlebens kennen. Sie entdeckten Verkörperung der Temperamente wird zur Katharsis dabei neue Seiten an sich selbst und der Rolle. Auch hier Als Fazit der Arbeit an dem Stück lassen sich zwei Tenden- fand eine Erweiterung der Grenzen statt. zen wahrnehmen. Die Schüler, die ihre eigene Tempera- Für beide Gruppen stellte sich die Aufgabe, die gewonnene mentslage in der Rolle suchten und wiederfanden, Erfahrung künstlerisch zu verarbeiten und für das Publikum arbeiteten sich in gewisser Hinsicht an ihr ab und erfuhren anschaubar zu gestalten. Die subjektive Erfahrung wurde durch das bis ins Extrem führende Ausleben zunächst eine verobjektiviert. Art Erschöpfung oder ein inneres Ermüden und schließlich Insgesamt hat sich für alle an dem Stück Beteiligten durch als Reaktion darauf einen Ausgleich, eine Form der Har- die Mittel des Spiels und die Freude am schauspielerischen monisierung. So konnte der cholerische Darsteller die phy- Ausdruck ein großes Feld der Selbst- und Welterfahrung sische Anstrengung bis in die Stimme hinein erleben und eröffnet. Die Schüler haben unterschiedliche Perspektiven aus dieser Erfahrung heraus die Notwendigkeit der Mäßi- eingenommen und dadurch ihren Erlebnis- und Erfah- gung und Differenzierung im Ausdruck erkennen. Oder die rungshorizont erweitert. Ist das nicht letztlich das, was wir Schwermut und Tiefsinnigkeit des Melancholikers, der jedem Heranwachsenden wünschen und mit der theater- durch ständiges Zweifeln in seiner Dynamik gebremst wird. pädagogischen Arbeit an dem Achtklassspiel erreichen Durch die Einseitigkeit der Darstellung und das damit ver- wollen? ‹› bundene extreme Ausleben der eigenen Gemütslage fand

nicht nur eine Grenz- und Selbsterfahrung, sondern auch Zum Autor: Ulrich Maiwald ist Sprech- und Theaterpädagoge an eine Art Ausgleich statt. der Freien Waldorfschule Haan-Gruiten und Dozent für Sprech- Bei den Schülern, die ein ihnen fremdes Temperament und Theaterpädagogik an der Alanus-Hochschule Alfter/Bonn

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12 THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE Temperamente im Klassenzimmer – ein Praxisbericht

von Martin Schnabel

Wie man im täglichen Unterricht mit den Temperamenten umgeht, schildert der langjährige Klassenlehrer Martin Schnabel von der Michael Bauer Schule in Stuttgart So. Welches Mäntelchen ziehe ich denn heute an? Das um die Gefühlswelt zu harmonisieren (Morgenspruch, cholerische? Oder doch besser das melancholische? Braucht gleichmäßiger Ablauf), oder ich lege den Schwerpunkt auf die Klasse das phlegmatische oder eher das sanguinische? das bewusste Wiederholen (Abbrechen des Gedichtes, mehr- Morgens, vor dem Unterricht, spürt man, so wie die Kran- mals einige Zeilen üben, einzeln sprechen lassen). Dabei kenschwester den Puls fühlt, den »Stimmungspuls« der lässt sich wunderbar mit den Temperamenten spielen. Jedes Klasse: eine gelangweilte, müde, träge Ruhe? Ein Durchei- darf zur Geltung kommen, und man spürt, was an diesem nanderschwatzen, in dem fast nur geredet, und kaum zu- Tag überwiegen muss. gehört wird? Prügeln sich die Jungs schon vor dem ersten Dann beginnt der eigentliche Hauptunterricht: Dreigeteilt! Läuten? Dann sagt man sich als Lehrer: Nein, doch lieber Es ist jetzt gegen halb Neun. Zuerst kommt der Denkteil, jenes Mäntelchen anziehen. mit der Wiederholung und den neuen Inhalten der Epoche. Für mich dauert der rhythmische Teil nicht so lange, bis die Gegen Neun folgt der Teil, der den Willen anspricht, viel- Kinder müde und ausgelaugt sind, er dient nur zum Sam- leicht das Schreiben im Epochenheft. In der letzten Viertel- meln, Konzentrieren und dazu, dass die Klasse »ein Ganzes stunde liegt der Schwerpunkt auf dem Fühlen. Übrigens wird«. Entweder überwiegt das unbewusste Wiederholen, muss das nicht durch eine Geschichte geschehen. Es könnte auch im Rechnen die Frage angesprochen werden: Wie viele Primzahlen gibt es denn und werden die Abstände zwischen ihnen wohl enger oder weiter, je größer die Zahlen werden? »Die Schüler sitzen nach Tempera- Idealerweise gilt diese Gliederung ja auch in den Fachunter- menten geordnet in Gruppen, die richten, selbst im Werken, wo aber natürlich der Schwer- punkt beim Tun liegt. natürlich verschieden groß sind. Die Temperamente? Mal vergesse ich sie völlig, mal klappt die intensive Zuwendung zu einer Gruppe instinktiv. Die Deshalb frage ich mich auch immer, Schüler sitzen nach Temperamenten geordnet in Gruppen, wie man denn in halbierten oder die natürlich verschieden groß sind. Deshalb frage ich mich auch immer, wie man denn in halbierten oder kleineren kleineren Klassen überhaupt genügend Klassen überhaupt genügend Choleriker finden will, um Choleriker finden will, um diese diese gruppenweise zu setzen. Aber das nur nebenbei … Bei der Geschichte ist es am einfachsten, mit den Tempera- gruppenweise zu menten zu »spielen«. Auch beim »Stoffteil« geht es gut, und wenn man die Unruhe bei den Sanguinikern bemerkt, wird setzen.« man sich ihnen besonders zuwenden und die Geschwin- digkeit so anziehen, dass sie bald wieder dabei sind. Oder

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THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE 13

Fotos: Charlotte Fischer

man wendet sich mit gründlichen, genauen Schilderungen Ich denke »von sich aus« ist das Zauberwort. Nicht dadurch, vorwiegend den Phlegmatikern zu. Dann darf man auch dass der Lehrer seine Schüler dressiert, wirkt er grundle- mal poltern oder schimpfen. Brauchen die Choleriker ein gend und dauerhaft. Vielmehr lautet die Frage: Wie schaffe Gewitter, so versuche ich, nicht über sie, sondern über ir- ich eine Umgebung, in der der junge Mensch sich selber än- gendetwas loszudonnern, das mit dem Unterrichtsinhalt zu- dert? Dabei muss der Lehrer zunächst mehr aushalten. Bis sammenhängt, vielleicht über die Ungerechtigkeit der Welt, die beiden Choleriker sich aneinander abgeschliffen haben, die es einem Kolumbus so schwer macht, sein Lebensziel kann mehr als ein Jahr vergehen. Und wenn zwei Sangui- zu verfolgen. Dabei ist darauf zu achten, nicht unmotiviert niker, die anfangs beste Freunde waren, sich nur streiten herumzubrüllen, sondern dass sich die Lautstärke langsam und anzicken und mich fragen, wie lange sie noch neben- steigert, sonst werden womöglich die dahinter sitzenden einander sitzen müssen, ist die ruhige, freundliche Antwort Melancholiker zu sehr verschreckt. meist: »Bis Ihr es könnt!« Zwei Störer auseinanderzusetzen Für mich ist die Beschäftigung mit den Temperamenten das bringt etwas, aber nur kurzfristig. Und wenn am Ende des Mittel, um mit großen Klassen, unkonzentrierten Kindern Jahres zwei, die sich dauernd abgelenkt haben, zu mir kom- und der Gefahr der Langeweile besser fertig zu werden! men und mich bitten, im kommenden Schuljahr einen an- deren Nachbarn zu bekommen, weil sie mehr aufpassen Das Zauberwort heißt »von sich aus« wollen und neben so einem Schwätzer sich einfach nicht konzentrieren können, dann freue ich mich, so ganz still Wie wirken die Gruppen aufeinander? Ein Kind erzählte und heimlich für mich … ‹› einmal zu Hause: »Du, Vater, ... Pause ... der, der neben mir sitzt ... Pause … der ist ... Pause ... sooo langweilig!« Hier hat ein Phlegmatiker den anderen offensichtlich wahrgenom- Zum Schluss eine Warnung: men ... Sie wirken aufeinander, aber das braucht viel Zeit Die Temperamente der Kinder sollen nicht und nicht alle paar Monate eine andere Sitzordnung. Dann werden die Phlegmatiker durch ihre Umgebung von sich umgewandelt werden, es gilt »die Stärken zu aus aktiver. stärken« und »die Schwächen zu schwächen«!

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14 THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE

Die Temperamente sind die Farben der Seele

von Elke Leipold

Bei kleineren Kindern sind »Temperamentdiagnosen« mit Vorsicht zu genießen. Die Kindergärtnerin Elke Leipold begründet dies anhand von Beispielen.

Denke ich an Temperamente im Kindergartenalter, dann aber auch schon der dritte Kindergarten, seine Eltern waren sehe ich Farben, die immer wieder in anderem Licht er- mehr als einmal umgezogen. scheinen, höre Töne, die immer wieder in anderen Tonar- Auch Anton kam schweren Schrittes in die Gruppe. Er hielt ten erklingen. Eine weit verbreitete Ansicht ist: Bei Kindern die Hand des Vaters fest, der Mund schmollte etwas, nichts im Kindergartenalter ist das sanguinische Temperament war so richtig gut. Erst wenn der Vater den Raum verlassen vorherrschend ... Das ist sicher nicht von der Hand zu wei- hatte, bewegte sich Anton in Richtung Tisch, legte sich etwas sen, doch wir sollten offen sein für wechselnde Konfigura- drüber und betrachtete ein Bild, das ein Kind malte: »Da tionen und wechselnde Farben. Jedes Kind muss individuell fehlt aber ein Fenster.« Ein phlegmatisch-melancholisches angeschaut werden. Festlegungen sind – zumindest im Kin- Kind. Oder? Könnte man meinen, wenn man Anton nicht in dergartenalter – pädagogisch kontraproduktiv. Sie verbauen heftigem Zorn erlebt hat, weil Mutter oder Vater ihm beim den Blick auf das ganze Wesen des Kindergartenkindes, sind Abholen nicht die Schuhe binden wollten … Temperamentsäußerungen doch oft auch situationsgebun- Felix den und dementsprechend vielfältig. Felix David und Anton Ein anderer Gedanke kommt mir bei Felix. Tief melancho- David und Anton lisch, mit stark cholerischen Zügen. Aber warum? Felix Da sind zum Beispiel David und Anton. David war bei an- wächst zweisprachig auf, lebt mit seiner alleinerziehenden deren Müttern nicht sehr beliebt, musste er doch für alles Mutter, die all ihre Nöte mit ihm teilt, zusammen. Sie erklärt herhalten, was ein Kind angestellt haben könnte. Manchmal alles intellektuell, mit drohenden Untertönen, und – damit hatte er ja auch, aber nicht immer. Jeden Morgen kam er mit nicht genug –, sieht er Filme, die seinen Intellekt und vor kräftigem Schritt in den Kindergarten, schnell hatte der am allem sein Seelchen überfordern, ja verletzen. Wenn ihm nächsten Stehende einen freundschaftlichen – was auch etwas nicht gefällt, andere Kinder nicht tun, was er »be- sonst – Rempler bekommen. Das Stuhlbein bekam etwas fiehlt«, oder wenn er meint, sich über mangelnde Auf- ab, ein Malblatt fiel herunter und schließlich landete er bei merksamkeit beklagen zu müssen, schreit er hysterisch und mir mit festem Händedruck. Cholerisch? Er konnte schnell ist kaum zu beruhigen. In ihrer Not wendet die Erzieherin und leicht springen, entdeckte tausend Dinge auf einmal, zu guter Letzt dann an, was pädagogisch als nicht sinnvoll war blitzschnell im Erkennen von Situationen. Sanguinisch? erachtet wird: die ›Unmethode‹ »wenn – dann«: »Lieber Hatte er keine Lust, kuschelte er in der Bauecke, war zu Felix, wenn Du jetzt nicht aufhören kannst zu schreien, keinem Spiel zu bewegen, kroch hervor, wenn es etwas dann ruf ich Deine Mutter an, damit sie dich abholt.« Felix zu Essen gab. Phlegmatisch? Melancholisch? Schließlich ist still und verwandelt sich in ein herziges Lämmchen. Ein konnte er auch anhaltend herzzerreißend traurig sein, wenn melancholiches Temperament? Mag sein, dass es in der er einsah, dass er etwas angestellt hatte ... Für David war es Disposition gegeben ist. Sicher ist, dass ihn seine Lebens-

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THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE 15

Foto: Charlotte Fischer

umstände auf unglückliche Art und Weise beeinflussen. sind ja ohnehin im Fokus der Pädagogen. Sie gelten stärker Vielleicht möchte sich aus dem Urgrund seines Wesens als ADS/ADHS gefährdet, so mancher ist kaum zu bändi- etwas ganz anderes entwickeln, vielleicht auch ein anderes gen und der Ruf nach einer geschlechtsspezifischen Erzie- Temperament. Das gilt es herauszufinden, um die Zacken, hung ertönt immer wieder. die aus dem kleinen Buben schießen, zu runden und zu So kann das gesehen werden. Aber meine Beobachtung sagt mildern. Vielleicht hat er dann eine Chance, sich seinem mir, dass jedes Kind, ganz gleich ob Junge oder Mädchen, Wesen gemäß zu entwickeln, auch im Hinblick auf sein eine individuelle Antwort fordert. Das heißt, ich muss weder Temperament. vor einer scheinbar kraftstrotzenden Ruppigkeit zurückwei- chen, noch mich nur den »so süßen« Mädchen zuwenden. Warum, so frage ich mich, fielen mir als erstes drei Buben Beobachte ich die Individualität ohne vorschnelles Urteilen, ein? Liegt es vielleicht daran, dass Mädchen ihre »Hüllen« sagt sie mir, wie das jeweilige Kind angesprochen sein will anders drapieren? Es mag sein, dass Buben im Kindergar- und in welcher Temperamentslage es gerade steckt, was tenalter unverblümter ihr Gemüt zu erkennen geben. Sie durchaus auch situationsbedingt sein kann. ›

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16 THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE

› Die Temperamente malen im Kindergartenalter ein Bild aus Melancholischen, Lena eine Neigung zum Cholerischen verschiedenen Farben. Mal ist es die eine, mal die andere, zeigt. Lotte kommt nicht so leicht ins Tun, im kleinen Köpf- die den Ton angibt. Und dass Sanguinik ein kindliches chen denkt es sichtbar und erst wenn sie zu einem Ergebnis Temperament par exellence ist, nehmen wir dankbar als gekommen ist, folgt allmählich die Tat. Anders bei Lena. Sie gegeben. stolpert schon mal über einen aufgebauten Turm, greift zum Susanne nächstliegenden Spielangebot und schafft bereitwillig mit. Susanne Deutlich wird der Unterschied auch bei den gemalten Bil- Susanne ist ein Mädchen, das nicht immer gekämmt und dern. Lotte malt genau das, was sie sich vorstellt, während ordentlich gekleidet in den Kindergarten kommt. Es ist eines Lena zumeist eben malt, weil es gerade dran ist und sie ist von mehreren Geschwistern und stolz darauf, sich selbst an- wesentlich schneller fertig. »Ich glaube, du hast ein ›Husch- zukleiden. Sie betritt wie selbstverständlich den Raum, geht husch-Bild‹ gemalt«, sage ich. Ein strahlendes »Ja« bestätigt entweder zum Frühstückstisch, je nachdem, was dieser dies. Nun ja, es könnte auch gesagt werden: Lotte ist eher gerade – vielleicht auch zum Naschen – bietet. Mal ist ihr der intellektuelle Typ und Lenas Kraft kommt mehr aus dem Gesichtsausdruck etwas verhangen und sie lümmelt sich an Herzen. den Tisch, vielleicht nimmt sie sich noch Malutensilien und es dauert eine ganze Weile, bis sie sich ins allgemeine Spiel- geschehen einfindet. Ein anderes Mal kommt sie strahlend Rudolf Steiner lässt uns wissen, dass der Bildekräfteleib herein, erzählt, was am Morgen zu Hause schon alles pas- (Lebens- oder Ätherleib) der Träger der Temperamente ist, siert ist, weiß, was sie spielen will und ihre warme Energie aber auch der Gewohnheiten, Neigungen, des Gewissens, strömt in den Raum. Von der Statur her würde man sie eher des Gedächtnisses und des Charakters. Mit dem Freiwerden als phlegmatisch einordnen – solange man sie noch nicht dieses »Leibes« nach dem Zahnwechsel wird auch manche beim Reigen erlebt hat. Sie hüpft leichtfüßig und geschickt, »Farbe« deutlicher, wenn sie auch noch lange nicht als end- freut sich an der Bewegung und erlebt alle Polaritäten ge- gültig angesehen werden kann. Das bedeutet aber, dass auch nussvoll mit. Sozial gesehen ist sie ein ausgleichendes, ver- Neigungen, Gewohnheiten sowie Lebensumstände und mittelndes Kind, das jeder Gruppe gut tut. Man kann Emotionen das Bild einer Individualität malen und zu be- gespannt sein, welches Temperament einmal die Führung rücksichtigen sind, wollen Erzieher, Lehrer und Eltern übernehmen wird. dieser Individualität gerecht werden. Lena Mit Stefan Lebers Worten möchte ich schließen: »Das In- Lotte und Lena strument der Seele und des Geistes hat wenigstens eine Lotte und Lena sind Zwillinge, beide zumeist recht freund- kammermusikalische Besetzung, um die Melodie des Le- lich und fröhlich. Es gibt Tage, an denen jeder Beobachter bens zu intonieren und zum Klingen zu bringen. Ein sagen würde, das sind zwei sanguinische Kinder. Doch über Instrument ist dabei das Temperament« (Aus: »Die Men- einen längeren Zeitraum angeschaut, wird deutlich, dass schenkunde der Waldorfpädagogik«). – Ein kleines Stück Lotte, die um ein paar Minuten »ältere«, eine Neigung zum dieser Melodie erklingt im Kindergarten. ‹› Lotte und erziehungskunst Juli / August | 2011 14_15_16_17_18_EK07/08_2011:EZK 10.06.2011 14:52 Uhr Seite 17

THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE 17 Temperamente ad acta?

Kritiker meinen, die »Temperamentenlehre« Rudolf Steiners sei vorwissenschaftlich und empirisch nicht haltbar.

von Mathias Maurer

Die sogenannte Temperamentenlehre Rudolf Steiners wird zwar an den Waldorflehrerseminaren und -hochschulen gelehrt, findet aber im Unterricht der Waldorfschulen immer weniger praktische Anwendung. Insofern kann man es begrüßen, dass Erziehungs- wissenschaftler diese »spätantike hippokratische« Persönlichkeitstypologie kritisch unter die Lupe nehmen und Waldorflehrern wieder ins Stammbuch schreiben, was eigentlich alles zu ihren pädagogischen Essentials gehört. Zwei erziehungswissenschaftliche Positionen, wie man mit einer als »empirisch unhaltbar« geltenden Lehre umgehen kann, seien im Folgenden kurz vorgestellt.

Einer der kritischen Erziehungswissenschaftler ist Heiner mente und ihre hier angedeuteten Tiefendimensionen Ullrich, Professor an der Universität Mainz. Er interpretiert sicherlich nicht. Es sei denn, man erweitert oder spezifiziert die Ausführungen Steiners zu den Temperamenten als »psy- seinen Begriff der Empirie. Pädagogen, die sich über ihre chophysische Totaltypologie«, von der sich »die moderne Wahrnehmungen an Kindern austauschen, kommen in Wissenschaft« schon längst verabschiedet habe, weil sie einen »intersubjektiven Falsifikationsprozess«, auch wenn nur »empirisch-quantitative Erkenntnisformen« akzeptiere. sie dabei ihr Subjekt nicht ausklammern. Was wäre auch eine Ullrich hat im Prinzip Recht: Es ist ein Ding der Unmög- Pädagogik ohne Subjekte? lichkeit, Waldorfpädagogik und Anthroposophie empirisch- Die Experten der erfahrungsgesättigten Kinderbetrachtung quantitativ »abzubilden«. Wie will man einen bio-physischen, können am besten darüber urteilen, ob sich die vier klassi- seelisch-geistigen, altersspezifischen, schließlich karmisch, schen Temperamente durch die beiden Merkmale »Erreg- das heißt durch mehrere Erdenleben hindurch bedingten, barkeit durch äußere Eindrücke« und »Stärke der seelischen komplexen Wirkungszusammenhang in seiner Entwick- Empfindungen« (Steiner) ausreichend bestimmen lassen lungsdynamik quantifizieren? Vorsicht gegenüber psycho- (siehe Grafik auf Seite 18). logischen Stereotypen scheint geboten. Bedauerlich ist, dass die jahrelangen Erfahrungen von Klas- Die Frage ist nur, ob Steiner überhaupt eine »psychophysi- senlehrern auf diesem Gebiet nicht stärker kommuniziert sche Totaltypologie« beabsichtigt hat und nicht etwas ganz werden. Liegt hier ein Forschungs- oder nur ein Kommuni- anderes. Im Original klingt es schlichter und auf Anhieb ein- kationsdefizit vor? Die »Materie« ist jedenfalls zu heikel leuchtend: »Das Temperament steht mitten drin zwischen und zu komplex, um schnelle Temperaments-Diagnosen im dem, was wir uns individuell mitbringen, und dem, was aus Elternabendformat anhand angepinnter Kinderbilder durch- der Vererbungslinie stammt. Indem die beiden Strömungen zuführen. sich vereinigen, färbt die eine Strömung die andere ... So wie Für den emeritierten Göttinger Universitätsprofessor Chris- sich die blaue und die gelbe Farbe etwa vereinigen in dem tian Rittelmeyer, auch er ein Erziehungswissenschaftler, sind Grün ...« die Temperamente nicht Schnee von gestern. Vielmehr un- Doch was ist die Melange vorhergehender Erdenleben eines ternimmt er den Versuch, ihnen empirisch auf die Spur zu Individuums und der genetische Anteil der Vorväter? Man kommen, ohne sie mit Implikationen zu überfrachten. Er kann den Gegenbeweis nicht erbringen, solange man den hält, im Gegensatz zu Ullrich, die Temperamente für durch- geistigen Durchblick nicht hat. Mit »quantitativ-empiri- aus vereinbar mit der modernen Persönlichkeitspsychologie. schen« Methoden gelingt das in Bezug auf die Tempera- Die Art, wie Steiner die Temperamente behandelt, stellt sie ›

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Wenig Erregbarkeit, viel Stärke beim melancholischen Temperament

Stärke und Stärke und Erregbarkeit Erregbarkeit am geringsten am größten beim beim phlegmatischen cholerischen Temperament Temperament

Der Augentröster Viel Erregbarkeit, wenig Stärke für Naturliebhaber beim sanguinischen Temperament

WALA Euphrasia Schema der Temperamente › nach seiner Auffassung nicht in die schlichte Tradition einer Augentropfen »vorwissenschaftlichen« antiken Säftelehre, sondern in den konsequent natürlich Kontext einer völlig neuen Anthropologie. Mit Steiners Hin- bei Reizungen und Rötungen weisen auf die pädagogische Bedeutung der Temperamente sei uns kein Schematismus an die Hand gegeben, sondern gut verträglich »Charakterisierungen bestimmter Verhaltensstile« (nicht auch für Kontaktlinsenträger Verhaltensmerkmale!), die sich mischen und – in einseitiger und Kinder geeignet Ausprägung – pathologische Züge annehmen können (beim Choleriker »Tobsucht« zum Beispiel). Rittelmeyers schlichte und klare Frage lautet, ob es Überein- stimmungen mit der empirisch-psychologischen Tempera- mente-Forschung gibt. Und in der Tat: Er wird bei einigen »modernen« Wissenschaftlern fündig, die gar nicht weit von Steiner liegen – zum Beispiel hinsichtlich der »Vererbung« oder der biographischen Komponenten – wenn auch insge- samt der Begriff »Temperament« Unschärfen aufweise. Rittelmeyer wendet das sogenannte Drei-Faktoren-Modell – das EAS-Modell von Arnold Buss und Robert Plomin – auf die klassischen Temperamente an und setzt die Tempera- mentseigenschaften Emotionalität, Aktivität und Soziabilität in Beziehung zu ihnen. Rittelmeyer hält als ein erstes Ergebnis fest, dass die Temperamente methodisch sauber entwickelbar und mit den Begriffen der neueren Persön- lichkeitspsychologie kompatibel sind. Die Akte »Tempera- mente« kann also auch aus Sicht der Persönlichkeits- psychologie nochmals geöffnet werden. Weitere Forschun- gen wären wünschenswert. ‹›

Literatur: Erziehungskunst, Heft 7/8-2004 und Heft 11-1991 Heiner Ullrich: Rudolf Steiner. Leben und Lehre, München 2011 Christian Rittelmeyer: »Die Temperamente in der Waldorfpädago- gik. Ein Modell zur Überprüfung ihrer Wissenschaftlichkeit«, in: Harm Paschen (Hrsg.): Erziehungswissenschaftliche Zugänge zur Waldorfpädagogik, Wiesbaden 2010 WALA Euphrasia Augentropfen: Anwendungsgebiete gemäß der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis. Dazu gehört: katarrhalische Bindehautentzündung. Zu Risiken und Nebenwirkungen erziehungskunst Juli / August | 2011 lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Rezeptfrei in Ihrer Apotheke. WALA Heilmittel GmbH, 73085 Bad Boll. www.walaarzneimittel.de 19_20_21_22_23_24_25_26_27_EK07-08_2011:EZK 10.06.2011 15:29 Uhr Seite 19

THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE 19

Mit Temperament in den Urlaub

von Lorenzo Ravagli

Temperamente gibt es nicht, Temperamente sind olle Kamellen, so tönt es von manchen Lehrkanzeln. Temperamente gibt es, sagen wir trotzig. Nur welches ist welches? Die Auflösung – falls Sie es nicht selbst herausfinden – finden Sie auf Seite 98 dieses Heftes.

Unterwegs nach Krk

»Hey, schau mal, da ist dieses Kristallmuseum, da wollt ich immer schon mal hin!« Petra auf dem Beifahrersitz legt die Stirn in Falten. »Hält uns das nicht zu lange auf? Die Kin- Grüße vom kroatischen MEHR! der sind schon ganz quengelig.« »Iwo, das schaffen wir schon.« Runter von der Autobahn, rauf auf die Bundes- straße, rein in die Ausstellung, die Kinder, Inge (6) und Berti (11) und die Ehefrau im Schlepptau. Nach rund fünf Minuten: »Irgendwie hab ich Hunger, ich glaube, wir sollten was essen. Hier muss es irgendwo ein chinesisches Restaurant geben.« »Ein chinesisches Restau- rant«, wirft die Ehefrau schon etwas mürrisch ein, »hier im tiefsten Österreich? Außerdem haben wir Proviant im Auto. Und für die Kinder ist ein Restaurant immer eine Strapaze ...« »Iwo, das schaffen wir schon. Ich brauche was Am Strand Richtiges zum Essen, nicht nur eine Stulle, immerhin fahre ich schon seit acht Stunden Auto.« Raus aus der Ausstel- »Berta, magst Du nicht mal schwimmen gehen?« Die Wellen lung, rein ins Dorf, die Hauptstraße entlang. Aber man sieht plätschern ans Ufer, verlockend, das Wasser ist tiefblau, die auf den ersten Blick, dass es kein chinesisches Restaurant Bucht ist einsam, die Felsen gelb, die Pinien bizarr, am gibt. Ingilein frägt ständig: »Wann sind wir endlich in Himmel keine Wolke. Irgendwo tuckert ein Motorboot, aber Krikri?«, Berti lässt sich von der Mutter ziehen. Vor dem ansonsten: paradiesisch. Nach einer halben Stunde frägt der »Ochsenwirt« ein abrupter Stopp. »Ich glaube, ich will doch Ehemann: »Berta, magst Du nicht mal schwimmen gehen?« lieber einen Kaiserschmarrn ...«. »Hör mal Stefan«, raunzt Berta liegt auf ihrem Strandtuch unter dem Sonnenschirm die Ehefrau, »wir sollten jetzt wirklich langsam weiterfahren, und reagiert nicht. Sie hat den Sand zu einer Kuhle geformt, die Vermieter warten bestimmt schon und wir haben bereits in der ihr Körper lagert und für ihren Kopf hat sie eine acht Stunden Verspätung, weil Du unbedingt auf dem Chiem- kunstvolle Wölbung aufgeschichtet. In Reichweite steht die see Bötchen fahren und dann noch Pony reiten und die Tropf- Kühlbox mit Mineralwasser, Obst und jeder Menge Eis. In steinhöhle besuchen wolltest und ...« »Na und, da erleben wir einer zweiten Box befinden sich die Utensilien für einen wenigstens was – das ist doch Urlaub, oder?« erfolgreichen Strandurlaub, die gar nicht alle aufgezählt ›

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20 THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE

Das Wetter ist schön, die Früchte sind süß und es weht ein lauer Wind.

lassen konnte! Der Ärger fängt ja schon auf der Autobahn an. Die fahren wie die Wilden! Was, das waren Deutsche? Nein, das waren keine Deutschen, Deutsche fahren anstän- dig! Immer mit quietschenden Reifen und diese unzwei- werden können. Der Ehemann deutigen Zeichen mit dem Mittelfinger! Was, ich bin ständig vertieft sich wieder in seinen SPIEGEL. Nachdem er die end- links gefahren? Man darf doch sowieso nicht mehr als 120 losen, nichtssagenden Artikel des Politikteils durch hat, wirft fahren, da ist es doch egal, ob man rechts oder links fährt! er einen erneuten Blick auf Berta. Sie scheint zu dösen. Er Aber immer müssen sie drängeln. Was hat das mit ›dolce stupst sie mit dem Fuß an. »Berta, magst Du nicht mal far niente‹ zu tun? Die wollen sich doch nur wichtig ma- schwimmen gehen?« Keine Reaktion. Die Stunden strei- chen, mit ihren Alfa Romeos, diese Möchtegern-Romeos! chen dahin. Er wendet sich dem Feuilleton zu, danach dem Was – mäßigen soll ich mich? Warum soll ich mich mäßi- Wirtschaftsteil, wirft das Magazin weg und stürmt ins Was- gen? Man muss dem Ärger Luft machen, sonst platzt man ser. Prustend und platschend ruft er ziemlich laut: »Berta, irgendwann, oder? Wo gehst Du hin? Aufs Zimmer? Wieso willst Du nicht mal ins Wasser?« Soweit ersichtlich keine denn? Wir wollten doch noch am Strand spazieren gehen! Reaktion. Gegen Abend, der SPIEGEL ist schon ganz zer- Du immer mit Deinen Launen. Jetzt sind wir gerade mal fleddert, der Ehemann war schon etwa fünfzehn Mal im einen Tag hier und der Urlaub stinkt mir schon wieder Wasser und hat die halbe Insel umrundet, regt sich was. dermaßen!« Berta dreht ihren Kopf ein wenig und sagt: »Sag mal Gustav, kannst Du nicht wenigstens in den Ferien ein bisschen ent- spannen?«

Bei Luigi

»Hast Du diesen blasierten Sack gesehen? So was gibt’s nicht. Der hat das horrende Trinkgeld eingesteckt, ohne mit der Wimper zu zucken. Und dabei hat er mich angeschaut, als hätte ich seine Großmutter bestohlen. Und dann besitzt er auch noch die Dreistigkeit, Dir schöne Augen zu machen. Was, das hast Du nicht bemerkt? Ständig dieses ›bella mia‹ Bella Italia! und ›cara mia‹ und mich hat er behandelt, als säße ich gar La dolce vita! nicht am Tisch. Aber das Trinkgeld einstreichen, ohne eine Spur von Dankbarkeit! Diese Italiener! Ich sage Dir – das war das letzte Mal, dass ich in Italien im Urlaub war. Ich ver- stehe gar nicht, wie ich mich schon wieder breitschlagen

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MÜNCHEN BEI NACHT Was macht Ihr Geld in erneuerbaren Energien? Sinn. Urlaubsplanung Die GLS Bank wurde 1974 als erste sozial-ökologische »Wo gehen wir denn diesen Sommer in Urlaub, Schatzi?« Universalbank der Welt mit einer klaren Aufgabe gegründet: Geld soll für die Menschen da sein. Deshalb »Lieber Egon, ich kann diesen Sommer nirgends in Urlaub fließt es bei uns ausschließlich in sozial, ökologisch gehen.« »Was, wieso nicht?« »Hast Du Dir schon mal über- und ökonomisch sinnvolle Vorhaben. Als erste Bank legt, was für eine Verschwendung das ist? Eine Verschwen- haben wir dazu transparent gemacht, wo und was wir dung von Zeit, Geld, Luft, Benzin, Energie, Umwelt und finanzieren. vielem mehr? Außerdem, bei all dem Elend in der Welt: Wie könnte ich da ruhig in Urlaub fahren? Wo sollten wir denn Vom Girokonto bis zur Vermögensanlage – informieren auch hin? Mit dem Flugzeug zu fliegen, kommt schon gar Sie sich noch heute über unsere zukunftsweisenden nicht in Frage, bei der skandalösen Ökobilanz des Luftver- Angebote unter www.gls.de kehrs. Und irgend so ein exotisches Urlaubsziel, wo diese po- temkinschen Dörfer für die Touristen aufgebaut werden, während es der Bevölkerung dreckig geht und man die Ein- heimischen nur als Bimbos zu Gesicht bekommt, die das Essen servieren und die Betten machen? Auf dem Rücken des Elends anderer ein paar schöne Tage genießen, nein, das finde ich grausam.« »Aber Schatzi, wir müssen uns doch auch ein bisschen erholen!« »Erholen? Was ist das für eine Erholung, wenn man weiß, dass es der Bevölkerung so schlecht geht, dass sie kaum was zu essen hat, dass sie unterdrückt wird und im Hinterland Bürgerkrieg herrscht?« »Dann gehen wir eben in ein südeuropäisches Land ...« »Tut mir leid, ich kann nicht. Ich kann einfach nicht, wenn ich weiß, wie elend es der Um- welt geht und so und so viele Tierarten am Tag verschwinden und die ganzen Freiflächen zubetoniert werden, damit die Ur- lauber schön am Strand sitzen können und schneller ans Meer kommen. Und wusstest Du, dass in Spanien ganze Heere von rechtlosen Leiharbeitern aus Nordafrika beschäftigt Jetzt Konto mit Sinn eröffnen: werden? Und was die Italiener mit den afrikanischen Flücht- www.gls.de // 0234 - 57 97 332 lingen machen? Oder die Franzosen mit ihren Migranten? Nein, mein Lieber, ich werde dieses Jahr zu Hause bleiben und mein Urlaubsgeld ›Amnesty International‹ spenden oder den ›Ärzten ohne Grenzen‹.« ‹›

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22 THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE Wenn Temperamente nicht zu bremsen sind …

von Birgit Olayiwola-Olosun

Temperamente können Konflikte verursachen, Lösungen blockieren oder zu Kooperationen führen, die für alle Beteiligten ge- winnbringend sind. Es ist in jedem Fall lohnend, sie zu berücksichtigen, meint die Bonner Mediatorin und Schülermutter Birgit Olayiwola-Olosun.

Temperamente in der Mediationspraxis Die Mediatorin teilt ihm daraufhin mit, sie verstehe, dass es Eine frei erfundene Konfliktsituation: Die Schulleitung einiges gebe, was ihn umtreibe, und es unter der Voraus- möchte mit einem Vater keine öffentliche Auseinander- setzung für ihn auch schwierig sei, Frau S. zuzuhören. setzung über einen schulischen Vorfall. Die Lehrerin hat Damit würdigt sie seine Gefühle. Diese schlichte Anerken- nach Auffassung des Vaters ihre Aufsichtspflicht verletzt; nung ist wesentlich: jede Person ist – mit all ihren Eigenar- ein Mädchen hatte unbeabsichtigt mit einem Stein einen ten – erwünscht. Die Mediatorin macht ihm auch klar, dass Jungen an der Stirn getroffen. Der Vater des Jungen wendet ein fairer Umgang miteinander Grundvoraussetzung für sich daraufhin mit weitreichenden Handlungsaufforderun- eine Mediation sei und diese beinhalte, dass jedem Betei- gen an die Schule. Er lässt keine Diskussion zu, ist aufge- ligten dieselbe Redezeit zugebilligt werde. Dadurch wird an bracht, vertritt seine Meinung lautstark und verteilt seine Vernunft appelliert und seine Redepraxis hinterfragt. verletzende Seitenhiebe. Durch sein cholerisches Tempera- Zu diesem Zeitpunkt wird bereits an den Regeln der Me- ment wirken seine Aufforderungen unangemessen. diation gearbeitet. Der Vater wird gefragt, ob er der Rege- Nachdem schulinterne Versuche, den Konflikt gemeinsam lung gleicher Redezeiten zustimmen kann. Wenn er dies zu lösen, gescheitert sind, einigt man sich, durch eine Me- bejaht, geht es weiter zum nächsten Punkt, wenn nicht, wird diation eine gemeinsame Lösung herbeizuführen. Die die Mediatorin hinterfragen, warum er dieser Regelung Schulleitung lässt sich durch Frau S. vertreten. Sie will der nicht zustimmen kann. Möglicherweise hat er Befürchtun- Sache besonnen und analytisch auf den Grund gehen; sie gen, dass er nicht alles, was ihm zu dem Konflikt »unter den wünscht sich, dass der Streit mit dem Vater ein harmoni- Nägeln brennt« anbringen kann. Aber er kann darauf ver- sches Ende nimmt. Ihre Nachdenklichkeit und Vorsicht wiesen werden, dass Mediation ein strukturiertes Verfahren trägt melancholische Züge. ist, in dem sich alle Schritt für Schritt an den Konflikt annä- hern und die Mediatorin darauf achtet, dass »nichts unter Auch Choleriker und Melancholiker können Konflikte den Tisch fällt«. miteinander lösen Vielleicht sagt er aber auch: »Bei mir ist es so, dass manch- Es wird eine externe Mediatorin beauftragt. Ihre Aufgabe ist mal bestimmte Sachen einfach auf der Stelle ›raus müssen‹, es, als unparteiische Dritte das Verfahren so zu strukturie- sonst fühle ich mich den ganzen Tag schlecht und bringe ren, dass die Konfliktpartner die für beide Seiten beste dann auch nichts mehr zustande.« Die Mediatorin fasst zu- Lösung für ihren Konflikt finden. sammen: »Sie meinen, dass Sie bestimmte Sachen sagen Gleich zu Beginn der ersten Sitzung lässt der Vater die Ver- müssen, damit es Ihnen gut geht, auch wenn Ihre Konflikt- treterin der Schulleitung nicht ausreden. Sobald die Media- partnerin dann weniger Zeit zum Reden hat? Habe ich Sie torin ihr das Wort erteilt, wird sie vom Vater unterbrochen. richtig verstanden?«

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Mit dieser Reaktion zeigt die Mediatorin, dass ihr daran ge- achten, dass das Gebot der Fairness nicht untergraben wird, legen ist, den Konfliktpartner zu verstehen und dass seine alle Konfliktpartner sich wohl fühlen und das Verfahren als Sicht der Dinge wichtig ist. Indem die Mediatorin das, was solches nicht missbraucht wird, ist Aufgabe der Mediatorin. der Vater sagt, zusammenfasst, entschleunigt sie sein Das anfängliche Verhandeln der Konfliktpartner über die Tempo. Dadurch, dass sie seine Aussage wiederholt, wird er Regeln des Umgangs miteinander öffnet deren Bereitschaft, dazu veranlasst, mit seinem spontan gezeigten Verhalten re- auch später in der Sache mit dem Konfliktpartner an einer flektierend umzugehen und auch darüber nachzudenken, Lösung zu arbeiten. welche Folgen es für die Konfliktpartnerin hat. Durch das Rückfragen wird ihm der Ball wieder zugespielt, er kann er- Wie zügelt man einen Choleriker? neut aktiv werden und antworten. Er könnte zu dem Ergeb- Was passiert, wenn ein Choleriker während der Mediation nis kommen, dass es unfair ist, wenn die Konfliktpartnerin dennoch die Regeln des Verfahrens übertritt, wenn er die weniger Zeit zum Reden hat als er. Konfliktpartnerin unterbricht und ihr ständig ins Wort fällt Auf der anderen Seite ist es auch möglich, dass die Kon- oder sie sogar verbal angreift? fliktpartnerin ihrerseits das Verhalten des Vaters versteht Zunächst wird die Mediatorin ihn an die ausgemachten und Vorschläge liefert, wie damit im Rahmen der Mediation Regeln erinnern. Es kann sein, dass dies nicht ausreicht, um umgegangen werden kann. Wie weit die Konfliktpartner in- eine konstruktive Arbeitsatmosphäre wieder herzustellen. dividuelle Modifikationen der Verfahrensregeln vornehmen, Dies deutet darauf hin, dass einer der Beteiligten seine bleibt ihnen überlassen. Die Eigenverantwortlichkeit der Temperamente und seine Gefühle an einem bestimmten Konfliktpartner in der Mediation ermöglicht dies. Darauf zu Punkt nicht mehr beherrschen kann; zugleich weist diese ›

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24 THEMA KINDER, LEHRER, TEMPERAMENTE

»Jedes Temperament und jede Kombination von Temperamenten erfordert eigene und neue Ansätze. Das Wissen um die Temperamente zu lenken, versucht sie bei der Melancholikerin zu hinter- hilft der Mediatorin, ihre Werkzeuge fragen, ob eine geäußerte Meinung wirklich ihre Einstellung widerspiegelt und was sie fühlt, wenn sie sich mit einer zu sortieren und zu finden. Äußerung oder Haltung des Konfliktpartners konfrontiert sieht. Emotionen liefern oft den Schlüssel für die dahinter ste- Welche sie letztendlich wann an- henden Interessen und Bedürfnisse. Daher ist es wichtig, bei überwiegend introvertierten Temperamenten auch auf wendet, muss sie stets aufs Neue dezent geäußerte Emotionen zu achten. Eine ähnliche Strategie bietet sich daher auch beim phleg- entscheiden, je nach Situation, matischen Temperament an; hier steht eine Förderung der Interessensartikulation im Vordergrund. Dem sanguini- Konflikt und Personen.« schen Temperament begegnet die Mediatorin dagegen ähn- lich wie dem cholerischen Temperament. Jedes Temperament und jede Kombination von Tempera- menten erfordert eigene und neue Ansätze. Das Wissen um › »Blockade« auf den Kern des Konfliktes bei dem jeweils Be- die Temperamente hilft der Mediatorin, ihre Werkzeuge zu teiligten. Die Mediatorin könnte dies wie folgt zum Aus- sortieren und zu finden. Welche sie letztendlich wann an- druck bringen: »Ich habe den Eindruck, dass es Ihnen wendet, muss sie stets aufs Neue entscheiden, je nach Si- immer dann besonders schwer fällt, ihrer Konfliktpartnerin tuation, Konflikt und Personen. Aber vielleicht kommt es ja zuzuhören, wenn wir beim Thema X sind. Liege ich damit gar nicht so weit und die Konfliktpartner schaffen es, ihren richtig?« Konflikt ohne Mediatorin temperamentvoll alleine zu lösen. Wenn die Mediatorin richtig liegt, ist dies ein wunderbarer Dies wird umso eher gelingen, je mehr Wissen über das Einstieg, zu klären, warum das spezielle Thema für den eigene Temperament und das der Konfliktpartner vorhan- Vater so gewichtig ist. Sobald auch das konfliktbeherr- den ist. Die Temperamentslagen der Konfliktpartner liefern schende Thema (es können natürlich auch mehrere sein) wertvolle Hinweise, welche Lösungswerkzeuge wirksam an- der Konfliktpartnerin sichtbar ist, ist die Lösung des Kon- gewendet werden können. ‹› fliktes meist nicht mehr weit.

Wie löst man Melancholikern die Zunge? Zur Autorin: Birgit Olayiwola-Olosun ist Mediatorin und Während beim cholerischen Verhalten eines Konfliktpart- Rechtsanwältin. Sie führt Schulmediationen, Interkulturelle ners die Aufmerksamkeit der Mediatorin darauf gerichtet Konfliktlösungen und Seminare durch. ist, die Energie, den Tatendrang und die stark zum Vor- schein tretende Emotionalität in konstruktive Bahnen Link: www.bolaw.net

erziehungskunst Juli / August | 2011 19_20_21_22_23_24_25_26_27_EK07-08_2011:EZK 10.06.2011 15:29 Uhr Seite 25

Was ist PÄDAGOGISCHE GRUNDLAGEN 25 Was ist Schulreife? von Elke Schaffrath

Der Begriff der Schulreife ist wissenschaftlich nicht eindeutig definiert und wird daher seit einigen Jahren abgelehnt. Man spricht nur noch von »Schulfähigkeit«. Waldorfpädagogen halten dennoch an dem Begriff fest. Elke Schaffrath, Ärztin am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, war Kindergarten- und Schulärztin an der Freien Waldorfschule am Kräherwald in Stuttgart. Sie erörtert, was auf der Grundlage der anthroposophischen Menschenkunde unter Schulreife zu verstehen ist.

Voraussetzungen der Schulreife Das merken wir den Kindern in der Regel sofort an. Sie sind Waldorfpädagogen unterscheiden neben dem Ich drei wei- blass, müde, nehmen sich eventuell eine Auszeit durch tere Schichten oder »Wesensglieder« am Menschen, die sich Krankheit. Die eigentliche »Quittung« kommt aber erst in der die geistige Individualität zu eigen macht: den physischen zweiten Lebenshälfte. Es ist anzunehmen, dass wir durch un- Leib, den Lebenskräfteleib und den Seelenleib. Das Indivi- sere Früheinschulungstendenzen wesentlich zur »Burn-Out«- dualisieren dieser drei Wesensschichten ist ein stufenweiser Problematik des mittleren Lebensalters beitragen. Eine Prozess, der durch die drei sogenannten Jahrsiebte verläuft Schwäche im Substanzaufbau der Organe zeigt sich erst unter und eine Grundlage für den Grad der Gesundheit im ganzen den organischen Abbaubedingungen des Alterns. Das Anam- Leben bildet. nesegespräch in der anthroposophischen Medizin fragt diese im Lebenslauf viel früher liegenden Bedingungen bei der Ur- Denkkräfte sind umgewandelte Lebenskräfte sachenerforschung von Volkskrankheiten wie Rheuma und Entscheidend für die »Schulreife« ist, dass ein Teil der Le- Arteriosklerose ab. Die funktionellen Organprozesse werden benskräfte, die im physischen Leib für die Ausgestaltung der von uns in der frühen Kindheit geprägt. Sie zeigen im Alter inneren Organe, für die Ausreifung des Gehirns und der Ner- ihre Schwachstellen. venbahnen, der Verdauungstätigkeit und des Atem- und Zir- Wenn das Kind in Ruhe reifen darf, erzeugen wir einen Über- kulationssystems sorgen, frei wird und als Denkkraft zur schuss an Kraft, der für den Schulstart willkommen ist, und Verfügung steht. Dies geschieht ungefähr zum Zeitpunkt des für vielfältige Lernaufgaben, zum Beispiel das Erlernen eines Zahnwechsels. Die Lebenskräfte haben ihre Aufgabe an den Musikinstrumentes, genutzt werden kann. Organsystemen erfüllt. Im weiteren Leben wachsen und rei- fen die angelegten Grundstrukturen nur noch aus. Der phy- Erst Greifen – dann Begreifen sische Leib muss in Ruhe ausreifen können, weil er die Was müssen wir mit unseren Kindern üben? Grundlage des seelischen und geistigen Lebens des Men- In der Vorschulzeit übt das Kind mit den Kräften des Le- schen ist. bensleibes Fähigkeiten im physischen Körper ein. Als Beispiel besonders gut nachvollziehbar ist die Bewegungsentwicklung Lasst den Kindern Zeit am Muskel. Bis zur Erlangung einer Geschicklichkeit übt das Schicken wir ein Kind zu früh in die Schule, muss es immer Kind unermüdlich den Muskel. Zunächst ist die Kraftsteue- wieder auf Kräfte zurückgreifen, die es für die Ausbildung sei- rung noch grob. Eine Bewegung ist schnell fertig und wird ner physischen Organisation benötigt. Wir betreiben damit mit zu viel Kraft ausgeführt. Der Einzelmuskel kommt schnell Raubbau an den Kräften, die es für den Organaufbau braucht. in die maximale Anspannung. Eine feinfühlige Kraftdosie- ›

2011 | Juli / August erziehungskunst 19_20_21_22_23_24_25_26_27_EK07-08_2011:EZK 10.06.2011 15:30 Uhr Seite 26 Fotos: Charlotte Fischer

› rung muss für jede Muskelgruppe neu geübt werden, ange- Das Vorschulkind springt zunächst schwer und unrhyth- fangen vom Turmbauen bis zum Scherenschneiden entlang misch. Ein Seil selbst zu schwingen und gleichzeitig zu sprin- einer Linie. gen, überfordert es. Aber auch wenn man das große Seil für Diese motorische Schwingungsfähigkeit zeigt sich im Frei- es schwingt, muss man es zunächst für jeden Sprung abho- werden der Kräfte ins Seelische hinein an der Fähigkeit des len. Man muss ihm das Seil buchstäblich vor die Füße legen Mitschwingens mit dem, was die Klasse macht. Vor der Schul- und sich seinem unrhythmischen Springen anpassen. Erst reife kann das Kind einen großen Eigensinn zeigen. Es er- allmählich lernt es, nicht hinunter in die Schwere, sondern scheint wie gefangen in seiner eigenen Vorstellungs- und federnd hinauf ins Leichte zu springen. Dann ist der Weg frei Wunschwelt. Diese Befangenheit löst sich mit zunehmender zum rhythmischen Springen. Das Kind springt vom Boden in motorischer Geschicklichkeit. die Höhe und holt sich beim Absprung Spannkraft für die Feine Kraftdosierung wird zu Feinheit in den Denkbewegun- aufrechte Körperhaltung. Der Schwingende kann jetzt auch gen und Feinfühligkeit im sozialen Kontakt. Ein guter Mus- den Rhythmus vorgeben und variieren. Das Kind kann in- keltonus ergibt eine gut gespannte Saite und damit eine gute nerlich mitschwingen und sich anpassen. Kann es unter dem Aufrichtekraft in der Wirbelsäule. Das ermöglicht Wachheit geschwungenen Seil hindurchlaufen oder in ein vorge- und Freude im Zuhören, Konzentration und Durchhaltekraft. schwungenes Seil hineinspringen, hat es die Prüfung des in- Das Selbstvertrauen der Kinder wird durch ein gutes Darin- nerlichen Mitschwingens bestanden. nenstehen im »Muskelmenschen« grundlegend gestärkt. Durch den schwingungsfähigen Muskeltonus, die gut ge- Vor wenigen Jahrzehnten waren Ball- und Springspiele noch spannte Saite, befreit sich die Seele von allen störenden per- selbstverständliche Beschäftigungen eines Kindes im Freien. sönlichen Befangenheiten in Stimmungen, Wünschen und Diesen Spielraum hat die Erwachsenenwelt den Kindern ge- Träumereien und wendet sich dem Lernen und Schaffen vol- nommen. Deshalb müssen solche Spielräume wieder ange- ler Freude zu. boten werden. Kinder sollten in vielen Variationen Ball spielen: mit dem Gymnastikball, einem Tennisball, einem Die Mitte finden zwischen Überschuss Reissäckchen oder einem Medizinball. und Antriebsarmut Der Muskel reagiert auf das unterschiedliche Gewicht der Das Kind, das den Bewegungsimpuls noch zu wenig be- Bälle. Im wiederholten Tun lernt er, sich im Tonus feiner ein- herrscht, wird dazu neigen, im Bewegungsteil des Unter- zustellen. Jetzt kann man noch die Bewegung und deren Aus- richts über das Ziel hinaus zu schießen, das Ende der gangslage variieren. Wir werfen nach oben über eine Schnur, Bewegung nicht zu finden. Die schwungvoll nachgeahmte nach unten in einen Korb, geradeaus zum Spielpartner. Das Flugbewegung der Vögel aus dem Gedicht wird dann erst alles sind Beispiele für zielmotorisches Üben. durch die Wand gestoppt. Das Wort und der Rhythmus Das Seilspringen rhythmisiert und harmonisiert das Kind bis können die Bewegung noch nicht führen, gliedern und be- in den Atem-Pulsrhythmus hinein. Durch den Sprung vom enden. Jede Bewegung kommt vom Impuls her aus dem Boden nach oben erhält das Fußgewölbe Spannkraft und rich- Stoffwechsel-Gliedmaßenbereich, also von unten, ist von tet sich auf. Der kindliche Plattfuß verschwindet. sich aus eher schnell und überschießend. Der »Kopfpol«

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PÄDAGOGISCHE GRUNDLAGEN 27

bringt von oben Ruhe, Überschau und Planung. Das Rhyth- die Medien, Comics, selbst die Bilderbücher aufgenomme- mische System hat die Aufgabe, diese beiden Komponenten nen Bilder sind fertig und fordern die Phantasie des Kindes auszugleichen. nicht heraus. Die innere Bildekraft wird nicht angeregt. Das Kind neigt mit seinen Begabungen immer nur zu Der Tätigkeitsquell der eigenen Phantasie muss immer aktiv einem der beiden Pole. Herrscht der »Gliedmaßenpol« vor, erschlossen werden. Durch Reime und Zungenbrecher kön- dann hat es viel Kraft, die Überschau jedoch reicht nicht nen wir die Kinder in die bildhafte und konturierte Sprache aus. Herrscht der Kopfpol vor, kommt es nicht genügend und in die Bilderwelt der Märchen mitnehmen. ins Tun. Der rhythmische Teil des Hauptunterrichtes hat die Aufgabe, die langsamen und träumenden Kinder zu Welcher König bist Du? – Die Macht der Gedanken beschleunigen und die schnellen zu beruhigen. Dies ge- In der Neujahrszeit spielen die Kindergartenkinder das Drei- lingt aber nur, wenn das Kind in seinem Bewegungsimpuls königsspiel. Die Vorschulkinder dürfen die Könige sein. Sie von der Sprache erreicht wird. werden von den Erziehern in schöne Gewänder gekleidet Beim noch verträumten Kind muss das Bild in der Spra- und gekrönt. Das letzte Kindergartenjahr ist das »Königs- che konkret und stark genug sein, um es ins Tun zu füh- jahr« und die »Krönung« einer der Höhepunkte. Die innere ren. Das überschießend bewegungsfreudige Kind muss Haltung der Erzieher ist bei dieser Tätigkeit das Entschei- dahingegen über die Sprache beruhigt werden. dende. Stellen diese sich innerlich die Frage: »Welcher Eine Rhythmisierung kann auch durch Gehen oder Wandern König bist Du?«, dann ist das Einkleiden für alle sichtbar über längere Strecken erreicht werden. Gerade an der Hand und fühlbar ein von Ehrfurcht geprägtes Zeremoniell. Diese eines Erwachsenen findet das Kind rasch in den geordneten Haltung ist ansteckend. Der Page des Königs und auch Rhythmus hinein. Auch das Singen wirkt sofort zurück auf die anderen Kinder schlüpfen in diese Stimmung. Das die Puls- und Atemfrequenz. »Königskind« wächst über sein augenblickliches Selbst hinaus und man kann eine Ahnung von der Individualität Vorstellungen, die fliegen oder zu fest sind bekommen, die es einmal werden will. Die Kräfte, die den Körper plastisch aufgebaut haben, wer- Immer ist es die verstehende Zuwendung, die dem Kind den mit der Schulreife zu plastischen Bildekräften der Seele. neue Räume eröffnet. Das Kind braucht die Führung, das Auch hier bringen die zukünftigen Schulkinder unter- Vorbild des Erwachsenen, um diese Räume zu betreten. schiedliche Begabungen mit. Das phantasievolle Kind malt Wenn es die äußeren Räume schön in Ordnung hält, ver- farbenfroh und unkonturiert. Ein Kind, das schon sehr kon- hilft ihm das zu einer harmonischen Grundstruktur. kret malt, verändert dagegen die Darstellung und Art seiner Dem Kind sollte unbedingt die Zeit gelassen werden, die Motive kaum. Bei dem einen fliegen die Vorstellungen organische Reifebildung ungestört abzuschließen, damit davon, bei dem anderen sind sie zu fest. dann ein fröhliches, aufgewecktes Kind mit allen ihm zur Ver- Innere Bilder müssen im Seelischen vom Kind selbst her- fügung stehenden Kräften den Schulstart beginnen kann, das vorgebracht werden. Dies ist ein aktiver Vorgang, der in un- eine gute Grundlage für die Gesundheit in der zweiten serer Zeit von der äußeren Bilderflut bedroht wird. Die über Lebenshälfte besitzt. ‹›

2011 | Juli / August erziehungskunst 28_29_30_31_32_33_EK07-08_2011:EZK 14.06.2011 13:03 Uhr Seite 28

28 PÄDAGOGISCHE GRUNDLAGEN

Sollen Kinder auswendig lernen?

von Axel Ziemke

Studien belegen, dass der schulische Erfolg nicht vom Intelligenzquotienten, sondern vom Wissen und Begriffskenntnissen ab- hängt. Dabei spielt nicht nur die innere Vernetzung, sondern das sogenannte episodische Gedächtnis eine Rolle.

Müssen Kinder wissen, wann der Westfälische Frieden ge- »schulischer Erfolg« denn unbedingt das letzte Kriterium schlossen wurde, was eine Sekante ist, wie die Hauptstädte zur Bewertung erfolgreicher Bildung sein muss. Doch rei- der europäischen Staaten heißen oder zu welchem Tier- hen sich diese Studien in viele andere ein, die zu ähnlichen stamm der Octopus gehört? Die Antwort auf diese Frage Ergebnissen kommen: Wissen scheint wichtiger zu sein als hängt davon ab, wem man sie stellt. Schülerinnen und Schü- Intelligenz. ler werden sie – besonders mit zunehmendem Alter – über- wiegend verneinen (auch wenn manche von ihnen nur nicht Wissen zieht Wissen an zugeben wollen, dass auch Auswendiglernen Spaß machen kann). Aber auch Lehrerinnen und Lehrer vertreten fast Woran mag das liegen? Die Ausbildung von Intelligenz hat, durchweg die Annahme, dass es viel mehr darauf ankommt, wie Zwillingsstudien zeigen, einen nicht unerheblichen erb- die Intelligenz zu entwickeln, um die Zusammenhänge der lichen Anteil: Die Intelligenzquotienten (genetisch identi- einzelnen Fachgebiete zu verstehen. Und selbst Eltern neh- scher) eineiiger Zwillinge liegen weit enger beieinander men die Auskunft, dass ihr intelligenter Sprössling viel als jene (genetisch verschiedener) zweieiiger Zwillinge. Den- mehr könnte, wenn er nur wollte, wesentlich gelassener hin noch lässt sich Intelligenz zweifelsohne schulen. Allerdings als die Mitteilung, dass er an seine intellektuellen Grenzen ist der so zu gewinnende Zuwachs begrenzt. Die Aneignung gelangt sei. Interessanterweise wird die Antwort vieler Lern- von Wissen hingegen weist geradezu einen Schneeball- psychologen anders ausfallen. Die Annahme, dass es mehr Effekt auf. Wissen zieht Wissen an. Je mehr ein Mensch auf Intelligenz als auf »angelerntes« Wissen ankäme, klingt weiß, desto mehr interessiert er sich für neues Wissen, das plausibel, lässt sich aber empirisch nicht bestätigen. mit dem bereits Gewussten in Beziehung steht, desto besser So hat zum Beispiel die Arbeitsgruppe des französischen merkt er es sich auch. Während Fortschritte in der Entwick- Psychologen Alain Lieury die schulische Entwicklung einer lung der Intelligenz also nur langsam zu schulischen Erfol- großen Anzahl von Schülerinnen und Schülern in einer gen führen, reißt ein einmal angestoßener Wissenszuwachs Langzeitstudie über mehrere Jahre verfolgt. In der achten das schulische Leistungsniveau unaufhaltsam mit sich. und neunten Klasse testeten sie einerseits die Intelligenz- Natürlich ist auch hier Wissen nicht gleich Wissen. Zu- quotienten der Jugendlichen und andererseits ihre Kennt- nächst resultiert aus dem Gesagten, dass Wissen »vernetzt« nis unterrichtsbezogener Fachausdrücke. Auf Grund dieser sein muss, um Interesse zu wecken und gemerkt werden Resultate prognostizierten sie die Abschlussleistungen. Das zu können. Diese Vernetzung wird wiederum durch Intelli- Ergebnis am Ende der Studie: Die Vorhersagen aufgrund genz gefördert. Allerdings ist dieses »begriffliche« Wissen, der Begriffskenntnisse erlaubte eine wesentlich zuverlässige das wir in unserem »lexikalischen Gedächtnis« behalten, Vorhersage des schulischen Erfolges als der Intelligenz- nur ein Aspekt. Wahrscheinlich noch wichtiger ist unser quotient. Man mag an diese Studie die Frage stellen, ob »episodisches Gedächtnis«, das diesem begrifflichen Wis-

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Wirksam lernen, Menschen stärken, Welt gestalten - die Möglichkeiten der Erlebnispädagogik

Tagung in Stuttgart 7.10.2011-9.10.2011 Vorträge: Henning Köhler Seelenkundliche Grundlagen der Erlebnispädagogik.

Prof. Dr. Renate Zimmer Lernen braucht Bewegung - und die Erfahrung der eigenen Wirksamkeit! Foto: Wolfgang Schmidt sen eine über seine inneren Vernetzungen hinaus gehende Bedeutung verleiht, Prof. Hans-Jochen Wagner indem es die Begriffe mit Erlebnissen, Bildern, Gefühlen und Geschichten ver- Die Botschaft der Berge Erziehung zwischen Höhen knüpft. Erst durch diese Verknüpfung wird Wissen im Prozess des Vergessens als und Tiefen. Erlebnispädagogik auf steilen Wegen und in unsicherem (pädagogischen) Gelände. wesentlich erkannt und somit auch erinnert. Lernen muss also vor allem »multi- episodisch« sein, wie es Alain Lieury nennt. Wenn Lernpsychologen die eingangs Dr. Andreas Weber Spielend Mensch werden. Über die Sehnsucht der gestellte Frage mit »Ja« beantworten, ist dies also keineswegs ein Plädoyer für das ge- Kinder nach Natur, Freiheit und schöpferischer danken- und gefühllose Auswendiglernen altpreußischer Prägung – aber vielleicht Lebendigkeit. für nicht wenige Aspekte der Waldorfpädagogik: vom Erzählteil in den unteren Klassen bis zum phänomenologischen Unterricht in der Oberstufe. ‹› Workshops: Zirkus, Alltagskunst, Baumklettern, Zum Autor: Dr. Axel Ziemke ist Oberstufenlehrer für Biologie, Chemie, Philosophie, Heldenreise, Clown, Jugendrituale, Schauspiel und Informatik an der Rudolf-Steiner-Schule Remscheid. Gruppenspiele und noch viele andere.

»Je mehr ein Mensch weiß, desto mehr interessiert Informationen und Anmeldung unter: er sich für neues Wissen, das mit dem bereits www.aventerra.de Gewussten in Beziehung steht, desto besser merkt er es sich auch.«

2011 | Juli / August erziehungskunst www.aventerra.de JOGP!BWFOUFSSBEF t 5FM     in Kooperation 28_29_30_31_32_33_EK07-08_2011:EZK 10.06.2011 15:43 Uhr Seite 30

30 AUS DER FORSCHUNG Sind Waldorfschüler interessierter als Schüler von Regelschulen?

von Harald Erasmus

Empirische Studien? Zumeist ein Fremdwort in der wal- Dabei sind empirische Studien gar nicht so schwierig. Sie dorfpädagogischen Forschungslandschaft. Schließlich ist können interessante Details ans Licht bringen und Denk- Menschenbildung nicht in Zahlen abbildbar. Aus diesem anstöße für die Weiterentwicklung unserer Pädagogik (guten) Grund werden Notenzeugnisse abgelehnt, um das liefern. Vor den Ergebnissen braucht sich die Waldorfschule Schulkind nicht sklavisch bestimmten Kategorien zu un- nicht zu fürchten; als klassische Reformschule hat sie terwerfen. Ärgerlich nur, dass von PISA bis IGLU die schließlich viele Entwicklungen, die in der modernen Staatsschulen eine empirische Studie nach der anderen Didaktik eingefordert werden, längst vorweggenommen. heranfahren, um die Wirksamkeit von schulischen Bereits bewährte und standardisierte Fragebögen stehen Reformen aller Art zu bestätigen oder einzufordern. Das zu vielen interessanten Forschungsfeldern zur Verfügung. Nichtvorhandensein empirischer Studien im Waldorf- Etwas schwieriger gestaltet sich bei einer Befragung die schulbereich kann daher schnell den Eindruck erwecken, Aufgabe, eine genügend große Anzahl an Rückläufen zu Waldorfschulen hätten etwas zu verbergen oder wollten erhalten, die statistisch für eine repräsentative Erhebung sich notwendigen Erneuerungen verschließen. reichen. Im vorliegenden Fall wurden 2100 Schülerinnen und Schüler an hessischen Waldorf- und Regelschulen befragt. Die Stichprobe erfasste alle Jahrgangsstufen ab Klasse 5 und bei den staatlichen Regelschulen alle Schul- formen, um Verzerrungen zu vermeiden. Die Auswertung der Ergebnisse ist natürlich etwas mühsam und nur mit

Foto: Charlotte Fischer Hilfe gängiger Auswertungsprogramme wie »SPSS« zu be- werkstelligen.

Wie steht es mit dem Weltinteresse?

Ausgangspunkt der Befragung war das, was in Waldorfzu- sammenhängen als das »Weltinteresse« bezeichnet wird und von dem wir den Anspruch haben, dass es an der Wal- dorfschule in besonderen Maß gepflegt und erweckt wird. Eine Interessensstudie durchzuführen erscheint auch leich- ter, als die Befragten dazu zu bringen, Kenntnisse und Fähigkeiten offenzulegen; solch eine Kompetenzstudie hat zudem den Nachteil, dass man schnell in eine Leistungs- diskussion gerät – wie es im Falle von PISA geschehen ist – und eben andere Aspekte der Menschenbildung vernachläs- sigt. Die Frage nach dem Weltinteresse hingegen erscheint

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AUS DER FORSCHUNG 31

esse inter

WeltinteresseWelt

da unverfänglicher und ist doch, was eine pädagogische und Einzel-Regionen finden sich überwiegend gleiche Binsenwahrheit darstellt, Voraussetzung für den Lerner- Spitzenreiter und Schlusslichter. Allgemein ist das Inter- folg. esse an eher sozialgeographischen Themen bei den Wal- In kaum einem anderen Fach wird das Weltinteresse so dorfschülern höher platziert als bei den Regelschülern. direkt angesprochen wie im Fach Geographie. Obwohl Dies stimmt mit der oben erwähnten Zielsetzung der man das Weltinteresse mit dem geographischen Interesse Waldorfschulen überein, das Weltinteresse und das Inter- nicht hundertprozentig gleichsetzen kann, so ergibt sich esse an den Lebensverhältnissen der Mitmenschen zu stär- doch eine sehr große Überschneidungsmenge. Ein Aspekt ken. Nachdenklich sollte es jedoch die Waldorfschulen der inneren Begründung des Fachs Geographie in der machen, dass die Umweltthemen keinen so großen An- Waldorfschule ist die Weltverbundenheit, die aus dem klang finden – obwohl diese Thematik doch sowohl im Weltinteresse erwachsen kann. So hat der Geographieun- Waldorflehrplan als auch im Schulalltag (von der Gestal- terricht an der Waldorfschule nicht nur die Aufgabe, tung der Schulanlage bis zur Mittagsverpflegung) immer geographisches Faktenwissen zu vermitteln, sondern päd- wieder in das Bewusstsein der Schüler gerückt wird. Kann agogisch gesehen dem jungen Menschen »Erdenfestig- hier eine Übersättigung vermutet werden? keit« zu geben – dies jedoch nicht im egoistischen Sinn Im Bereich »Arbeitsweisen« ist das Interessenprofil bei der Lebensbehauptung, sondern im altruistischen Sinn beiden Schülergruppen grundsätzlich sehr ähnlich; auf- eines offenen Weltinteresses. Dazu sagte Rudolf Steiner in fallend ist das geringere Interesse der Waldorfschüler am seinem Vortrag »Menschenerkenntnis und Unterrichtsge- Item »Schulbücher« – die Methode, Schulbücher in Form staltung«: »Ein Mensch, mit dem wir offen Geographie der »Epochenhefte« selbst anzufertigen, scheint also, allen treiben, steht liebevoller seinen Nebenmenschen gegen- Unkenrufen zum Trotz, Akzeptanz bei den Schülern zu über als ein solcher, der nicht das Daneben im Raum er- finden, so dass das Interesse an vorgegebenen Büchern ge- lernt. Er lernt das Danebenstehen neben den anderen ringer ist. Menschen, er berücksichtigt die anderen. Diese Dinge Die vorliegende Studie ist bereits zehn Jahre alt, doch wurden gehen stark in die moralische Bildung hinüber, und das ihre Ergebnisse erst jetzt einem größeren Fachpublikum Zurückdrängen der Geographie bedeutet nichts als eine zugänglich gemacht. ‹› Aversion gegen die Nächstenliebe …« Um die Ergebnisse der empirischen Studie zusammenzu- fassen, kann zunächst einmal festgestellt werden, dass das geographische Gesamtinteresse sowie das Interesse an Literatur: H. Erasmus, G. Obermaier: »Sind Waldorfschüler interessierter geographischen Themen und Regionen bei den Waldorf- als Schüler von Regelschulen? Eine empirische Untersuchung schülern bei beinahe allen Subskalen und Items höher liegt der Schülerinteressen am Beispiel Hessen.« In: I. Hemmer, als das Interesse bei den Regelschülern. Das Interessen- M. Hemmer (Hrsg.): Schülerinteressen an Themen, Regionen und profil beider Schülergruppen ist jedoch gleich bis sehr ähn- Arbeitsweisen des Geographieunterrichts. Geographiedidaktische lich: Bei den geographischen Themenbereichen, Themen Forschungen, Bd. 46, Weingarten 2010

2011 | Juli / August erziehungskunst E28_29_30_31_32_33_EK07-08_2011:EZK 10.06.2011 15:43 Uhr Seite 32

Waldorfpädagogik heute www.geistesleben.com

Waldorfkindergarten heute. Eine Einführung. Waldorfschule heute. Eine Einführung. Hrsg. von Marie-Luise Compani und Peter Lang. Herausgegeben von Peter Loebell. Mit Beiträgen von M.-L. Compani, E. Göbel, Cl. Grah- Mit Beiträgen von K.-M. Dietz, M. Glöckler,W.M. Götte, Wittich, F.Jaffke, M. Kassner, B. Krohmer, P.Lang, E. Hübner, J. Kiersch, E.-M. Kranich, St. Leber, Chr. Lindenberg, Cl. McKeen,A. Neider,A. Prange und J.Walter. P.Loebell,W.Riethmüller, Chr. Rittelmeyer und A. Suchantke. 272 Seiten, zzgl. 32 Seiten farb. Bildteil, gebunden 396 Seiten, zzgl. 16 Seiten farb. Bilddteil, gebunden € 15,90 (D) | ISBN 978-3-7725-2472-1 € 16,90 (D) | ISBN 978-3-7725-2471-4 jetzt neu im Buchhandel! jetzt neu im Buchhandel!

Die Beiträge diesesBandesmachen mit Waldorfschule heute bietet einen optimalen allen wesentlichen Elementen des Einstieg für künftige Schuleltern und für alle, Waldorfkindergartensvertraut und zeigen, wie die sich über diese lebendige Pädagogik man den Alltag im Vorschulalter sinnvoll informieren möchten. Die Autoren geben eine gestalten kann. Das Buch kommt einem umfassende Einführung in die Waldorf- wesentlichen Bedürfnis vieler Eltern entgegen: pädagogik und bieten einen guten Überblick einer umfassenden, aktuellen Einführung in über die verschiedenen Gesichtspunkte dieser die Pädagogik der Waldorfkindergärten. Schulform, ihre Grundlagen und ihr Umfeld.

Verlag Freies Geistesleben : Wissenschaft und Lebenskunst 28_29_30_31_32_33_EK07-08_2011:EZK 14.06.2011 13:09 Uhr Seite 33

STANDPUNKT 33

Ich lese was, was Du nicht siehst

von Henning Kullak-Ublick

Im Gefängnis schrieb Rosa Luxemburg 1917 ihre berühmten Worte: »Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden, sich zu äußern. Nicht wegen des Fanatismus der Gerechtigkeit, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die Freiheit zum Privilegium wird.« An diese Worte musste ich denken, als ich die folgende E-Mail einer Mutter an unsere Redaktion las: »...wie geht man eigentlich mit folgendem Sachverhalt um: Einige Lehrer unserer Waldorf- schule missbilligen bestimmte Artikel in der Erziehungskunst und haben daher beschlossen, sie schlicht nicht mehr auszuteilen. Der Lehrer meiner Tochter stellte es so dar: ›Wir sind der Meinung, dass einiges in der Zeitschrift nicht unserer Idee ... der Waldorfpädagogik entspricht.‹ Kurzerhand hat man das Verteilen der Zeitschrift in einigen Klassen (ohne Konferenzbeschluss) Henning Kullak-Ublick, eingestellt. Da dies mal ein ganz plastisches Beispiel dafür ist, wie sehr uns als Eltern hier vor Vorstand im Bund der Freien Ort ... die Mündigkeit abgesprochen wird, frage ich: Inwiefern ist ein solches Handeln überhaupt Waldorfschulen und bei den noch mit dem Freiheits-Gedanken Steiners vereinbar?« Freunden der Erziehungskunst Rudolf Steiners, seit 1984 In seiner Philosophie der Freiheit schrieb Rudolf Steiner viele Jahre, bevor er 1919 die Leitung der Klassenlehrer in Flensburg, Waldorfschule übernahm, einen bemerkenswerten Satz: »Man muss sich der Idee erlebend ge- Aktion mündige Schule genüberstellen können; sonst gerät man unter ihre Knechtschaft.« (www.freie-schule.de) Um welche Ideen geht es hier? Um Waldorfpädagogik, Freiheit und Mündigkeit – drei Ideen, denen sich die Redaktion und die Herausgeber der Erziehungskunst zutiefst verpflichtet wissen. Wir möchten diese Ideen für unsere Leserinnen und Leser erlebbar machen, ihre Urteilsbildung anregen und sie am liebsten auf eigene Ideen bringen. Wir wollen das pädagogische Leben fördern; konservieren mögen es andere. Rudolf Steiner kämpfte sein Leben lang für die Idee der Freiheit – erlebend: Zuerst entwickelte er seinen Freiheitsbegriff philosophisch, dann beschrieb er Wege zur Erlangung individueller Freiheit und seit 1917 kämpfte er für die Freiheit des Geisteslebens in einem gegliederten sozialen Orga- nismus. Und wie hielt er es mit der Mündigkeit der Eltern? Als sich die Arbeiter der Waldorf- Astoria Zigarettenfabrik nach einem politischen Vortrag Steiners mit der Frage an ihren Chef wandten, ob er eine freie Schule für ihre Kinder einrichten könne, übernahm Steiner sofort die Leitung. Die erste Waldorfschule war eine Initiative nicht-anthroposophischer Eltern! Sie ermög- lichte Rudolf Steiner, die Ergebnisse seiner dreißigjährigen anthropologisch-anthroposophischen Forschung in eine Pädagogik münden zu lassen, die wiederum den Weg zum freien, verantwor- tungsbewussten Menschen in den Mittelpunkt aller einzelnen Unterrichtsvorschläge stellt – bei den Lehrern, bei den Schülern und bei den Eltern. ‹›

PS: Pro Jahr wird für jeden Waldorfschüler der Gegenwert eines Eisbechers (€ 5,50) zur Finanzierung der erziehungskunst aufgewendet. Dafür steht jeder Familie jeden Monat ein Exemplar dieser Zeitschrift zu. (Im Handel kostet ein Heft € 4,90.) 2011 | Juli / August erziehungskunst 34_35_EK07/08_2011:EZK 10.06.2011 15:46 Uhr Seite 34

34 FRÜHE KINDHEIT

Generationenübergreifend Voneinander lernen fängt nicht im Altersheim an

von Karin Joost

Eine Waldorfkindergärtnerin macht sich gezielt auf die Suche nach neuen Betreuungsformen und besucht den ostdeutschen Waldorfkindergarten »Nesthäkchen«, der die »Familiengruppe« als altbewährte Lebensform wiederentdeckt.

»Ja, das stimmt, wir haben die Kleinen mit in der Gruppe. deckungsreise. Durch die geringe Anzahl der Kinder bietet Und wir wollen nie wieder anders arbeiten«, antwortet die sich mir ein Bild der Überschaubarkeit. Ich fühle, jeder hat Erzieherin aus dem Waldorfkindergarten »Nesthäkchen« hier den Raum, den er seinem Alter und seinen Bedürfnis- auf meine Frage, ob ich einmal in ihrer Einrichtung hospi- sen nach braucht. Dann ist auch hier Frühstückszeit. Die tieren dürfe. Also auf nach Waren an der Müritz im fernen Kleinen werden an den Tisch gesetzt und schauen den Gro- Osten Deutschlands. ßen zu, wie sie den Tisch decken und aufräumen. »Schau, Inmitten einer Plattenbausiedlung fällt wohl nur dem ge- hier muss noch das Lätzchen um«, sagt die Erzieherin und schulten Waldorfauge das in dem typischen Schriftzug ge- schon findet sich ein größeres Kind, das dem kleinen Kind haltene Holzschild auf. Schmunzelnd denke ich: eines umbindet – so lernen sie nebenbei das Knoten- Waldorfpädagogik kann eben überall stattfinden! und Schleifebinden. Ein Mädchen macht mich Es ist gerade Frühstückszeit und im ersten darauf aufmerksam, dass einem kleinen kleinen Raum sitzen neun Kinder und Jungen sein Becher mit Tee umgefallen ist. essen Hirsebrei. Ich werde eingeladen Helfende Hände holen ein Handtuch. Ich und setze mich dazu. »Dies ist unser denke, die realen Notwendigkeiten, die Durchgangszimmer«, sagt die Erziehe- durch diese Art des Zusammenlebens rin entschuldigend. »Wir sind so viele entstehen, fördern wie von selbst Hilfs- geworden, da mussten wir aus diesem bereitschaft, Aufmerksamkeit, Rück- Zimmer noch einen Gruppenraum ma- sichtnahme und Vorsicht. chen. Nun müssen immer alle hier durch, Nach dem Frühstück bilden die zwölf Kin- sowohl Eltern, die ihre Kinder bringen, als der dieser Gruppe eine Schlange, um in den auch die anderen Gruppen.« Ob zum Wasch- Waschraum zu ziehen, doch der ist noch besetzt. raum oder zur Garderobe, immer wieder zieht ein »Leis, leis, leis, wir machen einen Kreis« … Wie von »goldenes Band« durch den Raum, die Großen vorneweg, selbst verwandelt sich die Schlange und es wird ein kurzes die Kleinen hinterher, raus-rein, hin und her. Zuvorkom- Spiel daraus. Die größeren Kinder spielen vor, die kleineren mend rücken alle zur Seite, das Frühstück in dieser Gruppe schauen mit großen Augen zu, lachen und klatschen in die geht trotzdem weiter. Es scheint niemanden zu stören. Nach Hände. Ich spüre förmlich ihr Bedürfnis, doch auch endlich dem Frühstück besuche ich die Nachbargruppe. mitmachen zu können. Danach ist der Waschraum frei, Während dort die Erzieherin in Ruhe einer Näharbeit nach- denn die andere Gruppe ist schon in die Garderobe weiter geht, weben die großen Kinder konzentriert an ihren gezogen. Nun besuche ich die dritte Gruppe und auch hier ist »Schulkindarbeiten«, die kleineren gehen ihren Spielim- gerade das Frühstück zu Ende. Emsiges Aufräumen, stau- pulsen nach und die ganz kleinen sind ungestört auf Ent- nendes Zuschauen auch hier. Ruck-zuck ist alles fertig und

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35 Fotos: Charlotte Fischer

noch Zeit für ein Bilderbuch. Wie um eine Mutter hocken kurzer Zeit schlafen alle Kinder ein. Jede Gruppe hat ihre sich die Kinder um die Kindergärtnerin, die Großen ge- eigenen Gewohnheiten, fast schon eine eigene Lebensweise spannt mit dem Blick auf das Buch, die Kleinen Nähe su- entwickelt. Dadurch lebt in jeder eine spezifische Atmo- chend auf dem Schoß. Ich habe den Eindruck, jedes Kind sphäre, die besonders für die Jüngsten von großer Bedeu- bekommt das, was es gerade braucht. Dann ist auch für sie tung ist. Für die Erzieherinnen und mich als Gast gibt es der Waschraum frei. Während die Großen selbstständig nun Kaffee und Tee. Die Zeit, die an anderen Tagen für ihren Toilettengang erledigen oder den Jüngeren helfen, Vorbereitungen genutzt wird, nehmen wir uns für ein Ge- werden die Kleinen auf das Töpfchen gesetzt oder gewickelt. spräch. »Die Familiengruppen sind entstanden, weil immer »Schau, dein Schwesterchen hat was ins Töpfchen gemacht«. mehr kleine Geschwister nachrückten«, berichtet die Kin- Alle Kinder schauen neugierig und freuen sich. dergartenleiterin Frau Winter. »Den Versuch, eine Krippen- So geht der Tag weiter, Freispiel draußen, die größeren gruppe einzurichten, gab es auch bei uns, aber wir sind Kinder miteinander, die Kleinen für sich, aber doch immer schnell wieder davon abgekommen und haben dann die mittendrin. Ab und zu kommt ein größeres Kind vorbei und Familiengruppe in unser Konzept aufgenommen.« bringt ihnen etwas und setzt sich für ein Weilchen dazu. Es kommt mir so vor, dass wir in einer Zeit, in der nach der Oder ein kleines wird im Bollerwagen spazierengefahren, Großfamilie auch die Kleinfamilie im Begriff ist, sich auf- natürlich in Begleitung einer Erzieherin. zulösen, aufgefordert sind, diese Form des Zusammenle- Nach dem Mittagessen ziehen etwa zwanzig Kinder nach- bens bewusst zu gestalten. Wir können keine Familie einander in die kleinen, miteinander verbundenen Schlaf- ersetzen, wir können aber durch das Schaffen von fami- räume mit ihren dicht an dicht stehenden Etagenbetten. liären Strukturen in unseren Einrichtungen die Qualität »Pssst, der kleine Franz schläft schon!« Rücksichtsvoll und einer altbewährten Lebensform neu beleben. Generationen- erstaunlich leise ziehen sich die Kinder aus und steigen in übergreifend zu leben und voneinander zu lernen fängt ihre Bettchen. Für die anderen zwölf Kinder werden in nicht im Altersheim an! Für mich ist die Familiengruppe ein einem Gruppenraum rasch Kinderliegen aufgestellt und in sinnvolles Zukunftsmodell. ‹›

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36 AUS DEM UNTERRICHT

Der steinerne Horizont

von Sibylla Hesse

Potsdamer Waldorfschüler drehen einen Dokumentarfilm über den Verlauf der Mauer zwischen Potsdam und Berlin (West), erringen den dritten Platz beim History-Award 2011 und den ersten Preis der Geschichtswerkstatt Jena.

»Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.« Den zwei Verhöre und eine Nacht im Gefängnis. Diese Zeit- Älteren unter uns ist die näselnde Stimme Ulbrichts aus zeugengespräche vermittelten den Nachgeborenen eine einer Pressekonferenz knapp zwei Monate vor der Errich- Heimatkunde besonderer Art. tung der Mauer im August 1961 noch im Ohr. Doch unsere heutigen Schülerinnen und Schüler haben den Eisernen Mauerfluchten – drüber und drunter Vorhang nicht mehr erlebt. Sie wussten vor diesem Projekt nicht, wo genau in Potsdam das menschenverachtende Alle Schüler und Schülerinnen recherchierten im Laufe des Grenzregime herrschte und was es für die Anwohner be- achtwöchigen Projekts einzelne Abschnitte des Grenzver- deutete. laufs und stießen dabei auf spannende Fluchtgeschichten. Im Laufe ihrer Recherchen stellten die Jugendlichen aus In Klein-Glienicke, einer verwinkelten Exklave der DDR, den Klassen zehn bis zwölf überrascht fest, dass einige gruben zwei Familien im Sommer 1973 bei Niedrigwasser ihnen aus der Schule vertraute Menschen ihre eigene Ge- einen 19 Meter langen Tunnel nach Westberlin. Den Weg schichte mit der Mauer hatten. Einen Passierschein über die Mauer schafften 1971 zwei Dachdecker, die die dor- brauchte der Sportlehrer, wenn er seine Oma in Sacrow tige Kirche zu reparieren hatten, dank ihrer Leitern. besuchen, die Hortnerin, wenn sie ihren Freund sehen Um auch Jugendliche ohne Vorkenntnisse zu erreichen, wollte, weil der Zugang zur Sperrzone überwacht wurde. verfassten die Schüler Off-Texte für den Film, die ein wei- Der Hausmeister erzählt von seiner Zeit in der Nationalen terer Schüler einsprach. Andere legten bei den Zeitzeugen- Volksarmee, in der er seine Kameraden bewachen musste, interviews einen Schwerpunkt oder interessierten sich für die die alten Grenzzäune durch neue ersetzten und mitun- das filmische Handwerk. Alle mussten über ihre Arbeits- ter versehentlich mit einem Bein in der Bundesrepublik schritte und Ergebnisse ein Portfolio verfassen. standen. Sich im Grenzgebiet zu verlaufen, empfand die Unser Dokumentarfilm »Der steinerne Horizont. Wo in Westberliner Eurythmistin in ihrer Kindheit als gruselig. Potsdam die DDR endete« erzählt Mauergeschichten multi- Die Mauer gab ihr aber auch Sicherheit, weil sie beim Hun- perspektivisch. Dabei kommt der DDR-Alltag ebenso zur despaziergang irgendwann auf sie stoßen musste und Sprache wie die weltgeschichtliche Rolle der Glienicker dann, an ihr entlang, leicht wieder nach Hause fand. Für Brücke mit dem Agentenaustausch in den 1950er- bis eine damals 17-jährige Potsdamerin dagegen bedeutete es 1980er-Jahren. Warum schüchterten die Grenzer Kinder

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AUS DEM UNTERRICHT 37

50 Jahre Mauer

ein? Warum durfte Frau Donner, unsere Hortnerin und Ur- Potsdamerin, ihren ausgereisten Vater nicht mehr sehen? Heutige Jugendliche schütteln hierüber nur den Kopf, zu Recht, und beginnen ihre Freizügigkeit bewusster zu schätzen. Der Alltag im Grenzgebiet mit Passierschein, Be- spitzelung, Reglementierung und Angst rief viele Fragen hervor, die meist im Gespräch geklärt werden konnten – und einen Zugang zur Mentalitätsgeschichte öffneten. Die Zuschauer lernen Schicksale mit historischen Kollateral- schäden und Propagandaeffekte (»Rotlichtbestrahlung« nannte sie die DDR-Bevölkerung) kennen, die vom Ver- schweigenmüssen einer gescheiterten Flucht ebenso be- richten wie vom Mut eines jungen Mannes, der seinem Staat durch den Teltowkanal davonschwamm und einige Jahre später als Fluchthelfer wirkte. Wir konnten gar nicht alles aufgespürte Material in unseren Film aufnehmen, etwa fehlen die Haftstrafen für Grenzbeamte, die Flüch- tende nicht gestellt oder erschossen hatten.

Ein Film für das Hauptprogramm

Ein ehemaliger Grenzer wollte seinen Bericht nur im Ton aufnehmen, sich aber nicht filmen lassen. Um nicht eine schwarze Leinwand zu zeigen, bedurfte es weiteren Bild- materials. Dabei waren Rechtefragen zu beachten. Um un- sere historischen Erkenntnisse in einem knapp einstündigen Film zu erzählen, mussten wir neun Stunden Material in einen Spannungsbogen bändigen und uns mit Filmästhetik beschäftigen. Das erforderte Zusammenarbeit: ›

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38 AUS DEM UNTERRICHT

› Die Projektwerkstatt »Lindenstraße 54« half uns, Zeitzeugen zu finden und die Arbeit zu strukturieren. Unser Filme- Zeitzeugin Catrin Eich schildert, wie sie als Kind vom Potsdamer Dach- macher mit Ausrüstung wurde von der »Bundesstiftung boden aus in den verbotenen Westen mit dem Fernglas schaute und, Aufarbeitung« gefördert. In einem der fünf historischen In- statt Klassenfeinden, nur normale Menschen sah. stitute der Stadt ließen wir uns die großen Linien von einem Professor der Zeitgeschichte differenziert erklären. Die Schüler äußerten sich positiv über das Projekt. Fabian (11. Kl.) sagt, er habe »mehr über die Mauer aus der ›Ost- sicht‹ erfahren«. Seine Eltern hätten ja nur »Geschichten von der Westseite erzählen können«. Oliver (10. Kl.) lernte, was für die Interviewvorbereitung nötig ist. Lilli (11. Kl.) fand, »das Schreiben von Texten, das Führen von Interviews und die verschiedenen Ausflüge umfassten viele Methoden und Arbeitsweisen und gestalteten das Projekt sehr vielfältig«. Die völlig überfüllte Premiere feierten wir im Filmmuseum Potsdam. Zwei Zehntklässler moderierten anschließend ein Filmgespräch mit Zeitzeugen und Schülern. Beim History-

Anton und Jakob moderieren das Nachgespräch im Filmmuseum Potsdam Award 2011, vergeben vom Geschichtssender »History bei der Premiere. Channel«, errangen wir den dritten Platz: »Ein Film, den man ohne Probleme auch im offiziellen Programm zeigen könnte«, lobte Jurymitglied Christian Hartmann vom In- stitut für Zeitgeschichte München-Berlin. ‹›

Gedenkstätte für Opfer politischer Gewalt im 20. Jahrhundert Schülerprojektwerkstatt »Lindenstraße 54« Gedenkstättenlehrerin Catrin Eich Lindenstraße 54, 14467 Potsdam Tel./Fax: 03 31/2 01 57 14 E-Mail: [email protected] http://www.pw-gedenkstaette-potsdam.de.vu/ Hinweis: Der Film ist derzeit im Internet zu sehen unter http://www.history-award.de/history-award-2011/projekte/ projekte-waldorfschule-potsdam.html. Oder auf DVD zum Selbst- Verleihung der Urkunde des dritten Platzes im History-Award 2011 durch kostenpreis von EUR 5,– (+ EUR 2,– Versand, bitte Vorkasse). Dr. Auma Obama, Schwester des amerikanischen Präsidenten. Er wird auf der diesjährigen Waldorf-Geschichtslehrer-Tagung be- Foto: History-Award sprochen, die vom 11. bis 12. November 2011 in Potsdam stattfindet.

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AUS DEM UNTERRICHT 39 Chemie kann auch schmecken Eine Chemieepoche in der achten Klasse

von Bernd Kettel

Wenn man wie Bernd Kettel über 30 Jahre an der Freien Georgenschule in Reutlingen als Klassenlehrer gearbeitet hat, gibt es kaum noch etwas, das einen überraschen kann. Bei den Versuchen im Chemieunterricht können dennoch Situationen eintreten, in denen man ein leichtes Zittern in den Knien fühlt.

Im Schuljahr 2009 / 2010 erlebte ich das Finale meines fing ich guter Hoffnung nach den Winterferien mit der vierten Durchgangs, aber es gab eine Epoche, die ich bisher Epoche an. Im Folgenden einige ausgewählte Erlebnisse. noch nie gehalten hatte: Chemie in der achten Klasse. Das Die Geburt der Chemie aus dem Wunsch liegt daran, dass an unserer Schule die Klassenlehrer der nach Genuss achten Klassen in der Zeit zwischen Pfingsten und den Sommerferien vom Unterricht weitgehend befreit werden, Wir begannen mit Getreidekörnern, die ich mitgebracht soweit es die personellen Möglichkeiten zulassen. Epo- hatte. Jeder meiner 36 Schüler bekam eine Hand voll Körner chenfreie Oberstufenkollegen kommen in dieser Zeit gerne mit dem Auftrag, sie zu kauen und den Geschmack zu in die Klasse, um die Schüler schon ein wenig kennen zu prüfen. Gerne unterzogen sie sich dieser Aufgabe und stell- lernen. Dadurch kann der Klassenlehrer eine Weile ver- ten dabei fest, dass es mühsam war, die Körner zu zerklei- schnaufen, bevor der nächste Durchgang beginnt. In mei- nern. Der Gedanke, sich auf diese Weise satt zu essen, hatte nen früheren Durchgängen war die Chemieepoche immer nichts Verlockendes. Außerdem fiel ihnen auf, dass sich in meine unterrichtsfreie Zeit gefallen, dieses Mal jedoch während des Kauens und Einspeichelns der Geschmack nicht. veränderte: Sie nahmen eine leichte Süße wahr. Wir kamen Ich suchte also in den Winterferien meinen Kollegen auf, zu dem Schluss, dass offenbar schon im Mund ein chemischer der in der Oberstufe den Chemieunterricht erteilt und bat Prozess durch den Speichel ausgelöst wurde. ihn um eine Einführung. Er sagte sehr freundlich zu, traf Als nächstes folgte der Schwimmtest, der genau so verlief, sich mit mir, drückte mir das Standardwerk Manfred von wie im Lehrbuch beschrieben, die guten Körner sanken – Mackensens »Die Chemieepochen der 7. und 8. Klasse« in für die Schüler überraschend – in die Tiefe, einige wenige die Hand und ging die einzelnen Versuche sorgfältig mit schadhafte schwammen oben. Aber nun bemerkte ich, dass mir durch, wobei er mir zeigte, wo ich die jeweiligen Ge- meine Gedanken plötzlich eigene Wege gingen und von den rätschaften und Zutaten finden konnte, die dafür nötig Versuchen im Lehrbuch abwichen, zunächst nur ganz waren. Er bot mir an, jederzeit hilfreich zur Seite zu stehen, sachte, aber doch deutlich. Das beunruhigte mich ein wenig, wünschte mir Glück und verließ mich. aber ich war auch neugierig, was sich daraus entwickeln Irgendwie fühlte ich mich wie ein blutiger Anfänger und würde. Wir warfen die im Wasser versenkten Körner nicht hatte Lampenfieber. Ich begann mich in das Werk zu ver- weg, sondern beschlossen, sie bis zum nächsten Morgen tiefen und hoffte inständig, dass mir die Epoche gelingen weiterhin einzuweichen und dann erneut zu probieren. möge. Mir gefiel der Gedanke Mackensens, den Schülern Gesagt, getan. Am folgenden Morgen wurden die Körner darzustellen, wie der Mensch in die Lebensprozesse der abgeseiht und in zwei Häufchen geteilt. Die eine Portion Natur eingreift, um seine Ernährung zu sichern, und so blieb naturbelassen, die andere wurde leicht mit Kräuter- ›

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› salz aus dem Reformhaus gewürzt. Dann folgte der Test. Ganz eindeutig waren diese Körner viel leichter zu verzeh- ren, als die harten und trockenen vom Vortag, die gesalze- nen schmeckten sogar vergleichsweise gut. Nun überlegten wir, ob es noch andere Möglichkeiten gäbe, die Körner zu zerkleinern. Natürlich wurde sofort die Ge- treidemühle genannt, welche bei einigen Schülern zu Hause im Gebrauch war. Aber dann stellten wir uns vor, Getreide- mühlen seien noch nicht erfunden worden, also kamen nur flache Kieselsteine in Frage; die holten wir vom Schulhof und reinigten sie. Ein paar Schüler bekamen außerdem kleine Mörser mit Stößeln und eine Gruppe durfte mit einer hand- betriebenen Kaffeemühle arbeiten. Sie wurden vom Rest der Klasse beneidet, aber im Dienste der Wissenschaft durfte kein Neid aufkommen, das sahen sie schließlich ein. Schon nach etwa fünfzehn Minuten hatten wir ein gutes Pfund gro- bes Mehl zerstoßen und gemahlen und unsere Erfahrungen bezüglich der verschiedenen Werkzeuge ausgetauscht. Bei den Kieselsteinen fielen die Körner dauernd an den Seiten heraus, in den Mörsern ließen sich nur kleine Mengen zer- stoßen und die Kaffeemühle musste richtig eingestellt wer- den, damit das Korn zu Schrot wurde. Natürlich hatten wir auch Körner der Länge nach durchgeschnitten um Keimling, Mehlkörper und Schale in Augenschein zu nehmen. An dieser Stelle begann sich meine Phantasie erneut vom Lehrbuch zu entfernen. Es widerstrebte mir, das gewonnene Mahlgut einfach beiseite zu legen oder gar wegzuwerfen. »Was fangen wir nun mit dem gemahlenen Schrot an? Wer hat eine Idee?« Die Schüler blickten mich an und die Antwort kam prompt. Die Schüler schlugen vor, einen Teig anzurühren, mit etwas Wasser und Salz. Kurz darauf war

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ich damit beschäftigt, einen einfachen Teig zu kneten. Ei- nige Schüler wussten noch aus der dritten Klasse, dass ein Teig erst dann die richtige Konsistenz hat, wenn er nicht mehr an den Fingern klebt – davon war ich weit entfernt, ar- beitete jedoch zur Freude meiner Schüler hart daran und hatte ihre ganze Aufmerksamkeit. Das Chemielabor als Backstube

Schließlich war der Teig fertig und ging in der Schüssel still vor sich hin, während ich etwas abseits meine Hände wusch und fieberhaft überlegte, was zu tun sei. Einen Backofen hat- ten wir nicht, es galt also zu improvisieren. Unsere Urahnen hatten nur das offene Feuer zur Verfügung, in Indien, das ich vor 40 Jahren vier Monate lang bereist hatte, buken die Frauen Brotfladen auf einfachsten Lehmöfen, aber die hatten wir auch nicht. Da sah ich vor meinem geistigen Auge zwei Dreibeine mit dazugehörigen Bunsenbrennern. Als Nächs- tes fiel mir ein, dass ich im Vorbereitungsraum neben Draht- gittern auch kleine, feuerfeste Glasplatten gesehen hatte. Ich stellte die Dreibeine auf und setzte die Bunsenbrenner in Gang. Die Klasse beobachtete mich neugierig. Ich bat einen Schüler, mir zu assistieren. Ich wusste nun, dass ich kleine, handtellergroße Fladenbrote backen würde, aber unter sol- chen Bedingungen hatte ich das noch nie zuvor gemacht. Ich zwickte von dem großen Teigklumpen kleine Bällchen ab und rollte sie mittels einer kleinen Flasche auf einem Holz- brett aus. Dann legte ich sie auf die erhitzten Glasplatten über den Bunsenbrennern. Der assistierende Schüler war dafür verantwortlich, dass die Fladen rechtzeitig gewendet wurden und nicht anbrannten. Er tat das in Ermangelung rechten Küchengerätes mit einem Taschenmesser. Sofort, ›

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»Was fangen wir nun mit dem gemahlenen Schrot an? Wer hat eine Idee?« Die Schüler blickten mich an und die Antwort kam prompt. Die Schüler schlugen vor, einen Teig anzurühren, mit etwas Wasser und Salz. Kurz darauf war ich damit beschäftigt, einen einfachen Teig zu kneten.

› nachdem die Fladen gebacken waren, wurden sie unter die wenn Öl in der Pfanne überhitzt wird. Jetzt nahm ich eine Menge verteilt und mit sichtbarem Wohlbehagen verzehrt. Spritzflasche mit Wasser zur Hand und spritzte ein klein In einem weiteren Versuch untersuchten wir das Eiweiß wenig Wasser in das brennende Öl. Unmittelbar darauf er- näher, indem wir bei einem Ei den Dotter vom Eiweiß trenn- tönte ein Fauchen wie von einem wild gewordenen Raubtier ten und die im Buch angegebenen Versuche machten. und eine gewaltige Stichflamme erhob sich bis zur Decke des Diesmal war mir schon zu Hause der Gedanke gekommen, Chemiesaals. Die Schüler waren wie vom Blitz getroffen. Es dass sich sowohl das Eiweiß, als auch der Dotter in unsere war zu spüren, wie ihnen das Adrenalin bis in die Haarspitzen Entwicklungsreihe genussfähiger Nahrungsmittel einreihen schoss. Aber sie waren auch begeistert. Sie wollten es mehr- könnten. Vorsorglich hatte ich daher eine Bratpfanne und mals sehen und ich erlaubte ihnen schließlich, die erstaunli- etwas Milch mitgenommen. Im entscheidenden Moment, che Reaktion zu filmen. Anschließend machten wir uns nachdem die Versuche aus dem Buch abgeschlossen waren, Gedanken über den Vorgang. Wir betrachteten den Experi- zeigte ich also der Klasse Mehl, Eiweiß, Eigelb, Milch und mentiertisch und sahen, dass rings um die Schale alles voller Bratpfanne. Die Erleuchtung kam augenblicklich: Pfannku- Öl war. Offenbar waren Tausende von brennenden Öltröpf- chen. Also rührte ich in einem großen Becherglas Mehl, chen blitzartig in die Höhe gefahren, als sie vom Wasser ge- Milch, Eier und etwas Zucker zu einem zähflüssigen Teig, troffen wurden und dann wieder herunter auf den Tisch gab ein wenig Öl in die Bratpfanne, erhitzte es und goss den gefallen. In einer realen Situation in der Küche würde also Teig hinein. Die Schüler hatten derweil die Vorstellung, wir Wasser alles nur noch schlimmer machen. Wir überlegten, seien ein chemisches Institut, das sich mit der Entwicklung was in einem solchen Augenblick zu tun sei. Man müsste dem gesunder Nahrungsmittel befasst. Die Pfannkuchen wur- Feuer die Luft entziehen, einen Deckel auf die Bratpfanne set- den bis auf den letzten Rest verzehrt. zen oder ein dickes Handtuch darüber werfen, folgerten wir. Am Ende der Epoche war ich erleichtert und auch ein wenig Schüler filmen das Feuer speiende Ungeheuer stolz. Wir hatten neben den hier beschriebenen Versuchen Es folgte noch ein Aufsehen erregender Versuch mit Fett. Der auch Schokoladenpudding, Vanillesauce, Hüttenkäse und ging so: Ich erhitzte Speiseöl in einer kleinen Metallschale Lippenpflegestifte entwickelt. Ich hatte es gewagt, eigene über einem Bunsenbrenner.Dann setzte ich mir eine Schutz- Wege zu gehen und mich von den Vorgaben des Lehrbuches brille auf, die wie eine Motorradbrille aussah, und näherte zu entfernen, wobei die darin enthaltenen Versuche natürlich mich vorsichtig dem Öl, das schon zu rauchen und zu stinken hervorragende Grundlagen boten. Aber den Einfällen nach- begann – natürlich hatte ich den Versuch mit einer Schutz- zugehen, die mir im Unterricht in der Zusammenarbeit mit wand aus Plexiglas zur Klasse hin abgesichert. Den Schülern den Schülern kamen, das war ein Abenteuer, an das ich mich gefiel die Vorstellung, sie glaubten jedoch nicht, dass mit dem gerne erinnere – und die Schüler ebenfalls, soweit ich das be- bisschen Öl etwas Gefährliches passieren könne und unter- obachten konnte. ‹› hielten sich nebenher. Nun warf ich ein brennendes Zünd- holz in die Schale, worauf das Öl sofort Feuer fing – eine Zum Autor: Bernd Kettel Jahrgang 1949, seit 1979 Klassenlehrer an Situation, die durchaus in jeder Küche einmal passieren kann, der Freien Georgenschule Reutlingen; www.freie-georgenschule.de

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+++ Schicksal +++ Welt +++ Weisheit +++ Licht +++ ERZIEHUNGSKÜNSTLER 43 »O Mensch, erkenne Dich« Begegnungen mit der (über)sinnlichen Welt

von Mathias Maurer

Die Mysteriendramen Rudolf Steiners sind ein Kunstwerk, das die Kunst der Selbst- und Welterkenntnis auf den »Erziehungs- künstler« anwendet, einen Menschen also, der sich und andere erziehen möchte. Seit 2010 gehen sie in einer gelungenen Neuinszenierung am über die Bühne.

Die Mysteriendramen Steiners sind eine Wucht, eine Zu- praxis bieten und ihn ganz konkrete Probleme im Zusam- mutung: Sprachlich wortgewaltiger Anthroposophenbarock, menhang menschlicher Gemeinschaften lösen lassen. Die gedanklich eine Achterbahn, zeitlich ein 25-Stunden- Dramen zeigen, wie individuelle und soziale Entwicklung Marathon. Für Uneingedachte und Nicht-Anthroposophen durch schicksalhafte Konstellationen untrennbar miteinan- eine schiere Überforderung. Und dennoch: Lässt man sich der verbunden sind und wie wir ohne »geistigen Durchblick« unvoreingenommen auf das dramatische Geschehen ein, das schnell an Verständnisgrenzen stoßen und immer wieder – sich hier auf der Dornacher Bühne hauptsächlich in seelisch- sei es individuell oder in Gemeinschaften – an den gleichen geistigen Reichen abspielt, können dem Zuschauer Lichter Probleme scheitern. Steiner knüpft mit seinen Dramen, die aufgehen, die ihm Handlungsmöglichkeiten in der Lebens- er zwischen 1910 und 1913 niedergeschrieben hat und für › Fotos: Jochen Quast

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++ Irrungen +++ Wahnsinn +++ Geist +++ Kräfte +++ Me 44 ERZIEHUNGSKÜNSTLER

› die in München eigens ein »Tempel« errichtet werden sollte, nicht nur an die reiche Tradition des bis in die Antike zu- rückreichenden Mysterienspieles an, verarbeitet nicht nur Figuren aus Goethes »Märchen von der grünen Schlange«, sondern, und das ist das sensationell Neue, verarbeitet eigene schicksalhafte Begegnungen mit Menschen, mit denen er im Laufe seines Lebens zu tun hatte.

Gemeinsam in aller Verschiedenheit

Um nur einige Protagonisten zu nennen: Da gibt es einen Benedictus, den unangefochtenen Weisheitslehrer,der seinen Schülern immer wieder Tipps geben kann, auf ihren Weg der Selbsterkenntnis zurückzufinden. Es gibt einen Künst- ler, Johannes Thomasius, der sich meditierend in geistige gibt, blockiert die Selbsterkenntnis. So gilt es, sein Schatten- Höhen katapultiert und schnell die Bodenhaftung verliert, Ich (anthroposophisch: Doppelgänger) kennenzulernen, dann Capesius, ein ernsthafter Geisteslehrer alter Schule, ihm zu begegnen und es schließlich zu integrieren. einen Dr. Strader, der sich schwer tut, sich von seiner technisch-materialistischen Weltanschauung zu lösen, den Die Gesetze des seelischen und geistigen Lebens Naturmystiker Felix Balde in seiner schlicht-kindlichen kennenlernen Geistesschau, schließlich Maria als christlichen Prototyp, die ausgleichend vermittelt. – Unterschiedlicher könnten die Ein Stein fällt von oben nach unten, ein Lichtstrahl bricht Individuen, die hier in Erscheinung treten, nicht sein. sich in der Linse, Salz löst sich in Wasser … das Kennen- Alle erleiden ihr individuelles Schicksal, erleben Irrungen lernen dieser Gesetze der physikalisch-chemischen Welt gibt und Abstürze, nah dem Wahnsinn gar, aber auch das Glück uns Sicherheit. Unsicherer werden wir, wenn wir in unsere befreiender Erkenntnismomente, wenn sie sich mehr und Innenwelt eintauchen, in seelische und geistige Reiche ein- mehr als zusammenarbeitende Gemeinschaft sehen lernen treten. Steiner hinterließ mit den vier »Mysteriendramen« und ihre Selbstbezogenheit überwinden. Die Widerstände, einen kühnen Wurf, der in seiner konkreten Detailliertheit denen sie begegnen, sind allzu bekannt. Anthroposophie im vollen Leben auf der Bühne darstellt. Sie liegen nicht nur in widrigen äußeren Ereignissen, son- Dagegen wirken Psychologie und Psychoanalyse wie ausge- dern auch inneren Schwierigkeiten: Die Vergangenheits- hirnte anämische Spekulationskonstrukte. Die »Mysterien- kräfte dominieren, neue Impulse kommen nicht durch. dramen« bringen ins Bild und ins Erlebnis, dass in den Oder die Verbundenheit mit der gestellten Aufgabe ist nicht Seelen- und Geistesreichen genauso Gesetzmäßigkeiten – stark genug. Oder die Selbstliebe, die sich gerne altruistisch wenn auch andere – herrschen wie in der physisch-äußeren

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+++ Mensch +++ Erkenntnis +++ Schatten +++ Existenz ERZIEHUNGSKÜNSTLER 45

Einsicht, die uns meistens fehlt

Man kann es bedauern, dass diese Bildungsinhalte nicht All- gemeingut sind, weil sie, wie die Naturgesetze auch, bei Nichtberücksichtung voraussehbare Folgen zeitigen und im gegenteiligen Fall manches Lebensrätsel lösen könnten. Die Bedeutung für den erziehenden Menschen besteht darin, dass er sich in seinem Ich in der Gemeinschaft spiegelt und dadurch Hinweise erhält, sich zu erkennen und weiter- zuentwickeln. Esoterik wird in den »Mysteriendramen« konkret anschaulich, wird öffentlich und befreit sich aus dem Muff beschaulicher Stunden in mystischer Versenkung. Geht der Mensch den Erkenntnisweg auf Erden, der ihn aus seiner Opfer- oder Erduldungsrolle befreit, wird er zum Welt. Diese übersinnliche Welt, die hinter unserer sinnlich Schöpfer seines Schicksals, wird er auch Mitgestalter in der wahrnehmbaren Welt existiert und wirkungsvoll, ja erzie- geistigen Welt – das ist die Botschaft dieser Dramen. Viele hend in unserem Schicksal mitmischt, ist überhaupt die Beispiele aus dem Alltag in Schule, Kindergarten, Familie größte Zumutung für den heutigen Zeitgenossen. Ebenfalls oder Beruf, die sich in handfesten menschlichen Beziehun- eine Zumutung – für »Uneingeweihte« bloße Annahmen, gen darleben, weisen darauf hin, dass ohne die erhellende für Steiner Gewissheit: Es wirken in unserer Seele objektiv Macht karmischer Erkenntnis soziale und individuelle geistige Weltenkräfte, die man kennenlernen muss, will Probleme unverständlich bleiben müssen. man ihnen nicht unterliegen oder sich von ihnen beherr- »O Mensch, erkenne Dich« – eine wiederholte, nahezu be- schen lassen. schwörende Anrufung in diesen Dramen. Man sollte sich Emanzipiert sich der Mensch von solchen Kräften, die man solche Zumutungen gönnen. Den Beweis liefert das Leben – auch als Erdenflucht (»Luzifer«) und Erdensucht (»Ahri- vielleicht. Allerdings nicht eines allein. ‹›

man«) bezeichnen könnte, wird er frei, sich und sein Schick- Hinweise: Die »Mysteriendramen hautnah« können Sie nicht nur sal in die Hand zu nehmen. Und schließlich die Zumutung, in Dornach erleben. Die aktuellen Aufführungstermine und -orte dass ohne die konkrete Einbeziehung des Reinkarnations- einzelner Szenen finden Sie unter: mysteriendramen-hautnah.ch gedankens ein Menschenschicksal oder das Schicksal einer und können dort auch gebucht werden. Die gesamten »Mysterien- Gemeinschaft sich schlichtweg nicht verstehen lässt. Men- dramen« werden wieder vom 2. bis 7. August 2011 in Dornach aufgeführt. schen, die sich heute begegnen, hatten meistens schon Literaturtipp: Mysterienbilder, Texte zu den Mysteriendramen Rudolf einmal in einem früheren Leben miteinander zu tun, wenn Steiners – Theorie, Figuren, Momente, 128 S., Neuauflage 2011, zu auch möglicherweise in anderen »Rollen«. Das wird in bestellen bei: projekt.zeitung, Wichertstr. 44, 10439 Berlin, diesen Dramen dargestellt. E-Mail: [email protected], www.projektzeitung.org

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46 SCHULE IN BEWEGUNG

Waldorf boomt in China

von Nana Göbel

Als die Waldorfpädagogen Ben und Thanh Cherry 1994 auf einer langen Asienreise die chinesische Stadt Chengdu besuchten, be- gannen sie in einem Teehaus ein Gespräch mit den Eigentümern, das sich bald der Frage einer zukünftigen Pädagogik zuwendete. Die Besucher aus Australien erzählten von ihrer Arbeit. Sie erzählten so eindrücklich, dass in den Teehaus-Besitzern Li und Xiao der Entschluss reifte, diese Pädagogik zunächst in England und dann in den USA zu studieren. Damit beginnt die Geschichte der Waldorfschul-Bewegung in China.

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SCHULE IN BEWEGUNG 47 Ernst-Christian Demisch BENJAMIN FRANKLIN Die heutigen Eltern haben die Kulturrevolution nicht Von einem, der auszog, die Welt zu verändern mehr am eigenen Leib erlebt, wohl aber die ausschließlich leistungsorientierte und akademisch ausgerichtete chinesische Staatsschule, bei der Drill und Auswendig- lernen den Schulalltag bestimmt haben.

Freies Geistesleben www.geistesleben.com Als Li und Xiao nach dem Studium zurückkamen, gründeten sie zusammen mit Ernst-Christian Demisch Zewu, einem Grundschullehrer, 2004 den ersten Waldorfkindergarten mit fünf Benjamin Franklin Kindern in Chengdu. 2005 eröffnete Bei, die ein Jahr lang am Emerson College in Von einem, der auszog, die Welt zu verändern England studiert hatte, einen Kindergarten in Beijing. 2006 begann ein Kinder- 181 Seiten, geb. m. Schutzumschlag garten in Guangzhou. € 15,90 (D) | ab 12 Jahren ISBN 978-3-7725-1728-0 Weitere Vorarbeit hatte ein ehemaliger Waldorfschüler aus Hamburg geleistet: Eckart Löwe lernte schon als Schüler Chinesisch und absolvierte ein Jahr seines Benjamin Franklin – Buchdrucker, Architekturstudiums in China. Ab 1996 ging er immer wieder dorthin zurück; Erfinder, Staatsmann seit 1999 vertritt er die »Freunde der Erziehungskunst« in China. Er begann, sich um pädagogische Fragen zu kümmern, insbesondere in der abgelegenen Berg- Wer war Benjamin Franklin, dieser region von Nanning. Mit dieser Arbeit und seinem 2002 im Internet veröffent- Amerikaner, bei dessen Tod die franzö- lichten Buch über Waldorfpädagogik wurde er berühmt. Er hat dafür gesorgt, dass sische Nationalversammlung drei Tage die Waldorfpädagogik in China immer bekannter wurde. Staatstrauer anordnete? Ernst-Christian Demisch zeichnet in Günstiger Augenblick seiner anschaulichen Biografie ein authentisches Bild dieses Menschen. Diese Gründungsphase fiel in eine Zeit, in der erste zaghafte Versuche für Unter- Der Leser lernt einen universellen Geist richtsreformen in China unternommen wurden. Ein Erziehungskatalog ersetzte die und eine erstaunlich vielseitige und alten Festlegungen der zentralen Schulbehörde, das Vermitteln von Wissen trat etwas tatkräftige Persönlichkeit kennen. Mit in den Hintergrund, neue Bereiche wie das Gefühl pflegende Handlungen im Schul- 22 Jahren grundetë Franklin bereits eine alltag sollten eingeführt werden, Lernprozesse statt Abprüfen von Ergebnissen, eigene Druckerei, nach vielen natur- Schülerzusammenarbeit und Projektarbeit, Vielfalt bei der Wahl des Lehrmaterials. wissenschaftlichen Experimenten erfand 1979 hatte die Kommunistische Partei die Ein-Kind-Politik eingeführt, um das er unter anderem den Blitzableiter. Bevölkerungswachstum einzudämmen. Die heutigen Eltern haben in ihrer eigenen Durch ständige Arbeit an sich selbst Jugend die Auswirkungen dieser Politik zu spüren bekommen und wissen, was es gelang es Franklin schließlich, im politi- bedeutet, als »Goldschatz« von sechs Erwachsenen (zwei Eltern und vier Großeltern) schen und sozialen LebenVeränderun- und ohne Gleichaltrige aufzuwachsen. Sie kennen die Grenzen eines Aufwachsens gen herbeizufuhren,̈ die sich mit den bis ohne sozialen Bezug zu Geschwistern, die Einsamkeit im Kindesalter und den über- heute beruhmten̈ Worten ‹Freiheit, fordernden Erwartungs- und Leistungsdruck, der sich daraus ergibt. Schließlich Gleichheit, Bruderlichkeit›̈ umschreiben ruhen auf ihnen alle Hoffnungen. Die heutigen Eltern haben die Kulturrevolution lassen. – Ernst-Christian Demischs nicht mehr am eigenen Leib erlebt, wohl aber die ausschließlich leistungsorientierte eindrucklichë Schilderungen machen und akademisch ausgerichtete chinesische Staatsschule, bei der Drill und Aus- zugleich mit wichtigen Kapiteln der wendiglernen den Schulalltag bestimmt haben. Diese Erfahrung möchten sie ihren amerikanischen, englischen und franzö- eigenen Kindern nicht zumuten und suchen nach Alternativen. › sischen Geschichte vertraut.

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› Inzwischen kann jeder Chinese im schulbewegung in Taiwan bereits Internet nach Alternativen suchen Wurzeln geschlagen hatte, vieles und findet dort Erziehungsratgeber musste aber selbst erobert werden. der verschiedensten Couleur. Meis- Die Schule entstand durch eine tens entdecken junge Eltern die Gruppe hoch motivierter Freunde, Montessori-Pädagogik und ma- die unter einfachsten Bedingun- chen damit einige Erfahrungen. gen in einem fast leerstehenden Wenn sie dann weitersuchen, sto- alten Haus anfingen. Heute ist die ßen sie auf Ratgeberseiten zur Wal- Millionenstadt um diesen Ort he- dorfpädagogik, auf Berichte aus rumgewachsen, umringt von 20- den Kindergärten oder auf Mitschnitte von Konferenzen. stöckigen Hochhäusern. Aus dem kleinen Schülchen ist Schnell entsteht der Wunsch, in der eigenen Stadt einen eine Schule von der 1. bis zur 8. Klasse geworden, mit Waldorfkindergarten zu haben. Sie suchen nach Ausbil- einem eigenen – durch viele Spender aus Deutschland er- dungsmöglichkeiten, entdecken die Ausbildungskurse in möglichten – Schulhaus, das die Voraussetzung für die Ge- Chengdu und gründen selbst einen Waldorfkindergarten. nehmigung ist. Während es als schick gilt, sein Kind in einen Waldorfkindergarten zu schicken, braucht die Ent- Hundert Kindergärten in sieben Jahren scheidung für die Waldorfschule noch Mut, den aber immer mehr Eltern aufbringen. Heute gibt es rund 100 Kindergartengruppen, die nach Nun könnte man denken, dass die Schulbewegung nicht so der Waldorfpädagogik arbeiten wollen, dabei ist erst 2004 schnell wachsen würde, da sie noch keine legale Grundlage der erste gegründet worden. Alle Kindergärtnerinnen, die hat. Dem ist aber nicht so. Insbesondere in der Provinz Gu- ich in China kennen gelernt habe, möchten ihre Arbeit angdong haben bereits mehrere Schulen mit der Arbeit sehr gut machen und haben einen riesigen Lernhunger. begonnen, intensiv begleitet von Evelyn Lang. Sie hat die Nirgends sonst habe ich so bewegliche und lernwillige, Lehrer der 2007 gegründeten Schule in Guangzhou so ge- veränderungsbereite Menschen kennen gelernt wie dort. schult, dass dort ein Waldorf-Kompetenz-Zentrum für China Um diesem Bedarf einigermaßen gerecht zu werden, gibt entstanden ist. es inzwischen drei Ausbildungszentren, in Chengdu, in Gemeinsam mit Ben Cherry und drei chinesischen Kolle- Beijing und in Guangzhou, an denen man Blockkurse be- gen begleitet und koordiniert sie die Lehrerausbildung. Die- suchen kann. Thanh Cherry wurde von uns freigestellt, ses Team haben wir im September 2010 während der ersten um diese Arbeit zu koordinieren und dafür zu sorgen, chinesischen Waldorflehrertagung gebildet, da die schnell dass die Kindergärten mit Mentoren versorgt werden. wachsende Bewegung bewusstseinsmäßig begleitet werden 2006 entstand die erste Waldorfschule in Chengdu und muss. Das Leben ist in China alles andere als spannungs- Zewu wurde der erste Klassenlehrer. Natürlich gab es be- frei und so hat sich die Bildung dieser Gruppe bereits heute reits einiges Material auf Chinesisch, weil die Waldorf- schon als hilfreich erwiesen. ‹›

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SCHULE IN BEWEGUNG 49 Holzspielzeug statt Flachbildschirm Im Gespräch mit Marika Chkhiksadse vom Waldorfkindergarten Tbilissi in Georgien

von Katrin Tevdorashvili

Tbilissi ist eine spannungsgeladene Stadt. Sie hat geschätzt zwei Millionen Einwohner. Die Georgier sind temperamentvoll, laut und gestikulieren lebhaft. Zu Hause läuft der Fernseher ununterbrochen und die meisten Wohnungen sind schlecht isoliert, so dass der Lärm der Nachbarn durch alle Wände geht. Das Mobiltelefon ist allgegenwärtig. Und mittendrin ein Waldorfkindergarten, der in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert.

Wer nahe dem gewaltigen Bronzedenkmal des Schrift- zwanzig Kindern gut besucht. Bildung spielt bei den Geor- stellers Wascha Pschawela den schattigen Hof des Wal- giern eine große Rolle und die Eltern erwarten, dass ihre dorfkindergartens neben der Waldorfschule betritt, dem Kinder im Kindergarten eine Menge Gedichte auswendig erscheint er als Oase der Ruhe. Kommt man durch den Säu- lernen. Daher ist das Konzept des Waldorfkindergartens für leneingang in Marikas Gruppenraum, so empfangen einen die Georgier ziemlich ungewöhnlich. das sanfte Licht, die gedämpften Farben und das leise Sin- Das Feiern der Jahresfeste nimmt hingegen traditionell gen überaus wohltuend. Der Waldorfkindergarten Tbilissi einen hohen Stellenwert ein. Höhepunkte sind hier das ist der einzige in Georgien und mit vier Gruppen zu je Osterfest und der Tag des Heiligen Georg. ›

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50 SCHULE IN BEWEGUNG

› An der Grenze zwischen Morgen- und Abendland gelegen, Pogacnik und Swiad Gamsachurdia. Sobald sie die Möglich- war Georgien seit Anbeginn seiner Geschichte aufnahme- keit erhielt, besuchte sie in Stuttgart das Kindergartensemi- bereit für neue Begegnungen und Impulse etwa in Gestalt nar. Seit 2001 führt sie ihre eigene Gruppe in Tbilissi. der Argonauten im achten Jahrhundert vor Christus, der Inzwischen gibt es dort auch andere Kindergärten mit unab- Juden nach der Babylonischen Gefangenschaft und des hängigem Konzept, allerdings legen diese ihren Schwerpunkt Christentums im ersten Jahrhundert. Der Drachenbekämp- auf intensive Vorschulbildung und Unterhaltungsprogramm. fer Georg ist der besondere Schutzpatron des Landes, dem Sie werben mit großen Flachbildschirmen im Gruppenraum, Wirken seiner Verwandten Christina aus Kappadokien (der Fremdsprachenkursen, Jazz Dance und eigenen Kinder-Psy- Heiligen Nino), so heißt es, verdanken die Georgier ihre chologen. Die Eltern, die zum Waldorfkindergarten stoßen, Christianisierung im frühen vierten Jahrhundert. sind meistens begeistert, nicht zuletzt über die besonders ge- Die Georgier sind ein freiheitsliebendes Volk. Den Men- pflegte Gestaltung der Räume. Die Eltern schätzen die Na- schen zur Freiheit zu erziehen, war schon im Mittelalter ein turholzmöbel und die handgefertigten Spielsachen und die Grundgedanke ihrer Könige, Dichter und Philosophen. Und ruhigen Farben – anstelle der sonst üblichen grellbunten Plas- auch das anthroposophische Gedankengut wurde früh mit tikausstattung. Zehn Kinder mit einem deutschen Elternteil Interesse aufgenommen. Noch zu Steiners Lebzeiten gab es besuchen den Kindergarten. »Georgische Kinder sind ein- in Georgien Übersetzungen seiner Vorträge. In der Sowjet- deutig chaotischer«, gibt Marika zu, »sie kennen von zu union waren anthroposophische Schriften verboten, wurden Hause meist keinen geregelten Tagesablauf, schauen viel aber heimlich von Hand zu Hand weitergegeben. Mit Swiad fern, gehen oft spät ins Bett. Bei fast allen deutschen Kindern Gamsachurdia wurde zum ersten Mal ein Anthroposoph merkt man, dass sie gewohnt sind, zu festen Zeiten zu schla- Staatspräsident. fen.« Es ist in Georgien nicht üblich, den Alltag nach den Be- In den 1980er Jahren waren alle Kindergärten in Georgien dürfnissen der Kinder einzurichten. Untereinander verhalten stark ideologisch geprägt. Sie waren Erziehungsanstalten sich georgische Kinder dagegen unkomplizierter, freier und im Sinne der Kommunistischen Partei. 1988 begann eine offener. Deutsche Kinder wahren lange eine gewisse Distanz. Eltern-Initiative, im kleinen Kreis Jahreszeitenfeste zu ge- Sie wirken ernster, »fast wie kleine Erwachsene«, schildert stalten. 1990 gab es eine erste Waldorfkindergartengruppe. die Kindergärtnerin. Während ihre georgischen Kameraden Im selben Jahr hörte Marika als junge Pädagogikstudentin am liebsten spielen, helfen die deutschen Kinder leiden- auf dem Idriart-Kulturfestival in Tbilissi Vorträge von Miha schaftlich gerne beim Vorbereiten des Essens.

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Projekt des Monats

Die Entwicklung der Medientechnik hat die Gesellschaft Eine Idylle bei Budapest stark verändert. Es besteht noch wenig Sensibilität dafür, wie sich der Konsum auf die Kinder auswirkt. Fernseher, Com- Die ungarische Waldorfschule Pilisszentlaszlo puter und Mobiltelefone werden gedankenlos zu Verfügung braucht dringend Schulräume gestellt. »Noch vor zehn Jahren hatten die Kinder viel mehr Phantasie«, beobachtet Marika, »die Bilder waren farbin- von Nana Göbel tensiver und voller Details, heute bestehen sie oft nur aus wenigen Linien, wie Karikaturen. Die irreale Welt aus dem Hinter den Bergen, mitten in einem hügeligen Waldgebiet, Fernseher spiegelt sich auch im Spielverhalten wider. Ich liegt in einer Talmulde ein kleines Dorf – und in dessen Mitte versuche, ihnen soviel Raum wie möglich für Rollenspiele eine Waldorfschule. Pilisszentlaszlo liegt nur wenige Kilo- zu geben, um die vielen äußeren Eindrücke zu verarbeiten, meter außerhalb von Budapest, doch man empfindet sich weit und ich erzähle viel, um ihre Phantasie anzuregen.« Als be- weg von allem Großstadtgetriebe. deutende Veränderung fällt Marika der starke Eigenwillen Im ehemaligen Gemeindehaus des Dorfes ist die Kekvölgyi auf: »Die Kinder wollen heute alles selbstständig schaffen Schule untergebracht. Es ist voll in diesem Schulhaus, jede und mitentscheiden, sie urteilen richtig kritisch über mich. Klasse ist bis in den kleinsten Winkel gefüllt mit quirligem Früher kam mir ein selbstverständliches Vertrauen entge- Leben. Aus den Klassenzimmern tönen Sprech- oder die gen, jetzt muss ich mir das erst erarbeiten!« Flötenübungen, manchmal ist es auch ganz still und kaum Ein Blick auf die lange Warteliste zeigt, dass eine räumliche tönt der Gong zur Pause, stieben die Kinder auf den provi- Erweiterung dringend erforderlich ist. Vom Staat gibt es sorischen Schulhof. keine Unterstützung, der Kindergarten finanziert sich durch In einem anderen Zimmer sitzen derweil die hoch motivierten die Beiträge der Eltern und Spenden aus dem Ausland. Ma- Eltern, die sich mit dieser Schule so eng verbunden haben, rika träumt davon, mit Hilfe von Patenschaften Kinder auf- dass sie Teil ihres Lebens geworden ist. Sie haben schon viel zunehmen, deren Eltern das Geld nicht selbst aufbringen unternommen, um die Klassenzimmer, die für das neue können. Die Gebühren betragen monatlich zwischen 70 Schuljahr gebraucht werden, zustande zu bringen, sind aber und 110 Euro. Für die meisten Georgier ist das unbezahlbar. noch auf unsere Hilfe angewiesen. Das offizielle Durchschnittseinkommen liegt bei 150 Euro. Doch vielen Eltern ist der Kindergarten den finanziellen Auf- Link: http://www.freunde-waldorf.de/spenden-helfen/projekte- wand Wert. Wenn man die Schwierigkeiten sieht, mit denen die-hilfe-brauchen Georgien gegenwärtig konfrontiert ist: Nachbarschaftspoli- tik, Demokratisierungsprozesse und Wirtschaftswandel, dann fühlt man, wie wichtig es ist, die positiven Kräfte der Kinder zu stärken, für ihre gesunde Entwicklung und eine verantwortungsbewusste Gesellschaft. ‹› Link: www.georgia-insight.eu

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»Welcome on Board of the Air Rosado« Ein Zirkusprojekt hilft Schülern und Lehrern, sich neu zu begegnen

von Bente Scheffold

Gespannt blicke ich in die Manege der Waldorfschule Freiburg-Sankt Georgen und lasse mich in die Welt des Zirkus entführen. Es duftet nach Popcorn und der Saal ist brechend voll. Die Zirkusband spielt, gemeinsam mit dem Publikum hebe ich ab und genieße das atemberaubende »Flug-Programm«.

In der Pause komme ich mit meiner Sitznachbarin ins Ge- ren etabliert an einer Waldorfschule praktiziert wird? Wie spräch. Wir tauschen uns über unsere Erfahrungen aus. entstehen zirzensische Projekte? Wie kommt es, dass eine »Ich habe vier Kinder hier an der Schule und meine Jüngste Schule das »Zirkus-Fieber« packt? hat sich immer ungern bewegt, bis sie im Zirkus dabei war. Zirkuspädagogik ist wirklich die wertvollste Arbeit über- Projekttage einmal anders haupt. Ich finde es einfach immer wieder toll, wie die jungen Menschen zusammenarbeiten und in so engen Kontakt mit- Eine Schule hat sich dafür entschieden, ihre Projekttage ein- einander kommen können«, schwärmt sie. mal ganz anders zu gestalten und macht eine Woche Zirkus. Auch die zweite Halbzeit schlägt uns in Bann. Beim Tram- »Wie sollen die denn da nur hinauf kommen?«, meint eine polinspringen geht ein Raunen durchs Publikum, denn ein Lehrerin besorgt, als sie vor dem Vertikaltuch steht, zwei Stoff- Schüler springt so hoch und weit, dass er fast unter den Zu- bahnen, die von der Turnhallendecke bis zum Boden reichen. schauern landet. Tosender Applaus und euphorische Artis- Ich erkläre Tricks und Kniffe und gebe Tipps für einen er- ten, ein jubelndes Publikum – kurz ein gelungener Abend, folgreichen Beginn. Schulzirkus soll ja schließlich in erster der für mehr steht als eine gute Show. Er ist soziales Kunst- Linie Spaß und Lust auf Bewegung machen. Automatisch werk – Pädagogik und Kunst verschmelzen miteinander. entwickeln die Schüler eine realistische Selbsteinschätzung, Eine Lehrerin erzählt mir, wie beeindruckend sie solche lernen ihren Körper neu kennen und entwickeln soziale Kom- Schülerzirkusse findet und meint: »Einen meiner Schüler, petenzen und Selbstwertgefühl. Denn im Mittelpunkt steht den ich in Latein unterrichte, habe ich beim Zirkus ganz neu bei Zirkusprojekten das Miteinander, die Erlebnis- und Per- kennen gelernt. In Latein bekommt er den Mund nicht auf, sönlichkeitsorientierung sowie der Lernprozess anstelle der aber beim Zirkus – wow. Ich bin sein Fan«, sagt sie und Leistungsergebnisse. Wichtig ist, dass jeder seinen Platz fin- lacht. det und sich mit dem Projekt identifizieren kann. Es geht um »Mir als Pädagoge ist immer besonders wichtig, dass die einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem motorische, physische, Kinder und Jugendlichen Spaß an der Bewegung haben. Ei- soziale, sensible, kognitive, psychische und soziale Fähig- nige Schüler haben so auch für sich herausgefunden, wie es keiten gefördert und gefordert werden. beruflich weitergehen soll. Manche hat das Zirkusfieber so Nachdem ich am Tuch die ersten »Basics« erklärt habe, gepackt, wie eine ehemalige Schülerin, die jetzt mit einem schaue ich bei der Akrobatik-Gruppe vorbei. Hier werden in Zirkus durch Russland tourt,« erzählt mir ein Diplom-Sport- der Gruppe Rollen geübt. Die Stimmung ist unsicher und lehrer und Dozent an der Pädagogischen Hochschule, der verhalten. Auch die Lehrerin ist am ersten Tag unruhig und fast zwanzig Jahre ehrenamtlich leitend den Zirkus Rosado hat keine Vorstellung, wie aus einem wild zusammenge- begleitete. Doch wie sieht Zirkus aus, wenn er nicht seit Jah- würfelten Haufen Schüler der ersten bis sechsten Klasse

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»So eine tolle Woche hat man nur einmal im Leben!«

eine gute Akrobatik-Gruppe und vor allem eine gute Auf- und spaltet sich von den Jungs ab. Die Lehrerin ist ratlos. führung werden soll. »Es ist Montag, der erste Tag und die Was sie am ersten Tag noch nicht weiß, ist, dass sich ihr Schüler haben Zeit, sich auszuprobieren, für ihren Zirkus- »wilder Haufen« zusammenraufen und eine super Num- bereich ein Gefühl zu entwickeln.« mer auf die Beine stellen wird. Sie weiß auch noch nicht, wie toll ihre Gruppe bei der Aufführung zusammenhelfen »Zirkus in einer Woche? Das geht doch gar nicht.« wird, wie die Großen sich um die Kleinen kümmern werden, wie reibungslos alles klappen und wie stolz sie sein wird. Ich begleite mehrere Gruppen den Vormittag über und bin wieder einmal erstaunt, wie schnell Kinder lernen können. Auch Zirkus braucht Regeln »Zirkus in einer Woche? Das geht doch gar nicht. Was sol- len die Schüler denn da können?«, werde ich immer wieder Am dritten Tag stelle ich gemeinsam mit den Gruppen die gefragt. »Unglaubliches«, kann ich da nur antworten. Ein- Nummern zusammen. Am Ende des Schultages blicke ich fach genial, wie sich Schüler und Gruppen verwandeln und in strahlende Kinder- und Lehreraugen und bin von der Prä- wie manch ungeahntes Talent entdeckt wird. Die Lehrerin sentation genauso begeistert wie die Lehrerin. Noa findet es der Akrobatik-Gruppe ist verzweifelt, sie hat mehrere Schü- toll im Zirkus. »Viel besser als Schule!« meint er. ler in der Gruppe, die als sehr schwierig gelten, unter an- Doch bei den Tuch-Artistinnen wird eine Schülerin ausge- derem auch Noa, der schon häufig negativ aufgefallen ist. grenzt. Ich erfahre, dass Sara generell die Außenseiterin ist Eine motivierte Mädchengruppe möchte lieber für sich sein und sich im Schulalltag oft nicht in Gruppen einfügen kann. ›

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»Viel besser als Schule!«

praktisch erfahren. Was kostet eine Eintrittskarte? Wie viele müssen wir verkaufen? Welche Musik passt zu welcher Nummer – was gibt es für unterschiedliche Musikrichtun- gen? Wie begrüßen wir unsere Gäste, wie spreche ich am besten vor dem Publikum? Was hat Balance mit dem Gleich- gewichtssinn zu tun?

Schüler und Lehrer lernen gemeinsam

In der Backstage-Gruppe erstreckt sich die Bandbreite vom Popcornmachen bis zum Internetauftritt. Im Klassenzim- mer herrscht emsiger Betrieb. Plakate werden gemalt, In- terviews mit Schülern und Lehrern online gestellt und Bauchläden gebastelt. Die inhaltlichen Verknüpfungspunkte von Zirkus und Schule sind mannigfach und steigern die Motivation zu lernen, denn es wird erlebt, wofür man Er- lerntes brauchen kann. Ein Schüler meint: »Wir wussten gar nicht, dass unser Lehrer so ein guter Clown sein kann.« Ich freue mich, dass nicht nur die Lehrer und Lehrerinnen neue Seiten an ihren Schülern entdecken, sondern auch anders herum. Der Kontakt zwischen Schülern und Lehrern inten- siviert sich. Ganz neue Situationen treten auf. Lehrer und Schüler lernen gemeinsam, lassen sich auf etwas Neues ein und entdecken ihre Persönlichkeit und die des anderen in einem ganz neuen Licht. »So eine tolle Woche hat man nur einmal im Leben!«, meint Lara aus der zweiten › Wie alle Gemeinschaften braucht auch der Zirkus klare Klasse. »Ich hab so viel gelernt und es hat einfach so viel Regeln. Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang Spaß gemacht.« Auch Fabian aus der fünften Klasse meint: zwischen Kooperation und Erfolg beim Training für eine »Das war die coolste Woche! Ich war so gerne ein Clown, be- Zirkusnummer. Denn ein solches Projekt fordert einiges: sonders als Floh-Dompteur.« Die Aufführungen rücken Vom Vertreten eigener Interessen, Ausloten eigener Gren- näher und auch die Lehrer bewegen sich aufeinander zu. zen bis hin zum wertschätzenden Umgang miteinander »Das war harte Arbeit«, meint die Initiatorin des Projekts und altersübergreifenden Kontakten. Schulfächer wie und erinnert sich an viele skeptische Kollegen, die keine Lust Musik, Deutsch, Biologie, Sport und Mathematik werden hatten, auch etwas von ihrer Freizeit zu investieren.

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»Das war die coolste Woche! Ich war so gerne ein Clown, besonders als Floh-Dompteur.«

Manege frei für die Artisten Zirkus im Rahmen von Projekttagen viel besser als Wan- dertage. Der pädagogische Anspruch ist ein ganz anderer. Es duftet nach Popcorn, die Kinder freuen sich auf ihren gro- Wahnsinn, was meine Tochter in dieser einen Woche alles ßen Auftritt, der sogar im Radio angekündigt wurde. Hinter gelernt hat und wie gern und viel sie von der Schulwoche der Bühne macht sich Lampenfieber breit. Die Kinder sind berichtet hat. Es ist nur so aus ihr heraus gesprudelt!« gespannt. Diese Spannung auszuhalten, mit ihr umzuge- Immer wieder darf ich Zirkusprojekte begleiten und sehen, hen und sie meistern zu lernen, das sind wesentliche Er- wie aus klassenübergreifenden Gruppen richtige Teams wer- fahrungen bei Zirkusaufführungen, die ihren Höhepunkt den; wie sich ganz automatisch die Größeren um die Klei- in der Manege in absoluter Präsenz erreichen. Rauschender neren kümmern und wie aneinander gedacht wird, wie Beifall, die Akrobaten bezaubern ihr Publikum mit einer diskutiert und gemeinsam mit vielen Ideen eine Nummer flotten Nummer zu Samba-Klängen. Ihre Lehrerin ist be- entwickelt wird. Oftmals finden sich Schüler zusammen, die geistert und erleichtert: »Ich war mindestens so aufgeregt sonst nichts miteinander zu tun haben und haben wollten. wie alle zusammen! Sie haben das wirklich unglaublich toll Vorurteile lösen sich auf, wenn festgestellt wird, dass Sara gemacht. Auch Noa habe ich mal ganz anders erlebt. Sehr doch gar nicht so eingebildet ist, sondern mich zuverlässig rücksichtsvoll und hilfsbereit, das hatte ich gar nicht für festhält. Vor allem die Extremsituation der Aufführung möglich gehalten.« schweißt die Gruppen zusammen. Ein solcher Höhepunkt Die Tuch-Gruppe hat inzwischen zueinander gefunden. Sara wirkt noch lange nach und die intensiven Gemeinschafts- strahlt, gibt sogar das Kommando für die Verbeugung. Eine und Erfolgserlebnisse sind ein wahrer Schatz. ‹› Mutter freut sich über dieses ausgefallene Projekt. »Ich finde Link: www.zirkusabeba.de

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Sind Geschäftsführer an » Waldorfschulen zufrieden?

von Christian Boettger

Lea Eowyn Gscheidel hat die Arbeitszufriedenheit von Geschäftsführern an Waldorfschulen untersucht. Rund 82 Prozent sind zufrieden mit ihrer Arbeitssituation und nur ein Prozent ausdrücklich unzufrieden.

Der durchschnittliche Geschäftsführer ist männlich, 51 Ergebnisse stehen in krassem Gegensatz zu den Antworten Jahre alt, hat mit 41 Jahren seine erste Stelle als Geschäfts- auf die Frage nach der von Geschäftsführern angenomme- führer übernommen, einen Abschluss im Bereich Be- nen Verweildauer der Kollegen, die bei 5,45 Jahren liegt. triebswirtschaft gemacht, ist seit etwas über neun Jahren an Arbeitszufriedenheit: Auch hier zeigt sich ein deutliches seiner Schule mit einer vollen Stelle beschäftigt und macht Missverhältnis zwischen der gefühlten Zufriedenheit und in der Woche zehn Überstunden. Er hat zuvor mindestens der Fremdeinschätzung: 19,5 Prozent sind zufrieden und einen anderen Beruf und den letzten im Schnitt acht Jahre 62,8 Prozent sind eher zufrieden und nur ein Prozent ist lang ausgeübt. Er arbeitet an einer Schule mit 418 Schü- unzufrieden mit seiner Arbeit, während die Einschätzung lern. 32 Prozent der Geschäftsführer gaben an, schon vor vorliegt, dass die Kollegen nur zu 3,5 Prozent zufrieden und ihrer Tätigkeit an der Schule engagiert gewesen zu sein. zu 59,3 Prozent eher zufrieden sind. Unzufrieden seien 2,7 Nun zu einigen Details. Prozent und 34,5 Prozent eher unzufrieden. Aus ihrer Studie schließt Lea Gscheidel, dass zwei Faktoren Vertrautheit mit dem theoretischen Hintergrund: die größte Auswirkung auf die Arbeitszufriedenheit der Ge- • Waldorfpädagogik: sehr tief oder tief vertraut: 77,4 Prozent schäftsführer haben: die Zahl der Überstunden und die Zu- • Anthroposophie: sehr tief oder tief vertraut: 57,9 Prozent sammenarbeit mit dem Lehrerkollegium. Zur Verbesserung • Dreigliederung: sehr tief oder tief vertraut: 59,6 Prozent der Arbeitssituation schlägt sie dreierlei vor: Fortbildungsverhalten: 8 Prozent hatten im letzten Jahr eine 1. Entwicklung einer klaren und guten Position des Ge- Fortbildung absolviert. schäftsführers im Schulgeschehen vor dem Hintergrund Qualität der Vorstandsarbeit: 26 Prozent ausgezeichnet, von Selbstverwaltung und Dreigliederung. 53 eher gut, eher schlecht 16, unzureichend 5 Prozent. 2. Waldorfinterne »Imagekampagne« zu den Aufgaben der Der durchschnittliche Verwaltungsaufwand nimmt 65 und Geschäftsführung, um die Diskrepanz zwischen Eigen- das unternehmerische Arbeiten 35 Prozent der Zeit in An- wahrnehmung und Wahrnehmung durch die Umwelt zu spruch. Die unzufriedeneren Kollegen hätten gerne einen verringern. Wichtigste Zielgruppen sind hier das Lehrer- größeren unternehmerischen Anteil, favorisiert werden kollegium und die Geschäftsführer selbst. 45-55 Prozent. 3. Entlastung der Geschäftsführer von der Verwaltung. ‹› Die durchschnittliche Verweildauer der Kollegen, die ge- Hinweis: Für eine ausführliche Darstellung der antwortet haben, beträgt 9,08 Jahre. Knapp die Ergebnisse muss auf die kompakte Studie selbst Hälfte waren mehr als zehn Jahre an ihrer verwiesen werden. Die hier zusammen- Schule und zehn Prozent seit weniger als gestellten Ergebnisse sind nur ein kleiner Aus- einem Jahr. An mehr als einer Schule schnitt. Auf Erziehungskunst online finden Sie haben nur 15 Personen gearbeitet. Diese eine ausführlichere Zusammenfassung.

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SCHULE IN BEWEGUNG 57

»Erweckungserlebnis« in Dornach Die Werklehrertagung am Goetheanum im Selbsttest

von Torsten Steen

Was kann man von einer Dornacher Tagung mit dem Titel: »Willenskräfte – Verwandlungskräfte – Marswirken zwischen Saturn und Venus« erwarten? Dass man sich möglichst spät ganz leise hinten hineinschleicht und sich die ganze Tagung über als Fremd- ling unter verschworenen Insidern fühlt?

Um es vorweg zu nehmen: Ich bin kein Schüler der Plastik- Aufgaben beschäftigen, dass sie diese stärker durcharbei- schule am Goetheanum und habe es einfach mal getestet. teten und dass ihr Engagement gewachsen war. Es sind Man hatte mich sogar gewarnt. Das war vor vier Jahren. Seit- genau diese Qualitäten, die ich in Dornach lernte und übte. her bin ich jedes Jahr hingegangen. Wenn man als Nicht- Ob sich das in dem Arbeitsverhalten der Schüler spiegelte? dornacher hört: Es werden Steiners Kapitelle modelliert, Auf einem ganz anderen Blatt steht der praxisbezogene Aus- dann darf man erst einmal skeptisch sein. tausch dieser Tage mit den Kollegen. Wir hatten Zeit, mit Doch überraschend war, wie das geschieht und vor allem Schülern erprobte Übungen gemeinsam zu modellieren was dabei mit mir geschah. Während der praktischen plas- und daran methodische und didaktische Fragen zu disku- tischen Arbeit richtete sich meine Aufmerksamkeit ver- tieren – der Wert solcher Veranstaltungen liegt auf der mehrt auf meine Empfindungen und Willenserfahrungen, Hand. Werklehrerkollegen kann ich diese Tagung nur die eine plastische Form entstehen lassen. Reines Abbilden wärmstens empfehlen. ‹› und Nacharbeiten der Kapitelle interessierten mich dabei weniger. Den Hinweisen der Kursleiterin folgend, fand ich Zum Autor: Torsten Steen ist Lehrer für plastisches Gestalten an bald eine einfache Grundempfindung, die formal umsetz- der Rudolf Steiner Schule Ittigen bei Bern. bar war – jedes Jahr von neuem und jedes Jahr anders. So lernte ich nach und nach immer neue Aspekte des je- weiligen Kapitells kennen. Die fortschreitende künstlerische Arbeit lud die Form und meine Arbeitsstimmung zu einer intensiven Dichte auf, die ich auch als meditativ bezeichnen könnte. Schließlich kam ich – wieder unerwartet – an einen Punkt, an dem die alltägliche Subjekt-Objekt-Trennung in der Form verschwand. – Ich hatte plötzlich das verrückte Gefühl, an dem Innenraum einer Form zu arbeiten, indem ich in ihrem Umkreis etwas veränderte. Es war verblüffend: Es entstanden Dinge, die außerhalb meines bisherigen Erlebnishorizontes lagen. Dieses »Voll- bad« begleitete mich dann monatelang bis in die Schul- stube hinein. Intensität, Tiefe des Erlebens und volles Einsteigen – das sind natürlich auch pädagogische Ziele. Ich stellte fest, dass sich meine Schüler länger mit ihren Foto: Charlotte Fischer

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58 JUNGEAUTOREN

Die andere Frau – ein Sommerkrimi

von Judith Holle

Chloe. Sie sieht den Namen auf ihrem Ausweis. Chloe Du- zen in den Händen. Die unbekannten Bildchen darauf faszi- ront, das ist sie jetzt. Ein bekanntes Gesicht mit unge- nieren sie. Sie gefallen ihr besser als die alten. Sie holt auch wohnten schulterlangen, dunkelbraunen Haaren und einer, ein paar Scheine hervor. Der Fahrer schaut ihr ungeduldig wie sie findet, ziemlich hässlichen Brille, blickt ihr aus dem wartend zu, während sie langsam die Zahlen auf den Schei- Ausweis entgegen. nen zusammenrechnet. Schließlich ist sie fertig, sie gibt ihm Das bist du jetzt. Du bist jetzt Chloe Duront. das Geld. Genervt nimmt er es entgegen, sie steigt aus. Der Flughafen ist groß. Groß und fremd, genauso fremd wie Eine Straße, die sie noch nie gesehen hat. Nur wenige Men- das Land. Leuchtbuchstaben an den Läden verkünden etwas schen sieht sie. Sie steigt die Treppe zu einem Haus hinauf, in einer Sprache, die sie nicht beherrscht. Sie kann nicht viel Hausnummer 41. Sie erschrickt bei dieser Zahl – so alt war er mehr sagen als ja, nein, bitte, danke … Viel mehr verstehen gewesen. kann sie auch nicht. Sie hatte diese Sprache immer gehasst. Sie klingelt. Nach kurzem Warten erklingt ein vibrierender Ton Am Ende des Gebäudes sind auch solche Lettern zu sehen. und sie öffnet die Tür. Im Erdgeschoss ist eine offene Tür, je- Sortie. Das versteht sie. mand steht darin. Wartet. Wartet auf sie. Die Frau sieht sie Sie sieht sich um, niemand beobachtet sie. Sie fasst ihren freundlich an, sagt etwas. Sie versteht nicht, was sie will, Koffer, zieht ihn Richtung Ausgang. Alles, was sie dabei hat, nimmt nur ihre ausgestreckte Hand in die ihre. Die Frau sagt hat sie neu gekauft, der Koffer ist vollkommen sauber, man noch etwas. Sie versteht nichts, versteht nur, dass die Frau kann sogar noch den Geruch der Produktion wahrnehmen. einen Namen nennt. Sie zögert kurz, überlegt, hat den Nichts hat sie aus ihrem alten Leben mitgenommen. Nicht Namen beinahe vergessen. Doch dann fällt er ihr wieder ein. einmal ihr Alter. Chloe. Chloe Duront, sagt sie. Chloe Duront, 32 Jahre, unverheiratet. Sie sagt es sich immer Die Frau redet schnell in dieser Sprache, die sie nicht hören will. wieder vor, um es nicht zu vergessen. Auch er konnte sie sprechen, aber sie hatte das nie gewollt. Ein Taxi kommt, sie steigt ein. Sie sieht aus dem Fenster, hin- Die Frau untermalt ihre Worte mit unbeholfenen Gesten und ter dem die riesige Stadt an ihr vorbeigleitet. Als sie ange- sie versteht, dass sie reinkommen soll. Sie tritt ein, steht in kommen ist, sagt der Fahrer etwas. Er möchte sein Geld einer fremden Wohnung. Sie sieht ein Foto an der Wand. Die haben. Hastig kramt sie in ihrer Handtasche, ebenso neu wie Frau ist darauf, zusammen mit einem Mann, sie lächeln. Es alles andere, findet ihr Portemonnaie. Sie wiegt ein paar Mün- ist ein Hochzeitsbild.

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JUNGEAUTOREN 59

Die Frau redet schnell in dieser Sprache, die sie nicht hören will. Auch er konnte sie sprechen, aber sie hatte das nie gewollt. www.geistesleben.com Sie sieht weg, schaut an die andere Wand, an der ein Bild hängt. Es ist abstrakte Iain Lawrence Kunst. In den unterschiedlichen Formen und Linien erkennt sie etwas, sie glaubt, sein Der Geist Gesicht zu sehen. Hektisch dreht sie ihren Kopf, schaut jetzt wieder die Frau an. Die Aus dem Englischen von Christoph Renfer. 328 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag mustert sie ein wenig besorgt. Wahrscheinlich weil sie so erschrocken aussieht. Kal- Sonderpreis: € 10,– (D) statt vorher € 16,50 (D) ter Schweiß tritt auf ihre Haut, sie muss hier raus. Sofort. Sie versucht es mit ihrem ISBN 978-3-7725-2243-7 | ab 13 Jahren spärlichen Englisch. Die Frau versteht. Schlüssel. Sie will die Schlüssel haben. Die Frau verschwindet, kommt mit einem Schlüssel wieder. Schnell geht sie aus der Tür, Wunderbar erzählt ist diese Geschichte dreht sich nicht mehr um. Dritter Stock, sie wohnt im dritten Stock. Eine fremde Woh- eines Albino-Jungen, der für immer nung befindet sich hinter der Tür. Sie dreht den Schlüssel im Schloss, stößt die Tür ausgestoßen zu sein meint, bis er von auf. Die Wohnung ist möbliert. Sie zieht ihre Schuhe aus, geht durch den Flur, betritt überraschender Seite Zuneigung keinen Raum. Sie sucht das Bad. Doch im Flur hängt ein Spiegel. Sie kann sich hin- findet … ter Chloe Duront erkennen. Aber das will sie nicht. Niemand darf sie erkennen. Schnell nimmt sie den Spiegel ab, stellt ihn falsch herum an die Wand. Sie ist Chloe «Ein herausragendes Jugendbuch: subtil, Duront, eine ganz normale Frau. einfühlsam und spannend – einfach Der Duschstrahl ist heiß, die Wände sind beschlagen. Ihre Hände gleiten über ihren gut.» Jugendbuch aktuell Körper. Der Schaum duftet fremd und wäscht die Reise und ihre Vergangenheit he- runter. Es ist ein neuer Duft, sie hat ihn nie vorher gerochen. Ihre Hand hält inne. Er- tastet die Narbe. Sie ist größer, als sie sie in Erinnerung hat. Sie ist das einzige, was sie mitgenommen hat. Zum Glück kann sie sie nicht sehen. Nur fühlen. Es hatte ihm nicht leid getan. Sie hat vergessen, ein Handtuch auszupacken. Tropfend sucht sie in der Wohnung nach ihrem Koffer. Sie hat vergessen, wo sie ihn hingestellt hat. Auf einem Regal steht eine Vase mit Trockenblumen. Die Vase ist blau. Mit zitternder Hand nimmt sie die Vase, versteckt sie hinter einer Schranktür. Die Blumen wirft sie aus dem Fenster. Der Nachbar von gegenüber schaut sie an. Sie hat vergessen, dass sie noch nackt ist. Es ist ihr egal. Die Narbe ist am Rücken, er hat sie nur von vorn gesehen. Bevor sie sich umdreht, schließt sie die Gardinen. Es wird dunkel. In den Zimmern hat sich nichts geändert. Alles sieht so aus wie vor- her, keine persönlichen Gegenstände. Sie hat keine. Zum ersten Mal sieht sie das Bett. Es ist ein Doppelbett. Sie hat Hunger. In der Stadt sitzt sie in einem Restaurant. Ein Tisch für zwei. Sie sitzt Ruth White Das Lied in der Weide alleine. Da ist niemand zweites. Nicht mehr. Sie kann in Ruhe essen. Sie weiß nicht Aus dem Englischen von Bettine Braun. mehr, was sie bestellt hat. Als das Essen kommt, ist sie überrascht. Es ist Fisch. Ihr 212 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag Sonderpreis: € 10,– (D) statt vorher € 14,50 (D) Magen zieht sich zusammen, sie mag keinen Fisch. Sie hatte ihn lange genug essen › ISBN 978-3-7725-1441-8 | ab 13 Jahren

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› müssen. Er hatte Fisch geliebt. Sie hat keinen Hunger mehr. Die erste Nacht in einem Doppelbett, in dem sie alleine Ohne zu bezahlen geht sie in Richtung Tür, lässt ihr Essen schläft. Sie hat das Gefühl, seinen Atem im Nacken zu spü- unangerührt stehen. Dann besinnt sie sich. Sie geht zurück ren, glaubt, das Rascheln seiner Decke zu hören. Sie dreht und zahlt. Es ist besser. Sie will keine Aufmerksamkeit erre- ihren Kopf, blickt jetzt auf die leere Hälfte. Ist da nicht etwas gen. Darf es nicht. Kein Verstoß gegen irgendetwas, das zu sehen? Versteckt er sich vielleicht unter der Decke? Sie ver- könnte auffallen. sucht, den Gedanken zu verdrängen. Es ist nicht möglich, Draußen ist es still. Und dunkel. Die Straßen sind nur sagt sie sich. Sie sieht einen Schatten vor dem Fenster. Nur schwach beleuchtet. Passanten genießen den warmen Früh- eine Fledermaus, redet sie sich ein. Sie hält es nicht mehr lingsabend. Die Seitenstraßen, die sie entlang geht, sind leer. aus. Sie geht an den Schrank, schiebt ihre Hand unter den Sie bereut, hohe Schuhe angezogen zu haben. Das Geräusch Kleiderstapel. Sie hat sich ein neues gekauft. Das alte hat sie mit jedem Schritt: klack, klack, klack. Immer weiter im selben dort gelassen, es ist sowieso klar, wer es getan hat. Sie wiegt Rhythmus. Sie wird das Gefühl nicht los, dass sie zu laut ist, es in der Hand. Es ist schwer. Der Griff fühlt sich genau gleich dass jemand sie beobachtet, sie erkennt. an. Wieder umschließt sie ihn mit den Fingern, es ruft Erin- An einer Kreuzung stehen Autos Schlange. Es gab einen Unfall. nerungen hervor. Sie möchte nicht daran denken. Sie geht zu- Krankenwagen und Polizei sind vor Ort. Sie sieht das Blaulicht. rück zum Bett. So fühlt sie sich sicherer. Ein letztes Mal Ihre Beine fangen an zu zittern, als sie an dem Polizeiauto berührt sie die kühle Klinge, dann legt sie es unter ihr Kopf- vorübergeht. Klack, klack, klack. Sie ist vorbei, ist in eine Gasse kissen. Sie könnte es jeder Zeit hervorholen und es wieder eingebogen. Sie hört Schritte hinter sich. Erschrocken dreht sie tun. Aber sie weiß, dass er nicht mehr da ist. Es ist nur ihre sich um. Eine Gestalt betritt gerade ein Haus. Phantasie, die nicht begriffen hat, was sie vor zwei Tagen tat. Sie liegt im Bett, auf der rechten Hälfte, passt auf, dass ihr Aber sie hat es selbst überprüft. Sie hatte schon alles gepackt. Arm nicht über die Mitte reicht. Sie hatte immer rechts gele- Und jetzt ist sie Chloe Duront. Nur die Narbe erinnert an die gen. Links war seine Seite gewesen. Das Licht hat sie ausge- andere Frau. ‹› macht, schwaches Mondlicht scheint durch das Fenster, vor dem die Gardine nur halb zugezogen ist. Zur Autorin: Judith Holle ist Schülerin der Waldorfschule in Sorsum

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Nach der Wehrpflicht die Schulpflicht: abschaffen!

von Markus Stettner-Ruff

Vor über 30 Jahren wurde mein Körper beschaut, ob er zum Kriegführen tauglich wäre. Das war ein genauso entwürdigender Moment in meinem Leben wie später die Prüfung meines Gewissens. Zwei Jahre danach wurde ich wegen »Dienstflucht« zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, nachdem ich aus Gewissensgründen den sogenannten Zivildienst abgebrochen hatte.

»Weg mit der Wehrpflicht!«, dies war das uns totale Kriegs- Diese Haltung ist mir genauso wenig begreiflich wie der dienstverweigerer vereinende Motiv, das war die Vision, für Glaube an die Mär vom »Demokratisierungsfaktor«, mit die wir offen und gewaltfrei »kämpften«. 30 Jahre nachdem dem die Wehrpflicht bis heute begründet wird. Warum sollte wir uns der Wehrpflicht verweigerten, ist sie »ausgesetzt« diese »Demokratisierung« jetzt plötzlich nicht mehr not- und ich vermute, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wendig sein? Geschichtlich betrachtet ist das Gegenteil der wir unser Ziel endgültig erreicht haben. Fall. Wie die Fürsten hatten die Diktatoren des 20. Jahrhun- derts, Stalin, Mao, Hitler und viele andere Despoten Wehr- Auf dem Weg zu einem freiheitlichen Staatswesen pflichtarmeen, während die alten angelsächsischen Demokratien (Großbritannien, USA, Kanada und Irland) die Ich bin keinesfalls so vermessen zu glauben, diese Ent- Wehrpflicht nur als Notmaßnahme im Kriegsfalle ken- scheidung der aktuellen Bundesregierung sei der nen. Ein System von Befehl und Gehorsam kann Erfolg unseres zivilen Ungehorsams. Aber nicht demokratische Normalität sein. Demo- dass jetzt kein junger Mann mehr in kratie, Befehl und Gehorsam schließen Deutschland zum Kriegsdienst in mili- sich grundsätzlich aus. Dennoch gibt es tärischer oder zivilmilitärischer Form in Deutschland noch eine staatliche gezwungen werden kann, das ist ein Pflicht im Bereich des Geisteslebens, in Meilenstein auf dem Weg zu einem der die Gewissensfreiheit, durch die freiheitlichen Staatswesen, zu einem Staatsmacht missachtet wird: die Allge- ästhetischen Staat, wie Friedrich Schil- meine Schulpflicht. ler sagen würde. Denn: Die Militarisierung der Zivilgesell- Frevel an der Jugend schaft durch die Wehrpflicht, die Prägung der jungen Männer mit einem gewaltorientierten Men- Was steht eigentlich im Zentrum der Kritik an der schen- und Männerbild, das auf einem System des bedin- Schulpflicht? Es sind zugespitzt formuliert drei Faktoren: gungslosen Gehorsams basierte, war gravierend. Sie wird • der Monopol- und Zwangscharakter der Schule bis heute gesellschaftlich verharmlost oder ausgeblendet. Be- • das klassische Lehrer-Schüler-Verhältnis sonders irritierend war dies für mich als Pädagoge. Warum • die antidemokratische Binnenstruktur der Schule mit dieser Angriff auf Geist, Seele und Körper junger Menschen Lehrplänen, Selektionsmechanismen und Abschlüssen. und auf ihr Gewissen und ihre Freiheit bis heute gesell- Ulrich Klemm, Vater von vier Kindern und Sozialwissen- schaftlich legitimiert und akzeptiert ist, bleibt mir ein Rätsel. schaftler, der mit einer Studie über den Freiheitsbegriff in ›

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Ein System von Befehl und Gehorsam kann nicht demokratische Normalität sein. Demokratie, Befehl und Gehorsam schließen sich grundsätzlich aus.

› der Pädagogik promovierte, forscht und publiziert seit vie- len Jahren zu diesem Thema. Eine seiner Erkenntnisse: »Obgleich Schulkritik ein fester Bestandteil des gesell- schaftlichen und öffentlichen Diskurses ist, seit es Schule als institutionalisierten Ort von Lernen gibt, findet eine ra- dikale und gleichsam entlegitimierende Debatte über Schule nur selten bzw. marginalisiert statt.« Bei seinen Forschungen kommt er zu der Auffassung, dass zeitgleich mit der Durchsetzung der allgemeinen Wehr- pflicht und der Bildung von sogenannten Volksheeren – bei- spielsweise im Preußen des 18. und 19. Jahrhunderts – auch die allgemeine Schulpflicht und der Schulzwang eingeführt wurden. Schule und Militär wurden zu zwei zentralen Herr- Augen Klemms nicht nur ein politisches und systematisches schaftsinstrumenten des neuen Nationalstaates. Wer politi- Diskussionsdefizit vor – auch in der Waldorfbewegung, – sche Macht wolle, brauche Schulpflicht und Wehrpflicht. sondern auch ein Mythos: Schule als einziger und richtiger Schule und Militär als Orte der Disziplinierung. Ort für Bildung und Lernen. Es wäre folgerichtig, wenn Menschen, die im Geistesleben das Ideal der Freiheit anstreben, auch eine Politik der Ent- Stell Dir vor, es gibt keine Schulen und keine schulung der Gesellschaft verträten. Lehrer mehr

Zwangsanstalt Doch langsam hört man auch in der Waldorfbewegung dies- bezüglich neue, mutigere Töne. Als ich Andreas Stohlmann, Als »größte gesellschaftliche Veranstaltung unserer Kultur«, den erfahrenen Klassenlehrer meiner alten Schule in Schwä- wie es Hartmut von Hentig ausdrückt, wird die Schule zwar bisch Hall, portraitierte, vernahm ich eine dieser neuen Stim- ständig dem Versuch unterworfen, sie zu reformieren oder men. Lesen wir in einen Abschnitt des Portraits hinein: »Die neu zu denken, grundsätzlich infrage gestellt wird sie aber Menschheit hat sich in Millionen von Jahren entwickelt, nur selten. Eine Kritik an der Staatsschulidee, wie sie von grandios entwickelt, ohne Schule. Renovieren reicht nicht, Wolfgang Hinte Mitte der 1990er Jahre formuliert wurde, es braucht neue Formen. Der menschlichen Entwicklung ist bis heute die Ausnahme. Wie Klemm berichtet, verglich müssen wir Raum geben, damit die Methoden, miteinander er die Schule mit dem Gefängnis und schrieb: »Schule war zu lernen, sich gemeinsam zu entwickeln, immer geistrei- und ist eine Zwangsanstalt, ein Ort, zu dem zu gehen man cher sich ins eigene Schicksal einweben.« Stohlmann würde gezwungen wird oder an dem man seinen Lebensunterhalt die Schulpflicht sofort beenden, um als Alternative wirkliche verdient in der Arbeit mit Individuen, die einer ständig über- Begegnungsräume zu schaffen: Räume, in denen die Kinder prüften Anwesenheitspflicht unterliegen.« Hier liegt in den ihren Eltern und Mitmenschen begegnen können, ebenso

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»Schule war und ist eine Zwangsanstalt, ein Ort, zu dem zu gehen man gezwungen wird oder an dem man seinen Lebensunterhalt verdient in der Arbeit mit Individuen, die einer ständig überprüften Anwesenheitspflicht unterliegen.«

fordern nicht nur, sondern handeln. Christiane Ludwig- Wolf aus dem südlich von Salzwedel gelegenen Baars hat drei Söhne im Alter von acht bis 13 Jahren. Keiner von ihnen geht zur Schule. Nach jahrelanger Untergrundtaktik hat sie jetzt mit anderen Eltern eine Initiative für selbstbestimmtes Lernen gegründet. Sie will allen Eltern Unterstützung bie- ten, deren Kinder sich der Schulpflicht verweigern und die außerhalb der Schule lernen wollen. Die Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, auf menschlicher, pädagogischer und po- litischer Ebene Strukturen zu entwickeln, die das für Eltern

Foto: Nicholas Monu und Kinder einfacher machen sollen. Sie sprechen dem Staat nicht ab, Kinder vor Verwahrlosung wie der Natur und den Naturwesen; Räume, in denen Kinder und Missbrauch zu schützen. Es geht ihnen um die Mög- im Seelischen in der Auseinandersetzung mit den Mitmen- lichkeit individueller Lösungen – Schule als Möglichkeit, schen Gefühle und Erkenntnisse entwickeln können, und, nicht als Pflicht. Ich bin gespannt, ob es nochmals 30 Jahre aus der Beschäftigung mit sich und dem Geist, Religiosität. dauern wird, bis nach der Wehrpflicht auch die Schulpflicht ausgesetzt oder abgeschafft wird. Oder ist es nur noch eine Auslaufmodell Frage der Zeit, bis Eltern und junge Erwachsene, unabhän- gig von staatlichen und ökonomischen Zwängen über ihre Ulrich Klemm vertrat schon vor über zehn Jahren die Auf- Bildungsbiographien entscheiden können? Ziel wäre eine fassung, dass die Schule als staatlich verordneter Lernort an bunte, plurale Bildungslandschaft, in der Schüler und Eltern Bedeutung verliert und angesichts globaler Entwicklungen frei und eigenverantwortlich wählen können – zum Beispiel zu einem Auslaufmodell für die Bildung und das Lernen ermöglicht durch den Bildungsgutschein. ‹› wird. Die Schulpflicht könnte durch eine Lernpflicht ersetzt werden. Dies bleibt vorerst Utopie, denn weiterhin wird die Zum Autor: Markus Stettner-Ruff ist Dozent am Rudolf Steiner Schule in Deutschland verordnet. Eltern, die ihre Kinder Institut Kassel. Davor war er zwölf Jahre lang Geschäftsführer und selbst unterrichten wollen, müssen mit Strafen und Buß- Oberstufenlehrer an der FWS Schwäbisch Hall. geldern rechnen. Doch auch an dieser »Baustelle« der Schulpflicht bröckelt Literatur: M. Stettner-Ruff: Traumberuf: Pastoralpädagogischer Narr. Ein Gespräch mit dem Waldorflehrer Andreas Stohlmann, Erziehungs- es immer stärker: In einem freiheitlichen Staatswesen sollte kunst 3/2010; U. Klemm: Schule als Auslaufmodell? Notate zur Ent- mündigen Bürgern frei gestellt sein, wo sie ihren Kindern staatlichung und Entschulung von Bildung im Horizont des aktuellen Bildung zukommen lassen. Alle staatlichen Sanktionen gesellschaftlichen Wandels, in: Widersprüche, Heft 73, 1999; gegen Eltern, die ihre Kinder selbst unterrichten, müssen G. Neumcke: Jede Stunde eine Mark – Plädoyer gegen die Schulpflicht, aufgehoben werden, fordern immer mehr Bürger. Und sie Zero Plädoyer, http://wendland-net.de/zero/72/schulpflicht.html

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Fallende Schleier

von Lorenzo Ravagli

»Lehrt die Religion, dass Gott den Menschen nach seinem Ebenbilde geschaffen hat, so lehrt uns unsere Erkenntnistheorie, dass Gott die Schöpfung überhaupt nur bis zu einem gewissen Punkt geführt hat. Da hat er den Menschen entstehen lassen, und dieser stellt sich, indem er sich selbst erkennt und um sich blickt, die Aufgabe, fortzuwirken, zu vollenden, was die Urkraft begonnen hat.« Das schrieb der 26-Jährige Steiner im zweiten Band seiner »Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften«.

Die Schöpfung ist unvollendet, die Rede vom Menschen Steiner sah im Menschen schon vor 1900 Entwicklungs- als Ebenbild Gottes schließt die schöpferische Potenz ein, möglichkeiten, die er zur Entfaltung zu bringen vermag, aus der er hervorgegangen ist. Gott hat sich vom Menschen wenn er sie ergreift. Seine Erkenntnisfähigkeit vermag er zu zurückgezogen und es ihm überlassen, die Schöpfung als steigern bis hin zum Erleben einer »in sich geschlossenen erkennendes und handelndes Wesen zu vollenden. Die Totalexistenz im Universum«. Und sich selbst, als leiblich- dem Weltprozess innewohnenden schöpferischen Prinzi- seelisches Wesen, wird er wie ein Alchemist umwandeln, pien sind wie die Wachstums- und Lebenskräfte eines Bau- transformieren, je mehr er sein Handeln durch den intuitiv mes. Im Menschen erblüht er und trägt Früchte, wenn erlebten Weltzusammenhang bestimmt sein lässt, statt durch dieser die Kräfte, die den Baum beleben, in sich zur Ent- seine dumpfen Triebe oder Emotionen. Die »Summe der in faltung bringt. Als erkennendes Wesen hat er die Aufgabe, uns wirksamen Ideen« ist das Individuellste in uns, das Aus- »seinen Geist so auszubilden, dass er imstande ist, alle ihm leben dieser Ideen ist für den freien Geist die stärkste mora- gegebene Wirklichkeit in der Art zu durchschauen, wie sie lische Triebfeder. Natürlich handelt der freie Geist nicht wie von der Idee ausgehend erscheint«. Dieser Grundsatz gilt ein blindwütiger Fanatiker, der bei der Verwirklichung sei- für alle Wissenschaften, denn die wirkenden Prinzipien ner Ideen über Leichen geht, sondern er berücksichtigt »das sind in der gesamten Natur, im gesamten Kosmos, ideeller Gesetzmäßige« im Handeln der Individuen, Völker und Zeit- Art, ob wir sie »Information«, »Naturgesetz« oder »In- alter und passt seine Intuitionen durch seine moralische stinkt« nennen. Phantasie und seine moralische Technik den historischen Der Vergleich des Menschen mit einer Pflanze, die sich bil- und sozialen Gegebenheiten an. Unübertrefflich präzisiert det und umbildet, taucht einige Jahre später in der »Philo- Steiner 1918 in der Neuauflage der »Philosophie der Freiheit« sophie der Freiheit« wieder auf. Der nunmehr 33-Jährige die Maxime des freien Menschen: »Leben in der Liebe zum schreibt: »Es ist in dem Wahrnehmungsobjekt Mensch die Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Möglichkeit gegeben, sich umzubilden, wie im Pflanzen- Wollens.« keim die Möglichkeit liegt, zur ganzen Pflanze zu werden. Nach der Jahrhundertwende entwickelt er diese Motive wei- Die Pflanze wird sich umbilden wegen der objektiven, in ihr ter. In seiner Schrift »Mystik im Aufgang des neuzeitlichen liegenden Gesetzmäßigkeit; der Mensch bleibt in seinem Geisteslebens« heißt es: »Wer den Weg der inneren Erfah- unvollendeten Zustande, wenn er nicht den Umbildungs- rung betritt, in dem erlangen die Dinge eine Wiedergeburt stoff in sich selbst aufgreift, und sich durch eigene Kraft um- … Von diesem Punkte aus öffnet sich eine unendliche Per- bildet … ein freies Wesen kann er nur selbst aus sich spektive für die menschliche Erkenntnis … Nennt man das machen.« Höchste, das dem Menschen erreichbar ist, das Göttliche,

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150 JAHRE 65 Foto: Wolfgang Schmidt

dann muss man sagen, dass dieses Göttliche nicht als ein schen Händen betasten kann.« So beginnt die Aufsatzreihe Äußeres vorhanden ist, um bildlich im Menschengeiste wie- »Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?« Hier derholt zu werden, sondern dass dieses Göttliche im Men- metamorphosiert sich die Liebe zu den Ideen zur Verehrung schen erweckt wird.« Wir erinnern uns: die Ebenbildlichkeit von Wahrheit und Erkenntnis, zum Pfad der Devotion, aber des Menschen bestand darin, dass er die in ihn gelegte ein Unterschied liegt darin nicht, außer, dass vielleicht das schöpferische Potenz zu entfalten vermochte. Das »mit dem lodernde Feuer der Begeisterung zu einer belebenden, alles Gedankeninhalt erfüllte Leben in der Wirklichkeit« war 1894 durchdringenden Wärme herabgedämpft ist. Hier begegnen für Steiner »zugleich das Leben in Gott«. 1901 spricht er von wir dem Menschen, der sich auf dem Weg zur Freiheit be- der Wiedergeburt der Dinge im menschlichen Erkennen findet, als »Geheimschüler« oder »Geistesschüler« wieder. und von einer unendlichen Perspektive für den mensch- Der Eingeweihte ist eine Metamorphose des freien Geistes. lichen Geist – einer unendlichen Perspektive! Was die Begriffe früher verbargen, das enthüllen sie nun: Es Noch einmal findet Steiner 1904 eine geradezu klassische ist nicht mehr vom »blinden Trieb«, sondern vom »Doppel- Formulierung für diese Einsichten. »Es schlummern in gänger« die Rede, nicht mehr vom »Gesetzmäßigen« im jedem Menschen Fähigkeiten, durch die er sich Erkennt- Leben der Völker und Zeiten, sondern von Volks- und Zeit- nisse über höhere Welten erwerben kann. Der Mystiker, der geistern, von realen geistigen Wesenheiten, deren Intuitio- Gnostiker, der Theosoph sprachen stets von einer Seelen- nen der freie Geist in sein Bewusstsein aufnehmen muss, und einer Geisterwelt, die für sie ebenso vorhanden sind wie wenn er im Einklang mit dem Weltganzen handeln will. Die diejenige, die man mit physischen Augen sehen, mit physi- Schleier sind gefallen. ‹›

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Verschleierte Macht

von Henning Köhler

» Die üblen Machenschaften der meine Not bestand darin, dass ich ihnen weder den Opti- mismus austreiben, noch die Wahrheit verschweigen wollte. Guten aufzudecken, ist böse, Der Ausweg bestand darin, dass ich es mir nicht nehmen ließ, die Dinge beim Namen zu nennen, aber zugleich Hoff- nung vermitteln konnte. Denn es gab ja auch viel zu be- weil es den Bösen nützt. Ich richten von großartigen Menschen überall auf der Welt. Es ist ein Kernproblem unserer Zeit, dass die Lüge im Kon- weigere mich, Jugendliche mit text der Macht geadelt wird. Nach herrschender Auffassung gehört Vertuschen, Verdre- dieser verkorksten Logik zu hen und Verschweigen ›naturgemäß‹ zum politischen Ge- schäft. Unser aller Sicherheit hänge davon ab, heißt es. belästigen.« Hochrangige Politiker äußerten zu den Wikileaks-Enthül- lungen, dies dürfe keinesfalls Schule machen, es diene nur Terroristen und Schurkenstaaten. Anders ausgedrückt: Die Als meine Kinder in das Alter kamen, in dem die Eltern üblen Machenschaften der Guten aufzudecken, ist böse, peinlich werden, befand ich mich als politisch engagierter weil es den Bösen nützt. Ich weigere mich, Jugendliche mit Vater, der seine Informationen aus zuverlässigen, aber dieser verkorksten Logik zu belästigen. kaum beachteten Nischenpublikationen bezog, in einer Wikileaks-Gründer Julian Assange hat Recht: Die Revolte Zwickmühle. Die Jugendlichen hatten mit Politik nicht viel des 21. Jahrhunderts wird eine Revolte der Transparenz sein. am Hut. Sie beriefen sich in Diskussionen auf das, was Findige Netzpiraten, darunter viele junge Leute, nutzen die ihnen aus den TV-Nachrichten, bestenfalls aus der Tages- neuen Medien, um das historische Ende der verschleierten zeitung bekannt war. Das heißt: Sie waren miserabel infor- Macht einzuleiten. Sie haben sich viel vorgenommen. miert, und ich konnte als Vater wenig dagegen ausrichten. Vielleicht zu viel. Aber so ist das immer, wenn Neues be- Hätte ich ihnen meine Lektüre aufdrängen sollen? ginnt. Slavoj Žižek schreibt in Lettre International: »Wir Sie wussten nicht, wie schmal der Grat zwischen »Nach- sehen uns einem schamlosen Zynismus der bestehenden richten« und Propaganda ist, dass international agierende globalen Ordnung gegenüber, deren Vertreter nur noch vor- PR-Agenturen im Auftrag von Regierungen gezielt die öf- geben, an ihre eigenen Ideen von Demokratie und Men- fentliche Meinung beeinflussen, etwa zwecks Einstimmung schenrechten zu glauben. Durch die Enthüllungen von auf ›humanitäre‹ Kriege. Sie wussten nichts von den Ver- Wikileaks wird die Schmach (unsere Schmach, dass wir sol- flechtungen zwischen Terrororganisationen, Drogenkartel- che Macht über uns tolerieren) noch schmachvoller, indem « len, Großbanken und Geheimdiensten. Sie hatten kein man sie publiziert.« Buch von Noam Chomsky, Naomi Klein, Jean Ziegler oder Zum Aufbruch der Netzgeneration ist übrigens ein sensa- Arundhati Roy gelesen. Kurz: Die jungen Leute lebten in tionell guter Roman erschienen: Little Brother von Cory Illusionen. Aber sie begannen Fragen zu stellen. Und Doctorow. ‹›

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BODIL BREDSDORFF

Die Mädchen aus der Villa Sorrento rachhaus

orff U ww sd rento w.u odil Bred la S or rachhaus.com B er Vil D) 2,90 ( chen aus d | € 1 -1 nden -7746 Die Mäd , geb u 251 Seiten 78-3-8 111 ISBN 9 ren | ab 1 2 Jah

«Die Mädchen aus der Villa Sorrento ist mal ein trauriger, mal fröhlicher, aber immer ernster Roman über das Leben. Fernab jeder Großstadthektik oder Jugendszene angesiedelt, lässt er Platz für alle Ein- drücke, die schrecklichen und die schönen – und bleibt dabei vor allem stets eines: lebensbejahend … Er zeigt einen unverstellten, kindlichen Blick auf das Leben, wie es ist: … voller Verluste und Anfänge – wie die Natur im Verlauf der Jahreszeiten.» Imke Voigtländer, Bulletin Jugend & Literatur 68_69_70_71_EK07/08_2011:EZK 10.06.2011 17:31 Uhr Seite 68

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Ein starkes Immunsystem widersteht dem Impfdruck

von Johanna Kiltz

Eine Stellungnahme zu dem Artikel »Ist Impfen sinnvoll« in Erziehungskunst, Oktober 2010

Natürlich kann Impfen sinnvoll sein – aber bei wenige Monate alten Babies? Und dann Vielfach-Impfungen? Warum impft man nicht erst nach dem 3. Lebensjahr? Der Artikel von Stefan Schmidt-Troschke hat in mir an einigen Stellen Befremden ausgelöst. Daher möchte ich als Vereinsvorsitzende des Selbsthilfevereins Nephie e.V., der für Betrof- fene und Familien mit Kindern spricht, die am idiopathischen nephrotischen Syndrom (ver- mehrte Urin-Eiweiß-Ausscheidung, krankhafte Nierenveränderungen, Ödeme) leiden, zu diesem Artikel Stellung nehmen. Dies insbesondere deswegen, da das idiopathische nephrotische Syndrom – behandelt unter Standardtherapie mit Cortison, Immunsuppression und Chemotherapie bei Kindern (Erst- erkrankung zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr) – unter den Masern ausheilen kann. Schmidt-Troschke schreibt, dass in eine Impfberatung »auch die Perspektive des Anderen eingeschlossen sein müsse, desjenigen, der durch eine Erkrankung ungewollt angesteckt werden könnte«. Diese Bemerkung ist nicht nur ein »schlechtes Argument«, sie entbehrt nach Auskunft eines uns beratenden Rechtsanwalts für Arzthaftungsrecht rechtlich jeder Grundlage und wirkt unserer Meinung nach aus dem Mund eines so kompetenten Arztes, eines Leiters einer antroposophischen Klinik, wie eine Weisung an unsichere Eltern, unkri- tisch alles durchzuimpfen. Laut einem Artikel der »Welt-online«, gesehen 17. Mai 2011, ist die Impfverweigerung in Deutschland besonders hoch (http://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article13376360/ Die-Masern-kehren-zurueck.html). Es wird berichtet, dass die Masern eben keine reine Kinderkrankheit seien, sondern auch Erwachsene sich anstecken können. Antibiotika hel- fen nicht. Vor einigen Jahrzehnten erkrankten weltweit 30 bis 40 Millionen Menschen an Masern, 850.000 starben. Wo starben sie? Unterernährt in einem afrikanischen Land? Wenn dem so ist, warum impft man dann nicht gegen Masern z.B. in Einzelimpfungen ab einem späteren Lebensalter? Das Schlusswort zu den Masernkomplikationen zäumt meiner Meinung nach das Pferd von hinten auf. Ließe man die Masern im Vorschulalter zu, anstatt diese mit Impfpro- grammen in ein späteres Lebensalter zu verschieben (wie lange hält denn die Impfwirkung an?), gäbe es diese Komplikationen nicht so gehäuft. Warum wird nach Impfprogrammen geimpft, jedoch nicht mit ähnlichen Programmen geprüft, ob ein Impfschutz überhaupt noch besteht? Dann hätte man eine völlig andere Diskussionsgrundlage. Dass der Impf- schutz greift, wird von der Wissenschaft impliziert, also lediglich »angenommen« (Welt online). Hierzu gibt es seltsamerweise offenbar keine Studie. Der Erfahrung der Eltern nach haben Kinderkrankheiten ihren Sinn nicht nur für die Ent- wicklung der Kinder, insbesondere in der Vorschulzeit und in der Zeit kurz vor der Pubertät,

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FORUM | GEGENLICHT 69

Stressbelastungen ertragen zu können, wird ein Faktor im Überlebenskampf der

sondern vor allem für ein belastbares Immunsystem. Unter dem Eindruck von Vielfach- Zukunft sein. Ein geübtes, allergien, Neurodermitis, Aufmerksamkeitsstörungen und vermehrt auftretenden, rezidi- vierenden lebensbedrohlichen Infekten im ersten Lebensjahr muss man darüber nachdenken starkes Immunsystem hilft dürfen, dass Kinderkrankheiten auch ihren Sinn haben und dass man sie unter ärztlicher uns, Krisen zu überstehen. Betreuung gezielt zulassen müsste. Hinweise auf Studien (Hinweis einer Kinderärztin in einer Diskussion auf den Paediatrietagen in Bamberg), die einen solchen Zusammenhang Wir brauchen den Mut bereits angeblich ausschließen, verstärken eher mein Misstrauen. Wer hat sich denn diese Mühe gemacht? Wer hat diese Studien bezahlt? Und wo sind sie durchgeführt worden? und die Fähigkeit, lange ein Aus unserer Erfahrung mit dem idiopathischen nephrotischen Syndrom heraus dürfen Kin- der aus Familien mit allergischen Störungen oder gar autoimmunen Krankheiten in der El- aktives und selbstbestimmtes terngeneration erst einmal überhaupt nicht geimpft werden (geimpft wird ja bereits seit Generationen!). Leben zu leben. Das »Belastungs-Glas« dieser Kinder ist bei Geburt schon fast voll und sie müssten von Ge- burt an mit klassischer Homöopathie oder antroposophischen Ansätzen betreut werden, um diese Belastung möglichst schnell und umfassend zu reduzieren. Hier haben wir einen ungeheuren Schatz an »weichen Therapien«, die sich Eltern wünschen. Jede unnötige zu- sätzliche chemische Belastung birgt neue Risiken. Es ist eben nicht nur »ein Piks«. Geimpfte Kinder reagieren in gesundheitlichen Krisen völlig anders als ungeimpfte. Das Immunsys- tem muss erwachsen werden dürfen. Die Herausforderungen unserer Zeit sind vielfältig und ungeheuer belastend. Stressbelastungen ertragen zu können wird ein Faktor im Über- lebenskampf der Zukunft sein. Ein geübtes, starkes Immunsystem hilft uns, Krisen zu über- stehen. Wir brauchen den Mut und die Fähigkeit, lange ein aktives und selbstbestimmtes Leben zu leben. Diesen Mut erlernen wir in unserer Kindheit auch aus der Erfahrung heraus, dass wir Krank- heiten aus eigener Kraft überstehen können. Eltern wünschen sich eine belastbare Gesund- heit ihrer Kinder – und das bedeutet zum Beispiel, dass nicht jede Erkältung gleich in einen nur noch mit Antibiotika beherrschbaren Infekt umschlägt. Es ist weiter leider nur ein klei- ner Schritt von der ja oft wiederholten Antibiotika-Gabe im Kleinkindalter zu tiefgreifenden Störungen wie dem nephrotischen Syndrom. Es ist unserer Meinung nach die Pflicht der Gesellschaft, große Zusammenhänge zu sehen und alles zu tun, Eltern in diesem Bemühen zu unterstützen. Es geht eben nicht darum, dass die reichen Länder impfen müssen, um die armen »vor einem Virenexport« zu schützen. Wenn Krankheiten wie die Masern für ältere Kinder und junge Erwachsene so gefährlich sind, sollte man überlegen, den Impfzeitpunkt auf ein späteres Lebensalter zu verschieben. ‹› Link: www.nephie.de

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70 FORUM | GEGENLICHT Monika Kiel-Hinrichsen Helmut Hinrichsen

PUBERTÄTS- Besser beobachten SPRECHSTUNDE von Robert Neumann

Zuschrift zu Werner Kuhfuss: »Warum ein Kind nicht beobachtet werden darf«, Erziehungskunst, April 2011

Der Artikel von Werner Kuhfuss behandelt das wichtige Thema »Beobachtung« leider in einer für mich enttäu- Jugendliche verstehen Praxiserprobte Hilfen schenden Weise. Es fängt damit an, dass der Autor die Be- Pubertät als Chance griffe »Wahrnehmung« und »Beobachtung« in eigenwilliger Weise benutzt, die sich nicht nur von der allgemeinen Ver- Urachhaus wendung, sondern auch von der Verwendung im »Waldorf-

www.urachhaus.com zusammenhang« deutlich unterscheidet. Hier wäre eine Monika Kiel-Hinrichsen | Helmut Hinrichsen Begriffsdefinition am Anfang sinnvoll gewesen. Pubertätssprechstunde Jugendliche verstehen – Praxiserprobte Hilfen – Die Verwendung eines Beobachtungsbogens muss nicht Pubertät als Chance zwingend negativ und einengend sein, wie er schreibt. Ein 480 Seiten, zzgl. 8-seitiger Farbteil, gebunden Beobachtungsbogen kann auch zur genauen Beobachtung € 25,– (D) | ISBN 978-3-8251-7653-2 anregen, ähnlich der Situation, dass eine erfahrene Erzie- herin neben mir steht, die sagt: »Achte doch mal auf dies Der umfassende Pubertäts-Ratgeber oder das«. Dann kann der Beobachtungsbogen meine Wahrnehmungsmöglichkeiten als Erzieher oder Pädagoge erweitern. Warum soll man in seiner Wahrnehmungsfä- In diesem Ratgeber finden Eltern und Erziehende higkeit »verkümmern«, wenn man einen Menschen beob- Antworten auf nahezu alle Fragen zur spannungs- achtet? Warum reduziert eine von ihm unterstellte reichen, im wahrsten Sinne energiegeladenen »vermeintliche Objektivität« das Kind auf einen »Maß- stab«? Warum ist die Beobachtung ein »Kälteprozess«? Entwicklungsphase der Pubertät. Dabei zeigen die Warum soll durch einen Beobachtungsbogen »generali- Autoren, wie die eher schwierigen Seiten dieser siert« werden? Warum ist der beobachtende Blick defizitär? Zeit als Chance für Eltern und Jugendliche erkannt All das sind (negative) Wertungen, die vom Autor weder er- und genutzt werden können. läutert noch begründet werden. »In der Wahrnehmung nimmt man das Wahre zu sich.« Die Themen: Dieser Satz wird im Folgenden nicht weiter erläutert und bleibt so unverständlich. Es scheint, als ob für den Autor Mutproben | Körperkult | Missbrauch | Gewalt | »Beobachtung« und »Urteil« eins sind, er kann diese nicht Mobbing | Ess-Störungen | Borderline- trennen. Gerade dies ist aber die Voraussetzung für eine Störungen | selbstverletzendes Verhalten | »goetheanistische Haltung«. Das Thema »Schulung der Be- Selbstmord | Sekten | Subkultur | Klauen | Lügen | obachtung« ist wesentlich bei allen Waldorfausbildungen – Extremismus | Radikalismus | gewaltfreie dies scheint dem Autor nicht bekannt zu sein. Und, um Kommunikation | Streitschlichtung | Konflikt- Steiner zu zitieren: »Beobachten und Denken sind die bei- bewältigung | Suchtprophylaxe | Sucht- den Ausgangspunkte für alles geistige Streben des Men- probleme | hilfreiche Adressen schen …« (»Philosophie der Freiheit«) ‹›

Urachhaus. Kompetenz in Sinnfragen erziehungskunst Juli / August | 2011 68_69_70_71_EK07/08_2011:EZK 10.06.2011 17:31 Uhr Seite 71

FORUM | GEGENLICHT 71

Der Klassenlehrer kann auch eine Katastrophe sein

von Birgit Dressel

Zum Streitgespräch zwischen Heiner Ullrich und Walter Riethmüller in Erziehungskunst, Mai 2011.

»Wenn in einer acht Jahre langen Klassenlehrerzeit keine positive Beziehung hergestellt wird, führt dies für die Schüler zu dauerhaften Belastungen, zu Verkennungen und Miss- erfolgen.« Die im Buch »Autorität und Schule« von Helsper u.a. (VS Verlag) dargestellten Fälle sind wirklich haarsträubend. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass Schüler durch eine negative Beziehung zum Klassenlehrer weit über die Schulzeit hinaus geschädigt werden können, gerade weil, wie Sie sagen, »alle Erziehung Beziehung ist«! Die Risiken einer misslingenden Beziehung kann man somit gar nicht hoch genug einschätzen! Glück haben dabei noch die Schüler, bei denen es zum offenen Konflikt kommt. Solche Situationen erfordern eine Lösung – und sei es ein Schulwechsel. Viel gravierender – und da schreibe ich aus Erfahrung – sind die stillen Konflikte, die sich unbemerkt von der Außenwelt und auch von den Eltern abspielen. Abwertende Blicke, kleine Gesten der Miss- achtung oder auch das dauerhafte Ignorieren von Fähigkeiten – nichts Spektakuläres, nichts, was ein Kind in Worte fassen kann. Eine schleichende Vergiftung über Jahre hin- weg. In dem Maße wie das Selbstbewusstsein und das Vertrauen in die eigenen Fähig- keiten schwinden, wächst die Überzeugung, als Mensch nur einen geringen Wert zu haben und nichts Wertvolles zu können. Diese Botschaften, über Jahre hinweg einge- träufelt, bestimmen das Selbstbild. Es wird zunehmend schwieriger, außerhalb der Schule positive Erfahrungen zu machen. Wie sollen solche Fälle aufgefangen werden, wenn die Waldorfschule noch nicht einmal theoretisch die Möglichkeit in Betracht zieht, dass die Beziehung zum Klassenlehrer auch eine negative sein kann? Lehrer müssten die Möglichkeit haben, offen zu thematisieren, dass sie mit einem bestimmten Schüler nicht zurechtkommen, ohne Nachteile zu be- fürchten. Und auch Eltern müssten sich bewusst werden, dass auch Waldorfschule nicht immer die menschlichere Schule ist, als die sie sich ausgibt, und dass das Negative im Einzelfall alles Positive, was die Waldorfschule ja unbestreitbar hat, überlagern kann. Ich spreche von Selbstkritik, davon, dass misslingende Schulkarrieren nicht einfach als Ein- zelfälle abgetan, sondern offen thematisiert werden. Auch wenn es statistisch nur eine kleine Minderheit betrifft, für die das Klassenlehrerprinzip nur negativ und schädlich ist, für jeden einzelnen ist es die Katastrophe seines Lebens. ‹›

Die Risiken einer misslingenden Beziehung kann man somit gar nicht hoch genug einschätzen!

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72 NEUE BÜCHER

Die Bedeutung der Lyrik im Leben

In ihrer Arbeit geht die Verfasserin der Frage nach, ob und inwieweit durch die waldorfspe- zifische Lyrikrezeption Bildungsbewegungen angestoßen werden, die sich als feine Verän- derung der gesamten Habitusformation, der Individuation und des Selbstentwurfs von Heranwachsenden niederschlagen können. Grundlage der empirischen Untersuchung sind Interviews, die die Verfasserin mit 13- bis 15-Jährigen an vier Waldorfschulen geführt hat. In den einleitenden Kapiteln des Buches wird die Bedeutung der Lyrik im Lehrplan und in der Unterrichtspraxis der Waldorfschulen in den Klassen 1 bis 8 bei der chorischen Rezita- tion, beim Aufsagen von Gedichten und Zeugnissprüchen und bei dem spontanen Verfas- Hanne Handwerk: Die Bedeutung sen eigener Gedichte aufgezeigt. In dem Kapitel »Adoleszenz und Waldorfpädagogik« von Lyrik in Bildungsprozessen skizziert die Verfasserin knapp und treffend die Grundzüge der anthroposophischen Men- der frühen Adoleszenz, schenkunde dieses Alters. In der Auswertung der Schülerinterviews kommt Handwerk zu 405 S., brosch., EUR 49,95, VS Verlag Wiesbaden 2011 dem Ergebnis, dass in den Fallbeispielen durch den Umgang mit Lyrik ein »qualitativer Sprung individueller Selbst- und Weltbezüge« erkennbar wird. Im Anhang des Buches sind die Interviews im Wortlaut abgedruckt, so dass sich der Leser ein anschauliches Bild machen kann. Der große Erfahrungsschatz, über den die Autorin als langjährige Klassen- lehrerin an Waldorfschulen verfügt, bereichert die Untersuchung, ohne deren Objektivität je zu beeinträchtigen. Eine besondere Qualität der Arbeit besteht darin, dass die Autorin ein waldorfspezifisches Thema souverän im Kontext der erziehungswissenschaftlichen For- schung behandelt. Durch diese Vernetzung stellt das Buch eine wertvolle Hilfe dar für das Gespräch zwischen Waldorfpädagogik und Erziehungswissenschaft, eine Hilfe auch für Studenten, die sich mit Waldorfpädagogik beschäftigen wollen. Malte Schuchhardt

Beschwingter Dialog

Elisabeth Gergely und Tobias Richter haben ein Buch über die Entwicklung der Waldorf- pädagogik als einer Pädagogik des Dialogs geschrieben – ein Buch wie eine grandiose Kom- position, wie ein Konzert, das aus mehreren Sätzen besteht und das sogar die Einspielphase des Orchesters einbezieht. Das Thema Dialog wird facettenreich variiert und auf die Ent- wicklung der Waldorfpädagogik in Österreich bezogen. Es erscheint vor allem mit der Bio- graphie und der Initiative Elisabeth Gergeleys verknüpft, die Ende Februar letzten Jahres in Sekem/Ägypten gestorben ist und das Erscheinen des Buches nicht mehr erlebt hat. Die Autoren schildern zunächst die Ausgangsbedingungen der Waldorfpädagogik in Öster- Elisabeth Gergely, Tobias Richter: reich. Es folgt ein Kapitel über die erste Wiener Waldorfschule von 1927 bis 1938, dann das Wiener Dialoge – zentrale Kapitel »Grande Valse« über die Anfangszeit der Schulgründung. Die Berichte zei- Der österreichische Weg der Waldorfpädagogik, 273 S., gen, unter welchen Mühen, mit welcher Ausdauer und mit wie geringen Mitteln diese Ar- brosch. EUR 24,90, beit bewältigt wurde. Eindrucksvoll sind die »Impressionen eines Schulaufsichtsbeamten«, Böhlau Verlag, Wien 2011 der bestätigt: »Die jungen Menschen sind angstfrei, in ihrem Bestreben natürlich und

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NEUE BÜCHER 73

unbelastet von Drill jeder Form. Der Prozess des Entstehens der Schulleistungen vollzieht sich gewissermaßen entlang der individuellen Entwicklung des Schülers. Vorrang hat eigenes, schöpferisches Denken, Fühlen, Wollen und Tun …« Einige wichtige Impulse, die weit über Österreich hinausgingen und die eng mit der Wie- ner Schule verbunden sind, werden gebührend bearbeitet: Die Lehrplanarbeit Tobias Rich- ters etwa bereitete den Boden dafür, dass der Schule schließlich das »Öffentlichkeitsrecht« erteilt wurde. Das bankähnliche Institut Hermes hat neben der finanziellen Unterstützung der Waldorfschulen in Österreich den Aufbau der Schulen in Osteuropa unterstützt. Eine große Ausstrahlung hatte auch die Reihe der »Dialog«-Veranstaltungen von 1993 bis 2004, die mit dem Gespräch zwischen Rupert Sheldrake und Andreas Suchantke ihren Anfang nahm und Geistesgegenwart und Zeitgenossenschaft dokumentierte. Als Ausblick auf die Zukunft heben Gergely und Richter den Beitrag der Universität Krems zu einem Netz von Hochschulen zur Waldorflehrerausbildung und zum erziehungswis- senschaftlichen Diskurs hervor. Ein Überblick über die 16 Waldorfschulen und Heilpäda- gogischen Schulen Österreichs und die 30 Waldorfkindergärten rundet das Buch ab, das in erster Linie für die Waldorfschulbewegung in Österreich geschrieben ist. Es ist aber auch ein Buch, das Einblick in Grundlagenthemen der Waldorfpädagogik insgesamt gibt und somit den Dialog in anderen Ländern befruchten kann. Christian Boettger

In der Hitlerzeit für Waldorf gekämpft

Ausgerechnet 1933 bis 1945 waren die glanzvollsten Jahre einer Sängerin, die in Stuttgart, und Bayreuth Maßstäbe setzte – nicht an Virtuosität, sondern an Innigkeit und geistiger Durchdringung der Rollen, die sie als Alt und später als hochdramatischer Sopran verkörperte. Was sie als Kundry, Isolde, Brünhilde, aber auch in Strauß-Opern geleistet hat, bringt noch heute Menschen zum Träumen. So tiefgründig sich Marta Fuchs auf der Bühne äußern konnte, so bodenständig schlicht (unverkennbar schwäbelnd) war ihr Auftreten. So konnte sie sich manche Geradheiten gegenüber Hitler, Heydrich und anderen Nazi-Größen leisten, ohne den Status des »gottbegnadeten Künstlers« zu verlieren, der sie gegenüber Roswitha von dem Anfeindungen immun machte. Borne/Johannes Lenz: Sie hat früh die Anthroposophie und die Christengemeinschaft als ihre geistige Heimat er- Marta Fuchs, 1898-1974, kannt und sich unerschrocken dazu bekannt. Zusammen mit den Offizieren Erdmenger 374 S., Pb. EUR 28,- und von Ruckteschell hat sie sich dafür eingesetzt, das Verbot der anthroposophischen Ge- Verlag Johannes Mayer, sellschaft, der Waldorfschule und später der Christengemeinschaft zurückzunehmen. Stuttgart 2010 Auch bei den Bemühungen, Menschen aus den Gefängnissen und Konzentrationslagern frei zu bekommen, hat sie wohl eine größere Rolle gespielt, als es die Dokumente belegen, die dieses Buch enthält. ›

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74 NEUE BÜCHER

› Die Waldorfschulen stünden bis heute anders dar, wenn es den Einsatz und die Beziehun- gen von Marta Fuchs und ihren Freunden nicht gegeben hätte. Es war schicksalhaft, dass sie zur Ur-Schule in Stuttgart und zur Dresdener Waldorfschule, die sich am längsten gegen das Verbot stemmen konnte, durch ihre langjährige Glanzzeit an den jeweiligen Opernhäusern die stärksten Bindungen hatte. Für die Waldorf-Geschichte in der Hitlerzeit ist dieses Buch eine wichtige Quelle. Dass zwei so unterschiedliche Autoren zusammengewirkt haben, ist ein Glücksfall: Ro- switha von dem Borne hat mit dem Spürsinn der Dokumentensucherin unermüdlich das Zeitschicksal beschrieben, und Johannes Lenz war durch die Freundschaft seiner Familie mit Marta Fuchs als Augen- und Ohrenzeuge prädestiniert. Er schreibt mit der Wärme des- sen, der als Kind vor dem Verbot der Christengemeinschaft und dem Verlust seines Vaters und seiner Schwestern die legendären Aufführungen in der Dresdener Oper miterleben durfte – und zwar unentgeltlich auf dem Parkettsitz, den Marta Fuchs stets vergeben konnte. Frank Hörtreiter

Der Fuhrmann des Todes

Dieses Buch besteht aus lauter Höhepunkten: Selma Lagerlöfs Erzählung »Der Fuhrmann des Todes«, Gerald Frieses Drama »Der Fuhrmann« sowie drei Geschichten aus »Todes- legenden der Bretagne« von Anatol Le Braz. Rita Süßmuth und Lothar Peinemann haben Einleitungen verfasst, Pim van Lommel ein Nachwort. Die Zusammenstellung der Texte öffnet neue Türen zum Verständnis. Zum einen wird die lange, tiefgründige Erzählung Lagerlöfs von 1912, mit der sie ihrer Zeit weit voraus war, neu zugänglich gemacht. Frieses Theaterstück transponiert den Inhalt in heutige Sprache, reduziert und verändert ihn, wobei er sich trotzdem eng an die Vorlage hält. Ein Schuss Humor ist hinzugefügt. Die bretonischen Legenden schließlich, die Ende des 19. Jahr- hunderts gesammelt wurden, haben Selma Lagerlöf zu ihrer Erzählung inspiriert. Selma Lagerlöf / Gerald Friese: »Der Fuhrmann des Todes« ist zwischen Leben und Tod angesiedelt. Durch die künstlerische Der Fuhrmann des Todes. Darstellung wird eine Brücke zu Nahtoderfahrungen gebaut. Metamorphosen ereignen sich Die Erzählung – Das Drama – Die Legende, geb., 269 S., zwischen »Hüben« und »Drüben«, zwischen Legende, Erzählung und Stück. Alle drei EUR 19,90. Verlag Urachhaus, literarischen Gattungen berühren den Leser zutiefst, was auch bei ihm zu Katharsis und Stuttgart 2011 seelisch-geistiger Veränderung führt. Der Kardiologe van Lommel schildert in seinem Nach- wort, wie sich das Leben nach einer Nahtoderfahrung weiter gestalten kann: Ein Hinüber- gehen ohne Kampf, wie bei der Heilsarmeeschwester Edith, oder ein Neubeginn wie bei David Holm, der schwere Schuld auf sich geladen hat. Die Verwandlung des Bösen ist ein zentral christliches Thema. In der Gestalt der Edith ist am deutlichsten gezeigt, worum es dabei geht: »Liebt das Böse gut!« Maja Rehbein

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Ein etwas anderes Buch über Wirtschaft

In vielen Schulen wird Wirtschaftkunde etwas stiefmütterlich behandelt, was bedauerlich ist, denn nichts wird das Leben der Jugendlichen einmal so entscheidend prägen wie die Wirtschaft. Gute Bücher, die in das Thema einführen, sind rar. Oft sind die Inhalte abstrakt, ideologisch befrachtet und nicht selten voller unverständli- cher Fachausdrücke. Umso erfreulicher ist dieses »etwas andere Buch über Wirtschaft« von dem mehrfach für seine Jugendbücher ausgezeichneten Journalisten Nikolaus Nützel, der ganz von den Fragen ausgeht, die sich einem aufmerksamen Jugendlichen heute stellen müssen. Locker geschrieben und unterhaltsam geht er auf ein ganzes Spektrum aktueller Fragen ein: Warum erhalten Manager so hohe Gehälter, etwa Wendelin Wiedeking, der auf einen Stundenlohn von 15.655 Euro kommt? Wie wird Geld überhaupt geschöpft? Was Nikolaus Nützel: 7 Wege reich ist ein »Leerverkauf«? Oder: Kann ein Bauer von einem Milchpreis von 20 Cent pro Liter zu werden, 7 Wege arm zu werden. leben? Das etwas andere Buch über Hintergründe und Sachverhalte werden anschaulich erklärt, ohne die komplexen Zusam- Wirtschaft mit Illustrationen menhänge zu simplifizieren, oder – was heute oft passiert – in Ideologien zu flüchten, wie von Flix. 224 S., Pb. EUR 16,99. dass der Markt immer Recht hat. Cbj-Verlag, München 2010 In einer Zeit, in der alles statistisch erfasst wird, ist es erstaunlich, dass es kaum genaue Zahlen gibt zur Entwicklung der Schere, die sich zwischen reich und arm auftut. Das Thema scheint ein Tabu zu sein. Doch auch hier geht Nützel nüchtern vor, beschreibt die Umstände, die dazu führen, dass jemand Milliardär wird, aber auch jene, die dazu führen, das der Mensch – oft ohne eigene Schuld – verarmt. Die Zahlen, die er zu Hartz IV zusammengetragen hat, zeigen, wie un- bequem die soziale »Hängematte« sein kann, und dass jemand der im Monat 1,56 für eine Waschmaschine bekommt, 21 Jahre lang sparen muss, um diese auch anzuschaffen. Ein ganzes Kapitel ist den Herausforderungen gewidmet, vor denen das deutsche Gesundheits- system steht. Zum Schluss eröffnet Nützel sieben Wege, wie es auch anders gehen könnte. Modelle wie der »Sozialismus«, »Mikrokredite«, »Grundeinkommen« oder »Genossenschaften« werden beschrieben, einer Bilanz unterzogen und auf ihre Realisierbarkeit überprüft. Zahlreiche Schaukästen wie zum Pro-Kopfeinkommen der reichsten und ärmsten Länder der Erde und ein ausführliches Glossar der ökonomischen Fachbegriffe ergänzen den Text. Der interessierte Leser findet auch eine Liste mit weiterführenden Informationen und In- ternetlinks. Über die Illustrationen des Comic-Zeichners Flix wird sich streiten lassen, sie lockern das Buch aber auf. Auf alle Fälle handelt es sich um eine empfehlenswerte Lektüre für junge Menschen, die Fragen zum Thema haben, aber auch um eine gute Anregung für Lehrer, die das Zeitgeschehen im Unterricht bearbeiten wollen. Bernhard Steiner ›

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Wirtschaft ist viel mehr als Geld

Wussten Sie, dass in Deutschland eine Frau bereits seit fünfzehn Jahren glücklich und aus- kömmlich ohne Geld lebt? Ich las erstmals von ihr in dem neuen Flensburger Heft: »Mehr als Geld – Wirtschaft gestalten« von Peter Krause. Erst als befristetes Experiment gedacht, hat Heidemarie Schwermer dadurch einen neuen Lebensstil gefunden, der auf Vertrauen ins Leben und auf gewonnener innerer Freiheit beruht. Schwermers Interview ist eines von zehn, mit denen Peter Krause alternative Lebensent- würfe vorstellt. Sein Buch will dem Leser die Augen öffnen für ein umfassenderes Ver- ständnis von Wirtschaft und ihm Möglichkeiten zeigen, andere Wege zu gehen, einen Anfang zu machen in der eigenen Umgebung und beim eigenen Verhalten. Krause hat Grundsätzliches zu Geld und Zins aus dem Werk des Wirtschaftsanalysten und

Mehr als Geld – Wirtschaft Publizisten Helmut Creutz zusammengestellt und im zweiten Teil einige Themenbereiche gestalten, Flensburger Hefte, wie Biolebensmittel, Ökodörfer und Komplementärwährungen an Beispielen vertieft. Die 111, 01/2011, 224 S., Texte sind eine Fundgrube an Fakten, Zitaten, Erläuterungen und jeder Menge Impulsen brosch. EUR 16,–. und Projekten. Krauses Gesprächspartner kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen Flensburger Hefte Verlag, einer neuen Bewegung, die mit den bestehenden Ordnungen und Verfahren in Bezug auf Flensburg 2011 die Ökonomie nicht mehr zufrieden sind und den Mut entwickelten, an neuen Ideen mit- zuarbeiten. Sie sind Künstler, Berater, Unternehmer und Wissenschaftler und sprechen über Anfänge, Widerstände, Rückschläge und Erfolge, und sie machen Mut. Es geht ihnen darum, Ergänzungen des Bestehenden, eine transformative Ökonomie zu schaffen, ein gesundes System, das sich tiefenökologisch korrekt auf die Gesetze des Lebens bezieht und »den authentischen Bedürfnissen des Menschen Rechnung trägt«, so Paul Mackay vom Vorstand des Goetheanum. Er sieht die Zukunft in einer Konsumentenbewe- gung, in der die Verbraucher die Verhandlungspartner der Industrie werden. Mehr als Geld – die verschiedenen Solidargemeinschaften beweisen es: Nicht Geld oder die Banken sind die »Pumpe«, die unser gesellschaftliches Leben am Laufen hält, sondern die unterschied- lichsten menschlichen Beziehungen, die auf Vertrauen gebaut sind. Irmgard Wutte

Liebe Leserinnen und Leser, auf unserer Homepage www.erziehungskunst.de finden Sie ein umfang- reiches redaktionelles Angebot, das die gedruckte Ausgabe der Zeitschrift um viele Funktionen erweitert: Neben aktuellen Berichten, Terminen, Diskussionsforen und Beiträgen, die die gedruckte Ausgabe ergänzen, enthält sie eine komfortable Suchfunktion, mittels derer sich gezielt nach einzelnen Artikeln oder innerhalb bestimmter Themengebiete stöbern lässt. Das umfangreiche Archiv reicht bis zum Gründungsjahr der Zeitschrift (1923) zurück. Besuchen Sie uns! 77_78_79_EK07/08_2011:EZK Kopie 10.06.2011 17:52 Uhr Seite 77

NACHRICHTEN 77

Geteiltes Bewusstsein ist halbes Bewusstsein Krankenkasse warnt vor Ritalin Amerikanische Marketingprofessoren haben untersucht, ob Men- Die Techniker-Krankenkasse warnt vor unbesonnener Ritalin- schen ihre Aufmerksamkeit zwei unterschiedlichen Medien gleich- Behandlung bei Kindern. Weder Langzeitfolgen sind erforscht, zeitig widmen können. Ihre Feststellung lautet »Nein«. Am noch Nebenwirkungen. Kinder müssten lernen, mit ihren Sym- Computer zu arbeiten, nebenher fernzusehen oder Radio hören be- ptomen umzugehen, so die Kasse. Der Konsum von Ritalin nimmt einträchtigt die Aufnahmefähigkeit beim Lesen und Lernen be- in Deutschland zu. 2009 bekamen rund 27 von 1000 der bei der trächtlich. Handys waren in die Untersuchung nicht mit einbezogen. Kasse versicherten Sechs- bis Achtzehnjährigen Arzneimittel mit Adam Brasel und James Gips vom Boston-College fanden »schok- dem Wirkstoff Methylphenidat. 2006 waren es 20 von 1000. Die kierend«, was sie bei ihrem Experiment beobachtet haben: Die Pro- Kasse warnt davor, jedes lebhafte oder auffällige Kind als gestört banden, die mit Fernseher und Computer in einem Raum saßen, einzustufen. schweiften im Durchschnitt alle 14 Sekunden von einem zum an- www.damid.de/forschung/ergebnisse/100914hamreamos_adhd.pdf deren Medium. Und sie bemerkten es nicht einmal: während die red. meisten glaubten, sie hätten in einer halben Stunde nur etwa 15 Mal hin und her gesehen, taten sie dies in Wahrheit durchschnittlich 120 Inklusion – Neue Herausforderungen für Kindergarten und Schule Mal. Bei Jugendlichen unter 18 ist die gleichzeitige Nutzung vieler Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit zwei Jahren in Kraft. Medien weit verbreitet. Mit der Umsetzung hapert es noch. Die Ministerien sind dabei, Ak- www.bc.edu/schools/csom/departments/marketing.html red. tionspläne zu erstellen. Zunächst müssen Wege gefunden werden, heilpädagogisches Grundwissen in die Erzieher- und Lehrer-Aus- Neurowissenschaft bestätigt Geistesforschung bildungen einfließen zu lassen. Das Kölner Seminar für Waldorf- »Ohne Schlaf wäre Bewusstsein, wie wir es tagsüber haben, nicht pädagogik bietet in Zusammenarbeit mit dem Nürtinger möglich«, resümiert Allan Hobson von der Harvard University seine Janusz-Korczak-Institut seit zwölf Jahren eine heilpädagogische Fort- Untersuchungen an schlafenden Menschen. »Der Mensch wird erst bildung für Erzieher und Lehrer an. Der Grundkurs für Inklusions- im Schlaf zu dem, der er ist; der Schlaf ist konstitutiv für unser Be- aufgaben ist ein verpflichtender Bestandteil der Ausbildung zum wusstsein.« – Die Neurowissenschaftler blicken heute in die Gehirne Waldorferzieher. Die aus dem Kölner Seminar hervorgehenden Er- schlafender Menschen und stellen fest: sie sind ebenso aktiv, wie zieher sind zugleich Inklusionshelfer und -berater mit zusätzlicher während des Wachens. Aber diese Aktivität ist nicht mit Bewusst- Anerkennung vom Janusz-Korczak-Institut. Der Kurs kann auch se- sein verbunden, wie am Tag, sondern mit Bewusstlosigkeit, höch- parat gebucht werden. Lehrer kommen ebenso auf ihre Kosten wie stens mit Träumen. Warum dies so ist, erklärte Steiner 1912 in einem Sozialpädagogen, Psychologen, Ärzte und Therapeuten. Diese Vortrag: »Die Kräfte, die wir vom Aufwachen bis zum Einschlafen müssen nicht im Waldorfbereich tätig sein. Teilnahmebedingung ist verwenden, um Vorstellungen, Empfindungen und so weiter zu bil- unvoreingenommenes Interesse an waldorfpädagogischen und an- den, dieselben Kräfte arbeiten während des Schlaflebens an uns, aber deren alternativpädagogischen Ansätzen. Der Schwerpunkt liegt auf so, dass die abgebrauchten Körperkräfte wieder ersetzt, wieder her- Problemen im Grenzbereich zwischen Pädagogik und klassischer gestellt werden. Da regenerieren sie uns, bessern aus, was abgenutzt Heilpädagogik. Bisher haben rund 400 Menschen die Fortbildung und abgebraucht ist, das heißt, sie formen, sie gestalten. Während sie absolviert. www.fbw-rheinland.de Henning Köhler im wachen Tagesleben deformieren, die Gestaltung auflösen, und während das wache Tagesleben gerade darin besteht, dass wir die Ernst-Michael-Kranich-Stiftung präsentiert Clown Dimitri Gestaltung auflösen, ist der Schlaf dazu da, um die Form wieder her- 150 Jahre Rudolf Steiner mit Humor! Dimitri, der weltberühmte zustellen, ... Weil wir während des Schlafes unsere Bewußtseins- Clown, kommt zu einer großen Tournee durch 13 Rudolf-Steiner- kräfte verwenden zum Aufbau gewisser verfallener Kräfte, deshalb und Waldorfschulen nach Deutschland. Vom 20. September bis zum entziehen sich uns diese Kräfte, und wir versinken in Bewußtlosig- 3. Oktober 2011 bringt er sein Programm »Porteur« auf die Bühne. keit.« (GA 62, S. 172) www.zeit.de/zeit-wissen/2011/03/Dossier- Dimitri verzichtet auf einen Teil seiner Gage, die Waldorfschulen Schlafen-Einleitung?page=1 red. stellen ihre Säle kostenlos zur Verfügung. Überschüsse aus den Auf- ›

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78 NACHRICHTEN | TERMINE

› führungen werden der Ernst-Michael-Kranich-Stiftung gespendet, Termine die wiederum Förderprojekte an Waldorfschulen unterstützen wird.Die Tourneedaten: 20.09.2011, 20.00 Uhr, RSS Bochum; 21.09.2011, 20.00 Uhr, RSS Bielefeld; 22.09.2011, 20.00 Uhr, FWS 15. Juli 2011: »Selektion und Gerechtigkeit in der Schule« – Sym- Hannover Maschsee Hannover; 23.09.2011, 20.00 Uhr, RSS Lüne- posium. Anm.: Institut für Bildungsforschung und Bildungsrecht burg; 24.09.2011, 20.00 Uhr,RSS Berlin Dahlem; 25.09.2011, 17.00 e.V., An-Institut der Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstr. 150, Uhr,FWS Berlin-Mitte; 27.09.2011, 20.00 Uhr,FWS Kaltenkirchen; 44801 Bochum, Tel. 02 34/3 22 71 20, Fax 05 11/26 09 18-20, E-Mail: 28.09.2011, 20.00 Uhr, FWS Lübeck; 29.09.2011, 19.30 Uhr, RSS [email protected]. Ort: Ruhr-Universität Bochum, VZ Saal 2a Hamburg-Wandsbek; 30.09.2011, 20.00 Uhr, FWS Rendsburg; 01.10.2011, 20.00 Uhr,RSS Wuppertal; 02.10.2011, 20.00 Uhr,FWS 31. Juli bis 6. August 2011: »Integrative Medizin«. 2. Sommeraka- Stuttgart Uhlandshöhe; 03.10.2011, 18.00 Uhr, RSS München- demie 2011 an der Universität Witten/Herdecke, Alfred-Herr- Schwabing. Kartenvorverkauf an den bekannten Vorverkaufsstellen hausen-Str. 50, 58448 Witten, Tel. 0 23 02/92 60, Fax 0 23 02/ der Schulen und bei: www.eventim.de oder unter Telefon 0 18 05/ 92 64 07, E-Mail: [email protected] 57 00 00 Frank Linde 13. September 2011: »Welche Bildung braucht die Zukunft?«. Ver- Kongress: »Lernen durch Begegnung anstaltung mit C. Heinritz, D. Hagen, K. Edler, R. Kahl. Anm.: GLS Herausforderung Oberstufe« Treuhand, Christstr. 9, 44789 Bochum, Fax 0234-5797188, E-Mail: Die Fragen an die Jugendpädagogik sind heute dringender denn [email protected], www.gls-treuhand.de, Ort: Festsaal des je. Auch die Waldorfpädagogik wird mit der Frage nach ihren ei- Niedersächsischen Staatstheaters, Pelikanplatz 23, 1. OG, 30177 gentlichen Qualitäten in der Oberstufe konfrontiert, besonders Hannover durch die immer stärker werdende Dominanz von Prüfungen. Die vielfältigen Fragen und Herausforderungen der Oberstufe wer- Lehrerseminar für Waldorfpädagogik und Pädagogische For- den im diesjährigen Kongress des Bundes der Freien Waldorf- schungsstelle, Brabanter Str. 30, 34131 Kassel, Tel. 05 61/3 36 55, schulen in Hannover bearbeitet. Die Aktualität des Themas zeigt Fax 05 61/3 16 21 89, E-Mail: [email protected]: sich an der Fülle und Vielfalt der Angebote. Zahlreiche Veranstal- 15.–18.9.11: Fortbildungsveranstaltung/Zwischentreffen Handarbeit, tungen werden parallel durchgeführt. Der diesjährige Kongress soll Thema: Spinnen und Weben, Ort: Darmstadt. 15.–18.9.11: Fortbil- als Ouvertüre zu einer längeren und intensiven Auseinanderset- dungswochenende 8. Klasse, Mathematik/Biologie. 22.–25.9.11: zung mit den Fragen der Jugendpädagogik und Oberstufengestal- Fortbildungsveranstaltung/Zwischentreffen der Klassenlehrer, tung verstanden werden. Thema: Musik im Hauptunterricht Der Bund der Freien Waldorfschulen, der Verband für anthropo- sophische Heilpädagogik, Sozialtherapie und soziale Arbeit, und Akademie für Waldorfpädagogik, Zielstr. 28, 68169 Mannheim, die Vereinigung der Waldorfkindergärten und die Pädagogische Tel. 06 21/3 09 48 15, Fax 06 21/3 09 48 50, E-Mail: veranstaltung@ Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goe- freie-hochschule-mannheim.de: 27.–31.7.11: Tagung für Klassen- theanum laden zu diesem Kongress zusammen mit dem Spre- lehrer der Klassen 1 – 8 mit A. Fried. Fortbildungswochenende cherkreis des Bundeselternrates und dem Vorstand der Waldorf im Mathematik- und Geometrieunterricht. 9.–11.9.11: 6. Klasse, SV, im Bewusstsein einer gemeinsamen Verantwortung für eine 16.–18.9.11: 7. Klasse, 23.–25.9.11: 8. Klasse mit E. Schuberth zeitgemäße Waldorfpädagogik herzlich ein. Eine Spezialausgabe der Zeitschrift »Erziehungskunst« wird das Thema publizistisch Brigitte Pietschmann, Bossertweg 17, 74523 Schwäbisch Hall, Tel. begleiten. Der Kongress findet vom 30.09.-02.10.2011 in der 07 91/4 11 00, Fax 07 91/2 06 64 68, E-Mail: brifri.pietschmann@ Freien Waldorfschule Hannover-Maschsee statt. Informationen freenet.de: Vorbereitungsseminare für Klassenlehrer in Schwäbisch gibt es unter www.waldorfschule.de, wo man sich auch anmel- Hall. 1.–2.7.11: 5. Klasse. 8.–9.7.11: 6. Klasse. 15.–16.7.11: 7. Klasse. den kann. 22.–23.7.11: Klasse 8

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erziehungskunst Waldorfpädagogik heute 75. Jahrgang, Heft 07/08, Juli / August 2011 Auflage 72.000

TERMINE | IMPRESSUM 79 Herausgeber: Bund der Freien Waldorfschulen e.V., Wagenburgstr. 6, 70184 Stuttgart, Tel.: 07 11/2 10 42-0

Die erziehungskunst ist Organ des Bundes der Freien Waldorfschulen e.V., der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen e.V., der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e.V. und der Inter- nationalen Vereinigung der Waldorfkindergärten e.V.

Redaktion: Mathias Maurer, Lorenzo Ravagli, Dr. Ariane Eichenberg

Beirat der Redaktion: Renate Barth, Katteweg 29 c, 14129 Berlin, Telefon 0 30/8 03 87 90, Fax 0 30/ Christian Boettger, Frank Dvorschak, Hans Hutzel, 6 92 08 00 59, E-Mail: [email protected]: Schulpraktische Qualifikation 2010/2011 zum Christine Krauch, Henning Kullak-Ublick, Martina Wiemer-Brettreich EurythmielehrerIn Bachelor: 29.8.–9.9.11 Crashkurs (u.a. »Notfallkoffer« für die Kl. 1–12). Ort: Den Haag (Seminare finden in deutscher Unterrichtssprache statt.) Anschrift der Redaktion: 12.–23.9.11 Unterstufe Wagenburgstraße 6, D-70184 Stuttgart, Tel.: 07 11/2 10 42-50/-51 | Fax: 07 11/2 10 42-54 E-Mail: [email protected] Agentur »Von Mensch zu Mensch«, Zur Uhlandshöhe 10, 70188 Stuttgart, Tel. 07 11/ Internet: www.erziehungskunst.de 2 48 50 97, E-Mail: [email protected]: 9.7.11: »Der Hörende Mensch und die Wirk- Manuskripte und Zusendungen nur an die Redaktion. lichkeit der Musik«. Tagesseminar mit A. Husemann, M. Bindelli, J. Clarke, Ort: Ru- Die Verantwortung für den Inhalt der Beiträge tragen dolf Steiner Haus Stuttgart. 28.7.–1.8.11: »Die Kraft der Meditation im pädagogischen die Verfasser. Alltag«. Vierte Pädagogische Sommerakademie 2011 an der Waldorfschule Uhland- Gestaltungskonzept: shöhe in Stuttgart. Mit C. P. Röh, M. Schneider, M. Schlüter, J. Kiersch, H. Zimmer- Maria A. Kafitz mann, T. Zdrazil. Seminare, Workshops und Klassenlehrerfortbildung. Herstellung: www.sommerakademie2011.de Verlag Freies Geistesleben Maria A. Kafitz & Gabriele Zimmermann

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ISSN 0014-0333

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Die Pforte der Einweihung Die Prüfung der Seele Der Hüter der Schwelle Der Seelen Erwachen

19. – 23. Juli 2011 Tagungszyklus: Einweihung – was ist unabdingbar?

2. – 7. August 2011 Tagungszyklus: Lebenskrisen – Lebensdramatik

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Dozent/in in Vollzeit. Zu ihren Aufgaben gehört neben dem Erteilen von Unterricht, vorzugsweise in Anthroposophie sowie Sinneslehre, die Leitung der Einrichtung mit allen verwaltungstechnischen Aufgaben sowie der Weiterentwicklung der Einrichtung auch in Hinblick der veränderten Erzieherlandschaft und ihren Auswir- kungen. Wir erwarten von ihnen ein hohes Maß an Eigeninitiative, eine adäquate Ausbildung im pädagogischen Feld sowie Erfahrung in der Erwachsenenbildung. Eigenständiges Arbeiten sowie ein aus- geprägtes Verantwortungsbewusstsein setzen wir voraus. Eine angemessene waldorfpädagogische Erfahrung im ersten Jahrsiebt gepaart mit dem Inte- VERSANDKOSTENFREI resse zur Weiterentwicklung runden ihr Sparen sie 4,85¤ bei Ihrer Bestellung mit Profi l ab. diesem Gutscheincode: Sommer11 Sollten wir ihr Interesse geweckt haben, Ohne Mindestbestellwert, Gültig im Juli 2011 so bewerben Sie sich bitte schriftlich mit Lichtbild und handschriftlichem Lebens- lauf an: Vereinigung der Waldorfkindergärten e.V. z. Hd. Des Geschäftsführers www. .eu Herrn Oliver Langscheid Le Quartier Hornbach 15 Telefon: 0511 - 21 90 63 55 • Fax: 0511 - 37 36 72 98 • eMail: [email protected] 67433 Neustadt an der Weinstrasse

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2011 | Juli/August erziehungskunst

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Waldorfkindergarten Landsberg am Lech

Staatlich anerkannte Fachschule für Zum 1. September 2011 suchen wir für Sozialpädagogik der Fachrichtung unsere neu zu gründende zweite Gruppe Sozialwesen mit Schwerpunkt eine/n Jugend- und Heimpädagogik auf Erzieher/in anthroposophischer Grundlage Für unseren viergruppigen Kinder- als Gruppenleiter/in garten am Rande in schöner mit 40 Wochenstunden. Wir suchen ab sofort oder bis naturnaher Umgebung suchen wir Weiterhin suchen wir eine/n spätestens September 2011 eine(n) zwei liebevolle und engagierte, staatlich anerkannte Erzieher/in, Kinderpfleger/in Dozent(in) für Pädagogik oder Anerkennungspraktikant/in Erzieher/innen, als Zweitkraft mit mindestens und Didaktik des sehr gerne mit Waldorferfahrung 33 Wochenstunden. Kinder- und Jugendalters zum 01.08.11 Neben etwa 20 fröhlichen Kindern erwar- tet Sie ein aufgeschlossenes Kollegium mit anthroposophischem Hintergrund für die Vormittagsgruppe sowie für unserer Waldorfkindergärten in Dießen, die Nachmittagsgruppe (ab sofort). Finning, Kaufering und Landsberg. Sie sollten über ein abgeschlossenes Wir sind ein kollegiales, Zusammen mit der Freien Waldorfschule Hochschulstudium verfügen, Erfah- Landsberg liegt unser Waldorfkindergar- rung in der Erwachsenenbildung aufgeschlossenes Team und ten am Stadtrand der historischen Stadt mitbringen und nach anthroposophi- freuen uns auf Ihre Bewerbung! Landsberg am Lech mit Blick auf die Alpen. schem Menschenbild unterrichten Waldorfpädagogik Havelhöhe e.V. Ihre Bewerbung richten Sie bitte an: können. Kindergarten/ Personalkreis Verein Christian Morgenstern e.V. Es wäre wünschenswert, wenn Sie Neukladower Allee 1 • 14089 Berlin z. Hd. Frau Geßner praktische Erfahrungen im Arbeitsfeld Tel.: 0 30/3 69 92 46 20 Münchner Str. 72 • 86899 Landsberg/Lech [email protected] Kinder- und Jugendhilfe mitbringen. E-Mail: [email protected] Tel. 0 81 91/94 93-0 od. -44 • Fax-13 Neben dem Unterricht gehören die Kursleitung, die Koordination der Der Waldorfkindergarten Gänsweide bie- Dozent(inn)en sowie die Konzep- tet in sechs Gruppen, davon einer integra- tion und Durchführung von Fortbil- tiven und zwei Kleinstkindgruppen, eine dungen zu Ihren Aufgaben. ganztägige Betreuung an. Der Umfang der Stelle beträgt im Mo- Wir suchen ab sofort und ab September ment 50%, im Zuge der begonnenen 2011 in Voll- oder Teilzeit: Zweizügigkeit kann die Stelle auf ein volles Deputat aufgestockt werden. Gruppenleitung: Waldorferzieher/in Wenn Sie offen sind für spirituelle Pädagogische Zweitkraft: und wissenschaftliche Denkansätze Waldorferzieher/in und Erzieher/in in der Bildung und Lust an der kre- mit staatl. Anerkennung Unser Waldorfkindergarten in ativen Mitgestaltung einer innova- Windhoek / Namibia Praktikanten: tiven Bildungseinrichtung haben, sucht zum 01.01.2012 Vor- und Anerkennungsprakti- würden wir uns über Ihre Bewerbung kanten/innen sehr freuen. eine erfahrene und liebevolle Gerne können Sie sich auf unserer Waldorferzieher/in. Gern auch Quereinsteiger/innen aus päd- agogischen und pflegerischen Bereichen! Internetseite ausführlich über die Wir sind ein deutschsprachiger Struktur und das Konzept unserer Kindergarten, Wir wünschen uns eine wache und reflek- Einrichtung informieren. englische Sprachkenntnisse tierte Persönlichkeit mit guter Beobach- Anfragen und Bewerbungen bitte an: sind dennoch notwendig. tungsgabe und großem Einfühlungsver- mögen. Wenn Sie Interesse haben, Marion Bornschlegel Bitte richten Sie Ihre aussagekräftige Seminar am Michaelshof bewerben Sie sich bitte bei und vollständige Bewerbung an: Fabrikstr. 9 Margarete Gaida-Lange. 73230 Kirchheim/Teck E-mail: [email protected] Waldorfkindergarten Gänsweide e.V. Tel. 07021-481166 • Fax 07021-481366 Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! Neckarauer Waldweg 129 e-mail: [email protected] Weitere Informationen unter: 68199 Mannheim www.mh-zh.de/Seminar www.walkiga-windhoek.org 0621/ 85 27 88 . [email protected]

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Freie Waldorfschule Landsberg Zum Schuljahr 2011/2012 suchen wir nette, engagierte Kollegen/Innen für die Fachbereiche Englisch mit Abiturprüfungsberechtigung für Bayern

ab Januar 2012 für Heileurythmie

Ihre Bewerbungsunterlagen senden Sie bitte an unseren Personalkreis Freie Waldorfschule Landsberg z.Hd. Frau Daum, Münchener Straße 72,86899 Landsberg, 08191/9493-0 weiteres zu unserer Schule finden sie unter: www.freie-waldorfschule-landsberg.de

Waldorfkindergarten Sieben Zwerge in Radolfzell am Bodensee Unsere Gruppenleiterin des Wir suchen ab 01.09.2011 für die Erweiterung Liliengärtchens geht Mitte März Da arbeiten, wo andere Ferien machen! unseres Kindergartens: 2012 in den Ruhestand. Deshalb eine(n) suchen wir zum Unsere Schule mit jahrgangsübergrei- fenden Kleinklassen liegt zu Füßen der Waldorf-Erzieher/innen 1. Januar 2012 eine/n in der Dolomiten. Gegen Norden geschützt (75 % - 100%) durch den Alpenhauptkamm, öffnet und für unsere Kinderkrippe: Gruppenleitung sich der Brixner Talkessel zum Süden eine(n) erfahrene/n hin und bietet Lebensraum für Edelka- stanie und Weinrebe. Waldorf-Erzieher/in (50-75 %) mit Kleinkindquali kation oder Waldorferzieher/in Als Sitz der Bildungswissenschaftlichen Erfahrung Fakultät der Freien Universität Bozen Wir bieten: als Erstkraft, und der Theologischen Hochschule ist • Bezahlung TvöD angelehnt Brixen ein interessanter Standort für • ein sehr aufgeschlossenes, kollegiales Team welche/r ab dem 15. März 2012 einen regen Austausch im Bildungswe- • die Möglichkeit, eine Kindergartengruppe die Gruppe als Gruppenleiter/in sen. So sind die Brixner Waldorfschule und Kinderkrippe neu mit aufzubauen übernehmen wird. Die Vollzeit- • ein familiäres Verhältnis zwischen Erziehern, und der Kindergarten den staatlichen stelle ist zunächst befristet. Einrichtungen gleichgestellt und Prak- Eltern und Vorstand tikumsort für Universitätsstudenten. • einladend gemütliche Gruppenräume in Unser Waldorfkindergarten einer alten Stadtvilla Zum Schuljahr 2011/12 suchen wir • einen großen Garten mit altem Baum- und umfasst zwei Kindergartengrup- eine/n Strauchbestand pen und eine Krippengruppe mit • direkte Nähe zum Bodensee eigenem Standort. Er liegt in der Klassenlehrer/in Wir suchen: schönen Stadt Ludwigsburg in für die Unterstufe • Menschen der Initiative, die tatkräftig und der Umgebung von Stuttgart. und eine/n begeisterungsfähig sind. • Menschen, denen die zeitgemäße Waldorf- pädagogik ein Herzensanliegen ist. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! Kindergärtner/in. • Menschen, die Freude an der Arbeit sowohl Bitte senden Sie Ihre schriftliche mit den Kindern als auch deren Eltern haben. Ihre Bewerbungen richten Sie bitte an Bewerbung an: • Menschen, die gerne in einem Team arbeiten die Schulleitung und kooperationsfähig sind. der Freien Waldorfschule Brixen Waldorfkindergarten Ludwigsburg Brennerstrasse 32 Wir freuen uns über Ihre aussagekräftigen z. H. des Kollegiums 39042 Brixen Bewerbungsunterlagen, die Sie bitte an Fröbelstr. 16, 71634 Ludwigsburg, Südtirol - Italien folgende Adresse schicken: Förderverein für Waldorfpädagogik Radolfzell e.V. Tel.: 07141-961121 E-Mail: [email protected] z. Hd. Frau Brüstle www.waldorfkindergarten- Tel. 00 39/4 72-83 23 44 Konstanzer Straße 49 • 78315 Radolfzell Homepage: www.waldorfbrixen.it e-mail: [email protected] ludwigsburg.de

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Waldorfkindergarten mit einer Gruppe in Erdmannhausen bei Marbach (S-Bahnanschluss)

sucht Zweitkraft – gerne auch Anerkennungspraktikantin oder -praktikanten – ab 1. September 2011 Unser Hauserkindergarten liegt in schöner Lage in einem Reiterhof. Bewerbungen bitte an: Initiativkreis für Waldorfpädagogik Marbach e.V. Panoramastraße 11 • 71672 Marbach Telefon 0 71 44/3 82 38 oder 0 71 44/2 24 57

Wir suchen zum Das HAUS MIGNON sucht: Sie freuen sich auf den Unterricht in Kindergartenjahr 2011/12 kleinen Klassen (max. 25-28 Schüler) WaldorferzieherInnen • zum 01.07.2011, spätestens zum und wollen gemeinsam mit 25 für die 01.08.2011 eine/n Kolleginnen und Kollegen Heilpädagogen/in, Waldorfpädagogik lebendig werden (100 %) lassen? Eltern, die aktiv ihre Schule mit Gruppenleitung Heilerziehungspfl eger/in gestalten, sind für Sie ein weiteres unserer neuen oder Plus? Freudenstadt liegt im mittleren Kleinkindgruppe Erzieher/in, Schwarzwald in der Mitte zwischen (Kinder zw. 2 + 3 J.) 33 – 39 Wochenstunden, zur Unter- Stuttgart und Karlsruhe. Wenn Sie auch „Natur und Kultur“ als neues stützung einer unserer heilpädago- Wohnumfeld suchen, sind Sie bei uns Zweitkraft (80 %) gischen Kindergartengruppen. für die Kleinkindgruppe richtig. Wir sind eine Schule im Aufbau In der Gruppe werden acht Kinder mit derzeit 12 Klassen. (geeignet auch staatlich mit verschiedenen Entwicklungs- anerkannte Heilerziehungs- auffälligkeiten von drei Fachkräften Wir suchen ab sofort eine/n pflegerInnnen, und einer Praktikantin betreut und HeilpädagogInnen in ihrer Entwicklung gefördert. Musiklehrer/in für die Oberstufe oder KinderpflegerInnen) • zum 01.08.2011 eine/n mit Abiturabnahmeberechtigung Gruppenleitung (60 %) Erzieher/in 33 Wochenstunden für unsere unserer sich erweiternder Und für das Schuljahr 2011-2012 eine/n Integrationsgruppe, in der insgesamt Nachmittagsgruppe zwanzig Kinder von drei Fachkräften (Kinder zw. 3 + 6 J.) und einer Praktikantin betreut und Klassenlehrer/in gefördert werden. Für staatlich anerkannte Erzieher- Sportlehrer/in Innen wird die Bereitschaft zur • zum 01.08.2011 je eine/n gerne mit Fächerkombination waldorfpädagogischen Weiter- Vorpraktikanten/in Englisch bildung vorausgesetzt. zur Unterstützung in der Integrations- gruppe und für die Krippe. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung. Wir freuen uns auf Ihre schriftliche Bewerbung an: Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung. Freie Waldorfschule Freudenstadt HAUS MIGNON z.Hd. Marion Thebault Ute Bleeker/Rahel Cölsche König-Wilhelm-Str. 17 Waldorfkindergarten Engstingen Christian-F.-Hansen-Str. 5 72250 Freudenstadt Frau Lienemann 22609 Hamburg Tel.: 07441-951295 FAX 951282 E-Mail: [email protected] Freibühlstraße 1 | 72829 Engstingen oder per E-Mail an: www.waldorfschule-engstingen.de [email protected]

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WALDORFKINDERGARTEN- UND SCHULVEREIN DIETZENBACH E.V.

Für unsere Schule suchen wir ab dem Für unsere Schule suchen wir eine/n 01.08.2011 Lehrkräfte für KLASSENLEHRER/IN • Musik inkl. Mittel- und sowie neue Kollegen/innen für MATHE, PHYSIK, CHEMIE Wir suchen für das Schuljahr 2011/12 Oberstufenorchester, für die Brückenklasse ca. eine 3/4 Stelle; und ENGLISCH mit Staatsexamen oder Diplom. eine/n Erzieher/in und unser Musikkollegium würde gerne mit Ihnen Freie Waldorfschule Werra-Meißner für die Unterstufe eine/n Brückenstr. 33 – 35 • 37269 Eschwege ins Gespräch kommen! Klassenlehrer/in Tel. 0 56 51/75 43 96 [email protected] sowie eine/n • Klassenlehrer/in Oberstufenlehrer/in für bis zu einem vollen Deputat Physik und Mathematik möglich. Wir sind eine Schule im Aufbau und Die Schule befindet sich, zusammen unterrichten derzeit die Klassen B –12. mit dem Kindergarten, auf einem schönen Gelände in unmittelbarer Für den Aufbau unserer Oberstufe Wir suchen wünschen wir uns tatkräftige Mitarbeit. Waldnähe am Stadtrand von Dietzen- bach, 11 km südlich von Frankfurt. zum Schuljahr 2011/12 Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! eine/n Freie Waldorfschule Havelhöhe Bitte richten Sie Ihre aussagefähige Eugen Kolisko • Personalkreis Bewerbung an den Bewerbungsrat der KlassenlehrerIn Neukladower Allee 1 • 14089 Berlin Rudolf Steiner Schule Dietzenbach für die 1. Klasse Tel.: 0 30/3 69 92 46-10 Fax: -19 An der Vogelhecke 1 und LehrerInnen [email protected] 63128 Dietzenbach mit den Fächern www.havelhoehe.net/schule Tel.: 0 60 74/4 00 94-0 • Fax: -10 Biologie Geografi e (Teildeputat) Janusz-KorczaK-schule Turnen (weiblich) und zur Unterstützung Klassenlehrer/-in unserer erfahrenen OberstufenkollegInnen

Leben, Lernen, Lachen – dieses Motto be- Ab dem Schuljahr 2011/2012 bieten wir Mathematik stimmt den Unterricht an der Janusz-Korczak- eine Festanstellung als Klassenlehrer/-in. Physik Schule, der Schule für Erziehungshilfe und zur Lernförderung in Dresden-Strehlen. Grundlage Ihr Profil: Englisch unserer Arbeit ist die anthroposophische • abgeschlossene Lehrerausbildung (Teildeputat) Heil- und Waldorfpädagogik. Unsere Lehrer/ • Erfahrungen in der anthroposophischen -innen gehen auf die Individualität der Heilpädagogik/Waldorfpädagogik bzw. Wir sind eine vollausgebaute einzü- Schüler ein und spornen sie zu bestmöglicher Interesse, sich diese anzueignen gige Schule, haben ein fortschrittliches Entwicklung an. • Fähigkeit, auf die Besonderheit unserer Oberstufenmodell und liegen in land- Schüler einzugehen schaftlich schöner Lage nahe Reutlin- gen und Tübingen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung. Freie Waldorfschule auf der Alb www.janusz-korczak-schule-dresden.de Einstellungskreis Freibühlstraße 1 • 72829 Engstingen Bitte senden Sie Ihre Bewerbung mit Lebenslauf und Zeugniskopien an: oder per E-Mail an Janusz-Korczak-Schule Dresden · Frau Vogt · Lockwitzer Str. 28 · 01219 Dresden [email protected] www.waldorfschule-engstingen.de

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WIR SIND EINE SCHULE MIT 8 KLASSEN UND BEABSICHTIGEN DEN AUFBAU DER OBERSTUFE. SEIT IHRER GRÜNDUNG BEMÜHT SICH DIE SCHULE, DIE IMPULSE DER DREIGLIEDERUNG ZU VERWIRKLICHEN.

Für den Aufbau unserer Oberstufe suchen wir zwei Kollegen/innen mit Berufserfahrung für die Fachgebiete Deutsch/Geschichte und Mathematik/Physik, die neben der Qualifikation zur Abnahme von Prüfungen vor allem das Anliegen haben, Wir suchen für das Schuljahr ihr Unterrichtsfach aus dem Verständnis der Anthroposophie zu handhaben. Wenn Sie 2011/2012 an einer engagierten Mitarbeit in einer überschaubaren Schulgemeinschaft interessiert sind, richten Sie Ihre Bewerbung bitte an: eine/n Eurythmielehrer/in Freie Goetheschule Waldorfschule Neustadt • z.Hd. Herrn Matthias Heck Kl. 1-7 Konrad-Adenauer-Str.16 • 67433 Neustadt [email protected] • www.freie-goetheschule.de eine/n Französischlehrer/in Kl. 5-7

Wir sind eine junge Schule im Aufbau, herrlich gelegen im idyllischen Ober- schwaben, mit kleinen Klassen, im neuen Schuljahr mit ca. 160 Kindern.

Zum Schuljahr 2011/12 Auf Ihre Bewerbung freut sich: suchen wir (einzügig) eine/n Freie Waldorfschule Biberach Rindenmooser Str. 14 Musiklehrer/in 88400 Biberach (Klassen 1-13) Tel. 0 73 51/52 85 55 Fax 0 73 51/52 85 56 Wir bieten ein vielfältiges Arbeitsgebiet [email protected] in allen Altersstufen – Leitung Mittelstufenchor – Leitung Oberstufenorchester – Leitung Oberstufenchor (10-13) – Eine Besonderheit ist der „Musischer Abend“ der Klasse 13 im Rahmen der Abitur Prüfung – Betreuung von Jahresarbeiten und Präsentationen. Eine Unterrichtsgenehmigung für die Oberstufe mit Abiturabnahme wäre wünschenswert, kann bei uns auch nachträglich erworben werden. Auf Ihr Interesse freut sich das Kollegium der Freien Waldorfschule Marburg. Bewerbungen richten Sie bitte an: Freie Waldorfschule Marburg Ockershäuser Allee 14 35037 Marburg [email protected] oder in dringenden Fällen Tel. 0 64 21/3 22 27 Nähere Informationen über unsere Schule finden Sie auf unserer Homepage www.waldorfschulemarburg.de

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Freie Waldorfschule Karlsruhe Wir sind eine zweizügige Schule in der sonnigen Rheinebene am Rande des Nordschwarzwaldes und suchen zur Ergänzung unseres freundlichen und viel- seitigen Kollegiums ab dem kommenden Schuljahr 2011/2012

eine / einen Klassenlehrer/in Im sonnigen Süden sowie je eine / einen Fachlehrer/in für Englisch Turnen (Teildeputat). Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! Die Michael Schule ist eine Förder- Ansprechpartner: Michael Lohse schule für heilende Erziehung am Zum Schuljahr 2011/12 suchen wir Freie Waldorfschule Karlsruhe Kolleginnen und Kollegen für die südlichen Stadtrand Hamburgs Neisser Straße 2 • 76139 Karlsruhe Fachbereiche gelegen. Wir unterrichten als Tel.: 07 21/9 68 92-20 • Fax: -28 Mathematik Ganztagsschule in Kleinklassen und [email protected] suchen für unseren Unterricht eine/n www.waldorfschule-karlsruhe.de für die Oberstufe, gerne in Kombination mit Physik Klassenlehrer/in NESSCH AN ULE Musiklehrer/in (3/4 Deputat) OH N für unsere Oberstufe J FLEIN (bei Heilbronn) als Elternzeitvertretung und eine/n Freie Schulen für seelenpfl egebedürftige Eurythmielehrer/in Klassenbetreuer/in Kinder und Jugendliche nach der Pädagogik Rudolf Steiners bis zu 100% (Heilpädagoge/in 3/4 Deputat)

Wir sind eine junge, einzügige Schule sucht für das Schuljahr 2011/2012 Außerdem suchen wir einen mit 12 Klassen, in denen SchülerInnen Fachlehrer/in mit und ohne Behinderung gemeinsam selbstständigen und engagierten für unsere Unter- und Mittelstufenklassen unterrichtet werden. Für unser offenes und engagiertes Hausmeister, im Schulzweig für geistig behinderte Schüler. Kollegium suchen wir KollegInnen, der/die mit Organisationsgeschick Ihre Aufgaben werden sein: die unser Schulleben initiativ und einem freundlichen, humorvollen mitgestalten und mittragen wollen. • Unterrichten einer Kleinklasse Wir legen großen Wert auf Umgang mit den Schülern den • Begleitung der Schüler/innen durch Teamarbeit, die durch Supervision Schulalltag mitgestaltet. möglichst viele Fächer und Coaching unterstützt wird. (Die Stelle umfasst 60%). • mit Freude, Tatkraft und Pioniergeist unsere junge Schule aufbauen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung Auf Ihre Bewerbung freut sich der an den Personalkreis der Ihre Ausbildung sollte dem Fachlehrer für Integrativen Waldorfschule Personalkreis der Michael Schule Geistigbehinderte entsprechen. Interesse an Parkweg 24 • 79312 Emmendingen Woellmerstrasse 1 der Waldorfpädagogik sind Voraussetzung. Tel. 07641/9599380-11 (Sekretariat) 21075 Hamburg Ihre Bewerbung richten Sie bitte an: Fax: 07641/9599380-12 Tel. 0 40/70 97 37 78-0 • Fax -19 Johannesschulen [email protected] Seeäckerstr. 3 • 74223 Flein www.waldorfschule-emmendingen.de [email protected] Tel. 0 71 31/56 82 89

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Wir wünschen uns Wir bieten Fachkompetenz oder eine Vollzeitstelle mit umfangreichen Wir suchen zum Schuljahr 2012 / Berufserfahrung in Sozialleistungen 2013 eine aufgeschlossene, Finanzwesen- und Rechnungswesen, vielseitige, interessante Arbeitsfelder tatkräftige Persönlichkeit mit Bilanzierung mit großen Gestaltungsmöglichkeiten Lebenserfahrung, die in Koopera- Controlling und Einsatz moderner und Raum für kreative Innovationen tion mit dem Kollegium und als IT-Anwendungen eine umfassende Einarbeitung durch tätiges Vorstandsmitglied Rechts- und Vertragswesen unseren langjährigen Geschäftsführer, Interesse an zukunftsgestaltender der in den Ruhestand geht Personalwesen Arbeit hat als Marketing und Öffentlichkeitsarbeit Wir sind eine etablierte, voll ausgebaute Geschickter Umgang mit Banken einzügige Schule in reizvoller Lage Geschäftsführer/in und Behörden am Rande des Schwarzwaldes und der Team- und Organisationsfähigkeit Schwäbischen Alb. Interesse an Waldorfpädagogik Weitere Informationen bekommen und Anthroposophie Sie unter www.rss-vs.de

Wir freuen uns über Ihre aussagekräftige Bewerbung, die Sie bitte an den Einstellungs- kreis der Rudolf-Steiner-Schule, Schluchseestr. 55, 78054 Villingen-Schwenningen richten.

WALDorf INITIATIVE Seewalde Gründungsinitiative für eine WalDorfschule im ländlichen Raum Kommen Sie nach Seewalde als í Waldorferzieher (m/w) für die verantwortliche Führung des Waldorfkindergartens (z.Zt. 1 Gruppe, 13 Plätze), sobald wie möglich Waldorfpädagogik Kiel Stralsund í Waldorflehrer (m/w) für den weiteren Aufbau der im Garten der MetropolenGreifswald Rostock Schule. Sie starten nach der Ausbildung oder suchen mit langer Erfahrung – auch rentennah oder -begleitend – einen neuen Aufbruch in kleinen Landklassen mit jahr- Neubrandenburg gangsübergreifendem Konzept als Klassen- oder Hamburg Seewalde Fachlehrer ab Schuljahr 2013/14 oder früher Hamburg Rheinsberg 150 Minuten í Klassenfahrer, Feldmesser, Forstpraktikant, u.a. (m/w) bei Bedarf mit professioneller Betreuung Berlin Berlin í Urlauber an Wald und See (m/w) – schön zu jeder Jahreszeit 90 Minuten

Dorf Seewalde gem. GmbH ½ Lebens- und Arbeitsort für Menschen mit und ohne Behinderung, auf anthroposophisch menschenkundlicher Grundlage ½ 100 km nördlich von Berlin, Mecklenburgische Kleinseenplatte ½ 17255 Wustrow, Seewalde 2 ½ Wohnbetreuung, Werkstätten, Ferienhäuser & Urlaub am Bauernhof, demeter-Landwirtschaft & -Garten, BioLaden, Waldorfkindergarten, WalDorfschule im ländlichen Raum ½ www.seewalde.de ½ [email protected] ½ 039828/20275, Hr. Fischer / Hr. Gädeke / Hr. Bühring

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EZ_07_11_Anzeigen.indd 92 09.06.11 13:36 ANZEIGEN 93 Odilienschule Staatlich anerkannte Wir suchen für unsere kommende Freie Schule für Erziehungshilfe mit dem Bildungsgang der Förderschule Wir suchen erste Klasse Freie Schule für Erziehungshilfe eine/n ( Grund- und Hauptschule) einen/n Klassenlehrer/in Freie Förderschule und • Klassenlehrer/in wir sind eine einzügige Schule im wunderschönen Sonderberufsfachschule für unsere neue erste Klasse Allgäu. Junge Kollegen/innen bekommen bei Kiesteichweg 10 • 68199 Mannheim zum Schuljahr 2011/2012 uns einen Stundenrabatt und werden von einem Telefon: 0621-8620549 • Fax 0621-8425797 Mentor begleitet. [email protected] gerne auch in Kombination mit anderen Fächern. Bitte senden Sie Ihre schrift liche Bewerbung an die Freie Waldorfschule Wangen e.V. Wir suchen zum Beginn des Wir bemühen uns um neue Formen der z. Hd. des Bewerbungskreises Schuljahres 2011/12 eine/n Selbstverwaltung, um erweiterte Mög- Rudolf Steiner Straße 4 lichkeiten der kollegialen Weiterbildung 88239 Wangen im Allgäu Klassenlehrer/in. und die Fortentwicklung der Waldorf- pädagogik. Wir arbeiten in unserer Schule nach den Grundlagen der Wir vereinbaren mit Ihnen individuell eine umfassende Einarbeitung; die Vergütung Waldorfpädagogik und unterrichten erfolgt nach unserer Gehaltsordnung mit Schüler mit unterschiedlichem einer zusätzlichen Altersvorsorge. Förderbedarf. Für weitere Vorabinformationen stehen Wir suchen bevorzugt eine/n wir Ihnen gerne zur Verfügung. Ihre Unsere Schule liegt direkt am südlichen Sonderschullehrer/in mit Bewerbung mit handgeschriebenem Stadtrand von Berlin. Wir sind eine 2. Staatsexamen, Anschreiben senden Sie bitte an: einzügige Ganztagsschule von der Ein- möglichst mit Zusatzausbildung in Freie Waldorfschule Erftstadt gangsklasse bis zum Abitur mit ca. 380 Schülern. Eine zeitgemäße Weiterent- Waldorfpädagogik. Personalkreis An der Waldorfschule 1 • 50374 Erftstadt wicklung der Waldorfpädagogik liegt uns Die Stelle wird nach TVÖD vergütet. Tel.: 0 22 35/46 08-0 • Fax: 0 22 35/46 08-19 sehr am Herzen. E-Mail: [email protected] Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung. www.waldorfschule-erftstadt.de Wir suchen für das Schuljahr 2011/2012 eine/n Rudolf Steiner Schule Nürtingen Klassenlehrer/in für die 6. Klasse Wir suchen für das Schuljahr 2011/2012 Wir sind eine 20-jährige Waldorfschule und Wir freuen uns auf Ihre KlassenlehrerIn suchen für das Schuljahr 2011/2012 initiative Bewerbung! für unsere Mittelstufe Persönlichkeiten, die mit ihrem fachlichen Können und Engagement unser bestehendes Freie Waldorfschule Kleinmachnow MusiklehrerIn Kollegium bereichern. z.Hd. Einstellungskreis Mittel- und Oberstufe Wir suchen Oberstufenlehrer für die Fächer Am Hochwald 30 14532 Kleinmachnow Teildeputat Physik/Astronomie Sek I im handwerklich-praktischen Bereich Biologie Sek I und/oder II Schularzt Englisch Sek I und/oder II und Wir sind eine einzügige Schule mit Kinder- einen Klassenlehrer/in Waldorfschulen garten, am Rande der Schwäbischen Alb, Wir bieten Ihnen neben einem interessierten südlich von Stuttgart gelegen. Kollegium einen offenen fachlichen Austausch. suchen Lehrer Unsere Schule ist einzügig, arbeitet seit 2005 Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! als offene Ganztagsschule mit angegliedertem Hort und ist in einem ausgebauten alten Stadt- Deputatskreis gut idyllisch gelegen. Rudolf Steiner Schule Nürtingen Erlenweg 1 • 72622 Nürtingen Haben Sie Interesse? Wir freuen uns auf Ihre Tel. 0 70 22/9 32 65-0 vollständigen Bewerbungsunterlagen. Werden Sie Lehrer: Fax 0 70 22/9 32 65-50 Freie Waldorfschule Halle www.freie-hochschule-mannheim.de E-Mail: [email protected] Gutsstr. 4 • 06132 Halle • Tel. 03 45/77 75 90

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Wir sind eine "alte" Schule (gegr. 1947).

Bei uns arbeiten viele erfahrene Wir suchen eine/einen Kolleginnen und Kollegen. Vor zwei Jahren haben wir uns ein neues Mitarbeiter/in für unsere Schulverwaltung Schulkonzept erarbeitet und wir fühlen uns strukturell "jung". Sie beherrschen die gängigen EDV-Anwendungen und sind mit den Arbeitsabläufen und der Organisation eines Sekretariates vertraut. Wir suchen zum Schuljahr 2011/2012 Sie arbeiten qualitätsbewusst, professionell und selbständig in unserem eine / einen Verwaltungsteam, sind flexibel und engagiert. Französischlehrer/in Sie würden eventuell gerne zunächst in Teilzeit einsteigen, nach einer mit Unterrichtsgenehmigung für die gründlichen Einarbeitung aber Vollzeit zur Verfügung stehen. Sekundarstufe I / II für ein 2/3 bis ganzes Deputat. Wenn Sie darüber hinaus Interesse an der Waldorfpädagogik haben und Gerne auch Muttersprachler/in. auf die tägliche Zusammenarbeit mit Pädagogen, Eltern und Schülern gespannt sind, dann freuen wir uns über Ihre Bewerbung. Ihre Bewerbungen richten Sie bitte an den Personalkreis der Engelberger Schulverein e.V. Freien Waldorfschule Krefeld Geschäftsführung Kaiserstraße 61 Rudolf-Steiner-Weg 4, 73650 Winterbach 47800 Krefeld [email protected] www.engelberg.net Tel. 0 21 51/5 39 50

Freie Waldorfschule Wir suchen: zum Schuljahresbeginn 2011/12 Schwäbisch Gmünd e.V. eine/n Wir suchen für das Schuljahr 2011/12 FREIE WALDORFSCHULE • Klassenlehrer/in DARMSTADT eine/n Lehrer/in für eine unserer beiden zukünftigen 4. Klassen für Mathematik und Physik (26 Kinder, gut geführt, tatkräftig, sorgfältige Übergabe selbstverständlich) - volles Deputat - für die Oberstufe, möglichst eine/n Kollegen/in für das Fach mit Prüfungsberechtigung,

• Eurythmie für Englisch und Französisch (14 - 18 Stunden in Unter-/Mittel- und Oberstufe) - volles Deputat – Die Eurythmie hat bei uns bis in den Abiturbereich einen hohen Stellenwert und es gibt regelmäßige künstlerische Abschlüsse in den Klassen 12 und 13. sowie Eine Einarbeitung im Rahmen eines Referendariats ist möglich. eine/n Klassenlehrer/in für unsere 6. Klasse, gerne mit Sie fi nden uns verkehrsgünstig gelegen am grünen Stadtrand von Darmstadt, einer Stadt, mit hohem Wohnwert, großem kulturellen Angebot und direkter Nähe zur Bergstrasse, Zusatzfach Sprachen, zum Odenwald, aber auch zu Städten wie Frankfurt, Mainz oder Mannheim. - volles Deputat -

Bei uns erwarten Sie: moderne Strukturen, kleine Klassen, hohes Grundgehalt, arbeit- Bewerbungen bitte an: geberfi nanzierte betriebliche Altersversorgung, Möglichkeit zur Teilnahme am Waldorf- Personalkreis der versorgungswerk, Sozialfond, professionelle mentorielle Betreuung, gut ausgestattete Freien Waldorfschule Fachräume, Schularztpraxis im Haus und vieles mehr. Schwäbisch Gmünd e.V. Scheffoldstraße 136 Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! 73529 Schwäbisch Gmünd FREIE WALDORFSCHULE DARMSTADT Telefon: 0 71 71 / 87 48 87 0 Deputatskreis • Arndtstr. 6 • D-64297 Darmstadt • Tel. 06151-95550, Fax: 06151-955520 Fax: 0 71 71 / 87 48 87 61 E-mail: [email protected] • www.waldorfschule-darmstadt.de Mail: [email protected]

erziehungskunst Juli/August | 2011

201105 Verw Erz.doc vom: 26.05.11, Druck: 26.05.11 14:17

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Freie Waldorfschule Eckernförde

Die Freie Waldorfschule in Eckernförde (Ostsee) sucht ab 1. August 2011

eine/n Klassenlehrer/in für die zukünftige 1. Klasse Der Umfang der beiden angebotenen Stellen beträgt jeweils ein ¾ Deputat und kann ggf. durch eine Fächerkombination erweitert werden. In Rosenheim - der historischen Stadt am Alpenrand gelegen - Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung an das Kollegium der umfasst unsere junge Schule im Freien Waldorfschule Eckernförde Aufbau derzeit 12 Klassen. Wir Schleswiger Str. 112 • 24340 Eckernförde • Tel.: 0 43 51/76 75-0 suchen für das Schuljahr 2011/2012 Fax: 0 43 51/76 75-15 • E-Mail: [email protected]

Deutschlehrer/in für die Oberstufe - Teildeputat Loheland (mit Abiturberechtigung) bietet viele Möglichkeiten! Ihre Bewerbung senden Sie bitte an: Personalrat der Wald, Werkstätt en, Bauernhof Die Freie Waldorfschule Freudenstadt e.V. Freien Waldorfschule Rosenheim und Tiere warten darauf von ist eine junge, einzügige Schule im Aufbau. Mangfallstr. 53 • 83026 Rosenheim Ihnen pädagogisch mitgenutzt Freudenstadt liegt im reizvollen Nord- Tel. 08031-400980 zu werden. schwarzwald, ca. 1 Stunde von Stuttgart [email protected] und Karlsruhe entfernt. Im Rahmen einer www.waldorfschule-rosenheim.de Unsere neue �. Klasse wird Altersnachfolge suchen wir ab 01. August 2011 eine/n eine Inklusionsklasse sein. Wir suchen für sie eine/n Geschäftsführer/in Klassenlehrer/in heilpädagogische Erfahrung Wir sind eine wachsende Schulgemein- wäre vorteilhaft . schaft mit derzeit 12 Klassen, ein Schul- neubau steht unmittelbar bevor. Es erwar- Für unsere künft ige �. Klasse ten Sie also zukunftsweisende Herausfor- suchen wir eine/n derungen, die viel Engagement erfordern. Sie sollten deshalb Erfahrungen in einer Wir sind eine seit 32 Jahren bestehende Klassenlehrer/in selbstverwalteten Schule haben und sich wunderschöne einzügige Schule mit Ganz- in die Gremienarbeit der Schule einbringen tagesangebot am Rande des Zentrums einer Außerdem suchen wir eine/n können. Es erwarten Sie folgende Aufga- süddeutschen Großstadt nahe der Weinberge. Oberstufenlehrer/in ben: für Mathemati k und Physik, Wir suchen zum Schuljahr 2011/2012 - Organisation der Verwaltung mit sowie eine/n Sekretariat und Buchhaltung - Finanz- und Rechnungswesen eine/n Klassenlehrer/in Oberstufenlehrer/in - Aktive Zusammenarbeit mit – für die Unterstufe – für Englisch und Französisch dem Vorstand wenn möglich mit Zulassung - Mitarbeit in den Schulgremien Wir bieten: zur Abiturprüfung. - Personalverwaltung • eine sehr freundliche Schule - Außenvertretung im lokalen Netzwerk • ein offenes, hilfsbereites Kollegium Wir freuen uns auf neue sowie bei Behörden und Banken dynamische und bewegliche • eine Begleitung für Ihre Einarbeitungszeit Menschen in unserem Kreis! Wir bieten Ihnen eine Vollzeitstelle ver- • Unterstützung bei Weiterbildungen Ihre Bewerbung senden Sie bitt e an: bunden mit einem vielfältigen Aufgaben- Wir freuen uns über Ihre Bewerbung spektrum. Eine Einarbeitung durch den an das Rudolf-Steiner-Schule Loheland jetzigen Geschäftsführer wird gewährleis- νπκσν Künzell-Loheland tet. Bitte senden Sie Ihre Bewerbung an: Kollegium der Freien Waldorfschule Heilbronn Tel.: �� �� - � ��-�� Freie Waldorfschule Freudenstadt e.V., Max-von-Laue-Str. 4 • 74081 Heilbronn Fax: �� �� - � ��-�� Vorstand, König-Wilhelmstr.17, 72250 Freudenstadt E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Tel: 07441-951295, Fax: 951282, Tel.: 0 71 31/5 89 51 13 www.loheland.de E-Mail: [email protected] Fax: 0 71 31/5 89 51 11 www.waldorfschule-hn.de

2011 | Juli/August erziehungskunst

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Der Heliand-Zweig (Förderschulzweig für geistige Entwicklung) Freie Waldorfschule in Essen sucht zum Schuljahr 2011/12 Lehrer/in für die Oberstufe des Förderschulzweigs Drei Schulen unter einem Dach in den Klassen 9–12 mit den Fächern Gartenbau oder Textiles Gestalten bei einem Deputat von 20 Stunden Voraussetzung für alle Lehrer ist die Qualifikation für das Lehramt an Förderschulen Bewerber mit 1. Staatsexamen können die Qualifikation durch eine waldorfpädagogische Zusatzqualifikation berufsbegleitend erwerben. Bewerbungen richten Sie bitte an: Freie Waldorfschule e.V. • Personaldelegation • Postfach 320145 • 45245 Essen [email protected] • www.waldorfschule-essen.de

Freie Schule Glonntal

Unsere pädagogischen Schwerpunkte sind Kunst, Erlebnispädagogik und Naturwissenschaften. Zu unseren „Klassenzimmern“ zählen auch drei große Segelyachten Wir suchen ab dem kommenden auf dem Mittelmeer. Schuljahr 2011/12 eine/n Zum Einstieg im laufenden Schuljahr suchen wir Kolleginnen MathematiklehrerIn und Kollegen für: wenn möglich mit Beifach (z. B. Geographie)

● Deutsch ● Englisch ● Eurythmie Sie finden eine aufgeschlossene Fachschaft vor, die auf dem Wege ● Italienisch ● Kunst ● Mathematik ist, auf der Grundlage der Waldorfpädagogik neue ● Musik ● Physik Arbeitsformen zu entwickeln, mit denen SchülerInnen selbstverantwortlich und Gerne auch in Kombination eigenständig lernen können. Falls gewünscht, unterstützen wir Sie gerne bei der Einarbeitung. Ebenso suchen wir für unsere neue 1. Klasse eine/n In den Fächern ● Klassenlehrer/in Geographie, Deutsch und/oder Geschichte Fortlaufende wöchentliche Schulungen sowie Seminare auf den sind Teildeputate neu zu besetzen Schiffen sind ein fester Bestandteil unserer Lehrerbildung. oder Gastepochen zu vergeben. Die Möglichkeit einer späteren Bewerbungen richten Sie bitte an die Schulleitung: Vollzeitstelle besteht bei einer Kombination mit dem Fach Deutsch. Unsere Schule liegt im Herzen von München, ist leicht zu erreichen FREIE SCHULE GLONNTAL und durch die Großstadtlage am PRIVATE GRUNDSCHULE UND GYMNASIUM Puls der Zeit. GLONNTALSTR. 13 85625 BAIERN Bewerbungen richten Sie bitte an die TEL: 0 80 93/90 22 9-0 Schulführung der Rudolf-Steiner-Schule FAX 0 80 93/90 22 92 99 München-Schwabing E-MAIL: [email protected] Leopoldstr. 17 80802 München WEB: www.freie-schule-glonntal.de [email protected]

erziehungskunst Juli/August | 2011

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Pfeile schießen – Ideen treffen Ab dem Schuljahr 2011/2012 suchen wir: Bogenschießen & Prozessbegleitung Zum Aufbau unserer dritten Fremdsprache www.abenteuer-lernen.net eine/einen Lehrerin/Lehrer im Fachbereich Haus Mandorla – Gästehaus, Ferienwoh- Französisch nung, Zimmer für Menschen mit / ohne Behinderung, Fon: 0 75 64/94 92 94 Im Klassenlehrerbereich eine/einen www.haus-mandorla.de Klassenlehrerin/Klassenlehrer Augen-Kinder, Kinder-Augen In der Oberstufe eine/einen Lehrerin/Lehrer im Fachbereich www.augenoptik-vollrath.de

Informatik/Medienkompetenz Klassenfahrten und Studienreisen www.purpletours.de‚ 0 42 93/70 12 Weitere Informationen über uns finden Sie auf unserer Website: www.mitte.waldorf.net www.pfl anzenfaerberei-kroll.de Ihre Bewerbungsunterlagen senden Sie bitte an: Garne, Seidentücher uvm. 0 26 53/64 07 Freie Waldorfschule Berlin-Mitte • Personalkreis Weinmeisterstraße 16 • 10178 Berlin Selbstversorgerhäuser europaweit oder per E-Mail: [email protected] www.purpletours.de‚ 0 42 93/70 12

Kanutouren durch Mecklenburg Gruppentouren, Klassenfahrten oder Familienurlaub, Tel. 01 74/8 27 52 30 www.paddel-paul.de

Anthroposophie. Kunst. Berufsorien- Ab August 2011 suchen wir eine/n tierung. www.Jugendseminar.de

Mitarbeiter für Feldmesspraktika. Ausgebildeter Vermessungstechniker, 6 Semester Kartografi e, pädagogische Klassenlehrer/in für die neue 1. Klasse; Deputat je nach Fächerkombination Ausbildung und Erfahrung, begleitet gerne Ihr Praktikum mit Betreuung der Schüler und Unterstützung der Lehrer. sowie Kollegen/Kolleginnen für Deutsch, Englisch, Geschichte [email protected] für die Klassenstufe 9-13, mit Prüfungsberechtigung; je nach Kombination Teildeputat oder volles Deputat www.wittenannen.net

Musik www.alanus.edu für die Klassenstufe 5-12; Teildeputat oder volles Deputat www.erziehungskunst.de

Freie Waldorfschule Rastatt e.V. www.a-tempo.de WirWer freuen kocht Harald Koch – Personalkreis Bei Rückfragen: uns auf Ihre Ludwig-Wilhelm-Straße 10 Harald Koch www.waldorf-ideen-pool.de 76437 Rastatt Tel. 0 72 31 / 425 89 57 Bewerbung! www.waldorfschule-rastatt.de [email protected] www.waldorfbuch.de

2011 | Juli/August erziehungskunst

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98 SEPTEMBERAUSGABE | GLOSSOLALIE

Thema: Schüler zwischen Hochbegabung und Therapiebedarf

Was ist Intelligenz? Und gibt es nur eine? Sitzt sie im Gehirn oder nicht doch im Knie? Ist der IQ ein veralteter Mythos? Die nächste Ausgabe zeigt, dass Intelligenz mehr ist als ein Test verrät.

Alles eine Frage des Temperaments

von Lorenzo Ravagli

Fichte, der eine philosophische Abhandlung mit dem Untertitel schrieb: »Versuch, die Leser zum Ver- stehen zu zwingen«, war ohne Zweifel der Choleriker unter den Philosophen. Kant, von dem eine Tage- buchnotiz überliefert ist, die ihn daran erinnern sollte, einen kritischen Rezensenten zu vergessen, der Melancholiker. Hegel, der mit unendlicher Geduld die Entstehung, Verwandlung und Auflösung von Ge- danken in seinem Bewusstsein beobachtete und sich nicht einmal vom Kanonendonner bei Jena aus der Ruhe bringen ließ, der Phlegmatiker. Und wenn wir einen Sanguiniker unter den Weltweisen finden wollen, müssen wir bei den Aphoristikern suchen, deren größter wahrscheinlich Nietzsche war, der – abgesehen von der »Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik« – nie eine zusammenhängende Ab- handlung zustande brachte (auch wenn die Sanguinik seines Stils nur eine Verkleidung seiner abgründigen Urmelancholie ist). Wir alle kennen diese Typen aus unserer Alltagserfahrung: den Choleriker, der ständig aufbraust und sich von seinem Zorn hinreissen lässt, den Sanguiniker, der unablässig redet, über alles bestens Bescheid weiß, mit dem man aber nie ein Thema vertiefen kann, den Phlegmatiker, mit dem man nicht ins Gespräch kommt, weil er so gut wie nie etwas sagt und der, wenn er dann doch etwas sagt, mindestens eine halbe Stunde braucht, um einen Satz zu formulieren, und den Melancholiker, dessen Neigung zum Tiefsinn

jedem auf die Nerven geht, außer anderen Melancholikern. Wir alle kennen sie und wissen, dass wir in

überwältigt. ihren Eigenheiten gewisse Wesenszüge von Menschen erleben, die ihnen so anhaften, wie manchen Blu-

imlvnirrMelancholie ihrer von einmal men ihr Duft. Wir wissen aber auch, dass sich in diesen Eigenheiten das eigentliche Wesen des anderen

et rabrnwr wieder wird Urlauberin derte Menschen oft mehr verbirgt als enthüllt, dass Temperamente oft die Menschen selbst in quälender Weise

rabpaug i verhin- die Urlaubsplanung: daran hindern, zu ihrem eigentlichen Wesen vorzudringen. Rudolf Steiner hat, indem er uns an die Tem-

s Choleriker. ist peramente erinnerte, eine »Hüllenkunde« hinterlassen, die uns hilft, Wesen von Erscheinung zu trennen,

e ug:dsHB-Männchen das Luigi: Bei und uns beim Versuch, dem anderen Menschen als Individualität zu begegnen, nicht von charaktero-

heZeflve Phlegma. viel Zweifel ohne logischen Eigenschaften ablenken zu lassen. Denn manchmal drängen sich diese doch mächtig in den

efißneUluei hat Urlauberin zerfließende Vordergrund.

mSrn:dei Genuss im die Strand: Am Man könnte sogar die Weltreligionen auf die Temperamente zurückführen: den Buddhismus mit seiner

s aülc i Sanguiniker. ein natürlich ist Auffassung, alles Dasein sei Leiden, auf den melancholischen Weltschmerz, das Judentum, das bis ans

evöed Zappelphilipp nervtötende Ende aller Tage auf den Messias wartet, auf den phlegmatischen Langmut, das Christentum, das den Er-

newg ahKk der Krk: nach Unterwegs löser schon hinter sich hat und gleichzeitig von der Zukunft erwartet, auf die sanguinische Flatterhaftig-

rab Sie1 ff.) 19 (Seite Urlaub« keit und den Islam mit seiner unbedingten Forderung, sich dem Willen Allahs zu unterwerfen, auf gewisse

MtTmeaeti den in Temperament »Mit cholerische Neigungen. Dieses Aperçu birgt vielleicht sogar mehr Tiefsinn, als es auf den ersten – ulsn u Beitrag zum Auflösung sanguinischen – Blick erscheint. Seine Abgründe mögen die Melancholiker unter den Lesern ausloten. ‹›

erziehungskunst Juli / August | 2011 Ko?pfe U1_U2_U3_U4_EK_07-08_2011:EZK Cover 10.06.2011 13:00 Uhr Seite 3

Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen

Der Sonne Licht

DER SONNE LICHT

Lesebuch der Waldorfschule

Herausgegeben von Caroline von Heydebrand, überarbeitet und erweitert von Hansjörg Hofrich- ter, 152 Seiten, mit sechs far- bigen Bildern und zwei Liedern.

Das seit Jahren vergriffene Erstlese- buch der Waldorfschule liegt jetzt in einer überarbeiteten und erweiterten Fassung wieder vor.

Neu hinzugenommen sind moderne Texte, aber es wurde auch darauf ge- achtet, dass bewährte Sprüche, Fabeln und Legenden unter dem Gesichts- punkt »Alleinstellungsmerkmale der Waldorfschule« nicht verloren gehen.

Normalausgabe*, Hardcover, weißes Papier, ISBN 978-3-88069-038-7 | 12.- Euro Prachtausgabe*, in Leinen gebunden, hochwertiges Papier elfenbeinfarbig, ISBN 978-3-88069-408-8 | 16.- Euro  *Die beiden Ausgaben unterscheiden sich inhaltlich nicht und können daher parallel verwendet werden.

Bestellen Sie im Internet: www.waldorfbuch.de oder www.mellingerverlag.de; oder per Fax bei: DRUCKtuell, Benzstr. 8, 70839 Gerlingen, Fax: (07156) 2008-26 Ko?pfe U1_U2_U3_U4_EK_07-08_2011:EZK Cover 10.06.2011 13:00 Uhr Seite 4

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