HISTORISCHER ATLAS 10, 2

VON BADEN-WÜRTTEMBERG Erläuterungen

Beiwort zur Karte 10,2

Postrouten (Postcourse) in Baden-Württemberg 1490-1803

VON WALTER LEIBBRAND

1. Die Anfänge des europäischen Postwesens dung des eigentlichen Postwesens Ende des 15.Jhs. von den Habsburgern ausging, die die damals größten Die Überbringung von Nachrichten, insbesondere und räumlich am weitesten ausgedehnten Territorien von Briefen, durch Boten ist in Europa bereits seit dem beherrschten. Frankenreich der Merowinger bezeugt. Sie vollzog Hatte das Botenwesen im Laufe der Entwicklung na- sich zunächst vor allem zwischen den Klöstern und turgemäß verschiedene Organisationsgrade erreicht, so nahm, entsprechend der Entwicklung dieser Einrich- ist das eigentlich neue am Postwesen, daß prinzipiell tungen (vgl. Karten VIII, 2, 3, 4 u. 6), im Laufe der ein Linienverkehr eingerichtet wird mit festgelegtem Jahrhunderte stark zu. Auch die Universitäten hatten – Botenwechsel und Stationen zum Wechseln der Pferde häufig seit ihrer Gründung – eigene Botenanstalten. (Pferderelais), und daß weiterhin zum erstenmal auch Mit dem Aufkommen der Städte und Städtebünde die Beförderung von Personen im Linienverkehr – (vgl. Karten IV, 4-5 und demnächst IX,1), der Bildung nicht nur von Briefen – organisiert wird. überregionaler Märkte und Handelsmessen sowie städtischer Oberhöfe als übergeordneter Rechtsinstanz, wuchs das Bedürfnis nach organisierter Nachrichten- 2. Die Einrichtung der Postcourse durch die Habsbur- übermittlung stark und führte zum städtischen Boten- ger 1490-1615 wesen, das sich mit der Ausdehnung des Handels (vgl. XI,3 Ravensburger Handelsgesellschaft) international Durch die Ausbreitung der habsburgischen Haus- ausweitete. macht in der zweiten Hälfte des 15.Jahrhunderts unter Ganz allgemein muß beachtet werden, daß sich im Kaiser Maximilian I. – Burgund und die Niederlande 15.Jh. mit der Entwicklung einer breiteren, gebildeten kamen zu Habsburg – wurde die Nachrichtenübermitt- Bürgerschicht in den Städten, der Zunahme der lung zur politischen Notwendigkeit. Aus militärischen Schriftlichkeit in der Behandlung vieler Lebensberei- und wirtschaftlichen Gründen suchte Maximilian eine che und der Verbreitung des Papiers als dem gegen- schnelle und sichere Nachrichtenverbindung von Inns- über dem Pergament ungleich billigeren Schriftträger bruck nach den von ihm regierten, weit entfernten Ge- der Bedarf an schriftlicher Nachrichtenübermittlung bieten zu unterhalten. Den schwerfälligen, nach mit- außerordentlich steigerte. telalterlichen Gesichtspunkten organisierten königli- Auch im Bereich der staatlichen Verwaltung hatte chen Kanzleiboten und Kurieren am Hof in Wien fehl- sich – auf dem Wege vom reisenden Herrscher des te die Fähigkeit, den Anforderungen, die sich durch Mittelalters zum modernen Flächenstaat mit zentraler den unvorhergesehenen Machtzuwachs ergaben, Hauptstadt – bereits im 15.Jh. ein tiefgreifender Wan- gerecht zu werden; ihnen diese Nachrichtenübermitt- del vollzogen, der eine verbesserte Organisation der lung zu übertragen, schied daher aus. Nachrichtenübermittlung erforderlich machte. Auf Grund von Erfahrungen, die das Geschlecht der Es ist daher folgerichtig, daß die Anstöße zur Ausbil- Taxis auf dem Gebiet der Nachrichtenübermittlung

1

10,2 WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803

schon im Anfang des 15.Jahrhunderts in Oberitalien ge- Stammlande samt den burgundischen Niederlanden macht hatte, berief die spanisch-habsburgische Dynastie den Söhnen Karl und Ferdinand, aus der Ehe Philipps 1489 Johann von Taxis zum Postmeister. Als »oberster mit Donna Johanna, zu. Franz von Taxis verlagerte aus Postmeister« in habsburgischen Diensten wird er in den diesem Grunde seinen ständigen Aufenthalt von Inns- Tiroler Raitbüchern von 1489 Janetto Taxis genannt. bruck nach den Niederlanden, um von dort aus, der Ein Jahr später sind dort auch sein Bruder Franz und Schaltstelle zwischen den österreichischen und spa- sein Neffe Johann Baptista von Taxis nachzuweisen. nisch-habsburgischen Gebieten, dem spanischen König Eine Memminger Chronik vermerkt, daß 1490 auf Be- Philipp »dem Schönen« die erforderlichen Nachrich- fehl von Maximilian I. die Posten von in die tenverbindungen einzurichten. Am 1. März 1501 er- Niederlande, nach Spanien, nach Frankreich und Rom nennt in Gent König Philipp I. von Spanien »Francis- bestellt wurden. Damit war innerhalb kurzer Zeit ein que (I.) de Tassis« zu seinem Hauptpostmeister (capi- Netz von Stationen geschaffen worden, das sich auf taine et maître de nos postes) mit einer täglichen Be- Mittel- und Westeuropa ausdehnte. soldung von 20 sol (pro sol 2 Groschen flandrische Die Schnelligkeit der Nachrichtenübermittlung, die Währung). mit dieser Organisation geschaffen wurde, übertraf alles Mit Vertrag vom 18.Januar 1505 – in Brüssel abge- bisher auf diesem Gebiet Dagewesene. Als Familien- schlossen – erweiterte Philipp die Abmachung dahin- betrieb, getragen von den nächsten Verwandten über- gehend, daß Franz von Taxis in unternehmerischer nahmen die Taxis die Postmeisterstellen in Deutschland, Eigeninitiative gegen eine jährliche Pauschale mit der Italien, Spanien und den Niederlanden. Die Bezahlung Anlage von Reitpostcoursen zwischen Spanien und der Transportleistungen bestand in einem festen Gehalt, Kaiser Maximilian I. zum Nutzen des Staates und der dazu wurden Gewinnanteile ausgeschüttet. Damit war Dynastie beauftragt wurde. In diesem Vertrag wurden der einzelne am Wachstum und dem Gedeihen der Post- u.a. auch Beförderungszeiten festgelegt, so z.B.: großfirma lebhaft interessiert. In dieser Organisation und in ihrer monarchistischen Leitung waren sie dem von Brüssel nach Innsbruck Gewicht und der Geschlossenheit den Handelsgesell- im Sommer 5 1/2 Tage schaften des 16.Jahrhunderts gleichzusetzen. im Winter 6 1/2 Tage Die von Taxis eingeführte technische Neuerung be- von Brüssel nach Paris stand darin, daß nicht mehr der einzelne Bote mit einem im Sommer 44 Stunden im Winter 54 Stunden einzigen Brief abgefertigt wurde und diesen dann zum Bestimmungsort brachte, sondern ein Felleisen (Brief- Die Posten dienten zwar vorrangig Staatsinteressen, sack) bis zum nächsten Postlager gebracht wurde, wo da jedoch die Mitnahme von Privatbriefen nicht aus- dann Reiter und Pferd gewechselt wurden. In Stun- drücklich untersagt war, wurde die Beförderung von denpässen – von 1495 liegen die ältesten Stundenpässe Privatpost stillschweigend geduldet; Beispiel dafür ist vor – hatten die Postillione die Übergabezeiten des Fell- der Poststundenpaß Mecheln–Innsbruck von 1506. eisens festzuhalten. Die Kurse wurden zunächst auf zeit- Franz von Taxis, dem das Monopol der Postbeförde- lich begrenzten Routen, ausgerichtet auf die politischen rung vertraglich zugesichert war, sorgte nun zielstrebig Geschäfte des Herrscherhauses und seiner Verwaltung, für die königliche Privilegierung seines Personals. Hier gelegt. ging es vor allen Dingen um die Befreiung von frem- Mit der Festlegung solcher Kurse im Jahr 1490 wurde der landesherrlicher Jurisdiktion, der Befreiung von somit die Grundlage für eine epochemachende Nach- Personallasten und Steuerabgaben, dem alleinigen Ge- richtenvermittlung in Form von »Postcoursen« geschaf- brauch des Posthorns und der Unterstellung des Perso- fen. Als einer der ersten Postcourse dieser Art wurde nals unter den königlichen Schutz. Diese in den An- 1490 die Verbindung Innsbruck – Brüssel über Söf- fangsjahren zugesicherten Privilegien blieben bis zum lingen – Altenstadt (Geislingen) – Cannstatt – Beginn des 19.Jahrhunderts erhalten. Enzweihingen – Knittlingen und Rheinhausen bei Spey- Mit dem Posthorn kündigte der Postillion sein be- er, der niederländische Postcours, in Betrieb genommen. vorstehendes Eintreffen auf der Poststation an, damit Mit Einrichtung dieser Nachrichtenübermittlungsachse der notwendige Wechsel von Postillion und Pferd so- war der deutsche Südwesten an die zentralen Schaltstel- wie das Felleisen unverzüglich übergeben werden len des damaligen Reiches angeschlossen. konnte. Zur Festigung des Bündnisses mit Spanien verehe- Nach dem Tode von König Philipp 1506 kam die lichte Maximilian I. seinen Sohn Philipp mit Donna spanisch-niederländische Posteinrichtung unter die Johanna, Tochter Ferdinands von Aragonien. Nachdem Kontrolle von Kaiser Maximilian I., der die Stellung die Ehe des spanischen Thronerben Don Juan mit der von Franz von Taxis als Hauptpostmeister bestätigte. Tochter Maximilians I., Margarete, kinderlos war, fiel Der Vertrag vom 12.November 1516 mit König Karl 1497 das spanische Königreich, die habsburgischen I. von Spanien – dem späteren Kaiser Karl V. – be- stimmt, daß neben Franz von Taxis auch dessen Nef- fen Johann Baptista von Taxis das Hauptpostmeister- amt übertragen wird. 2

WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803 10,2

In diesem Vertrag werden weiterhin die Beförde- schen Provinzen wurden Taxis‘sche Posteinrichtungen rungszeiten für die Post neu festgesetzt. Zum Beispiel: in den aufständischen Provinzen weggenommen. Wichtige und ertragreiche Handelskorrespondenzen von Brüssel nach Paris entfielen. Dazu kam, daß die zugesicherten königlichen im Sommer 36 Stunden Subventionszahlungen für die Post ab 1565 eingestellt im Winter 40 Stunden wurden. Die Folge waren Zahlungsrückstände, die den Betrieb der Post Brüssel – Innsbruck so beeinflußten, Gegenüber den mit Vertrag vom 18. Januar 1505 daß es 1579 zur Einstellung des niederländischen Post- festgesetzten Zeiten konnte nunmehr eine Transport- kurses wegen langjähriger ausstehender Besoldung der zeitverkürzung um nahezu 20 % erreicht werden! Postmeister in Württemberg und der Kurpfalz kam. Im Postvertrag von 1516 wird weiterhin vereinbart, Am 12. November 1579 setzt Seraphin II. von Taxis daß 2 Pferde für jede Post unterhalten werden müssen, eine Kommission zur Reformation des Postwesens ein; mit Ausnahme der abseits gelegenen kaiserlichen und Aufgabe dieser Kommission war, für die Bezahlung französischen Höfe. der ausstehenden Posthalterbesoldungen zu sorgen und In einem weiteren Artikel dieses Vertrags wird be- den Postkurs Brüssel–Augsburg–Innsbruck nach Ita- stimmt, daß der König, sein Statthalter und Rat einen lien wieder in Gang zu setzen. Kavalier, Sekretär oder Bediensteten zum halben Preis Im gleichen Sinne bemüht sich zwischen 1583 und auf den Posten reisen oder begleiten lassen kann. 1589 Henot, Postmeister in Köln. In den von Henot Mit der Einrichtung von »Poststraßen« auch zur ausgehandelten Verträgen war u.a. enthalten, daß die Beförderung von Personen zu Pferde auf den Postcour- noch ausstehende Besoldung der Posten aus Reichs- sen erfährt die Struktur des Staffettensystems eine mitteln reguliert werden sollte. Wegen der zerrütteten bemerkenswerte Bereicherung, die vom »Postführer« – Reichsfinanzen verweigerte jedoch Kaiser Rudolf II. dem Postillion – zum Posthalter führt. Zwischen dem die Ratifizierung der von Henot ausgehandelten Ver- Postmeister und dem Postillion tritt nun der Posthalter träge. Am 26.Juni 1595 bestätigt Kaiser Rudolf II. als selbständiger Unternehmer – Halter der Pferde – in Leonhard von Taxis in seinem Amt als Hauptpostmei- die Entwicklung der Post ein. ster und ernennt ihn gleichzeitig zum Generaloberpost- Das Tagebuch des Augsburger Kaufmanns Lucas meister im Reich. Rem vermerkt, daß er am 7.September 1515 »auf der Die Entwicklung der Taxis‘schen Posten wird durch Post« von Brüssel in 6 Tagen nach Augsburg ritt und das Nebenpostwesen sowie die vorhandenen städti- an den einzelnen Tagen je 5, 3, 4, 3, 4 und 4 Posten zu- schen Boteneinrichtungen nachteilig beeinflußt. In rücklegte. 23 Posten (Stationen) bei einer Strecke von einer Postordnung für Postmeister und Post vom 16. 620 km. Zurück brauchte er 7 Tage. Oktober 1596 wird das Nebenpostwesen, besonders Nachdem Franz von Taxis 1517 verstorben war, zwischen Brüssel und Augsburg, von Leonhard von wird am 28. August 1518 Johann Baptista von Taxis Taxis untersagt. das Hauptpostmeisteramt übertragen. Der Taxis‘sche Postkurs von Brüssel über Rheinhau- Nach der Krönung von Karl V. zum deutschen Kai- sen, Augsburg nach Innsbruck und weiter nach Italien ser 1530 erteilt dieser einen Bestallungsbrief für Jo- sowie die Posteinrichtungen in den spanischen Nieder- hann Baptista von Taxis als Generalpostmeister für landen und den kaiserlichen Erblanden, sind 1600 noch seinen gesamten Herrschaftsbereich. Das Taxis‘sche die einzigen ständigen Postverbindungen im Gebiet des Postwesen umfaßt nunmehr Spanien, die Niederlande Reiches. Auf Grund politischer und wirtschaftlicher und das gesamte Reichsgebiet. Schwierigkeiten ist in diesen Jahren keine Erweiterung Neben Johann Baptista von Taxis waren seine Brü- der Postrouten möglich. der, Mapheo, Simon und David für die Post in den ver- Am 16. Januar 1608 wird Leonhard von Taxis in den schiedensten Teilen des Habsburgischen Reiches tätig. erblichen Freiherrenstand erhoben und erhält am 12. Von seinen Brüdern und den übrigen Taxis‘schen Oktober 1611 das »obriste Generalpostmeisteramt«. Familienlinien wurde Johann Baptista in seinem Gene- Mit dem von Kaiser Matthias am 27.Juli 1615 ver- ralpostmeisteramt als Oberhaupt anerkannt. Dieser liehenen Mannlehen des Generalpostmeisteramtes an feste Familienzusammenhalt beeinflußte den schnellen Lamoral von Taxis kommt der entscheidende Ausbau des Postbetriebs entscheidend. Damit hatten Durchbruch zu den notwendigen organisatorischen sich die Taxis innerhalb des kaiserlich habsburgischen Maßnahmen, die nun zur Einrichtung von weiteren Postwesens eine Stellung geschaffen, die nicht angeta- Postkursen führten. Durch die Belehnung des Hauses stet werden konnte. Da die Taxis‘schen Postmeister in Taxis mit dem Reichspostgeneralat vollzieht sich der den wichtigsten Postämtern die ankommenden Fellei- entscheidende Wandel zur Taxis‘schen . Die sen selbst öffneten, konnten sie auch Privatkorrespon- kaiserliche Hofpost, die vorder- und niederösterreichi- denz befördern. sche Post bleiben jedoch vom Amt des Generalpost- Infolge des sich um 1568 abzeichnenden Staatsban- meisters ausgeschlossen. krotts und des Aufstands in den spanisch-niederländi-

3

10,2 WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803

3. Aufau der Reichspost ab 1616-1730 Postbetriebes, einmal zu regelmäßigen Postritten, dann zur außerkuriermäßigen Beförderung eiliger Briefe Die Wirren des 30jährigen Krieges beeinträchtigen und Kuriere oder auch zur Bereitstellung von Pferden zunächst den begonnenen Aufbau und die Einrichtung für die eigenen Reichsposten. von Postämtern sowie die Anlage neuer Postkurse. Zu- Sehr bald waren jedoch die Metzgerposten sowie dem kommen nach 1648 im deutschen Südwesten Be- noch mehr die von Stuttgart an bestimmten Tagen strebungen auf, eigene Posten unter landesherrlicher nach verschiedenen Städten Württembergs abgehenden Leitung einzurichten. Demgegenüber haben sich schon Boten nachteilig für die Reichspost und es begann wie- sehr früh die Vorteile der Taxis‘schen Posteinrichtung derum die Auseinandersetzung um das Postregal mit bemerkbar gemacht, da hier die Nachrichtenübermitt- dem Kaiser und dem Hause Taxis. Das Herzogtum lung auch mit weiter entfernten Gebieten schnell und si- Württemberg als auch die angrenzende Kurpfalz waren cher gegeben war. Weiterhin konnte sich die Reichspost durch den niederländischen Postkurs nach Ansicht der auf die Hilfe zahlreicher kleiner Reichsstände stützen, Postverwaltung des Hauses Taxis – ab 24. Dezember die im Kampf gegen den größeren Nachbarn kaiserlicher 1650 Thurn und Taxis – hinreichend an die großräu- Unterstützung bedurften und sich wegen ihres eng be- mige Postverbindung angeschlossen. grenzten Territoriums aus finanziellen Gründen keine ei- Am Beispiel des Postkurses Heidelberg – Straßburg gene grenzüberschreitende Post leisten konnten. lassen sich die Verkehrsverhältnisse der Posten in je- Wie stark diese Bestrebungen waren, läßt sich daran ner Zeit darstellen: Für die 130 km lange Postroute erkennen, daß Herzog Johann Friedrich von Württem- Heidelberg – Hockenheim – Rheinhausen – Linken- berg am 26. Juni 1622 eine 2. Postordnung unter folgen- heim – Rastatt – Lichtenau – Straßburg benötigt die dem Titel erlassen hat: Extrabriefpost 1637 28 1/2 Stunden, was einem Stun- Post- und Metzgerordnung. Was die Postmeister und dendurchschnitt von 4,5 km entspricht. Metzger im Hertzogthumb Württemberg der Posten Im Zusammenhang mit angestrebten Verbesserun- halber zu thun schuldig / und wie es sonsten in allem gen der Postverbindung mit der Schweiz werden am anderen mit dem Postwesen gehalten werden solle. 13.August 1691 im Herzogtum Württemberg neue Wie schon im 16.Jahrhundert besorgten im Herzog- Poststationen eingerichtet. Es kommt jedoch immer tum Württemberg die Metzger die Beförderung der Ku- wieder zu Schwierigkeiten wegen unbefriedigender riere, Briefe und Befehle, die vom herzoglichen Hofla- Postverbindungen, der Nichtgewährung von Portofrei- ger, von der Hofkanzlei sowie von Privatleuten als Pri- heit zwischen dem Herzog von Württemberg und dem vatbotschaften aufgegeben wurden. Vielfache Be- Hause Thurn und Taxis. schwerden der Metzger – insbesondere wegen Vorent- Nachdem die 1709 eingerichtete württembergische haltung des Botenlohnes – veranlaßten Herzog Johann Landespost Ende 1714 aufgegeben wurde, wurden die Friedrich bereits 1611 zur Veröffentlichung einer ersten Landkutschen wieder eingeführt. württembergischen Postordnung für Metzger. Trotz der Entscheidend verbessert wurden die Verhältnisse im Sommer 1622 erfolgten Neuregelung des Postwesens zwischen dem württembergischen Herzoghaus und gingen bald wieder Beschwerden der Metzger ein, die dem Hause Thurn und Taxis durch die Vermählung sie insbesondere wegen des geringen Botenlohnes an- von Herzog Carl Alexander von Württemberg mit Ma- brachten sowie auch auf ihre Tätigkeit als Postreiter, die ria Augusta Sophia, Tochter von Anselm Franz von sich nachteilig für ihren Beruf als Metzger auswirken Thurn und Taxis im Mai 1727. Im Interessenausgleich würde. zwischen Reichspost und Landeshoheit traten nun ent- Nach dieser Postordnung von 1622 war die Aufgabe scheidende Verbesserungen ein. der Metzger Für das Herzogtum Württemberg blieb jedoch der Mißstand, daß seine Beförderungseinrichtungen um 1. die landesherrliche und sonstige amtliche Post be- die Jahrhundertwende – 17./18.Jahrhundert – von zwei ritten und erforderlichenfalls mit Pferdewechsel von Gewalten, der Reichsgewalt und der landesherrlichen Station zu Station an den Bestimmungsort zu bringen, Gewalt, abhingen. Sie behinderten sich durch gegen-

2. von der Hofhaltung oder herzoglichen Kanzlei kom- seitiges Mißtrauen in der Verkehrserschließung, wäh- menden landesherrlichen Boten und Kurieren Pferde rend das allgemeine Interesse eine einheitliche Leitung zur Verfügung zu stellen und sie als Vorreiter zu des Verkehrswesens nach überregionalen Gesichts- begleiten und 3. soweit dies möglich, auch unverdächtigen Privatper- punkten notwendig gemacht hätte. Die Folge dieser sonen Pferde und Vorreiter zu stellen. Zwistigkeiten zeigten sich schon bei Beginn des Daneben konnte sich auch die Bevölkerung für ihre 18.Jahrhunderts. private Nachrichtenvermittlung der Metzgerposten bedienen. 4. Ausbau der Reichspost ab 1731-1803 Die Reichspost sah zunächst die Metzgerposten sehr Der Postbetrieb macht mit Beginn des 18.Jahrhun- gerne. Sie brauchte sie zur Ergänzung ihres eigenen derts einige bemerkenswerte Fortschritte:

4

WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803 10,2

1680 läuft das Felleisen in der Woche einmal, höch- Ein anderer Heilbronner Postillion ritt mit dem Frank- stens zweimal in jeder Richtung. furter Felleisen nach Bietigheim und kehrte mit dem 1728 werden erstmals »Journalien« zwischen Frank- Augsburger Felleisen zurück. So ging es weiter über furt und Mannheim eingeführt. Cannstatt – Plochingen – Göppingen – Geislingen – 1740 läuft das Felleisen fast durchgängig auf jeder Westerstetten – Ulm – Elchingen – Günzburg nach Strecke drei- bis viermal in der Woche und Augsburg. 1744 werden auf den wichtigsten Verkehrsstrecken die Mit dem 10. September 1742 machte die kaiserliche sogenannten »Journalièren« – tägliche Verbin- Reichspostwagenexpedition bekannt, daß von nun an dungen – eingeführt. alle Montagvormittag um 9 Uhr ein geschwinder Postwa- Die regelmäßigen Postverbindungen waren reitende gen von Frankfurt über Mannheim – Bruchsal – Dur- Posten, der Personenbeförderung im Wagen dienten lach – Karlsruhe – Kehl – Offenburg – Kenzingen – kostenaufwendige Extraposten. Emmendingen – Freiburg nach Basel abgeht, der dort 1705 wurde zwischen Augsburg – Leutkirch – Lindau Freitagabend eintreffen wird. die »Fahrenden Posten« eingerichtet. Damit wur- Der Postwagen von Basel kommt am Mittwochvor- de erstmalig von Seiten der Reichspost den an- mittag in Frankfurt an. stehenden Wünschen und Forderungen nach zeit- Mit dem Wagen können Personen und Waren, auch gemäßen Beförderungsmitteln Rechnung getra- von und nach Straßburg befördert werden. gen. Mit diesem Postwagencours war im badischen Ge- Das Felleisen zwischen Frankfurt – Wiesloch – Heil- biet der Anfang der Personen- und Warenbeförderung bronn – Cannstatt – Ulm – Augsburg wird 1745 als gemacht worden. Journalière eingerichtet. Nach einem Betriebsverzeich- Die Postcoursdarstellungen von und nach Cannstatt, nis von 1745 hatte der Rheinhausen, Heidelberg/Mannheim, Stuttgart, Meß- kirch und Ellwangen zeigen einige Beispiele aus dem Postillion von Sinsheim mit dem Augsburger Felleisen Postbetrieb dieser Zeit. nach Wiesloch zu reiten und mit dem Frank- Als besonderes Ereignis des Postkursbetriebs kann furter Felleisen zurückzureiten. Der die am 5.Januar 1760 eingeführte Postwagenverbin- Postillion von Fürfeld hatte mit dem Augsburger Fell- dung Wien – Paris angesehen werden. eisen nach Sinsheim zu reiten und mit dem Wer von München nach Straßburg mit dem Postwa- Frankfurter Felleisen zurückzureiten. Der gen reisen wollte, durfte bis 1760 den Umweg über Postillion von Heilbronn hatte mit dem Augsburger Nürnberg – Heilbronn – Offenburg nicht scheuen und Felleisen nach Sinsheim zu reiten und mit mußte froh sein, wenn er am 12. Tag in Straßburg dem Frankfurter Felleisen zurückzureiten.

5

10,2 WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803

Die Einrichtung dieses Kurses entsprang dem Wunsch, für die aus Frankreich stammenden Waren –die damals großen Absatz in den österreichischen Erblanden und Polen fanden – schnellere Transportmöglichkeiten nach Wien zu haben. Entgegen aller Ein-wendungen und Bedenken, einen Postwagenkurs über den hohen Schwarzwald durch das Kinzigtal in die Rheinebene einzuführen, fuhr am 5.Januar 1760 abends der erste Postwagen von Straßburg nach Mün- ankam. Der Wagen fuhr am Mittwochabend in München ab, chen und am 9. desselben Monats der erste in der um- kam Freitag nachts in Nürnberg an, wo er bis zum Mittag gekehrten Richtung über den schneebedeckten liegen bleiben mußte. Samstag nachts in Offen-burg Schwarzwald. ankommend, war er Sonntag früh, am 12. Tag, in Straßburg. Trotz der Klage über kostspielige Vorspannleistungen – Um diesen Umweg zu vermeiden, wurden di-rekt verkehrende Haudererfuhrwerke verwendet. Trotz dieser der Straßburger Postwagen mußte durch seine schwere Schwierigkeiten machte sich ein starker Handels- und Bauart mit 6 Pferden bespannt werden – und trotz eines Reiseverkehr zwischen Paris – Straßburg – Mün-chen und Berichtes aus der damaligen Zeit »es kommen wenig Wien bemerkbar. Passagiere und der Kondukteur sagt, wer einmal Im Jahre 1756 berichtet der Ober-Postamtsdirektor von mitgefahren, komme nie wieder«, ist der Kurs nicht Haysdorff, daß man in München wie in Wien ja »lauter aufgehoben worden, sondern hat sich sehr bald bezahlt französische Dänzer, Operisten, Kammerdiener und dererlei gemacht. Zeug so immer ab- und zugeht, folglich sich eines geraden Im Jahre 1774 geht der dem kurpfälzischen Rat von Postwagens bedienen würde«. Aussem gehörende Wagen käuflich an die Reichspost über.

6

WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803 10,2

Am 13. November 1775 verpachtet Herzog Carl Eu- Stuttgart – Straßburg einmal in der Woche; Abfahrt gen von Württemberg die württembergischen Landkut- von Stuttgart nach Straßburg mittwochs, Ankunft der schen auf weitere 30 Jahre an die Reichspost. Landkutsche in Stuttgart von Straßburg dienstags. Am 1. März 1777 werden die Posten in Vorderöster- Die Landkutsche Schaffhausen – Frankfurt am reich, den »österreichischen Vorlanden«, zunächst auf Main, 1697 eingerichtet, verkehrte jeden 10. Tag; sie 20 Jahre an Thurn und Taxis verpachtet; der Vertrag wurde von einem in Frankfurt ansässigen Schaffhause- wird jedoch nach Ablauf der Frist stillschweigend ver- ner Bürger betrieben. längert. Die vom herzoglich württembergischen Kammer- Bei Ausbruch der Französischen Revolution steht junker Ebert betriebene Landkutsche Stuttgart – Nürn- die Reichspost in ihrer höchsten Blüte. berg – 1708 eingerichtet – verkehrte wöchentlich ein- Am Ende des Mittelalters eingeführt, hat sie sich mal. Wegen des parallel dazu eingerichteten Reichs- durch ihre einheitliche und straffe Organisation in postkurses durften keine Briefe befördert werden. Die Deutschland mit seinen Kleinst-, Klein- und Mittel- Wagen der württembergsichen Landkutsche trafen den staaten große Verdienste in wirtschaftlicher Hinsicht Wagen der Stadt Nürnberg auf halber Strecke, um dort sowie im Verkehrswesen erworben. Von den Ufern der die zu transportierenden Handelswaren auszutauschen. Schelde bis zu den Niederungen der Elbe, von der In einer Schwächeperiode der Reichspost entschließt Nord- und Ostsee bis zu den Alpen, vom Rhein bis sich im Frühjahr 1709 Herzog Eberhard Ludwig von zum Thüringer Wald und Böhmerwald erstreckt sich Württemberg eine eigene Landespostanstalt einzurich- das Netz von Postkursen. In den wirtschaftlich betrieb- ten. Der Herzog führt in einem Schreiben an Kaiser samsten Gebieten des Reiches und der österreichischen Matthias 1709 folgendes aus: Niederlande entwickelt sich durch die zentrale Lage in »Nachdem im Herzogtum jede Stadt und jedes Amt Mitteleuropa ein starker Durchgangsverkehr von Ost einen oder mehrere reitende oder gehende Boten zum nach West sowie von Nord nach Süd. Dieser Verkehr Schaden der herzoglichen Kammer gehalten, die Amts- kommt dem Postbetrieb des Hauses Thurn und Taxis leute und Diener große Spesen hätten, die Reisenden sehr gelegen und bringt der Reichspost auch finan- zielle Erfolge. Im Jahr 1787 werden von der Reichs- nicht bequem fortkämen, schwere Pakete und Waren post im heutigen Baden-Württemberg ca. 5600 km auf den Reichsposten nicht angenommen würden und Postrouten betrieben. durch althergebrachte Metzgerposten geführt werden Durch die Niederlage der schwäbischen Kreistrup- müßten, endlich der Durchgang, der Handel und die pen am 24. Juli 1796 gegen General Moreau bei Kehl, Korrespondenz seinem Lande entzogen werde, habe kommt es zur teilweisen Besetzung von Baden-Würt- sich der Herzog notgedrungen entschließen müssen, temberg durch französische Truppen. Der General- eine Änderung vorzunehmen.« und Oberpostdirektor der »Frankenrepublik Deutsch- Mit Vertrag vom 13. März 1709 berief der Herzog land«, Christoph Friedrich Cotta, übernimmt vorüber- die drei Brüder Beat Rudolf, Samuel und Heinrich gehend die Reichspost in den besetzten Gebieten und Friedrich Fischer aus Reichenbach im Kanton Bern auf die k. und k. Post in Freiburg. Grund ihrer Erfahrungen in Postsachen – sie waren Nach Wiederherstellung der ursprünglichen politi- Verwalter der beiden reichs- und österreichischen Post- schen Verhältnisse übernimmt die Reichspost wieder ämter zu Basel und Schaffhausen – zu Oberlandpost- ihre Aufgabe. Mit der zunehmenden Auflösung des meistern. Der Herzog hoffte damit eine bessere Ver- Reiches begann jedoch auch hier der allmähliche Ver- kehrserschließung im Herzogtum und eine bessere Ver- fall der Reichspost. kehrsanbindung nach außen zu erhalten. Daneben wer- den aber auch finanzielle Vorteile für die herzogliche Rentkammer durch den Postbetrieb erwartet. 5. Die Landkutschenkurse von 1630-1775 Am 10. März 1709 wird eine württembergische Lan- despostordnung erlassen. Im Vertrag werden u.a. auch Die Landkutschen waren offene Leiterwagen, die folgende 6 Kurse durch Württemberg festgelegt: Holzachsen hatten und neben 4 bis 5 Reisenden auch 1. von Schaffhausen über Tuttlingen – Balingen – Handelswaren allgemeiner Art befördern konnten. Den Hechingen – Tübingen – Stuttgart – Bietigheim – Wagen mangelte es an jeglicher Bequemlichkeit, Wind Brackenheim – Stetten am Heuchelberg auf die pfäl- und Wetter belästigten fast ungehindert die Reisenden; zische Post nach Sinsheim und Heidelberg. so waren z.B. die Holzsitze, auf denen die Reisenden 2. von Ulm über Blaubeuren – Urach – Tübingen – während der Fahrt saßen, ohne Rückenlehne. Vor allen Freudenstadt – Kniebis – Offenburg nach Straßburg Dingen aber war die Beförderung sehr langsam. Der 3. von Ulm über Geislingen – Göppingen – Stuttgart Betrieb der Landkutschenkurse wurde jeweils an den nach Pforzheim und Durlach Meistbietenden verpachtet. Die Landkutschenkurse 4. von Stuttgart über Göppingen – Heidenheim und mußten jedoch nach einem feststehenden Fahrplan Giengen an der Brenz zum Anschluß an die Post durchgeführt werden. So verkehrte die Landkutsche nach

11

10,2 WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803

5. von Stuttgart über Beutelsbach oder Heppach – treten, daß das Wasser nicht ablaufen konnte. Dadurch Schorndorf – Gmünd – Ellwangen – Schwabach – waren die Wege voller Morast und stellenweise nicht nach Nürnberg und zu befahren. Systematisch wurden nun die Landstraßen 6. von Stuttgart über Schwäbisch Hall nach Nürnberg. von Straßburg nach Frankfurt, von Frankfurt nach Schon bei der Einrichtung des ersten Kurses hatte der Stuttgart, von Schaffhausen nach Stuttgart sowie die Herzog mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu kämp- Straße von Stuttgart nach Ulm bzw. Nürnberg ausge- fen. Der Fürst von Thurn und Taxis versagte mit Unter- baut. stützung des Kaisers und des Reichshofrats sowie eini- Als eine der ersten Strecken wurde die Straße Stutt- ger Reichsstände der württembergischen Landespost die gart – Ludwigsburg nach Überwindung mehrfacher, Durchfahrt durch die Territorien der Reichsstände. So besonders finanzieller Schwierigkeiten, 1739 fertigge- mußte z.B. der schnelle Postwagen von Stuttgart über stellt. Kirchheim – Blaubeuren nach Ulm auf Grund eines Nach Verbesserung der Straßenverhältnisse hatten kaiserlichen Erlasses – der auf seinem Gebiet Vorspann, sich die Landkutschen und Postwagen nach dem Patent Ablösung, Station sowie das Zusteigen von Passagieren des Schwäbischen Kreis-Konvents am 2. April 1710 zu verboten hat – sofort wieder eingestellt werden. richten, in welchem es verboten war, auf den verbes- Von dem bei Einführung der Landespost in Aussicht serten Straßen mit der Gabel, Enz oder Lanne zu genommenen Kursen waren nur Stuttgart – Heidelberg, fahren. Alle nicht mit einer Deichsel versehenen Fuhr- Brackenheim – Heilbronn und Stuttgart – Schaffhausen werke sollten angehalten, wieder abgeladen, das Fuhr- in Betrieb genommen worden. Die anderen Kurse muß- werk zerschlagen und unbrauchbar gemacht werden; ten bald nach ihrer versuchsweisen Einführung stillge- die Übertretung aber mit Pfändung der Pferde bestraft legt werden bzw. wurden überhaupt nicht in Betrieb ge- werden. nommen. Am 11. März 1761 wurde zwischen Württemberg Am 22. Mai 1714 berichtete das Landespostamt dem und der Reichspost ein neuer Vertrag abgeschlossen, Herzog, daß das Postwesen »niemals ein gar großes Ein- bei dem der Postverwaltung auf 12 Jahre die Ermächti- kommen abwerfen könne«. Nach Auflösung der Landes- gung zur Einrichtung eines zweiten schnellen Postwa- post 1714 wurde das Postfuhrwesen durch Verpachtung gens von Nürnberg über Stuttgart nach Straßburg und der einzelnen Landkutschen wieder aufgenommen. eines Postwagens von Ulm über Stuttgart nach Straß- Die Einrichtung der Landkutschenkurse beschleunigte burg erteilt wurde. Nach Ablauf des Vertrages wurde zweifellos die Einrichtung von Postwagenkursen; den am 13./18. November 1775 vereinbart, daß zukünftig Landkutschen kommt daher für die Verkehrser- die Landkutschen von Stuttgart nach Schaffhausen, schließung im südwestdeutschen Raum eine besondere Straßburg, Heidelberg und Ulm der Reichspost auf 30 Bedeutung zu. Ohne die nachhaltige Intervention des Jahre in Pacht gegeben werden. württembergischen Herzoghauses hätte die Verwaltung Nachdem von der Reichspost die Wünsche zur bes- der Reichspost den Postwagenbetrieb nicht so schnell seren Verkehrserschließung erfüllt wurden, konnte der aufgenommen. Erst wiederholte Maßnahmen zur Ein- Betrieb der Landkutschen zugunsten der Reichspost führung von Landkutschen hat die Leitung der Reichs- aufgegeben werden. post veranlaßt, über die mangelnden Transportmöglich- keiten nachzudenken und entsprechende Abhilfe durch Einrichtung von Postwagenkursen zu schaffen. 6. Erläuterung posttechnischer Begriffe Der Einführung der Postwagen standen die schlechte Beschaffenheit der Landstraßen in dieser Zeit entgegen. Diligence Erst im Jahre 1700 war man in der schwäbischen Kreis- Eilpostwagen verwaltung bedacht, breitere Straßen anzulegen, damit Estafette sich auch entgegenkommende Fahrzeuge ohne Schwie- Postritt zur Beförderung eines Briefes / Poststückes rigkeiten begegnen konnten. Ein weiteres Hindernis außerhalb der Regelzeiten waren die vielen Steigen sowie die ausgefahrenen, Extraordinaripost grundlosen Holz- und Feldwege. Schwierigkeit machte Post, die nur in außergewöhnlichen Fällen abgeführt weiterhin die Umrüstung der Pferdewagen für die wird fahrende Post. Die bis dahin gebräuchlichen Wagen als Extra-Post Gabel- oder Lannenwagen mit hintereinanderlaufender Beförderung von Reisenden oder Gütern im eigenen Bespannung ausgerüstet, waren auf Deichselwagen mit oder gemieteten Wagen (nicht im Postwagen) mit nebeneinanderlaufender Pferdebespannung umzustellen. Postpferden, durch Postbedienstete von Poststation Durch das seitherige Fahren mit der Gabel / Lanne zu Poststation nach einem beliebigen Ziel gegen wurden die Wege in der Mitte so ausge- besondere Taxe Felleisen Abschließbarer lederner Sack für den Brieftransport, vorzugsweise bei Postritten

12

WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803 10,2

Gabel-Deichsel, Lanne, Enz oder Ens fen, Paketen und Geldbriefen gegen feste Gebühren Gabel-Deichsel, zwischen deren 2 Armen das (ein- zu Pferde zige) Pferd eingespannt ist Ordinaripost Hauderer Post, die an einem bestimmten Wochen- oder Pferdebespannter Wagen, der mit Fuhrmann von Monatstag ankam einem Ausgangsort zu einem gewünschten Bestim- Posthalter mungsort gegen Entgelt fährt; Lohnfuhrmann Fuhrunternehmer, der von der Post vertraglich ver- Immediatpostamt pflichtet wurde, Postfuhrgeschäfte zu besorgen Kaum Unterscheidung von einem Oberpostamt; Postillion ausschlaggebend war lediglich die Größe der Stadt, Postreiter oder Führer eines Postfuhrwerks im Dien- in der das Immediatpostamt untergebracht war. Am ste der Postverwaltung. Neben besonderer Dienst- Ende des 18.Jahrhunderts bestanden folgende kleidung Ausrüstung mit dem Posthorn Immediatpostämter – auch dirigierendes Postamt Postkurs bezeichnet –: Braunschweig, Bremen, Duderstadt, Regelmäßige Postverbindung Erfurt, Hildesheim, , Lübeck, Mainz, Mann- Postlager heim, Münster, Paderborn und Würzburg Einrichtung aus der Aufbauzeit der Taxis‘schen Journalien/Journalière Post. Hauptsächlich angelegt am niederländischen Tägliche Postverbindung, reitende oder fahrende Postkurs von Innsbruck nach Mecheln Post Postort Karriol-Post Ort, in dem keine Bereitstellung von Pferden für ir- Postverbindung kleinerer Städte und Flecken zur gendwelche Posten vorhanden war. Briefe und Pa- nächsten Poststation mit Karriol-Postwagen oder kete wurden von der durchgehenden Post zwar em- Kalesche (Beförderung von Briefen, kleinen Post- pfangen oder dieser mitgegeben, bzw. durch Fuß- stücken und kleineren Geldsummen) boten zur nächsten Station gebracht oder dort in Karriolpostwagen Empfang genommen Vierrädrige Fuhrwerke, nicht über 7 Zentner wie- Postregal gend, mit einem oder zwei Pferden bespannt. Neben Hoheitsrecht des Staates, Posten d.h. Transportan- dem Postillion und einem verschließbaren Packraum stalten mit regelmäßiger Abgangs- und Ankunfts- konnten noch 2 Personen mitgenommen werden zeit, soweit erforderlich mit unterwegs gewechselten Kurierpost Transportmittel, einzurichten und zu unterhalten Extrapost mit größerer Beschleunigung. Meistens Reitende Extrapost zur Beförderung von Reisenden der regierenden Reise mit einem Reitpferd unter der Begleitung Herrscherhäuser und Angehörigen der Herrscher- eines berittenen Postillions häuser Reitende Extrapost – Estafette Lanne, Enz oder Ens, Gabel-Deichsel Beförderung von Briefen und Paketen gegen beson- Gabel-Deichsel, zwischen deren 2 Armen das (ein- dere Gebühren auf Wunsch eines Auftraggebers zige) Pferd eingespannt ist Reitende Post Metzgerpost Regelmäßige Beförderung von gewöhnlichen und Die Metzgerpost war eine eigentümliche Verkehrs- eingeschriebenen Briefen mittels eines berittenen einrichtung in Württemberg; um 1600 eingerichtet Postillions unter stationsweisem Pferdewechsel und noch bis in das späte 18. Jahrhundert in Betrieb. Auf Grund einer landesherrlichen Verordnung – erstmals 1611 – waren die Metzger verpflichtet, Bo- 7. Erläuterungen zu den Karten und zum geschicht- tenritte für die herzogliche Hofhaltung zu erledigen. lichen Längsschnitt Oberpostamt Die Aufsicht über Postverwaltungen, Posthaltereien Das Kartenbild zeigt die Entwicklung der Postrouten und Postorte wurde von dem Oberpostamt ausgeübt. (Postcourse) in Baden-Württemberg von 1490 bis 1803 Ende des 18. Jahrhunderts gliederte sich die Kaiser- sowie die Einrichtung der Postlager, der Posthaltereien liche Reichspost in die Oberpostämter Augsburg, und der Postorte analog den entsprechenden Zeitab- Frankfurt, Hamburg, Köln, Maaseik, München, Re- schnitten. gensburg und Ulm. Zu dem ersten Zeitabschnitt der niederländischen Ordinäre fahrende Post und vorderösterreichischen Postcourse um 1490 bis Zur regelmäßigen Beförderung von Personen, Brie- 1615 ist zu bemerken, daß diese Kurse nicht ständig in fen, Paketen und Geldbriefen gegen feste Gebühren Betrieb waren, sondern wechselseitig, je nach Bedarf Ordinäre reitende Post und politischer Bedeutung, auf Anordnung der habs- Zur regelmäßigen Beförderung von Personen, Brie- burgisch-spanischen Dynastie von dem Hause Taxis betrieben wurden.

13

10,2 WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803

Erst die Reichspostkurse brachten den ständigen Be- Der geschichtliche Längsschnitt der Post- und Land- trieb auf diesen Strecken, die sich im Laufe der politi- kutschenkurse im heutigen Baden-Württemberg von schen und wirtschaftlichen Entwicklung im südwest- 1490-1803 zeigt den Zeitpunkt der Einrichtung. Wenn deutschen Raum mehr und mehr verdichteten. diese Kurse zum Teil auf Jahre hinaus aufgegeben Zu den noch ohne Postrouten eingetragenen Posthal- wurden oder auch aufgehoben werden mußten, ist dies tereien / Postorten ist zu bemerken, daß diese Stationen nicht vermerkt. Auf Grund der Zusammenstellung sind Vorgänger für neu einzurichtende Postkurse sind. Des- drei Zeitabschnitte zu unterscheiden: halb sind einige Posthaltereien / Postorte zwischen 1731 Niederländische und Vorderösterreichische Post und 1803 ohne eine Postkursverbindung. Diese Postorte von 1490-1615. wurden nach 1803 in das Postkursnetz eingebunden. 1615 waren an Reitposten 555 km ständig angelegt. Die in der Karte wiedergegebene Rekonstruktion des Die nur auf kürzere Zeitabschnitte angelegten Pos- Rheinlaufs vor der Rheinlaufregulierung von 1817 ten Plochingen – Zürich, Innsbruck – Rottweil – wurde mit aufgenommen, um damit die Schwierigkei- Niederlande und Stockach – Ebersbach/Fils sind in ten, die bei der Überwindung der Rheinauen für den der Streckenangabe nicht berücksichtigt. damaligen Verkehr gegeben waren, sichtbar zu machen. Aus dieser topographischen Gegebenheit leitet sich im Aufbau der Reichspost 1616-1730 wesentlichen auch der Umstand ab, daß zwischen Basel 1730 waren 2.484 km Reitposten und 214 km fah- und Mannheim relativ wenig Postkursübergänge über rende Posten ständig angelegt. den Rhein geschaffen wurden. Ausbau der Reichspost von 1731-1803 Bei der örtlichen Fixierung der Postrouten ist zu be- Bis zum Jahr 1803 kamen zu den im Jahr 1730 stän- rücksichtigen, daß das seinerzeit vorhandene Straßen- dig angelegten 2.484 km Reitposten noch 1.552 km und Wegenetz den klimatischen Bedingungen stark un- dazu, so daß zu diesem Zeitpunkt 4.036 km Reitpo- terworfen war. Die örtlich vorhandenen Bodenverhält- sten in Baden-Württemberg angelegt waren. Zu den nisse bestimmten den Wegverlauf. Regen, Sonne, Eis 214 km fahrenden Posten von 1730 kamen noch und Schnee erforderten immer wieder, kurzfristig Ver- 1.567 km dazu, so daß 1803 zusammen 1.781 km änderungen im Streckenverlauf vorzunehmen. Betriebslänge an fahrenden Posten angelegt / in Be- Änderungen dieser Art konnten jedoch in der Karte trieb waren. nicht aufgenommen werden, da sie, einmal maßstabs- bedingt, zum anderen auch nicht mehr in der Örtlichkeit Zu bemerken ist, daß im 3. Zeitabschnitt keine Land- nachvollzogen werden konnten. In schwierigen Grenz- kutschenkurse mehr eingerichtet wurden; hier hat die fällen war unter Umständen die Lokalisierung eines Reichspost dann durch ihre Kurse die Wünsche aufzu- Gasthauses zur Post, wie z.B. in Krummenschiltach, fangen vermocht. heute im Tal, Gemeinde St. Georgen, ein Fixpunkt für die Postkursführung. Die Einteilung nach Fahr- und Reitposten im heutigen Baden-Württemberg stellt die von der Reichspost betrie- benen Postwagenkurse und Reitpostkurse im Jahr 1764 auf Grund der Postcarte von Bors dar. Von den in der 8. Literatur Karte von Bors dargestellten Routen sind einige Strecken – z.B. die Strecke Kempten – Holzleute – Isny AMMANN, I.A.: Charte von Schwaben mit allen Städten, Marktflecken und Pfarrdörfern, Chausseen, Flüssen, Bächen und dermahligen – Wangen nicht in der Postroutenkarte enthalten. Diese Gränzen (50 x 62 cm, Maßstab etwa 1:244000) Homann Erben Route wurde jedoch erst später, nach 1803, in Betrieb 1803. genommen. Archiv für deutsche Postgeschichte. Hg.: Gesellschaft für deutsche Die Karte mit den administrativen Bezirken der Postgeschichte e.V. Frankfurt am Main Reichspost im heutigen Baden-Württemberg von 1787 BAER, F.J.: Chronik über Straßenbau und Straßenverkehr in dem Groß- spiegelt die seinerzeitige Zerrissenheit im südwestdeut- herzogtum Baden. 1878. schen Raum wider. In sechs verschiedene Bezirke auf- BORS, J.J.v.: Neue und vollständige Postkarte durch ganz Deutschland... geteilt, dazu von fünf Oberpostämtern, die außerhalb übersehen von F.J. HEGER (16 Blätter insgesamt 94,5 X 75,5 cm, Maßstab 1:1,5 Millionen) Nürnberg 1764. von Baden-Württemberg lagen, dirigiert, konnte lang- BOHNENBERGER, J.G.F., AMMANN, I.A. und MICHAELIS, E.H.: Charte fristig keine einheitliche Verkehrsentwicklung erwartet von Schwaben (52 Kartenblätter, 48 Kartenblätter im Format 34,5 x werden. Beachtenswert ist, daß bei allen Schwierigkei- 39,5 cm, 4 Kartenblätter im Überformat, Maßstab 1:86400) Cotta ten, die diese Organisationsform hatte, alle partikulari- Stuttgart 1795-1818. stischen Bestrebungen, z.B. der württembergischen Her- BRÜHL, C. und THOMA, H.: Handbuch der Württemberg-Philatelie- zöge, die Thurn- und Taxis‘sche Reichspost, überlebt Kreuzerzeit 1851-1875. 1/1 und 2/2 1975. hat. Erst mit der Auflösung des Reiches ging auch die DALLMEIER, M.: Quellen zur Geschichte des europäischen Postwesens Reichspost unter. 1501-1806. Teil I, Quellen – Literatur – Einleitung. Teil II, Urkun- den – Regesten. 1977.

14

WALTER LEIBBRAND / POSTROUTEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG 1490-1803 10,2

DEHLINGER, A.: Württembergs Staatswesen Band I und II. 1953. LÖFFLER, K.: Geschichte des Verkehrs in Baden, insbesondere DENZEL, J. F.: Postreiserouten durch Europa aus dem Stand- der Nachrichten- und Personenbeförderung von der Römer- punkt der Königlich Würtembergischen Residenzstadt Stutt- zeit bis 1872. 1910. gart, und mit besonderer Rücksicht auf die Königlich Wür- MÜNZBERG, W.: Thurn- und Taxis-Poststationskatalog. 1967. tembergischen Staaten. 1823. OHMANN, F.: Die Anfänge des Postwesens und die Taxis. 1909. GAIL, J.: Ein newes, nützliches Raißbüchlin. 1563. Postgeschichtliche Blätter aus Württemberg. Hg.: Bezirksgrup- , E.: Handbuch der badischen Vorphilatelie 1700-1851. pen Stuttgart und Tübingen der Gesellschaft für deutsche 1971. Postgeschichte e.V. in Verbindung mit der Deutschen GREINER, K.: Zur Geschichte der Metzgerpost. In: Archiv für Bundespost. Deutsche Postgeschichte 1957 Heft 1, Seite 27-37. PIENDL, M.: Thurn und Taxis 1517-1867. In: Archiv für deut- – Württemberg und Thurn und Taxis im Kampf um das sche Postgeschichte 1967 Heft 1. Postregal. In: Archiv für Deutsche Postgeschichte 1959 Heft RÜBSAM, J.: Johann Baptista von Taxis, ein Staatsmann und 2, Seite 40-54 und 1960 Heft 1, Seite 39-59. Militär unter Philipp II. und Philipp III. 1530-1610. 1889. – Die Post in Württemberg unter Herzog, Kurfürst und König Topographischer Atlas von dem Königreiche Württemberg nach Friedrich. In: Archiv für Deutsche Postgeschichte 1962 Heft der neuen Landesvermessung von dem Königlich Statistisch- 2, Seite 17-51. topographischen Bureau bearbeitet, 1. Ausgabe, 1821-1851 HEGER, F.: Tablettes des postes de l‘empire d‘Allemagne et des (55 Kartenblätter im Format 45,5 x 45,5 cm). provinces limitrophes. 1787. Topographischer Atlas über das Großherzogtum Baden, bear- KÖHLER, K.: Entstehung und Entwicklung der Maximiliani- beitet und gestochen auf dem Karten-Bureau des Großher- schen, spanisch-niederländischen und kaiserlich taxis‘schen zoglichen General-Quartiermeister-Stabes 1:55000, 1.Ausga- Posten, der Postkurse und Poststellen in der Grafschaft, im be 1838-1849 (55 Kartenblätter im Format 44 x 44 cm). Herzogtum und Kurfürstentum Württemberg. In: Württem- WEBER, F.: Post und Telegraphie im Königreich Württemberg. bergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde, Jahr- 1901. gang 1932/33, Seite 93-130. 1935. WOLPERT, H.: Schwäbische Postgeschichte im Lichte der Phila- KORZENDORFER, A.: Die ersten hundert Jahre Taxispost in telie. Manuskriptdruck 1945. Deutschland. In: Archiv für Deutsche Postgeschichte in – Bibliographie der Württembergischen Postgeschichte 1563- Bayern Nr. 1, Juni 1930. 1953. In: Archiv für Deutsche Postgeschichte 1954 Heft 2, KRÜGER, H.: Das älteste deutsche Routenhandbuch, Jörg Gails Seite 34-43 und 1955 Heft 1, Seite 40-50. Raißbüchlein. 1974.

15

Historischer Atlas von Baden-Württemberg: Erläuterungen Herausgegeben von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg 8. Lieferung 1980 Druck der Erläuterungen: Offizin Chr. Scheufele, Stuttgart