Deutsche Künstler im Exil 1933 – 1945 Werke aus der Sammlung Memoria von Thomas B. Schumann

15. Juni bis 29. September 2019

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019

© Mittelrhein-Museum Koblenz, 2019

Texte der Ausstellungsinformationen: Matthias von der Bank, Claudia Heitmann

Texte der Künstlerbiographien: Matthias von der Bank, Claudia Heitmann und Carolyn Weber

Zentralplatz 1 56068 Koblenz Telefon 0261 / 1292520

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Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019

Teil 1

Ausstellungsinformationen

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Deutsche Künstler im Exil 1933 – 1945 Werke aus der Sammlung Memoria von Thomas B. Schumann

15. Juni bis 29. September 2019

Gut eine halbe Million Menschen verließen Deutschland während der nationalsozia- listischen Diktatur. Die Gründe für das Exil waren vielfältig. Bei weitem die meisten mussten gehen, weil sie Juden waren und durch die rassistischen Gesetze des NS- Regimes keine Lebensmöglichkeit in Deutschland mehr sahen. Ein weiterer Exilgrund war die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer politischen Überzeugung, dann folgte die religiöse Ausgrenzung sowie die künstlerische Diffamierung.

Unter diesen Exilanten befanden sich fast 10.000 Kulturschaffende im weitesten Sinne, also nicht nur Maler, Musiker oder Schriftsteller, sondern auch Architekten, Publizisten, Kabarettisten, Tänzer oder Mitarbeiter der Filmindustrie. Die Zahl hängt etwas davon ab, wen man dort hinzuzählt. Professionelle bildende Künstler im enge- ren Sinne waren es weniger, wobei sich deren Zahl nicht exakt bestimmen lässt; vielleicht sind es einige hundert.

Im öffentlichen Bewusstsein sind vor allem die Persönlichkeiten in Erinnerung geblie- ben, die schon vor ihrem Exil international berühmt waren oder danach zu Bekannt- heit gelangten, wie etwa Thomas Mann, Walter Gropius oder Max Beckmann. Sie sind jedoch nicht repräsentativ für die überwältigende Mehrzahl der aus Deutschland vertriebenen Künstler. Für diese war der Heimatverlust gleichbedeutend mit dem Verlust der beruflichen Existenz, dem Verlust ihres Publikums und ihrer Förderer. Im Exil standen viele vor dem Nichts und kämpften täglich um die Sicherung ihres Le- bensunterhaltes.

Einige konnten als Künstler beruflich in ihrem Gastland Fuß fassen. Andere lebten in völliger Isolation. Manche wechselten ihren Beruf. Während des Zweiten Weltkriegs wurden sie zudem – paradoxerweise – in den Exilländern als feindliche Ausländer interniert. Einige wurden selbst noch dort von den deutschen Besatzern aufgespürt und deportiert. Nach Kriegsende und der Rückkehr in die Heimat mussten viele fest- stellen, dass sie vergessen waren oder dass sie als Emigranten sogar auf offene Ablehnung stießen.

Ziel der Ausstellung ist es also nicht, einzelne besonders herausragende Künstler mit einer größeren Anzahl von Werken zu feiern, sondern ein breites Spektrum der un- terschiedlichsten Künstlerinnen und Künstler. Es soll eine Vorstellung von dem un- geheuren Verlust gegeben werden, den das deutsche Kulturleben erlitten hat. Und umgekehrt soll an die Entrechtung und die Leiden all der Menschen erinnert werden, die gewaltsam aus dem deutschen Kulturleben entfernt wurden.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Der Sammler und Verleger Thomas B. Schumann

Thomas B. Schumann, geboren in Köln-Lindenthal, studierte nach einer Buch- handelstätigkeit Germanistik und Geschichte in Bonn, Köln und München und be- gann früh, journalistisch zu arbeiten. Seit vielen Jahren widmet er sich der deutschen Exil-Kultur von 1933 bis 1945.

Dazu angeregt wurde er als 15-jähriger Schüler durch eine Begegnung mit Thomas Manns Witwe Katia, der zahlreiche persönliche Kontakte mit Exil-Schriftstellern folg- ten. So traf er z. B. Günther Anders, Elias Canetti, Irmgard Keun, Walter Mehring, Hans Sahl und Armin T. Wegner.

Seitdem behandelt er als Autor („Plädoyers gegen das Vergessen“, „Asphaltliteratur“) und Journalist (Zeit, FAZ, NZZ u. a.) sein Lebensthema. Zudem veröffentlicht er in seinem Verlag „Edition Memoria“ die Werke deutschsprachiger Exil-Schriftsteller. Seit einigen Jahren hat er sein Interesse auf die bildende Kunst ausgeweitet und eine stetig wachsende Anzahl von Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen zusammen- getragen. Mittlerweile umfasst diese wohl umfangreichste Sammlung zum deutschen Exil insgesamt 750 Kunstwerke und 10.000 Bücher sowie Dokumente und Nach- lässe.

Gern unterstützt er Ausstellungen mit Werken aus seinem Besitz, um das Bewusst- sein für diesen vernachlässigten Bereich der Kunstgeschichte zu fördern. Seit langem verfolgt er das Ziel, ein „Museum des Exils“ zu gründen. Dieses könnte mit seiner Sammlung als Grundstock zum dringend benötigten Zentrum für die Dokumentation und Erforschung des Themas werden.

Thomas B. Schumann ist Träger des Kulturförderpreises der Stadt Hürth und wurde 2017 für sein Exil-Engagement mit dem renommierten Hermann-Kesten-Preis aus- gezeichnet.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Die trügerische Erfahrung von Sicherheit

Jüdische Künstlerinnen und Künstler der älteren Generation, die zwischen 1860 und 1880 geboren waren, wie Julie Wolfthorn, Julius Graumann, Franz Korwan, Clemens Fraenkel, Walter Bondy und Eugen Spiro glaubten sich in der bürgerlichen Gesell- schaft des Kaiserreichs fest verankert. Künstlerisch standen sie meist den Tenden- zen des späten 19. Jahrhunderts, wie Impressionismus und Jugendstil, nahe.

Viele Künstlerinnen und Künstler wurden nach 1933 vom Ausmaß der Verfolgungen durch die nationalsozialistische Diktatur überrascht. Innerhalb von wenigen Wochen bis Monaten nach der „Machtergreifung“ standen sie unvermutet vor der Frage, ob sie Deutschland verlassen sollen oder gar müssen. Oft zögerten sie lange, diesen Schritt zu tun. Es schien allen ihren historischen Erfahrungen zu widersprechen.

Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 glaubte die überwiegende Mehrheit der Deutschen, in einem stabilen Rechtsstaat zu leben. Es gab ein allge- meines und gleiches Wahlrecht für Männer, was zur damaligen Zeit im internationa- len Vergleich durchaus fortschrittlich war. Das „Gesetz betreffend die Gleichberechti- gung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung“ wurde Grundlage der Reichsverfassung. Dadurch wurden alle deutschen Juden zu gleich- berechtigten Staatsbürgern. Mit der Weimarer Republik existierte seit 1918/19 zudem ein demokratisches Staatswesen.

Trotz weiterhin bestehender gesellschaftlicher Benachteiligungen und eines verbrei- teten Antisemitismus hing die große Mehrheit der Juden in Deutschland bis 1933 dem Gedanken der Assimilation an. Der Zionismus war demgegenüber eine Minder- heitenposition. Teilweise bis Ende der 1930er Jahre wurde daher die Gefahr unter- schätzt.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Ausgrenzung und versperrte Auswege

Am 30. Januar 1933 begannen die Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes. Ge- fährdet waren als erstes politische Künstler wie Georges Grosz, dessen Atelier noch am Tag der Machtübernahme durch die SA gestürmt wurde. Durch das „Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staats- bürgerschaft“ vom 14. Juli 1933 konnte Deutschen die Staatsangehörigkeit entzogen werden, wenn sie sich im Ausland regimekritisch betätigten. Es sind 39.006 solcher individuellen Ausbürgerungen dokumentiert, die vor allem politische Gegner des Re- gimes betrafen.

Mit dem „Juden-Boykott“ am 1. April 1933 begann die öffentliche Ausgrenzung der Juden. Durch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 wurden „Beamte nicht arischer Abstammung“ aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt verließen einige jüdische Künstler wie Artur Kaufmann, Arie Goral oder Rudolf Jacobi Deutschland. Zwischen 1933 und 1937 wanderten 130.000 Juden aus Deutschland aus.

Die zweite Emigrationswelle setzte nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 ein. 1938 und 1939 flüchteten noch einmal rund 120.000 Juden aus Deutschland, darunter Jacqueline Diffring und Milein Cosman. Mit Kriegsausbruch waren die Aus- wege weitgehend versperrt. Bei einigen Künstlern scheiterte die Ausreise in letzter Minute, obwohl die nötigen Papiere vorlagen, wie bei Heinrich Tischler oder Edith Marcus.

Mit der 11. Verordnung zum Reichbürgergesetz vom 25. November 1941 wurden automatisch alle Juden ausgebürgert, die sich im Ausland aufhielten. Das betraf etwa 250.000 bis 280.000 emigrierte deutsche Juden. Dazu gehörten auch die Juden, die in Vernichtungslager im Ausland deportiert wurden, etwa nach Auschwitz. Sie waren formell staatenlose Exilierte.

Während des Krieges lebten manche Künstler versteckt. Einige, wie Felix Nussbaum oder Franz Monjau wurden denunziert, verhaftet und deportiert. Andere, wie Julo Levin, scheinen nie Emigrationspläne verfolgt zu haben und versuchten, unauffällig zu leben. Levin wurde schließlich verhaftet, deportiert und 1943 in Auschwitz ermordet.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Exilland Großbritannien

Bis 1938 herrschte eine relativ restriktive Aufnahmepraxis auf der britischen Insel. Permanente Aufenthaltserlaubnisse wurden nur an bestimmte Berufsgruppen verge- ben. Die Kulturschaffenden fanden auf der Insel kaum einen Markt für ihre Werke, so dass viele von ihnen darauf angewiesen waren, sich in anderen Disziplinen zu versu- chen. Vor allem Rolf Gérard und Hein Heckroth etablierten sich erfolgreich im Be- reich der Bühnen- und Kostümgestaltung. Jack Bilbo gründete 1941 eine Galerie für Moderne Kunst, in der er auch deutschsprachige Emigranten ausstellte.

1939 formierte sich unter Mitwirkung u. a. von Fred Uhlmann das Artist Refugee Committee , das sich dafür einsetzte, dass vor allem in Prag und in Polen festsitzende Emigranten nach Großbritannien einreisen konnten. Bald darauf wurde der Freie Deutsche Kulturbund ge gründet. Sein Zweck war die intellektuelle Vernetzung der Emigranten, die Organisation von Kulturveranstaltungen und die Förderung des Kontaktes von Exilanten und Einheimischen. Überdies sollte eine „freie deutsche Kultur“ erhalten und weiterentwickelt werden, bis man wieder in die Heimat zurück- kehren konnte.

Nach Kriegsbeginn wurden alle deutschsprachigen Einwohner als feindliche Auslän- der eingestuft und in Lagern interniert. Manche wurden sogar nach Kanada oder Australien verschifft. Es spielte keine Rolle, ob sie bereits seit Jahrzehnten in Eng- land lebten oder ob sie jüdischen Glaubens waren. Die Internierten wurden ihrer po- tentiellen Gefährlichkeit nach in drei Gruppen unterteilt und dann einer individuellen Prüfung unterzogen. So beliefen sich die Internierungszeiten zwischen drei und 30 Monaten. Vor allem die Ungewissheit zerrte an den Nerven der Insassen. Zur Ablen- kung und zur Hebung der Moral wurden Ausstellungen, Konzerte oder Vortrags- reihen veranstaltet. Ludwig Meidner bemerkte rückblickend sarkastisch, die Zeit im Lager sei seine beste in England gewesen, weil er dort ständig mit Intellektuellen und Künstlern im produktiven Austausch gestanden habe.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Exilland Italien: Sehnsucht nach dem Süden?

Italien zählte unter den Künstlern zu den „beliebtesten“ Exilländern. Schließlich hat- ten viele das Land bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf einer Studienreise be- sucht, was ihnen die Orientierung enorm erleichterte. Die Einreise war zunächst unproblematisch, man benötigte kein Visum und es gab keine Einschränkungen für die Berufsausübung.

Im Gegensatz zur nationalsozialistischen Ideologie kannte der italienische Faschis- mus keine grundsätzliche Verdammung der modernen Kunst. Gleichwohl übte der Staat eine strenge Kontrolle aus. Man überwachte die ideologische Linientreue der Kulturschaffenden ebenso wie die Inhalte von kulturellen Veranstaltungen. Entspre- chend waren die Ausstellungsmöglichkeiten für die emigrierten Künstler rar und Ver- käufe äußerst selten. Aufgrund der engen Verbindungen zwischen dem Deutschen Reich und Italien wurden die deutschen Künstler von der NSDAP-Auslandsorganisa- tion genau überwacht. Deshalb zogen sich viele in kleinere Orte im Süden des Lan- des zurück, so auch die Maler Karli Sohn-Rethel und Curt Craemer auf Ischia und nach Positano. Dort war es einfacher, den Kontrollen zu entgehen. Manche unter- ließen es ganz, ihrer Meldepflicht bei den Konsulaten nachzukommen. So konnte der perfekt italienisch sprechende Rolando Hettner für einige Zeit untertauchen.

Bis 1938 galten für Juden keine gesonderten Aufenthaltsbestimmungen. Dies än- derte sich allerdings, als im Herbst 1938 die „Rassengesetze“ eingeführt wurden. Dadurch waren alle seit 1918 ins Land gekommene Juden von der Ausweisung be- droht und wurden mit einem Arbeitsverbot belegt. Diese Situation verschärfte sich mit dem Kriegseintritt 1940 erneut. Kurz nachdem die Deutschen Italien besetzt hatten, begannen die Deportationen der Juden in die Vernichtungslager, vor allem nach Auschwitz. Zu ihnen gehörte auch Rudolf Levy. Er wurde 1943 von SS-Männern, die sich als Kunsthändler ausgegeben hatten, verhaftet und der Gestapo übergeben.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Exil bei den Nachbarn: Belgien, Frankreich und die Niederlande

Da viele der Emigranten anfangs noch hofften, in naher Zukunft in ihre Heimat zu- rückkehren zu können, zogen sie sich vorerst nur in die Nachbarländer zurück.

In Belgien herrschten zunächst gute Bedingungen für die Flüchtlinge, vor allem da sie eine Arbeitserlaubnis erhielten. Nach Kriegsbeginn wurden die „potentiell feindli- chen Ausländer“ jedoch nach Frankreich abgeschoben, so z. B. auch Felix Nuss- baum und Carl Rabus. Von der Grenze wurden sie direkt in das südfranzösische Internierungslager Saint-Cyprien gebracht. Das nur mit provisorischen Unterkünften ausgestattete Lager war nicht für die vielen Insassen ausgelegt, entsprechend kata- strophal waren die Lebensbedingungen.

Nach Frankreich zog es besonders viele Künstler, kannten doch viele vor allem noch aus ihrer Studienzeit. 1933 hatte Frankreich noch den größten Teil der deutschen Emigranten aufgenommen. Das innenpolitische Klima war durch die Weltwirtschaftskrise angespannt, was die Situation der Flüchtlinge zunehmend ver- schlechterte. Sie durften keiner bezahlten Arbeit nachgehen. Die Front Populaire war sehr stark in Frankreich und stellte 1936-37 die Regierung, wovon sich viele kommu- nistische Flüchtlinge angezogen fühlten. Max Lingner z. B. schuf vor allem Plakate und Zeitungsillustrationen im Dienste der Partei.

Nach Kriegsbeginn wurden die „feindlichen Ausländer“ in verschiedenen Lagern in Südfrankreich interniert. War man dort zunächst wenigstens noch vor den einmar- schierenden Deutschen sicher, so wurde die Lage vor allem für Juden gefährlich, als die Vichy-Regierung des nicht besetzten Teils Frankreichs mit den Deutschen zu kollaborieren begann. Viele Internierte flüchteten aus den Lagern und gingen in den Untergrund, um z. T. von dort aus den Befreiungskampf der Resistance zu unterstüt- zen, so z. B. Anton Räderscheidt, Heinrich Maria Davringhausen und Adolf Fleisch- mann.

Die Einreise in die Niederlande war bis 1939 ohne Visum möglich. Die Arbeitsmög- lichkeiten waren für die Flüchtlinge jedoch stark eingeschränkt. In Amsterdam bildete sich ein Zentrum der emigrierten Schriftsteller und Publizisten, da es dort zwei Ver- lage gab, die deutschsprachige Autoren in ihrem Programm hatten. Auch viele Künstler wie Max Beckmann und ab 1940 auch Herbert Fiedler lebten hier. Nach der Besetzung begannen ab 1942 die Deportationen der Juden in die Vernichtungslager.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Porträtzeichnungen von Emigranten

In einer Zeit, als der Fotojournalismus noch nicht die Bedeutung hatte wie heute, griff man bei Artikeln über Prominente meist noch auf Porträtzeichnungen zurück. Es gab spezialisierte Pressezeichner, die von den Zeitungen zu Veranstaltungen geschickt wurden, um prominente Teilnehmer vor Ort im Bild festzuhalten. Dazu musste man schnell arbeiten und mit wenigen Strichen die markanten Züge festhalten können.

Einer der bekanntesten Pressezeichner im der 1920er Jahre war Dolbin, den man scherzhaft auch als den „Kopfjäger“ bezeichnete. Dolbin wurde als Benedikt Fred Pollak 1883 in Wien geboren. Mitte der 1920er Jahre zog er nach Berlin, wo er als Pressezeichner schnell großen Erfolg hatte. Dolbins Werk ist unüberschaubar, vielleicht hat er weit mehr als zehntausend Zeichnungen angefertigt. Die gesamte Prominenz der Weimarer Republik wurde von ihm mit wenigen markanten Strichen, leicht expressiv zugespitzt, zeichnerisch festgehalten. 1935 wanderte er in die USA aus und konnte dabei einen großen Teil seiner Zeichnungen mitnehmen. In den USA gelang es ihm nur schwer, an seine früheren Erfolge anzuknüpfen, da der amerikani- sche Stil von Pressezeichnungen ein anderer war. Er porträtierte aber viele Emigranten. Hier zu sehen sind die Schriftsteller Thomas und Heinrich Mann.

Milein Cosmann wurde 1920 geboren und wanderte 1939 nach England aus. Erst dort erfuhr sie in Oxford ihre künstlerische Ausbildung. Bei vielen Kulturveranstaltun- gen in England porträtierte sie bekannte Emigranten wie etwa die Schriftsteller Elias Canetti und Erich Fried sowie den Kunsthistoriker Ernst Gombrich.

Anders verhält es sich mit der Zeichnung des emigrierten Schriftstellers Walter Mehring von George Grosz. Hierbei handelt es sich nicht um eine Pressezeichnung, sondern um eine klassische, sorgfältig durchgearbeitete Porträtstudie eines persön- lich bekannten Künstlerkollegen im Stil der Neuen Sachlichkeit. Grosz hatte Mehring mehrfach porträtiert: während der Weimarer Republik in Berlin, dann wie hier im amerikanischen Exil und schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg.

Diese Porträtzeichnungen von drei sehr verschiedenen Künstlern belegen, dass sich die emigrierten Künstler in den Exilländern durchaus öfter begegneten. Man sah sich bei Kulturveranstaltungen, man wohnte in ähnlichen Stadtvierteln oder man war auch bekannt oder gar befreundet.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Skandinavien: Die Exilländer Norwegen und Schweden

Die skandinavischen Länder standen anfangs noch kaum im Fokus der Exilsuchen- den. Zum einen wegen der längeren Reise, zum anderen weil die Länder zum Teil restriktive Zuwanderungsregelungen hatten, die auf eine baldige Weiterreise abziel- ten.

In Norwegen wollte man Anfang der 1930er Jahre die Zuwanderung so gering wie möglich halten, indem Arbeitsverbote verhängt und staatliche Unterstützung begrenzt wurden. Ab 1936 änderte sich diese Praxis und den Flüchtlingen wurde das Arbeiten erlaubt. Zwei Jahre später wurden feste Quoten erlassen, um die Akzeptanz in der norwegischen Bevölkerung zu erhöhen. Qualifizierte Kräfte profitierten von dieser Regelung, Juden wurden benachteiligt. Nach der Besetzung durch die Deutschen harrten einige in Verstecken aus, wie Bruno Krauskopf, oder flohen weiter nach Übersee oder Schweden, wie der Maler Paul Wieghardt.

In Schweden herrschte in den 1930er Jahren eine prinzipiell ablehnende Haltung gegenüber Flüchtlingen. 1938 hatte man sich dort, ebenso wie in der Schweiz, für die Einführung des „J-Stempels“ in den Pässen deutscher Juden stark gemacht. Mit die- ser Maßnahme sollte die allgemeine Visumpflicht für alle Reichsdeutsche umgangen werden. Gleichzeitig bestand die Möglichkeit, Juden als solche zu identifizieren und ihnen die Einreise zu verwehren. Erst im Frühjahr 1940, als man sich mit den Flücht- lingen aus den besetzten Nachbarländern Norwegen und Dänemark konfrontiert sah, wurden die Bestimmungen gelockert. Den jüdischen Flüchtlingen wurde jedoch wei- terhin die Einreise erschwert. Die politischen Flüchtlinge wurden zumeist ohne Ein- schränkungen aufgenommen. Davon profitierte Hans Tombock ebenso wie die Jüdin Hilde Rubinstein, die beide engagierte Kommunisten waren. Die Umstände trugen dazu bei, dass sich viele Emigranten nach einer baldigen Weiterreisemöglichkeit um- sahen, so z. B. Bert Brecht oder Paul Wieghardt, der mit seiner Frau über die Sow- jetunion, Japan und Panama in die USA gelangte.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Das Exil in den USA

Die USA nahmen mit Abstand die meisten Emigranten aus Deutschland auf. Als klassisches Einwanderungsland boten die USA für rechtsgültig Eingereiste zudem die Möglichkeit, nach fünf Jahren die Staatsbürgerschaft zu erwerben. Um eine unge- regelte Masseneinwanderung zu begrenzen, legte das Immigrationsstatut von 1921 allerdings pro Land feste Quoten für die Visavergabe fest. 1938 standen nach die- sem Quotensystem den etwa 300.000 Anträgen aus Deutschland nur 27.330 zu vergebende Visa gegenüber. Neben dem Quotenvisum benötigte man noch ein sogenanntes „Affidavit“. Dies war die Erklärung eines amerikanischen Staatsbürgers, im Notfall den Einwanderungskandidaten finanziell zu unterstützen.

Schon im Januar 1933 wanderte George Grosz aus, der als exponierte öffentliche Figur der Linken zu den politischen Hauptfeinden der NSDAP zählte. Er hatte dabei großes Glück, da er schon von Mai bis Oktober 1932 in New York einen Lehrauftrag angenommen hatte und währenddessen viele Kontakte knüpfen konnte. So ent- schloss er sich am 12. Januar 1933, Deutschland abermals zu verlassen. Vermutlich rettete ihm diese zufällige Fügung das Leben, denn gleich nach der Machtüber- nahme am 30. Januar wurde sein Atelier gestürmt, um ihn zu verhaften. Als einziger Regimegegner wurde Grosz schon am 8. März 1933 formell ausgebürgert.

Viele Emigranten rechneten zunächst nicht mit einem längeren Exil, so dass sie nach 1933 die europäischen Nachbarländer bevorzugten. Erst später versuchten sie, von dort aus in die USA zu gelangen. So etwa Charlotte Berend-Corinth, die ab 1931 in Italien lebte und erst nach dem Erlass der antijüdischen Gesetze durch Mussolini im Jahr 1938 in die USA emigrierte. Arthur Kaufmann ging 1933 zunächst in die Nie- derlande und von dort aus 1936 in die USA.

Ebenso waren die USA das Ziel derjenigen, die ab 1940 aus Frankreich und den an- deren von der besetzten Ländern fliehen mussten. Hierfür steht das Schicksal von Julius W. Schülein, der 1933 erst nach Frankreich emigrierte, dort 1939 als feindlicher Ausländer interniert wurde und erst 1941 über Portugal in die USA fliehen konnte.

Mit Kriegseintritt der USA am 11. Dezember 1941 wurden die Emigranten als mögli- che Spione angesehen und durch das FBI besonders überprüft.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Erez Israel – Palästina

Erst im Jahre 1948 entstand der heutige Staat Israel. Bis dahin stand das Gebiet unter britischer Verwaltung. Zwischen 1932 und 1941 wanderten etwa 60.000 deut- sche Juden in das britische Mandatsgebiet Palästina aus. Hierbei handelte es sich allerdings nicht um eine homogene Gruppe. Vielmehr lassen sich zwei grundsätzlich voneinander zu unterscheidende Gruppen ausmachen.

Die erste Gruppe bestand aus gläubigen, zumeist jungen Männern und Frauen. Sie wollten in Palästina einen jüdischen Staat aufbauen. Da die Behörden den Zuzug streng regulierten, kamen viele Zuwanderer illegal ins Land. Zur Vorbereitung be- suchten viele von ihnen sogenannte Hachschara -Zentren, wie auch die jungen Maler Jakob Pins und Samuel Zulkis. Dort bekamen sie grundlegende Kenntnisse der Landwirtschaft vermittelt oder erlernten praktische handwerkliche Techniken, die es ihnen ermöglichen sollten, das Land möglichst autark zu besiedeln. Zudem erhielten sie Unterricht in Ivrit , dem modernen Hebräisch. Ihr Ziel war es, in kollektiven Sied- lungsgemeinschaften durch die gemeinsame Ausübung ihres Glaubens langfristig eine neue jüdische Identität zu schaffen.

Zur zweiten Gruppe gehörten in Deutschland assimilierte Juden, für die Palästina eine Möglichkeit darstellte, sich in Sicherheit zu bringen. Noch 1940, als beinahe alle anderen Wege versperrt waren, gab es von internationalen jüdischen Hilfsorganisati- onen organisierte Flüchtlingsschiffe, die von Südeuropa aus Kurs auf Palästina machten. Dem Maler Isidor Aschheim gelang diese abenteuerliche Flucht über den Balkan nach Rumänien, von wo er mit dem Schiff weiterreiste.

Einigen Emigranten gelang es nicht, sich dauerhaft in Palästina einzuleben. Manche hatten Schwierigkeiten mit der Verständigung, denn Deutsch war als Sprache der Nationalsozialisten verpönt. Andere wollten ihre europäische Lebensweise und Ver- haltensmuster, die als zu förmlich empfunden wurden, nicht ablegen und gerieten dadurch ins gesellschaftliche Abseits. Entsprechend verließen sie Palästina wieder und zogen weiter in andere Länder oder kehrten nach dem Krieg wieder nach Deutschland zurück. So zum Beispiel die Malerin Beatrice Zweig, die mit ihrem Mann Arnold Zweig nach Ost-Berlin ging.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Rückkehr aus dem Exil

Nach den beispiellosen Verbrechen des NS-Regimes und den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs verspürten die meisten Emigranten keinen Wunsch, nach Deutschland zurückzukehren. Viele hatten sich nicht nur vom deutschen Staat, son- dern auch von der deutschen Kultur abgewendet. Von den jüdischen Emigranten kehrten nur 5 % zurück. Die größte Gruppe davon waren Rückkehrer aus Israel. Die Motive waren sehr unterschiedlich. Manche hatten sich in dem neuen Staat beruflich oder kulturell nicht eingefunden. Andere kamen zunächst befristet wegen der Rege- lung von Restitutions- und Entschädigungsfragen zurück nach Deutschland und blie- ben dann dauerhaft.

Etwas anders sah es bei den nichtjüdischen, politischen Emigranten aus. Sie stan- den vor der Frage, in welche Besatzungszone beziehungsweise in welchen deut- schen Teilstaat sie zurückkehren sollten. Die meisten gingen in den Westen. Nur sol- che Künstler, die sozialistischen oder kommunistischen Ideen nahestanden, wählten die sowjetische Besatzungszone und später die DDR aus. Insgesamt sind nur rund 25 Maler bekannt, die sich für den Osten entschieden. Dazu gehörten Horst Strempel, der als überzeugter Kommunist handelte, aber auch Beatrice Zweig, die nur widerwillig ihrem Mann, dem Schriftsteller Arnold Zweig, nach Ost-Berlin folgte.

Der Rückkehr stand ein rechtliches Hindernis entgegen. Die meisten Emigranten waren durch das NS-Regime formal ausgebürgert worden. Deswegen nahm man 1949 in das Grundgesetz den Artikel 116 Abs. 2 auf: „Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzu- bürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Wil- len zum Ausdruck gebracht haben“ .

Diese großzügige Regelung wurde durch eine oft schikanös empfundene Verwal- tungspraxis ausgehebelt, in der die Antragsteller vor einer Entscheidung über die Wiedereinbürgerung „geprüft“ wurden. Erst ein Urteil des Bundesverfassungsgerich- tes von 1968 stärkte die Rechte der Antragsteller grundsätzlich.

In den 1950er Jahren trafen viele Rückkehrer in der Bundesrepublik, der DDR und Österreich noch auf tief verwurzelte Ressentiments und Unverständnis, teilweise of- fene Ablehnung. Manchen gelang ein Neuanfang in der Nachkriegsgesellschaft, an- deren blieb ihre neue, alte Heimat fremd.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019

Teil 2

Künstlerbiographien (alphabetisch geordnet)

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Isidor Aschheim wird am 14. Oktober 1891 in Margonin/Provinz Posen als Kind jüdisch-orthodoxer Eltern geboren und wächst in Breslau auf. Er studiert von 1919-1923 an der Breslauer Kunstakademie bei Fryderyk Pautsch und dem Expressionisten Otto Müller. Dort schließt er auch Freundschaft mit Heinrich Tischler. Im Gegensatz zu Tischler spielen jüdische Themen nur eine untergeordnete Rolle in Aschheims Werk, das von Landschaften und Stillleben geprägt ist. Nach einem expressionistischen Frühwerk entwickelt er bald einen moderat-expressiven Realismus als Stil.

Nach Kriegsbeginn im September 1939 ist eine legale Einreise nach Palästina nicht mehr möglich. Auf abenteuerlichen Wegen gelingt es Aschheim, sich zum rumänischen Hafen Sulina durchzuschlagen. Dort besteigt er ein Schiff der jüdischen Untergrundorganisation Hagana, das nach einer Irrfahrt von den Briten nahe Zypern aufgebracht und nach Haifa geschleppt wird. Erst am 23. Januar 1940 dürfen die Passagiere dort von Bord gehen und werden in einem Lager interniert. Nach einem mühsamen Neubeginn wird Aschheim 1943 an der Bezalel Academy of Art & Design in Jerusalem Lehrkraft, wo auch viele Immigranten aus dem Umfeld des Bauhauses lehren.

Er begründet 1948 die Artists Association Jerusalem mit und erhält 1952 die höchste Künstlerauszeichnung Israels, den Dizengoff-Preis. Im Jahr 1960/61 wird er Direktor der Bezalel Academy of Art & Design, die heute die größte Kunsthochschule im

Nahen Osten ist. Isidor Aschheim stirbt am 19. Mai 1968 in Jerusalem.

Heinz Battke wird am 28. November 1900 in Berlin in eine Akademikerfamilie geboren. Er studiert an der Akademie der Künste bei Karl Hofer und beteiligt sich seit 1925 regelmäßig an Ausstellungen, 1927 bestreitet er sogar eine Einzelausstellung in der Galerie Neumann-Nierendorf. Ausgedehnte Studienreisen führen ihn durch Frankreich und Italien. Eine Anstellung an der Rheinischen Akademie scheitert aus politischen Gründen, dem Ausschluss aus der Reichskulturkammer folgt die Verfemung als ent- arteter Künstler.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Battke emigriert 1935 nach Florenz. 1941 wird er als Dolmetscher bei einer Flieger- staffel in Sizilien dienstverpflichtet und 1942 krankheitsbedingt entlassen. 1944 erfolgt die Internierung durch die Alliierten in Salerno.

Nach dem Krieg wendet sich Battke der Grafik zu, er arbeitet in der Folge nahezu ausschließlich als Zeichner. 1954 stellt er im Deutschen Pavillon auf der Biennale von Venedig aus. 1955 wird er Mitglied im Deutschen Künstlerbund, 1959 Teil der Jury.

1956 übersiedelt er nach Frankfurt am Main und leitet die Abteilung Freie Grafik am Städelschen Kunstinstitut, 1958 erfolgt die Ernennung zum Professor. 1959 ist er auf der documenta vertreten. Bis zu seinem Tod am 15. Januar 1966 wirkt er in ver- schiedenen Künstlervereinigungen und gehört als Juror und Preisrichter zu den einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten im Nachkriegsdeutschland.

Charlotte Berend-Corinth wird am 25. Mai 1880 in Berlin geboren. Ihr Studium beginnt 1898 an der Königlichen Kunstschule zu Berlin, die dem Kunstgewerbemuseum angegliedert ist. 1901 nimmt sie Unterricht in Lovis Corinths privater „Malschule für Weiber“, die beiden heiraten 1904. Als Frau des bekanntesten Malers der Berliner Sezession steht Charlotte Berend-Corinth jahrelang in seinem Schatten, wenngleich sie ihre Studien unbeirrt fortsetzt. Von 1906 an ist sie ebenfalls Mitglied der Berliner Sezession, ab 1924 so- gar im Vorstand. Ab 1908 stellt sie eigene Werke, vor allem Portraits mit Erfolg aus. Als Lovis Corinth 1911 einen Schlaganfall erleidet, widmet sie sich fortan seiner Pflege bis zu seinem Tod 1925. Danach verwaltet sie umsichtig sein Erbe und gibt ein Werkverzeichnis heraus. 1927 eröffnet sie eine Malschule, geht aber nun auch auf Reisen durch Europa, die Türkei und Ägypten. Bereits 1936 beteiligt sie sich an Ausstellungen in den USA.

Als Jüdin emigriert Charlotte Berend-Corinth 1939 über die Schweiz in die USA. Sie reist viel und malt nun in ihrem ganz eigenen Stil hauptsächlich Landschaften, dane- ben publiziert sie autobiographische Schriften. Schon Anfang der fünfziger Jahre be- sucht sie im Rahmen einer Europareise auch Deutschland, 1956 sind ihre Aquarelle in Berlin und im Jahr darauf in München zu sehen. 1967 stirbt Charlotte Berend- Corinth hoch geachtet in New York. Die von ihr noch selbst konzipierte Ausstellung in Ost-Berlin wird zur Gedächtnisausstellung.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Jack Bilbo wird am 13. April 1907 in Berlin als Halbjude unter dem bürgerlichen Namen Hugo Baruch geboren. Mit 14 Jahren reißt er von zuhause aus und heuert in Hamburg auf einem Frachtschiff an. So gelangt er in die USA, wo er als sich Schiffsjunge, Gele- genheitsarbeiter und später als Filmausstatter durchschlägt. Zurück in Berlin ist er 1930 Mitbegründer des „Kampfbundes gegen den Faschismus“ und wird 1933 aus politischen Gründen verhaftet. Er flüchtet nach Paris und weiter nach Spanien, wo er auf Mallorca und in Tossa de Mar als Kneipier arbeitet. Im Spanischen Bürgerkrieg unterstützt der die republikanische Seite als Schiffskapitän, flüchtet dann aber weiter nach England. 1939 beginnt er zu malen und verfällt in einen wahren Schaffens- rausch. 1940 wird er für kurze Zeit als feindlicher Ausländer u.a. auf der Isle of Man interniert und tritt in die englische Armee ein.1941 gründet er mitten im Krieg in London die „Modern Art Gallery“ als eine „Oase der Vernunft und des Schaffens“, in der er sowohl zeitgenössische französische Kunst als auch deutsch-sprachige Exil- künstler (u.a. Hein Heckroth und Kurt Schwitters) ausstellt. Nach dem Krieg betätigt er sich auch als Bildhauer und kreiert riesige, exotisch anmutende Betonskulpturen. 1956 kehrt er wieder nach Berlin zurück, wo er bis zu seinem Tod am 19. Dezember 1967 in Charlottenburg die Kneipe „Kapt‘n Bilbo“ betreibt.

Rico Blass wird am 18. Mai 1906 in Breslau geboren. Er absolviert von 1924-26 eine Ausbildung als Tischler. Im Anschluss studiert er an der Breslauer Akademie Malerei und Grafik bei Ludwig Peter Kowalski und dem ehemaligen Mitglied der Künstlergruppe „Die Brücke“, dem Expressionisten Otto Müller. Bis 1928 arbeitet er als Pressezeichner bei den „Breslauer Nachrichten“. Von 1928 bis 1931 absolviert er eine Architekten- ausbildung.

1931 siedelt er in die Schweiz über, wo er von 1931 bis 1934 Kunstgeschichte stu- diert. Daneben arbeitet er als Illustrator für Schweizer Verlage und Zeitschriften. Aus der Schweiz emigriert er 1934 ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina.

Seinen Lebensunterhalt dort verdient sich Rico Blass als Werbegrafiker und Buch- illustrator, doch arbeitet er intensiv auch als Maler, wobei er besonders die Land- schaft seiner neuen Heimat und die Lichtverhältnisse studiert, die sich stark von Mitteleuropa unterscheiden.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 1952 siedelt er nach Frankreich über, wo er in Paris mit dem kubistischen Maler André Lhote arbeitet. Ab 1956 schließlich lebt er wieder in Frankfurt am Main. Dort stirbt Rico Blass am 31. Mai 2003.

Walter Bondy wird am 28. Dezember 1880 in Prag in eine wohlhabende jüdische Industriellen- familie geboren, der Vater ist Kaiserlicher Rat, die Mutter eine Tante des Berliner Kunsthändlers und –verlegers Paul Cassirer.

Er studiert an der Wiener Akademie Architektur und ab 1900 in Berlin Malerei an der Akademie der Bildenden Künste. Danach geht er nach Frankreich und hält sich ab 1903 in Paris auf. Hier ist er Teil des Künstlerkreises des „Café du Dôme“.

Nach dem 1. Weltkrieg betätigt er sich auch als Kunsthändler und Verleger und gründet die Zeitschrift „Die Kunstauktion“, die ein Vorläufer der heute noch existie- renden „Weltkunst“ ist. In den 1920er Jahren lebt er abwechselnd in Paris und Berlin.

Als Reaktion auf den zunehmenden Einfluss der Nationalsozialisten siedelt er im Jahr 1931 endgültig nach Sanary-sur-Mer in Südfrankreich um. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin eröffnet er dort ein Fotoatelier, das von vielen deutschen und österreichischen Emigranten frequentiert wird. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich stirbt Bondy, der seit seiner Jugend Diabetiker war, am 17. September 1940 in Toulon infolge unzureichender Insulingaben.

Ruth Cahn wird am 7. Dezember 1875 in Frankfurt am Main geboren. Über ihr Leben und ihren künstlerischen Werdegang sind nur lückenhafte Informationen erhalten.

Um die Jahre 1908 und 1909 ist ein Aufenthalt in München belegt. In den 1920er Jahren hält sie sich in Paris auf, wo sie Teil der Künstlerszene am Montparnasse ist und Schülerin der Fauvisten Kees van Dongen und Othon Friesz wird. 1924 beteiligt sich Ruth Cahn an einer Ausstellung mit internationalen Künstlern in der Galerie Dalmau in Barcelona.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Zu Beginn der 1930er Jahre ist sie wieder in Frankfurt ansässig, bevor sie um 1935 nach Santiago de Chile auswandert. 1953 kehrt sie nach Europa zurück und lebt zu- nächst in Barcelona und ab 1961 in Frankfurt am Main. Dort stirbt Ruth Cahn am 20. Mai 1966.

Milein Cosman wird als Emilie Cosmann am 31. März 1921 in Gotha geboren und wächst in Düssel- dorf auf. Von 1927 bis 1937 besucht sie das Goethe-Lyzeum in Düsseldorf, wo sie sich früh zur bildenden Kunst und zur Musik hingezogen fühlt. Nachmittags besucht sie die Kunstschule Karp. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft wird sie von ihren Eltern 1937 bis 1939 in die Schweiz nach Genf geschickt, wo sie an der L’Ecole d’Humanité und der L’Ecole Internationale de Genève ihren Schulbesuch fortsetzt.

1939 emigriert sie nach England. Dort besucht sie die Slade School of Fine Arts, die während des Krieges nach Oxford ins Ashmolean Museum ausgelagert war.

1946 zieht sie nach London um und arbeitet fortan als freie Künstlerin. Sie lernt dort 1947 den Musiker und Schriftsteller Hans Keller kennen, der selbst aus Wien emi- griert ist und heiratet ihn 1961. Seit Ende der 1940er Jahre lebt sie in Hampstead, nördlich von London.

Sie wird als Porträtzeichnerin und Buchillustratorin bekannt. Viele Porträts von pro- minenten Musikern, Künstlern und Schriftstellern entstehen am Rande von Kultur- veranstaltungen. Schon arbeitet sie auch für das Fernsehen, wo sie eine Reihe von Schulprogrammen über das Zeichnen konzipiert.

Während Milein Cosman in England zu den bekannten Künstlerinnen gehört, deren Werk in den großen Museen vertreten ist und der viele Einzelausstellungen gewid- met werden, bleibt sie in Deutschland nahezu unbekannt. Sie stirbt am 21. November 2017 in London.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Kurt Craemer wird am 2. März 1912 in Saarbrücken geboren. Ab 1928 studiert er an der Kunst- akademie Düsseldorf unter anderem bei Paul Klee bis zu dessen Entlassung 1933. Eine anberaumte Ausstellung in Düsseldorf 1938 wird als entartet untersagt, nur knapp entgehen die Bilder der Beschlagnahmung. Craemer setzt sich nach Italien ab, wo er in engem Kontakt zu anderen emigrierten Malern wie Karli Sohn-Rethel und Rudolf Levy lebt und arbeitet.

1939 erkrankt Craemer an Kinderlähmung und ist seither hüftabwärts gelähmt. Mit Sohn-Rethel zieht er nach Florenz, später nach Positano, das er nicht mehr verlas- sen wird. Seine körperliche Einschränkung kompensiert er durch ein offenes Haus, das zum Treffpunkt der ortsansässigen deutschen und internationalen Künstler und Intellektuellen wird. Nach Kriegsende kommen andere Kulturschaffende wie der Schriftsteller Stefan Andres, der Musiker Hans Werner Henze, der Maler Werner Gilles und der Regisseur Gustav Gründgens dazu.

Bei allen gesellschaftlichen Zerstreuungen kommt die Kunst nicht zu kurz. Tatsäch- lich entsteht der Großteil seines malerischen und erst recht druckgrafischen Werkes in Positano. 1952 und 1958 beteiligt sich Craemer an den Biennalen von Venedig. 1953 findet die einzige Ausstellung in Deutschland zu Lebzeiten statt, eine weitere Ausstellung 1961 in den USA.

Am 1. Oktober 1961 stirbt Kurt Craemer bei einem Verkehrsunfall in der Provinz Salerno. Seine Erinnerungen erscheinen 1965 unter dem Titel „Mein Panoptikum“, worin er der deutschen Künstlerkolonie in Italien während des Dritten Reiches ein Denkmal setzt.

Heinrich Maria Davringhausen wird am 21. Oktober 1894 in Aachen als Kind eines Schirmfabrikanten geboren. Sein Vater stirbt früh, so dass seine Mutter den Betrieb weiterführt. Sie unterstützt ihren Sohn bis zu seiner Emigration finanziell.

Beim Spielen mit einer Pistole schießt ihm sein bester Freund versehentlich in den Kopf. Davringhausen verliert auf dem linken Auge das Sehvermögen. Er entschließt sich trotzdem Maler zu werden. Er besucht 1911-12 kurz eine Kaufmannsschule, dann aber die Kunstgewerbeschule. Die Sonderbundausstellung 1912 in Köln wird

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 für ihn zum Schlüsselerlebnis. Hier lernt er die Kunst der internationalen Moderne kennen.

1913/14 geht er an die Düsseldorfer Kunstakademie, deren Lehrbetrieb ihm jedoch nichts gibt. Aufgrund seiner Augenverletzung wird er 1914 vom Kriegsdienst freige- stellt. 1915 geht er nach Berlin, wo er in Kontakt mit George Grosz kommt. Er gehört verschiedenen Avantgardegruppen an, wie dem „Jungen Rheinland“ oder der Berli- ner „Novembergruppe“.

1933 emigriert Davringhausen mit seiner Frau, der jüdischen Unternehmertochter Lore Auerbach, ins Exil. Zunächst lebt er in Cala Rajada auf Mallorca, 1936 zieht er nach Ascona, 1939 weiter nach Paris und schließlich nach Südfrankreich. In Deutschland werden rund 200 seiner Arbeiten als „Entartete Kunst“ aus öffentlichen Museen entfernt. Davringhausen erhält ein Mal- und Ausstellungsverbot. Nach Kriegsausbruch 1939/1940 wird er mit anderen Malern wie Max Ernst und Anton Räderscheidt im Lager Les Milles bei Aix-en-Provence interniert. Als er den deut- schen Behörden ausgeliefert werden soll, kann er in die Auvergne fliehen und bis Kriegsende untertauchen.

Sein Werk ist bis zum Ersten Weltkrieg von verschiedenen Strömungen der klassi- schen europäischen Moderne inspiriert wie Expressionismus, Orphismus und Futu- rismus. In den 1920er Jahren orientiert es sich hin zur Neuen Sachlichkeit. Seit der Emigration wird es zunehmend von der Abstraktion geprägt.

Nach Kriegsende lebt Davringhausen in Cagnes-sur-Mer / Frankreich. Er stirbt am 13. Dezember 1970 in Nizza.

Jacqueline Diffring wird als Ilse Pollack am 7. Februar 1920 in eine bürgerliche Koblenzer Familie gebo- ren, die dem Kulturleben der Stadt eng verbunden ist. Nach 1933 machen die anti- jüdischen Repressalien des nationalsozialistischen Regimes das Leben in Koblenz immer schwieriger. Sie zieht 1937 in das anonymere Berlin um, wo sie 1937-39 an der modern orientierten Reimann-Schule Malerei und Zeichnen lernt. Sie schafft es 1939, noch vor dem Krieg, nach England zu entkommen und damit ihr Leben zu ret- ten. Dort nimmt sie den Namen Jacqueline Diffring an.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Während der Kriegsjahre in England muss sie zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in einer Fabrik arbeiten, so dass ein Kunststudium lange Jahre hintenangestellt wird. Sie erwirbt die britische Staatsbürgerschaft und nimmt nach einer Kunstausbildung am Technical College in Cambridge ein Studium an der Chelsea School of Art in London auf. Ihr wichtigster Lehrer wird Henry Moore.

Auf Wunsch der Eltern kehrt sie 1954 nach Koblenz zurück. Doch die vermeintliche Rückkehr in die Heimat erweist sich als persönlich sehr problematische Erfahrung. Nach wenigen Jahren verlässt sie die Stadt wieder und lebt ab 1960 in Südfrank- reich. Erst dort beginnt ihr eigentliches bildhauerisches Schaffen, das bis ins Jahr 2016 andauert. Sie arbeitet fast ausschließlich als Bronzeplastikerin. Die Zeichnung und die Ölmalerei sind ihr nur Nebenmedien.

Mit der Verleihung des Kulturpreises an Jacqueline Diffring und der Würdigung ihres Lebenswerkes im Januar 2015 hat die Stadt Koblenz ein Zeichen gesetzt, sich wie- der mit dem Leben und Werk der Exilkünstlerin auseinanderzusetzen.

Benedikt Fred Dolbin wird als Benedikt Fred Pollak am 1. August 1883 in Wien geboren. Zunächst studiert er von 1902-1910 an der Technischen Universität Wien, um Ingenieur zu werden. 1912 ändert er seinen Namen in Dolbin. Schon in seiner Studentenzeit kommt er mit Künstlerkreisen in Verbindung, zunächst in der Kabarettszene. Später nimmt er Kompositionsunterricht bei Arnold Schönberg. Das Zeichnen erlernt er autodidak- tisch. Ab etwa 1917 fängt er an, seine Künstlerbekanntschaften mit schnellem Strich zu porträtieren. Um 1924 beginnen seine Zeichnungen in Wiener Zeitungen zu er- scheinen.

Mitte der 1920er Jahre zieht er nach Berlin, wo er als Pressezeichner schnell großen Erfolg hat. In einer Zeit, als der Fotojournalismus noch nicht die Bedeutung hat wie später, greift man bei Artikeln über Promiente meist noch auf Porträtzeichnungen zurück. Dolbins Werk ist unüberschaubar, vielleicht hat er weit mehr als zehntausend Zeichnungen angefertigt. Die gesamte Prominenz der Weimarer Republik wurde von ihm mit wenigen markanten Strichen, leicht expressiv zugespitzt, zeichnerisch fest- gehalten.

Aufgrund seiner jüdischen Herkunft hat er nach 1933 kaum noch Möglichkeiten, für die Presse zu arbeiten. Aus diesem Grund plant er frühzeitig seine Emigration.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 1935 wandert Dolbin mit seiner Frau über Bayern in die USA aus und kann einen großen Teil seiner Zeichnungen mitnehmen. In den USA kann er nur schwer an seine früheren Erfolge anknüpfen, da der amerikanische Stil von Pressezeichnungen ein anderer ist. Er porträtiert aber viele Emigranten.

In den 1950er Jahren knüpft er wieder Kontakte nach Deutschland, betritt aber selbst nie wieder europäischen Boden. Er stirbt am 31. März 1971 in New York.

Paul Eliasberg wird am 17. April 1907 in München geboren. Sein Vater, ein russisch-jüdischer Lite- raturhistoriker und Übersetzer, der seit 1905 in München lebt, ist ab 1917 staatenlos. In seinem Haus sind Thomas Mann und Paul Klee, mit dem Pauls Mutter studiert hat, regelmäßig Gäste. Klees Sohn Felix und Paul Eliasberg sind beinahe gleich alt.

1923 wird die Familie aus Bayern ausgewiesen, und sie ziehen nach Berlin, wo sie bei Freunden Unterschlupf finden. Hier studiert Paul Eliasberg ab 1924 an der Staat- lichen Hochschule Gebrauchsgraphik. In Paris an der Académie Ranson bei Roger Bissière setzt er von 1926 bis 1928 seine Ausbildung fort.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wird Eliasberg in die französische Armee einge- zogen. Von 1941 bis 1944 taucht er mit Frau und Tochter in Südfrankreich unter und nimmt an Aktionen der Resistance teil. Nach Kriegsende kehrt er nach Paris zurück, wird 1947 französischer Staatsbürger. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich als Graphikdesigner und technischer Zeichner.

Ab 1956 kann er sich ausschließlich der Kunst widmen und erfährt zwei Jahre erst- mals öffentliche Aufmerksamkeit als Künstler. Von 1966 bis 1970 hatte er eine Pro- fessur an der Frankfurter Städelschule. Während der Vorbereitungsgespräche für eine Ausstellung mit Zeichnungen, Radierungen und Aquarellen in Hamburg stirbt Paul Eliasberg plötzlich am 1. Oktober 1983.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Paul Elsas wird am 6. März 1896 als Sohn eines angesehen jüdischen Rechtsanwalts und Lo- kalpolitikers in Stuttgart geboren. Ab 1912 studiert er in Stuttgart, zunächst an der Kunstgewerbeschule, später an der Akademie der Bildenden Künste, u.a. bei Adolf Hölzel. 1919 zieht er nach München um. Hier kann er in der renommierten Galerie Thannhauser ausstellen.

1928 wagt er mit Hilfe eines Mäzens den Schritt nach Paris. Er experimentiert mit neuartigen Techniken und entwickelt ein spezielles Handdruckverfahren. Er steht in engem Kontakt zu Picasso und tauscht sich aus mit Max Ernst, Marc Chagall und Henri Matisse. Wegen seiner jüdischen Herkunft kann er nicht mehr nach Deutsch- land reisen und engagiert sich in der sozialistischen Volkspartei. In dieser Zeit unter- stützt er seinen 1933 nach Paris emigrierten Cousin Fred Uhlmann und ermutigt ihn, selbst zu malen.

1939 wird er zunächst als feindlicher Ausländer im Lager Chambaran in Südfrank- reich interniert. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wird er entlassen und taucht in einem kleinen Dorf unter, wo er zum Dank die Kirche mit Wandbildern ver- sieht. 1944 kehrt er nach Paris zurück.

Nach Kriegsende konvertiert er zum Katholizismus und nimmt die französische Staatsbürgerschaft an. In Frankreich kann er nach dem Krieg in vielen Ausstellungen erfolgreich seine Werke präsentieren. Auch in seiner Heimatstadt Stuttgart erhält er 1956 eine umfangreiche Retrospektive. 1966 ist er als Ehrengast der Villa Massimo in Rom. Seine künstlerische Arbeit ist geprägt von ungebrochener Experimentier- freudigkeit. Paul Elsas stirbt am 2. Januar 1981 im südfranzösischen Vence.

Herbert Fiedler wird am 17. September 1891 in Leipzig geboren. Zunächst studiert er an der Königli- chen Kunstakademie in Dresden, geht dann 1912 nach Berlin und teilt dort Wohnung und Atelier mit George Grosz. Er zieht weiter nach Paris.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrt Fiedler nach Leipzig zurück und wird eingezogen. Ab 1918 lebt er wieder in Berlin, stellt vereinzelt aus und schließt Kon- takte zu Kollegen. Zum Broterwerb arbeitet er zeitweise in den Filmstudios der UFA. Auf Reisen und während eines weiteren Paris-Aufenthalts bildet er sich weiter.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Fiedler beschließt 1933, mit seiner Frau Amrey Deutschland zu verlassen. Zunächst reisen sie durch Frankreich, dann wählen sie die Niederlande zum Ziel. In einem kleinen Dorf in der Nähe von Amsterdam wohnt er von 1935 bis 1940, fernab von Künstlerkollegen und internationalen Impulsen. Hier entwickelt er nun einen eigenen, charakteristischen Stil.

Nach der deutschen Besetzung muss Fiedler nach Amsterdam umziehen, wo er an- dere exilierte Malerkollegen wie z. B. Max Beckmann trifft. Als „Kulturbolschewist“ betitelt, kann Fiedler kaum seine kleine Familie ernähren. Notgedrungen nimmt er eine Stelle bei der Wehrmacht an, wird 1944 zum Kriegsdienst verpflichtet und setzt sich im Mai 1945 von der Truppe ab. Im befreiten Amsterdam wird er sogleich als Deutscher interniert, obgleich er längst staatenlos ist. Nur durch Fürsprache von Freunden wird er nach einigen Wochen freigelassen, hat aber vorerst Ausstellungs- verbot.

Erst zu Beginn der 1950er Jahre erfährt er langsam Anerkennung. Während der Vor- bereitungen zu seiner ersten großen Ausstellung im Stedelijk Museum in Amsterdam stirbt Herbert Fiedler unerwartet am 27. Februar 1962.

Adolf Fleischmann wird am 18. März 1892 in Esslingen am Neckar geboren. Nach einer Ausbildung an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Stuttgart wechselt er 1911 an die Kunst- akademie, wo er u.a. Unterricht bei Adolf Hoelzel hat.

Neben verschiedenen Brotberufen widmet sich Fleischmann der Malerei und ent- wickelt einen zunehmend abstrakten Stil. Er unternimmt viele Studienreisen und stellt z. B. in der Berliner „Neuen Sezession“ aus. Da seine Art zu Malen aus national- sozialistischer Sicht als „entartet“ diffamiert wird, lebt er ab 1933 im Ausland, vorwie- gend in Frankreich. 1940 wird er im südfranzösischen Lager „Les Milles“ interniert, es gelingt ihm aber die Flucht. Danach lebt er in einem Versteck und unterstützt die Resistance. Nach der Befreiung Frankreichs kehrt er nach Paris zurück. Er signiert in dieser Zeit seine Werke mit „Richard“, seinem zweiten Vornamen, damit der Urheber nicht sofort als Deutscher erkennbar ist. Er findet Zugang zur Pariser Kunstszene und kann sich an Ausstellungen beteiligen.

In seinen Werken finden nun vorwiegend rhythmisch gruppierte geometrische For- men Verwendung. Im Jahr 1952 beschließt Fleischmann nach New York zu ziehen.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Seinen Lebensunterhalt verdient er dort als wissenschaftlicher Zeichner an der Columbia Universität. Daneben experimentiert er mit unterschiedlichen Materialien; in der Folge verlieren seine Bilder die kompositionelle Strenge.

1965 erleidet Fleischmann einen schweren Schlaganfall. Weil für ihn in Deutschland die medizinische Versorgung besser ist, kehrt er nach Stuttgart zurück. Dort stirbt Adolf Fleischmann am 28. Januar 1968.

Clemens Fränkel wird am 11. Juni 1872 in Frankfurt am Main als Sohn einer jüdischen Kaufmanns- familie geboren. Als er 1898 an er Münchner Akademie beim Landschafts- und Genremaler Otto Seitz zu studieren beginnt, trägt er sich als konfessionslos ein. Er lebt in der Münchner Künstlerszene, wo etwa Alfred Kubin ein Ateliernachbar von ihm ist. Schon in dieser Zeit unternimmt Fränkel eine Reise nach Italien.

Seine Landschaftsmalerei, die meist Motive aus Oberbayern, Italien und dem Rhein- Main-Gebiet zeigt, verhilft ihm zu einigen Ausstellungserfolgen. In den Jahren 1904 bis 1909 beteiligt sich Clemens Fränkel an den Jahresausstellungen des Frankfurter Kunstvereins. 1912, 1914 und 1919 bis 1921 stellt er im Münchner Glaspalast aus.

Von 1908 bis 1915 leitet Clemens Fränkel eine private Malschule für Landschaftsmalerei in Leoni am Starnberger See. Danach lebt er von 1916 bis 1929 in München. Von 1929 bis 1937 ist er in Garmisch-Partenkirchen ansässig.

Nach dem frühen Tod seiner Frau 1930 und auf Grund der sich nach 1933 ver- schlechternden Lebensbedingungen zieht er mit seinem Sohn 1937 ins italienische Cortina d‘Ampezzo. Dort wird er 1944 verhaftet und in Bozen in Schutzhaft genom- men. Während sein Sohn überlebt, wird Clemens Fränkel am 16. Februar 1944 weiter ins Gefängnis nach Trient verschleppt und von dort ins Durchgangslager Foscoli bei Carpi in der Provinz Modena. In diesem von der SS geführten Lager werden italienische Juden interniert. Am 19. und 22. Februar werden die Gefangenen nach Bergen-Belsen und Auschwitz deportiert. Clemens Fränkel befindet sich wahr- scheinlich unter den 650 Menschen, die nach Auschwitz gebracht werden. Der italie- nische Schriftsteller Primo Levi, der sich im selben Transport befindet, berichtet in seiner Autobiografie, dass nur 95 Männer und 29 Frauen die Selektion an der Rampe von Auschwitz überstehen. Clemens Fränkel ist nicht darunter und wird vermutlich noch am 26. Februar 1944 vergast.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Rolf Gérard wird am 9. August 1909 als Sohn einer italienischen Opernsängerin und eines Unter- nehmers hugenottischer Herkunft geboren. Künstlerisch sehr begabt, beginnt er schon als Kind zu zeichnen. 1928 beginnt er ein Medizinstudium.

Zusammen mit seiner jüdischen Freundin Lilli Palmer flüchtet er 1933 nach Paris. Dort setzt er sein Studium fort und belegt gleichzeitig Kurse in Malerei. In Basel wird er im Frühjahr 1937 zum Doktor der Medizin promoviert. Im gleichen Jahr zieht Gérard zu seiner nun in London lebenden Freundin, wo er als Deutscher jedoch nicht praktizieren darf. Er verbringt seine Zeit mit malen und betätigt sich als Bühnenbild- ner. Wegen des Ärztemangels während des Zweiten Weltkriegs darf er endlich offi- ziell als Arzt arbeiten.

Nach Kriegsende lernt er den jungen Theaterregisseur Peter Brook kennen, mit dem er über 20 Jahre lang zusammenarbeiten wird. Gérard macht sich weltweit einen Namen als Kostümbildner, Bühnenbildgestalter und Filmausstatter. 1970 verlegt er seinen Wohnsitz nach Genf, 1977 nach Ascona. Neben seiner gestalterischen Arbeit verfolgt Gérard die Malerei weiter und findet auch auf diesem Gebiet Anerkennung, sogar das englische Königshaus kauft ein Ölgemälde von ihm an. Am 19. November 2011 stirbt Rolf Gérard in Ascona.

Arie Goral wird als Walter Lovis Sternheim am 16. Oktober 1909 in Rheda /Westfalen als Kind jüdischer Eltern geboren und wächst in Hamburg auf. Schon als Jugendlicher schließt er sich zionistischen Vereinigungen an und wird Mitglied von jüdischen Wanderbünden. Nach einer kaufmännischen Lehre 1925-1927 lässt er sich in land- wirtschaftlichen Betrieben, die der sozialistisch-zionistischen Bewegung nahestehen, ausbilden. Hier werden Juden auf einer künftige Auswanderung nach Palästina vor- bereitet, um dort in landwirtschaftlichen oder handwerklichen Berufen zu arbeiten. Es handelt sich um Ableger der Kibbuz-Bewegung im späteren Staat Israel.

1932/33 arbeitet er in Hamburg in der Buchabteilung des Kaufhauses Tietz. Er erlebt die Begeisterung bei der Errichtung der NS-Diktatur und den Boykott jüdischer Ge- schäfte am 1. April 1933 mit. Daraufhin flieht er im Mai 1933 nach Frankreich, wo er 1934 die polnische Malerin Anna Szmajewicz heiratet. Im Dezember 1934 kann das

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Ehepaar mit Genehmigung der britischen Behörden nach Palästina auswandern. Dort nimmt er den Namen Arie Goral an und arbeitet in verschiedenen Berufen.

Der israelische Unabhängigkeitskrieg 1948 wird zu einer einschneidenden Erfahrung, die ihn zum malerischen Schaffen führt. Über einen Studienaufenthalt in Italien 1950- 1953 kehrt er 1953 in seine Heimatstadt Hamburg zurück, nachdem er schon 1951 Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland geworden war. In den 1950er und 1960er Jahren entsteht der größte Teil seines malerischen Werkes, das sich um traumatische Kriegs- und Verfolgungserfahrungen dreht. Sein Arbeitsschwerpunkt wird zunehmend die journalistische Tätigkeit im politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereich.

Er kämpft bis in hohe Alter öffentlich gegen alten und neuen Antisemitismus und setzt sich für seine pazifistischen und sozialistischen Ideale ein. Arie Goral stirbt am 23. April 1996 in Hamburg.

Julius Graumann wird 1878 in Fürth geboren. Sein Vater ist ein Nürnberger Privatbankier, so dass es dem jüngsten Sohn ermöglicht wird, seinen künstlerischen Neigungen zu folgen. Seine künstlerische Ausbildung führt ihn über diverse Privatlehrer an die Münchner Akademie, wo er sich dem Künstlerkreis um Adolf Hölzel anschließt, der bis 1905 in Dachau arbeitet.

Thematisch lehnt er sich mit Landschaften, Bauernszenen, Stillleben und Porträts der Münchner Schule an. Stilistisch bewegt er sich vom Impressionismus herkommend zu einer expressiven Malweise hin. Vor allem seine Porträts finden große An- erkennung, und 1907 erhält er eine Ausstellungsmöglichkeit im von Karl Ernst Osthaus neu gegründeten Museum in Hagen. Schnell folgt darauf eine Präsentation im Münchner Glaspalast. Im gleichen Jahr eröffnet er zusammen mit einem Kollegen eine Malschule, die ihm ein sicheres Einkommen gewährleistet. 1914 erhält er den Auftrag für ein Porträt Königs von Bayern, Ludwig III.

Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten siedelt Graumann nach Paris über. Ab 1940 flüchtet er zunächst nach Südfrankreich, wird jedoch 1942 interniert und am 30. Mai 1944 nach Auschwitz deportiert, wo er bald nach seiner Ankunft ermordet wird.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 George Grosz wird am 26. Juli 1893 in Berlin geboren, seine künstlerische Begabung offenbart sich bereits im Kindesalter. An der Kunstgewerbeschule in Dresden trifft er Otto Dix. 1912 erhält er ein Staatstipendium an der Kunstgewerbeschule in Berlin, das ihm 1913 auch einen achtmonatigen Studienaufenthalt in Paris ermöglicht.

1914 meldet sich Grosz als Freiwilliger zum Kriegsdienst, doch bereits im Mai 1915 wird er als „kriegsuntauglich“ entlassen und engagiert sich in der Folge als strikter Kriegsgegner. Zusammen mit John Heartfield propagiert er dadaistische Kunst, um das konservative Bürgertum zu provozieren. Er versteht sich als politischer Künstler und ist drei Jahre lang Mitglied in der KPD. Daneben entstehen auch unpolitische Zeichnungen, Bühnenbilder und Kostüme.

Von 1920 bis 1932 ist Grosz bei dem namhaften Galeristen Alfred Flechtheim unter Vertrag. Eine Sonderausstellung in der Preußischen Akademie der Künste 1927 festigt seinen Ruhm. Selbst die Prozesse, in denen sich Grosz wegen Beleidigung der Reichswehr, Gotteslästerung und „Angriff auf die öffentliche Moral“ verantworten muss, schmälern seinen Erfolg nicht.

Ein Lehrauftrag in den USA 1932 führt zur Emigration Anfang Januar 1933. Nur wenige Tage später wird sein Berliner Atelier gestürmt und seine Bilder als „entartet“ beschlagnahmt oder zerstört, im März folgt die offizielle Ausbürgerung.

In den USA kann Grosz vergleichsweise gut leben und arbeiten, aber seine Illustra- tionen erreichen keinesfalls eine vergleichbare Wirkung wie in Deutschland. 1938 wird er amerikanischer Staatsbürger, seit den 1950er Jahren gehört er diversen an- gesehenen Akademien an. Nach seiner Berufung an die Westberliner Akademie der Künste 1957 kehrt Grosz 1959 nach Berlin zurück, wo er nur wenige Monate später am 6. Juli verstirbt.

René Halkett wird am 5. Februar 1900 als Freiherr Albrecht Georg Friedrich von Fritsch in Weimar geboren. Mit 14 Jahren beginnt er seine Ausbildung in einer Kadettenanstalt, weil für ihn eine Karriere beim Militär vorgesehen ist. 1919 beginnt er ein Studium in Gießen. Er emanzipiert sich von der Familie, arbeitet als Tagelöhner, bekommt Kontakt mit der Spartakusbewegung und kommunistischen Kreisen. Als er unstandesgemäß hei-

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 ratet, verliert er die finanzielle Unterstützung der Familie. Im Sommer 1923 beginnt er eine Ausbildung am Staatlichen Bauhaus in Weimar, er durchläuft den Vorkurs, be- legt Kurse bei Klee und Kandinsky und wird Mitglied der Bühnenwerkstatt von Schlemmer. Schon 1925 verlässt Halkett die Schule wieder, um zu reisen und sich dem politischen Theater zuzuwenden. Daneben beginnt er, journalistisch zu arbeiten. Er nennt sich nun René Halkett, nach einem schottischen Vorfahren.

1933 unternimmt er einen ersten Emigrationsversuch auf die Balearen, muss aber wegen finanzieller Schwierigkeiten zurückkehren. 1936 reist er nach Großbritannien aus. Er versucht sich als Maler und Autor über Wasser zu halten, schreibt eine Auto- biographie und beginnt mit Theater- und Kulturarbeit. 1943 hat er seine erste Aus- stellung in Jack Bilbos „modern art gallery“.

1946 bekommt er die britische Staatsbürgerschaft und arbeitet für die Militärbehör- den und beim Rundfunk. Ab 1955 erhält er eine Beschäftigung bei der BBC, die ihm ein sicheres Einkommen verschafft und genügend Raum für die Kunst und das Schreiben lässt. Am 7. März 1983 stirbt René Halkett in Camelford / Cornwall.

Hein Heckroth wird am 14. April 1901 in Gießen geboren. Nach einer Ausbildung als Buchdrucker und Schriftsetzer beginnt er 1920 ein Malereistudium an der Städelschule. Seit 1927 ist er als Bühnenbildner an den städtischen Bühnen in Essen tätig und leitet die Büh- nenbildklasse an der dortigen Folkwangschule. Nebenbei ist er stets als Maler tätig, gehört zum Umkreis der Galerie der Mutter Ey in Düsseldorf und erhält 1932 den Kunstpreis der Rheinischen Sezession. Im selben Jahr wird er zum Professor der geplanten Bühnenbildklasse an der Dresdner Kunstakademie berufen, erhält jedoch aus politischen und künstlerischen Gründen 1933 Lehr- und Malverbot.

Er flieht zunächst nach Holland und folgt dann seiner Frau Ada, mit der er seit 1924 verheiratet ist, nach Paris. 1935 gehen sie nach London, wo er das Bühnenbild für eine Kurt Weill Inszenierung gestalten soll. Danach arbeitet er in London für Bühnen und malt surrealistische Bilder. Von 1940 bis 1941 wird er als feindlicher Ausländer in Australien interniert und kommt nur durch Intervention von Herbert Read, einem be- kannten Kunstwissenschaftler, frei. Seit 1943 arbeitet er auch für Filmproduktionen und erhält 1949 den ersten Oskar für die Ausstattung des Films „Die roten Schuhe“. 1956 kehrt er in die Bundesrepublik zurück und arbeitet für verschiedene Theater- und Filmproduktionen. Am 6. Juli 1970 stirbt er in Alkmaar in Holland.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Fritz Heinsheimer wird am 6. Mai 1897 als Sohn jüdischer Eltern in Mosbach geboren. Noch im selben Jahr wird er protestantisch getauft. Im Jahr 1914 legt er in Heidelberg das Notabitur ab und zieht mit 18 Jahren in den Ersten Weltkrieg. In Verdun wird er schließlich schwer verwundet und daraufhin ausgemustert. An der Münchner Akademie beginnt er 1917 ein Kunststudium. Nach seiner Heirat 1921 lebt er einige Jahre am Boden- see, zieht dann aber nach Berlin, um an der Akademie der Künste bei Max Slevogt als Meisterschüler weiter zu studieren.

Ungeachtet seiner christlichen Taufe wird Heinsheimer nach 1933 als „Volljude“ ein- gestuft und erhält Berufsverbot. Private Aufträge für Porträtdarstellungen kann er noch ausführen. Seine Frau sorgt für den Lebensunterhalt. 1936 folgt der Ausschluss aus der Reichskammer der Bildenden Künste, ab 1939 ist ihm jegliche künstlerische Tätigkeit untersagt. In Berlin stellt er sein Atelier für konspirative Treffen von Mit- gliedern verschiedener Widerstandsgruppen zur Verfügung. 1942 gelingt Heins- heimer die Flucht nach Frankreich, wo er sich zunächst bei einem bretonischen Nati- onalisten versteckt und danach unter dem Tarnnamen Fernand Husser mit ge- fälschter elsässischer Identität in Paris lebt. Hier hat er regelmäßig Kontakt mit Ernst Jünger.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrt Heinsheimer nach Deutschland zu- rück. Er lebt in Wiesbaden, wo seine Frau eine kleine Fabrik besitzt. Am 8. August 1958 stirbt Fritz Heinsheimer in Wiesbaden.

Manfred Henninger wird am 2. Dezember 1894 in Backnang geboren. Nach einer Konditorlehre im väter- lichen Betrieb in Tübingen, zieht er 1914 freiwillig in den Krieg. Nach mehreren Laza- rettaufenthalten nimmt er Zeichenunterricht in Tübingen und beginnt schließlich 1919 ein Studium an der Stuttgarter Kunstakademie. Nach einem Besuch Rudolf Steiners in Dornach 1921 wechselt er im folgenden Jahr auf die Akademie in Dresden, wo er u. a. bei Kokoschka studiert. Die kommenden Jahre sind geprägt von Studienreisen durch Südeuropa und ersten kleineren Ausstellungen. 1929 ist er Mitbegründer der „Neuen Stuttgarter Sezession“.

1933 flieht der kommunistisch engagierte Künstler mit seiner Frau und den drei Söh- nen über die Schweiz nach Ibiza, wo sie bis zum Ausbruch des Spanischen Bürger-

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 kriegs bleiben. Während Henninger sich ins Tessin zurückzieht, kehrt der Rest der Familie nach Deutschland zurück. Erst 1940 werden alle wieder vereint sein. Henningers Jahre in der Schweiz sind geprägt von Armut und Isolation.

1949 kehrt er nach Stuttgart zurück und nimmt eine Stelle an der Kunstakademie in Stuttgart an. Von 1955 bis 1957 bekleidet er dort das Amt des Rektors und leitet die Keramikabteilung. Nach der Emeritierung 1961 wendet er sich vor allem der Zeich- nung und der Druckgrafik zu. 1967 erhält er eine Einladung als Ehrengast in die Villa Massimo in Rom. 1975 zeigt der Württembergische Kunstverein eine große Retro- spektive mit Werken Henningers. Am 5. Oktober 1986 stirbt Manfred Henninger in Stuttgart.

Rolando Hettner wird 1905 in Florenz als Sohn des Malers Otto Hettner geboren; Künstler wie Oscar Wilde, Hermann Hesse, Edvard Munch und Auguste Rodin gehen im Elternhaus ein und aus.

Nach der Ausbildung zum Keramiker studiert er an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Campendonk, bevor er 1931 von Otto Dix zum Meisterschüler an die Akademie in Dresden berufen wird.

1933 erfolgt der Ausschluss aus der Akademie, 1936 der Ausschluss aus der Reichskammer der bildenden Künste mit Mal- und Ausstellungsverbot. Begründet wird dies mit seiner Weigerung, sich von der jüdischen Ehefrau zu trennen.

Zurück in seinem Geburtsland kommt Hettner 1937 in Mailand in Kontakt mit der Gruppe Corrente um Carlo Carrà, es ergeben sich einige Ausstellungsbeteiligungen. Während der deutschen Besetzung Italiens taucht Hettner unter und arbeitet als Illustrator.

Nach 1945 wird Roland Hettner italienischer Staatsbürger und arbeitet äußerst er- folgreich als Keramiker. Erst 1958 wendet er sich wieder der Malerei zu, zunächst auf dem Gebiet der Kunsterziehung. Seine innovativen Lehrmethoden führen zu einer Reform des Kunstunterrichts an italienischen Mittelschulen. Ab 1967 widmet er sich ausschließlich der eigenen Kunst. Dazu zieht er sich in die Nähe von Mailand zurück, wo er 1978 verstirbt.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019

Rudolf Jacobi wird am 11. Dezember 1889 in Mülhausen / Thüringen geboren. Nach einer Ausbil- dung als Theatermaler studiert Jacobi von 1907 bis 1914 Malerei an der Berliner Akademie der Künste.

Nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg lebt er als freier Künstler in Berlin, wo er Annot heiratet, die ebenfalls Malerin ist. Gemeinsam gehen beide auf Studien- reisen, zunächst für drei Jahre nach Positano, im Anschluss daran für zwei Jahre nach Paris. 1928 kehrt das Ehepaar zurück nach Berlin.

Jacobi ist Mitglied der Berliner Sezession und kann regelmäßig seine Werke aus- stellen. Zudem eröffnen beide die Malschule Annot. Diese besteht bis 1933, als die Nationalsozialisten verlangen, dass alle jüdischen Schüler entlassen werden sollen. Die Weigerung, dieser Weisung Folge zu leisten führt zum Entzug der Lehrerlaubnis. 1934 emigrieren die pazifistisch eingestellten Jacobis in die USA. Die expressionisti- schen Werke Jacobis werden 1937 als „entartet“ eingestuft, aus öffentlichen Samm- lungen entfernt und größtenteils vernichtet.

In den USA eröffnet das Ehepaar die Annot Art School in New York City, wo u. a. Rudolf Belling unterrichtet. 1956 verlassen die Jacobis die USA und ziehen nach Puerto Rico, wo ihr Freund, der Cellist Pablo Cassals lebt. 1967 kehren beide wieder nach Deutschland zurück. Am 21. Dezember 1972 stirbt Rudolf Jacobi in München.

Arthur Kaufmann wird am 7. Juli 1888 in Mülheim/Ruhr geboren. Nach dem Abitur studiert er an der Kunstakademie in Düsseldorf Malerei, u.a. bei Peter Janssen. 1907 /1913??) studiert er in Paris an der Académie Julien.

Zurück aus dem Ersten Weltkrieg gründet er in Düsseldorf 1919 die Künstlergruppe „Das Junge Rheinland“ und ist von 1921 bis 1923 auch deren Vorsitzender. In dieser Zeit gehört er zum Künstlerkreis um die Galeristin Johanna (Mutter) Ey. Gemeinsam mit Otto Dix ist er 1924 auf Reisen. Spätestens Ende der 1920er Jahre hat sich Kaufmann in Düsseldorf vollkommen etabliert. 1928 tritt er als Mitbegründer der

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 „Rheinischen Sezession“ in Erscheinung, ab 1930 wird er zum Leiter der neu ge- gründeten Düsseldorfer Kunstgewerbeschule berufen.

1933 verliert er aufgrund seiner jüdischen Herkunft die Lehrerlaubnis und muss emigrieren. Zunächst hält er sich in Holland auf, kann dann aber mit Hilfe eines Affidavits von George Gershwin in die USA ausreisen. In New York macht er Be- kanntschaft mit den bereits dort ansässigen deutschen Emigranten. Er selbst erledigt vereinzelt Porträtaufträge, seine Frau trägt als Psychologin maßgeblich zum Unter- halt der Familie bei. 1939 zieht er nach Kalifornien und wird 1944 eingebürgert.

Die Stadt Düsseldorf lädt ihn 1953 nach Deutschland ein. Danach besucht Kaufmann die alte Heimat regelmäßig, vor allem um Ausstellungen seiner Werke zu begleiten. Nach dem Tod seiner Frau 1968 lebt er bei seiner Tochter in Brasilien. Arthur Kaufmann stirbt am 25. September 1971 in Nova Friburgo in Brasilien.

Franz Korwan wird als Saly Katzenstein am 26. Oktober 1865 im hessischen Heinebach als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Gegen alle Wünsche der Eltern studiert er mit Unterstützung eines Onkels 1887/88 an der Düsseldorfer Akademie Malerei. Das Studium muss er immer wieder aus finanziellen Gründen unterbrechen und kann es nicht abschließen. 1890 zieht er zu seinem Onkel Wolf nach Westerland auf Sylt, wo er seine berufliche Laufbahn als Maler beginnt. 1893/94 kann er für zwei Semester bei dem befreundeten Freilichtmaler Eugen Bracht an der Berliner Kunstakademie studieren. Die Landschaftsmalerei der Düsseldorfer Schule sowie die etwas moder- neren atmosphärischen Gemälde von Bracht bleiben bis zum Schluss bestimmend für Korwans Werk.

Nach seiner Heirat 1894 betreibt Korwan als zweites wirtschaftliches Standbein eine Pension und ist bald geschätztes Mitglied der Sylter Inselgesellschaft. 1908 lässt er sich evangelisch taufen. Er engagiert sich politisch und wird als Ratsmann sogar Stellvertreter des Bürgermeisters. Nach dem Ersten Weltkrieg, der Inflation und der Scheidung von seiner Frau ist er in den 1920er Jahren von Mäzenen abhängig.

Der zunehmende Antisemitismus zwingt ihn 1936, Sylt zu verlassen und nach Baden-Baden zu ziehen. Von dort wird er 1940 nach Südfrankreich deportiert. Er lebt unter elenden Bedingungen in den Internierungslagern Gurs/Pyrenäen und Noé bei Toulouse, wo er am 14. September 1942 stirbt.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Bruno Krauskopf wird am 9. März 1892 in Marienburg in Westpreußen geboren. Mit 14 Jahren geht Krauskopf nach Berlin, um eine Lehre als Chromolithograph zu machen. Anschließend kann er dank eines Stipendiums am Königlichen Kunstgewerbe- museum Unterricht nehmen.

Noch vor dem Krieg fallen seine Arbeiten bei Ausstellungen in Berlin auf. Im Verlauf der 1910er Jahre löst sich der Maler vom späten Impressionismus und wird zu einem typischen Vertreter des Expressionismus. Im Revolutionsjahr 1918 ist er Mitglied der Novembergruppe. Seine Werke finden große Beachtung, er stellt deutschlandweit in Galerien und Museen aus und erhält diverse Preise für sein Schaffen.

Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kommen, wird er als Kulturbolschewist und entarteter Künstler diffamiert. Krauskopf entschließt sich während eines Aufent- halts in Norwegen, nicht in die Heimat zurückzukehren. Seine Arbeit kann er beinah ungebrochen fortsetzen und erfolgreich ausstellen. Zur Zeit der deutschen Besat- zungszeit taucht er bei Freunden unter.

Obwohl mittlerweile mit einer Norwegerin verheiratet, erklärt man ihn 1948 zum un- erwünschten Ausländer und all sein Besitz wird auf Grundlage des Wiedergut- machungsgesetzes konfisziert. Er entschließt sich 1948 zu einer weiteren Auswan- derung in Richtung USA. Mit Unterstützung von George Grosz orientiert er sich neu und fasst allmählich Fuß in der New Yorker Kunstszene. Erst im Jahr 1957 ent- schließt sich Krauskopf zur Rückkehr nach Deutschland. Am 22. Dezember 1960 stirbt er in Berlin.

Walter Langhammer und die „Bombay Progressives“

Walter Langhammer wird 1905 in Graz geboren. 1928 schließt er das Studium an der Wiener Kunstakademie erfolgreich ab. Er heiratet Käthe Urbach, Tochter eines jüdi- schen, sozialdemokratischen Bezirksvorstehers in Wien. Beide stehen sozialdemo- kratischen Kreisen nahe und sind daher nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 gefährdet und müssen fliehen.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Die indische Kunststudentin Shirin Vimadalal, die er in Wien kennengelernt hat, ver- mittelt ihm den Posten eines „Art Director“ bei der englischsprachigen Tageszeitung „Times of India“ in Bombay. Kaum sind sie in Indien angekommen, werden die Lang- hammers bei Kriegsausbruch als feindliche Ausländer interniert.

Nach der Entlassung 1941 richtet Langhammer sein Atelier in Bombay ein. Es wird ein Treffpunkt für Emigranten und indische Künstler. Langhammer und andere Emig- ranten gehören zu den Anregern und Unterstützern der „Bombay Progressives“, einer 1947 gegründeten Gruppe avantgardistischer, indischer Künstler. Die Gruppe nimmt die aktuellen Tendenzen der europäischen Avantgarde auf, um sie zu einer eigenständigen, indischen Version umzuformen. Dafür werden die Künstlerinnen und Künstler vom konservativen indischen Kulturestablishment angefeindet.

Aus gesundheitlichen Gründen kehrt Langhammer 1957 nach Europa zurück. Er lebt als Gebrauchs- und Werbegrafiker in London, wo er 1977 stirbt.

Lotte Laserstein wird am 28. November 1898 in Preußisch-Holland/Ostpreußen geboren. Sie studiert 1921 bis 1925 mit Auszeichnung an der Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste in Berlin bei Erich Wolfsfeld, bis 1927 als dessen Meisterschülerin. Nunmehr freischaffende Künstlerin, wird sie 1929 aktives Mitglied im Verein der Berliner Künstlerinnen und beteiligt sich an allen wichtigen Ausstellungen und Wettbewerben. 1931 widmet ihr die Galerie Gurlitt sogar eine Einzelausstellung.

Bis zur Machtergreifung ist sie äußerst produktiv und finanziell erfolgreich, ihr Interesse gilt der urbanen Lebenswelt der Großstadt und insbesondere dem zeit- genössischen Bild der modernen Frau.

Als Dreivierteljüdin erhält Lotte Laserstein 1935 Berufsverbot. Auf ihre Initiative hin stellt die Galerie Moderne in Stockholm 1937 ihre Werke aus und ermöglicht ihr da- mit nicht nur die Emigration, sondern auch die Mitnahme eines Großteils ihrer Bilder und die Aussicht auf neue Aufträge. Eine Scheinehe sichert ihr 1938 die schwedi- sche Staatsbürgerschaft, doch ihre Familie kann sie nicht nachholen, die Mutter wird 1943 in Ravensbrück ermordet.

Nach dem Krieg baut sich Lotte Laserstein in Schweden langsam eine neue Existenz als Porträtmalerin auf, ihre zumeist als Auftragsarbeiten entstandenen Bilder errei-

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 chen aber nur noch selten die Qualität ihrer Zeit in Berlin. Ausgedehnte Reisen füh- ren sie nach Frankreich, Italien, Spanien, die Schweiz und sogar in die USA, Deutschland will sie aber nicht mehr betreten. 1987 findet in London eine Ausstellung ihrer Werke statt, die ihre internationale Wiederentdeckung zur Folge hat. Am 21. Januar 1993 verstirbt Lotte Laserstein in Kalmar.

Julo Levin wird als Julius Levin am 5. September 1901 als Kind einer liberalen jüdischen Familie in Stettin geboren. Er studiert ab 1919 an der Kunstgewerbeschule (Folkwangschule) in Essen bei Jan Thorn Prikker, mit dem er 1921 kurz nach München und schließlich im März 1923 an die Kunstakademie Düsseldorf wechselt. Meisterschüler wird er dann beim Expressionisten Heinrich Nauen.

Nach Abschluss seines Studium 1926 reist er für mehrere Wochen nach Paris. Im Sommer 1931 hält er sich für sechs Monate in Marseille auf, wo zahlreiche Aquarelle, Ölbilder und auch Zeichnungen entstehen. Von 1925 bis 1932 ist er Mitglied des „Jungen Rheinland“ und der „Rheinischen Sezession“ . Er kann seine Werke er- folgreich in Düsseldorf, Berlin und Nürnberg ausstellen.

Ab 1933 sind Julo Levins Ausstellungs- und Verdienstmöglichkeiten sehr begrenzt. Um die Existenz zu sichern, beginnt er eine Ausbildung als Schreiner. Obwohl er nicht Mitglied der KPD oder öffentlich politisch aktiv ist, steht er doch mit vielen kommunistisch gesinnten Künstlern in Kontakt. Im Juni 1933 wird er deswegen für einige Wochen in „Schutzhaft“ genommen, ebenso im März 1937.

Von 1936 bis März 1938 ist er als Zeichenlehrer an der jüdischen Schule Düsseldorf angestellt. Er beschäftigt sich stark mit der natürlichen kindlichen Kreativität und sammelt viele Kinderzeichnungen. 1938 zieht er zu seiner Schwester und seiner Mutter nach Berlin, wo er bis 1941/42 an verschiedenen jüdischen Schulen als Zeichenlehrer arbeitet. Obwohl seine Schwester 1939 nach England emigrieren kann, bleibt Julo Levin in Berlin bei seiner Mutter.

1942 wird er Hilfsarbeiter der jüdischen Gemeinde Berlin. Am 7. Mai 1943 wird Julo Levin von der Gestapo verhaftet und in ein Sammellager gebracht, am 17. Mai nach Auschwitz deportiert, wo er vier Tage später ankommt. Der genaue Todestag von Julo Levin ist unbekannt. Er wird vermutlich noch im Mai 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Rudolf Levy wird am 15. Juli 1875 in eine orthodox-jüdischen Familie geboren, der Vater besteht auf einer ordentlichen Ausbildung. Als Kunstschreiner trifft er 1895 an der Kunst- gewerbeschule Karlsruhe Hans Purrmann, dem er zunächst erfolglos an die Akade- mie in München, später nach Paris folgt. Zusammen mit Walter Bondy etablieren sie den Künstlerkreis um das „Café du Dôme“ im Umfeld von Henri Matisse, dessen Schüler Levy 1907 wird. Bereits seit 1905 ist er auf den Ausstellungen des Pariser Herbstsalons vertreten. Im Ersten Weltkrieg dient er als Freiwilliger und wird mit dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet.

1919 kann er seine Ausstellungstätigkeit fortsetzen, zunächst beim „Jungen Rhein- land“. 1922 richtet der einflussreiche Galerist Alfred Flechtheim Levys erste Einzel- ausstellung in Berlin aus. Daraufhin bietet er ihm einen Exklusivvertrag an, denn Levy ist erfolgreich und in Künstlerkreisen, allen wichtigen Ausstellungen und Orga- nisationen vertreten.

1933 verlässt er Deutschland aufgrund zunehmender Repressionen. Sein Weg führt ihn über Südfrankreich und Italien nach Mallorca, nach Beginn des Spanischen Bür- gerkriegs ergibt sich dank englischer Papiere die Ausreise in die USA. Da er dort nicht Fuß fassen kann, kehrt er auf Umwegen zurück nach Italien, wo er unter ande- rem die alten Künstlerfreunde Purrmann, Battke und Craemer wieder trifft.

Bei rechtlich unklarem Status, aber geduldet durch die italienischen Behörden, wähnt sich Levy ungeachtet der finanziellen Einschränkungen in Sicherheit. Als Italien in den Krieg eintritt, muss er untertauchen und wird schließlich 1943 von der Gestapo in eine Falle gelockt und verhaftet. Im Zuge der Deportation nach Ausschwitz 1944 ver- liert sich Levys Spur.

Max Lingner wird am 17. November 1888 in Leipzig geboren. Im Jahr 1907 macht er das Abitur und beginnt ein Studium an der Kunstakademie in Dresden. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nimmt er an den Kieler Matrosenaufständen teil. Desillusioniert versucht er sich zu Beginn der 1920er Jahre kurz als Landwirt, bevor er wieder als freischaffender Künstler tätig ist. Es entstehen erste sozialkritische und politische Zeichnungen, von denen einige in kommunistischen Zeitungen veröffentlicht werden.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 1928 geht er einem Rat Käthe Kollwitz‘ folgend nach Paris, kann dort aber als freier Künstler nicht Fuß fassen. Deshalb nimmt er eine Stelle als Gestalter und Illustrator bei der Wochenzeitschrift „Monde“ an. Gleichzeitig hält er weiterhin das Leben der Pariser Arbeiter in den Banlieues in Skizzen fest. 1934 wird Lingner Mitglied der Französischen Kommunistischen Partei und zeichnet ab 1935 hauptsächlich für de- ren Publikationen. Der Spanische Bürgerkrieg und die Forderungen der Volksfront- bewegung stehen in Zentrum seiner Arbeiten.

Gleich zu Beginn des Krieges wird Lingner verhaftet und in verschiedenen Lagern interniert. Im Lager „Les Milles“ trifft er u.a. Max Ernst und Anton Räderscheidt. Ende 1941 kann er unter Auflagen das Lager in Gurs verlassen und schließt sich direkt der Resistance an. 1949 verlässt Lingner Paris, da er an der Ost-Berliner Hochschule für Bildende Kunst zum Professor für Malerei des Zeitgeschehen berufen wird. 1950 ist er einer der Gründungsmitglieder der Akademie der Künste und leitet dort eine ei- gene Meisterklasse. Am 14. März 1959 stirbt Max Lingner in Berlin.

Alfred Lomnitz wird am 30. September 1892 in Eschwege geboren. Seine Ausbildung erhält er von 1910 bis 1912 bei Henry van de Velde und Paul Klee an der Großherzoglich- Sächsischen Kunstgewerbeschule in Weimar. Nach dem Ersten Weltkrieg zieht er nach Berlin, wo er 1921 Mitglied der Novembergruppe wird; er stellt u.a. in der Freien Sezession aus. Neben seiner Arbeit als Maler und Grafiker betätigt er sich als Pro- duktentwickler und meldet mehrere Patente an. Studienreisen führen ihn nach Paris, Italien und in die Schweiz.

Weil er sich als Jude in Deutschland unsicher fühlt, geht er 1933 nach England ins Exil. Hier verdient er als Grafiker, Schaufenstergestalter und schließlich als Werbe- manager seinen Lebensunterhalt. Um 1940 wird er in der Nähe von Liverpool als feindlicher Ausländer interniert. Nach dem Krieg kehrt Lomnitz nicht mehr nach Deutschland zurück. Er erkrankt an der Parkinson’schen Krankheit und stirbt im Jahr 1953 in London.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Käthe Löwenthal wird 1878 in Berlin in einer jüdischen Akademikerfamilie geboren. Während eines Aufenthaltes in der Schweiz konvertiert sie zum Protestantismus. In dieser Zeit lernt sie Ferdinand Hodler kennen, bei dem sie 1895 bis 1897 studiert. Sie trifft die Künstlerin Erna Raabe, Freiin von Holzhausen, der sie ihr Leben lang in Freund- schaft und Liebe verbunden bleiben wird.

Ab 1904 arbeitet sie als freischaffende Künstlerin, es entstehen vor allem Land- schaften sowie Porträts. 1909 tritt sie in Stuttgart dem Württembergischen Malerin- nenverein bei. 1910 studiert sie an der Königlichen Württembergischen Kunstschule in der von Adolf Hölzel geleiteten Damenklasse.

Nach Abschluss des Studiums arbeitet sie als freischaffende Künstlerin. Zwanzig Jahre lang kann sie so ihren Lebensunterhalt verdienen und stellt beispielsweise in der Stuttgarter Sezession und im Münchner Glaspalast, aber auch im Hidddensoer Künstlerinnenbund aus.

1934 erhält Käthe Löwenthal als Jüdin Malverbot, das Atelier wird ihr gekündigt. Ohne die Möglichkeit auszustellen ist sie auf die heimliche Unterstützung durch be- freundete Künstler angewiesen. 1935 kann sie ein letztes Mal in die Schweiz reisen, kehrt aber nach Stuttgart zu Erna Raabe zurück.

1941 wird sie in eine sogenannte Judenwohnung umquartiert. Im Februar 1942 ver- bringt man Käthe Löwenthal in ein Sammellager in Weißenstein im Landkreis Göp- pingen. Von dort aus wird sie Richtung Polen deportiert und im Durchgangslager Izbica bei Lublin ermordet. Bei Bekannten eingelagerte, großformatige Bilder werden 1943 durch einen Bombentreffer zerstört.

Josef (Joseph) Mangold wird am 11. November 1884 in Köln geboren. Er besucht die Kunstgewerbeschulen in Köln und Berlin, ist aber in Bezug auf die Malerei vor allem Autodidakt. Seine Werke, hauptsächlich Akte, Blumenstillleben und Landschaften, sind der Neuen Sachlichkeit zuzuordnen. Über sein Leben ist nur wenig bekannt. Mitte der 1920er Jahre schließt er sich der Ausstellungsgemeinschaft Kölner Maler (AGKM) an, der auch Anton Räderscheidt angehört. Zudem ist er Mitglied der „Rheinischen Sezes-

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 sion“, die 1928 aus der Vereinigung der Gruppe „Das junge Rheinland“ mit anderen Gruppen hervorgeht.

Die meisten Quellen nennen den 28. März 1937 als sein Sterbedatum. Es gibt aber auch Quellen, aus denen hervorgeht, Mangold sei 1942 im Konzentrationslager ermordet worden.

Edith Marcus wird am 23. Februar 1888 in Altona geboren. Über ihr Leben ist nur sehr wenig be- kannt. Ihr Malerei-Studium absolviert sie bei Arthur Kampf, einem Historienmaler, der der Präsident der Berliner Königlichen Akademie der Künste in Berlin ist. Im An- schluss daran unternimmt sie ausgedehnte Reisen in die europäischen Nachbarlän- der, bevor sie sich in ihrer Heimatstadt niederlässt, um dort als freischaffende Malerin tätig zu werden.

Wegen ihrer jüdischen Herkunft wird sie im Laufe der 1930er Jahre zunehmend dis- kriminiert. Anfangs ist sie noch erfolgreich als Künstlerin tätig. Sie malt Hafenszenen und andere Ansichten ihrer Heimatstadt, die auch als Grafiken vervielfältigt werden. Die Auftragslage wird allerdings zunehmend schwierig, da es Juden nur noch ge- stattet ist, ausschließlich für jüdische Organisationen zu arbeiten. Also engagiert sie sich im jüdischen Kulturbund. In diesen Zusammenhang kann wohl auch ein liturgi- scher Teller eingeordnet werden, den Edith Marcus 1936 für eine Hamburger Syna- goge bemalte. 1938 wird sie aus der „Reichskammer der bildenden Künste“ ausge- schlossen, bekommt also de facto Berufsverbot. Im selben Jahr erwägt sie gemein- sam mit ihrer Mutter und ihrer verwitweten Schwester eine Ausreise, die jedoch da- ran scheitert, dass die vorhandenen finanziellen Mittel von den Behörden auf einem Sperrkonto blockiert werden. 1939 muss die Künstlerin ihr Haus verlassen und in eine Judenwohnung umziehen. Am 6. oder 7. Dezember 1941 wird sie nach Riga deportiert, wo sich ihre Spur verliert.

Ludwig Meidner wird am 18. April 1884 in Bernstadt, dem heutigen Bierutów, in Schlesien geboren. Nach impressionistischen Anfängen wird Meidner mit seinen expressiven apokalypti-

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 schen Schreckensvisionen bekannt. 1919 lässt er sich in Berlin nieder und stellt in den darauf folgenden Jahren häufig und in namhaften Galerien aus. Seine Aus- einandersetzung mit seinem jüdischen Glauben führt zu zahlreichen Bildern mit bibli- schen Szenen und Propheten sowie zu einem naturalistischeren Malstil.

Die Nationalsozialisten erteilen ihm 1933 Mal- und Ausstellungsverbot, ein Werk von ihm wird in die Ausstellung entartete Kunst aufgenommen. 1935 nimmt er aus der Not heraus eine Stelle als Zeichenlehrer am jüdischen Realgymnasium in Köln an.

Erst 1939 emigriert Meidner zusammen mit seiner Ehefrau und seinem Sohn nach London. Das Leben dort ist beschwerlich und ärmlich. Künstlerisch ist er isoliert. Während der Internierung von 1940 bis 1941 trifft er in verschiedenen Lagern auf zahlreiche Künstlerkollegen, was für ihn einen positiven Aspekt darstellt. Da er in England nie heimisch wird, nimmt er gern die Einladung an, wieder in die Bundes- republik zurückzukehren, obwohl seine Frau in London bleibt. 1963 wird er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin (West); 1964 erhält er das große Bundes- verdienstkreuz. Am 14. Mai 1966 stirbt Meidner in Darmstadt.

Franz Monjau wird am 30. Januar 1903 in Köln geboren. Seine Eltern sind katholisch, jedoch stammt seine Mutter aus einer jüdischen Familie. Dadurch wird Franz Monjau nach 1933 als „Jüdischer Mischling ersten Grades“ verfolgt.

Von 1922 bis 1926 studiert Franz Monjau an der Kunstakademie Düsseldorf, zuletzt als Meisterschüler beim Expressionisten Heinrich Nauen. Er wird 1926 Mitglied der Künstlergruppe „Junges Rheinland“ und später der Rheinischen Sezession. Er ver- steht sich als progressiver Künstler und steht politisch der KPD nahe.

Am 10. Mai 1930 heiratet Monjau die ausgebildete Gymnastiklehrerin Marie (Mieke) Mertens (1903–1997). Von 1931 bis 1933 hat er eine Stelle als Studienreferendar (Werklehrer) in Duisburg und in Düsseldorf am Real-Gymnasium in der Rethelstraße.

Im Rahmen einer Verhaftungswelle gegen „Flugblattverteiler und Funktionäre“ im Umfeld der KPD werden Franz und Mieke Monjau im Juni 1933 vorübergehend in- haftiert. Unter den Verhafteten ist auch sein Künstlerfreund Julo Levin, mit dem Monjau an der Kunstakademie studiert hat. Der Studienreferendar Monjau wird zwangsbeurlaubt und kann die pädagogische Prüfung nicht ablegen. Im September

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 1933 erfolgt die Entlassung aus dem Staatsdienst, sowie der Ausschluss aus der Reichskammer der Bildenden Künste. Damit verliert Monjau seine bisherige Exis- tenzgrundlage.

Von 1936 bis 1938 arbeitet er als Zeichenlehrer an der privaten jüdischen Volks- schule. Daneben kann er noch am Rhein, an der Nordsee, in Holland und in Belgien künstlerisch arbeiten. Bis etwa Ende 1941 gibt Monjau illegal Zeichenunterricht an verschiedenen jüdischen Schulen.

Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erhält Monjau durch das Arbeitsamt eine Umschulung zum technischen Zeichner. Daraufhin kann er eine Anstellung in der Firma Alphons Custodis finden, welche im Feuerungs- und Schornsteinbau tätig ist. Nach der Deportation seiner Mutter in das KZ Theresienstadt lebt er in ständiger Angst. Bei dem Bombenangriff auf Düsseldorf am 12. Juni 1943 werden das Atelier Franz Monjaus und die darin befindlichen Werke zerstört.

Im Oktober 1944 wird er denunziert und verhaftet. Er stirbt an den Folgen der Miss- handlungen in der Haft im Außenlager Ohrdruf (S III) des KZ Buchenwald am 28. Februar 1945.

Arno Nadel wird am 5. Oktober 1878 in einer orthodoxen jüdischen Familie in Wilna geboren. Nach einer Gesangsausbildung zieht Nadel 1895 nach Berlin, wo er die jüdische Lehrerbildungsanstalt besucht. Ab 1916 ist er dort Kantor einer orthodoxen Syna- goge und als Lehrer, Musiker und Komponist tätig. Er veröffentlicht musiktheoreti- sche Untersuchungen und Kritiken ebenso wie Gedichte. Seine Publikationsliste ist lang. Daneben betätigt er sich als Maler und Illustrator. Seine Pastellmalereien und Zeichnungen werden in verschiedenen Ausstellungen präsentiert.

Bereits 1938 nimmt man ihn fest und er verbringt mehrere Wochen im KZ Sachsen- hausen. 1940 scheitert eine Ausreise in die USA, obwohl alle notwendigen Papiere vorliegen. Stattdessen leistet Nadel Zwangsarbeit, bei der er eine beschlagnahmte jüdische Bibliothek inventarisieren muss. Am 12. März 1943 wird er mit seiner Frau nach Auschwitz deportiert und wahrscheinlich direkt nach der Ankunft ermordet.

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Felix Nussbaum wird am 11. Dezember 1904 in einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Osnabrück ge- boren. Unterstützt vom Vater führt ihn sein Studium 1922 an die Kunstgewerbe- schule Hamburg und 1923 nach Berlin an die Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst. Als Meisterschüler steht ihm ab 1928 ein Atelier an der Hoch- schule zu. Von 1929 bis 1932 nimmt er an den Ausstellungen der Berliner Secession teil, dazu kommen Einzelausstellungen in verschiedenen Galerien.

Während Nussbaum sich 1932 mit einem Stipendium an der Villa Massimo in Rom aufhält, werden in seinem Berliner Atelier 150 seiner Bilder durch Brandstiftung zer- stört. Von nun an wird er seine Arbeiten stets mit sich führen. Zwei Jahre lebt Nuss- baum mit seiner Familie in Italien und emigriert 1935 über Paris nach Belgien. Trotz häufiger Ortswechsel ist dies seine produktivste Zeit als Künstler.

Nach dem Einmarsch deutscher Truppen 1940 wird Nussbaum als feindlicher Aus- länder in St. Cyprien, Südfrankreich interniert. Die Haftbedingungen sind so furcht- bar, dass er die Rückführung nach Deutschland beantragt, dem stattgegeben wird. Während des Transports glückt ihm die Flucht zurück nach Brüssel zu seiner Frau. Sie leben in einem Versteck, wo er seine Lagererfahrungen und die permanente Be- drohung zu eindringlichen Bildern verarbeitet. Am 20. Juni 1944 wird Nussbaum zu- sammen mit seiner Frau verhaftet und im Juli 1944 nach Ausschwitz deportiert. Sein genaues Todesdatum ist nicht bekannt.

Lil Picard wird am 4. Oktober 1899 als Lilli Elisabeth Benedick in Landau geboren. Sie ist die Tochter eines jüdischen Winzers und Weinhändlers. Ihre ganze Lebensführung ist persönlich und beruflich völlig unkonventionell. Sie heiratet gegen den Willen der El- tern den Elsässer Josef Picard, mit dem sie nach Berlin geht. Dort beginnt sie als Schauspielerin im Theater und Kabarett, um dann bald als Journalistin großen Erfolg zu haben. Sie freundet sich mit vielen Künstlern der Avantgarde an. Insbesondere Kurt Schwitters wird ihr späteres künstlerisches Werk mit seinen dadaistischen Col- lagen stark beeinflussen.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 1935 heiratet sie den jüdischen Bankier Hans Felix Jüdell, mit dem sie 1936 in die USA emigrieren muss. Schon bald wird sie in der New Yorker Kunstszene bekannt. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hat sie als Modedesignerin Erfolg. Sie bildet sich an der Hans Hofman School of Art fort, in der Erfahrungen der deutschen, französi- schen und amerikanischen Avantgarde zusammenfließen. Lil Picard tritt ab Mitte der 1950er Jahre als bildende Künstlerin in den USA hervor. Sie arbeitet in vielen Kunst- gattungen und öffnet sich auch noch im Alter neuen radikalen Richtungen. Ab 1960 erschließt sie sich die neue Form des Happenings. Ihre Werke zeigen zunehmend auch feministische Inhalte. Ab 1965 bewegt sie sich im Umkreis von Andy Warhols Factory und spielt in seinen Filmen mit. Sie stirbt 1994 in New York.

Jacob Pins wird am 17. Januar 1917 als Sohn eines Tierarztes in Höxter geboren. Noch vor dem Abitur verlässt er 1933 das Gymnasium und entscheidet sich, nach Palästina auszu- wandern. In einem Lager in Stettin erhält er in Theorie und Praxis eine Vorbereitung auf das Leben im Kibbuz.

Von 1936 bis 1941 arbeitet er als Saisonarbeiter und durchlebt wirtschaftlich prekäre Zeiten, vor allem da er seit 1939 durch eine Kinderlähmung beeinträchtigt ist. So ent- schließt er sich, seiner eigentlichen Neigung nachzugeben und in Jerusalem Kunst zu studieren. Mit Hilfe eines kleinen Stipendiums besucht er den Unterricht des aus Berlin stammenden Holzschneiders Jacob Steinhardt, der ihn mit seiner akademi- schen Ausbildung und seinem expressionistischen Stil beeinflusst. Nach Abschluss der Ausbildung erhält er 1945 eine eigene Ausstellung in einer kleinen Galerie in Tel Aviv, die eine große Resonanz erfährt.

1949 gehört er zu den Gründern des Jerusalemer Künstlerverbands, seit 1956 unter- richtet er an der Bezalel Akademie für Kunst und Design in Jerusalem. 1978 wird ihm der Professorentitel verliehen. Er erwirbt sich einen Ruf als Experte für ostasiatische Kunst. Die Beschäftigung vor allem mit japanischen Farbholzschnitten ist auch in seinen eignen Werken nachvollziehbar. Um Verständigung und Aussöhnung bemüht, besucht er seit Ende der 1950er Jahre immer wieder Deutschland und seine Heimat- stadt Höxter, wo 2008 das „Forum Jacob Pins“ eingerichtet wird. Am 4. Dezember 2005 stirbt Jacob Pins in Jerusalem.

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Carl Rabus wird am 30. Mai 1898 in Kempten im Allgäu geboren. Nach dem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München wird Rabus noch kurz vor Kriegsende 1918 zum Wehrdienst verpflichtet. Nach ersten Ausstellungsbeteiligungen, wie z. B. in Herwarth Waldens Galerie „Der Sturm“ in Berlin, verdient er in den 1920er Jahren seinen Lebensunterhalt als Illustrator und Bühnenbildner. Es entstehen vornehmlich grafische Arbeiten.

Politisch links orientiert sieht er sich ab 1933 massiven Anfeindungen ausgesetzt, so dass er 1934 nach Österreich übersiedelt. Seine antifaschistischen Kontakte hält er auch in Wien aufrecht, weswegen er von der Gestapo bespitzelt wird.

Porträtaufträge halten ihn finanziell über Wasser. Als seine Freundin, die jüdische Fotografin Erna Adler, 1938 nach Belgien emigriert, folgt er ihr ins Exil. Hier lernt er die Maler James Ensor und Felix Nussbaum kennen. Nach dem Einmarsch der deut- schen Truppen 1940 wird er im südfranzösischen Lager St. Cyprien als feindlicher Ausländer interniert. Rabus kann fliehen, kehrt nach Brüssel zurück und lebt dort im Untergrund. 1942 wird er von den Deutschen festgesetzt, nach Wien überstellt und wegen „Rassenschande“ mehrere Monate inhaftiert. Nach Kriegsende bleibt Rabus in Belgien. Er findet international Beachtung mit seinen Werken und beteiligt sich in Europa und in Übersee an Ausstellungen. 1974 zieht es ihn wieder nach Süd- deutschland. Am 28. Juli 1983 stirbt Carl Rabus in Murnau am Staffelsee.

Anton Räderscheidt

Wird am 11. Oktober 1892 in Köln als Sohn eines Handelsschuldirektors geboren. Er beginnt 1910 sein Kunststudium an der Kölner Kunstgewerbeschule und wechselt 1911 an die Düsseldorfer Akademie, wo Eduard von Gebhardt sein Lehrer wird. 1913 mietet er sich ein erstes Atelier in Köln, wo er den Expressionisten Franz Henseler und Max Ernst kennenlernt. Er erschließt sich den Expressionismus und den Kubis- mus.

Bei Kriegsausbruch 1914 wird er zum Kriegsdienst eingezogen. Nach zwei schweren Verwundungen wird er 1917 aus dem Militär entlassen. Er besteht das Staatsexamen als Zeichenlehrer, entschließt sich aber nach dem Referendariat 1919 freier Künstler

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 zu werden. 1918 heiratet er seine erste Frau, die Kunst- und Sportlehrerin Marta Hegemann. Er lebt in der Kölner Künstlerszene und hat Kontakt zu dem Dada-Zirkel um Max Ernst und den Kölner Progressiven um F. W. Seiwert. Räderscheidt arbeitet nun im Stil der Neuen Sachlichkeit.

Ab 1933 ist er dem NS-Regime als kommunistischer Künstler verdächtig. 1934 trennt er sich von seiner Frau und geht eine Beziehung zur jüdischen Mäzenin Ilse Metzger- Salberg ein. Mit ihr emigriert er 1934 nach Paris. Aufgrund des Vermögens seiner Partnerin kann Räderscheidt materiell unbedrängt malen und sich in Paris künstlerisch etablieren.

Mit Kriegsausbruch 1939 wird das Paar in Les Milles bei Aix-en-Provence interniert. Nach der französischen Niederlage 1940 soll Räderscheidt ausgeliefert werden, kann aber zusammen mit dem Maler Heinrich Davringhaus fliehen.

Räderscheidt taucht mit seiner Familie 1941 bei einer Familie in Barjols unter. Bei einer Hausdurchsuchung können sie am 7. September 1942 in letzter Sekunde in die Schweiz fliehen.

Nach dem Tod von Ilse Salberg am 28. März 1947 zieht Räderscheidt wieder nach Paris, wo er feststellt, dass alle seine zurückgelassenen Werke verschollen sind. Er lernt 1947/48 seine spätere Frau Gisèle Boucherie kennen, hat aber nun in Paris keine finanzielle Lebensgrundlage mehr. So zieht er Ende 1949 zurück nach Köln, wo er ebenfalls in großer Armut lebt. Um sich überhaupt zu ernähren, malt Räder- scheidt gefällige Kölner Stadtansichten in großer Zahl. Erst 1961 erhält er als Wie- dergutmachung eine Rente, die seine Lage sehr verbessert. Er stirbt am 8. März 1970 in Köln.

Albert Reuss wird 1889 in einer traditionellen jüdischen Familie in Wien geboren, zur Kunst kommt er als Autodidakt.

Nach der Beteiligung an einer Ausstellung der Wiener Secession 1922, kann sich Reuss als erfolgreicher Porträtmaler etablieren. Umso härter trifft ihn der Anschluss Österreichs an Deutschland. Er kann zwar rechtzeitig mit seiner Frau Rosa nach England fliehen, doch all sein Hab und Gut werden konfisziert. Er findet Unterschlupf in Cornwall, auch ein Atelier kann er mitbenutzen. Erste regionale Ausstellungen mit

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 vorwiegend Landschaftsmotiven sind finanziell erfolgreich, wenn auch kaum beachtet von der Londoner Kunstwelt.

Nach einer kurzen Internierung als „Feindlicher Ausländer“ 1940 lebt Reuss als Kunsterzieher wirtschaftlich unabhängig, 1947 werden Reuss und seine Frau briti- sche Staatsbürger.

Die Malerin Ruth Adams fördert Reuss mit dem Bau eines Hauses samt Atelier in Mousehole in Cornwall. Künstlerisch ist Reuss zunehmend isoliert, Bilderverkäufe sind selten. Erst 1953 findet Reuss einen Kunsthändler, der ihn für die nächsten zwanzig Jahre vertreten wird. 1975 erhält der Künstler eine Ausstellung in Wien unter dem Titel „Bilder der Einsamkeit – Albert Reuss“. Nur wenige Wochen später verstirbt Albert Reuss am 4. November 1975 in Mousehole.

Hilde Rubinstein wird am 7. April 1904 als Tochter einer jüdischen Familie in Augsburg geboren. Nach dem Abitur ermöglichen Ihre Eltern ihr ein Studium der Bildenden Kunst an der Köl- ner Werkschule, das sie 1923 bis 1924 am Bauhaus in Weimar weiterführt. An der Akademie in Düsseldorf bringt sie ihr Malereistudium zum Abschluss. Danach schließt sich ein einjähriger Aufenthalt in Paris an. Ihre Bilder finden Anklang und werden in verschiedenen Ausstellungen präsentiert. Parallel zur Malerei beginnt sie Theaterstücke zu schreiben. 1932 wird eines ihrer Dramen erfolgreich in Berlin ge- spielt.

Seit 1929 engagiert sich Hilde Rubinstein aktiv in der KPD, wird Ende 1933 verhaftet und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu eineinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der Entlassung flüchtet sie mit ihrer dreijährigen Tochter nach Schweden. Dort schreibt sie weiter und schlägt sich mit Gelegenheitsarbeiten und kleineren Porträt- aufträgen durch. Als sie ihren Bruder in Moskau besucht, wird sie aufgrund des Ver- dachts, sie sei ein „trotzkistischer Spion“, für zehn Monate inhaftiert. Danach soll sie 1937 nach Deutschland abgeschoben werden, kann aber wieder nach Schweden flüchten.

Nach dem Krieg wird Hilde Rubinstein in Schweden als Schriftstellerin bekannt. Im hohen Alter von 78 Jahren zieht sie wieder nach West-Berlin, kehrt aber nach nur wenigen Jahren nach Stockholm zurück, wo sie am 5. August 1997 stirbt.

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Josef Scharl wird am 9. Dezember 1896 in München geboren. Mit 15 Jahren beginnt Scharl eine dreijährige Ausbildung als Dekorationsmaler, Lackierer und Vergolder. Ab März 1915 ist er Soldat. Nach einer schweren Verwundung kann er lange Zeit den rechten Arm nicht mehr bewegen und wird aus dem Wehrdienst entlassen. Zum Wintersemester 1918 immatrikuliert sich Scharl an der Münchner Akademie, verlässt sie aber vorzei- tig wieder. Fortan arbeitet er als freier Künstler. Erste Erfolge feiert er bei Ausstellun- gen in der Münchner Neuen Secession. Scharl geht nach Berlin. Dort entstehen von Van Gogh und Cezanne beeinflusste Porträts, Landschaften und sozialkritische Dar- stellungen von Menschen der unteren Gesellschaftsschichten. Der Künstler kann sich etablieren, findet Sammler und Mäzene und unternimmt Reisen.

Nach 1933 werden seine Werke von den Nationalsozialisten als entartet diffamiert. Er erhält Malverbot und sein Atelier wird mehrfach durchsucht. 1938 entschließt er sich zur Emigration. Seine Frau und sein Sohn bleiben in München. Unterstützt von Freunden lebt er in New York. Seine Bilder werden farbiger, verlieren aber ihren Ge- sellschaftsbezug. Albert Einstein, den er bereits 1927 in Berlin kennengelernt hat, unterstützt ihn finanziell und mit einer Bürgschaft, die er für den Einbürgerungsantrag benötigt. Er kann Bilder ausstellen und arbeitet als Illustrator.

Zu Beginn der 1950er Jahre ist er auch in Ausstellungen in Deutschland vertreten. Die Münchner Akademie und der neu gegründete Deutsche Künstlerbund bitten ihn um seine Mitgliedschaft. Dennoch fühlt sich Scharl nicht willkommen in Deutschland, von seiner Familie hat er sich entfremdet. 1952 erhält er die amerikanische Staats- bürgerschaft. Am 6. Dezember 1954 stirbt Josef Scharl in New York.

Julius W. Schülein wird 1881 als Sohn einer jüdischen Familie in München geboren. Nach dem Abitur beginnt er zunächst ein Jurastudium, belegt im Nebenfach aber bereits Kunst- geschichte und Philosophie. Von 1904 bis 1907 widmet er sich auf der Akademie der Bildenden Künste im München der Malerei. Im Anschluss daran folgt ein Paris- Aufenthalt, wo er in der Malschule „La Palette“ Unterricht nimmt. Ab 1908 lebt er wieder in München, im Nebenhaus wohnt Thomas Mann, mit dem er ein Leben lang

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 verbunden bleiben soll. 1913 ist er u. a. zusammen mit Paul Klee und Alexej von Jawlensky Gründungsmitglied der „Neuen Sezession“. 1916 beteiligt er sich an der Organisation einer Gedächtnisausstellung für Franz Marc. Schülein findet seinen Platz in der Münchner Kulturszene.

Im Jahr 1930 zieht Schülein nach Berlin um. 1933 emigriert der Maler nach Paris. 1939 wird er als feindlicher Ausländer in der Nähe von Toulouse interniert. 1941 ge- lingt ihm die Flucht über die Pyrenäen nach Portugal. Von Lissabon aus verlässt er Europa in Richtung New York. Nach Kriegsende unternimmt er regelmäßig Studien- reisen durch Europa. 1961 wird er zum Professor h.c. der Münchner Akademie der Bildenden Künste ernannt. Julius W. Schülein stirbt Ende November 1970 In New York.

Karli Sohn-Rethel wird am 8. Mai 1882 in Düsseldorf in eine Malerdynastie geboren. Bereits als Kind erhält er Zeichenunterricht, sein Studium absolviert er an den Akademien in Düssel- dorf und Dresden sowie in einer Malerkolonie. Nach sechsjährigem Aufenthalt in Rom wird er 1911 Mitglied im „Sonderbund westdeutscher Kunstfreunde und Künst- ler“, bei dessen Schau in Köln er 1912 ausstellt. Ab 1913 übernimmt die Galerie Flechtheim seine künstlerische Betreuung, während er selbst in Südostasien weilt. Den Ersten Weltkrieg verbringt er in München und beteiligt sich an der „Freien Se- cession“ in Berlin sowie 1919 dem „Jungen Rheinland“. Die folgenden Jahre reist Sohn-Rethel nach Italien und Nordafrika, Südfrankreich und Paris. Hier ist er Teil des Künstlerkreises im „Café du Dôme“, gleichzeitig wird er Mitglied in der „Rheinischen Sezession“ und ist ab 1930 sogar Beisitzer und Teil der Hängekommission.

1933 endet seine Karriere in Deutschland, er emigriert nach Italien. Ab 1934 lebt er mit seinem Schüler und Freund Kurt Craemer in Positano, auf Ischia, in Florenz und – nach Craemers Erkrankung – erneut in Positano. Künstlerisch ist dies seine pro- duktivste Zeit; seine Themen findet er hauptsächlich bei den Fischern am Strand. Allerdings kann er nicht an die früheren Erfolge anknüpfen und ist auf die finanzielle Unterstützung von Freunden angewiesen. 1959 kehrt Sohn-Rethel krankheitsbedingt nach Düsseldorf zurück, wo er 1966 stirbt.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019

Eugen Spiro

Wird am 18. April 1874 in Breslau als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Zu- nächst studiert er ab 1892 zwei Jahre Malerei an der Breslauer Akademie. Dann folgt der Wechsel an die Akademie der Bildenden Künste in München. Franz von Stuck ernennt ihn 1897 zu seinem Meisterschüler. Ab 1900 arbeitet Spiro als freier Künstler in München und wird Mitglied der Münchner Sezession. Schnell findet er fachliche Anerkennung. Seine Porträts werden allgemein geschätzt , was zur Einkommens- sicherung beiträgt. 1906 zieht es ihn nach Paris, bis ihn der Beginn des Ersten Welt- kriegs wieder zurück nach Berlin führt. 1915 wird Spiro in den Vorstand der Berliner Sezession gewählt, er gehört zur Ankaufskommission der National-galerie Berlin. Er avanciert zum angesehensten Maler der Weimarer Republik und bedient das wohl- habende Bürgertum mit gemäßigt modernen Porträts und Landschaftsbildern.

Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft verlagert er seine Ausstellungs- tätigkeit ins Ausland und gibt freiwillig seinen Posten in der Secession auf. 1935 überredet ihn seine Ehefrau zur Emigration nach Paris. Noch 1940 gelingt es den Spiros, durch die Vermittlung des „Emergency Rescue Committee“, einer mit privaten Spenden finanzierten Hilfsorganisation, in die USA auszureisen. In New York unter- hält Spiro gute Kontakte zu den deutschsprachigen Exilanten und ist wieder als Port- rätist und Kunstpädagoge gefragt.

Auch im Nachkriegsdeutschland erinnert man sich an ihn. 1954 erhält er den Auftrag für ein Porträt des Bundespräsidenten Theodor Heuss. Das Bundesverdienstkreuz wird ihm 1964 verliehen. Am 26. September 1972 stirbt Eugen Spiro in New York.

Armin Stern

Wird als Herman Stern am 17. August 1883 in Galánta bei Pressburg (heute Bratis- lava) im Kaiserreich Österreich-Ungarn als Sohn einer jüdisch-orthodoxen Familie geboren. 1900 zieht er nach Frankfurt am Main und studiert an der Städelschule Malerei. 1904 setzt er seine Studien an der Münchner Akademie bei Franz von Stuck fort. In Paris besucht er für einige Zeit die École des Beaux-Arts. Dort lernt er den Impressionismus kennen, der sein Werk lebenslang prägen wird. Armin Stern macht

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 sich als Porträtmaler prominenter Persönlichkeiten wie Thomas Mann, Albert Einstein oder David Ben Gurion bald einen Namen.

Im August 1933 flieht der Zionist Stern mit seiner Familie nach Bratislava. Von dort aus reist er nach Holland, Frankreich, Italien, in die Schweiz und nach Palästina. Immer wieder widmet er sich dabei auch jüdischen Themen. Stern besucht diverse Künstlerkolonien, vernetzt sich europaweit. Unterwegs malt er Landschaften und Stadtansichten oder porträtiert einfache Menschen wie Fischer und Bauern. Stilistisch geht Armin Stern vom Impressionismus aus, den er mit Elementen eines gemäßigten Expressionismus sowie Anleihen von Kubismus und Neuer Sachlichkeit fortentwickelt.

1938 emigriert er mit seiner Familie weiter nach New York. Nur einen Teil seines Werks kann er mitnehmen. In den USA kann er noch einige Jahre malen, bevor er kurz nach seiner Einbürgerung 1944 in Gloucester/USA stirbt.

Horst Strempel wird am 16. Mai 1904 in Beuthen/Oberschlesien geboren. Nach einer Ausbildung als Dekorationsmaler studiert er von 1923 bis 1927 an der Kunstakademie Breslau, wo und Oskar Moll zu seinen Lehrern gehören. 1927 zieht er nach Berlin, um sein Studium bei Karl Hofer fortzusetzen. Strempel versteht sich als politischer Künstler und engagiert sich bei der „Assoziation revolutionärer bildender Künstler“ (ARBKD). Er tritt in die KPD ein.

Mitte 1933 emigriert er nach Paris und arbeitet als Karikaturist für Zeitungen sowie als Reklamemaler. Bei Kriegsausbruch wird er nach Südfrankreich deportiert und interniert. 1941 nimmt er das Angebot an, nach Deutschland zurückzukehren. Er muss dafür Kriegsdienst in Jugoslawien und Griechenland leisten.

Im Juni 1945 kehrt Horst Strempel nach Berlin zurück. Er entscheidet sich, seiner kommunistischen Überzeugung folgend, für den sowjetischen Teil der Stadt. Zahlrei- che Ausstellungen in den ersten Nachkriegsjahren belegen seinen Erfolg. Vor allem durch große öffentliche Aufträge, wie etwa 1948 für das Fresko „Trümmer weg – baut auf“ im Berliner Bahnhof Friedrichstraße, wird er bekannt.

Sein malerisches und grafisches Werk dieser Zeit widmet sich vor allem der Aus- einandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus und dem Wiederaufbau. Indi- rekt spiegelt auch eine große Anzahl von Stillleben diesen Zeitgeist wieder. 1947 er-

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 hält Strempel eine Dozentur an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, 1949 erfolgt seine Berufung zum Professor.

In dieser Zeit spaltet die „Formalismus-Debatte“ die Künstler in zwei Lager. Die einen folgen dem „Sozialistischen Realismus“ sowjetischer Prägung, die anderen wün- schen sich eine unabhängige Kunst, die sich an der internationalen Moderne und älteren Traditionen orientiert. Offizielle Linie der SED wird der Sozialistische Realis- mus. Strempel wird wegen seines „formalistischen“ Stils stark kritisiert. Sein Wand- bild im Bahnhof Friedrichstraße wird 1951 in einer Nacht- und Nebelaktion überstri- chen. Man attackiert ihn so sehr, dass er 1953 aus der DDR fliehen muss.

Aufgrund seiner Vergangenheit erhält Strempel erst 1971 die Anerkennung als politi- scher Flüchtling. Er arbeitet als Stoffdesigner und gibt Kurse an der Volkshochschule um sich zu ernähren. Er stirbt am 4. Mai 1975 in Berlin.

Heinrich Tischler wird am 25. Mai 1892 in Cosel/Oberschlesien als Sohn einer jüdischen Kaufmanns- familie geboren und wächst in Breslau auf. Nach einer Ausbildung im Tischlerhand- werk nimmt er 1910/11 sein Studium an der Breslauer Akademie auf. Er ist vielfältig begabt und widmet sich gleichermaßen der Möbelzeichnerei, der Architektur wie auch der Malerei. Mit Kriegsausbruch 1914 meldet er sich freiwillig zur Kavallerie. Trotzdem ist er weiterhin künstlerisch produktiv und setzt sich mit der Situation jüdi- scher Soldaten im Krieg auseinander. Seine frühen Arbeiten stehen stilistisch dem Expressionismus und den Blauen Reiter nahe.

Nach dem Krieg kehrt Tischler an die Akademie zurück schließt sich einer progressi- ven Künstlergruppe an. Einflüsse der italienischen Futuristen und der Bilder Franz Marcs sind besonders in seinen Tierbildern erkennbar. Er steht zudem in Austausch mit dem Brücke-Künstler Otto Müller, der nun an der Breslauer Akademie lehrt. Eine langjährige Freundschaft verbindet ihn besonders mit Isidor Aschheim. In den 1920er Jahren bestimmt die Auseinandersetzung mit der eigenen jüdischen Identität und der jüdischen Tradition seine Bildthemen. Aber auch die gefährdete Gegenwart wird re- flektiert, etwa in der Grafikserie „Pogrome“ von 1919. Trotz gewisser Erfolge muss er ab 1926 aus wirtschaftlichen Gründen den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Archi- tektur und Innenarchitektur verlagern.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Ab 1933 wird er aufgrund mangelnder Aufträge Lehrer an einer jüdischen Schule. 1934/35 scheitert sein Emigrationsplan nach Palästina. Ein neuer Emigrations- versuch wird durch seine Verhaftung am 11. November 1938 und die folgende De- portation ins KZ Buchenwald verhindert. Am 12. Dezember 1938 wird er entlassen und stirbt 16. Dezember 1938 im jüdischen Krankenhaus Breslau an den Folgen der Haft. Seine Familie kann wenig später nach London emigrieren.

Hans Tombrock wird am 21. Juli 1895 als 16. Kind einer katholischen Bergmannsfamilie in der Nähe von Dortmund geboren. Im Ersten Weltkrieg dient er zunächst bei der Marine, dann in Flanderns Schützengräben. Nach Kriegsende arbeitet er als Bergmann, verliert wegen politischer Reden seine Arbeit und lebt fortan auf der Straße. Ruhelos zieht er durch das Land, seine Zeichnungen dienen ihm als Tauschmittel für eine Suppe oder ein Nachtlager. 1927 kann Tombrock erstmals im politisch links orientierten „Verlag der Vagabunden“ eine Mappe mit Zeichnungen veröffentlichen, die auch kommerziell ein großer Erfolg wird. Nach einer Ausstellung 1929 in einer Stuttgarter Galerie kau- fen sogar große Museen Werke von ihm an.

Politisch eher kommunistisch orientiert, muss er 1933 vor den Nationalsozialisten flüchten; zunächst in die Schweiz, wo man ihn aufgrund seiner antifaschistischen Karikaturen ausweist. Nach einer Irrfahrt quer durch Europa gelangt er schließlich 1936 nach Schweden. Dort lernt er 1939 Bertolt Brecht kennen, der ihm Freund und Lehrer wird. Bis zu Brechts Ausreise in die USA 1941 entstehen zahlreiche Illustrati- onen zu dessen Schriften.

1946 kehrt Tombrock nach Deutschland zurück und gründet in Dortmund die Kunst- schule, die allerdings bald wieder schließen muss. Nach Lehraufträgen an Hoch- schulen in Weimar, Halle und Weißensee verlässt der nonkonformistische Tombrock 1953 die DDR wieder und zieht nach Stuttgart. Hier arbeitet er als freischaffender Künstler und unternimmt zahlreiche Studienreisen, vor allem nach Nordafrika. Am 18. August 1966 stirbt Hans Tombrock in Stuttgart.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Fred Uhlmann wird am 19. Januar 1901 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Stuttgart ge- boren. Der studierte Jurist engagiert sich aktiv in der SPD und ist Vorsitzender des Verbandes Sozialdemokratischer Rechtanwälte in Württemberg.

Aufgrund seiner politischen Haltung gelangt er 1933 ins Visier der National- sozialisten. Nach einer Warnung eines parteitreuen Kollegen flüchtet er nach Paris, wo sein entfernter Cousin, der Maler Paul Elsas lebt. Uhlmann betätigt sich als Jour- nalist und versucht sich als Unternehmer, da er als Emigrant keiner bezahlten Arbeit nachgehen darf. 1934 beginnt er, angeregt durch Elsas und unterstützt von dem Kunstpublizisten Paul Westheim, zu malen. 1936 zieht er weiter nach Tossa de Mar in Spanien, wo er seine spätere Frau kennenlernt. Nach Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges reist er über Paris zurück nach England, wo er im November Diana Croft heiratet. Beide sind 1939 Mitbegründer des Artist Refugee Committee , das u. a. O. Kokoschka und J. Heartfield die Flucht ermöglicht. Im gleichen Jahr gründet er den Freien Deutschen Kulturbund , um die antifaschistischen Kräfte in England zu bündeln. Dennoch wird er von Juni bis Dezember 1940 als feindlicher Ausländer in- terniert. Im Lager auf der Isle of Man lernt er u. a. Kurt Schwitters und Jack Bilbo kennen. Nach Kriegsende bleibt er in England und erwirbt sich als Maler und Schrift- steller Anerkennung. Am 12. April 1985 stirbt er in London.

André Verlon wird am 6. März 1917 als Willy Verkauf in Zürich geboren und wächst seit 1921 in Wien in einem sozialdemokratischen Milieu auf. Schon als Kind gehört er den „Roten Falken“ an, dann ab 1931 der Sozialistischen Arbeiterjugend.

Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 und die folgenden Ereignisse hinterlassen so tiefen Eindruck, dass er schon im September 1933 mit seinen Eltern nach Palästina auswandert. Dort arbeitet er zunächst als Landschafts- gärtner. Ab 1938 wird er publizistisch tätig. Im selben Jahr heiratet er Hanna Lip- schitz (1917–1973). Das Ehepaar wird 1939 wegen Verdachts der Mitgliedschaft in der illegalen Kommunistischen Partei Palästinas verhaftet und zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach der vorzeitigen Haftentlassung 1940 ziehen sie von Tel Aviv nach Jerusalem. Hier ruft Willy Verkauf einen kleinen Exil-Verlag ins Leben.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Im Oktober 1942 gehört er zu den Mitbegründern der Exilorganisation Free Austrian Movement (FAM / Freie Österreichische Bewegung) in Palästina. Er steht mit Ange- hörigen des österreichischen Widerstands und alliierten Geheimdiensten in Verbin- dung, mit dem Ziel, in Österreich aktiv zu werden. Dazu kommt es während des Krieges aber nicht mehr.

Im März 1946 reist Willy Verkauf aus Tel Aviv ab und kommt im April 1946 in Wien an. Hier tritt er der KPÖ bei und richtet als Angestellter des kommunistischen Globus- Verlags die Zentralbuchhandlung ein. Im Juni 1947 wird er von der kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) ausgeschlossen, weil er seine eigenen Bücher nicht im Globus-Verlag erscheinen lassen will. Danach lebt er in der Schweiz und auch wieder in Israel.

1958 kehrt er nach Wien zurück. Erst ab dieser Zeit entsteht sein künstlerisches Werk, für das er sich den Künstlernamen „André Verlon“ zulegt. Seine Werke folgen einem sehr eigenwilligen Stil, den er „Montage-Painting“ nennt.

Von 1961 bis 1971 lebt und arbeitet er in Paris und Israel. Danach lebt er wieder hauptsächlich in Wien. Er stirbt am 12. Februar 1994 in Wien.

Ber Warzager wird am 18. September 1912 in Tomaszów Mazowiecki geboren, das in jenem Teil Polens liegt, der bis 1918 zum russischen Reich gehört. Gelegentlich kommt statt Ber auch die deutsche Namensform Bernard oder die polnische Beniek vor. Er stammt aus einer jüdischen Familie, die einige Maler hervorgebracht hat. Schon in der Kindheit zeigt sich das künstlerische Talent von Ber Warzager.

In den Jahren 1936-1938 studiert Ber Warzager an der Akademie der bildenden Künste in Warschau. Nach seiner Rückkehr in seine Heimatstadt wird er als Schöpfer von Filmplakaten und expressionistischen Gemälden bekannt. Seine Bildthemen aus dem Leben der Jude im Schtetl sind typisch für die Malerei im Polen jener Jahre. 1938 und 1939 kann er seine Gemälde auf Einzelausstellungen in Tomaszów Mazowieck zeigen.

Am 13. September 1939 (kurz nach dem Einmarsch der Nazis in Tomaszów) wird Ber Warzager bei einer Razzia gefangen genommen und in das Konzentrationslager

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Buchenwald deportiert. Trotz der unmenschlichen Bedingungen in diesem Lager überlebt er dort den Krieg.

Nach Kriegsende studiert er 1946-1947 an der Brera Akademie der bildenden Künste (Accademia delle Belle Arti di Brera) in Mailand. 1948 wandert er in den gerade neu entstehenden Staat Israel aus. Dort wird er in den Jahren 1948-1958 als Direktor am Museum of Modern Art in Haifa tätig. In Israel findet er Anschluss an die Nach- kriegsmoderne. Zunächst kommen surrealistische Elemente in seine Kunst, dann die der Abstraktion. Schließlich nähert er sich der gegenstandslosen Kunst des Informel.

Umso überraschender sein Entschluss, 1958 von Israel in die Bundesrepublik Deutschland auszuwandern, wo er sich in Köln niederlässt. Dort wirkt er am Wieder- aufbau der großen Synagoge in der Roonstraße mit, die am 20. September 1959 feierlich eingeweiht wird. Ber Warzager entwirft dafür einige Glasfenster, darunter die Große Maßwerkerose an der Westseite.

Er tritt auch als Buchillustrator hervor und kann seine Gemälde in mehreren europäi- schen Ländern ausstellen. Ber Warzager stirbt 1988 in Köln.

Paul Wieghardt wird am 26. August 1897 in Lüdenscheid geboren. Als Frontsoldat wird er 1917 bei Amiens im Trommelfeuer verschüttet, wird schwer verletzt und verliert seine Spra- che, die er nur mühsam wieder erlangen wird. Ab 1920 studiert er figürliche Malerei und Wandmalerei an der Kunstgewerbeschule in Köln, unterbrochen von einem Jahr am Staatlichen Bauhaus in Weimar. 1925 wechselt er nach Dresden an die Kunstak- ademie. Nach Abschluss des Studiums zieht es ihn zusammen mit seiner Lebens- gefährtin Nelli Bar nach Paris, wo seine Ausstellungen in den 1930er Jahren positiv besprochen werden.

1938 reisen Wieghardt und Bar nach Norwegen und bleiben dort, denn Nelli Bar ist Jüdin. Da sie kein Visum für die USA bekommen, müssen sie 1940 weiter nach Schweden flüchten. Das Paar beschließt, sich auch ohne Einreiseerlaubnis auf den Weg in Richtung USA zu machen. So reisen sie über Russland, Japan und per Schiff über den Pazifik nach Panama, wo sie endlich ein Visum für die USA erhalten. Un- terstützt von Flüchtlingshilfsorganisationen erhält Wieghardt bald verschiedene Lehr- aufträge in Philadelphia und kann frei malen.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 1946 wird ihm ein Lehrstuhl am Art Institute of Chicago angeboten, 1950 unterrichtet er zudem am Illinois Institute of Technology, wo Mies van der Rohe ihn als Lehrer für figürliches Zeichnen einstellt. Zu seinen Schülern zählen u.a. Claes Oldenburg und Robert Indiana. Am 9. Dezember 1969 stirbt Paul Wieghardt in Wilmette bei Chicago, wo er seit 1946 gelebt hat.

Erich Wolfsfeld wird 1884 oder 1885 in Krojanke, dem heutigen Krajenko, in Westpreußen geboren. Dem Studium in Berlin und Paris folgen Studienreisen nach Italien und in die Schweiz. Nach dem Ersten Weltkrieg führen ihn weitere Reisen in die Türkei, nach Marokko, Ägypten und Palästina.

Von 1916 bis zu seiner Entlassung 1936 ist er als Zeichenlehrer in Berlin tätig. 1939 kann er mit Hilfe des englischen Botschafters nach England ausreisen. Dort wird er auf der Isle of Wight interniert. Mit Hilfe von Porträtaufträgen kann er sich mühsam über Wasser halten. Seine Arbeitsweise ist geprägt von einem humanistischen Rea- lismus, der den Fokus auf die Menschen am Rande der Gesellschaft legt.

Auch wenn er sich nur mühsam an das Leben in der Fremde gewöhnen kann, kehrt er nach dem Krieg nicht wieder nach Deutschland zurück. Am 29. März 1956 stirbt Wolfsfeld in London.

Julie Wolfthorn wird am 8. Januar 1864 in Thorn/Westpreußen geboren. Ab 1890 studiert sie in Ber- lin Malerei und Grafik, mit einer einjährigen Unterbrechung 1892 an der Académie Colarossi in Paris. 1898 zählt sie zu den Gründungsmitgliedern der Berliner Seces- sion, in deren Rahmen sie bis 1913 regelmäßig ausstellt, ebenso im Münchner Glaspalast. Ihr Ruf gründet sich auf einfühlsamen Porträts von einflussreichen Frauen der Berliner Gesellschaft. Daneben arbeitet sie als Illustratorin für die Zeit- schrift „Jugend“.

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Zeit ihres Lebens kämpft Julie Wolfthorn gegen die Benachteiligung von Frauen in Kunst und Gesellschaft. Dazu engagiert sie sich in zahlreichen Künstlerinnen- vereinigungen, die sie zum Teil auch mitbegründet, wie die „Verbindung Bildender Künstlerinnen Berlin – München“ 1905 und den „Frauenkunstverband“ 1913. Gleich- zeitig eröffnen sich ihr hier neue Möglichkeiten, auszustellen und Aufträge zu akqui- rieren.

Nach der Machtergreifung wird Julie Wolfthorn aus der Berliner Secession ausge- schlossen und mit Berufs- und Ausstellungsverbot belegt. In der Folge arbeitet sie im Kulturbund Deutscher Juden bis zu dessen Verbot 1941. Es entstehen nun kleinere Porträts und Blumenstücke und erstmalig auch Themen aus der jüdischen Lebens- welt.

Am 28. Oktober 1942 wird Julie Wolfthorn nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 29. Dezember 1944 an Entkräftung stirbt. Sie zeichnet bis zum Schluss, ihre Skizzen erhalten sich versteckt in der Lagerbibliothek.

Samuel Zulkis wird im Jahr 1914 in Berlin geboren. Schon früh beginnt er zu malen und studiert in Berlin Malerei, Kunstgeschichte, Philosophie und Medizin. Über seinen künstleri- schen Werdegang ist bislang kaum etwas bekannt.

1933 emigriert er nach Palästina. 1944 gründet er zusammen mit der Illustratorin Elisabeth Hermann, die ursprünglich aus Wien stammt, eine Kunstschule, das „Zulkis-Hermann Studio“. Die Schule besteht bis ins Jahr 1960. Die Themen seiner Arbeiten findet Zulkis in den Städten und Landschaften seiner neuen Heimat. Dane- ben ist er als Restaurator tätig. 1995 verstirbt Samuel Zulkis in Israel.

Beatrice Zweig wird am 27. Mai 1892 als Tochter eines jüdischen Kaufmanns in Berlin geboren. Im Jahr 1916 heiratet sie den Schriftsteller Arnold Zweig, der entfernt mit ihr verwandt ist. Sie lebt mit ihm in München und Starnberg, hört Philosophie-Vorlesungen und studiert Malerei bei verschiedenen Lehrern. 1923 erhalten die Zweigs anonyme anti-

Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 semitische Drohbriefe, weshalb sie nach Berlin übersiedeln. Hier schließt Beatrice Zweig ihr Malerei-Studium ab. Ende 1932 besucht sie während eines Studienaufent- halts in Paris die private Kunstschule „Académie Julien“.

Im Mai 1933 reisen die Zweigs über Wien und Basel nach Sanary-sur-Mer in Süd- frankreich. Kurz darauf schiffen sie sich in Richtung Palästina ein. Während sich Arnold Zweig dort nie richtig einleben kann, beginnt für Beatrice eine künstlerisch anregende Zeit. Sie steht in Kontakt mit anderen Kunstschaffenden und kann ihre Bilder in mehreren Ausstellungen präsentieren.

1948 beschließt ihr Mann, Israel den Rücken zu kehren und nach Ost-Berlin zurück- zukehren. Beatrice folgt ihm nur widerwillig. Sie fühlt sich in Deutschland nicht mehr sicher und ist zutiefst schockiert über die Berliner Trümmerlandschaft. In der Folge erkrankt sie schwer an Depressionen. Später nimmt sie ihre künstlerische Arbeit wieder auf und erhält 1951 eine erste Ausstellung. Am 18. Oktober 1971 stirbt Beatrice Zweig in Berlin-Pankow.

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