Deutsche Künstler im Exil 1933 – 1945 Werke aus der Sammlung Memoria von Thomas B. Schumann 15. Juni bis 29. September 2019 Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 © Mittelrhein-Museum Koblenz, 2019 Texte der Ausstellungsinformationen: Matthias von der Bank, Claudia Heitmann Texte der Künstlerbiographien: Matthias von der Bank, Claudia Heitmann und Carolyn Weber Zentralplatz 1 56068 Koblenz Telefon 0261 / 1292520 [email protected] www.mittelrhein-museum.de Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Teil 1 Ausstellungsinformationen Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Deutsche Künstler im Exil 1933 – 1945 Werke aus der Sammlung Memoria von Thomas B. Schumann 15. Juni bis 29. September 2019 Gut eine halbe Million Menschen verließen Deutschland während der nationalsozia- listischen Diktatur. Die Gründe für das Exil waren vielfältig. Bei weitem die meisten mussten gehen, weil sie Juden waren und durch die rassistischen Gesetze des NS- Regimes keine Lebensmöglichkeit in Deutschland mehr sahen. Ein weiterer Exilgrund war die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer politischen Überzeugung, dann folgte die religiöse Ausgrenzung sowie die künstlerische Diffamierung. Unter diesen Exilanten befanden sich fast 10.000 Kulturschaffende im weitesten Sinne, also nicht nur Maler, Musiker oder Schriftsteller, sondern auch Architekten, Publizisten, Kabarettisten, Tänzer oder Mitarbeiter der Filmindustrie. Die Zahl hängt etwas davon ab, wen man dort hinzuzählt. Professionelle bildende Künstler im enge- ren Sinne waren es weniger, wobei sich deren Zahl nicht exakt bestimmen lässt; vielleicht sind es einige hundert. Im öffentlichen Bewusstsein sind vor allem die Persönlichkeiten in Erinnerung geblie- ben, die schon vor ihrem Exil international berühmt waren oder danach zu Bekannt- heit gelangten, wie etwa Thomas Mann, Walter Gropius oder Max Beckmann. Sie sind jedoch nicht repräsentativ für die überwältigende Mehrzahl der aus Deutschland vertriebenen Künstler. Für diese war der Heimatverlust gleichbedeutend mit dem Verlust der beruflichen Existenz, dem Verlust ihres Publikums und ihrer Förderer. Im Exil standen viele vor dem Nichts und kämpften täglich um die Sicherung ihres Le- bensunterhaltes. Einige konnten als Künstler beruflich in ihrem Gastland Fuß fassen. Andere lebten in völliger Isolation. Manche wechselten ihren Beruf. Während des Zweiten Weltkriegs wurden sie zudem – paradoxerweise – in den Exilländern als feindliche Ausländer interniert. Einige wurden selbst noch dort von den deutschen Besatzern aufgespürt und deportiert. Nach Kriegsende und der Rückkehr in die Heimat mussten viele fest- stellen, dass sie vergessen waren oder dass sie als Emigranten sogar auf offene Ablehnung stießen. Ziel der Ausstellung ist es also nicht, einzelne besonders herausragende Künstler mit einer größeren Anzahl von Werken zu feiern, sondern ein breites Spektrum der un- terschiedlichsten Künstlerinnen und Künstler. Es soll eine Vorstellung von dem un- geheuren Verlust gegeben werden, den das deutsche Kulturleben erlitten hat. Und umgekehrt soll an die Entrechtung und die Leiden all der Menschen erinnert werden, die gewaltsam aus dem deutschen Kulturleben entfernt wurden. Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Der Sammler und Verleger Thomas B. Schumann Thomas B. Schumann, geboren in Köln-Lindenthal, studierte nach einer Buch- handelstätigkeit Germanistik und Geschichte in Bonn, Köln und München und be- gann früh, journalistisch zu arbeiten. Seit vielen Jahren widmet er sich der deutschen Exil-Kultur von 1933 bis 1945. Dazu angeregt wurde er als 15-jähriger Schüler durch eine Begegnung mit Thomas Manns Witwe Katia, der zahlreiche persönliche Kontakte mit Exil-Schriftstellern folg- ten. So traf er z. B. Günther Anders, Elias Canetti, Irmgard Keun, Walter Mehring, Hans Sahl und Armin T. Wegner. Seitdem behandelt er als Autor („Plädoyers gegen das Vergessen“, „Asphaltliteratur“) und Journalist (Zeit, FAZ, NZZ u. a.) sein Lebensthema. Zudem veröffentlicht er in seinem Verlag „Edition Memoria“ die Werke deutschsprachiger Exil-Schriftsteller. Seit einigen Jahren hat er sein Interesse auf die bildende Kunst ausgeweitet und eine stetig wachsende Anzahl von Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen zusammen- getragen. Mittlerweile umfasst diese wohl umfangreichste Sammlung zum deutschen Exil insgesamt 750 Kunstwerke und 10.000 Bücher sowie Dokumente und Nach- lässe. Gern unterstützt er Ausstellungen mit Werken aus seinem Besitz, um das Bewusst- sein für diesen vernachlässigten Bereich der Kunstgeschichte zu fördern. Seit langem verfolgt er das Ziel, ein „Museum des Exils“ zu gründen. Dieses könnte mit seiner Sammlung als Grundstock zum dringend benötigten Zentrum für die Dokumentation und Erforschung des Themas werden. Thomas B. Schumann ist Träger des Kulturförderpreises der Stadt Hürth und wurde 2017 für sein Exil-Engagement mit dem renommierten Hermann-Kesten-Preis aus- gezeichnet. Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Die trügerische Erfahrung von Sicherheit Jüdische Künstlerinnen und Künstler der älteren Generation, die zwischen 1860 und 1880 geboren waren, wie Julie Wolfthorn, Julius Graumann, Franz Korwan, Clemens Fraenkel, Walter Bondy und Eugen Spiro glaubten sich in der bürgerlichen Gesell- schaft des Kaiserreichs fest verankert. Künstlerisch standen sie meist den Tenden- zen des späten 19. Jahrhunderts, wie Impressionismus und Jugendstil, nahe. Viele Künstlerinnen und Künstler wurden nach 1933 vom Ausmaß der Verfolgungen durch die nationalsozialistische Diktatur überrascht. Innerhalb von wenigen Wochen bis Monaten nach der „Machtergreifung“ standen sie unvermutet vor der Frage, ob sie Deutschland verlassen sollen oder gar müssen. Oft zögerten sie lange, diesen Schritt zu tun. Es schien allen ihren historischen Erfahrungen zu widersprechen. Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 glaubte die überwiegende Mehrheit der Deutschen, in einem stabilen Rechtsstaat zu leben. Es gab ein allge- meines und gleiches Wahlrecht für Männer, was zur damaligen Zeit im internationa- len Vergleich durchaus fortschrittlich war. Das „Gesetz betreffend die Gleichberechti- gung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung“ wurde Grundlage der Reichsverfassung. Dadurch wurden alle deutschen Juden zu gleich- berechtigten Staatsbürgern. Mit der Weimarer Republik existierte seit 1918/19 zudem ein demokratisches Staatswesen. Trotz weiterhin bestehender gesellschaftlicher Benachteiligungen und eines verbrei- teten Antisemitismus hing die große Mehrheit der Juden in Deutschland bis 1933 dem Gedanken der Assimilation an. Der Zionismus war demgegenüber eine Minder- heitenposition. Teilweise bis Ende der 1930er Jahre wurde daher die Gefahr unter- schätzt. Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Ausgrenzung und versperrte Auswege Am 30. Januar 1933 begannen die Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes. Ge- fährdet waren als erstes politische Künstler wie Georges Grosz, dessen Atelier noch am Tag der Machtübernahme durch die SA gestürmt wurde. Durch das „Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staats- bürgerschaft“ vom 14. Juli 1933 konnte Deutschen die Staatsangehörigkeit entzogen werden, wenn sie sich im Ausland regimekritisch betätigten. Es sind 39.006 solcher individuellen Ausbürgerungen dokumentiert, die vor allem politische Gegner des Re- gimes betrafen. Mit dem „Juden-Boykott“ am 1. April 1933 begann die öffentliche Ausgrenzung der Juden. Durch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 wurden „Beamte nicht arischer Abstammung“ aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt verließen einige jüdische Künstler wie Artur Kaufmann, Arie Goral oder Rudolf Jacobi Deutschland. Zwischen 1933 und 1937 wanderten 130.000 Juden aus Deutschland aus. Die zweite Emigrationswelle setzte nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 ein. 1938 und 1939 flüchteten noch einmal rund 120.000 Juden aus Deutschland, darunter Jacqueline Diffring und Milein Cosman. Mit Kriegsausbruch waren die Aus- wege weitgehend versperrt. Bei einigen Künstlern scheiterte die Ausreise in letzter Minute, obwohl die nötigen Papiere vorlagen, wie bei Heinrich Tischler oder Edith Marcus. Mit der 11. Verordnung zum Reichbürgergesetz vom 25. November 1941 wurden automatisch alle Juden ausgebürgert, die sich im Ausland aufhielten. Das betraf etwa 250.000 bis 280.000 emigrierte deutsche Juden. Dazu gehörten auch die Juden, die in Vernichtungslager im Ausland deportiert wurden, etwa nach Auschwitz. Sie waren formell staatenlose Exilierte. Während des Krieges lebten manche Künstler versteckt. Einige, wie Felix Nussbaum oder Franz Monjau wurden denunziert, verhaftet und deportiert. Andere, wie Julo Levin, scheinen nie Emigrationspläne verfolgt zu haben und versuchten, unauffällig zu leben. Levin wurde schließlich verhaftet, deportiert und 1943 in Auschwitz ermordet. Deutsche Künstler im Exil 1933-1945, Mittelrhein-Museum Koblenz, 15.6. bis 29.9.2019 Exilland Großbritannien Bis 1938 herrschte eine relativ restriktive Aufnahmepraxis auf der britischen Insel. Permanente Aufenthaltserlaubnisse wurden nur an bestimmte Berufsgruppen verge- ben. Die Kulturschaffenden fanden auf der Insel kaum einen Markt für ihre Werke, so dass viele von ihnen darauf
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