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1 D 1268 F Februar 2010 t t a l b r r a f Zweimonatsschrift für Pfarrerinnen und Pfarrer aus Hessen-Nassau, Kurhessen-Waldeck und Thüringen P s Anton Praetorius (1560 – 1613) – Erinnerung an e einen Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter 3 125 Jahre Rudolph Zentgraf – h Sein Leben und Wirken 9 c Die EKHN ohne ihr Leitendes Geistliches Amt? 15 s i Einladung zum Pfarrtag für Kurhessen-Waldeck Mittelteil s s e H Rüdiger Haug, der derzeit „In Memoriam“ für EDITORIAL Südhessen bearbeitet, die wichtige Sonder - nummer des Hessischen Pfarrblattes. Seine An - Liebe Leserin, lieber Lese r, regungen, wie die oft mühevolle Recherchear - beit erleichtert werden kann, sind bedenkens - vor Ihnen liegt die erste Ausgabe des Hessi - wert – hoffentlich kann das Erscheinen dieser schen Pfarrblattes im Jahr 2010. Allmählich ge - besonderen Publikation auch für die EKHN wöhnen wir uns an diese erste Jahreszahl ei - weiter sichergestellt werden! nes neuen Jahrzehnts, zu der die einen „zwan - zigzehn“, die anderen „zweitausendzehn“ sa - Wir sind übrigens sicher, dass Sie trotz der gen. Die sogenannten „Nullerjahre“ sind vor - vielen Facetten des Stichwortes „Krise“ in die - bei – was von ihnen bleibt, darüber mögen ser ersten Ausgabe des Pfarrblattes in 2010 die spätere Historiker befinden. Ziemlich sicher Lust an der Lektüre nicht verlieren werden – aber wird das Stichwort „Krise“ genannt wer - wir selbst haben bei der Erstellung dieses Hef - den, das gute Chancen hat, als ein Wort des tes jedenfalls nicht „die Krise gekriegt“, son - Jahrzehnts in die Geschichtsbücher einzuge - dern uns hat die Zusammenstellung der Beiträ - hen. Und irgendwie durchzieht dieses Stich - ge Freude gemacht und weiterführende Er - wort auch die Beiträge in dieser Ausgabe des kenntnisse geschenkt. Pfarrblattes: Mit der Frage, welche Ethik durch Beides wünschen wir Ihnen ebenfalls und die (Wirtschafts-)Krise trägt, beschäftigt sich grüßen Sie freundlich, der diesjährige Pfarrtag für Kurhessen-Wal - deck am 28. April bei einem der weltweit füh - Maik Dietrich-Gibhardt und Susanna Petig renden Solartechnikhersteller in Niestetal. Thema und Ort sind hochinteressant – gerne weisen wir auf die Einladung und das Anmel - P.S.: In diesem Jahr soll das Hessische Pfarr - deformular hin, die sich in der Mitte des Hef - blatt übrigens online gehen – möglichst schon tes finden. Bleiben wir beim Stichwort Krise im mit dieser Ausgabe. Wir stellen die Hefte un - Zusammenhang der Themen des vorliegenden ter den Pfarrvereinsseiten Heftes: Ob die Veränderung der Kirchenord - www.ekkw.de/pfarrverein/ und nung der EKHN im Hinblick auf das Leitende www.pfarrverein-ekhn.de ins Internet – Geistliche Amt mit diesem Stichwort zu etiket - in der Hoffnung, dass das ohne Krise klappt. … tieren ist, mögen Sie selbst beurteilen. Helmut Surfen Sie doch mal vorbei! Kern jedenfalls äußert in seinem entsprechen - den Beitrag noch einmal grundsätzliche Be - denken – auf die Fortführung der Debatte und weitere Einschätzungen der Entwicklung sind wir gespannt. Turbulent, schwierig und immer wieder krisenhaft auch für die Kirche waren aber sicher die Zeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hier wirft Klaus-Dieter Grun - wald einen Blick auf die Biographie und das Lebenswerk von Rudolf Zentgraf, dessen 125. Geburtstag Ende vergangenen Jahres began - gen wurde. Eine ganz persönliche Ergänzung findet dieser Artikel durch einen Beitrag des Zentgraf-Enkels Gerhard Roos. Der Erinnerung verpflichtet ist auch der Aufsatz von Hartmut Hegeler über den hessi - schen Hofprediger Anton Praetorius, der vor 450 Jahren geboren wurde und der sich als evangelischer Pfarrer couragiert gegen Hexen - prozesse und Folter seiner Zeit einsetzte: auch hier passen wieder die Stichworte „Krise“ und „Ethik“. Vor einer möglichen Krise des Er - innerns bei uns wiederum warnt schließlich 2 ANTON PRAETORIUS (1560 – 1613) Erinnerung an einen Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter Hartmut Hegeler Im Jahr 2010 jährt sich der 450. Geburtstag Seine Schriften und ihre des ysenburgischen Hofpredigers Anton Prae - Widmungsempfänger torius, Kämpfer gegen Hexenprozesse und Fol - Hier begann Praetorius schriftstellerisch in ter. Der evangelische Pfarrer Anton Praetorius die Auseinandersetzungen der Konfessionen verdient ein besonderes Gedenken, wie ein Zi - einzugreifen und dedizierte seine Werke wich - tat aus der Literatur 1 zeigt: „Da dieser edle tigen calvinistischen Landesherren seiner Zeit. Menschenfreund sehr wenig bekannt ist, so • Anton Praetorius, Vas Heidelbergense, Hei - dürfte es angebracht sein, die Erinnerung an delberg 1595 (Gedicht über das erste Große seine ziemlich vergessenen Verdienste wieder Fass im Heidelberger Schloss als Symbol für die Überlegenheit des calvinistischen Glau - aufzurichten.“ „Unter den verdienstvollen bens, mit einer Widmung an den reformier - Männern, die im 16. und 17. Jahrhundert der ten Kurfürst Friedrich IV., in dessen Amtszeit damals in Deutschland so schrecklich wüten - die Vollendung des riesigen Weinfasses fiel) 2 den Hexenverfolgung mutig entgegentraten, • Anton Praetorius, De Pii Magistratus Officio gebührt eine Ehrenstelle dem wackeren Anton (Gedicht über Pflichten christlicher Fürsten, Praetorius.“ In diesem Artikel sollen neben sei - gewidmet Wolfgang Ernst, Herr von Ysen - nem Einsatz gegen Folter und Hexenprozesse burg, reformierter Graf von Büdingen und seine theologischen und politischen Schriften Birstein), Heidelberg 1596 3 gewürdigt werden. • Anton Praetorius, Haußgespräch, darinn kurtz doch klärlich vnd gründlich begriffen Berufliche Laufbahn wirdt, was zu wahrer Christlicher Bekannt - Anton Praetorius wurde 1560 in Lippstadt/ nuß auch Gottseligem Wandel … zu wissen Westfalen als Sohn von Matthes Schulze gebo - von nöhten, Lich 1597, mit einer Widmung ren. Kurz vor seiner Geburt war nach dem an die Kinder von Graf Wolfgang Ernst Augsburger Religionsfrieden von 1555 der Im Jahr 1602 folgten zwei weitere Bücher: endgültige Übergang Lippstadts zum Luther - die Sakramentenlehre und die 2. Auflage sei - tum erfolgt. Anton besuchte die Lateinschule nes Buches gegen Hexenprozesse und Folter: und studierte Theologie. Dem Trend der Zeit • De Sacrosanctis Sacramentis novi foederis Je - entsprechend übersetzte er seinen Namen in su Christi (Sakramentslehre über Abendmahl die damalige Weltsprache Latein und nannte und Taufe), Lich 1602 sich fortan Praetorius. Bereits als Jugendlicher • Gründlicher Bericht von Zauberey und Zau - machte Praetorius in seiner Heimatstadt Erfah - berern: kurtz und ordentlich erkläret durch rungen mit der Grausamkeit der Hexenprozes - Antonium Praetorium, Lich 1602 se. Gewidmet sind diese beiden Bücher der In den nächsten Jahren wechselte Praetorius Obrigkeit in seiner alten Heimat Lippe. Die mehrfach die Stelle: 1586 wurde er Rektor der Sak ramentenlehre dedizierte er Jesus Christus Lateinschule in Kamen/Westfalen, 1587 ver - und dem reformierten Grafen Simon VI. zu waltete er als Diakon in Worms den Kirchen - Lippe (1554–1613). Die 2. Auflage seines kasten für soziale Belange. 1589 wurde er Gründlichen Berichts von Zauberey und Zau - berern widmete Praetorius „der Regierung zweiter Pfarrer an der ehrwürdigen Kathari - und seinen Landsleuten in der Grafschaft Lip - nenkirche in Oppenheim, wo schon 1565 der pe in der Hoffnung, als Sohn des Landes zur Calvinismus eingeführt worden war. Dort Förderung des Wohles beitragen zu können“. scheint Praetorius nicht mehr dem lutheri - schen, sondern eindeutig dem calvinistischen Klimakatastrophen und konfessionelle Bekenntnis anzugehören. 1592 wurde er re - Streitigkeiten in der Kleinen Eiszeit formierter Pfarrer im rheinhessischen Dittels - Mitte des 16. Jahrhunderts kam es zu erbit - heim. terten konfessionellen Streitigkeiten zwischen 3 Katholiken, Lutheranern und Reformierten, durch die Verkündigung der „rechten und rei - um durch die Verkündigung der „rechten und nen“ Lehre Gottes Zorn zu besänftigen. Über - reinen“ Lehre Gottes Zorn zu besänftigen. zeugt von der Radikalität der Botschaft Christi Praetorius sah die Welt und das Leben der hatte sich der frühere Lutheraner Anton Prae - Menschen akut bedroht durch falschen Got - torius der in seinen Augen fortschrittlichsten tesdienst. In „verderblichen“ Lehren erblickte Richtung der Reformation, dem Calvinismus, er den Grund für den Zorn Gottes, der sich in angeschlossen. Klimakatastrophen, Hungersnot und Kriegen Im Schlussteil der Schrift „De Pii“ hatte Prae - äußere. Praetorius nahm hierzu 1596 in sei - torius 1596 die bislang wenigen (reformierten) nem 14-seitigen lateinischen Werk „De pii ma - Fürsten besonders hervorgehoben, die den gistratus officio“ engagiert Stellung. In seiner „wahren“ Glauben unterstützten: Als Adressa - Schrift begründete er, dass Gott die Fürsten ten seiner Schrift nannte Praetorius auf der Ti - schon in der Bibel mit der besonderen Verant - telseite vornehmlich den „erlauchten und ed - wortung für die Kirche und das richtige religi - len“ Grafen Wolfgang Ernst, Herrn von Ysen - öse Leben betraut hatte. Gott durch falsche burg, Grafen von Büdingen und Birstein, den Verkündigung zu beleidigen ist schlimmer als er für seine gottgefällige Amtsführung lobte. jedes andere Verbrechen. „Daher kommen Dieser hatte sich innerlich heimlich auf die Sei - über uns so große Drangsale in dieser Zeit. Da - te der reformierten Bewegung geschlagen. her die furchtbaren Seuchen, daher die grau - Der Graf begann, lutherische Geistliche abzu - samen Kriege und Hungersnöte. Daher ent - berufen und durch Vorkämpfer des reformier - brennt Gottes Zorn, welcher Krieg, Tod,