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Von Michael Topp

Von Michael Topp

südostasien 3 > 2017 Zeitschrift für Politik • Kultur • Dialog

OPENsoutheastASIA Daten, Netzwerke, Zivilgesellschaft

Thailand > Keine Demokratie in Sicht: Zur Situation drei Jahre nach dem Militärputsch Myanmar > Im Aufbruch: Veränderungen in der Medienlandschaft Indonesien > Open Data als Chance für den Regenwald

Jg. 33 • 8 € • ISSN 1434-7067 www.asienhaus.de/suedostasien/ www.sparkasse-koelnbonn.de

Unser Engagement für Kultur. Kunst und Kultur als Lebenselixier der Region

Musik, Theater, Tanz, Literatur oder die Vielfalt der Museen: Ein breites kulturelles Angebot macht unsere Region lebendig und gibt ihr ein Gesicht. Daher unterstützen wir Highlights wie das Beethovenfest Bonn oder die lit.cologne, aber auch die vielen kleinen Theater, Bühnen und Gruppen in Köln und Bonn.

Gut für Köln und Bonn.  Sparkasse KölnBonn EDITORIAL

OPENsoutheastASIA – Daten, Vor einigen Wochen erreichte uns die traurige Nachricht vom Netzwerke, Zivilgesellschaft plötzlichen Tod Lisa Hesses. Lisa hat lange Jahre an der südost- asien mitgearbeitet. Der Tod hinterlässt ein Gefühl der Leere und Sprachlosigkeit, daher möchten wir ihr die ersten Worte dieser In den vergangenen Jahren haben Themen rund um Zeitschrift widmen und für ihre Angehörigen unser tief empfun­ Open Data, Open Government und Civic Tech in denes Beileid aussprechen. Südostasien zunehmend an Bedeutung gewonnen. »Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist Es werden immer mehr Daten aus dem Öffentlichen nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird.« (Immanuel Kant) Sektor zugänglich gemacht und ermöglichen unter anderem zivilgesellschaftlichen Akteuren Offene Daten für ihre Zwecke einzusetzen. Doch was sind tisch viele Akteure in diesem Heft zu Wort kommen eigentlich »Offene Daten«? Daten sind dann offen, lassen, gibt es auch keine gesonderte Rubrik. Jedoch wenn sie für jeden frei zugänglich, weiterverarbeitet konnten wir aufgrund der begrenzten Seitenzahl lei­ und weiterverbreitet werden können; und hierin liegt der nicht alle Artikel, die sich auf den Workshop aus zivilgesellschaftlicher Sicht ein enormes Poten­ beziehen, unterbringen. Diese werden in der nächs­ tial: Denn mehr frei verfügbare Daten können zu ten südostasien veröffentlicht werden. mehr Transparenz, Zusammenarbeit und Gerechtig­ Wir danken der Stiftung Umwelt und Entwick­ keit führen. Doch kann die großflächige Verbreitung lung Nordrhein-Westfalen für die finanzielle Unter­ von Informationen auch Gefahren bergen, vor allem, stützung dieser Ausgabe. Auch danken wir all denen, wenn sie einseitig aufbereitet oder falsch sind und die an diesem Heft mitgearbeitet haben; ein beson­ für politische Zwecke missbraucht werden. derer Dank gilt Michael Topp, Nadja Kützing, Uwe Die Nutzung von Sozialen Medien – wie Face­ Hoering und Gabriele Fürstenberg für die großartige book – in Südostasien ist global gesehen vergleichs­ Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung. weise hoch. Im Gegensatz zu Ägypten, Tunesien und Wir wünschen eine spannende und anregende Europa ist jedoch die Rolle von Sozialen Medien Lektüre! innerhalb von zivilgesellschaftlicher Organisierung, Governance und Partizipation in Südostasien wenig Frank Arenz, Kristina Großmann, behandelt. Soziale Medien werden vor allem seit den Damian Paderta und Kathrin Spenna Revolutionen in Nordafrika als ›Demokratiebringer‹ diskutiert. Doch besteht zwischen der Nutzung sozi­ aler Medien und den daraus resultierenden Demo­ kratisierungsprozessen kein beweisbarer Determi­ Eine Sache noch: Die Welt besteht aus Verände­ nismus. Soziale Medien sind nicht die Ursache von rung. An dieser Stelle möchten wir um gesonderte Revolutionen, nehmen jedoch eine wichtige Funk­ Aufmerksamkeit bitten, denn eine merkbare Verän­ tion innerhalb der Vernetzung und des Austauschs derung für die südostasien steht kurz bevor. Dazu von Informationen ein. Zugang zu Internet und Sozi­ mehr in der Rubrik »Neues aus dem Asienhaus« – alen Medien können folglich Demokratisierungspro­ bitte lesen!  zesse begünstigen, können Wissenshierarchien auf­ lösen und Zivilgesellschaft stärken. Titelbild Mehr Partizipation und Transparenz durch Offene © Damian Daten und Soziale Medien in Südostasien? Diese Paderta, 2017. Frage leitete unseren Workshop »OPENsoutheast­ Collage «, der vom 19.–20. Mai 2017 im Forum Inter­ nationale Wissenschaft in Bonn stattfand. »Bringing people from different fields together« hatten wir als Motto ausgegeben und so ist auch die vorliegende Ausgabe ein buntes Konglomerat, das in verschiede­ nen Formen die In- und Outputs von »OPENsouth­ eastASIA« abbildet: Als Einführung(en) in Themenfel­ der, über kritische Auseinandersetzungen bis hin zu expliziten Vorstellungen von Personen, Projekten und Organisationen, die mit Offenen Daten arbeiten. Einige Beiträge für diese Ausgabe haben wir bewusst auf Englisch veröffentlicht. Da wir automa­ südostasien › 3/2017  < Editorial < 3 INHALT

Editorial 59 Sinn aus der Sinnlosig- 3 > Frank Arenz, Kristina 29 »The Borneo Case« – keit machen: Journalismus Großmann, Damian Paderta, ­Interview with filmmaker und Kathrin Spenna Erik Pauser die Kultur der Straflosigkeit > Charlotte Chin > Danilo A. Arao Südostasien 32 Kurz notiert 60 Staatlich finanzierter 5 »Es gibt eine Menge > Michael Topp Hass: Der Aufstieg der Dinge, die man ändern Pro-Duterte Blogger kann« – Interview mit Fiona Indonesien > Natashya Gutierrez Krakenbürger 33 Gecko versus Krokodil 63 Kurz notiert > Simon Buch > Anna Strunz > Nina Johnen 8 Das Konzept Open Data 36 Open Data als Chance Neues aus dem Asienhaus > Nicola Knipper für den Regenwald 10 Benefits and Challenges > Anna-Lena Stötzel 64 Zur Zukunft der südostasien of Online-Education in 39 Interview mit Alexander > Frank Arenz und Southeast Asia Watson von OpenForests Uwe Hoering > Xin Qiu > Louise Beichler und Sigrid Parzinger Vietnam und Laos Lesen – Hören – Sehen 42 Fake News made in Indo- 13 65 Rezensionen Nach­haltiger Naturpark- nesia – Wie Jakartas schutz mit offenen Geo-Daten Gouverneur vor Falschmel- > Impressum Wilfried Gebhardt dungen kapitulieren musste 15 Kurz notiert – Vietnam > Svenja Hübinger > Laura Faludi, Christopher 45 »It really has the Wimmer potential to cause prob- 16 Kurz notiert – Laos lems!« – Interview with > Anke Timmann Irendra Radjawali > Manuela Hinderhofer Kambodscha 47 Die tödliche Gefahr bei 17 Kurz notiert der Smartphone-Produktion > Nadine Willner > Lisa Lehmann 49 Kurz notiert Myanmar > Ariane Grubauer 18 Myanmar im Aufbruch – Veränderungen in der Singapur Medienlandschaft 50 as the open > Sarah Redicker innovation and tech hub Bitte beachten! 20 The Janus Face of Social in South East Asia Dieser Ausgabe liegen als Bei- Media in Myanmar > Lucie Danielowitzová lage die aktuellen Literaturemp- > Allesandro Gullo fehlungen von Baobab Books und 23 Kurz notiert Timor-Leste ein Flyer des AK Rohstoffe zur 3. > Christina Grein 52 Kurz notiert Alternativen Rohstoffwoche bei. > Monika Schlicher 24 Demokratie in weiter Philippinen Die mit einem Punkt gekenn- Ferne – Thailand drei Jahre 53 Die Macht der zeichneten Artikel veröffentlichen nach dem Militärputsch Information wir zusätzlich im Internet: > Nicola Glass > Frei Sangil und Joanne Rosin www.asienhaus.de/soainfo 26 Fighting Guns with Pens 56 Education Budget Watch: > Kornkritch Somjittranukit Eine jugendliche Lobby 28 Kurz notiert für einen Finanzplan > Martina Eichmann im Bildungsbereich Thema der > Justine Balane und nächsten Ausgabe: Marlon Cornelio • Klima (SOA 4/2017)

Inhalt >  südostasien ‹ 3/2017 < 4 von »Es gibt eine Menge Dinge, Simon Buch

die man ändern kann« Simon Buch ­studiert seit dem Ein Gespräch mit Fiona Krakenbürger Wintersemester über Open Data, Good Data und Datentransparenz 2016 Kulturwirt- schaft im Master an der Univer- sität Passau mit Fiona Krakenbürger wie Technologien das Gemeinwohl verbessern kön­ dem Schwer- arbeitet seit 2014 bei nen. Was mich persönlich am meisten an Code for punkt Südostasi- enkunde. der Open Knowledge Germany fasziniert, ist die Förderung und Schaffung Foundation im Pro- von Möglichkeiten, bei denen sich Menschen mit gramm »Code for Ger- ihren Fähigkeiten für etwas Sinnvolles in der Gesell­ many« als Community schaft einsetzen. Organizer. Dabei koor- Simon Buch: Wieso sind gerade die Open Know- copyright: (c) Luca Melette (c) Luca copyright: diniert und unterstützt ledge Labs (OK Labs) eine gute Möglichkeit, sich mit sie 25 Open Knowledge dem Thema Open Data näher auseinander zu setzen Labs in Deutschland. und die Leute zu sensibilisieren? Sie studiert Technik- Fiona Krakenbürger: In der letzten Zeit hat sich photographer/ ​ und Innovationssozio- gezeigt, was die OK Labs eigentlich machen. Die logie an der TU Berlin ehrenamtlichen Mitarbeiter sind keine professionel­ und engagiert sich seit einigen Jahren im Bereich len App-Programmierer oder Leute, die Start-Ups der digitalen Alphabetisierung und der Gleichbe- hochziehen und mit Geschäftsideen ankommen. rechtigung in der IT. Was sie aber tun, ist zu zeigen, was möglich ist. Die OK Labs sind sehr interdisziplinär aufgestellt. Das Simon Buch: Worum geht es Dir bei Code for Ger- heißt, dass Leute aus den verschiedensten Bereichen many? kommen, um sich in den OK Labs gemeinsam mit Fiona Krakenbürger: 2014 habe ich angefangen, wichtigen lokalen Themen auseinander zu setzen. bei der Open Knowledge Foundation zu arbeiten Die Leute stammen aus den Bereichen Design, Ent­ und habe im Wesentlichen nach einer Neuorien­ wicklung oder Journalismus. Ich glaube, dass gerade tierung gesucht. Ich habe bei der Open Knowledge dieser lokale Bezug die OK Labs von anderen For­ Foundation ein Praktikum gemacht und fand diese maten unterscheidet. Man schaut, was es konkret für Aufgabe von Anfang an sehr spannend. Die Open lokale Daten und Schwierigkeiten gibt. Das sind The­ Knowledge Foundation stellt eine Schnittmenge zwi­ men von Verbesserungsmöglichkeiten der Feinstaub­ schen Gesellschaft, Gemeinwohl und Technologie belastung über zu hohe Mietpreise bis hin zum loka­ dar. Ich bin damals direkt in das Projekt Code for len Ratsinformationssystem. Die OK Labs sind ein Germany eingestiegen, dabei handelt es sich haupt­ Ort für neue Ideen, Kooperationen und Partnerschaf­ sächlich um ein Netzwerk von ehrenamtlichen Ent­ ten. Dort können Leute mit verschiedenen Fähigkei­ wicklern, die sich in ihren Städten lokal engagieren. ten zusammenkommen und sich offen austauschen. Wir haben damals als Open Knowledge Foundation Was sie vereint, ist der Wille, etwas für ihre Stadt relativ viele Hackdays organisiert, die sehr gut ange­ und ihre MitbürgerInnen zu tun und ihre Fähigkeiten kommen sind. Bei diesen Hackdays treffen sich Ent­ entsprechend einzusetzen. wicklerInnen, die sich teamübergreifend mit neuen Simon Buch: Wieso sind gerade die OK Labs eine Ideen, Themen und Technologien befassen und diese gute Möglichkeit, sich mit dem Thema Open Data dann in die Praxis umsetzen. Es kamen tolle Leute näher auseinander beziehungsweise die Leute zu zusammen, jedoch nur für ein Wochenende. In der sensibilisieren? kurzen Zeit schafft man keine nachhaltige Software, Fiona Krakenbürger: Ich glaube, dass es immer noch stellt man längere Projekte auf die Beine. Wir sinnvoller ist, nicht über Technologien zu sprechen, haben daher nach einem nachhaltigeren Ansatz sondern über Themen. Technologie neutral zu formu­ gesucht und die Open Knowledge Labs mit der Com­ lieren, ist sehr schwierig. Es fühlt sich meistens ein munity zusammen gegründet. Das Wachstum dieser spezifischer Personenkreis angesprochen. Wir haben OK Labs war enorm. die Erfahrung gemacht, dass sich sehr viel mehr Inhaltlich geht es bei Code for Germany grund­ Menschen angesprochen fühlen, wenn wir den Weg sätzlich um Transparenz und Open Data und alles, über Inhalte gehen. Dieses Jahr haben wir den Fokus was das Zusammenleben in Städten, die Kommu­ auf »Wahldaten« gelegt und da macht sich schon nikation zwischen Regierungen und BürgerInnen bemerkbar, dass wir verstärkt Politikwissenschaftle­ betrifft. Gleichzeitig geht es aber auch um die Frage, rInnen oder Menschen erreichen, die sich für Kom­

südostasien › 3/2017 »Es gibt eine Menge Dinge, die man ändern kann« < Südostasien < 5 munikation und Populismus interessieren und die gen gibt. Wir müssen uns aber noch mehr einsetzen diesbezüglich etwas ändern wollen. Ansonsten muss und haben daher dieses Jahr ein GIF (Graphics Inter­ man über seinen eigenen Horizont hinausgehen, change Format) von einem ununterbrochenen laden­ werben, ExpertenInnen einladen und immer mal den Kreis. Man wartet im Prinzip darauf, dass er voll­ wieder größere Veranstaltungen ausrichten. Wup­ ständig geladen ist, aber das passiert nicht, weil er pertal und Berlin veranstalten seit ein paar Jahren immer wieder von vorne anfängt. Mein Gefühl ist den Cycle Hack Day. Die Städte organisieren einen zwar, dass es gute Ansätze gibt, wir jedoch noch Tag, an dem man sich mit der Modernisierung von weit entfernt davon sind, was wir uns eigentlich vor­ Fahrradverkehr auseinandersetzt und mit der Frage, stellen. Es gibt schon Informationsfreiheitsgesetze, wie man Code, Fahrradfahren und Politik miteinan­ die aber noch verbesserungswürdig sind. Das ist mit der in Verbindung setzen kann. Ziel ist es, das Fahr­ Transparenzgesetzen genauso. Es gibt sogar durch radfahren sicherer zu machen und Diversität in die­ gesetzliche Regelungen einige Einschränkungen von sem Gebiet zu fördern. Transparenz. Simon Buch: Open Data und Datenspeicherung Grundsätzlich finden wir aber, dass sich in der ist ein recht neues Phänomen. Oft wird es auch kri­ Gesellschaft ein Konsens dahingehend gebildet hat, tisch hinterfragt, wie beispielsweise bei der Vor­ dass Transparenz etwas Erstrebenswertes ist. Das ratsdatenspeicherung. Was verstehst du unter dem trifft mittlerweile auch schon auf Unternehmen oder Begriff »Good Data«? Behörden zu und daran wollen wir weiterarbeiten. Fiona Krakenbürger: Also grundsätzlich finde ich, Es geht jetzt darum, zu verhindern, dass sich das dass man weniger technisch über Daten nachden­ Ganze verläuft. Ein Ziel ist es, das Regierungshan­ ken sollte, als wir das in der Regel tun. Daten sind deln transparenter zu machen. Regierungen sollten einfach erst einmal Informationen. Ansonsten bin ich zur Verantwortung gezogen werden können, indem auch sehr skeptisch, wenn wir anfangen, Technolo­ deren Entscheidungsprozesse transparent gemacht gien mit einer Agency auszustatten. Ich glaube nicht, werden. Stichwort Open Government. Nicht alle dass Technologien machtvolle Akteure sind. Daten Daten liegen offen vor und wir wollen darauf hinar­ können als Werkzeuge und Ressourcen gebraucht beiten, dass Open Data produziert wird, die wirklich werden. Gerade Daten stellen eine gute Informa­ allen etwas nützt. tionsressource dar und die Frage ist dann, was wir Eine Freundin aus Berlin hat zum Beispiel berich­ Sinnvolles damit machen können. tet, dass es dort keine allgemeine Übersicht über die Simon Buch: Fällt dir diesbezüglich ein Beispiel Standorte von Kitas gibt. Es geht dabei nicht nur um ein? Open Data, sondern zunächst auch darum, welche Fiona Krakenbürger: Zum Beispiel Daten über Schwerpunkte und Werte wir in unserer Gesellschaft Fahrradverkehrsunfälle. Wenn Daten darüber veröf­ haben, um dann Open Data den Leuten zugänglich fentlicht werden, wo es Fahrradverkehrsunfälle gab, zu machen, die sie benötigen. Ich glaube also, dass dann liegen die Daten erst einmal nur vor. Die Frage es jetzt darum geht, die sozialen Aspekte näher zu ist, was man damit machen kann. Zum Beispiel beleuchten und dass wir uns darum kümmern, dass könnte man eine App programmieren, die anzeigt, offene Daten nicht nur einen Wirtschaftsfaktor in der wo häufig Fahrradverkehrsunfälle passiert sind, um EU darstellen, sondern dass wir aufzeigen, wie man die vorliegenden Daten sinnvoll zu nutzen. In der Open Data für die Gesellschaft nutzen kann, um Verwaltung können dann bessere Entscheidungen damit Problemen nachzugehen. getroffen werden, wo und wie der nächste Radweg Simon Buch: In Deutschland gibt es noch kein ein­ gebaut werden sollte und wo das ganz besonders heitliches Transparenzgesetz. Hamburg und Rhein­ wichtig ist, weil es dort vielleicht Tote oder Verletzte land-Pfalz gelten als Vorreiter. In Thüringen wurde gab. EntwicklerInnen können die Daten auch dafür 2016 ein weiterer Gesetzesentwurf von Lutz Hasse, verwenden, körperlich beeinträchtigten Menschen dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Infor­ eine sicherere Route vorzuschlagen. mationsfreiheit, vorgelegt. Man sieht, es geht voran. Simon Buch: Apropos Open Data und ihre Trans­ Aber was sind Deiner Meinung nach die Gründe, parenz. Wie würdest du die aktuelle Lage der Offen­ warum es noch kein deutschlandweites Transparenz­ heit und Transparenz in Deutschland beschreiben? gesetz gibt? Beziehungsweise, was denkst Du, warum Siehst du schon positive Ansätze beziehungsweise sich auf politischer Ebene nicht stärker für ein solches gibt es gesetzliche Regelungen, die sich mit Offen­ Transparenzgesetz eingesetzt wird? heit und Transparenz von Daten beschäftigen? Fiona Krakenbürger: Ich glaube, das ist einfach Fiona Krakenbürger: Also grundsätzlich halten eine Frage der Werte und Prioritäten. Das bloße Vor­ wir den Vortrag State of the Open, bei dem wir ver­ handensein von Transparenzgesetzen bedeutet nicht suchen, die Thematik und unser Anliegen zum Aus­ automatisch Transparenz, sondern es kann auch druck zu bringen, zum zweiten Mal in diesem Jahr. anders laufen. Wir waren mit dem Transparenzgesetz Bei unseren Vorträgen im vergangenen Jahr ging es in Rheinland-Pfalz nicht zufrieden, deshalb haben in erster Linie darum, dass es schon gute Entwicklun­ wir beschlossen, in Berlin ein eigenes Transparenz­

6 > Südostasien > »Es gibt eine Menge Dinge, die man ändern kann« südostasien ‹ 3/2017 Fiona Kraken- bürger at Forum Internationale Wissenschaft, Bonn 2017 photographer/​ copyright: Julia Marlen Schmid

gesetz zu schreiben. Ein Transparenzgesetz impli­ Simon Buch: Wie könnte man Deiner Meinung ziert auch gewisse Regulierungen. Das hat in Ham­ nach die Open Data-Situation zukünftig noch wei­ burg sehr gut funktioniert. Dort hat man sich mit den ter verbessern und was wünschst Du Dir diesbezüg­ Behörden zusammengesetzt und Workshops ange­ lich? boten und gemeinsam dafür gesorgt, dass die Behör­ Fiona Krakenbürger: Was ich mir für die Open den entlastet werden. Dabei wurden die Mitarbeiter­ Data-Bewegung und für die Community wünsche Innen der Behörden in den Gestaltungsprozess und ist, dass wir es weiterhin schaffen, mehr Akteure aus die Transformation mit einbezogen. Wie so vieles ist den verschiedensten Bereichen und mit den unter­ Transparenz und kulturelle Offenheit Ländersache schiedlichsten Bedürfnissen ins Boot zu holen. Wir und da die Interessen zu unterschiedlich sind, funk­ müssen aufpassen, dass wir den Umgang mit Open tioniert das noch nicht auf Bundesebene. Data, Transparenz und der Fähigkeit, mit offenen Simon Buch: Fallen Dir andere Länder ein, die in Daten umzugehen, nicht zum Privileg machen. Das dem Feld eine Vorreiterstellung einnehmen und von bedeutet, dass die Nutzer nicht nur aus privilegier­ denen man sich jetzt schon was abgucken kann? ten Gesellschaftsschichten kommen oder lediglich Fiona Krakenbürger: Ja. Was ich für sehr vorbild­ Unternehmen die Daten nutzen, um ihre Prozesse haft halte ist, dass in Großbritannien ein Datensatz zu optimieren, sondern dass Daten der breiten Allge­ über Beneficial-Ownership veröffentlicht wurde, meinheit zugänglich gemacht werden. Wir müssen was im Deutschen unter dem Begriff Transparenz­ uns noch vielmehr kümmern und auch eine Form register bekannt ist. In diesem Beneficial-Owner- von Data Legacy etablieren. Wir müssen ein breites ship-Datensatz wurde bekannt gegeben, wer welche Bewusstsein dafür schaffen, was mit offenen Daten Firma besitzt. Wenn man in Deutschland eine Firma möglich ist und auch den Forderungen nach offenen oder ein Unternehmen anmeldet, muss man nicht in Datensätzen und offenen Informationen nachkom­ jedem Fall angeben, wem diese gehört und das ist men. ein Problem. Da kann ich nur noch einmal das Kita-Bei­ In Großbritannien wurde dieser Datensatz ver­ spiel wiederholen. Wie kann es sein, dass es keine öffentlicht und ein paar AktivistInnen haben sich gemeinsamen Bestrebungen gibt, diese Daten aufzu­ zusammengesetzt und eine Form von Data-Dive bereiten? Es scheint, dass junge Mütter keine starke organisiert. Dabei galt es herauszufinden, was dort Lobby oder Stimme in Deutschland haben. Denn für Informationen, aber auch Anomalitäten zu fin­ was in diesem Fall am Ende passieren kann ist, dass den waren. Man hat herausgefunden, dass sehr man keinen Kitaplatz findet und die Frau noch ein viele Unternehmen eigentlich anderen Unterneh­ weiteres Jahr zu Hause bleiben muss. Das ist ein men gehören, die sich wiederum in Offshore-Gebie­ Thema, bei dem eigentlich alle zusammenarbeiten ten befinden. Ich finde, dass man in Bezug auf müssten. Da wünsche ich mir auch, dass solche The­ Wirtschaftsdaten viel mehr machen kann und ich men besser adressiert werden, denn hier gibt es noch wünsche mir auch mehr Transparenz in der Wirt­ viel Potential. Ich finde, es gibt eine Menge Dinge, schaft und den Finanzmärkten in Deutschland, weil die man ändern kann. uns die Notwendigkeit dafür regelmäßig klarge­ Simon Buch: Vielen Dank für das Gespräch, macht wird. Fiona.  südostasien › 3/2017 »Es gibt eine Menge Dinge, die man ändern kann« < Südostasien < 7 von Nicola Das Konzept Open Data Knipper »Big Data« sind die neue Goldgrube in Zeiten des Internet, Die Autorin mit denen hauptsächlich große Konzerne Profit machen. ­studiert Kultur- wirtschaft an »Open Data« will einen Trend dagegen setzen. der Universität Passau. Open Data ist momentan in aller Munde. Doch und seiner Umsetzung. Durch die Internetseite von was versteckt sich hinter diesem Konzept, das so Michael Hoerz können sich zum Beispiel alle Berli­ viel Potenzial und gleichzeitig Gefahren birgt? Es nerInnen alle Fahrradunfälle in Berlin angucken und hört sich zunächst sehr einfach an: offene Daten somit bestimmte Wege meiden, besonders vorsich­ für alle! – Unabhängig unseres Gesellschaftsstatus’ tig sein oder die Regierung um Handlungen bitten. soll jedeR von uns freien Zugriff auf Daten haben, egal ob StudentIn, ArbeiterIn, ArbeitgeberIn oder ArbeitsuchendeR. Daten jeder Art sollen veröffent- Kostengünstig und transparent licht, verbreitet und ohne Einschränkung genutzt werden dürfen. Das ist doch eigentlich eine gute Als »Open Source« unterstützen offene Daten ein­ Idee, die genauer untersucht werden sollte. Was kommensschwache soziale Schichten beim Zugang steckt dahinter, und wie wirken sich Open Data auf zu Bildung in Form von quelloffener und kostenlo­ unser Alltagsleben aus? Schaffen Sie eine offenere ser Software. Büroprogramme wie OpenOffice.org Gesellschaft mit mehr Transparenz – oder einen ermöglichen es zum Nulltarif Texte zu verfassen, Prä­ Überwachungsstaat, in dem jedeR alles über Kol- sentationen zu erstellen und Datensätze zu berech­ legen, Nachbarn und Freunde weiß und unsere Pri- nen. Für den in Armut lebenden Großteil der Men­ vatsphäre gefährdet ist? schen ist das sehr hilfreich. Es gibt zudem Projekte wie die Britische Initia­ Informationszugang sollte ein grundlegendes Recht tive where does my money go, die einen öffentli­ sein, denn es führt zu mehr Gleichberechtigung. chen Einblick in die Verwendung von Steuergeldern Andererseits können manche Informationen, wenn ermöglicht. Die BürgerInnen können damit ersehen, sie in die falschen Hände geraten, auch ein hohes welche Bereiche und Institutionen mit wie viel Mit­ Risiko bergen. Wie genau gestalten sich die Vor- und teln staatlich finanziert und gefördert werden. – Das Nachteile von Open Data, und wie kann man sie in vermittelt ein größeres Vertrauen anstatt nicht zu wis­ unserem Alltag sicher und effektiv nutzen? sen, ob nicht doch etwas in dunklen Kanälen ver­ Auch Regierungen, Unternehmen und andere schwunden ist. Organisationen sammeln offene Daten, verkaufen sie mit viel Gewinn weiter, verwalten oder nutzen sie für ihre Zwecke. Darunter sind ebenso private wie Bekämpfung von Steuerhinterziehung andere Daten, die vor Missbrauch geschützt wer­ den müssen. – Dann kann Open Data eine Erleich­ Korruption stellt in vielen Ländern ein ernstes Pro­ terung für BürgerInnen im Alltag sein. Und Aktivist­ blem dar. In Kanada konnten 2007 mit einem ähn­ Innen von Nichtregierungsorganisationen können lichen Projekt wie dem in Großbritannien, Steu­ mit ihrer Hilfe Menschen zusammenbringen und erhinterziehungen in der Größenordnung von auf Missstände aufmerksam machen. Es muss also 3,2 Milliarden kanadischen Dollar aufgedeckt wer­ immer zwischen Informationsfreiheit und Daten­ den. Mit offengelegten Daten wird es also sowohl schutz abgewogen werden. Regierungen als auch Firmen und anderen Organi­ sationen erschwert, das ihnen erbrachte Vertrauen zu missbrauchen. Dies könnte außerdem einen positi­ Beispiel: Offene Verkehrsdaten ven Effekt auf die zunehmende Politikverdrossenheit haben, die zuweilen aus Misstrauen gegenüber Poli­ Durch Open-Data-Projekte gewonnene Analysen tikern resultiert. von Unfallstatistiken etwa an gefährlichen Kreuzun­ Ein offener Datenzugriff mindert das Gefühl des gen können schweren Fahrradunfällen vorbeugen. Ausgeschlossenseins und der Ohnmacht – wie bei So zeigen sie Handlungsbedarf auf, wenn Ampel­ dem Freihandelsabkommen Transatlantic Trade and schaltungen geändert, Fahrradwege gebaut und der Investment Partnership (TTIP). Im Gegenteil: Es för­ Verkehrsfluss optimiert werden müssen. Eine offene dert die Mitbestimmung. Dateneinsicht ermöglicht allen betroffenen Verkehrs­ Für Unternehmen spielt Open Data im Zeital­ teilnehmerInnen sich zu informieren und womöglich ter zunehmender internationaler Standardisierung eine leichtere Beteiligung am Sicherheitskonzept eine immer größere Rolle. Unternehmen brauchen

8 > Südostasien > Das Konzept Open Data südostasien ‹ 3/2017 einen Datenzugriff, um die diese Standards zu erfül­ len. Dies sind aber oftmals genauso sensible Daten, also solche, die geschützt werden müssten. Nehmen wir zum Bespiel den Bau eines Hauses. Die EU gibt vor, wie die Zusammensetzung gewisser Bauteile gegeben seien müssen und gleichzeitig hat jedes Unternehmen seine eigene zumeist patentierte und geschützte Art und Weise dieses Teil herzustellen. Open Data kann hier den Prozess gewisse Standards zu erfüllen vereinfachen, es kann aber auch gewisse Patente einfacher machen zu umgehen oder neu zu definieren.

Sensible Daten

Dies bringt uns zu den Risiken von Open Data. Fir­ men können sie missbrauchen und zu ihrem eige­ nen Profit genutzten. Arbeitgeber sollten nicht über Privatsphäre trotz Open Data Dialog über Religion, ethnischer Herkunft oder gar sexuelle Vor­ Open Data auf lieben ihrer ArbeiterInnen Bescheid wissen. Doch Die Wahrung des Gleichgewichts zwischen der dem Workshop OPENsoutheast­ wenn jegliche Daten für alle zur Verfügung gestellt Offenlegung und Einhaltung der Privatsphäre spielt ASIA werden, wird es auch für den Arbeitgeber leichter zu bei Open Data eine enorme Rolle. Die Vorteile © Forum Inter- sehen, wie viele Steuern gezahlt werden und somit von Open Data wie Transparenz und eine größere nationale Wis- ob der Mitarbeiter/in​ nicht doch noch einen Zweit­ Chance zur gleichberechtigten breiteren Wissenser­ senschaft, Bonn job, geerbt oder ähnliches hat. Denn diese Daten langung sind unverkennbar. Jedoch ist die Gefahr der können auch durch das Konzept Open Data aufge­ Verbreitung und Offenlegung sensibler Daten und deckt werden beziehungsweise leichter zugänglich der Eingriff in die Intimsphäre nicht zu unterschätzen gemacht werden. Wird also die Steuererklärung von und darf keinesfalls ignoriert werden. Mit Daten, die jedem offen gelegt mit dem Zweck Steuerhinterzie­ das Konsumverhalten des Einzelnen betreffen, sollte hung zu vermeiden, kann aus der Steuererklärung nicht leichtfertig umgegangen werden. Das Bewusst­ viel mehr geschlossen werden. Eine Steuererklärung sein sollte diesbezüglich gestärkt werden, diese nicht zeigt auf, ob man verheiratet ist, Kinder hat, welcher ohne weiteres preiszugeben. Religion man angehört, welchen Organisationen man Geld spendet und vieles mehr. Hieraus kann man das komplette Privatleben erkennen und der Die Gesellschaft muss umdenken eigentliche Zweck kann leicht in den Hintergrund geraten. Auf der einen Seite leben wir in einer Gesellschaft, die Facebook ihre privaten Daten leichtfertig über­ lässt und ignoriert, dass alles, was einmal online Risiken der Offenlegung gepostet wurde, nicht einfach gelöscht werden kann. Auf der anderen Seite interessieren sich nur Wenige Selbst die Offenlegung nicht sensibler Daten kann für Daten, die nicht öffentlich gemacht werden, zu Schwierigkeiten führen. Daten über Infrastruk­ obwohl eine solche Veröffentlichung aber von gro­ tur könnten missbraucht werden, um dieser zu scha­ ßem Nutzen für alle wäre, wie z. B. der Offenlegung den. Ein Beispiel hierfür bieten Bewertungsportale der TTIP Unterlagen, Verkehrsdaten, Zugang zu Wis­ etwa über Schulen oder Ärzte, die irreführende, sen oder ähnlichem. Eine kontroverse Situation, die nicht objektive oder sogar bewusst gefälschte Inhalte sich nur durch eine offene Diskussion und ein grö­ haben können. Die Auswirkungen bereits einer ßeres Bewusstsein für die Problematik in der Gesell­ schlechten Bewertung können zu Rufmord und wirt­ schaft lösen lässt. – Weiterhin gilt es, das Recht auf schaftlichem Ruin führen. Und oft steht die Legiti­ Privatsphäre zu schützen, wobei der Zugriff auf viele mation solcher Daten außen vor. Das bedeutet, dass wissenschaftliche, statistische und vielen anderen der Umgang, die Verbreitung und die Verwertung Daten einer breiteren Öffentlichkeit ermöglicht wer­ von Daten, insbesondere von sensiblen Daten, nicht den muss. Sie sind für Forschung und Bildung glei­ nur technisches Know-How, sondern auch ein gro­ chermaßen wichtig. Denn Wissen und damit Bildung ßes Maß an Verantwortung braucht. sind der Schlüssel zum Erfolg. 

südostasien › 3/2017 Das Konzept Open Data < Südostasien < 9 von Xin Qiu Benefits and Challenges

Xin Qiu stud- of Online-Education in Southeast Asia ies International Culture and Busi- In Southeast Asia, Online-Education is a new chan- rural areas but also between countries in Southeast ness Studies at the University of nel for people to gain knowledge. It is used as Asia. Due to the long distance between cities, it is Passau and takes an alternative to an offline education, a sustain- impractical for students to move between cities to an interest in the able learning tool and a self-promotion medium. gain different knowledge. But with the new Edtech, culture and the There are various online education platforms that the students can sit in the class, see the video online economics of are divided into two types, Massive Open Online and learn. Asia. Course (known as MOOC) and Educational Tech- And for the individuals, time and place are no nology (Edtech) business. MOOC is the online more the impact factors. With the available online course aiming at unlimited participation with open courses from E-Learning platforms, they can embrace access and providing high quality lectures. At the worldwide knowledge resources, improve abilities same time, Edtech business provides E-learning without space-time constraints. programs as commercial behaviors. Topica, FUNiX, Kyna, Tienganh123, are for instance the famous ones in Southeast Asia. Compensate the shortages of teachers and educational materials in offline education Both MOOC and Edtech business provide their own E-learning programs as well as cooperated courses According to the statistics website NationMaster, with universities. Also, they approach various the pupil/​teacher ratio in the Philippines in second­ demand groups, from kids to adults, to students and ary school is 34.81–1, ranks seventh worst among occupational staffs. 195 countries. And on the basis of the statistics from There is a huge developing potentiality of UNESCO Institute for Statistics, the average pupil/​ Online-Education in Southeast Asia, but it still has teacher ratio in primary school in Southeast Asia is to face some challenges like the high cost of estab­ 26.5–1, and in secondary school is 22.8–1, which lishing a system, uneven teaching quality and unfair­ is just after Southern Asia and Sub-Saharan Africa. ness problems. Southeast Asia has a lack of teachers because of the uneven teaching quality and educational resource distribution. And because of the disparities of the Break the space-time constraints teaching qualities among regions, in order to fill the gap of the educational differences, the demand of There are educational disparities and uneven educa­ the supplemental learning materials after class is also tional resources distribution not only in urban and strong as well as in class.

Advertisement of one E-learning Platform in the Philippines © NIKKEI ASIAN REVIEW

10 > Südostasien > Benefits and Challenges of Online-Education in Southeast Asia südostasien ‹ 3/2017 Discussion over Online-Educa- tion in Workshop Open Southeast Asia: Data. Net- works. Civil Soci- ety. Southeast Asia © Nadja Kütz- ing. Forum Internationale Wissenschaft, Bonn

The online shared courses between schools, with sive input of manpower and material resources. And the help of the Edtech company Quipper, helps to then, from government’s side, in order to let students relieve the shortage. For example, the Philippines has learn online, the learning medium like comput­ reformed a 10-years elementary curriculum system ers, tablets should be provided to students. All the to a 12-years system in their high school last year. inputs are a heavy load for the national finance. As Some schools were not ready for the two expansion­ the report from UNESCO from 1999 to 2013 shows, ary Grades, but some are ready. With such a service, the education spending of GDP in percentage in students can learn continuing from other schools via , Lao PRD, Philippines, Thailand and Viet­ web without gap. nam is less than four per cent, and the expenses are Furthermore, in Southeast Asia, there are only two mostly on the offline public education. With such a top universities according to World University Rank- national education spending, the Online-Education ing. The Southeast Asians have less opportunities than can just get a little support from national finance for example the Westerns to approach a high quality plan. education. But now, since many of the world’s top On the other hand, the cost of certification is universities have embraced the MOOC, the access high, too. Even if there are many platforms like to high quality education for the masses in Southeast MOOC, on which people can freely gain knowl­ Asia improved. And most MOOCs provide a certifica­ edge, people must pay a lot to get the certification tion after finishing the learning plan, although not for if there is a demand of ability-proving after finish­ free, so it may be an alternative to traditional educa­ ing the learning program on commercial E-learning tion. Besides, because of the non-profit service from platforms. MOOC, it provides opportunities to Southeast Asians Otherwise, a personal computer is unaffordable who have no comfortable financial conditions. for poor families in Southeast Asia. In the schools in From the aspect of Edtech business, ability-train­ the Philippines, annual fees for study materials via ing is also supplied besides scientific knowledge. electronic products are 72 US-Dollars per student. “Kyna” is one of the most famous Online-Education According to the data from World Bank of the gross platforms in Vietnam. It provides different groups with national income (GNI) in 2016, the GNI per head various courses, for example, the “sense inspiring” for of Singapore is 53,224.27 US-Dollars, of Malaysia it children, and professional advertisement designing is 10,071.17 US-Dollars, of Indonesia it is 3,415.83 for staffs. Although the Online-Education has strong US-Dollars, and of Cambodia it is 1,139.69 US-Dol­ points, it also has some embarrassing situations. lars. An “Acer” laptop in the USA for example costs at least 700 US-Dollars, almost the one-fifth of the GNI of Indonesia. It seems that children and their High cost families don’t need to pay anything for the learning online. But actually, the charge of using Edtech or A public Online-Education system includes many buying one computer is already a big problem for processes. First of all, all the processes need a mas­ them. südostasien › 3/2017 Benefits and Challenges of Online-Education in Southeast Asia < Südostasien < 11 Uneven qualities and educational unfairness An online course supplied from the E-Learning There is still no standard or regulatory system for the platform “Kyna” Online-Education. Owing to the disparities of the © kyna.vn teaching qualities and economic strength between countries, people will be taught in different quality levels online and offline but get equally authentica­ tion. What’s more, for instance, face to face commu­ nication is an important process during the accept­ ance of knowledge, but online education lacks it. The online-learners receive knowledge only via computers. Ideas, thoughts and questions aren’t being expressed immediately, feedback from both sides cannot be received right away, an experience the online educationers should have like offline edu­ cationers. It influences the online educational qual­ ity seriously.

Conclusion

Maybe to make the situation better, the southeastern Asian governments could improve the government subsidies on the online education or give subsidies to students, schools or PC companies. Establishing a regulatory system of Online-Education and setting up an occupation standard to Edtech business to pro­ mote quality of teaching and teachers may also help to relieve the issues. The Online-Education develops fast and strongly in Southeast Asia. It does not only provide an open Zeitung für sozialistische access to new knowledge without time and space Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit limits but also a supplementation to the offline edu­ cation. Even though its tough issues are waiting to be Diskussionsforum für solved, there is a huge potentiality of Online-Educa­ tion to develop in the future.   Elemente & Strategien einer gewerkschaftlichen Anti-Konzessionspolitik References:  Texte zu und aus Theorie & Praxis der internationalen › Nikkei staff writer. E-Learning combats Southeast ArbeiterInnenbewegung Asia’s teacher shortages. Nikkei Asian Review. 2017–02-23. http://​asia.nikkei.com/​Business/​  Perspektiven jenseits betrieblicher Trends/​E-learning-combats-Southeast-Asia-s- & nationaler Standortpolitik teacher-shortages  Berichte über nationale & › Heubler, Friedrich. International Education Statis­ internationale Arbeitskämpfe tics. UNESCO. 2008–10-26. › http://​huebler.blogspot.de/2008/10/​ptr.html  Debatten und Kommentare zur › NationMaster. Education > Pupil-teacher ratio, Politik der Ökonomie primary: Countries Compared. › http://​www.nationmaster.com/​country-info/​stats/​ Probelesen?! Education/​Pupil--teacher-ratio%2C-primary kostenfreies Exemplar anfordern!! Niddastraße 64 60329 FRANKFURT [email protected] www.express-afp.info Tel. (069) 67 99 84

12 > Südostasien > Benefits and Challenges of Online-Education in Southeast Asia südostasien ‹ 3/2017 von Wilfried Vietnam und Laos: Nachhaltiger Gebhardt

Naturparkschutz mit offenen Geo-Daten Der Autor arbei- tet seit über Der Nationalpark Phong Nha-Ke Bang (PNKB) in das Schutzgebiet Hin Namo No und den National­ 20 Jahren als Geograf für die Vietnam und das Nationalschutzgebiet Hin Nam park Phong Nha-Ke Bang insgesamt – inklusive Bio­ Entwicklungszu- No (HNN) in Laos bilden zusammen das größte diversitäts-Evaluierung und -Monitoring sowie der sammenarbeit in und bedeutendste Karstgebiet Südostasiens. Inmit- Erarbeitung von Livelihood-Modellen zur Sicherung Südostasien und ten des indo-burmesischen Biodiversitäts-Hotspots des Lebensunterhalts. Er soll außerdem als unterstüt­ ist seit 1999 Mit- gelegen, ist seine außerordentliche hohe Artenviel- zendes Beratungselement für die Innenpolitik beider glied der Südost- asien Informati- falt weltweit einzigartig. Die vietnamesische Seite Länder fungieren. onsstelle (SOAI) (Abb. 1) ist bereits UNESCO-Weltnaturerbe. – Fest Das setzt eine technische Modernisierung und die steht aber auch: Das gesamte Gebiet kann lang- Entwicklung von Planverfahren sowie eine beglei­ fristig nur gemeinsam erhalten werden. Und dafür tende Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit vor­ gibt es seit einigen Jahren gefördert durch interna- aus. Geografen haben dazu Entscheidendes beige­ tionale Entwicklungshilfe eine grenzübergreifende tragen. Dank ihrer Erstellung einer Grundkarte des Kooperation. gesamten Schutzgebietes (joint base map) lassen sich weitere Punkte des Maßnahmenkatalogs umset­ Eine Herausforderung dabei ist, dass PNKB und zen. Sie verbessert die Wartung einer gemeinsamen HNN trotz steigender Besucherzahlen weiterhin zu Informationsplattform oder die Planung von Natur­ den ärmsten Regionen beider Länder zählen. Nach wie vor ist ein großer Teil der Bevölkerung auf ille­ gale Nutzung der Ressourcen in den Naturgebieten angewiesen und werden Naturwaldflächen durch Monokulturen ersetzt. Dies gefährdet die ökologi­ schen Lebensgrundlagen massiv und widerspricht den Schutzzielen, soziale Verwerfungen drohen. Alles würde sich nicht zuletzt negativ auf die Lebens­ qualität und die Anerkennung als Nationalparks aus­ wirken. Frühere staatlich verordnete Entwicklungsziele integrierten Naturschutzes waren in ihren Ansätzen stecken geblieben. Der neue Plan unter Koordination der Gesellschaft für Internationalen Zusammenarbeit (GIZ) umfasst hingegen den Aufbau eines Systems der Teilhabe in Form eines bilateralen Austauschs für

Abb. 2: Das Ent- wicklungs-Team bei der Ausarbei- tung der Grund- karte. © Wilfried Gebhardt

Abb. 1: Ein- gangsbereich zum National- park Phong Nha- Ke Bang, Viet- nam © Wilfried Gebhardt südostasien › 3/2017 Nachhaltiger Naturparkschutz mit offenen Geo-Daten < Vietnam und Laos < 13 Abb. 4: Präsentationsbesprechung der Grundkarte. © Wilfried Gebhardt

vern. – Die Menge der verfügbaren Geo-Daten des Naturraums aus dem Internet und die hohe Qualität ihrer Verwertbarkeit für eine einheitliche Darstellung Abb. 3: Screen­ parkschutzaktionen im Vierteljahres-Zyklus wie etwa überraschte alle Beteiligten positiv. Das motivierte shot der grenzübergreifende Waldpatrouillen. die politischen Entscheidungsträger einer gemeinsa­ ­Grundkarte. Als Ausgangsbild für diese Karte diente eine Satel­ men Veröffentlichung zuzustimmen. Laos will sich © Wilfried Gebhardt litenaufnahme von Landsat 2015. Sie wurde mit nun anhand dieser Grundkarte ebenfalls bei der öffentlich zugänglichen Daten für das Geographic UNESCO bewerben. Information System (GIS) digital aufbereitet und stan­ Der Umstieg von bloßen Absichtserklärungen dardisiert (Abb. 2). Diese Version war die Vorlage zur zu einem konkreten Aktionsplan und seiner zeitna­ Erstellung von Datenbanken und separaten, Open­ hen Umsetzung von 2014 bis 2016 bildet nun das Layers-basierten Darstellungsebenen (Abb. 3) und Fundament für die langfristigen Ziele in der Region der weiteren Konzeption (Abb. 4) bis zur Vollendung PNKB–HNN mit Naturerhalt, Landnutzungsplanung der Grundkarte (Abb. 5). Die Park-Ranger begeistert und Eindämmung illegaler Aktivitäten. In grenzüber­ vor allem die Möglichkeit der Nutzung von Quan­ schreitender Zusammenarbeit wacht ein Gremium tum-GIS-Daten für Smartphones in Verbindung mit aus fünf ständigen Mitgliedern über die Aktualisie­ Google Earth, bereitgestellt auf geschützten Ser­ rung der Daten und beschließt weitere notwendige Maßnahmen. Sie trägt Sorge für ein verbessertes Schutzgebietsmanage­ ment, kommuniziert Erfahrungswerte und Fachwissen in die nationalen Organisationen und legt innenpoliti­ sche Rechenschaft ab. So wird basierend auf der Grund­ karte im Gebiet Hin Nam No in der Provinz Khammouane, Laos, zur Zeit intensiv an den Vorhaben integrierter Naturschutz und nachhaltige Natur­ ressourcenbewirtschaftung gearbei­ tet. Dazu finden gemeinsame Work­ shops und Studienreisen statt. Ohne die Abstimmung und den verbesser­ ten Informationsaustausch zwischen den für PNKB und HNN zuständigen Provinzregierungen sowie den nicht- staatlichen Akteuren in beiden Län­ dern wäre dies undenkbar. 

Abb.5: Die Endversion der Grundkarte (final joint base map). © Wilfried Gebhardt

14 > Vietnam und Laos > Nachhaltiger Naturparkschutz mit offenen Geo-Daten südostasien ‹ 3/2017 Christopher KURZ NOTIERT Wimmer pro­ moviert in von Christopher Wimmer und Laura Faludi So­ziologie an der Humboldt- Politbüro-Mitglied seiner Ämter enthoben Universität zu Berlin. Dinh La Thang, Mitglied des Vorsitz. Ein anderer ehemaliger onalkongress in 2017 bezwang Laura Faludi höchsten politischen Gremiums Vorsitzender sowie 47 weitere der konservative Flügel der Partei studierte Süd- des Landes, wurde aufgrund von Mitarbeiter*innen wurden bereits die von Dung geführten Progres­ ostasienwis- Korruptionsvorwürfen seiner Posi­ Ende 2016 verurteilt. Obwohl siven; der Leiter der Konservati­ senschaften tion enthoben. Dies ist das erste Thang selbst seit zwei Jahren ven, Nguyen Phu Trong, verlän­ sowie Friedens Mal, dass ein Politbüro-Mitglied von der Untersuchung betroffen gerte daraufhin seine Amtszeit als -und Konflikt- während seiner Amtszeit dieses ist, wurde er trotzdem im Januar Generalsekretär. Seitdem arbei­ forschung. Sie arbeitet zurzeit Schicksal erleidet. Thang verlor 2016 als einer der 12 neu nomi­ tet er daran, Dung-nahe Funktio­ bei Asia Justice gleichzeitig seine Position als Par­ nierten Mitglieder in das Polit­ näre aus dem Politbüro zu entfer­ and Rights in teichef von Ho Chi Minh Stadt. büro aufgenommen. Seitdem hat nen. Der Rest bleibt Spekulation, Dili, Osttimor. Der Korruptionsfall ist Teil sich jedoch die politische Lage da die Entscheidungen in der KPV einer größeren Untersuchung verändert: Viele behaupten, der wie immer hinter geschlossenen des Staatsunternehmens Petro- wahre Grund von Thangs Fall Türen getroffen werden. vietnam. Der Energie-Misch­ läge in seiner Nähe zum ehema­ 8.5.2017, Asia Times konzern arbeitete zwischen ligen Premierminister Nguyen 10.5.2017, Tuoi Tre News 2009 und 2011 unter Thangs Tan Dung. Nach dem 12. Nati­

Repressionen gegen Demokratiebewegung

Die Behörden in Vietnam haben einer Erklärung auf der Website ger politischer Gefangener, wurde fünf Mitglieder der Gruppe des Ministeriums für Öffentliche aus seinem Haus in Handschel­ ›Open Democracy Group‹ ver­ Sicherheit heißt. len abgeführt. »Um ca. 9.00 Uhr haftet. Ihnen wird vorgeworfen, Die vier Männer wurden nach kamen fast 100 Uniformierte und den Sturz des Einparteienstaats Artikel 79 des vietnamesischen Zivilbeamte zu uns nach Hause« vorzubereiten. Die Open Demo- Strafgesetzbuchs angeklagt, »Akti­ so Trucs Sohn. »Sie zogen meinen cracy Group forderte die sofor­ vitäten durchzuführen, die darauf Vater nach draußen, um Videos tige und bedingungslose Frei­ abzielen, die Volksverwaltung zu und Fotos zu machen. Dann zwan­ lassung ihrer Mitglieder. Zuerst stürzen«. Im Falle einer Verurtei­ gen sie ihn, einige Dokumente zu wurden vier Personen, der pro­ lung droht ihnen die Todesstrafe. unterschreiben. Danach durch­ testantische Pfarrer Nguyen Trung Wenige Tage später wurde in suchten sie unser Haus und nah­ Ton, der Ingenieur Pham Van Troi, der zentralvietnamesischen Pro­ men unsere Telefone und Doku­ der Journalist Truong Minh Duc vinz Quang Binh ein weiteres mente mit, so Trucs Sohn weiter. und der Rechtsanwalt Nguyen Mitglied der Gruppe verhaftet. Radio Free Asia 31.7.2017 Bac Truyen verhaftet, wie es in Nguyen Trung Tuc, ein ehemali­ Radio Free Asia 4.8.2017

Verschleppung in der Bundesrepublik

Die Bundesanwaltschaft hat Mitte nenhöhe unterschlagen und sich und von dort aus nach Vietnam August die Ermittlungen wegen anschließend ins Ausland abge­ verbracht worden sind. Wenig der Entführung des vietnamesi­ setzt zu haben. Den deutschen später berichteten vietnamesische schen Staatsangehörigen Xuan Behörden wurde von der Sozia­ Staatsmedien, Trinh sei freiwillig Thanh Trinh und seiner Beglei­ listischen Republik Vietnam ein in die Heimat zurückgekehrt und terin von der Staatsanwaltschaft Auslieferungsersuchen übermit­ habe sich gestellt. Seine Anwälte Berlin übernommen. telt, über das noch nicht entschie­ betonen hingegen, ihr Mandant Nach den bisherigen Erkennt­ den worden war. Von vietname­ hätte sich unter keinen Umstän­ nissen wurden die beiden Ende sischer Seite soll ein erhebliches den freiwillig in die Hand vietna­ Juli in Berlin auf offener Straße in Interesse an der Auslieferung von mesischer Behörden begeben, da einen Transporter gezerrt. Trinh Trinh bestanden haben. ihn dort aus politischen Gründen wird in seinem Herkunftsland Nach den bisherigen Ermitt­ kein rechtsstaatliches Verfahren vorgeworfen, als Geschäftsführer lungen ist derzeit davon auszuge­ erwarte. eines Staatsunternehmens einen hen, dass die Tatopfer in die viet­ Zeit Online 10.8.2017 Geldbetrag in dreistelliger Millio­ namesische Botschaft in Berlin Süddeutsche Zeitung 12.8.2017 südostasien › 3/2017 Kurz notiert < Vietnam < 15 Die Autorin ist Trainerin an der KURZ NOTIERT Akademie für international von Anke Timmann Zusammenar- beit (AIZ) der Kein Fortschritt bei den Menschenrechten GIZ und bereitet Fachkräfte der Im Juli fand der fünfte Menschen­ heit steht noch viel Arbeit bevor lebt, von zehn schwarz geklei­ Entwicklungszu- rechtsdialog zwischen Australien und nach wie vor verschwinden deten und bewaffneten Männern sammenarbeit auf ihren Einsatz und Laos statt. Bis 2021 will die immer wieder Menschen. Im Mai entführt. Internationale Men­ in Laos vor. australische Regierung die laoti­ 2017 wurden drei BlogerInnen in schenrechtsgruppen fordern die sche Regierung bei der Umset­ einer geheimen Gerichtsverhand­ internationale Gemeinschaft auf, zung der Menschenrechte unter­ lung zu unverhältnismäßig hohen sich für die Freilassung der Verur­ stützen. Dazu gehören u. a. die Gefängnisstrafen von 12, 16 und teilten einzusetzen und den Fall Effizienz- und Leistungssteige­ 20 Jahren verurteilt, weil sie regie­ des verschwundenen Ko Tee auf­ rung der Jurafakultät und der poli­ rungskritische Kommentare auf zuklären. tikwissenschaftlichen Fakultät an ihren facebook-Seiten veröffent­ The Strategist, 27.7.2017 der Nationalen Universität, die licht hatten. Am 29. Juli wurde Human Rights Watch, 17.7.2017 Implementierung der Vereinten der thailändische Aktivist Wutthi­ Voice of Asia, 26.6.2017 Nationen. Bei der Umsetzung pong Kachathamkhun (alias Ko Radio Free Asia 1.8.2017 der Meinungs- und Pressefrei­ Tee), der seit 2014 in Laos im Exil Australian Embassy in Laos, 24.7.2017

Neues Gesetz in Thailand zwingt laotische ArbeiterInnen nach Laos zurück

Im Juni hat Thailand entschie­ terInnen bekommen in Thailand tische Botschaft in ihre den, dass illegale ArbeiterInnen den Minimumlohn und arbeiten Landsleute nicht adäquat unter­ in Thailand mit bis zu fünf Jah­ in Bau und Agrarwirtschaft. Sie stützt. Thailand hat in Bangkok ren Haft oder bis zu 100.000 Baht sind illegal nach Thailand gekom­ und Nongkhai Zentren eröff­ (ca. 2.544 Euro) Geldstrafe ver­ men, weil sie sich die offiziel­ net, um die laotische ArbeiterIn­ urteilt werden können. Die Ent­ len Gebühren von 20.000 Baht nen zu unterstützen. Obwohl es scheidung wurde nach Protesten (ca. 508 EUR) nicht leisten kön­ einen Fachkräftemangel in Laos von Unternehmen und Anwäl­ nen. Stattdessen zahlen sie an der gibt, gehen viele ArbeiterInnen tInnen für 180 Tage suspendiert. Grenze ein kleineres Schmier­ nach Thailand, wo die Löhne Trotzdem sind Hunderte laoti­ geld, um so nach Thailand einzu­ doppelt so hoch sind. Schätzun­ sche ArbeiterInnen aus Thailand reisen. Der illegale Status bringt gen zufolge leben in Thailand nach Laos zurückgekehrt, weil sie manche LaotInnen in große Pro­ 170.000 LaotInnen illegal. Strafverfolgung oder Ausbeutung bleme und es gibt Beschwerden Radio Free Asia, 7.7.2017 befürchten. Viele laotische Arbei­ (u. a. auf facebook), dass die lao­ , 13.7.2017

Regierung reagiert mit Sondereinheit auf vermehrte Auseinandersetzungen um Land Die Praxis des unrechtmäßigen Die Duangpaseuth Construction vietnamesisches Kautschukunter­ Landerwerbs führte in den letzten Company hatte das Land 2011 nehmen, das mehr Land als ver­ Jahren vermehrt zu Auseinander­ erworben. Gemunkelt wird, dass traglich vereinbart in Anspruch setzungen um Land. Das Minis- der Besitzer des Unternehmens nimmt. Im Juli wurden nach nicht terium für natürliche Ressourcen das offizielle Ausschreibungsver­ bestätigten inoffiziellen Anga­ und Umwelt ordnete im Juni an, fahren umgangen hat und es auf­ ben einige der DorfbewohnerIn­ dass Provinz- und Distriktbehör­ grund guter Beziehungen zum nen verhaftet, weil sie Kautschuk­ den sich um die Landkonflikte ehemaligen Provinzgouverneur bäume fällten. Erste Ergebnisse auf Dorfebene kümmern sollen. bekommen hat. Alternativ sollen der Sondereinheit werden im Zwei aktuelle Beispiele zeigen Leistungen des Unternehmens in Oktober 2017 erwartet. die Brisanz des Themas. In der Land bezahlt worden sein, wenn Radio Free Asia, 1.8.2017 nördlichen Provinz Luang Pra­ die Gemeinde kein Geld hatte. Radio Free Asia, 26.7.2017 bang wurde Mitte Juli ein Dorf mit In der südlichen Provinz Sekong Vientiane Times, 21.6.2017 55 Familien zwangsgeräumt, dar­ streiten DorfbewohnerInnen unter viele KriegsveteranInnen. schon seit elf Jahren gegen ein

16 > Laos > Kurz notiert südostasien ‹ 3/2017 Die Autorin KURZ NOTIERT arbeitet an der Hochschule für von Nadine Willner nachhaltige Ent- wicklung Ebers- Niemand leistet Hun Sen Widerstand walde (HNNE) zu nachhaltigen Kambodschas Premierminister lichkeit kaum wahrgenommen haftet. Weiter betonte er, dass er Entwicklungsmo- dellen. Hun Sen ist bekannt für seine kritischen Facebook-Posts von kein Diktator sei, aber ein demo­ Drohungen. Dabei kommt es häu­ einem Politiker der oppositionel­ kratisches Land ohne Rechtsstaat­ fig zur rhetorischen Eskalation. len Khmer Power Party jedem lichkeit bedeute Anarchie. Die Besonders die politische Oppo­ mit Gefängnisstrafen, der solche lange Liste politisch motivierter sition bekommt seine Wut regel­ Kritik als Karrieresprungbrett für Verhaftungen, die systematische mäßig zu spüren. Im Juni 2017 sich sehen sollte. Es sei nieman­ Ausschaltung von Regimekriti­ drohte er mit der Abschaffung dem geraten, ihm Widerstand zu kern und politischen Aktivisten in der Opposition und riet allen Kri­ leisten, erklärte Hun Sen in einer der 30-jährigen Amtszeit des Pre­ tikern, sich einen Sarg zu besor­ Rede vor Studenten am 14.8.2017 miers unterstreicht seine sehr spe­ gen. Im August 2017 zeigte Hun in Phnom Penh. Er warnte die zielle Auffassung von Demokratie. Sen abermals, wie ernst er es mit zukünftige akademische Elite, Daily Mail, 21.6.2017 seinen Kritikern meint. So drohte vorsichtig mit ihren Aussagen zu NY Times, 14.8.2017 er anlässlich eines von der Öffent­ sein, andernfalls würden sie ver­ Phnom Penh Post, 14.8.2017, 15.8.2017

Steuerbehörde jagt Medienagenturen und NGOs

Anfang August 2017 ordnete Pre- den. Das Blatt selbst stellte klar, dass sche Medien unter Druck zu setzen. mierminister Hun Sen steuerbe- es ursprünglich als NGO gegrün- Inzwischen sind nun auch zwei NGOs hördliche Untersuchungen an, bei det wurde, um kambodschanische für Menschenrechte auf der Steu- denen seitdem vor allem NGOs und Journalisten auszubilden, es in dem erliste aufgetaucht sowie eine wei- regimekritische Nachrichtenagen- betreffenden Zeitraum also noch tere zur Wahlbeobachtung. Durch turen im Fokus der Aufmerksam- kein wirtschaftliches Unterneh- die Anschuldigungen der Regierung keit stehen. Ein auf der regierungs- men gewesen war. Auch Radio Free würde den NGOs ein hoher büro- nahen Nachrichtenplattform Fresh Asia und erhielten kratischer und finanzieller Aufwand News veröffentlichtes Dokument ähnliche Benachrichtigungen. auferlegt, der die Arbeit der zivil- der Steuerbehörde zeigt, dass von Die Regierung erntete harsche gesellschaftlichen Akteure vorerst der regierungskritischen Cambodia Kritik vomCambodia Center for Inde- lahmlegen wird, so kritische Stim- Daily Steuerschulden in Höhe von pendent Media: Diese Vorgehens- men. 6,3 Million US-Dollar aus den Jahren weise sei lediglich dazu gedacht, vor Phnom Penh Post, 7.8.2017, 2007 bis 2016 nachgefordert wer- den Wahlen unabhängige und kriti- 14.8.2017, 15.8.2017

Neuer Report zu Grundfreiheiten

Am 10. August 2017 wurde der Menschenrechte in Kambodscha die Regierung die Grundlagen erste Jahresreport zur Untersu­ beobachtet. Dazu zählen 391 des Rechtssystems unsachgemäß, chung von Vereinigungs-, Ver­ individuelle Fälle von allgemei­ um ihre Interessen durchzuset­ sammlungs- und Meinungsfreiheit nen Menschenrechtsverletzungen zen. Weiter benutze die Regie­ des kambodschanischen Zentrums und weitere 60 Meldungen zu rung das kambodschanische Recht für Menschenrechte (CCHR) veröf­ politischen Versammlungen, die dafür, regierungskritischen Akteu­ fentlicht – das „Fundamental Free- polizeilich ohne jegliche Rechts­ ren Restriktionen aufzuerlegen. doms Monitoring Project”. Darin grundlage beendet worden waren. Laut CCHR sei diese systemati­ heißt es, dass in Kambodscha Weiter wurden mehr als 590 Zwi­ sche Überwachung der Zivilge­ trotz guter rechtlicher Rahmenbe­ schenfälle gezählt, in denen die sellschaft besonders besorgniser­ dingungen ein systemischer Miss­ Regierung durch Taten oder Worte regend. Der gesamte Report ist auf brauch der Gesetzte stattfände. einen direkten Einfluss auf die der Webseite des CCHR zu finden. Es wurden im Vorjahr hunderte Grundfreiheiten genommen hatte. Phnom Penh Post, 11.8.2017 Verletzungen der fundamentalen In 61 Prozent dieser Fälle nutzte

südostasien › 3/2017 Kurz notiert < Kambodscha < 17 von Sarah Redicker Myanmar im Aufbruch –

Die Autorin stu- Veränderungen in der Medienlandschaft diert gegen­wärtig die Masterstu­ Das Schlagwort in Myanmar lautet Veränderung, Menschen untereinander, aber auch mit ihrer Regie­ dien­gänge Deve- lopment Studies Veränderung nicht nur in Bezug auf die Nutzung rung kommunizieren, verändert. Sie ermöglichen und Geografie: von Medien, sondern auch in Bezug auf die Gesell- eine stärkere Partizipation am alltäglichen und poli­ Kultur, Umwelt schaft als Ganzes. Seitdem das Land im Jahr 2010 tischen Geschehen. Die Erwartungen der Bevölke­ und Tourismus einen Liberalisierungs- und Demokratisierungs- rung an Dienstleistungen und Teilhabe durch das an der Univer- prozess begann, verzeichnet Myanmar einen mas- Web 2.0 steigen ebenso rasant wie die Anzahl der sität Passau. siven Anstieg an Internet- und Mobilfunknutzern. Nutzer. Trotzdem ist das Thema der Medienfreiheit Ihr Interesse an Myanmar ent- Im Vergleich zu anderen südostasiatischen Ländern bisher kein zentrales Thema für die erste demokra­ stand während liegt das Land zwar noch weit zurück, die rasant tisch gewählte Regierung Myanmars. eines elfmonati- steigenden Nutzerzahlen lassen jedoch vermuten, Verschiedene Entwicklungen deuten auf eine stei­ gen Praktikums dass diese Lücke bald geschlossen werden könnte. gende Diversifikation der Medienlandschaft Myan­ mit anschließen- mars hin. Gleichzeitig bleiben die Medien im Land dem Forschungs- aufenthalts im Der rasche Anstieg an Mobilfunk- und Internetnut­ stark zensiert, insbesondere in Bezug auf politische Jahr 2014. zern geht eng einher mit der Öffnung des Landes Leitideen. Die Regierung setzt eine strenge Kontrolle und dem damit steigenden Zugang zu Technologien über den medialen Sektor durch strenge Gesetze, die und einer steigenden Zahl an internationalen Inves­ auf die Ära der Militärregierung zurückgehen, und toren. Im Jahr 2009 konnte eine SIM-Karte noch bis strenge Zensur fort. Neben Strafverfolgungen laufen zu 2.000 US-Dollar kosten, was dem Großteil der Medienarbeiter, die sich kritisch über die Regierung, Bevölkerung einen Zugang schlichtweg unmöglich religiöse Gruppen, das Militär, Rebellengruppen machte. Gerade einmal ein Prozent der Bevölkerung oder andere einflussreiche Parteien äußern Gefahr, konnte sich den Luxus eines Mobiltelefons zu die­ bedroht zu werden oder sogar physische Gewalt sem Zeitpunkt leisten. Heutzutage kostet eine SIM- zu erfahren. Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Karte aufgrund von Investitionen internationaler internationalen Nichtregierungsorganisation Repor- Unternehmen etwa 1,50 US-Dollar. Allein im Jahr ter ohne Grenzen schafft es Myanmar daher gerade 2015 verdoppelte sich so die Zahl der Mobiltelefon­ einmal auf Platz 131 von 180 untersuchten Ländern. nutzer von 15 auf 30 Millionen. Das starke Wachstum der Mobiltelefonnutzer wird begleitet von einer steigenden Inanspruch­ Myanmars mobile Revolution nahme von Onlinediensten und sozialen Medien wie Facebook, Twitter und YouTube. Diese neuen Der Konsumentenmarkt für digitale und mobile Kommunikationsmöglichkeiten bringen Änderun­ Kommunikation in Myanmar hat im Wesentlichen gen mit sich, die nicht nur Online-Konsumenten, die Entwicklungsphasen anderer Wirtschaften über­ sondern auch die Regierung stark beeinflussen. Die sprungen und sich mit rasanter Geschwindigkeit ent­ neuen Technologien haben die Art und Weise, wie wickelt. Für internationale Unternehmen hat sich hier ein potentiell interessantes Testgebiet für inter­ netbasierte Geschäftsmodelle ergeben. In einem Infobox Bericht des Telekommunikationsausrüsters Ericsson Die Union Myanmar ist das flächenmäßig größte Land in Festland- heißt es, dass sechs Prozent der neuen Mobilfunk­ Südostasien. Das Land, das bis Ende der 1980er Jahre Burma hieß, teilnehmer weltweit aus Myanmar kommen. Der hat gemeinsame Grenzen mit der Volksrepublik im Norden, Mobilfunkmarkt in Myanmar wächst somit weltweit Laos im Osten, Thailand im Südosten und Bangladesch und Indien am viertschnellsten. Zusätzlich gaben die beiden im Westen. Die ehemalige britische Kolonie erlangte ihre Unabhän­ Marktführer im Telekommunikationsgeschäft Myan­ gigkeit 1948 und wurde seit 1962 von verschiedenen Militärregi­ mars, Telenor und Ooredoo an, dass für 80 Prozent men kontrolliert. Im Februar 2011 wurde Thein Sein zum Präsiden­ der Mobiltelefonnutzer im Land das Smartphone ten Myanmars gewählt. Der ehemalige General begann daraufhin das erste Mobilfunkgerät ist, das sie jemals besessen mit einer Öffnung des Landes und leitete einen Liberalisierungs- haben. Die internetfähigen Geräte sind bereits ein und Demokratisierungsprozess ein. Aktuell ist Htin Kyaw Präsident, gewaltiger Entwicklungssprung in der Informations­ der der Partei National League for Democracy (NLD) angehört, technologie und ermöglichen den Nutzern, auf inter­ deren Vorsitzende die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi nationale Medien zuzugreifen. ist. Die Partei erhielt bei den Wahlen im November 2015 77 Prozent Eine Herausforderung für Myanmar wird es sein, der Sitze im Parlament. Trotz der Öffnung des Landes leidet Myan­ mit der raschen digitalen Transformation mitzuhal­ mar unter Menschenrechtsproblemen, die unter anderem durch eth­ ten. Dabei geht es nicht nur um den Zugang zu Tech­ nische und religiöse Spannungen hervorgerufen werden. nologien, sondern auch um das Wissen, wie mit die­

18 > Myanmar > Myanmar im Aufbruch – Veränderungen in der Medienlandschaft südostasien ‹ 3/2017 sen umzugehen ist. Die Schwierigkeit liegt in der Regierung »signifikant versagt«. Die Regierung habe Bildung von Humankapital. Zum einen geht es um es versäumt, Medienfreiheit und Ausdrucksfreiheit die Ausbildung von professionellen Informatikern angemessen zu fördern, so der Bericht. Insbesondere und Medienspezialisten, die das Wissen haben, die das Telekommunikationsgesetz von 2013, das Elekt­ Digitalisierung der Region weiter auszubauen, zum ronische Transaktionsgesetz von 2004 und das offizi­ anderen aber auch darum, dass die Bevölkerung elle Amtsgeheimnisgesetz stehen häufig in der Kritik Myanmars lernt, mit den neu gewonnenen Informa­ und bleiben weiter bestehen. tions- und Kommunikationsmöglichkeiten verant­ wortungsvoll und besonnen umzugehen. Wie geht es weiter?

Legale Herausforderungen Für einen dauerhaften Erfolg im Übergang zur Demokratie sind unabhängige Qualitätsmedien drin­ Vor einer weiteren Herausforderung steht insbeson­ gend notwendig. Es fehlt an vielen Stellen an techni­ dere die Regierung rund um Htin Kyaw und Aung schem Verständnis und Geschick. Die Berichterstat­ San Suu Kyi. Myanmars ehemalige Militärregierung tung über viele politische, ökonomische und soziale hat strenge Regulierungen der Medienlandschaft vor­ neue Themengebiete wie die nationalen und regi­ genommen. Für Jahrzehnte war Myanmar eines der onalen Parlamente, eine unabhängige Zentralbank Länder mit der niedrigsten Pressefreiheit weltweit, und neue Gesetze ist häufig kompliziert und unvoll­ was unzählige Journalisten aus Angst vor Verhaftun­ ständig. Darüber hinaus ist eine kritische Berichter­ gen ins Exil trieb. Die Regierung begann unter der stattung über andere politische Aktivitäten wie die Führung von Thein Sein mit dem Abbau dieser Regu­ Haushaltsberatungen, die Dezentralisierung, die lierungen. Mit der Wahl der NLD im Jahr 2015 und Korruptionsbekämpfung und die ethnischen Kon­ der Bildung der ersten parlamentarisch gewählten flikte erforderlich. Regierung Anfang 2016 gingen große Hoffnungen Myanmar steht nach wie vor großen Veränderun­ auf größere Pressefreiheit einher. Bis heute, über ein gen und Herausforderungen gegenüber. Es gilt, den Jahr nach dem Amtsantritt der Regierung, ist jedoch Umgang mit den Medien, aber auch mit der Demo­ erstaunlich wenig in Sachen Pressefreiheit geschehen. kratie zu erlernen. Dieser Lernprozess bezieht sich Aufgrund von restriktiven Gesetzen, Marktmonopolen auf die gesamte Bevölkerung des Landes. Jeder neue und unklaren Vorschriften in Bezug auf den Zugang zu Mobiltelefonnutzer muss den Umgang mit der neu Informationen gibt es immer noch wenige Möglichkei­ gewonnen Informationsmenge lernen. Dabei geht ten für unabhängige Medien, im Land Fuß zu fassen. es nicht nur um den Zugang zu Informationen, son­ Aung San Suu Kyis NLD-Regierung hat es bisher dern vor allem auch um die Filterung, Prüfung und zum Beispiel nicht geschafft, umstrittene Gesetze Verarbeitung von Inhalten. Ebenso wie die Bevöl­ abzuschaffen, wie das Verbot, über Themen zu kerung Myanmars muss auch die Regierung lernen, berichten, die als Gefahr für die nationale Harmonie mit Medien umzugehen. Es ist die Aufgabe einer und Sicherheit angesehen werden könnten. Des Wei­ demokratischen Regierung, die Menschenrechte, teren ist es bisher nicht gelungen, eine Umgebung Meinungsfreiheit und Pressefreiheit zu gewährleis­ für Medien zu schaffen, in der unabhängige Journa­ ten, um ihren Bürgern das bestmögliche Angebot listen und Journalistinnen ihren Beruf frei und unbe­ an qualitativ hochwertig recherchierten und einfach lastet ausüben können. Die größte Bedrohung für zugänglichen Informationen zu ermöglichen. unabhängige Berichterstattung stellt dabei die Sek­ Innerhalb weniger Jahre hat es das Land geschafft, tion 66(d) des Telekommunikationsgesetzes dar. Die sich von einer der weltweit isoliertesten Militärdik­ Formulierung des Abschnitts ermöglicht eine drei­ taturen zu einer Demokratie zu entwickeln, in der jährige Inhaftierung für den Fall einer Verleumdung jüngere Generationen wieder Hoffnungen und Wün­ über Kommunikationsnetzwerke, inklusive sozialer sche haben. Der Anschluss an die Welt, nicht zuletzt Medien. Während das Gesetz unter der Militärregie­ durch Mobilfunk und Internet, ist bereits erfolgt. Die rung nur gelegentlich zur Anwendung kam, wird es Entwicklungen in Myanmar haben ein so rasantes Literatur unter der Regierung Aung San Suu Kyis immer häu­ Tempo, dass es fast verwunderlich wäre, wenn die PEN International figer von Politikern, Militärangehörigen und sogar NLD-Regierung es schaffen würde, bei allen Anfor­ (2017) Scorecard von buddhistischen Mönchen genutzt, um vor allem derungen, Hoffnungen und Wünschen mitzuhalten, Assessing Freedom of Online-Kritik in sozialen Medien zu unterbinden. die im Vorfeld an sie gestellt wurden. Trotzdem, oder Expression in Myan- Vor allem lokale Gruppen drängen auf positive gerade deswegen, ist es die Verantwortung des Staa­ mar http://​progres- Veränderungen. Im Mai 2017 veröffentlichten meh­ tes, sichere Rahmenbedingungen zu ermöglichen, sivevoicemyanmar. org/​wp-content/​ rere lokale Medien und Rechtsgruppen unter der Lei­ in denen sich eine freie, unabhängige Medienland­ uploads/2017/05/​ tung von PEN International eine Wertungsliste, in der schaft entwickeln kann. Die Medien sind auf dem First-Annual-Free- sie die Bedingungen für Meinungsfreiheit im Land Vormarsch und die Veränderungen in Myanmar sind dom-of-Expression- beurteilten. Demzufolge habe Aung San Suu Kyis noch längst nicht abgeschlossen.  Scorecard-.pdf südostasien › 3/2017 Myanmar im Aufbruch – Veränderungen in der Medienlandschaft < Myanmar < 19 von Alessandro The Janus Face of Social Media in Myanmar Gullo

The author is New technologies always open doors for new ist taunts as well. In Myanmar, the most infamous currently study­ activities and that with the greatest socio-polit- man making use of modern day intermediary chan­ ing his Master ical impact in early 21st century are the internet nels in this spirit is probably Ashin Wirathu, a rad­ in Development Studies at the and social media. The Arab Spring in 2011 proved ical Buddhist monk based in Masoyein Monastery University of Pas- more than any other revolution before its great in Mandalay. Due to his hatred speech and rampant sau. His deeper potential when the social media offered the peo- statements, he has gained an international reputation interest in Myan- ple an easy way getting connected, organizing pro- being the “Burmese Bin Laden.” In 2013, the Time mar aroused test marches, and supporting movements. Hence, Magazine eventually spent him a counterfeit on a while travel- ling through the they are associated with a positive image being a front page, labelled “The Face of Buddhist Terror.” country in 2016. ‘motor for democratization,’ promising freedom Wirathu spearheads an ultranationalist group of speech. However, what happens if social media called the 969 Movement, steering campaigns is used to promote racism, hatred and evil propa- against the country’s Rohingya Muslim minority. ganda instead? Their credo is that Muslims want to build an ‘Islamic state’ in Myanmar, and therefore Buddhists would Since the last couple of years, Myanmar is in a tran­ need to fight them. So it has happened the group sition phase politically as well as socially. While the handed out campaign stickers featuring the num­ internet plays a prominent role in this process, espe­ ber “969.” But while that number originally repre­ cially Facebook has on the one hand opened new sents the Buddha’s attributes and Buddhist peaceful possibilities for the Burmese to get informed and virtues, here it means something different though: advance their opinions in public. On the other hand, marking Buddhist-owned stores, taxis and houses many people have learned to distrust the traditional and other businesses; Buddhists are urged to only media, which have been censored and manipulated buy in ‘their own’ shops. by the military government for decades. This is also In 2003, Wirathu had already been sentenced why they think “Facebook is an official media and to twenty-five years in prison for hate speech and take it for real,” as Phyu Phyu Thi, cofounder of the causing uproar with violent clashes and death, but Myanmar ICT for Development Organization, states then granted amnesty in 2010. Again there were (cf. Einzenberger, 2016). skirmishes between Buddhists and Rohingya in June 2012 in Rakhine state, killing 200 and making over 100,000 people losing their homes (cf. Coclanis, “The Buddhist Face of Terror” 2013). Nowadays, many still believe that his words would instigate Burmese to violent actions. Accord­ At least such a good faith in Facebook posts pre­ ing to the international NGO Institute for War and pares a breeding ground for protagonists willing to Peace Reporting, while hate speech and anti-Muslim spread misleading information, hate speech and rac­ sentiments on social media in Myanmar have been increased, the social tensions grew likewise. Buddhist monk with cellphone in Myanmar The Impact of Social Media © Alessandro Gullo It is no recent phenomenon that propaganda and dis­ information are distributed under the appearance of ‘freedom of expression’ anyway. Yet the social media can do this even faster and more effectively. But how would this work out in Myanmar? As an example, the sermons and preaches of Wirathu are videotaped and then shared via the internet. One of his most notorious ones starts with the words: “Whatever you do, do it as nationalist!”. The statements in the following approve his mali­ cious motivation, instructing the Burmese to boycott Muslims, who are “enemies of the people” – claim­ ing they would steadily increase and become a threat to Buddhism in Myanmar – just ignoring the fact the Muslim minority makes only about four percent in

20 > Myanmar > The Janus Face of Social Media in Myanmar südostasien ‹ 3/2017 a population of 55 million. Nonetheless, being told this in interviews, Wirathu simply objects Muslim men would marry Buddhist women and force them into conversion. Despite all of his twists of reality, the far-right monk is still gaining nationwide popu­ larity. So far the rising fear of Muslim domination has taken several hundred lives since 2012. And there are many other social media posts to blame for eruptions of violence. So in early June 2014, a canard spread in Mandalay, saying a Muslim man raped a Buddhist woman. Wirathu picked this up and reposted it. The riots in the following caused two dead and many more injured. Wirathu was then accused of agitation. Very likely this is also due to the fact that he has had more than 350,000 follow­ ers on Facebook. This assumes a tight connection of social media and the great impact on the users affecting their real lives, especially when there’s a big lion (Desttis.de, 2017) “Deutsch-Türken” (‘German community. As the social media inherit the power to Turks,’ as the AfD calls them), in the end only 15 per­ Screenshot Face- rally people fighting for freedom and democracy, on cent in Germany voted pro. – This is evidence how book Post AFD; the other side they can be misused to incite racism, facts are falsified by incomplete information! @alternativefu- erde turmoil and even murder. So the AfD wants to establish their own real­ ity for their supporters, and not allow any critical debate about their policy at the same time. The Populist Policies on the Net: party just makes itself out to be a harbor for the The Case of Germany so-called ‘citizens in rage’ (“Wutbürger”), who accepts the ‘reality’ the AfD sees it without ques­ The internet has opened new paths to reach the tioning, as long as they have the feeling that their masses and to promote opinions, policies and ide­ voice is being heard. ologies. From Myanmar over the United States to It looks like the blind trust in social media con­ Europe – social activists and politicians of any color tents like on Facebook has nothing to do with cul­ globally recognized how to spread their messages tural or national background, but rather with per­ through social media. And especially nationalist sonal preferences and believes, though. That is what movements seem to see their chances. the similar sentiments in two countries highly differ­ Comparable to Myanmar, parts of the German ent in cultural, political and economic terms reveal. society distrust the traditional media and think they hide information. For this reason during the last cou­ ple of years many Germans support the right-wing What We Can Do populist Alternative für Deutschland (AfD), and made them the most followed German political party The social media are not the root of nationalist and on Facebook. The followers rely on the AfD version populist actions and campaigns, as aren’t the dra­ of news, as only they ‘dare to speak out the truth.’ matic consequences. But we just have to accept that The suspension of investigative journalists at AfD they are the modern way of spreading disinforma­ conventions wouldn’t cast any doubt among the par­ tion and hate. – Regarding Myanmar, the conflict ty’s promoters either (Lohse, 2016). between Muslims and Buddhists has also been last­ Wirathu alike, the AfD suspects evil forces from ing for many years, such as in the 1980s the civil outside threatening national values – especially rights of the Rohingya were revoked. Since then the Muslims. Figure 2 (Screenshot Facebook Post AFD; minority permanently faces latent violence and per­ @alternativefuerde) shows a Facebook post, stating secution. What’s new is that there can be country­ “Turks want a sharia state,” and immigrant “integra­ wide spontaneous outbursts of rage due to national­ tion has totally failed.” The AfD argues that “64 per­ ist Facebook posts raising the crowds. cent” of all Germans with Turkish descent voted in Besides, there is good news, too. In March 2017, favor of the Turkish constitutional referendum on 16 the highest religious authority in Myanmar banned April 2017; yet the party conceals while 700,000 Wirathu from performing sermons for one year. This (from approximately 1.4 million people allowed) decision is based on the conclusion that his acts voted at all, only from those 64 percent were pro, and speeches lead to hate and civil strife. Ironically, making 450,000 voters. Further taking in consid­ this issue also shows Wirathu’s big sphere of influ­ eration, that there are currently about three mil­ ence. südostasien › 3/2017 The Janus Face of Social Media in Myanmar < Myanmar < 21 Traditional Myan- mar moving fast into modern times. Evening impression at Shwedagon Pagoda, Yangon. © Alessandro Gullo

Anyway, the core problem remains the naïve atti­ bubbles by ourselves on behalf of these algorithms – tude of many users towards the Janus-faced character and that this narrowed down information data are of social media – as much in developing countries echoed back to us! So frankly speaking, we are prob­ like Myanmar as in Western countries like Germany. ably victims of our own liking and following. Hence, According to the United Nations Educational, Sci- at the least every one of us needs to use social media entific and Cultural Organization (UNESCO), that’s more mindfully, check for the news sources – and a matter of “low media and information literacy teach this awareness to others.  rate.” – But how to deal with it? It’s not enough to only take Facebook and other social media players into responsibility, though it’s crucial to know about Literature their amplifying roles. > Coclanis, P. (2013). Terror in Burma: Buddhists vs. Mus- While now the web consumers are scrolling lims. World Affairs Journal. down the contents and using online apps, they are > Destatis.de. (2017). Staat & Gesellschaft – Migration & exposed to masses of information which they scan Integration – Statistisches Bundesamt (Destatis). and evaluate within seconds. Any web browser > Einzenberger, R. (2016). “If It’s on the Internet It Must interaction like viewing sites or answering to posts Be Right”: An Interview with Myanmar ICT for Devel- is tracked by algorithms running in the background. opment Organisation on the Use of the Internet and And since we are all web consumers, we must be Social Media in Myanmar. aware that dependent on our user behavior we are > Lohse, E. (2016). Eine eigene Wirklichkeit für die steadily creating personalized contents and filter Anhänger. Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Taung Paw Camp in Rak- hine State – Burma. Retrie- ved from https://​ www.flickr. com/​photos/​ foreignoffice/​ 8280608775 © Foreign and Commonwealth Office, London, UK

22 > Myanmar > The Janus Face of Social Media in Myanmar südostasien ‹ 3/2017 Die Autorin ist KURZ NOTIERT Koordinatorin der Burma-Initi- von Christina Grein ative der Stiftung Asienhaus. Militärpräsenz in Rakhine: Sicherheit für wen? Die Lage im Norden des Rakhine- lich extremistische Rohingya- kräfte. Die Arakan National Party, Staates hat sich in den letzten Gruppierung im Oktober 2016 die sich für die Interessen bud­ Monaten verschärft. Laut staatli­ war die Region an der Grenze zu dhistischer Rakhine stark macht, chen Angaben zählt dieses Jahr bis Bangladesch abgeriegelt worden. forderte die Regierung inzwischen jetzt 59 Tote und 33 Verschwun­ Nachfolgende Operationen des dazu auf, die Sicherheitsmaßnah­ dene. Darunter angeblich rund 20 Militärs und der Polizei hatten zu men in der Region zu verstärken. Muslim*innen, die mit den Behör­ massiven Menschenrechtsverlet­ Dabei wurde die Militärpräsenz den kooperiert hatten. Die Regie­ zungen, Vertreibungen und zur laut Pressemeldungen bereits um rung Myanmars vermutet ein »ter­ Massenflucht von Rohingya und hunderte Truppen verstärkt. Eine roristisches Rohingya-Netzwerk« Muslim*innen geführt. Lokale und langfristige Konfliktlösung und hinter den Taten. Das Militär soll internationale Menschenrechts­ die Verbesserung der sozioökono­ inzwischen eine Aufklärungsmis­ organisationen berichteten von mischen Lage in Rakhine rücken sion gestartet haben. Aufgrund zahlreichen Vergewaltigungsfäl­ damit in weite Ferne. von Überfällen auf myanmarische len und außergerichtlichen Tötun­ The Irrawaddy 21.8.2017 Grenzposten durch eine angeb­ gen durch staatliche Sicherheits­ Radio Free Asia, 11.8.2017

Wo sind die Frauen im Friedensprozess?

Bei den Friedensverhandlun­ men, um Veränderungen anzu­ der eigenen Gemeinden sehr gen zwischen Regierung, Mili­ stoßen. 180 Teilnehmerinnen aus viel besser als Männer, betont Lu tär und bewaffneten ethnischen allen Teilen des Landes diskutier­ Mai von der Kachin Baptist Con- Gruppen sind weibliche Akteure ten über den Stand der Partizipa­ vention. Gerade in den Binnen­ weiterhin eine Randerschei­ tion von Frauen im Friedenspro­ flüchtlingscamps sind Frauen oft nung. Obwohl sich Frauenini­ zess, die Prävention sexueller und das Rückgrat der Haushalte und tiativen schon seit Jahren oder geschlechtsspezifischer Gewalt Gemeinden. Laut Regierungsin­ gar Jahrzehnten in der Friedens- sowie die Bekämpfung von Dis­ formationen lag der Frauenanteil und Konfliktlösungsarbeit enga­ kriminierung. Eine zentrale For­ bei der letzten Friedenskonferenz gieren, wird ihr Know-how bis­ derung ist die Einbeziehung von im Mai 2017 gerade einmal bei her kaum nachgefragt. Im August weiblichen Delegierten in die 17 Prozent. 2017 kam das Women, Peace and Diskussionen zum Thema Sicher­ The Irrawaddy 21.8.2017 Security Forum in Yangon zusam­ heit. Frauen kennen die Probleme

Schlechte Zeiten für Meinungs- und Pressefreiheit

Unter der seit April 2016 amtie­ Behörden seit jeher dazu einge­ Army im Rahmen des Internati­ renden National League for setzt, Menschen, die verdäch­ onalen Tages gegen Drogenmiss­ Democracy (NLD)-Regierung tigt werden, einer »rechtswidri­ brauch teilgenommen. Weit häu­ von Staatsberaterin Aung San Suu gen Vereinigung« anzugehören, figer wird jedoch Paragraf 66(d) Kyi sieht es für die Medienfreiheit oder auch an Treffen solcher teil­ des Telekommunikationsgesetzes in Myanmar zunehmend düster nehmen, willkürlich zu inhaf­ verwendet, der u. a. die Verleum­ aus. Journalist*innen sehen sich tieren. Das Militär wendet es dung von Personen im Rahmen landesweit Bedrohungen, Ein­ häufig gegen ethnische Minder­ der Nutzung eines Telekommu­ schüchterungen und Berichter­ heiten und deren Armeen an. nikationsnetzwerks unter Strafe stattungsverboten ausgesetzt. Drei Journalist*innen des Nach­ stellt. Der Journalist Kyaw Min Myanmar falle auf die untersten richtenmagazins Irrawaddy und Swe von der Lokalzeitung The Plätze der Rangliste der Presse­ der Organisation Democratic Voice steht gegenwärtig wegen freiheit ab, bestätigte die Men­ Voice of Burma droht gegenwär­ Missachtung des Paragrafen vor schenrechtsorganisation Fortify tig bis zu drei Jahren Haft. Sie Gericht. Er hatte einen satirischen Rights. Dabei werden insbeson­ hatten im Juni 2017 zur Bericht­ Beitrag über einen Propaganda­ dere zwei umstrittene Gesetze erstattung an der alljährlichen film des Militärs veröffentlicht. genutzt: Der Unlawful Associa- Drogenverbrennungszeremonie Democratic Voice of Burma 4.8.2107 tions Act von 1908 wird von den der Ta’ang National Liberation The Diplomat 10.8.2017 südostasien › 3/2017 Kurz notiert < Kambodscha < 23 von Nicola Glass Demokratie in weiter Ferne Thailand drei Jahre nach dem Militärputsch Die Autorin ist freie Journalistin. Sie hat mehr als Seit sich Thailands Militär am 22. Mai 2014 an bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen, hätte niemals dreizehn Jahre als Südostasien- die Macht geputscht hat, geraten Kritiker immer ein gerechtes Urteil bekommen. An jenem Freitag Korrespondentin mehr unter Druck. In Zweckgemeinschaft mit dem erhielten der frühere Handelsminister und weitere in Bangkok gear- unpopulären König sucht die Junta Angeklagte wegen ähnlicher Vorwürfe jahrzehnte­ beitet. Im Herbst ihre eigenen Machtansprüche und die des übrigen lange Haftstrafen. Gegen Yingluck selbst erließ das 2015 ist sie nach alten Establishments langfristig zu festigen Oberste Gericht Haftbefehl und verschob die Ver­ Europa zurück- kündung des Urteils in ihrem Fall auf den 27. Sep­ gekehrt. »Das waren drei verschwendete Jahre«, hieß es in tember. den sozialen Netzwerken über die Folgen des Put­ Unter dem Deckmantel von »Reformen« will die sches, durch den die gewählte Regierung unter Junta ihre Macht insbesondere durch die neue Ver­ gestürzt worden war. Die im fassung zementieren – Thailands zwanzigste seit Exil lebende Aktivistin Suda Rangkupan, die einst dem Ende der absoluten Monarchie 1932. In dieser Linguistik an der Bangkoker -Univer­ künftigen Scheindemokratie ist festgeschrieben, dass sität lehrte und für eine republikanische Staatsform ein vom Militär ernannter Senat und andere regime­ kämpft, erklärte, für manche Leute habe es zwei treue Gremien ein Veto-Recht haben und gewählte Jahre gedauert, zu realisieren, worum es bei dem VolksvertreterInnen derart gängeln können, dass Staatsstreich ging: Es sei geputscht worden, um nach deren Spielraum gegen Null tendiert. Außerdem hat dem Tod von König das Über­ man sich die Möglichkeit eingeräumt, einen nicht dauern des »Bhumibolistischen Regimes« (des roy­ gewählten Regierungschef zu installieren. alistischen Regimes der Ära Bhumibol, Anm. d. A.) Eigentlich sollte die Anfang April von König Vaji­ zu garantieren. »Militär und Eliten wollten den kom­ ralongkorn unterzeichnete Verfassung schon zwei pletten Zugriff auf Verwaltung und Parlament, daher Monate früher in Kraft treten. Doch dieser hatte sich bestand für sie der einzige Weg darin, der gewählten quer gestellt: Die Junta brüskierend, forderte er die Regierung die Macht zu entreißen«, so Suda. Änderung mehrerer Passagen. Dabei ging es dem Derweil sind Einschüchterungen und Festnahmen selbst von Royalisten verachteten Lebemann kei­ fast ebenso alltäglich wie politisch motivierte Pro­ neswegs um den undemokratischen Inhalt, sondern zesse, in denen die Justiz als Erfüllungsgehilfin des darum, seine Befugnisse als offiziell konstitutionel­ Militärs dient. Dazu gehört ein Gerichtsverfahren ler Monarch auszudehnen. Vajiralongkorn, der am gegen Yingluck wegen angeblicher Pflichtverletzung 1. Dezember 2016 zum neuen König proklamiert im Amt in Zusammenhang mit staatlichen Reis-Sub­ worden war und sich bekanntlich öfter in Bayern ventionen, wodurch Milliarden von Dollar versi­ aufhält als in Bangkok, beharrte unter anderem dar­ ckert sein sollen. Doch zur Urteilsverkündung am auf, während seiner häufigen Abwesenheiten keinen Demonstration 25. August erschien die 50-Jährige nicht. Kurz dar­ Regenten einsetzen zu müssen. gegen den Putsch auf wurde bekannt, dass die ehemalige Premiermi­ Eine Reihe von BeobachterInnen sieht durch © Holger nisterin außer Landes geflohen war. In ersten Reakti­ diese Einmischung die Anfänge einer neuen abso­ Grafen onen äußerten viele Verständnis dafür: Yingluck, der luten Monarchie heraufdämmern. Andere hingegen sind überzeugt, dass Vajiralongkorn die neue Ver­ fassung lediglich seinem exzentrischen Lebensstil anpassen wolle. »Er will die Krone, aber nicht den Job«, schrieb der thai-britische Akademiker, Akti­ vist und Autor Giles Ji Ungpakorn, der bereits 2009 aufgrund von Anschuldigungen wegen Majestätsbe­ leidigung ins britische Exil geflohen war, in seinem Blog »Uglytruth Thailand«.

Rapide schrumpfende Freiräume

Unterdessen schrumpft die Presse- und Meinungs­ freiheit in Thailand, das auf der aktuellen Rangliste von Reporter ohne Grenzen Platz 142 von 180 Län­ dern belegt, sichtlich weiter: Kürzlich wurde mit Pra­ vit Rojanaphruk einer der prominentesten Journalis­

24 > Thailand > Demokratie in weiter Ferne südostasien ‹ 3/2017 ten des Landes der Aufwiegelung und des Verstoßes mer vergangenen Jahres mit einer seiner mutmaßli­ gegen das berüchtigte »Computerkriminalitätsge­ chen Geliebten durch eine Münchner Einkaufsmeile setz« beschuldigt. So drohen Pravit, einem ausge­ spazierte. Die Junta drohte, den Zugang zu Facebook wiesenen Kritiker des Militärs, der bereits zwei Mal in Thailand gänzlich zu kappen, ruderte dann aber von der Junta interniert worden war, bis zu 14 Jahre zurück. Zuletzt kündigte sie an, jeden strafrechtlich Haft. zu verfolgen, der mutmaßlich monarchiekritische Davon abgesehen hatte die Junta zuvor unter Inhalte auch nur anschaue. Strafandrohung jeden Onlinekontakt mit drei Män­ nern verboten, die sie aufgrund ihrer anhaltenden Kritik am Königshaus als »Staatsfeinde« ausgemacht »Demokratie die letztendliche Antwort hat: Es handelt sich um den Politikwissenschaftler auf Thailands Krise« Pavin Chachavalpongpun und den Historiker , die beide im Exil leben, sowie den ›Das Militär dominiere den politischen Raum, die schottischen Journalisten und Autor Andrew Mac­ neue Verfassung verankere die Rolle der Armee wei­ Gregor Marshall, dessen Buch »A Kingdom in Crisis« terhin, und der jetzige König schere sich wenig um in Thailand auf der schwarzen Liste steht. In einem Demokratisierung‹, sagt der Politikwissenschaftler im Mai veröffentlichten Kommentar für die Pavin Chachavalpongpun. »Von dieser Perspektive Times mit dem Titel »Land der Angst unter Vajira­ aus gibt es wenig Hoffnung für Thailand, was aber longkorn« schrieb Pavin über den neuen König: nicht bedeuten soll, dass wir keine haben«, betont »Angst ist ein Mittel, um seinen Untergebenen zu er. »Ich glaube daran, dass Demokratie die letzt­ drohen und sie gefügig zu halten.« endliche Antwort auf Thailands Krise ist und sie sich langfristig durchsetzen wird.« Derzeit ist jedenfalls kein Ende des Status Quo Verschärfter Missbrauch in Sicht. Es sei denn, das Volk in dem politisch tief des drakonischen Lese-Majeste-Gesetzes gespaltenen Land erhebt sich gegen das Militär­ regime. Doch schon in der Vergangenheit hatte die Den Militärs, die sich als ultimative Beschützer der Armee pro-demokratische Aufstände blutig niederge­ Monarchie aufführen und einzig daraus ihre Legiti­ schlagen. Ohne Weiteres wird auch die jetzige Junta mation beziehen, ist durchaus bewusst, dass sich mit nicht von der Macht lassen.  dem verhassten Vajiralongkorn – im Gegensatz zum 2016 verstorbenen König Bhumibol – der Mythos eines »Vaters der Nation« nicht aufrecht erhalten Anm. der Redaktion: lässt. Drastischer denn je missbraucht die Junta daher das repressive »Gesetz gegen Majestätsbeleidigung« Zur Situation drei Jahre nach dem Militärputsch in Flashmob an der (Lèse-Majesté), das einem Beschuldigten pro Ankla­ Thailand erschien auch ein von der Autorin ver­ Ratchaprasong- gepunkt bis zu 15 Jahre Haft einbringen kann. fasster BLICKWECHSEL (https://​www.asienhaus. Kreuzung Laut der Internationalen Föderation der Ligen für de/​stiftung-asienhaus/​unsere-arbeit/​publikationen/​ © Holger Menschenrechte (FIDH) in Paris saßen zum Zeit­ blickwechsel/).​ Grafen punkt des Putsches sechs Menschen wegen Verun­ glimpfung der Monarchie hinter Gittern. Mittlerweile sind deswegen über 100 Personen verhaftet wor­ den, darunter ein thailändischer Anwalt, dem wegen Majestätsbeleidigung sowie Kritik an Juntachef Pray­ uth Chan-ocha mindestens 150 Jahre Gefängnis dro­ hen. Anfang Mai 2017 teilten die FIDH und zwei ihrer Mitgliedsorganisationen aus Bangkok mit, dass von den insgesamt 105 Festgenommenen bereits 49 zu teils jahrzehntelangen Haftstrafen verurteilt wor­ den seien. Nur einen Monat später verurteilte ein Militärgericht einen Mann zu 70 Jahren Haft; die Strafe wurde nur deshalb um die Hälfte reduziert, weil dieser sich schuldig bekannte. Dass Vajiralongkorns Unpopularität es zuneh­ mend problematisch macht, den Machtanspruch des Militärs zu wahren, zeigte sich nicht zuletzt an der Reaktion auf ein Video, das im Web veröffentlicht wurde: Darin war der mittlerweile 65-jährige Mon­ arch im bauchfreien Shirt zu sehen, wie er im Som­ südostasien › 3/2017 Demokratie in weiter Ferne < Thailand < 25 von Kornkritch Fighting Guns with Pens Somjittranukit

Aus dem Vor drei Jahren bekam die Online-Zeitung Pracha- dern weil sie zu viel Angst haben, ihre Meinung zu Englischen tai (›Free People‹) zu spüren, wie ernst es um die äußern. Hier und da haben sich zwar kleine Pro­ übersetzt von Pressefreiheit in Thailand steht – als wir Artikel teste geregt, die aber wirkungslos blieben und im Michael Topp zum wohl kontroversesten Thema im Land ver- schlimmsten Fall zur Verhaftung der Demonstranten öffentlichten: dem Majestätsbeleidigungs-Gesetz, führten. Der Autor arbei- das jede Kritik an der thailändischen Krone ver- Dieses undemokratische Klima ist für die Pracha- tet als Journa- list für Prachatai bietet. Denn Prachatai berichtete über diejenigen, tai und andere Medien Thailands mit Sicherheit English. Anmer- die es dennoch wagten. Ihnen wurde regelmäßig alles andere als ein Zuckerschlecken. Das Regime kung: Dieser die Freilassung gegen Kaution verweigert, und sie legt es darauf an, sie zu kontrollieren; ein Journa­ Artikel spie- sahen drastischen Strafen ins Auge. Darüber hin- list unserer Zeitung wird strafrechtlich verfolgt, und gelt nicht die aus brachte Prachatai Geschichten über soziale zwei wurden angeklagt. – Nötigungen dieser Art Meinung von Randgruppen wie ethnische Minderheiten, Opfer sind aber noch gar nichts im Vergleich zu anderen Prachatai, son- dern die persön- staatlicher Folter und Verschleppungen oder LGBT- hiesigen Ressorts. Nach Ausstrahlung einer kriti­ lichen Ansichten Communities. schen Berichterstattung über eine Massentötung, bei des Autors wider. der das Militär involviert war, musste sich Voice TV Als Berichterstatter möchte ich auf diese Ungerech­ (Anm. der Redaktion: Ein thailändischer Fernsehsen­ tigkeiten aufmerksam machen, um dadurch den Dis­ der) eine siebentägige Sendesperre gefallen lassen. kussionsraum in der thailändischen Gesellschaft Und Lokalradios wurden landesweit dichtgemacht, zu erweitern. Nach dem Putsch vom 22. Mai 2014 um die Verbreitung abweichender politischer Mei­ sollte die Militärjunta dieses Land jedoch genau in nungen einzudämmen. Der neueste Schachzug ist die andere Richtung drängen. Nach nur drei Jahren das Durchwinken eines Gesetzes, dass Menschen, unter ihrem Regime gibt es eine Verpflichtung der die mit Medien Geld verdienen, zwingt, eine Lizenz Festnahme stu- Internetprovider zur Einhaltung von Zensurbestim­ haben zu müssen. dentischer Akti- mungen, Versammlungsverbote für Gruppen über Was ich als einfacher Journalist dagegen tun vistInnen für das fünf Leuten, endlose Aufschübe demokratischer kann, ist zwar sehr wenig, aber wesentlich – die Abhalten einer Gedenkveran- Wahlen, legitimierte Festnahmen ohne Gerichtsbe­ unter der Junta begangenen Menschenrechtsverlet­ staltung des ers- schluss und so weiter und so weiter. Solche Gesetze zungen zu protokollieren. Erst die saubere Aufzeich­ ten Jahrestages ohne jegliche Beachtung der Gewaltenteilung sind nung der politischen Ereignisse hilft solche Miss­ des Militärput- entweder durch von der Junta bestimmte Legislato­ stände in Zukunft zu vermeiden. Denn ich hoffe, sches ren aufoktroyiert worden oder stammen noch aus dass die Menschen ihre Fehler nicht wiederholen, mit freundlicher der Übergangscharta. wenn sie erkannt haben, was passiert, wenn ein Genehmigung von Pornchai Und all das ist fast ganz ohne Widerstand der Militärregime eine Zivilregierung stürzt. Kittiwongsakul/​ thailändischen BürgerInnen geschehen. Doch nicht Seit November 2013, also vor dem Umsturz AFP etwa, weil sie die neue Regierung gutheißen, son­ 2014, hatte es Demonstrationen gegen die Regie­ rung von Premierministerin Yingluck Shinawatra gegeben. Anstoß dazu war die geforderte Rück­ nahme eines Amnestiegesetzes, das ihren Bruder von allen Anklagepunkten frei­ sprechen sollte; er galt seit dem vorherigen Putsch 2006 als politisch Verfolgter. Die Proteste eskalier­ ten, es kam zu einer politischen Blockade (der soge­ nannte »Bangkok Shutdown«, Anm. des Übers.) und schließlich zum Staatsstreich. Seitdem brachte Prachatai viele Artikel über Leute, die als »Gefahr für die nationale Sicherheit« im Gefängnis gesessen haben. Die ihnen vorgewor­ fenen Vergehen beinhalten Waffenbesitz, Wider­ stand gegen Erlasse, Kritik an der Verfassung und Majestätsbeleidigung. Höchst umstritten ist die Inhaftierung des studentischen Aktivisten Jatupat »Pai« Boonpattaraksa, 25 Jahre. Seit Dezember letz­ ten Jahres wartet er in Haft sitzend auf seinen Pro­ zess, weil er eine umstrittene Biografie über König X. (Anm. der Redaktion: gemeint ist Maha

26 > Myanmar > Fighting Guns with Pens südostasien ‹ 3/2017 Vajiralongkorn, Sohn des verstorbenen Königs Bhu­ selbst gewählte Regierung einer der Schlüssel war, mibol) auf seinem Facebook-Profil geteilt hatte; über der den Putschisten überhaupt erst die Tür geöff­ 2000 andere Follower, die dasselbe taten, wurden net hatte. Aber ich glaube fest daran, dass es meine dagegen nicht verfolgt. Aufgabe ist, die Menschen in der Zukunft davor zu Zugegeben, wir von der Prachatai haben noch bewahren, einen solchen Fehler nochmals zu bege­ nicht alle Fälle erfasst. Die Willkür kommt nicht hen.  nur von Seiten des Militärregimes, sondern passiert unvermittelt überall im Land. Es kommt häufig vor, dass Behörden vor Ort gegen Personen vorgehen, die sie ihrer Meinung nach für ein »nationales Sicher­ heitsrisiko« halten. Niemand weiß, wann und wo jemanden so etwas das nächste Mal trifft.

Und selbst wenn wir die Betroffenen erreichen, ist www.koreaverband.de Berlin / Germany dies noch keine Garantie für eine vollständige Veröf­ Jahrgang 25 2016 fentlichung. Viele Leute wollen ihre Identität nicht JUBILÄUMSAUSGABE 15.- euro preisgeben, damit sich ihre Geschichten nicht wie GESELLSCHAFT 사회 POLITIK 정치 KULTUR 문화 Lauffeuer verbreiten. Sie ziehen es vor, so gut es geht Geschichte über ein Opfer des Inhyeokdang-Vorfalls im Verborgenen zu bleiben, um sich keinen weite­ ren Repressalien aussetzen zu müssen – gerade in puncto Majestätsbeleidigung. UnsereEine Mitschriften Minute können so nur unvollständig und nicht sehr zuver­ lässig sein. Im Dezember letzten Jahres erreichte die Pracha- tai Meldungen über mindestens sechs Personen, die von der Polizei besucht oder vorgeladen wurden, bloß weil sie einer Facebook-Seite eines Monarchie- Kritikers im Exil gefolgt sind. Zwar hatte die Polizei sie wieder gehen lassen, aber sie waren zu einge­ schüchtert, um sich weiter darüber zu äußern. So blieb das Einzige, worüber wir berichten konnten, dass sechs Personen ohne Namensangabe in ver­ schiedenen Provinzen Thailands drangsaliert wur­ den. Der Handlung des Cartoons liegt ein Artikel des Rechtsanwalts Kim Hyeong-Tae in der Tageszeitung Hangyoreh zugrunde. Kim Die Akademiker undHyeong-Tae Sachkundigen berichtete als Zeuge vor dem Gerichtziehen von dem Schicksales Unerhörtes sichtbar machen ebenfalls vor zu schweigen der Ehefrau von – Leenicht Su-Byung, wie einem früherder Hingerichteten in des Inhyeokdang-Vorfalls. Zeiten der Demokratie, wo sie noch bereitwillig Jubiläumsausgabe 15.-€ 25 Jahre Korea Forum und aufgeschlossen Interviews gaben. Jetzt zögern sie zu politischen Fragen Kommentare abzugeben. KOREA FORUM 2016 Und wenn sie es dennoch tun, verlangen sie vor der Unerhörtes sichtbar machen Veröffentlichung Einsicht in die Manuskripte, damit ihnen ja nicht auch nur irgendeine Kleinigkeit Ärger SÜDKOREA: Ein Rückblick von Pfarrerin Dorothea einbringt. Schweizer auf das staatliche Unrecht in den 1970er und Thailands autoritäres Regime zu bekämpfen ist 80er Jahren – Hannes B. Mosler über das jüngste Verbot der Vereinten Progressiven Partei daher sehr riskant und schwierig. Es hat die schwe­ ren Waffen – die Presse nur gespitzte Federn. Inner­ NORDKOREA: Kim Jinhyang zur Schließung des halb weniger Tage wird Schreiben jedoch weder die Kaesong Industrieparks – Robert Grund über seinen Alltag beim Aufbau des ersten Gehörlosenkindergartens Machthaber ins Wanken bringen noch deren Unter­ stützer zum Umdenken bewegen können. Das ist SPEZIAL: 50 Jahre koreanische Krankenpflegerinnen eine Langzeitmission! in Deutschland - eine Bilanz Ein Grundwert, den die Prachatai der thailändi­ Mit Cartoons von Park Kun-Woong und Bildern von schen Gesellschaft aber vermitteln will, ist (aus mei­ Hong Eun-Ah ner Sichtwarte), sich die Notwendigkeit von »Geden­ ken« klarzumachen. Die Demokratie wird sich Zu bestellen unter www.koreaverband.de oder per Mail an [email protected] niemals ernsthaft etablieren können, ohne die Ver­ gangenheit mit einzubeziehen. Anderenfalls drohen KOREAVERBAND sich ähnliche Gräueltaten in Zukunft zu wiederho­ len. Es ist zwar traurig daran zu erinnern, dass einst Rostocker Str. 33, 10553 Berlin, Tel. (030)3980 5984 die Proteste der Bevölkerung gegen die von ihnen www.koreaverband.de südostasien › 3/2017 Fighting Guns with Pens < Myanmar < 27 Die Autorin stu- diert Ethnolo- KURZ NOTIERT gie und Religi- onswissenschaft von Martina Eichmann mit regionalem Schwerpunkt auf Thailand und Vergebliches Warten auf Yingluck Shinawatra Südostasien an Am 25. August 2017 wurde das hatte. Am 1. August 2017 war der zen. Viele ihrer bis heute treuen der Universität Urteil eines bereits 18 Monate letzte Verhandlungstag vor dem Anhänger, die bis zum letzten Ver­ Heidelberg. andauernden Gerichtsprozesses Obersten Gericht für Straftaten handlungstag vor dem Gerichts­ um Yingluck Shinawatra erwar­ von Politikern in Bangkok, an dem gebäude demonstriert hatten und tet. Der ehemaligen Premiermi­ Yingluck erneut ihre Unschuld dort auch am 25. August wieder nisterin, die von 2011 bis 2014 beteuerte. Bei einem Schuld­ warteten, wünschten der Ex-Pre­ im Amt war, werden politische spruch drohen ihr bis zu zehn mierministerin trotz ihrer Flucht Misswirtschaft und daraus resul­ Jahren Haft, außerdem würde alles Gute. Die Polizei hatte sich tierende Schäden in Milliarden­ dies zwangsläufig ihre politische für diesen Tag der Urteilsverkün­ höhe zur Last gelegt. Insbeson­ Karriere in Thailand beenden. Es digung mit speziellen Sicherheits­ dere beziehen sich die Vorwürfe verwundert deshalb wenig, dass vorkehrungen im ganzen Land auf auf ihr populäres Programm der die Politikerin es vorzog, gar weitere Proteste vorbereitet. Subventionen für den Reisanbau, nicht erst zur Urteilsverkündung Bangkok Post, 1. und 2.8.2017 mit denen sie die Kilopreise für zu erscheinen, sondern sich statt­ Süddeutsche Zeitung, 25.8.2017 die Bauern in ihrer Regierungs­ dessen heimlich ins Ausland, ver­ zeit ungewöhnlich hoch gehalten mutlich nach Singapur, abzuset­

Neuer Nationalfeiertag zu Ehren des Königs Vajiralongkorn

Thailand zelebrierte zum ers­ ganzen Land fanden besondere verstorbenen Königs Bhumibol ten Mal den Geburtstag ihres Veranstaltungen und Zeremo­ fielen die Festlichkeiten in die­ neuen Königs Maha Vajiralong­ nien statt. Lokale Medien veröf­ sem Jahr eher ruhig und weniger korn Bodindradebayavarang­ fentlichten Berichte und Bilder pompös aus. Die Regierung rief kun. Am 28. Juli 2017 feierte der aus dem Leben des neuen Königs dazu auf, bei öffentlichen Veran­ Monarch, der Ende letzten Jah­ sowie Glückwünsche in klassi­ staltungen Schwarz oder Weiß zu res nach dem Tod seines Vaters scher Art, wie sie thailändischen tragen und sich der noch andau­ den Thron übernommen hatte, Monarchen zuteilwerden: »Long ernden Staatstrauer entsprechend seinen 65. Geburtstag. Zu sei­ Live His Majesty, the «. Im zu verhalten. nen Ehren wurde dieser Tag zum Vergleich zu den Feierlichkeiten Bangkok Post, 28.7.2017 Nationalfeiertag erklärt und im anlässlich der Geburtstage des

Thailand und seine Senioren

Nach den Richtlinien der United onalen Bevölkerung ausmachen legt nun, die sogenannten Sün­ Nations gilt Thailand als alternde werden. densteuern für Tabak und Alkohol Gesellschaft, da der Anteil an Aktuell erhalten Menschen im zu erhöhen und diese Einnah­ Menschen mit über 60 Lebens­ Alter von 60 bis 69 Jahren monat­ men wiederum den Senioren des jahren mehr als 10 Prozent der lich 600 Baht (etwa 15 Euro) Landes zur Verfügung zu stellen. Gesamtbevölkerung ausmacht. staatlichen Zuschuss zum Lebens­ Dem Entwurf wurde bereits vom Das Land sieht sich deshalb unterhalt, 700 Baht gibt es für Kabinett zugestimmt, es folgt nun vor wirtschaftlichen und finan­ 70- bis 79-Jährige, 800 Baht für noch eine rechtliche Prüfung des ziellen Herausforderungen, da 80- bis 89-Jährige und 1000 Baht Vorhabens. Ob es zu einer tat­ auch die Geburtenrate in den (etwa 25 Euro) ab einem Alter von sächlichen Umsetzung des Plans letzten 40 Jahren immer weiter 90 Jahren und älter. Die staatli­ bzw. Ratifizierung des Geset­ zurückgegangen war. Das thai­ chen Ausgaben für die Sozialfür­ zes kommen und wie es in den ländische National Economic sorge wird nach Vorhersagen des nächsten Jahren um das Wohl der and Social Development Board NESDB in den kommenden Jah­ Senioren in Thailand bestellt sein (NESDB) geht davon aus, dass im ren von momentan mehreren Bil­ wird, bleibt abzuwarten. Jahr 2036 die Senioren des Lan­ lionen Baht zu 1.4 Trillionen Baht Bangkok Post, 2.8.2017 des bereits 30 Prozent der nati­ ansteigen. Die Regierung über­ Bangkok Post, 7.8.2017

28 > Thailand > Kurz notiert südostasien ‹ 3/2017 von ”The Borneo Case” Charlotte Chin Talking to the film producer Erik Pauser The author is currently a stu- In an interview with the director of the movie, Erik to simplify the story to make it easier for the audi­ dent of the Mas- ter’s Program Pauser gave an insight into the documentary and ence to understand what is really going on. »Development the obstacles during the production. Moreover, he Studies« at Uni- talked about his current work. Chin: How did you finance the movie? versity of Passau. Pauser: We started looking for interests in our She completed Chin: Which challenges did you face during the own country, such as the Swedish television and her Bachelor degree in »Com- shooting? the Swedish film institute. Additionally, we applied parative Cul- Pauser: The biggest challenge was the story itself. for money from the European Union, but to be able tural and Reli- I made a film about Bruno and the Penans 15 years to apply for funding from the European Union, we gious Studies« ago. Bruno Manser disappeared two weeks after we had to have five other countries involved. We started and »Peace and finished that shoot. The idea was then to do some­ with , Norway, Finland and England. Addi­ Conflict Man- agement« at thing about Bruno and the Penan tribe but the story tionally, we made a short pilot which was presented Philipp’s Univer- grew. We started to do research and thereby hooked and we found seven different television channels sity in Marburg. up with Clare Rewcastle, Mutang, Lukas Straumann which made a pre-buy. Furthermore, we were sup­ Due to her vol- and all these activists. We just followed what hap­ ported by the film fund in , by a Norwegian untary service pened then. It was a slow development and things and a Welsh film fund. In the end, the film was sup­ in an orphanage were happening all over the world, so we moved ported by 14 different sponsors. and her intern- ship for a human around a lot because of the different shootings. But rights organiza- we also did not have an end for the film. It is a tragic tion in Malay- story and a lot of people are fighting but we did not sia, she got inter- see any real results until Taib had to step down. Due ested in the to the different journeys, the production of the film political condi- tions in South- was expensive and it was difficult to get it financed. east Asia. It does not look like environmental films are high on the agenda of television stations. It was hard to get the broadcasters to be part of this production. Addi­ tionally, the story was difficult because we did not know where it was going and because of its com­ plexity. We shot much more, but in the end we tried The main protag- onists – Brown, Infobox sheds light on the current situa­ ical and ecological situation in Straumann, tion in Malaysia and introduces Sarawak since it was founded Jaban, Urud The documentary »The Bor­ the four main protagonists to in 2010. But the film makers (left to right) neo Case« was produced by the the audience – the exiled tribes­ Pauser and Williams also accom­ Foto: Erik Pauser Swedish film makers Erik Pauser man Mutang Urud, the investiga­ pany Mutang who returns after and Dylan Williams. The film tive journalists Clare Rewcastle 20 years of exile to Sarawak and deals with the illegal deforest­ Brown and Peter John Jaban as learn of the Government’s plan ation in Malaysia and begins well as the historian and execu­ to build twelve hydroelectric with the disappearance of the tive director of the Bruno Manser power dams which destroy the Swiss environmental activist fund Lukas Straumann. rain forest and several villages. Bruno Manser in 2000. Manser Since several activists have Simultaneously, Clare Rewcastle had lived with the Penan tribe in been convicted and prose­ Brown and Peter Jaban begin to the Malaysian federal state Sar­ cuted for expressing their opin­ investigate what has happened awak on Borneo for six years ion in Malaysia, the five charac­ with the profits from the illegal and engaged for the rainforest ters mostly work from abroad. logging and the building of the preservation and for the human Much attention is paid to the Dams. They discover a network rights of the indigenous commu­ Online Radio station »Sarawak of global money laundering nity. Additionally, he founded Report« which was founded by which does not only involve the the Bruno Manser foundation. Clare Rewcastle Brown in Lon­ family of Sarawak’s Chief Minis­ After Manser’s disappearance, don and which has served as an ter Taib Mahmud but also several other human rights activists have international platform to broad­ international banks and compa­ continued his work. The film cast information about the polit­ nies. südostasien › 3/2017 »The Borneo Case« < Malaysia < 29 Prostest against the building of the dams Foto: Erik Pauser

Chin: Have there been any threats or interferences of prises 244,000 hectares of land and which the Penan the Malaysian government or anybody else since the people want to protect. movie has been released? They therefore formed a coalition with the NGO Pauser: Not for us, but Clare, Peter and other “Save the rivers” and others. In contrast to that, the people – who were involved in the film – have con­ local government in Sarawak has not been very stantly received death threats and have been har­ interested in protecting this area. But now the Sar­ assed. They also have been hacked several times but awak Forestry Department has shown an interest in we have not had any comparable problems. I do not the project and the delegation from the department know if they are checking our emails. They could has come to Switzerland and Sweden to discuss how do that since the Malaysian government invests large to save the land with different partners. A success of amounts of money for intelligence services. this project would mean a big change and it would mean a lot to these people if the area could be pro­ Chin: Have the living conditions of the indigenous tected. Otherwise, I think changes are slow. Sarawak community changed after Taib Mahmud resigned? If has a corrupt government and Malaysia does not so, to what extent? have a strong civil society. This makes it difficult to Pauser: After Taib resigned, Adenan came to see fast changes. Changes in Malaysia are slow and power. He made kinds of promises but he died three I think there is a need of international pressure to or four months ago. His successor also belongs keep things up. to Malaysia’s elite and has not changed anything of Adenan’s promises yet. But apart from that, the Chin: Coming back to the former question: Which indigenous people are discussing the project the threats exist for the rain forest, its citizens and its bio­ Penan settlement “Baram Peace Park”. The Bruno Manser foundation diversity nowadays? Foto: Erik Pauser has worked on the Baram Peace Park which com­ Pauser: A lot of logging is still going on. When we travelled to the interior of Sarawak, we con­ tinuously saw logging trucks and sometimes I was not sure if these were from protected areas or not. 15 years ago, there were still couple of hundreds of Penans that were nomadic but nowadays all of them are semi-settled. Certain areas are closed off and clear-cut to build dams or palm oil plantations. Sarawak already has as much energy as it needs, so why do you have to build twelve dams? What are they going to do with the electricity? Taib and his government built these dams to establish industrial zones, for instance aluminium factories which need a lot of energy. Many of the indigenous people are suffering because they lose land and they do not get their rights in court. Even when court proceedings are going on and when land rights cases are won,

30 > Malaysia > »The Borneo Case« südostasien ‹ 3/2017 Logging Trucks at Sarawak Foto: Erik Pau- ser

the logging is continued because the legal system Chin: How can people – who live abroad, for exam­ does not really work. ple in Germany – support the indigenous commu­ nity in Sarawak? Chin: Can you tell me something about the projects Pauser: There are many different organizations in which you have been involved since the docu­ and NGOs. It is not easy but you can engage your­ mentary was finished? self in such an NGO. This is the way to do it. Other­ Pauser: At the moment, we try to get the film wise, you can also contact your bank and demand shown in different parts of the world. Our plan is change. This is part of our impact campaign. to do a world tour in co-operation with the NGO “Global Bersih” before the next election in Malay­ Chin: Thank you very much for your time and it was sia takes place. We have also formed several co-op­ nice talking to you.  erations to screen the film, for instance with the NGO “Transparency International” and “Cinema Erik Pauser for Peace”. Moreover, we are trying to launch an (left) and Dylan impact campaign in Germany in fall before the film ­Williams (right) will be on screen. We also worked with the “Fair and Foto: Erik Pauser Finance Guide”. The organization is placed in nine different nations worldwide. They look at banks and financial institutions and check if these institutions follow their own ethical guidelines and if they keep their promises, concerning for instance the protec­ tion of the environment or the workers. The “Fair and Finance Guide” made a big report in Sweden, which was released at the same time as the film. In the 112 page reports they investigated Sweden’s seven big­ gest banks and their investments in four companies in About Erik Pauser Borneo. The organization cooperates with the NGO Erik Pauser is a Swedish film producer and artist who was born “Swedwatch” which sent two groups of researchers in Linköping in 1957 and who lives in Stockholm. He has been to Sarwak to check the companies. It was a very criti­ involved in several exhibitions in different European countries, in cal report about these seven Swedish banks. Another the United States, in Palestine, in Southeast Asia and in South Africa. criticized bank was the Deutsche Bank. While our Some of his popular films as a director are “The Face of the Enemy” film shows the feelings of the human beings, the and “The Machine” and as a producer “Once there was Love”, report presents numbers and hard facts. I think it is “Maneuvers in the Dark – The North Korean Jeans Story” and “Men really interesting that we often believe that we are far Who Swim Together”. Throughout the last five years Erik Pauser and away from the problems although countries – such Dylan Williams accompanied the protagonists of the documen­ as Sweden or Germany – are connected to Sarawak tary “The Borneo Case” and worked on the film. The documentary and its problems. We are even part of these prob­ will be aired by ZDF this fall. Further information can be found on: lems because our companies, our banks, our money theborneocase.com is invested in problematic companies in Sarawak. südostasien › 3/2017 »The Borneo Case« < Malaysia < 31 Der Autor hat an der Universität KURZ NOTIERT Bonn den Studi- engang Asienwis- von Michael Topp senschaften mit dem Bachelor abgeschlossen Verfolgung und Gewaltexzesse – Parlamentswahlen werfen ihre Schatten voraus und ein Prakti- Das pro-demokratische Bündnis gerem gewaltsame Übergriffe und Ministerpräsident Najib Razak kum bei der Stif- Bersih warnt im Vorfeld der nächs­ Störungen von Politikerauftritten, auch nur ansatzweise in der Kri­ tung Asienhaus absolviert. ten Parlamentswahlen im Mai insbesondere bei regierungskriti­ tik stehen.« Anlass der Veröffent­ 2018 vor einer Gewaltspirale. Für schen Veranstaltungen. Ziel regel­ lichung waren die von Provoka­ eine funktionierende Demokratie mäßiger Anfeindungen seien auch teuren ausgelösten Tumulte mit müsse das Volk ihr Wahlrecht ohne Ausstellungen des oppositionellen Verletzten und Festnahmen auf Angst ausüben können, fordert Cartoonisten Zunar. Andersden­ dem Diskussionsforum Nothing eine kürzlich veröffentlichte Pres­ kende würden bedrängt, zusam­ to Hide 2 am 13. August 2017 in seerklärung. Alle Malaysier*innen mengeschlagen und sogar mit dem Shah Alam. Themen waren Macht­ seien zu einem Verzicht auf poli­ Tode bedroht. Bersih: »Durch von missbrauch, Korruptions- und tisch motivierte Gewalt aufgeru­ gekauften Gangstern ausgeübte Finanzskandale. Das Parlament fen. Dennoch läge die moralische politisch motivierte Gewalt gehört schwieg zu diesem Vorfall. Verantwortung beim Ministe­ mittlerweile zum Standardreper­ Bersih, 14.8.2017 rium für Innere Angelegenheiten. toire, insbesondere, wenn die freemalaysiatoday.com, 13.8.2017 Aktivist*innen beklagen seit Län­ Regierungspartei UMNO oder www.malaysiakini.com, 13.8.2017

LGBT-Proteste durchkreuzen staatliche Aufklärungskampagne

Nationale und internationale rechtsgruppen wie Human Rights Bis zum Ende des Wettbewerbs Menschenrechtsgruppen und Watch ließen nicht lange auf sich hofft die Community auf weitere Gender-Aktivist*innen haben warten. Auf einem eilig einberu­ Gesprächsbereitschaft seitens des Anfang Juni 2017 eine Homo­ fenen Krisentreffen beider Seiten Ministeriums. sexuellen-feindliche Propagan­ zeigte sich das Ministerium erst Malaysias Regierung sieht daoffensive des malaysischen im weiteren Verlauf zu Kompro­ Homosexualität als unvereinbar Gesundheitsministeriums zu missen bereit. Aktivistin Nisha mit der Staatsreligion Islam. Die Fall gebracht. Dieses hatte erst Ayub von der SEED Foundation restriktive Gesetzgebung sieht am 1. Juni 2017 erneut auf sei­ konnte schließlich die Regie­ drakonische Strafen für homo­ ner Homepage vor Homosexua­ rungsvertreter davon überzeugen, sexuelle Handlungen vor. 2015 lität gewarnt und den mit einem zumindest von einigen umstritte­ sprach Premierminister Najib Preisgeld ausgelobten Videowett­ nen Begrifflichkeiten Abstand zu Razak LGBT die Menschenrechte bewerb »Value Yourself, Practice nehmen: Vize-Gesundheitsminis­ ab, was ihm seitens Human Rights Healthy Lifestyle« für junge ter Lokman Hakim Sulaiman ver­ Watch die Forderung nach einem Malaysier*innen ausgerufen. Der sprach, den Begriff »Geschlech­ Austritt aus der UN einbrachte. Aufschrei der LGBT-Community terverwirrung« durch »Geschlecht Reuters, 8.6.2017 und Protestschreiben von Bürger­ und Sexualität« zu ersetzen. Human Rights Watch, 23.6.2017

Asian Science Camp: Mehr STEM an Malaysias Schulen!

In seiner Eröffnungsrede des 11. logien zum Nutzen aller bedürf­ unsichere Zukunft müssten sich Asian Science Camp (ASC 2017) ten aufgeklärter und kritischer Wissenschaftler*innen, Lehrende am 20. August 2017 an der Uni­ Sichtweisen, einer verantwor­ an Schulen und Universitäten und versiti Tunku Abdul Rahman in tungsvollen Führung und effekti­ Ökonom*innen ihrer großen Ver­ Kampar hat Sultan Nazrin Shah ver Kontrollen. »Deswegen sind antwortung stellen. verstärkte Bildungsinvestitionen die Gestaltung und Regulierung Das ASC bringt jährlich in den Bereichen Mathematik, unserer Bildungspolitik gerade Student*innen, Schüler*innen Ingenieur- und Naturwissenschaf­ in Bezug auf die STEM-Fächer so und Lehrende mit Vertreter*innen ten und Technik (›science, tech­ wichtig! Die Wege, die wir jetzt aus Industrie und Forschung aus nology, engineering and mathe­ dort beschreiten, können helfen, aller Welt zusammen. matics‹ / ​STEM) angemahnt. die Auswirkungen mitzubestim­ themalaymailonline.com, 21.8.2017 Dies sei unerlässlich für öffent­ men«, so der Sultan von Perak. https://www.asc2017.net liche Debatten über Malaysias Im Hinblick auf die jüngsten tech­ Zukunftsszenarien. Neue Techno­ nologischen Fortschritte und eine

32 > Malaysia > Kurz notiert südostasien ‹ 3/2017 Gecko versus Krokodil von Anna Strunz

Die Autorin Eine Suchmaschinenanfrage zu »social media Indo- tivistInnen: Sie alle können mit ihrer Hilfe Hinder­ studiert Kultur- nesia« liefert Ergebnisse, die folgendermaßen klin- nisse überwinden und Ressourcen minimieren. Laut wirtschaft mit gen: »Eat, pray, tweet«, »Indonesia’s love affair with Dencik und Leistert (2015) sind dies vor allem Zeit, Schwerpunkt social media«, »Welcome to Twitter city: is there no Platz und persönliches Risiko. Eine schnelle interne Südostasien an der Universität limit to Jakarta’s social media obsession?« Diese Titel Kommunikation erleichtert die Koordination: Wo Passau von Zeitungsartikeln und Blogs zeichnen das Bild der hoffnungslos zähe Verkehr indonesischer Städte eines rastlosen, geselligen, technikaffinen Landes. oder lange Arbeitsschichten den Beteiligten bisher Die Daten sprechen dafür. Zwar hatten 2016 nur Zeit für ihr Engagement geraubt hatten, können sie 34 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Internet, sich nun per Smartphone auf dem neuesten Stand doch diese immerhin 88 Millionen Menschen nut- halten, Ideen austauschen oder Treffen organisieren. zen das Internet mit großer Begeisterung. Indonesi- Auch nach außen hin war es nie so leicht für Aktivis­ erInnen stellen mittlerweile die zweitgrößte Nation tInnen, ihre Bewegung zu präsentieren, ein kosten­ auf Facebook, und schon 2012 war Jakarta die loses Facebook Profil kann genügen. Auch die Ver­ Metropole, in der weltweit am meisten getwittert netzung mit anderen lokalen, überregionalen oder wurde. 90 Prozent aller Onlineaktivitäten spielten sogar globalen Gruppen ist nun möglich. In alledem sich auf den Websites der verschiedenen sozialen läge das Potenzial zu einem vereinfachten, sponta­ Netzwerke ab. Dank relativ günstiger Online-Tarife neren, weniger hierarchischen und partizipativeren und Mobiltelefone nimmt auch die Beliebtheit ent- Aktivismus. sprechender Apps zu, sodass immer mehr NutzerIn- Aber es gibt auch viele kritische Stimmen. In ihrer nen ihren Internetzugang stets bei sich tragen. Einführung zu Critical Perspectives on Social Media and Protest warnen Dencik und Leistert, Social Die Zahlen dieser Momentaufnahme laden zu Opti­ Media seien keine bloßen Werkzeuge, die von Akti­ mismus ein. Liegt hier nicht ein großes Potenzial für vistInnen nach Belieben eingesetzt werden könn­ die Zivilgesellschaft einer jungen Demokratie, offene ten, um ihre Ziele zu erreichen. Vielmehr befänden Diskurse zu führen, politische Teilhabe zu ermögli­ sich diese Dienste fast ausschließlich im Besitz glo­ chen, ja sogar selbst über ihre eigenen Rechte zu baler Unternehmen, die im Auftrag ihrer Aktionärs­ wachen? Ist bei dieser vergleichsweise freien virtu­ gemeinschaften gewinnmaximierend agieren sollen. ellen Sphäre nicht Meinungsfreiheit sicher etabliert? Dazu gestalteten sie immer mehr die Kommunika­ Wurden noch während des »Arabischen Frühlings« tionswege von Gesellschaften um und richteten sie und zur Frühphase der Sozialen Medien ihre großen nach ihrem ökonomischen Interesse aus. So bieten Möglichkeiten bejubelt, sind die jüngeren Entwick­ die Konzerne mit ihren Diensten zum Beispiel den lungen allerdings ernüchternd: In Deutschland sucht NutzerInnen gezielt Funktionen an, die das Sam­ man Strategien, um mit rechtsradikalem und islamis­ meln, Auswerten und Monetisieren von Nutzerdaten tischem Gedankengut im Netz umzugehen und in erleichtern, wie etwa die Standorterkennung beim Indonesien waren viele BeobachterInnen über den Einfluss der Sozialen Medien auf die Gouverneurs­ wahl 2017 in Jakarta besorgt. Auf der Suche nach »Ich bin ein Perspektiven auf die Beziehung zwischen Sozialen Gecko, ein tap- ferer Gegner des Medien und Partizipation in Indonesien ist es wich­ Krokodils« tig, kein schwarz-weißes Bild der sozialen Netz­ © gunadar- werke und ihrer Möglichkeiten zu pflegen, sondern madesign.com Phänomene kritisch und differenziert im jeweiligen Kontext zu betrachten. Stellvertretend für die vielen Aspekte, welche die Rolle von Social Media in einer Gesellschaft bestimmen, soll hier vor allem auf ihre Nutzung für politischen und gesellschaftlichen Akti­ vismus eingegangen werden.

Chancen für mehr Teilhabe

Für politische Bewegungen sind die Sozialen Medien sehr vorteilhaft. Ob große NGOs, Frauenrechts­ gruppen auf dem Land oder verstreute Umweltak­ südostasien › 3/2017 Gecko versus Krokodil < Indonesien < 33 Meinung nach Fehlverhalten von Verkehrspolizisten »Ich bin ein zeigte und daraufhin unter dem Vorwurf der Diffa­ Gecko, ein Geg- ner der Korrup- mierung verhaftet wurde. Das verdeutlicht, dass sich tion! Schweige gesellschaftliche und politische Bewegungen ebenso nicht einfach über die möglichen Folgen im Klaren sein müssen, nur!« wenn AktivistInnen inmitten der Dynamik sozialer © gunadar- Netzwerke die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. madesign.com

»Support Bibit-Chandra«

Einer der berühmtesten Fälle von erfolgreichem Online-Aktivismus in Indonesien kann Antworten auf diese Frage geben. Seit 2002 gibt es die Kommission Komisi Pemberantasan Korupsi (KPK) zur Bekämp­ fung von Korruption, einem sehr großen Problem in Indonesien. Als der Polizeipräsident des Landes im Jahr 2009 feststellen musste, dass die KPK im Rah­ men ihrer Ermittlungen sein Telefon abgehört hatte, bezeichnete er die Behörde in einer Pressekonferenz verächtlich als cicak, einen kleinen Gecko, der es mit einem Krokodil, also der Polizei, aufnehmen wollte; in seiner Wut hatte er jedoch nicht damit gerechnet, dass eine empörte Öffentlichkeit diese Metapher mit Enthusiasmus übernahm, um den Kampf der Bürger gegen ein übermächtiges korruptes Verwaltungssys­ tem zu symbolisieren. Bald darauf wurden die bei­ den Beamten und KPK-Mitglieder Bibit Samad Rianto und Chandra Muhammad Hamzah unter dem Ver­ dacht der Bestechlichkeit festgenommen. Diese wie­ sen jedoch alle Schuld mit der Erklärung von sich, man wolle nur die KPK in schlechtem Licht erschei­ nen lassen. Der folgende Gerichtsprozess bestä­ tigte ihre Aussagen, doch schon vorher waren viele IndonesierInnen von ihrer Aufrichtigkeit überzeugt. Es entstanden viele private Facebook-Gruppen, die die beiden Beschuldigten unterstützten. Eine davon sollte innerhalb eines Monats auf über eine Million Mitglieder anwachsen, und auch die Massenmedien berichteten ausführlich. Verfassen eines Posts. Was bedeutet diese Tatsache auf der anderen Seite für AktivistInnen? Der ambivalente Erfolg des Geckos

Herausforderung im Umgang mit Social Media Wie kam es zu dem großen Erfolg dieser Online- Kampagne? Als erstes war sicher das sogenannte Angesichts der Menge an Daten, die alle bei der »Framing« entscheidend, also die Schaffung eines Nutzung des Internets von sich preisgeben, besteht Kontextes, der dem Fall Bedeutung und Legitimi­ immer die Gefahr von Repressionen seitens des Staa­ tät verleiht. Bibit und Chandra wurden in einem tes, welche von großflächiger Überwachung über das »David gegen Goliath«-Narrativ als Helden darge­ Blockieren von Websites bis hin zur Festnahme von stellt, um das Unrechtsbewusstsein und die Empa­ Personen reichen können. Verglichen mit anderen thie des Publikums anzusprechen. Bekräftigt wurde südostasiatischen Ländern ist das Internet in Indone­ dieses Bild von der großen Symbolkraft des Geckos, sien zwar relativ frei von staatlichen Eingriffen, aber der crossmedial in unzähligen Karikaturen, Comics auch hier spricht die Organisation Freedom House und Postern zum Einsatz kam. Zusätzlich diente er davon, dass immer wieder die Rechte von NutzerIn­ als Slogan, indem das Wort »CICAK« als Akronym nen verletzt würden. So der Fall Adlun Fikri, der im für »Cinta Indonesia CintA Kpk«, sinngemäß »Liebe Jahr 2015 ein Video hochgeladen hatte, das seiner Indonesien! Liebe die KPK!« gedeutet wurde. Auch

34 > Indonesien > Gecko versus Krokodil südostasien ‹ 3/2017 Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, anbei die neuen Graswurzelrevolution-Austauschanzeigen zur Auswahl. Herzlichen Dank für den kostenlosen Abdruck in Eurer Zeitung. Schickt uns bitte Belegexemplare nach Münster (s.u.) und mailt Eure Austauschanzeige bitte an: [email protected] Nach Erscheinen Eurer Austauschanzeige in der GWR erhaltet Ihr ebenfalls Belegexemplare. Die GWR-Auflage schwankt zwischen 3.500 und 5.000 monatlich. Unsere Mediadaten findet Ihr hier:http://www.graswurzel.net/service/anzeigen.shtml Li(e)bertäre Grüße, Bernd Drücke (GWR-Koordinationsredakteur)

Redaktion Graswurzelrevolution Breul 43, D-48143 Münster Tel.: 00 49 (0) 251/48290-57, Fax: -32 [email protected] www.graswurzel.net

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Schwerpunkt GWR 420: 45 Jahre Graswurzelrevolution ein Rap-Song zum besagten Fall und die Melodie sche Auseinandersetzung mit wichtigen gesellschaft­ AustauschanzeigeProbeheft für junge kostenlos: Welt-, Ossietzky, www.graswurzel.net express, Rote Hilfe, Contraste, ... eines KPK-Spots waren werbewirksam und verbrei­ lichen Themen ersetzen.  teten sich online und als Klingelton. Laut Merlyna Lim (2013) war das Image des Geckos als einheimi­ Literatur sches, alltägliches und harmloses Tier perfekt geeig­ net, um die Entstehung einer kollektiven Identität > Balea, SchwerpunktJ. (2016) The latest stats GWRin web and 420: mobile in gegenüber des gemeinsamen Feindbilds eines als Indonesia.45 Jahre https:// Graswurzelrevolutionwww.techinasia.com/​ indonesia​ -web- brutal und hinterlistig geltenden Krokodils zu beför­ mobile-statistics-we-are-social (29.6.2017) > Freedom House (2016) Freedom on the Net 2016. Indo­ dern. Dieses Wir-Gefühl ist eine zentrale Vorausset­ nesia Country Profile.https:// ​freedomhouse.org/​report/​ zung dafür, dass Bewegungen als Kollektiv handeln freedom-net/2016/Probeheft​indonesia (29.6.2017)kostenlos: können. > Lim,www.graswurzel.net/service M. (2013) Many Clicks but Little Sticks: Social Selbstverständlich profitiert jede Kampagne fürMedia ak: 160Activism mm in (Breite) Indonesia. x In: 51mm Journal (Höhe)of Contem­ von einprägsamen Symbolen, doch Lim weist dar­ porary Asia, 43–1: 636–657 auf hin, dass der Charakter sozialer Netzwerke die > Molaei H. (2015) Discursive opportunity structure and Bedingungen für den Erfolg einer Bewegung maß­ the contribution of social media to the success of social geblich mitbeeinflusse. Das zuvor erwähnte Profit­ movements in Indonesia. in: Information, Communica­ tion & Society, 18–1: 94–108 streben der Social-Media-Unternehmen begünstige ein Überangebot an Inhalten, kurze Aufmerksam­ keitsspannen und simplifizierte Botschaften. Also müsse auch Online-Aktivismus mit diesen Prinzi­ pien arbeiten, um Erfolg zu haben. Der Inhalt eines Posts sollte ohne großen Zeitaufwand und intensi­ ves Nachdenken verstanden werden, und die Nar­ rative einfachen Mustern folgen und möglichst die Wirkung einer Sensation haben. Verstärkt wird das Ganze durch die Tatsache, dass mehr als zwei Drit­ tel der Indonesier über ihr Handy auf das Internet zugreifen. Auf kleinen Bildschirmen kommen nur Seit 45 Jahren äußerst knappe, prägnante und Aufmerksamkeit hei­ schende Formate zur Geltung. Für Kampagnen, wie für eine gewaltfreie, »Support Bibit-Chandra«, die vor allem öffentlichen herrschaftslose Druck auf Staat und Gerichte ausüben sollen, sich Gesellschaft moralisch zu verhalten, mögen diese Anforderun­ Seit 45 Jahren für eine gewaltfreie, Foto: Herbert Sauerwein gen kaum ein Problem darstellen. herrschaftslose Gesellschaft Doch nicht jedes Thema lässt sich in eine ein­ fache Geschichte verpacken, nicht jedes Problem Monatszeitschrift für eine gewaltfreie durch ein Like lösen. Für komplexe gesellschaft­ herrschaftslose Gesellschaft liche Diskurse in einer Demokratie sind soziale Netzwerke also denkbar schlecht geeignet. Ein wei­ terer wichtiger Aspekt kommt hinzu. Das Netz för­ Probeheft kostenlos: dert den sogenannten Clicktivism, der online zwar ein großes Engagement zur Schau stellt, da kaum www.graswurzel.net/service persönliches Risiko vorhanden ist – er schlägt sich aber in der realen Welt kaum nieder. So konnten von den eine Million UnterstützerInnen der KPK auf Austauschanzeige für an.schläge: 100 mm (Breite) x 130 mm (Höhe) Facebook tatsächlich nur etwa 5.000 für eine Stra­ ßen-Demonstration gewonnen werden. Man kann den Gedanken noch weiter spinnen: Wie viele von ihnen würden selbst einschreiten, wenn sie in ihrem Alltagsleben mit Korruption konfrontiert werden? Probeheft kostenlos: Wohl sehr wenige. Ohne persönliches Risiko lässt www.graswurzel.net sich jedoch kein nachhaltiger gesellschaftlicher oder Schwerpunkt #420: politischer Wandel herbeiführen. Abschließend lässt Die Bundeswehr und Schwerpunkt #420: sich also sagen, dass soziale Medien keineswegs Die Bundeswehr und automatisch demokratische Strukturen durch mehr die „Hölle von Mossul“ Partizipation stärken, sie bieten lediglich Chancen, die „Hölle von Mossul“ bestimmte Aspekte von politischem Aktivismus zu Probeheft kostenlos: erleichtern und können keinesfalls persönliche kriti­ Probeheft kostenlos: www.graswurzel.net/service Foto: Uwe Hiksch südostasien › 3/2017 für südostasien,Gecko versus 75x128 Krokodil < Indonesien < 35 Austauschanzeigewww.graswurzel.net fürs ND: 45 x 135 mm Austauschanzeige für: Der Rabe Ralf, Querformat, s/w, 123 × 39 mm. von Anna- Open Data als Chance für den Regenwald Lena Stötzel

Die Autorin ist Studentin der Alexander Watson und sein Team von OpenForests kaum wiederherstellen – dies würde mehrere hun­ Kulturwirtschaft haben einen Weg gefunden, wie offene Daten dert Jahre dauern und ist finanziell nicht tragbar. an der Universi- dabei helfen können, all die von Regenwäldern Außerdem ist niemandem die ursprüngliche Arten­ tät Passau. lebenden und oft in Konkurrenz zueinander ste- vielfalt im Detail bekannt. Solche Projekte sind henden Interessengruppen, zu mehr Nachhaltig- dennoch im Prinzip ein erster Schritt in die rich­ keit zu bewegen. Doch wie funktioniert das Ganze tige Richtung. Hierbei gibt es jedoch große Unter­ in der Praxis? Stellt Open Data tatsächlich eine schiede, denn nicht jedes ist auch sinnvollerweise Chance für den Regenwald dar? Und welcher kon- nachhaltig. So sind etwa Monokulturen eine der krete Nutzen ergäbe sich hierbei insbesondere für unvorteilhaftesten Methoden, bei der erneut ledig­ die einheimische Bevölkerung? lich die wirtschaftlichen Vorteile zählen, aber keine langfristigen positiven Effekte weder für die Natur, noch für die einheimische Bevölkerung herbeige­ Die katastrophale Situation der Regenwälder führt werden. Bauern und Bäuerinnen sowie Menschen mit Im August 2016 erschien der Dokumentationsfilm Landbesitz spielen bei der nachhaltigen Aufforstung »The Borneo Case«. Er ruft dem Publikum erneut des Regenwaldes eine Schlüsselrolle. Noch halten die gravierenden Auswirkungen von Regenwald­ es die meisten von ihnen für nicht lohnenswert, ihr rodung auf Artenvielfalt, Klima und die indigenen Land nachhaltig zu bewirtschaften. Viele leben von Völker ins Gedächtnis. Etwa 356 Millionen Qua­ der Hand in den Mund, sind auf »das schnelle Geld« dratmeter Regenwald werden weltweit jeden Tag angewiesen, um ihre Familien ernähren und ihre abgeholzt und niedergebrannt. Das sind pro Jahr Kinder in die Schule schicken zu können. Da schre­ zirka 130.000 Quadratkilometer – eine Fläche so cken die hohen Investitionen zu Beginn zunächst groß wie Griechenland. Und das alles, um für kurz­ einmal ab. Hinzu kommen oft mangelnde Erfahrun­ fristigen Profit vornehmlich westliche Konsumgesell­ gen und Kenntnisse in Forstwirtschaft. Dennoch ist schaften mit Produkten wie Möbel, Papier, Palmöl es essentiell, dass vor allem auch kleine Land- und und so weiter zu versorgen. Forstwirtschaftsbetriebe mit an Bord geholt werden – Um den schlimmen Auswirkungen entgegen­ nur mit ihnen lässt sich eine langfristige Besserung zuwirken, hat zwar eine Wiederaufforstung bereits herbeiführen. Und an diesem Punkt kommen Open- begonnen, der Urzustand lässt sich allerdings wohl Forests und der Einsatz von offenen Daten ins Spiel.

Goldabbau © Fairventures Worldwide

36 > Indonesien > Open Data als Chance für den Regenwald südostasien ‹ 3/2017 Offene Daten für eine nachhaltige Aufforstung

Mag dieser Zusammenhang zuerst einmal unklar erscheinen, ist es das Konzept von OpenForests, die ohnehin steigenden Mengen an offenen Daten aus dem öffentlichen Sektor weiteren zivilgesellschaftli­ chen Akteuren zugänglich und für ihre Zwecke nutz­ bar zu machen. Für die betroffenen Existenzen in den Waldgebieten klingt das vielversprechend. Und dafür bietet das global agierende Unternehmen aus Krefeld verschiedene Software-Tools und Dienstleis­ tungen an. Soweit die Theorie.

Fallbeispiel: 1 Million Trees

Mehr als 24 Projekte hat OpenForests bereits erfolg­ reich unterstützt. Eines davon ist das Programm »1 Million Trees« der Organisation Fairventures Mehr Transparenz für alle Beteiligten Rodung Worldwide in Zusammenarbeit mit dem Borneo Ins- © Fairvenures titut in Zentralkalimantan. Hier wird die Landbevöl­ OpenForests stellt hierbei Drohnen-basierte Daten­ Worldwide kerung Borneos dabei unterstützt, gemischte Holz­ erfassungssysteme und Projektmanagement-Pro­ pflanzungen und Agroforstsysteme (Mischungen von gramme zur Verfügung. Ein daraus entstehendes Bäumen und Landwirtschaft) anzubauen, indem sogenanntes »Forest Information System« enthält eine zunächst eine Bepflanzung mit Sengon-Bäumen zentrale Geodatenbank und eine interaktive Karte brachliegende Böden wieder aufwertet, Ökosystem- mit offenen Daten für alle Beteiligten. Die Fortschritte leistungen wie zum Beispiel Erosionsschutz wieder­ des Projektes sind somit jederzeit ersichtlich, genau herstellt und die Wachstumsbedingungen für andere wie Informationen über involvierte Anwesen, Fotos Pflanzen stark verbessert. Denn Sengon festigt den der Parzellen sowie allgemeine Kontrolldaten. Die Boden, reichert ihn mit Stickstoff an und wächst sehr dadurch entstehende Offenlegung der Projektdetails schnell, sodass die Neupflanzungen die Nutzung ist ein großer Vorteil für die Kooperation von Projekt­ von Naturwäldern ersetzt. Der Regenwald und seine partnern und sehr hilfreich bei der Überzeugung von Biodiversität werden somit bewahrt. Investoren. Ebenso verpflichten sich die Bauern und

Setzlinge in der Baumschule © Fairventures Worldwide

südostasien › 3/2017 Open Data als Chance für den Regenwald < Indonesien < 37 Web Map Projekt 1 Million Trees

Forstwirte dazu, die gemeinsam festgelegten Ziele die ein Projekt initiieren wollen, in der Regel kaum auch tatsächlich einzuhalten. Ein Vorteil ist dabei die Probleme bereitet. So benötigt man einen Internetzu­ erhöhte Transparenz ihrer Nutzholzmarktpreise. Laut gang, um sich auf einer Plattform einloggen zu kön­ Watson können sie mit Hilfe verschiedener Software- nen. Dies ist bei DorfbewohnerInnen, die in entlege­ Tools ihre Baumbestände selbstständig und systema­ nen Gegenden wohnen, jedoch eher selten der Fall. tisch evaluieren, wobei beispielsweise das Holzvolu­ Dazu ist das Nachhaltigkeitsbewusstsein örtlich sehr men automatisch errechnet und somit mehr Klarheit unterschiedlich ausgeprägt und es fehlt häufig die bezüglich des Gesamtwertes geschaffen wird. So intrinsische Motivation für nachhaltige Beforstung: sind sie dem Markt nicht mehr willkürlich ausgelie­ wie erwähnt, bauen viele aus kurzfristigen kommer­ fert. Außerdem können sie ersehen, welche Maßnah­ ziellen Gründen Nutzpflanzen an, die sich schnell men effektiver wären und sich mit Nachbarn über wieder verkaufen lassen. Die Projektleitungen wer­ Schädlingsbekämpfung austauschen. So der Idealfall. den demnach noch viel Aufklärungsarbeit leisten Um die soziale, ökologische und finanzielle Leis­ müssen. tungsfähigkeit Ihrer Projekte zu messen, hat OpenFo- Die Idee hinter OpenForests, mehr Offenheit für rests 170 Parameter festgelegt, mit deren Hilfe gleich­ die wirtschaftlichen Nutznießer von Regenwäldern zeitig Projektleistungen analysiert und systematisch zu schaffen, bringt den Vorteil nachhaltiger Auffors­ verbessert werden können. Diese Messgrößen sind tung mit sich. Auch Investoren haben einen besseren an die IRIS Metrics des Global Impact Investing Net- Überblick. Dennoch muss weiterhin die Kontrolle works angelehnt, einem Katalog mit standardisier­ der Messgrößen verbessert werden, um noch mehr ten Indizes, zum Beispiel über Pro-Kopf-Einkom­ Glaubwürdigkeit für die Interessengruppen und die men oder die Gleichberechtigung von Männern und Öffentlichkeit zu erzielen. Zudem hat Borneos Land­ Frauen. So weit, so gut, doch wer kontrolliert nun all bevölkerung bei einer derzeit noch kaum vorhande­ die Projektparameter? Watson zufolge könnten die nen Internetanbindung kaum Möglichkeiten, um von Bauern diese Indikatoren zunächst einmal für sich den Vorteilen einer erhöhten Transparenz nachhalti­ selber nutzen, um die Leistung zu einem bestimm­ ger Forstwirtschaft zu profitieren.  ten Zeitpunkt festzuhalten und Fortschritte festzustel­ len. Die Daten würden dabei von den Bauern selbst Quellen eingepflegt. An dieser Stelle stellt sich jedoch zwangsläufig > Interview mit Alexander Watson (19.–20.5.2017 in die Frage nach der Glaubwürdigkeit. OpenForests Bonn), siehe Upload Parzinger+Beichler überprüft zwar die Plausibilität der Angaben, eine > Fairventures.org (2015). Verfolgen Sie den Fort­ unabhängige Dritte wie ein Zertifizierungsunterneh­ schritt im 1 Million Trees Programm. URL: http://​ fairventures.org/​worldwide/1mtrees-borneo/​ men ist bisher jedoch nicht mit einbezogen. Auch in #1448988254377–8a232655–8d9d puncto Praktikabilität der Software-Tools hapert es > Openforests.com (2015). 1 Million Trees Project – noch bei den einheimischen Land- und Forstwirten, Fairventures Worldwide, Indonesia. URL: https://​ während dies für andere Teilhaber wie Holzhändler, openforests.com/​project/1-million-trees-project- Produzenten, Baumschulen, Spender oder NGOs, fairventures-worldwide-indonesia/​

38 > Indonesien > Open Data als Chance für den Regenwald südostasien ‹ 3/2017 von Louise Interview mit Alexander Watson Beichler und Sigrid von OpenForests Parzinger

Die Autorin- nen studieren im Bachelor of Louise Beichler/Sigrid Parzinger (B./P.): Herr Wat­ A.W.: Nein, meistens arbeiten wir mit Projekten, Arts Internatio- son, was war die Hauptidee hinter der Gründung die es schon gibt. Diese Projekte sammeln zum Bei­ nal Cultural and von OpenForests? spiel ihre Daten in Excel- Tabellen, wodurch über die Business Studies Alexander Watson (A.W.): Wir haben zwei Ziele: Zeit häufig ein großes Datenchaos entsteht. Manch­ an der Universi- Markttransparenz für nachhaltige Forstprojekte und mal haben wir das Glück, dass wir genau in diesem tät Passau. ein effizientes Forstmanagement. Über web karten Moment mit diesen Organisationen in Kontakt kom­ (Siehe Abbildung unten) und hochauflösende droh­ men und sie bei der Datenaufbereitung unterstützen nenbasierte Luftbilder, aber auch über ein syste­ können. matisch aufgebautes Reporting, stellen wir Projek­ ten Softwarewerkzeuge zur Verfügung, mit denen B./P.:​ Wie arbeiten Sie mit den Projekten zusammen? sie transparent und glaubwürdig ihre Projektarbeit dokumentieren und kommunizieren können. Auf dem Markt können so zum Beispiel HolzhändlerIn­ nen gezielt nach Holz aus nachhaltiger Produktion Softwarewerk- zeuge, die Open- suchen und Projekte können Premiumpreise für ihre Forests Kunden Produkte erhalten. Anders gesagt, wir möchten nach­ zur Verfügung haltigen Projekten einen sichtbaren Marktzugang stellt ermöglichen und sie dabei unterstützen, sich bes­ Quelle: www. ser von nicht nachhaltigen Projekten abzugrenzen. openforests. com Durch intuitiv bedienbare Forstmanagementsoftware, die per Login über das Internet erreichbar ist, bieten wir kleinen und mittelgroßen Forstunternehmen die Möglichkeit, selbst ihre Daten effizient zu managen. Wir möchten nachhaltigen Forstprojekten Werk­ zeuge zur Verfügung stellen, mit denen sie die Datenhoheit über ihre eigenen Forstinformationen behalten und in die Lage versetzt werden ihre Wäl­ der nachhaltig zu bewirtschaften. Demnach sollten diese nur so viel Holz ernten, wie im gleichen Zeit­ raum wieder nachwachsen kann.

B./​P.: Darf ich fragen, wie Sie darauf gekommen sind, mit Drohnen zu arbeiten? A.W.: Wir haben in der Vergangenheit in Panama mit Heliumballons experimentiert, an denen ein­ fache Fotokameras hingen, weil wir die Fläche von oben betrachten wollten. Wind und die einge­ schränkte Flächenleistung bei der Waldkartierung mit Ballons haben uns veranlasst, nach anderen Infobox Möglichkeiten zu suchen. Vor sechs, sieben Jahren kamen die ersten Drohnen zum selber zusammen­ OpenForests UG, 2011 gegründet, ist ein Beratungsunternehmen bauen auf den Markt. Mein Kollege Patrick Ribeiro und ExpertInnennetzwerk mit Hauptsitz in Krefeld, Deutschland. hat die erste Drohne für uns zusammengebaut. Es Mit der Entwicklung und Bereitstellung von Dienstleistungen und war ein Lernprozess mit vielen Rückschlägen und Softwaretools unterstützt das Unternehmen weltweit soziale, ökolo­ zerstörtem Equipment, aber wir haben die forstli­ gisch diverse und profitable Forstwirtschaftsprojekte. Einen beson­ chen Anwendungen mit Drohnen kontinuierlich deren Fokus legt OpenForests auf die tropischen Breitengrade in weiterentwickelt. Lateinamerika, Afrika und Südostasien.

B./​P.: Werden die Daten von euch zuerst selbst auf­ Weitere Informationen zu OpenForests finden sich unter anderem genommen, bevor sich eine NGO findet, die sich mit auf der Website https://​openforests.com einem entsprechenden Projekt befasst? südostasien › 3/2017 Interview mit Alexander Watson von OpenForests < Indonesien < 39 Bild einer A.W.: Die NGOs kontaktieren uns und wir ver­ machen diese Menschen konkret mit dieser Informa­ Webkarte von suchen dann gemeinsam zu spezifizieren, welches tion? OpenForests die wichtigsten Daten sind, die sie brauchen, um A.W.: Ja genau. Der Idealfall wäre, dass Beschäf­ Quelle: Alexan- der Watson gewisse Entscheidungen zu treffen. Ein Beispiel: tigte in der Waldwirtschaft trainiert werden, ihre »Welche Daten bräuchten Beschäftigte in der Forst­ Daten selber aufzunehmen und dann über einen wirtschaft, um ihre Aufforstungsfläche zu bewirt­ Login oder über eine öffentliche Web-Karte diese schaften?« Im ersten Schritt müssten sie die Flä­ Daten einsehen und vergleichen können. Und chengröße, die Anzahl ihrer Bäume und wie viel dann lässt sich mit anderen ForstwirtInnen verglei­ Holzvolumen jeder Baum hat, kennen. Hieraus kön­ chen, wie gut ein Wald wächst. Dies ermöglicht nen diese Bauern und Bäuerinnen Bewirtschaftungs­ zudem festzustellen, ob noch eine Düngung not­ maßnahmen ableiten und den Wert ihres Holzes wendig ist, oder, wenn es einen Schädling gibt, wie bestimmen. man den bekämpfen kann. Die Informationen, wie viel Holz auf der Fläche steht, und die Möglich­ B./​P.: Wie beratet ihr Organisationen, ihre Daten zu keit, das Holz auf dem Markt zu verkaufen, wer­ strukturieren? den zugänglich. A.W.: Wir machen gemeinsam mit den Orga­ Im Idealfall helfen wir den Menschen, ihre Daten nisationen eine Inventur ihrer Daten und ihrer bewusst aufzunehmen und aus ihnen zu lernen. Datenstruktur. Im zweiten Schritt überlegen wir gemeinsam, wie man die vorhandenen, häufig B./​P.: Haben die Bauern in Indonesien selbst schon unstrukturierten Daten aufarbeiten und ein kon­ Umweltbewusstsein? Verstehen Menschen mit sistentes Datenmodell aufstellen kann. Die Daten gesundheitlichen Problemen, dass unter Anderem werden hierbei Stück für Stück in eine Forst-Infor­ Pestizide die Ursache davon sind? mations-Datenbank integriert, die über das Internet A.W.: Beispielsweise in Gegenden, wo sehr viele erreichbar ist. Entsprechend den Projektanforderun­ Herbizide gesprüht werden und wo die Menschen gen entwickeln wir diese Datenbank immer weiter. krank werden, da gibt es natürlich den Wunsch nach Ich bin selber Förster und unser Vorteil ist, dass mehr Nachhaltigkeit. wir uns als Team im Waldsektor gut auskennen und Ich denke schon, dass Betroffene in Pestiziden gleichzeitig verstehen, mit welchen Informations- eine Ursache für gesundheitliche Probleme erken­ Tools die praktischen forstlichen Fragestellungen nen. Häufig wird in der Praxis aber der Arbeitsschutz unterstützt werden können. vernachlässigt und Pestizide ohne Schutzkleidung und Mundschutz appliziert. B./​P.: Sind diese Informationssysteme sowohl für die Bauern und Bäuerinnen selbst, als auch für die B./​P.: Aber die Bauern und Bäuerinnen freuen sich NGOs nutzbar? Und sofern sie einen Internetzugang schon, wenn ein derartiges Projekt kommt oder mei­ haben, um ihre Daten anschauen zu können, was nen Sie, sie werden oft überrumpelt?

40 > Indonesien > Interview mit Alexander Watson von OpenForests südostasien ‹ 3/2017 A.W.: Die Entwicklungsarbeit ist voll von Bei­ Der Indikatorenkatalog ist IRIS- aligned. IRIS ist spielen, in denen EntwicklungshelferInnen irgendwo ein international anerkannter impact metrics Katalog, hingehen mit tollen Ideen und die lokale Bevölke­ der von der Rockefeller-Stiftung aufgebaut wurde. rung bevormunden. Das Rating hat zwei Stufen. Jedes Projekt kann Wir versuchen deshalb mit unseren Tools, die mit Hilfe der Indikatoren seine ganzheitliche, bezie­ Leute vor Ort zu empowern, die Arbeit, die sie hungsweise nachhaltige Performance messen. Bei ohnehin tun, effizienter und nachhaltiger zu verrich­ Bedarf kann dann ein drittes, unabhängiges Unter­ ten, und mit der neuen Qualität ihres Managements nehmen die Indikatoren vor Ort in einem unabhän­ und ihrer Produkte auch die Märkte zu erreichen gigen Audit überprüfen. Die jeweilige Performance und faire Preise zu erzielen. Niemand wird dazu wird dann in einem öffentlich zugänglichen Bericht gezwungen, neue Technologien zu verwenden. festgeschrieben. Organisationen nutzen die Indikato­ ren zum Beispiel für ihre Nachhaltigkeitsreportings. B./​P.: Ich hätte noch eine Frage zu dem FairForest Rating. Wie wird das durchgeführt? Macht das jede B./​P.: Was sind die langfristigen Pläne von OpenFo­ NGO selbst? Und wäre es dann nicht naheliegend, rests? Ist es die weitreichende, effiziente Kartierung, dass man sich besonders sozial und nachhaltig dar­ mit so vielen Indikatoren wie möglich? stellen würde? A.W.: Wir wünschen uns, dass wir Informati­ A.W.: Das FairForest Rating ist auf einem öffent­ onstools bauen können, seien es Drohnen oder lich zugänglichen Katalog von ungefähr 170 standar­ mobile Field-Apps (Forstinformationssysteme), mit disierten Indikatoren aufgebaut, die soziale, ökologi­ denen wir möglichst viele kleine Projekte in die sche und wirtschaftliche Performance messen. Lage versetzen, nachhaltig Forstwirtschaft zu betrei­ ben. Wir möchten kleinere und mittlere nachhaltige Forstbetriebe und Waldbauern wettbewerbsfähig machen. Sie sollten sich zusammenschließen kön­ nen, sodass sie nicht durch die großen, häufig nicht Alexander Watson nachhaltigen Unternehmen vom Markt verdrängt werden können. So würden wir in der Zukunft als hat seinen Bachelor of Science in der Forstwirt­ eine nachhaltige Wald-Kooperative gemeinschaftlich schaft absolviert. Nachdem er Erfahrung in der Holz und andere Waldprodukte vermarkten und ver­ nachhaltigen Forstwirtschaft gesammelt hat, grün­ kaufen können. Das ist unsere Vision. Und das über­ dete er 2011 mit zwei FreundInnen OpenForests. all auf der Welt. 

BLICKWECHSEL

August 2017 Anne Krahnstöver, Philippinen - Kämpfen für den Frieden Juli 2017 Julia Breuer, Two Belts, One Road? The Role of Africa in Chinas’s Belt & Road initiative Juni 2017 Lilli Breininger, Verkündung des Kriegsrechts in Mindanao Mai 2017 Nicola Glass, Lichtjahre von Demokratie entfernt - Thailand drei Jahre nach dem Militärputsch April 2017 Mandy Fox, Ein Jahr NLD-geführte Regierung in Myanmar - Eine Bilanz

Maria Tschanz und Moinka Schlicher, Genug! – Ringen um Anerkennung und Gerechtigkeit in Timor-Leste

Gregor Grossmann, OBOR und die Sino-Mongolische Beziehung März 2017 E. San Juan jr. und Andy Piascik , Vorwort: Rainer Werning, Killings Fields und Volkskrieg in den Philippinen

Edith Koesoemawiria, Indonesien – Eine vertriebene Gemeinde in Jakarta lässt sich nicht unterkriegen WECHSEL BLICK Aktuelle Analysen und Informationen. Hrsg.: Stiftung Asienhaus. Auf dem Laufenden bleiben: kostenlos Asienhaus-Rundbrief abonnieren. Blickwechsel-Download: www.asienhaus.de/stiftung-asienhaus/unsere-arbeit/publikationen/blickwechsel/

südostasien › 3/2017 Interview mit Alexander Watson von OpenForests < Indonesien < 41 von Svenja Hübinger Fake News made in Indonesia Wie Jakartas Gouverneur vor Falschmeldungen Die Autorin studiert Süd- kapitulieren musste ostasien- und Wirtschaftswis- senschaften an der Universität Als bevölkerungsreichstes muslimisches Land der hall, da sich Ahoks Volksnähe und Antikorruptions­ Passau und hat Welt wird Indonesien im öffentlichen Diskurs nicht maßnahmen großer Beliebtheit erfreuten. So lag er im Herbst 2016 selten als Vorbild für die Vereinbarkeit von Islam bei Wahlumfragen 2017 zunächst weit vorn. ein Auslandsse- und Demokratie gepriesen. Auch in Indonesiens Dies änderte sich allerdings schlagartig nach mester an der Medien- und Onlinewelt gilt eine relativ hohe Mei- der viralen Verbreitung eines Videos mit manipu­ Universitas Atma Jaya in Yog- nungsfreiheit. Inzwischen hat sich der Inselstaat lierten Untertiteln einer Rede Ahoks in den sozia­ yakarta, Indone- sogar einen Namen als ›Social-Media-Weltmeister‹ len Medien. In Wirklichkeit hatte der Amtsinhaber sien, absolviert. gemacht. Und das, obwohl noch vor etwa zwanzig darin gewarnt, konservative Geistliche könnten die Jahren eine strikte Kontrolle des Internets durch Sure 51 des Koran zu politischen Zwecken gegen ihn das autoritäre Suharto-Regime herrschte. Dennoch instrumentalisieren, um potenzielle WählerInnen in birgt diese fundamentale Öffnung auch Gefahren die Irre zu führen. Laut Auslegung einiger muslimi­ für die junge Demokratie des Landes. scher AnführerInnen solle diese Sure MuslimInnen angeblich verbieten, Nicht-Muslime oder -Muslimas in politische Führungsrollen zu wählen. Das bear­ Der ehema- beitete YouTube-Video erweckte allerdings den Ein­ lige Gouverneur Jakartas »Ahok« druck, als mahne Ahok, sich nicht von Sure 51 täu­ Basuki Tjahaja schen zu lassen. Purnama. Das gefälschte Video verbreitete sich wie ein © Wikimedia Lauffeuer, und Ahok erntete heftige Kritik auf Face­ Commons book, Twitter und anderen sozialen Netzwerken. Sowohl von Seiten islamistischer Gruppen als auch gemäßigten MuslimInnen wurden Vorwürfe der Blas­ phemie laut. Binnen kurzer Zeit kursierte eine Welle an Hasskommentaren. Imame drohten damit, die Durchführung von Beerdigungen zu verweigern, falls die Betroffenen für Ahok stimmen sollten. – Auf der Gegenseite holten auch seine Anhänger zu einem Online-Schlag aus: »#KamiAhok« (›Wir sind Ahok!‹) wurde in kürzester Zeit zum meistgeteilten Hash­ tag (›Schlagwort‹) Indonesiens. Der Konflikt spitzte sich jedoch nicht nur in der virtuellen Welt zu, son­ dern wurde auch in den Straßen der Hauptstadt aus­ getragen. In Folge der Anschuldigungen kam es am 4. November 2016 zu Anti-»Ahok«-Massendemons­ trationen mit mehreren Hunderttausend reaktionär- Die ambivalente Rolle der Neuen Medien fundamentalistischen und radikalen IslamistInnen und SympathisantInnen aus dem ganzen Land. Seit der Wendezeit 1998 haben ethnische Konflikte und religiöse Unruhen die politische Stabilität und Einheit Indonesiens bereits häufig auf die Probe Die FPI und die Macht der Meme gestellt. Erst Ende 2016 traten die gesellschaftlichen Disparitäten wieder deutlich zu Tage, als Jakartas In diesem Drama spielt die national-konservative Gouverneurswahlen von einem religiös aufgelade­ sunnitische Front Pembela Islam (›Front zur Verteidi­ nen Machtspiel überschattet wurden. Im Fokus der gung des Islam‹ / ​FPI) eine maßgebliche Rolle. Die Kontroversen stand der damalige, sich zur Wieder­ radikale Gruppe ist dafür bekannt, enge Beziehun­ wahl stellende Gouverneur der Hauptstadt Indone­ gen zu Teilen der staatlichen Sicherheitskräfte sowie siens, Basuki Tjahaja Purnama, genannt »Ahok«. Als zu den konservativen Eliten um den Militär Prabowo chinesisch-stämmiger Christ vertrat Ahok gleich zwei Subianto zu pflegen, dessen Kandidat Anies Baswe­ Minderheiten Indonesiens, weshalb er die Missgunst dan in Folge der Missstimmungen gegen Ahok die der Vertreter des konservativen Islam erntete. Diese Gouverneurswahlen im Frühjahr 2017 als Sieger für fanden anfänglich keinen besonders großen Wider­ sich reklamierte.

42 > Indonesien > Fake News made in Indonesia südostasien ‹ 3/2017 Während der Proteste am 4. November 2016 in Jakarta fordern Demons- tranten »Pen- jarakan Ahok« (›Ahok hinter Gitter!‹). © Data RB

Vieles spricht dafür, dass das manipulierte Video »Turn Back Hoax« – gezielt und professionell vertrieben wurde. Die FPI Indonesiens Kampf gegen Fake News ist längst für die Verbreitung sogenannter Internet­ meme (englisch: ›memes‹) über soziale Medienka­ Zweifelsohne hatten Meme und »Fake News« näle wie Facebook, WhatsApp oder Twitter bekannt. (›Falschnachrichten‹) die Fronten in Jakartas Gouver­ Dies sind digitale Inhalte beispielsweise in Form neurswahl verhärtet. Die Gefahr, die die Zunahme von Grafiken, Fotos oder Videos, die von NutzerIn­ von Falschmeldungen darstellt, geht jedoch weit nen beliebig variiert und weiterkommuniziert wer­ über die Wahlen hinaus. Soziale Medien werden zur den können. Im Wesentlichen dienen sie hier dazu, Verteilungsplattform, um im Namen der Meinungs­ die Ideologie der Gruppe populär zu machen. Dabei freiheit Falschmeldungen zu politischen Zwecken zu werden islamistische und nationalistische Symbole verbreiten. Auch Präsident Joko Widodo hat längst und Narrative meistens so eingesetzt, dass nega­ erkannt, dass Falschmeldungen eine potenzielle tive Emotionen und Ressentiments besonders bei Bedrohung für die indonesische Demokratie darstel­ der muslimischen Unter- und Mittelschicht geschürt len, wenn sie die Basis für politisches Engagement werden. und soziale Bewegungen bilden. Fake News stellen Auch im Zuge des Skandals um Ahok kursierten keinesfalls ein neues Phänomen dar. Im Gegenteil, unzählige Meme, die Ahok als »Kafir« (›Ungläubi­ bereits im Zuge der Präsidentschaftswahlen 2014 gen‹) und die vermeintliche Blasphemie als Bedro­ bekam Joko Widodo dies am eigenen Leibe zu spü­ hung der nationalen Einheit Indonesiens verun­ ren. So veröffentlichten seine Gegner beispielsweise glimpften. Besonders kontroverse Meme spielten einen gefälschten Nachruf, der ihn als »Christ chi­ sogar auf tief verwurzelte anti-chinesische Vorur­ nesischer Abstammung« betitelte. Als Antwort kün­ teile an und brandmarkten Ahok als Kommunis­ digte die Regierung den Kampf gegen Falschmel­ ten. – Mit derart provokanten Online-Inhalten ist es dungen im Netz an. Dabei soll die Einrichtung einer der FPI bisher immer wieder gelungen, Indonesiens neuen Cyber-Behörde auf nationaler Ebene helfen, schwelende religiöse und gesellschaftliche Konflikte die VerfasserInnen von Fake News zu entlarven. anzuheizen und über die Sozialen Medien im indo­ Fraglich ist jedoch, wie erfolgreich derartige staat­ nesischen Internet AnhängerInnen zu werben und liche Maßnahmen in Zukunft die Verbreitung von zu mobilisieren. Diese wiederum organisieren sich Falschmeldungen unterbinden können. Zum einen auch offline und tragen ihre radikale Haltung auf die schien es in der Vergangenheit so, als sei die Thema­ Straße und bis in die Regierungspolitik. tik der öffentlichen Moral wichtiger als die wirklich südostasien › 3/2017 Fake News made in Indonesia < Indonesien < 43 Die »hoax«- Suchfunktion der Website turn- backhoax.id. © Svenja Hübinger

akuten Probleme. So waren staatliche Institutionen ral gesinnten Teils der Bevölkerung. Hashtags wie bisher beispielsweise viel restriktiver in der Zensur »#RIPHukumIndonesia« (›Ruhe in Frieden, indone­ vermeintlich pornographischer Inhalte als bei radi­ sische Rechtsbarkeit!‹) spiegeln den Versuch wieder, kal-islamischen. Ferner lässt sich eine Intensivierung der wachsenden Missgunst Ausdruck zu verleihen. staatlicher Zensurpraktiken schwer mit dem demo­ Es ist schon besorgniserregend, dass es in Indo­ kratischen Prinzip von Meinungsfreiheit vereinen. nesien möglich ist, aufgrund einer vage definier­ Aber wo staatliche Maßnahmen noch eine Weile ten Blasphemie-Klausel Kritik an der Instrumentali­ auf sich warten lassen, hat die Öffentlichkeit erfah­ sierung des Korans mit einer Haftstrafe ahnden zu rungsgemäß bereits eine Antwort parat. In Indone­ können. Der Fall »Ahok« stellt ein Paradebeispiel für siens Fall heißt sie Turn Back Hoax. Das Konzept das Bemühen der radikal-islamischen Kräfte dar, das der von der Privatinitiative Indonesian Hoax Bus- politische und gesellschaftliche Leben Indonesiens ters gegründeten Crowdsourcing-Plattform basiert nach ihren Grundsätzen zu beeinflussen. Die sozi­ auf einer aktiven Beteiligung ihrer User: Sie sollen alen Medien fungieren dabei als Kommunikations­ Nachrichten, Bilder oder Websites melden, die sie kanäle für eine schleichende Islamisierung Indonesi­ als Falschmeldung (englisch: ›hoax‹) verdächtigen. ens. Es scheint, als sei die ›Always-On‹-Gesellschaft Diese Inhalte werden dann in Foren öffentlich dis­ Indonesiens besonders anfällig für polarisierende kutiert und verifiziert, und die Ergebnisse schließlich Meme und Falschmeldungen. Das Blasphemie-Urteil auf der Website turnbackhoax.id präsentiert. Dieser hat gezeigt, wie derartige Internet-Phänomene die Online-Service soll NutzerInnen in ganz Indonesien Macht besitzen, die Gesellschaft spalten zu können. dabei helfen, Falschmeldungen von echten zu dif­ Gleichzeitig ist er auch ein Weckruf an die Zivil­ ferenzieren, mit dem Ziel, den Missbrauchs sozia­ gesellschaft Indonesiens zur Verteidigung der Mei­ ler Medien zum Anheizen ethnischer, religiöser und nungsfreiheit. Wichtig ist dabei eine umfangreiche sozialer Spannungen einzudämmen. Förderung von Medienkompetenz. – Das geschil­ derte Dilemma ist ein durchaus alarmierendes Zei­ chen für den Versuch des fundamentalen Islam, Der Prozess gegen »Ahok« und seine Folgen Indonesiens Politik und Gesellschaft zu untergraben. Um des sozialen Friedens und der Einheit Indonesi­ Tatsächlich erhob nun die Staatsanwaltschaft Mitte ens willen bleibt zu hoffen, dass religiöser Pluralis­ November 2016 Anklage gegen Basuki Tjahaja Pur­ mus und friedliche politische Debatten (weiterhin) nama wegen Blasphemie, und es kam zu einem möglich sein werden – ohne hetzende Meme und Aufsehen erregenden Prozess. Als im Mai 2017 der Falschnachrichten! Die Feuerprobe dafür werden ehemalige Gouverneur zu zwei Jahren Haft verur­ wohl die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2019 dar­ teilt wurde, kam es zu einem Aufschrei des libe­ stellen. 

44 > Indonesien > Fake News made in Indonesia südostasien ‹ 3/2017 von Manuela ”It really has the potential Hinderhofer to cause problems!” The author is currently stu- Interview with Irendra Radjawali about the dying Interna- influence of information, pseudoscience and tional and Cul- tural Business media on the governor election in Jakarta 2017 Studies (BA) at the University of Passau with As part of the OPEN-SOUTH EAST ASIA workshop But where I felt significant differences, was in the focus on South East Asia. Her in Bonn, Irendra Radjawali gave us his opinion on usage of WhatsApp. In Jakarta, during the time of the exchange pro- the progress and media effectiveness of informa- protests the immense utilization of WhatsApp gave gramme at the tion in Jakarta. Radja is an Indonesian activist who the impression of something big going on. For exam­ University Atma has been in contact with the people during the ple, I was part of a WhatsApp Group of my Univer­ Jaya Yogyakarta governor elections and gave us an insight into the sity friends. Feeling sad of not being able to join the in Indonesia for 6 months in mobilization of the demonstrations. demonstrations, my friend expressed his emotions by 2016 during the texting “I am not the chosen one.” Taking part in the governor pre- protest seemed to be a holy gift from god. Many peo­ election raised Manuela Hinderhofer (M. H.): What was the critical ple regretted that they could not join the demonstra­ her interest in turning point in the Ahok case? tions. Based on our observations, I would say that the country Irendra Radjawali (I. R.): Personally I think, the mostly the middle and the upper-middle class were Indonesia, the gubernatorial moment of the uploaded edited video really twisted represented which means the educated ones. There­ election 2017 in the situation. Probably, if his comment had not been fore, contrasting the common point of view, every­ Jakarta as well as changed and the video had not existed, the situation one – the poor and the rich from Jakarta and even the case of Ahok. would not have been so crazy. from Bogor, Tangerang or Bekasi were part of the demonstrations in the Indonesian capital. M. H.: To what extend did social media and other internet platforms play a role in triggering the Anti- M. H.: Who were the people behind those demon­ Ahok sentiment? Who are the people spreading the strations? fake news in your opinion? I. R.: Firstly, the Islamic Defenders Front FPI (Front Irendra Rad- I. R.: I don’t think that only online social media Pembela Islam). Secondly, the politicians who were jawali in con- were responsible for the Anti-Ahok sentiment. already against Ahok before the blasphemy allega­ versation with Svenja Hübin- Of course, it played both a big and a critical role tion. Actually, some of the military or ex-military ger and Manuela because of our digital culture, which tends to be people were behind the movement as well. The FPI Hinderhofer on getting more and more instant and fast. The group was the main group pulling the strings behind the the OPEN SOA behind the ones against Ahok was using social Anti-Ahok sentiment but the question is, how can Workshop in media as their platform to organize people for the the FPI be so brave if there’s no power behind them? Bonn, Germany. © Nadja Kützing, protests and the Anti-Ahok movement. But they were Forum Interna- also organizing themselves offline to attract people M. H.: Was the Ahok case a question of religious or tionale Wissen- to work for them. The groups against Ahok tend to rather political issues? schaft mention millions of people, who took part in the protests. But in reality, they comprised only a max­ imum of 700.000 participants. If you ask me, they could mobilize that amount of people because there was an offline movement included. So, I don’t think only social media by itself could have had such a huge impact and big numbers of protesters at the 4th November in Jakarta.

M. H.: How did you experience the atmosphere in Jakarta? I. R.: I was in Jakarta during the first protest, in the southern part. It was dependent on where you were in Jakarta. The people in South-Jakarta knew that there was something going on, that there were Mus­ lims on the street protesting. It was not as if they did not care but they kept their daily life going as usual. südostasien › 3/2017 »It really has the potential to cause problems!« < Indonesien < 45 Indonesia with internet access – one of it was my University in Bandung. After Suharto stepped down and the reformation happened, the internet was a lit­ tle more open, more accessible. Maybe also due to the development of new technologies and the open­ ing of the market. Nowadays, I would argue that it is a curse for the Indonesian state. Maybe I am exag­ gerating but in the current situation it is definitely not a blessing for Indonesia. People are not able to filter the information which is very instant. I would not say that Indonesia is not ready for this development. In my opinion, it is not a matter of readiness but a mat­ ter of the way people deal with such changes regard­ ing their cultural imprint, their social framework and their political culture. And in Indonesia the reality is, that the old conservative way of thinking in hierarchy and sexism is still prevalent. That is the reason I don’t think of it as a blessing. It really has the potential to cause problems in my opinion.

Irendra Radja- I. R.: I would argue that behind all these inci­ M. H.: Do groups like the FPI use social media to wali during his dents, it was a political power play but where reli­ promote a controversial view of the religious world talk at the work- gion also played a role. Ahok’s opponents used reli­ like in Ahok’s case? shop in Bonn, Germany. gious and ethnical aspects as their instruments to I. R.: I would say yes. Online social media was © Nadja Küt- abuse their power. But please remember that there not filled by proponents of diversity and tolerance. zing, Forum are many other Anti-Ahok groups, which I am also It was mainly filled by the extremists as our research Internationale part of, which do not refer to religious principles. can say so far. So yes, the FPI used it and there was Wissenschaft The opponents are not against him due to Ahok’s no rival or no fighting back. They rather used social Chinese or Christian background but because of his media for propaganda purposes than for recruiting rather aggressive approach on developing Jakarta. people. Researches have shown that the recruitments For example, the evictions of the poor people in stay offline and are still current. Additionally, apart the slums as well as the construction of the artificial from propaganda through social media, social media islands called reclamations. But on the other hand, users were kept under surveillance. In my opinion, this Anti-Reclamation movement was also influ­ they observed the people reading the propaganda in enced by a prominent Muslim person, Amien Rais, order to choose which one to recruit or approach the leader of Muhammadiyah, one of the two biggest offline. Therefore, they use the social media in two Muslim organizations in Indonesia. He turned the different ways: spreading out their propaganda and resistance against these artificial islands into a resist­ monitoring users to get candidates for their intention. ance against Chinese business men. As you see, the political aspect is the main issue followed by argu­ M. H.: Which state interventions could be imple­ ments of religious and ethnical aspects. mented in Indonesia to avoid or reduce the so-called fake news regarding the internet and social media? M. H.: Do politicians in Indonesia use religion as a I. R.: At the moment, I think the reaction of the kind of capital? government regarding fake news is banning them. I. R.: Some of the big political parties are still hes­ But in my opinion, this is a wrong approach. I would itant of using a religious strategy but that does not argue the better approach is the one of a working mean that they will not use it in future. Now, they together. The Indonesian government should work probably don’t want to be seen as racists but ear­ together with different groups of the society – Mus­ lier speeches of some of the prominent politicians lim groups, Christian groups, youngsters or oth­ from the big parties have already shown a tendency ers. It is important to create collectives which work of bringing up this topic. together trying to frame the news. It is important that they make networks possible. In that way, the pro­ M. H.: Was the opening of the internet and the cess of recognizing the fake news can be faster and evolvement of social media platforms after the fall of probably more precise or accurate than the current Suharto rather a danger or a blessing for Indonesia? solution of giving it to experts or consultants. What I I. R.: My generation struggled under Suharto and have in mind is that neither the government nor the the internet was something luxurious. There were society can manage this problem on their own. They probably only two institutions around 1993/94 in must work together! 

46 > Indonesien > »It really has the potential to cause problems!« südostasien ‹ 3/2017 von Die tödliche Gefahr Lisa Lehmann bei der Smartphone-Produktion Die Autorin ist Studentin der Das Thema Open Data geht Hand in Hand mit der Umgang mit gefährlichen Substanzen findet in den Kulturwirtschaft an der Universi- Herstellung von Produkten in der Elektroindustrie. Unternehmen selbst quasi nicht statt. Durch die stän­ tät Passau. Ohne die Vielzahl an Innovationen auf diesem Sek- digen Wechsel der Einsatzorte – es werden zumeist tor, die uns die letzten Jahrzehnte gebracht haben, nur befristete Arbeitsverträge durch Subunternehmen wäre eine Diskussion darüber, möglichst viele angeboten – ist es für die Belegschaften kaum mög­ Daten für so viele Menschen wie möglich freizuge- lich, sich zu organisieren oder im Falle einer Erkran­ ben, wohl obsolet – Social Media ohne Smartpho- kung nachzuvollziehen, wann und wodurch diese nes ist fast undenkbar. Bei allen positiven Effekten, hervorgerufen wurde. die Open Data gerade in Ländern Südostasiens haben kann, gibt es hier Gefahren, die sowohl von den Industriekonzernen als auch von den Regie- Die Organisation der ArbeiterInnen rungen vertuscht werden. Die lebensgefährlichen Folgen für die ArbeiterInnen in der Elektronikher- Es gibt bereits einzelne Gewerkschaften wie die stellung, deren Ausbeutung und die Ignoranz der Federation of Indonesian Metal Workers, deren Machthaber werden im Folgenden am Beispiel der Hauptziele höhere Löhne sowie die Aufklärung über Insel Batam beleuchtet. gefährliche Substanzen und gesundheitliche Risiken sind. Durch organisierte Streiks wurden in den letz­ ten Jahren zwar die Einkommen der ArbeiterInnen Die Insel Batam verbessert, die gesundheitliche Situation aber kaum. Internationale Websites wie www.chemhat.org, die Batam ist eine wichtige indonesische Insel und liegt über Chemikalien aufklären und »von ArbeiterInnen im sogenannten Wachstumsdreieck zwischen Singa­ für ArbeiterInnen« entwickelt wurden, gibt es derzeit pur, Malaysia und Indonesien. Aufgrund der beson­ nur auf Englisch oder Spanisch. deren geographischen Lage wurde im Jahr 1989 eine Bereits seit den 1970er und 80er Jahren ist in den Freihandelszone eingerichtet, die zu einem starken USA wissenschaftlich erwiesen, wie krankheitserre­ Wirtschaftswachstum auch in der Elektroindustrie gend chemische Stoffe bei der Elektronikproduktion geführt hat. Im Jahr 2008 wurde die Branche außer­ sind. Fehlgeburten, Krebserkrankungen und sogar dem zu einer der sechs wichtigsten Industrien von Todesfälle führten zu Schadensersatzzahlungen in der indonesischen Regierung bestimmt. Millionenhöhe und schließlich zur (nicht nur huma­ Die Einwohnerzahl von Batam ist in den letzten nitären, sondern sicher auch ökonomisch geleiteten) fünfzig Jahren um das 90-Fache gestiegen. 90 Pro­ Erkenntnis, besser in Prävention und Aufklärung zu zent der Beschäftigten in der Elektroindustrie sind investieren. – Was auf Batam wie in allgemein Asien Frauen aus dem ganzen Land. Aufklärung über den weiterhin zu beobachten ist, scheint daher noch

Lage der Insel Batam © Google Maps

südostasien › 3/2017 Die tödliche Gefahr bei der Smartphone-Produktion < Indonesien < 47 Kritische Berichte über die hochproblematischen Arbeitsbedingungen an den Produktionsstätten sind dagegen kaum zu finden. Auch deshalb bleiben Schreie der Entrüstung der Konsumenten aus den Industrieländern aus.

Die Rolle von Open Data

Hier kommt der Begriff »Open Data« wieder ins Spiel. Sie können tatsächlich auch für die Arbeite­ rInnen in den Fabriken von Batam zu einer Verbesse­ rung ihrer Situation führen. Open Data könnte einerseits die ArbeiterInnen über die Sicherheitsrisiken direkt informieren und andererseits die Konsumenten der Industrienationen sensibilisieren – etwa um mit Websites oder über Handy-Apps Druck auf Elektronikkonzerne zu auf­ zubauen. Meiner Meinung nach fehlt sowohl in unserem Teil der Welt als auch in den jeweilig betroffenen Ländern ein Bewusstsein über die schlimmen Folgen für die Arbeiterinnen und Arbeiter. Open Data, Lob­ Fahmi Panim- unfassbarer: Prävention, Aufklärung oder anderwei­ byisten und AktivistInnen könnten hier Abhilfe schaf­ bang auf dem tigen Schutz der ArbeiterInnen stellt keinen großen fen und Protestbewegungen initiieren. – Einer dieser OPEN SOA Kon- Stellenwert dar. Aktivisten ist Fahmi Panimbang von LIPS, der einen gress in Bonn. © Forum Inter- Schulterschluss gegen die kapitalistische Globalisie­ nationale Wis- rung erreichen will und sich für eine Überwachung senschaft, Bonn Jakarta lässt Verantwortung missen transnationaler Organisationen einsetzt. Die Elektronikriesen werden auf Forderungen wie Die indonesische Regierung hätte zwar die Mög­ die der internationalen Kampagne »Good Electronics lichkeit, eine fairere Behandlung der eigenen Bür­ Challenge« nach einem Verzicht auf gesundheits­ gerInnen anzuordnen. Jedoch scheint das Ziel, die gefährdende Chemikalien und der Nutzung siche­ Elektroindustrie zu einer der größten des Landes rer Produktionsmethoden wohl nur dann reagieren, zu machen, für die Machthaber wichtiger als die wenn genügend Endkonsumenten auf einer fairen Gesundheit der ArbeiterInnen zu sein. Laut einem und gesundheitsrisikoarmen Herstellung bestehen. Bericht des Sedane Labor Resource Center (LIPS) gibt es in ganz Batam keine staatlichen oder freien Ärzte. Die medizinische Versorgung findet daher nur durch Ein erster Schritt: Das »Fairphone« Betriebsärzte statt; uneingeschränkte Aufklärung und umfassende Behandlungen scheinen daher sehr frag­ Ein positives Beispiel in diesem Zusammenhang gibt würdig. es bereits. Das Unternehmen Fairphone mit Sitz in Amsterdam verwendet laut eigenen Angaben aus­ schließlich konfliktfreie Mineralien und Fairtrade- Die Rolle der Verbraucher Gold in seinem neuen Smartphone »Fairphone 2«. Zwei der Hauptziele des Unternehmens sind der Ausbeutung von ArbeiterInnen in südostasiatischen Einsatz von fair gehandelten Rohstoffen und gute Ländern ist leider immer noch Gang und Gäbe. Die Arbeitsbedingungen. Aber auch dort weiß man: anfängliche Betroffenheit der Konsumenten nach Umdenken braucht seine Zeit. Daher wird es wohl einem neuerlichen Skandal etwa über einen gro­ noch einige Jahre dauern, bis sowohl das Bewusst­ ßen Textilhersteller weicht oft schnell wieder einem sein für die Problematik als auch die Bereitwilligkeit, ernüchternden Pragmatismus nach dem Motto: ‚Wo mehr Geld für verbesserte Bedingungen auszugeben, und was können wir denn guten Gewissens noch sich verändert haben und zu besseren Verhältnissen kaufen, wenn das eigene Budget begrenzt ist?‘ unter anderem in Batam führen. 

48 > Indonesien > Die tödliche Gefahr bei der Smartphone-Produktion südostasien ‹ 3/2017 Die Autorin ist KURZ NOTIERT Absolventin des MA-Studien- von Ariane Grubauer gangs Southeast Asian Studies an der Universität EU-Resolution zu Palmöl – Reaktionen Passau. Anfang April 2017 hatte das Euro­ Produktivität. Mansuetus Darto, nachhaltiges Palmöl anerkennen. päische Parlament eine (nicht bin­ Koordinator der Serikat Petani Anfang August unterzeichneten dende) Resolution verabschiedet, Kelapa Sawit (Vereinigung der zudem das indonesische Staats­ die eine einheitliche EU-weite Palmöl-Bauern), sagte: »Wir wis­ unternehmen PT Perusahaan Per- Zertifizierungsregelung für Palmö­ sen, dass bisher die Bauern dazu dagangan zum Tausch von indo­ limporte sowie ein Verbot von benutzt wurden, um das Verhal­ nesischen Agrarprodukten gegen Biokraftstoff aus nicht nachhaltig ten von Konzernen und Unterstüt­ russische Kampfflugzeuge. Fadhil produziertem Pflanzenöl vorsieht zern der Palmölindustrie zu legi­ Hasan, geschäftsführender Direk­ (vgl. südostasien 2/2017). Einige timieren.« tor der Vereinigung indonesischer indonesische NGOs forderten Ein solcher Wandel zeich­ Palmölproduzenten begrüßte daraufhin ihre Regierung auf, net sich jedoch auf Regierungs­ das Abkommen mit den Worten: diese Resolution zum Anlass zu ebene nicht ab. Eine indonesi­ »Angesichts wachsender Ressen­ nehmen, einen grundsätzlichen sche Delegation beim 13. Trade timents gegenüber unserem Bio­ Wandel in der Palmölproduk­ Policy Review der Europäischen diesel in Europa und den USA, tion anzustreben und forderten Union innerhalb der WTO kri­ kann Russland einen alternativen eine Vergabe von Landnutzungs­ tisierte die Resolution als nicht Markt in den kommenden Jahren rechten direkt an Bauern, deren angemessen; die EU müsse die darstellen.« Zugang zu Banken und Unter­ ernsthaften Bemühungen der Antara News 20.4.2017, 6.7.2017 stützung bei der Steigerung ihrer indonesischen Regierung für Jakarta Post 4.8.2017

Kampf gegen HIV/​AIDS – Die vergessenen Frauen

Im Jahr 2016 lag die Zahl der und sterilisierten Nadeln verlang­ an Schwangere verpflichtend; in HIV-positiven IndonesierInnen samt werden konnte, steigt sie der Realität sind sich Mitarbeite­ bei geschätzt 697,000; bei einer unter jungen verheirateten Frauen rInnen in Gesundheitseinrichtun­ Bevölkerung von 257 Millionen weiter an. Regierungsbeamte gen dieser Verpflichtung jedoch entspricht dies einer Prävalenzrate und Mediziner schenken die­ oft nicht bewusst oder sie haben von 0,27 Prozent. Fast die Hälfte sen Frauen wenig Aufmerksam­ nicht die Zeit und/​oder die not­ aller HIV-Infizierten in Indone­ keit, da sie gemeinhin als wenig wendigen Ausstattung. Die weit sien sind Frauen im Alter von gefährdet für eine Ansteckung verbreitete Stigmatisierung von 15 bis 49 Jahren – im Jahr 2007 gelten – dass der Lebenswandel HIV/​AIDS-Patienten sowie ein betrug ihr Anteil noch 22 Pro­ ihrer Männer ein Ansteckungsri­ Mangel an Medikamenten macht zent. Und während die Verbrei­ siko darstellen könnte, wird oft es den Erkrankten generell zudem tung von HIV in Hochrisikogrup­ vernachlässigt. Mit der Infektion schwer eine adäquate medizini­ pen wie Drogenkonsumenten, einher geht für Frauen die Gefahr sche Versorgung zu erhalten. Prostituierten und homosexuel­ HIV an ihre (ungeborenen) Kinder Inside Indonesia 4.7.2017 len Männern durch Aufklärungs­ zu übertragen. Zwar ist in Indone­ arbeit, Gebrauch von Kondomen sien das Angebot eines HIV-Tests

Chinesische Götterstatue als Test für religiöse Toleranz

Am 17. Juli 2017 wurde die etwa stück die aus privaten Spenden tigte Vorwürfe, wie die Statue sei 30 Meter hohe Statue von Guan finanzierte Statue steht, sie mit ohne Erlaubnis errichtet worden, Yu, einem chinesischen General weißen Tüchern und reagierte und die polemische Aussage, die aus der Zeit der Drei Königreiche, damit auf Druck seitens protes­ Statue sei ein Symbol für die Kon­ der in der chinesischen Volksreli­ tierender Muslime und eine Emp­ trolle der indonesischen Regie­ gion als Gott verehrt wird, in der fehlung des lokalen Forums für rung durch Chinesen, kursierten. ostjavanischen Stadt Tuban offi­ Religiöse Harmonie (Forum Keru- Auch vor Ort versammelten sich ziell eingeweiht. Bereits kurze kunan Umat Beragama). Die Sta­ DemonstrantInnen und forderten Zeit später verhängte die Tem­ tue hatte erhitzte Diskussionen in den Abriss. pelverwaltung des Kwan-Sing- den sozialen Medien ausgelöst, Coconuts 7.8.2017 Bio-Tempels, auf dessen Grund­ wobei auch viele ungerechtfer­ Tirto.id 8.8.2017 südostasien › 3/2017 Kurz notiert < Indonesien < 49 von Lucie Dani- Singapore as the open innovation elowitzová and tech hub in South East Asia The author is currently a stu- The ‘Lion City’ has transformed itself from a third- Data sharing as the key to success dent of Internati- world nation with poor infrastructure, low-end onal and culture studies master commerce and limited capital into one of the four Singapore is the leading country in Asia in terms of degree program Asian Tigers and finally becoming a first-world supporting innovation like maps, public transport, at the Univer- metropolis, where smart ideas are born. Hence, trade and crime statistics through open data accord­ sity of Passau. Singapore creates a very attractive environment ing to the Open Data Barometer. In 2011, the Sin­ She spent her for start-ups and it is no wonder that Singapore is gaporean government launched the open data portal last year working partly in Malay- globally well known as Asia’s leading innovation (Data.gov.sg) to enable quality research and enhance sia for a tech and tech hub thanks to its strong state’s investment the public engagement by giving access to publicly start-up com- into technology, start-ups and human capital. available data. The government authorities are keen pany. to create an open data society where data sharing In the global arena, the island nation remains highly contributes towards establishing smart solutions for ranked in the list of start-up ecosystem according sustainable urban living. The Singaporean govern­ to the 2017 Global Start-up Ecosystem reported by ment is a good example of how to make most of the Start-up Genome project. In addition, the 2016 the data for development as well as global progress. Global Innovation Index reports that Singapore is the They are conscious of the potential in unlocking the sixth most innovative economy in the world and first data so that the data can be accessible to the public in Asia for innovation. The digital age, which is shap­ for further utilisation and having a positive impact ing the world around us, offers plenty of opportuni­ not only on their civil society but also on the state ties and challenges. The leaders of Singapore seem economy. On the other hand, an important aspect to to be well-aware of that and therefore have taken the bear in mind is that the published open data should action to boost the future success of Singapore by be relevant and of good quality in order to be easily transforming into a smart city. consumed by the public. This is what the Singapo­ rean government constantly focuses on and ensures by releasing the quality guide to the public for feed­ Smart Nation Initiative back gathering and more importantly, for suggestions where is a space for the improvement. Striving for continuous development of digital tech­ nologies and applications is essential for the fulfil­ ment of any ambitious vision. In 2014, the govern­ Encouraging start-ups ment introduced the Smart Nation program which comprises of education and training to enhance Sin­ When it comes to ease of conducting business, Sin­ gaporean’s skills in using as well as creating modern gapore rated to be one of the easiest places to do technologies. In other words, the island nation made business according to the Ease of Doing Business a political commitment to innovation and technol­ report made by the World Bank, which in turn con­ ogy for the purpose of creating a better place to live tributes to fast growing community of tech start-ups in, taking a big step into the future. in the island nation. The government’s investment

Singapore scenery. © Lucie Dani- elowitzová

50 > Singapur > Singapore as the open innovation and tech hub in South East Asia südostasien ‹ 3/2017 subsidiaries provide special programs to boost the Founder FOSSA- start-up ecosystem in Singapore by creating start-up SIA Hong Phuc spaces for networking and exchanging ideas. More­ Dang at Open over, the accelerator and incubator programs offer SOA conference support emerging start-ups through mentorship, © Forum Inter- training and education. One of the successful initi­ nationale Wis- senschaft, Bonn atives with a positive impact of open technology on social change is the start-up organisation FOSSASIA, founded in 2009 by Hong Phuc Dang and Mario Behling. The free and open source technology organ­ isation is aiming for a positive societal change by bringing talented people together to work on various projects with an essential support of open technol­ ernment, may contribute to the absence of suffi­ ogies. Furthermore, they organise open tech events cient transparency in the online content regulation, and hack labs such as the annual FOSSASIA Open- although there are no restrictions on accessing social TechSummit where participants can learn about new media or communications apps. Especially bloggers developments in software, hardware, science and and independent news have experienced restrictions machine learning attended by skills enhancement actions against their critical contents and offensive oriented tracks. Besides, FOSSASIA Pocket Science posts. Lab aims to develop hardware for schools and uni­ versities to enable pro-active learning about physics and chemistry. Maintaining balance

In spite of this, Singapore managed to develop infor­ Issues of the Smart Nation Initiative mation and communication technology infrastruc­ ture at high-level. One of the projects completed is a The Smart Nation Initiative has made Singapore a governmental initiative of national wireless network, living lab for testing smart solutions to urban issues enabling citizens a free public access. Currently, which require a high degree of coordination among around 82 percent of the Singaporeans have inter­ government, research institutions and companies. net access, offering substantially more freedom com­ Although the whole initiative empowers the people pared to other types of media. Nevertheless, accord­ both ways, it is way too centralised and there is miss­ ing to me such a »tracking system« reminds me of a ing freedom of information law. Based on the annual science fiction movie from near future, where using study Freedom on the Net published by Freedom smart technologies and open data helps to tackle House organisation in 2016, Singapore is only partly the daily life challenges of Singaporean residents free in terms of freedom, civil liberties and political with a desire to transform into a smart nation. How­ rights. On one hand, the republic’s constitution pro­ ever, there is a risk that too smart could be easily vides the high-security environment as well as open turned into a real-time dog watcher taking a control data for the citizens; on the other hand, it uses legal over their lives in the name of public good and eco­ power to obtain personal data for surveillance pur­ nomic growth. Therefore, a balance should be found poses in the name of national security by centrally between technical progress and respect of funda­ controlled internet monitoring. Hence, Singaporeans mental rights and liberties.  have no law which recognises the right to internet pri­ vacy. The interesting finding is that even though cit­ izen’s privacy is not entirely respected by the state, Resources Singaporeans do not seem to be concerned about the > Engadged – Singapore is striving to be the world’s first absence of privacy rights, as the government justifies ›smart city‹, https://​www.engadget.com/2016/11/03/​ its surveillance actions by providing residents the ben­ singapore-smart-nation-smart-city/​ efits of high security. Besides that, there is no need > Freedom House – Freedom on the Net report for any authorization for the state authorities to gather 2016, https://​freedomhouse.org/​sites/​default/​files/​ personal data from any computer, even real time FOTN_2016_Full_Report.pdf when it’s a question of a threat to national security. > OpenGov – EXCLUSIVE – Innovation and informed-de- cision making through high quality open data on Data. The government guarantees open-access to all gov.sg, http://​www.opengovasia.com/​articles/7315- communication carriers and internet providers with­ exclusive---innovation-and-informed-decision-making- out discrimination, however, most of the dominant through-high-quality-open-data-on-datagovsg internet providers are owned by government-linked > SCIENTIFIC AMERICAN CUSTOM MEDIA – Singapore: companies. Furthermore, the fact that large online A Smart Nation, https://​www.scientificamerican.com/​ media companies are closely related to the gov­ products/​singapore-a-smart-nation/​ südostasien › 3/2017 Singapore as the open innovation and tech hub in South East Asia < Singapur < 51 Die Autorin ­leitet die Stif- KURZ NOTIERT tung ­Asienhaus und arbeitet zu von Monka Schlicher ­Osttimor. Osttimor feiert seine erste LGBT-Parade Homo- und Transsexuelle kämpfen grative Nation zu schaffen und nen, karnevalsartigen Stimmung in Osttimor gegen Stigmatisierung Menschen mit unterschiedlichen stattfand, ein Meilenstein in ihrem und Ausgrenzung an. Die Jugend­ sexuellen Orientierungen und Ringen um Anerkennung. Asiens organisation Hatutan, die sich für Geschlechteridentitäten zu akzep­ jüngste Nation setzt ein Zeichen eine inklusive Gesellschaft ein­ tieren. Diskriminierung, Respekt­ der Hoffnung für eine Region, in setzt, rief Ende Juni 2017 zu einem losigkeit und Missbrauch gegen­ der die Rechte von LGBT in vie­ »Marsch für Vielfalt« auf. Über über Menschen aufgrund ihrer len Staaten erheblich in Frage 500 Menschen nahmen an Ost­ sexuellen Orientierung oder ihrer gestellt sind. timors erster LGBT Pride Parade Geschlechtsidentität sei ohne jeg­ Reuters, 19.7.2017 in der Hauptstadt Dili teil. Unter­ lichen Nutzen für die Nation. Er Statement of His Excellency Prime stützung bekamen sie von Premi­ verurteilte Gewalt und Diskrimi­ Minister of the Democratic Republic erminister Rui Maria de Araujo: nierung als Verbrechen. of Timor Leste on LGBT Acceptance, In einer Videobotschaft forderte Für die Aktivist*innen war die ohne Datumsangabe er die Bevölkerung auf, eine inte­ Parade, die in einer ausgelasse­

Nachfolgeinstitution der Wahrheitskommissionen eröffnet

Jahrelang schien die Einrichtung der kontroversen gesellschaftspo­ CTF ihren Bericht. Beide Kom­ einer Nachfolgeinstitution für litischen Themen. missionen haben in ihren Berich­ Osttimors nationale Wahrheits­ Doch Menschenrechtsorga­ ten umfangreiche Empfehlungen kommission CAVR und die bila­ nisationen und Opferverbände ausgesprochen. Das Mandat des terale Wahrheits- und Freund­ trotzten dem politischen Gegen­ Centro Nacional Chega umfasst schaftskommission CTF zwischen wind und ihre Hartnäckigkeit Erinnerungs- und Bildungsarbeit Indonesien und Osttimor in wei­ zeichnete sich aus. Am 17. Juli zum Konflikt (1974–1999) sowie ter Ferne. Anläufe im Parlament 2017, kurz vor Ende der Legis­ die Förderung von Solidarität und 2009 und 2010 wurden blockiert laturperiode, eröffnete Premier­ Aussöhnung. Das Zentrum löst im von politischen Vertretern der minister Rui de Araújo das Cen- ehemaligen Gefängnis Comarca, Veteranen, die zunächst sicher­ tro Nacional »Chega!« – Da dem Sitz der Wahrheitskommis­ stellen möchten, dass erst die Memória À Esperança! (CNC). sion, das Post-CAVR Büro ab. Die­ Veteranen versorgt sind, bevor Das Zentrum trägt die Aufgabe ses Büro war als Übergangslösung man sich den zivilen Opfern im Namen: Chega!, auf Deutsch eingerichtet worden. zuwendet. Im Parlament bleibt die »Genug!«, heißt der Abschluss­ Facebook: Centro Nacional Frage nach dem Umgang mit der bericht der CAVR, Per Memo- Chega – CNC, Acbit – belasteten Vergangenheit eines riam Ad Spem – Durch die Erin­ Asosiasaun Chega! BaIta; nerung zur Hoffnung – titelte die

Anklage gegen Journalisten fallengelassen

Für heftige Kontroversen sorgten wiedergegeben sah, zur Prüfung mierminister Araújo das Gericht die Anklagen gegen den Journalis­ übergeben. Zahlreiche internati­ in einem Brief um Nachsicht und ten Raimundos Oki und den Her­ onale Menschenrechtsorganisa­ sprach sich gegen eine Haftstrafe ausgeber Lourenco Martins wegen tionen und Journalistenverbände aus. Gleichfalls betonte er, dass er »verleumderischer Falschinfor­ verurteilten gemeinsam mit ihren keinerlei Entschädigung aus dem mationen«. Premierminister Rui osttimoresischen Mitgliedsorgani­ Fall gelten mache. Maria de Araújo hatte der Staats­ sationen das Vorgehen der Regie­ IFJ: Victory for press freedom: Timor anwaltschaft einen Artikel aus der rung. Am 1. Juni 2017 hat das journalists spared from jail, 1.6.2017 Timor Post vom 10. November Gericht in Dili die Anklagen fallen The Morning Herald, 2015, in dem er sich nicht richtig gelassen. Zwei Tage zuvor bat Pre­ 31.5.2017

52 > Timor-Leste > Kurz notiert südostasien ‹ 3/2017 von Die Macht der Information Frei Sangil und Open Data und Katastrophenschutz auf den Philippinen Joanna Rosin

Frei Sangil ist Im November 2016 traf Taifun Reming die Provinz die meisten Betroffenen nicht einmal, was ein Tsu­ Präsidentin und Projektmanage- Albay und löste massive Erdrutsche aus. Mehr als nami ist, noch, wie man sich vor einem in Sicherheit rin von Layer­ tausend Menschen kamen dabei ums Leben, wobei bringen kann. Insbesondere in den Philippinen sieht tech und ist etwa 700 Opfer bis heute nicht geborgen werden das Layertech- Team daher die Macht, die Informa­ passionierte Ent- konnten. Unser heutiges Layertech-Team bestand tionen haben und wie es Leben und Tod beeinflus­ wicklerin mit zum damaligen Zeitpunkt aus Studierenden, die sen kann. einer Begeiste- bei der Evakuierung halfen, die eigenen Familien Layertech ist eine Gruppe, die von fünf jun­ rung für Open Data. Neben unterstützten und im Schlamm nach Hab und Gut gen Menschen im Alter von 23–29 Jahren gegrün­ ihrem Physik- suchten. det worden ist. Zwölf Stunden von der Metropole Studium, das sie Manila entfernt gelegen und ohne die Möglichkeit aufgrund finan- Einige Tage nach dem Taifun befanden wir uns gerade der universitären Ausbildung im Bereich der Ana­ zieller Schwierig- auf dem regionalen Markt in Daraga, um zwischen lyse von Daten, waren es online-Kurse, die den Mit­ keiten aufgeben musste, arbeitete von Schlamm bedeckten Leichen schnellstmöglich gliedern das nötige Wissen vermittelten. Neben Hin­ sie als Program- Nahrung und Hilfsmittel zu beschaffen, als jemand dernissen bezüglich der Bildung waren es vor allem miererin. laut »Tsunami!« schrie. Es gab kein Erdbeben, kein finanzielle Schwierigkeiten, die das selbstständige Zeichen der Unruhe seitens des Mayon – zumal Dar­ Erlernen des Programmierens erschwerten. Offene Joanne Rosin ist aga sich 67 Kilometer von Legazpi entfernt befindet, Bildungsangebote im Internet waren somit die ein­ als Forschungs- beauftragte bei der nahegelegensten Stadt mit Meereszugang. Den­ zige Alternative. Layertech tätig. noch breitete sich binnen Sekunden Panik auf dem Nach den ersten Erfolgen und Ehrungen wagten Markt aus, uns eingeschlossen. Menschen rannen die GründerInnen den Schritt und kündigten ihre Unterstützend aus ihren Häusern, Patienten flohen aus Kranken­ sicheren Jobs, um sich ganz ihrem Project Balangay mitgewirkt häusern, Mütter ließen in der Angst, um ihr Leben zu widmen, einem cloudbasierten Informationssys­ haben Angelo zu rennen, ihre Kinder hinter sich. Der Zustand hielt tem zum Schutz vor Katastrophen. Endonela, Ram- nick Lim und stundenlang an. Tatsächlich gab es aber keinen Tsu­ Balangay ist ein Katastrophenschutzsystem, das Rema Magallona. nami. extra für die philippinische Provinz Albay konzi­ Bis heute ist unklar, wer den falschen Alarm aus­ piert wurde. Die Idee bestand darin, ein Warnsys­ Übersetzung aus löste, der sich wie ein Waldfeuer ausbreitete. Sicher tem anzubieten, das zugänglich, zuverlässig und dem Englischen ist nur, dass die Panik zu Verletzungen, Diebstahl sachdienlich in Bezug auf die Informationen für risi­ von Kathrin Spenna. und Eigentumsbeschädigung führte. Zudem wussten koreiche Gebiete ist. Das noch in der Entwicklung

Ein Teilnehmer bei einer »Chal- lenge« in einem Info-Zelt, das von jungen Freiwil- ligen in Legazpi geführt wird. © Frei Sangil

südostasien › 3/2017 Die Macht der Information < Philippinen < 53 (v. l. n. r.) Noel Rosal (Bürger- meister Legazpi City), Vivien Suerte-Cortez (Hivos), Rose- marie Rey (Albay Handelskam- mer), Frei San- gil (Balangay) bei einer Diskus- sion zum Thema »Smart City«. © Frei Sangil

stehende Projekt zielt darauf ab, lebenswichtige wie in einer mathematischen Gleichung überein­ Informationen dorthin zu bringen, wo sie benötigt stimmen, können Probleme und Hürden erkannt werden und sie dabei so einfach verständlich wie werden. Für die Befragung der Bevölkerung koope­ möglich zu transportieren, so dass Betroffene diese rierte Project Balangay in sechs verschiedenen Informationen schnell erfassen können. Gemeinden gemeinsam mit Jugendgruppen aus Um BürgerInnen mit Informationen über mögli­ unterschiedlichen Bereichen, die bei der Durchfüh­ che Naturkatastrophen zu versorgen, musste dabei rung von Tests behilflich waren. Bei dem Test ging zuerst das angesprochene Publikum analysiert wer­ es darum herauszufinden, ob und welche Termini, den, da das Angebot auch von der lokalen Bevöl­ die im Zusammenhang mit Katastrophenrisikomin­ kerung genutzt werden soll. Ein Problem stellte in derung stehen, die ProbandInnen kennen, um ein diesem Zusammenhang die Tatsache dar, dass Daten zukünftiges Frühwarnsystem entsprechend anzu­ über die »durchschnittlichen« NutzerInnen nicht passen. Die Ergebnisse zeigten beispielsweise, dass vorhanden waren. KüstenbewohnerInnen nicht einordnen konnten, was eine Sturmflut ist und welche Anzeichen sie mit sich bringt, obwohl sie tendenziell eher von einer Sturm­ Zugang zu Daten verschaffen flut betroffen sind, als die Teile der Bevölkerung, die im Inland leben. Zu Beginn war es daher wichtig zu lokalisieren, Neben der Befragung analysierte das Team den welche Behörden Informationen zu den einzelnen Internetzugang in den Gebieten, die Endgeräte, Barangays (Dörfern) haben. Dabei spielte das Albay die von der Bevölkerung genutzt werden und wel­ Public Safety and Emergency Management Office che Apps und Webseiten häufig aufgerufen werden. APSEMO eine wichtige Rolle, sammelte es doch Zusätzlich sollten die TeilnehmerInnen Listen mit Daten zu Umweltrisiken in Bezirken, Informationen ihnen bekannten staatlichen Katastrophensimulatio­ zum Alphabetisierungsgrad der Bevölkerung und nen erstellen. Dabei gaben die TeilnehmerInnen an, Haushaltseinkommen. Diese Angaben spiegelten keine staatlichen Programme zur Katastrophenrisiko­ die Perspektive der Regierung wider, wodurch Pro- minderung zu kennen, was eine wichtige Informa­ ject Balangay ein allgemeines Bild der Katastrophen­ tion für NGOs und lokale Behörden darstellt, um in risikominderung in der Provinz Albay nachzeichnen Zukunft verstärkt Aufklärung in diesen Gebieten zu konnte. betreiben. Den Schlüssel zum Erfolg stellt dabei der Ver­ Für umfassende Ergebnisse und einen intensiven gleich mit Interviewergebnissen der lokalen Bevöl­ Austausch mit den Betroffenen war dabei Unterstüt­ kerung dar. Erst, wenn die Aussagen und Beobach­ zung aus verschiedenen Disziplinen nötig, so zum tungen der AnwohnerInnen mit denen der Regierung Beispiel aus Psychologie, Recht, Statistik.

54 > Philippinen > Die Macht der Information südostasien ‹ 3/2017 Inwiefern sind Daten nützlich?

Die ermittelten Daten halfen Project Balangay dabei, die Kluft zwischen Behörden-Informationen und dem Feedback der AnwohnerInnen aufzuzeigen und mit dieser Kluft anzusetzen. Mit der durch Daten bestä­ tigten Gewissheit, dass tatsächlich Handlungsbedarf besteht, war es einfacher, Lösungsansätze umzuset­ zen und weitere Interessierte anzusprechen. Denn die Informationen legten Details offen: die Kluft, den Plan, wo Hilfe nötig ist und wie diese Hilfe bei der Bevölkerung ankommen wird. Nach zehn Monaten Entwicklungszeit waren die Tests ausgereifter und die Anzahl der Gemeindeiniti­ ativen, die für die Teilnehmenden zur Auswahl stan­ den, hatte zugenommen. Stand Juli 2017 ist es mit Hilfe einer staatlichen Förderung möglich Balangay in allen Gemeinden Legazpis vorzustellen und in die lokalen Bemühungen, die Bevölkerung über Natur­ katastrophen aufzuklären, zu integrieren. Das Sys­ und Open Data erweist sich teilweise als schwierig, »Eine Teilneh- tem erlaubt es den NutzerInnen ein Feedback über da die lokale Bevölkerung trotz zaghafter Versuche merin testet Projekte der Katastrophenrisikominderung abzu­ der Regierung, Programme für die Verbesserung von Balangay. © Frei Sangil geben und Anregungen einzutragen, welche The­ digitaler Kompetenz zu schaffen, nicht über genug men stärker ausgearbeitet oder intensiver bespro­ Wissen über digitale Zusammenhänge verfügt. chen werden sollten. Für eine stärkere Vernetzung Außerdem ist es für viele lokale Behörden schwie­ arbeitet Project Balangay mit Schulen und Universi­ rig, ihre Daten in die nötigen Open Data standar­ täten zusammen und setzt sich für die Entwicklung disierte Form zu übersetzen. Oftmals verfügen sie, von E-Learning Programmen ein. Nachdem Legazpi wenn sie über »digitalisierte Daten« sprechen, nur City im Jahre 2016 den e-Gov Preis des Nationalen über eingescannte PDF-Dateien, die nicht lesbar sind. ICT Verband der Philippinen für das Engagement Zudem ist die Datensicherheit in vielen lokalen zur stärkeren Einbindung der BürgerInnen verliehen Behörden nicht gegeben, sodass eigenen Erfahrun­ bekommen hat, interessieren sich immer mehr Schu­ gen nach eine hohe Anzahl an Computern der Kom­ len und Organisationen für die Möglichkeiten, die munalverwaltung mit Viren befallen ist, ohne, dass die Erfassung und Analyse von Daten mit sich brin­ das Personal von der Gefahr weiß. Und selbst, wenn gen. Akteure beginnen zu begreifen, dass ein daten­ die Angestellten von dem Virenbefall wussten, war getriebener Ansatz für die Implementierung neuer ihnen oft nicht oder nicht ausreichend bewusst, wie Projekte hilfreich sein kann, insbesondere, weil auf schädlich der Befall für ihre Sicherheit war. Wünsche und Erwartungen der NutzerInnen einge­ Generell besteht die Auffassung, dass die Ausei­ gangen werden kann. nandersetzung mit Offenen Daten allein für Mathe­ Legazpi City brachte daraufhin mit dem Balan- matikerInnen und hoch gebildete Menschen möglich gay- Team ein Projekt in Gang, das die Stadt in wäre. Dieser Irrtum hält viele davon ab, sich ernst­ eine Smart-City verwandeln soll, wobei Daten und haft mit dieser Thematik auseinanderzusetzen und basisdemokratische Herangehensweisen im Mittel­ grundlegende Datenanalyse zu erlernen. punkt stehen sollen. Die Hoffnung besteht darin, Nachhaltigkeit ist mehr als nur das Bereitstel­ dass direkte Rückmeldungen aus der Bevölkerung len einer technischen Lösung. Wahre Nachhaltig­ zu offener, direkter Kommunikation zwischen Bür­ keit zeichnet sich dadurch aus, wie Menschen in gerInnen und Stadt führen und dass Probleme und den kommenden Jahren diese Technik nutzen und aktuelle Angelegenheiten direkt von den Behörden wie sie sich selbst verbessern können. Daher ist erfasst werden können. die Ermächtigung der Bevölkerung wichtig, die in Zukunft von der Technik profitieren soll. Da das Feh­ len von zugänglichem und erschwinglichem Daten- Herausforderungen im Umgang Training eine Hürde darstellt, setzt Balangay auf ein mit technikbasierten Lösungsansätzen Zusammenspiel aus Lehre, Regierung und privatem Sektor, um Trainings und Lerneinheiten zu ermög­ Obwohl die Vorteile datenbasierter Lösungsan­ lichen. Offene Daten bieten die Möglichkeit Infor­ sätze in immer mehr Gemeinden erkannt werden, mationen schnell, frei und zuverlässig zugänglich gibt es weiterhin Herausforderungen zu meistern. zu machen, nur müssen sie zunehmend als Chance Vor allem der Umgang mit Daten und Wissenschaft verstanden werden.  südostasien › 3/2017 Die Macht der Information < Philippinen < 55 von Justine Balane Education Budget Watch und Marlon Eine jugendliche Lobby für einen Finanzplan im Bildungsbereich Cornelio

Justine Balane Nach jahrzehntelanger schlechter Regierungsfüh- vertraut sind und sich durch umfangreiche Finanz­ ist studentischer rung und der Aufdeckung von Korruptionsskan- pläne wühlen müssen. Zweitens ist studentisches Researcher bei dalen in Millionenhöhe haben die Philippinen im Engagement im Bildungsbudget-Prozess auf die Education Bud- get Watch und Jahre 2010 eine Regierung gewählt, welche sich den Überlegungsphase im Kongress beschränkt, einer begann seine Kampf gegen Korruption auf die Fahne schrieb. Im Periode gegen Ende des endgültigen Haushaltsent­ Arbeit in dem ersten Präsidentschaftsjahr von Benigno Aquino III. wurfs, in welcher die Haushaltsentwürfe der öffent­ Projekt während unterschrieben die Philippinen das Open Govern- lichen Hochschulen bereits durch die Exekutive seiner Zeit als ment Partnership, ein globales Projekt für Trans- gegangen sind. Drittens konnten die studentischen Vorsitzender der studentischen parenz, Bürgerbeteiligung, Anti-Korruption und Organisationen die Bildungsbudget-Lobby noch Vertretung der Entwicklung von Verwaltungsmodernisierung. Die nicht maximieren, abgesehen von der üblichen For­ University of the Initiative setzt sich dafür ein, dass Transparenz auf derung, das Budget zu erhöhen. Einige Gruppen Philippines. präsidialer Ebene gewährleistet wird, indem die haben mit der Lobby versucht zu erreichen, dass Finanzen der staatlichen Behörden auf ihrer Web- sich die Studierenden gegen die Regierung einset­ Marlon Corne- lio ist Vorstands- seite öffentlich gemacht werden. zen, doch verfehlten sie es, die entscheidenden Fak­ vorsitzender toren, warum manche Universitäten weniger Geld von CYAN, einer Diese Verpflichtung eröffnete einer studentischen bekommen, zu identifizieren und zur Sprache zu philippinischen Bewegung Raum, sich aktiv fürs Bildungsbudget zu bringen. Jugend-NGO engagieren. Die Finanzpläne, die auf der Seite der Inmitten dieser Herausforderungen entwickelte und repräsen- Kommission für Hochschulbildung CHED (Commis­ sich Education Budget Watch. Mitglieder des Cen- tierte die Philip- pinen im Global sion on Higher Education) veröffentlicht wurden, das ter for Youth Advocacy and Networking CYAN, einer Youth Anti-Cor- Amt, das Universitäten und Hochschulen regulieren Nichtregierungsorganisation in den Philippinen, die ruption Network. sollte, und die Angaben zu den tatsächlichen Aus­ von Jugendlichen geführt wird, realisierten, dass stu­ gaben, die von der Audit-Kommission COA (Com­ dentischer Aktivismus für die Transparenz im Bil­ Übersetzung aus mission on Audit) veröffentlicht wurden, wurden zu dungsbudget und Mitbestimmung genutzt werden dem Englischen von Sara Dürr den fehlenden Teilen des Puzzles, warum öffentliche konnte. Schulen ein mageres Jahresbudget erhielten. Obwohl die Daten vorhanden sind, gibt es Her­ ausforderungen, insbesondere wenn es darum geht, Informationen als Grundlage für Engagement wie BürgerInnen von den vorhandenen Informatio­ nen Gebrauch machen. Erstens können Informatio­ Das Ziel von Education Budget Watch ist es, konst­ nen der Regierung einschüchternd wirken, insbeson­ ruktives und bedeutsames Jugendengagement im Bil­ dere auf diejenigen, die nicht mit dem Finanzjargon dungsbudget-Prozess zu fördern.

Junge Künstle- rInnen finden kreative Wege, um Mitstudie- rende über den Bildungsbudget- Prozess aufzu- klären. © Justine Balane

56 > Philippinen > Education Budget Watch südostasien ‹ 3/2017 Studierende tre- ten vor dem Beginn des Semesters mit Regierungsvertre- terInnen in einen Dialog. © Justine Balane

Der Ansatz ist zweigliedrig: Erstens sollten Stu­ dass einer der Gründe, warum Behörden die Mittel dierende Zugang zu relevanten Informationen über von staatlichen Universitäten kürzen, die Unfähig­ das Bildungsbudget erhalten und zweitens sollten sie keit jener ist, alle Mittel in einem bestimmten Zeit­ ihre Fähigkeiten in ihrem wertvollen Engagement im raum auszugeben. In den Philippinen sind Behörden, Bildungsbudget-Prozess ausbilden und stärken. sobald sie es nicht schaffen, ihre Mittel im verord­ Dabei ist die erste Herausforderung, Regierungs­ neten Zeitraum auszugeben, verpflichtet, diese dem daten für die Studierenden attraktiv zu machen, Department of Budget and Management, der exe­ um ihr Interesse für das Budget-Lobbying weiter zu kutiven Behörde mit Haushaltsbefugnis, zurückzu­ wecken. Das Projektteam hat herausgefunden, dass geben. Studierende Daten eher verarbeiten, wenn sie visu­ Diese nicht ausgegebenen Mittel sind für das ell und im Internet abrufbar sind. Das Team hat etli­ Budget-Department Grund genug, Gelder zu kürzen. che Stunden damit verbracht, in Workshops und Trai­ Laut dem Education Budget Watch-Bericht haben es nings Regierungsdaten attraktiver zu machen und sie im Jahr 2010 die öffentlichen Universitäten im Raum in einer weniger überfordernden Menge darzustel­ Manila versäumt, im Durchschnitt 10.35 Prozent len. ihrer Mittel aufzubrauchen, im Jahr 2011 waren es Education Budget Watch hat nun eine Facebook- 8.71 Prozent. Seite, auf welcher alle Infografiken und Artikel zum Bildungsbudget gepostet werden. Wenn Studierende einmal Zugang zu den relevanten Informationen Bei Budgetvorlagen mitreden können haben, sind sie besser gewappnet, um sich im Bud­ get-Prozess zu engagieren. Education Budget Watch hat eine Serie mit Infogra­ Education Budget Watch besucht zusätzlich Uni­ fiken veröffentlicht, damit die nicht ausgegebenen versitäten und trifft sich mit StudentenführerInnen, Mittel von unterschiedlichen Hochschulen im Land um das Budget und die tatsächlichen Ausgaben ihrer analysiert werden können. Die Studierenden der Universitäten zu besprechen. Dies dient als Ein­ nationalen Hochschule, der University of the Philip­ stiegspunkt für detailliertere Seminare und Work­ pines, welche von 57.502 Studierenden Studienge­ shops, in welchen die institutionelle Stärke der Stu­ bühren einnimmt (Anmeldungsdaten aus dem Jahr dentengruppen gefestigt wird. 2012), zeigten die größten Bemühungen, mehr her­ Die Initiative durchbricht voreingenommene ausfinden zu wollen: Die nicht ausgegebenen Mit­ Debatten zu Budget-Zuteilungen und versorgt Stu­ tel beliefen sich auf 873 Millionen Pesos. Ein Betrag, dierende mit Fakten zum Budget-Prozess. Zum Bei­ der die Studiengebühren für alle in jenem Jahr ein­ spiel hat Education Budget Watch herausgefunden, geschriebenen Studierenden hätte decken können. südostasien › 3/2017 Education Budget Watch < Philippinen < 57 zip in staatlichen Universitäten und Hochschulen im Jahr 2016 teil. Am Anfang hat Education Bud­ get Watch nur kleine Zuschüsse vom United Nations Development Programme (1000 US-Dollar), dem British Council und dem Weltbank-Institut (3000 US-Dollar) erhalten.

Jugendliches Engagement für Budget- Transparenz

Die Geschichte von Education Budget Watch zeigt das enorme Potential, wie jugendliche Energie für die Budget-Transparenz und –Effizienz sowie andere Initiativen der Good Governance nutzbar gemacht werden kann. Trotzdem muss unterstri­ chen werden, dass, obwohl große Fortschritte in den Bereichen jugendliches Engagement im Bud­ get-Prozess gemacht werden konnten, das Lobby­ ing für öffentlich zugängliche Daten und zivilgesell­ schaftliches Engagement im Budget-Prozess und der Jugend im Besonderen noch einen langen Weg vor sich haben. Obwohl die Aquino-Administration in ihrem letz­ ten Amtsjahr teilnehmende Budgetaufstellungen in Schulen eingeführt hatte, schaffte sie es nicht, ein Freedom of Information (FOI) Gesetz zu verabschie­ den, welches BürgerInnen mehr Macht verliehen hätte, Informationen zu verlangen. Die gegenwär­ tige Administration unter Rodrigo Duterte versprach zu Anfang, ein FOI-Gesetz per exekutiver Maßnah­ men einzuführen, doch KritikerInnen sagen, dass Dutertes Verordnung nur bereits vorhandene Vor­ gaben zur Transparenz wiedergibt. VerfechterIn­ nen von Good Governance müssen sich demnach immer vor der Gefahr rückläufiger Tendenzen in Acht nehmen. Eine neue Bildungspolitik wird sowohl neue Möglichkeiten schaffen als auch Herausforderun­ Solche Dia- Wenn Studierende verstehen, wie Universitäten gen für Initiativen wie Education Budget Watch mit gramme veröf- Geldbeträge erhalten und ausgeben, dann begreifen sich bringen. Der Kongress hat erst vor Kurzem ein fentlicht Edu- sie auch, wie wichtig Engagement in den verschiede­ Gesetz verabschiedet, das ein gebührenfreies Stu­ cation Budget Watch, um Kom- nen Phasen des Budget-Prozess ist. Die Vision ist es, dium in öffentlichen Schulen und Gutscheine für militonInnen dass Studierende bei den Budgetvorlagen mitreden, private Schulen garantiert. Die Erkenntnisse, welche über Ausgaben dass der Kongress und die Exekutive das Budget für Auswirkungen gebührenfreie öffentliche Schulen auf der Regierung zu Bildung erhöhen und dass Studierende anschließend die Umverteilung haben und inwiefern Gutscheine informieren. kontrollieren, wie genau ihre Hochschulen die Gel­ effizient sind, werden die zukünftige Bildungsbud­ © Education der ausgeben. getpolitik beeinflussen. Budget Watch Education Budget Watch wurde zu einer Initia­ Education Budget Watch muss, während es tive, die es geschafft hat, StudentenführerInnen für weiterhin junge Leute für das Engagement in den Budget-Aktivismus zu begeistern und bewe­ ­Regierungs- und Budgetprozessen zusammen­ gen. Das Projekt hat Verbündete und Freiwillige aus bringt, sich in wechselndem Gelände bewegen progressiven Gruppen wie dem Student Council können, auf Reformen ausgerichtete Mühen inten­ Alliance of the Philippines, Bukluran ng mga Pro­ sivieren und rückläufige Tendenzen durch stetige gresibong Iskolar (Versammlung der progressiven Mobilisierung der Jugend bekämpfen. Der Kampf Studierenden) und der Akbayan Youth gefunden. für jugendliche Veränderungen im Bereich von Diese Verbündete und Freiwilligen nahmen an den Good Governance und eine aktive Staatsbürger­ ersten Budgetaufstellungen nach Bottom-Up-Prin­ schaft geht weiter. 

58 > Philippinen > Education Budget Watch südostasien ‹ 3/2017 von Sinn aus der Sinnlosigkeit machen Danilo A. Arao Journalismus und die Kultur der Straflosigkeit in den Philippinen Der Autor ist Die Menschenrechtskommission der Vereinten Tötung nicht ausgenommen, wenn Sie ein Huren­ Professor an der Nationen definiert Straflosigkeit folgendermaßen: sohn sind (…). Die freie Meinungsäußerung kann Universität der Philippinen (UP »… die Unmöglichkeit, Täter von Gewalttaten zur Ihnen nicht helfen, wenn Sie etwas falsch gemacht Diliman) mit Verantwortung zu ziehen …, da sie keiner Unter- haben.«3 Dies hat verschiedene Pressevereinigun­ einer Freistellung suchung unterzogen werden können, die sie ange- gen wie die NUJP veranlasst zu erklären, dass entge­ zum Abschluss messener Bestrafung zuführt, wenn sie für schul- gen Dutertes Behauptung viele philippinische Jour­ seiner Disserta- dig befunden werden … sowie ihren Opfern einen nalistInnen getötet wurden, »weil sie Korruption und tion über Journa- lismus und die Ausgleich zu gewähren«.1 Fehlverhalten in der Regierung aufgedeckt haben«.4 Kultur der Straf- Inmitten der vorherrschenden Kultur der Straflo­ losigkeit. Derzeit Die Philippinen stellen eine interessante Fallstudie für sigkeit haben einzelne JournalistInnen, Pressevereini­ ist er Doktorand Journalismus und die Kultur der Straflosigkeit dar, weil gungen, Menschenrechtsorganisationen und andere an der Techni- hier angeblich »die freieste Presse Asiens« bestehen besorgte Gruppierungen alle Formen von Bedrohung schen Universität (TU) Ilmenau in soll, selbst wenn sie weltweit einer der gefährlichsten und Einschüchterung sowie die völlig ungerechtfertig­ Deutschland. Orte sind, um Journalismus zu praktizieren. Jüngste ten Tötungen verurteilt. Man kann sagen, dass sich eine Daten des in den Philippinen ansässigen Zentrums »Kultur des Widerstands« herausgebildet hat – nicht Übersetzung für Pressefreiheit und Verantwortung (CMFR) zeigen, nur in den Philippinen, sondern auch im Ausland, ins­ aus dem dass 153 JournalistInnen und Presseleute in Ausübung besondere in Ländern, in denen das journalistische Englischen von ihrer Tätigkeit seit dem Jahre 1986 getötet wurden, als Handwerk bedroht ist. Auch muss erwähnt werden, Jörg Schwieger die Demokratie durch die Vertreibung des Diktators dass es Industrieländer wie Deutschland gibt, in denen Ferdinand Marcos und einen Volksaufstand vermeint­ JournalistInnen nicht mit den gleichen Problemen wie lich wiederhergestellt wurde. Die Nationale Vereini­ ihre philippinischen BerufskollegInnen konfrontiert gung von JounalistInnen in den Philippinen (NUJP) sind, sich diese aber dennoch mit der Sicherung und gibt sogar die höhere Zahl von 174 Tötungen wäh­ Aufrechterhaltung der Menschenrechte befassen. rend der Berufsausübung an. Das in den USA ansäs­ Die Lage der Presse in den Philippinen kann sige Komitee zum Schutz von Journalisten (CvPJ), das wahrlich in wenigen Worten zusammengefasst wer­ mit der weltweiten Zählung der Tötungen von Pres­ den: Die Kultur der Straflosigkeit dauert an, wobei seleuten im Jahre 1992 begonnen hat, nennt für die die Forderung noch knapper ausfällt: Schluss mit Philippinen »nur« 80 Fälle. Die statistischen Abwei­ JournalistInnen-Morden. Drei Worte reichen als Auf­ chungen auf Grund von verschiedenen Erfassungs­ ruf: Schluss mit Straflosigkeit!  methoden und Betrachtungszeiten bezweifeln jedoch nicht das Ausmaß an Tötungen während drei Jahr­ zehnten unter sechs philippinischen PrädidentInnen. Anmerkungen Weltweit rangieren die Philippinen auf Platz 4 laut 1 Equipo Nizkor & Derechos, Menschenrechte, 2005, Straflosigkeits-Index des Komitees zum Schutz von Definitionen Sektion, Abschnitt 1. Journalisten von 2016. Das Komitee erwähnt aus­ 2 »Getting Away with Murder«, 2016, S. 7. drücklich das Massaker an 58 Personen, 32 davon Jou­ 3 Sawatzky, 2016, Abschnitt 3. nalistInnen und Presseleute, am 23. November 2009 4 Lacorte & Cayabyab 2016. in Ampatuan in der Provinz Maguindanao im Süden der Philippinen, wo »Gerechtigkeit zu einem völligen CPJ Globaler Straflosigkeits-Index 2016 Stillstand kam und nicht eine der über 80 beschul­ Rang Nation Ungeklärte Fälle von Morden an Bevölkerung Rating digten Personen angeklagt wurde, mindestens vier JournalistInnen (Sept. 1, 2006 – (in Millio- (Ungeklärte Fälle Augenzeugen ermordet worden sind und der verdäch­ Aug. 31, 2016) nen) ÷ Bevölkerung) 1 Somalia 24 10,8 2,225 tigte Rädelsführer eines natürlichen Todes starb«.2 2 Irak 71 36,4 1,949 Es ist keine Beruhigung, dass unter der gegenwär­ 3 Syrien 17 18,5 0,919 tigen Regierung von Präsident Duterte bis zum Zeit­ 4 Philippinen 41 100,7 0,407 punkt der Abfassung dieses Artikels »erst« zwei Jour­ 5 Südsudan 5 12,3 0,405 nalistInnen getötet wurden. Abgesehen davon, dass 6 Mexiko 21 127,0 0,165 wir nicht wissen, was bis zum Ende seiner Amtszeit 7 Afghanistan 5 32,5 0,154 8 Pakistan 21 188,9 0,111 im Juni 2022 noch geschehen wird, ist die Einstel­ 9 Brasilien 15 207,8 0,072 lung von Präsident Duterte gegenüber JournalistIn­ 10 Russland 9 144,1 0,062 nen sowie zur Pressefreiheit allgemein alarmierend. 11 Bangladesch 7 161,0 0,043 Zirka einen Monat vor Ablegung seines Amtseids hat 12 Nigeria 5 182,2 0,027 er seine Worte dazu nicht auf die Goldwaage gelegt: 13 Indien 13 1.311,1 0,010 »Nur weil Sie ein Journalist sind, sind Sie von der Quelle: »Getting Away with Murder«, 2016 südostasien › 3/2017 Sinn aus der Sinnlosigkeit machen < Philippinen < 59 von Natashya Gutierrez Staatlich finanzierter Hass Der Aufstieg der Pro-Duterte Blogger1 Die Autorin lei- tet das Büro von Rappler Indone- Pro-Duterte Blogger erhalten auf den Philippi- Ton. In einem Live-Video auf Facebook, das an (in sia und war jah- relang Multime- nen ungewöhnliche Privilegien vom Presidential seinen Worten) »das scheiß Pressekorps im Malaca­ dia Reporterin Communications Operations OfficePCOO (Kom- ñang« gerichtet war, also jene Presseleute, die akkre­ für Rappler auf munikationsbüro des Präsidenten), um die Unter- ditiert sind, um aus dem Präsidentenpalast zu berich­ den Philippinen, stützung des allgemein beliebten Präsidenten zu ten, beleidigte er die Medien und hob immer wieder wobei ihr Fokus sichern und KritikerInnen zum Schweigen zu brin- den Mittelfinger in die Kamera. »Ihr Malacañang- auf Politik, Gen- gen. Presseleute tut so, als wärt ihr für die Menschen auf der, Korruption und Investigati- den Philippinen, aber in Wirklichkeit seid ihr Huren­ vem Journalis- söhne!«, sagte er in die Kamera. mus lag. »Leni, du bist dumm. Du und dein gesamtes Bruce Rivera, Anwalt und ebenfalls Duterte-Fan, Team seid dumm. Ihr seid alle Hurensöhne.« nimmt ebenfalls kein Blatt vor den Mund. In Bezug Übersetzung aus auf die National Union of Journalists of the Philip- dem Englischen von Kathrin Diese Worte äußerte Mocha Uson, eine der bekann­ pines NUJP (Nationale Vereinigung der JournalistIn­ Spenna. testen und leidenschaftlichsten UnterstützerInnen nen der Philippinen), bediente sich Rivera ebenfalls Präsident Dutertes während eines Interviews im an Obszonitäten, um diese zu attackieren. »Ihr Idio­ staatlichen Rundfunk – gerichtet an niemand gerin­ ten, ihr steht nicht über dem Präsidenten, denn er hat geren als Vizepräsidentin Leni Robredo. Usons Kom­ die Menschen hinter sich. Ihr habt nicht das Recht, mentare führten zum Abbruch ihrer eigenen Radio­ in solcher Weise über unseren gewählten Präsiden­ sendung. ten zu sprechen, denn wir haben ihn gewählt, womit Eine andere Stütze der Propaganda-Maschine­ er das Recht besitzt, unverschämt gegenüber allen rie, RJ Nieto, Admin der Pro-Duterte Facebookseite Missständen in unserer Gesellschaft zu sein – also Thinking Pinoy, vergreift sich in demselben giftigen auch gegenüber euch«, schrieb er in einem Posting auf Facebook. Uson, Nieto und Rivera ähneln sich in verschie­ dener Weise. Neben ihrem unerschütterlichem Bei­ 1 Der Artikel erschien am 18.8.2017 auf http://​www. stand für den Präsidenten und ihrem hasserfülltem rappler.com/​newsbreak/​in-depth/178709-duterte-die- Ton gegenüber KritikerInnen, sind sie zudem Blog­ hard-supporters-bloggers-propaganda-pcoo ger, die in unterschiedlicher Art und Weise von der

Bloggerin Mocha Uson wird von Präsident Duterte im Mala- cañang-Palast begrüßt. © Wikimedia

60 > Philippinen > Staatlich finanzierter Hass südostasien ‹ 3/2017 derzeitigen Regierung legitimiert werden – samt ihrer Schimpftiraden. Uson wurde aufgrund der hohen Anzahl ihrer Facebook-Follower zur stellvertretenden Ministerin des PCOO ernannt. Duterte selbst hatte zugegeben, dass die Anstellung eine Art Dank für die Unterstüt­ zung im Wahlkampf darstellte. Auch Nieto wurde bei einer Behörde angestellt. So ist er Medienbera­ äußerte sich das PCOO, dass es Blogger nicht davon Bei dem Duter- ter im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten abhalten werde, sich Schimpfwörtern zu bedienen – tenomics Forum, unter Alan Peter Cayetano, dem ehemaligen Kan­ ein weiterer Weg, um diese Hetze zu legitimieren. das im April 2017 stattfand, didaten für die Vizepräsidentschaft unter Duterte. Die Strategie soll in den kommenden sechs Monaten wurden DDS Obwohl Nieto ursprünglich kein Unterstützer Cay­ getestet werden, von niemand geringerem geführt als Blogger bevor- etanos war, wurde er von dem ehemaligen Senator Uson selbst. zugt behandelt. strategisch umworben, sodass dieser mit Aussicht auf © Wikimedia einen Posten unter Cayetano begann, für ihn zu wer­ ben. Rivera und seine Gruppe »Status:Hot« hinge­ Gegenschlag gen scheinen laut vorläufiger Strategie des PCOO leichte Kandidaten für eine Akkreditierung zu sein. Die Akkreditierungsrichtlinien wurden bereits von Diese Strategie geht auf den für Presse- und Öffent­ Nicht-DDS Bloggern kritisiert. lichkeitsarbeit zuständigen Sekretär, Martin Andanar, »Offensichtlich sind diese Richtlinien als Recht­ zurück, und zielt auf eine stärkere Legitimierung der fertigung für die offizielle Präsenz von DDS in bloggenden Propagandisten ab. Ämtern in Zusammenhang mit Duterte gemeint«, so Unter der aktuellen Regierung werden Blogger, Blogger Tonyo Cruz am 9.8.2017 auf Twitter, »Als die sich selbst als Diehard Duterte Supporter DDS Blogger lehne ich die Andeutung des PCOO ab, dass bezeichnen, auf verschiedene Arten legitimiert, so wir billig und unverantwortlich sind«. beispielsweise durch einen Zugang zu Entschei­ Jane Uyamatiao, Bloggerin auf Blogwatch, die in dungsträgerInnen, Beratungsverträge und finanzielle der Vergangenheit über staatliche Veranstaltungen Zuwendungen. berichtet hatte, äußerte sich bei Twitter ebenso ent­ Einige Quellen geben an, dass es ein gesonder­ rüstet: »Ich werde mich NICHT für die Social Media tes Budget für diese Blogger gäbe, wobei die DDS- Akkreditierung bewerben. Wieso? Weil sie nicht für Gruppe Andanars die höchste Priorität besäße. Das bürgerliches Engagement geschaffen wurde ( ) Das PCOO sei zudem auf die Blogger angewiesen, um PCOO verfehlt den Sinn. Wir wollen bürgerliches die Stimmung in der digitalen Welt in Bezug auf die Engagement und nicht den Präsidenten verfolgen. Regierungsführung Dutertes zu ermitteln und zu Das machen traditionelle Medien ohnehin schon.« ermitteln. Auf diese Weise werde die Unterstützung Vergel Santos vom Center for Media Freedom für den Präsidenten gestärkt. Diese Instrumentalisie­ and Responsibility CMFR äußerte sich ebenfalls kri­ rung von InfluencerInnen ist bereits aus dem Wahl­ tisch über die Akkreditierung der Blogger: »Bloggen kampf Dutertes bekannt. »All das, was sie bereits im ist ein individuell und frei, auch wenn einige Blog­ Wahlkampf getan haben, tun sie auch jetzt noch. ger dafür bekannt sind, bestimmte Richtungen oder Mit der Änderung, dass sie jetzt die volle Unterstüt­ Ideen zu verfolgen. Es ist offen für alle, erreicht eine zung der Regierung haben«, so ein Kommunikations­ breite Leserschaft und ist daher besonders verführe­ stratege, der bei der Wahlkampfkampagne im Jahre risch für freie Meinungsäußerung. Journalismus ist 2016 aktiv war, »es ist Propaganda«. Finanziert vom jedoch sowohl ein Berufsfeld als auch ein Hand­ Staat. werk, das von bestimmten universellen Regeln, Tra­ ditionen und Ethik geleitet wird. Solche Regeln feh­ len beim Bloggen.« Obszönitäten erlaubt

Das PCOO hat zudem Carlos Munda, Pro-Duterte Besondere Behandlung Blogger auf der Seite MindaNation, als Kommunika­ tionsstratege eingestellt. Seine und Nietos Verträge Die besondere Behandlung der DDS Blogger wird wurden bisher nicht veröffentlicht, obwohl sie staat­ insbesondere dann deutlich, wenn auf Veranstaltun­ lich finanziert werden. gen staatliche Programme vorgestellt und beworben Uson und Nieto posten regelmäßig Inhalte, die werden, bei denen sie häufig anwesend sind. Dabei ausschließlich der Hetze gegen KritikerInnen die­ haben sie das Ziel, diese Programme online zu nen und Falschinformationen beinhalten, wobei sie bewerben und durch häufiges Benutzen der Hash­ sich für die Verbreitung dieser normalerweise nicht tags (# - Schlagworte bei Twitter – Anm. d. Red.) entschuldigen. In Anbetracht ihrer Akkreditierung bekannt zu machen. Das Häufigkeit der Hashtags südostasien › 3/2017 Staatlich finanzierter Hass < Philippinen < 61 und die Platzierung auf der Trend-Spalte sind Anda­ nar am 9.8.2017 bei einem Radiointerview zu der nars wichtigste Messwerte des Erfolgs. Im Gegen­ Geschichte und sagte, dass sich Blogger und »Social zug erhalten die fleißigsten Pro-Duterte Blogger laut Media Influencer« online registrieren lassen konn­ Insider-Informationen besondere Behandlung auf ten und dass die Akkreditierung wie bei Massenme­ diesen Veranstaltungen. So erhielten die DDS Blog­ dien abliefe. ger auf dem Dutertenomics Forum, das im Februar 2017 stattfand und vom PCOO organisiert wurde, beispielsweise einen Tisch, von dem aus sie arbeiten Welche Akkreditierung? konnten – die herkömmlichen BerichterstatterInnen und Presseleute hingegen nicht. Am Ende der Tagung Im Gegensatz dazu schrieb Rivera, der mit einem erhielten sie zudem eine Art »Taschengeld« von eini­ DDS Philippinen Ausweis akkreditiert war, in einem gen Tausend Pesos. Posting, dass sie keine Akkreditierung benötig­ In China und Singapur konnten Pro-Duterte Blog­ ten. »Und wieso sollten wir überhaupt eine Akkre­ ger den Präsidenten in seinem Hotel interviewen, ditierung benötigen. Wir sind Blogger. Wie der während Reporter davon abgehalten wurden. Name schon sagt, bloggen wir. Wir posten Ansich­ Auch bereits vor dem Dutertenomics Forum ten und Kommentare. WIR PRÄSENTIEREN NICHT erhielten Blogger die Erlaubnis, den Präsidenten und DIE NACHRICHTEN. Wir sind keine Nachrich­ seine Delegation auf Auslandsreisen zu begleiten – tenseite«, so Rivera in einem Facebook Post vom eine Erlaubnis ohnegleichen. Quellen zufolge nimmt 7.8.2017. Laut Insiderberichten wurde die Akkredi­ die Macht der Blogger in Andanars Büro immer wei­ tierung persönlich von Pebbles Duque, Mitarbeite­ ter zu. rin des PCOO, vollzogen. Neben der Sicherstellung, Anfang August 2017 kamen Fotos von ASEAN- dass die Pro-Duterte Blogger ihre Ausweise erhiel­ Medienausweisen der DDS in Umlauf, wobei die ten, unterstützte sie diese auch bei ihren live Über­ Frage aufkam, wie die Sicherheitsüberprüfung des tragungen vom Conrad Hotel aus. »Die Betreuerin PCOO für Medienqualifikation vonstattengeht. für Blogger ist Pebbles Duque«, so ein Informant, Während langjährige Blogger schon seit langer Zeit »sie ist Andanars persönliche Stütze und hilft ihm bei Zugang zu staatlichen Veranstaltungen erbeten hat­ Angelegenheiten in sozialen Netzwerken«. In einem ten, war es das PCOO selbst, das ihnen den Zutritt weiteren Facebook Post bedankte sich Rivera auch erlaubte. Vorrangig, natürlich, für DDS Blogger. für den beispiellosen Zugang, den die DDS Blogger Die Ausweise der Pro-Duterte Blogger identifi­ erhielten. Der Post erschien zusammen mit einem zierten die TrägerInnen dabei als »Medien«, mit der Link zu dem Livestream des Panels, auf dem die DDS spezifischen Angabe »DDS Philippinen« oder »Sozi­ Gruppe in einem provisorisch aufgebauten Studio zu ale Medien Philippinen«. Nachdem diese Kontro­ sehen ist – gebaut und unterhalten mit der Hilfe von verse online diskutiert wurde, äußerte sich Anda­ öffentlichen Mitteln. 

Soziale Medien spielen eine zunehmend wichtige Rolle für die Mei- nungsbildung der Bevölkerung auf den Philip- pinen – einige Blogger verbrei- ten jedoch auch massive Falschin- formationen. © Wikimedia

62 > Philippinen > Staatlich finanzierter Hass südostasien ‹ 3/2017 Die Autorin hat KURZ NOTIERT als Projektkoor- dinatorin eines von Nina Johnen zivilen Konflikt- bearbeitungs- projektes in Gelebte Scheinheiligkeit – den Philippinen Treffen der ASEAN Menschenrechtskommission in Manila gearbeitet und promoviert zu Menschenrechts- Im Zuge des 50. ASEAN Außen­ AICHR-Menschenrechtsberichten onsmechanismen, die den politi­ politik in den ministertreffens hat sich Anfang der vergangenen Jahre mangelte es schen Druck auf Mitgliedstaaten Philippinen und August 2017 die ASEAN wiederholt an politischem Aufklä­ erhöhen könnten. Somit wird die Bangladesch. Intergovernmental Commission on rungswillen und einer realistischen AICHR als eine machtlose Institu­ Human Rights (AICHR) in Manila Bewertung der Menschenrechtssi­ tion beschrieben, bei deren Grün­ getroffen. Die Philippinen haben tuation in den ASEAN-Mitglieds­ dung es den ASEAN-Mitgliedern in diesem Jahr den ASEAN-Vor­ staaten. Bereits seit seiner Grün­ eher um eine Schönfärberei der sitz, weshalb auch die Treffen der dung 2009 steht die Institution eigenen Menschenrechtspolitik AICHR hier stattfinden. Angesichts in der öffentlichen Kritik. Die ging, als tatsächliche Reformen der gegenwärtig desaströsen Men­ fünf sogenannten Jahrespläne der anzustrengen oder bereits ratifi­ schenrechtspolitik der Duterte- Kommission geben keine konkre­ zierte Gesetzte zum Schutz von Administration ist es nicht nur ten Maßnahmen oder Ziele zum Menschenrechten umzusetzen. zynisch, die Gipfel in den Philip­ Schutz von Menschenrechten vor ASEAN Information Center 7.8.2017 pinen zu veranstalten, auch den und es gibt auch keine Sankti­ ZEIT Online 8.8.2017

Konflikt um die Spratley Islands – Ernüchterung beim ASEAN-Gipfel

Vor dem ASEAN Treffen im Feb­ den Territorialkonflikt um wert­ wollen. Aus Diplomatenkreisen ruar 2017 hatte das philippini­ volle Gas- und Ölvorkommen gab es wiederum die vage Ankün­ sche Außenministerium noch das immer wieder durch provokante digung, »sobald wie möglich« mit Ziel, mit dem Entwurf eines Code Aktionen, wie die Aufschüttung der chinesischen Regierung wei­ of Conduct (COC) für das Süd­ künstlicher Inseln oder Militärma­ terzuverhandeln. Aus politischer chinesische Meer aus dem Tref­ növer an Seegrenzen zu Vietnam Perspektive ist diese Entwicklung fen herauszugehen. Bereits seit und den Philippinen, geschürt. bedauernswert, denn der ASEAN, Jahren arbeiten ASEAN-Arbeits­ Deswegen wurde schon die Tatsa­ die im Westen oft als machtlo­ gruppen an dem Entwurf und das che, dass China mit am Verhand­ ser Regionalzusammenschluss Ministerium hatte noch Anfang lungstisch saß, als Erfolg gewer­ betrachtet wird, täte der Erfolg diesen Jahres den Wunsch, das tet. Beim Treffen in August 2017 eines friedlichen Abkommens Abkommen in diesem Jahr zu herrschte dann aber Ernüchte­ nicht nur regionalpolitisch, son­ finalisieren. Gerade die kleine­ rung, denn Präsident Duterte dern auch international gut. ren ASEAN-Staaten wie Vietnam, kündigte an, einen Weg jenseits The Japan Times 2.8.2017 Malaysia oder setzen diplomatischer Abkommen einzu­ Inquirer.net 3.8.2017 große politische Hoffnungen in schlagen und alleine mit der chi­ das Abkommen, denn China hat nesischen Führung verhandeln zu

Shabu, Shabu1 – Dutertes Drogenkrieg trifft auch politische Elite

Präsident Dutertes Drogenkrieg für Razzien im Eigenheim gege­ selten kam das Justizministerium trifft zwar alle Bevölkerungs­ ben sind und der bloße Verdacht seiner Aufgabe, philippinisches schichten der Philippinen, aber ausreicht, um erschossen zu wer­ Recht umzusetzen, in diesem Fall bei manchen Fällen kriegt auch den, sieht das bei der politischen jedoch nach. Denn gegen Tote die philippinische Polizei kalte Elite des Landes anders aus. Des­ dürfe nachträglich keine Klagen Füße. So sorgte zuletzt der Fall halb versuchte die Polizei zwei erhoben werden. des Bürgermeisters von Ozamiz Wochen nach dem Tod des Ehe­ Da haben die beiden ja noch­ für Aufregung. Er, seine Frau und paares, eine Klage wegen Dro­ mal Glück gehabt. elf weitere Personen wurden bei genhandels bei der örtlichen Jus­ ABS-CBN 30.7.2017 einer Drogenrazzia der Polizei tiz einzureichen, um den Einsatz Rappler.com 15.8.2017 erschossen. Während es bei nor­ nachträglich zu legitimieren und malen Bürgern offensichtlich egal potenzielle juristische Probleme 1 Shabu – umgangssprachlich für ist, ob die rechtlichen Grundlagen zu vermeiden. Wie zuletzt eher Crystal Meth südostasien › 3/2017 Kurz notiert < Indonesien < 63 NEUES AUS DEM ASIENHAUS

Zur Zukunft der südostasien

»Inequality and poverty are len dabei die Menschen aus der beizubehalten, zusätzlich aber about more than income – they Region in den Mittelpunkt stellen, auch die Vorteile einer Online- are also about information.« Menschen, die sich gemeinsam Ausgabe, wie die schnelleren Ver­ für gerechtere, freiere und men­ arbeitungs- und Publikationsmög­ Dieses Zitat stammt von Sir Tim schenwürdigere Lebensbedingun­ lichkeiten von Informationen und Berners-Lee, dem Erfinder des gen einsetzen. Analysen, zu nutzen. World Wide Web und ist vielleicht Wie bislang in gedruckter Form Gleichzeitig wollen wir einen aktueller denn je. Wie würde die vier Mal im Jahr wird das aus lange gehegten Wunsch verwirkli­ Welt aussehen, wenn »Wissen« finanziellen Gründen zukünftig chen, durch die Einrichtung einer jedem Menschen frei verfügbar nicht mehr möglich sein. Stattdes­ zentralen Koordinationsstelle im gemacht werden könnte? Sicher­ sen wird die Zeitschrift ab 2018 Zusammenspiel mit den ehren­ lich ist das unter den gegenwär­ vierteljährlich im Web publiziert amtlichen Redaktionsmitglie­ tigen Bedingungen nicht vollstän­ werden und dort kostenfrei zur dern eine qualitativ noch bessere dig zu verwirklichen. Aber die Verfügung stehen. Das heißt, dass Redaktionsarbeit leisten zu kön­ immer größer werdende »Open- alle Abonnements ab 2018 auto- nen. Wir sehen diese Umstellung Bewegung« zeigt, dass es mög­ matisch auslaufen. Es ist einer­ auch als Chance, gerade auch die lich ist: Von frei zugänglicher seits schade, eine lieb gewordene Stimmen derjenigen, über die wir Software, über frei zugängliche Form zu verlieren – deshalb stre­ schreiben, die für uns schreiben Informationen und frei verfügbare ben wir an, einmal im Jahr eine noch weiter hörbar zu machen. Daten. Über konkrete Beispiele Ausgabe der südostasien in einem Auch wenn wir die Print-Aus­ berichten wir in der vorliegen­ noch näher zu entwickelnden gabe einstellen müssen, wird die den Ausgabe der südostasien. Frei Format gedruckt heraus zu brin­ Publikation einer Online-Ausgabe zugängliche »Wissensquellen« gen – aber die Umstellung bietet zwar für Sie/​euch, nicht aber für sind besonders für zivilgesell­ auch großes Potential. Das Web uns kostenfrei sein. Wenn Sie sich schaftliche Akteure als Gegeng­ und die Digitalisierung haben also gleichwohl zu einer finanzi­ wicht zum Wissensmonopol von den Zugang zu Wissen revolutio­ ellen Unterstützung der Zeitschrift Politik, Wissenschaft und Wirt­ niert und Open Access – also der entschließen könnten, würden schaft notwendig. freie Zugang zu Publikationen – Sie zur Sicherung ihrer Zukunft Seit mehr als 30 Jahren ist das ist in unseren Augen ein Mittel, beitragen. Mögliche Formen der Selbstverständnis der südostasien, einen größeren Wirkungsradius finanziellen Unterstützung wer­ über die politische, gesellschaftli­ zu bekommen, als es bislang mit den wir spätestens mit der nächs­ che, wirtschaftliche und ökolo­ einer Auflage von 800 Exempla­ ten Ausgabe bekanntgeben. gische Situation in den Ländern ren möglich war. Dabei werden Südostasiens und die Beziehun­ wir versuchen, das bewährte For­ Frank Arenz und Uwe Hoering gen zwischen Europa und Süd­ mat der Redaktionsarbeit und der für die HerausgeberInnen ostasien zu informieren. Wir wol­ Zeitschrift soweit wie möglich der südostasien

64 > Neues aus dem Asienhaus > Der 5. Asientag: Bewegung & Widerstand südostasien ‹ 3/2017 LESEN HÖREN SEHEN

Wissen, wer man nicht ist Indonesien persönlich Urbanisierung im Globalen porträtiert Süden Que Du Luu: Im Jahr des Affen Christina Schott: Indonesien. Einhard Schmidt-Kallert: Königskinder Verlag, 2016, Ein Länderporträt Magnet Stadt € 16,99 , 286 S. Ch. Links Verlag, Berlin, 2015, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 224 S., 18 € 2016. 175 S., 19,90 € Die 16-jährige Protagonistin in Que Du Luus Jugendroman »Im Ein sympathischer Reisebegleiter Der Sozialgeograph und Raum­ Jahr des Affen« ist keine richtige für alle, die mit Aufgeschlossenheit planer Schmidt-Kallert liefert mit Chinesin, keine richtige Vietna­ und Neugierde nach Indonesien diesem Buch eine verständliche mesin und auch keine richtige aufbrechen. In 22 kurzen Kapi­ Einstiegslektüre in verschiedene Deutsche. Sie hat drei Identitä­ teln gibt die Journalistin und lang­ Trends von Urbanisierung und ten – wenn Identität das bezeich­ jährige Auslandskorrespondentin Themenbereiche rund um Stadt­ net, was man nicht ist – und ent­ Christina Schott einen umfassen­ planung. Dabei wird deutlich, sprechend drei Namen: Mäi Yü, den Überblick zu Geschichte, dass der Autor selbst jahrelang Minh Thi oder Mini. Sie bleibt Politik, Kultur und Gesellschaft. in Ländern des Globalen Südens immer die Fremde – gegenüber Auf charmante Art webt die Auto­ in diesem Berufsfeld tätig war. ihren MitschülerInnen in der rin persönliche Erfahrungen ihres Überwiegend bedacht und reflek­ nordrheinwestfälischen Kleinstadt eigenen mit Indonesien verbun­ tiert werden entwicklungspoliti­ der 1990er Jahre ebenso wie für denen Lebenswegs mit ein. Damit sche Ansätze rund um Wohnfra­ ihren Onkel und sogar ihren eige­ gibt sie auch Einblicke in die fami­ gen und Verstädterung vorgestellt nen Vater – und möchte doch liären Sphären, Subkulturen und und deren Vor- und Nachteile dis­ eigentlich nur dazugehören. All Expat-Communities. Der betont kutiert. Besonders informativ sind dem, was ihr vietnamesisch/​chi­ persönliche Blickwinkel macht die zahlreichen Beispiele verschie­ nesisch erscheint, begegnet sie das Buch ehrlich und authen­ dener Weltregionen und die theo­ mit Skepsis oder sogar Ableh­ tisch. Die Autorin verwendet in retische Erläuterung wohnungspo­ nung. Erst in einer Ausnahmesitu­ ihrem Buch einen vergleichsweise litischer Fachausdrücke in einer ation beginnt sie sich mit der fast geschlossenen Kulturbegriff: »Geo­ anschaulichen Infobox wie »infor­ vergessenen eigenen Geschichte grafisch und kulturell gesehen ist melle Siedlungen« oder »Squat­ auseinanderzusetzen: Gemein­ Indonesien vermutlich einer der ter«. Auch Fragen nach unscharfen sam mit ihrem Vater floh sie als größtmöglichen Gegensätze zu Kategorisierungen von Land- und Boat People während des Krie­ Deutschland.« Sie hat eine auf­ Stadtbevölkerung oder der Lebens­ ges in Vietnam in einer Odyssee klärerische Sicht auf die kulturel­ realität von besonders verwundba­ über Singapur und Thailand nach len Gegebenheiten in Indonesien ren Gruppen wie Kindern in der Deutschland. Das Überleben der und geht dabei meist von einer in Stadt wird nachgegangen. Flucht wird für die Protagonistin Deutschland geschulten Wertevor­ Eingangs stellt der Autor die auch zur Verpflichtung, das Beste stellung aus. Gleichzeitig gelingt Frage, ob es einen, zwei oder sehr daraus zu machen. »Aus Achtung es ihr aber auch, ihre Beobachtun­ viele Wege zur verstädterten Welt vor den Menschen, die es nicht gen von »unten« her zu verstehen. gibt. Nach der Lektüre ist klar, geschafft hatten und für immer Besonders lebendig werden die dass es nicht nur einen sondern vom Meer verschluckt wurden.« Ausführungen durch zahlreiche viele Wege zur Urbanisierung Hier schwingt eine Leistungsethik Zitate und biografische Anekdo­ gibt und auch geben sollte. Mit mit, die sich für die 16-Jährige als ten von sowohl historischen Per­ Hinblick auf den Globalen Süden positive Verantwortung entfaltet, sönlichkeiten als auch Bekannten bedarf es daher eigener Entwick­ obgleich ihr nahestehende Men­ der Autorin. lungspfade, die aus den jeweili­ schen – ihr Vater und der Koch Selbst, wenn das etwas ein­ gen Regionen heraus entwickelt Bao – bereits von deren negati­ tönige Buchcover es nicht ver­ werden, um eine zukunftsfähige ven Folgen betroffen sind. Ihre muten lässt: das facettenreiche Stadtplanung zu garantieren. Entwicklung kann so gleicherma­ Buch beschenkt einen mit ins­ Schlussendlich ist die Frage nach ßen als Prozess von Empower­ pirierenden Aha-Erlebnissen. lebenswertem Wohnraum rele­ ment und Vereinnahmung durch »Indonesien – ein Länderporträt« vant für alle Menschen und genau die Leistungsgesellschaft gelesen schärft den Blick für die wichtigen das macht das Buch auch für ein werden. Details. breiteres Publikum lesenswert. Franziska Blum Marlene Weck Nadja Zimmermann südostasien › 3/2017 Rezensionen < Lesen, hören, sehen < 65 IMPRESSUM

südostasien Zeitschrift für Politik • Kultur • Dialog

Herausgeber > Verein für entwicklungsbezogene Bildung­ zu Südostasien e. V., philippinenbüro e. V. und Stiftung Asienhaus Gefördert aus Mitteln des Kirchlichen Entwicklungs­dienstes durch Brot für die Welt-Evangelischer ­Entwicklungsdienst. und der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen.« Anschrift > philippinenbüro e. V., Südostasien Infor­mationsstelle im Asienhaus, Hohenzollernring 52, 50672 Köln, Tel.: 0221–716121-0, Fax: 0221–716121-10 E-Mail > [email protected] Homepage > www.asienhaus.de/​suedostasien/​ Redaktion dieser Ausgabe > Frank Arenz (V.i.S.d.P.), Kristina Großmann, Damian Paderta, Kathrin Spenna Neben den bereits an anderer Stelle ­erwähnten ­Personen haben ­mitgearbeitet > Fritz Seeberger, Gabriele Fürstenberg, Franziska Blum Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die ­Meinung der Redaktion wieder. Gesamtausstattung > Klartext Medienwerkstatt GmbH, Essen Print-Auflage dieser Ausgabe > 650 ISSN > 1434-7067 Preis > Einzelausgabe 8 € (zzgl. Porto) Abonnement (4 Ausg./​Jahr inkl. Porto) BRD > Einzelpersonen 30 € Institutions-/​Förderabonnement: 50 € Ausland > Einzelpersonen 38 € Institutions-/​Förderabonnement 60 € Luftpostzuschlag 13 € Die Abonnementgebühren sind im Voraus fällig. Das Abonnement ver- längert sich um ein Jahr, wenn es nicht spätestens einen Monat nach Zusendung des letzten Heftes schriftlich gekündigt wird. Für Vereins- mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Konto > Südostasien Informationsstelle Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE05 3702 0500 0001 3109 00 BIC: BFSWDE33XXX BLZ 370 205 00, Konto-Nr. 1310900 Copyright > Südostasien Informationsstelle und Autor­Innen – Nachdruck gegen Belegexemplar – ­Vervielfältigung für Unterrrichtszwecke erwünscht. Mediadaten > www.asienhaus.de/​soainfo/​ publikationen/​zeitschrift-suedostasien/​

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66 > Impressum > Rezensionen südostasien ‹ 3/2017 Peacebuilding in Aceh Zwischen Tsunami und Scharia

Herausgegeben von Basilisa Dengen und Alex Flor für Watch Indonesia!

Basilisa Dengen und Alex Flor (Hrsg.) für Watch Indonesia!

Der Tsunami am 26. Dezember 2004 rückte Aceh Der Tsunami am 26.von Dezembereinem Tag auf den nächsten 2004 ins Bewusstseinrückte Aceh von einem Tag auf den nächstender deutschen ins Öffentlichkeit. Bewusstsein Private Spenden der deutschen Öf- und öffentliche Mittel übertrafen alle zuvor dage- fentlichkeit. Privatewesenen Spenden Hilfsprogramme. und Durch die öffentliche Katastrophe Mittel über- wurden auch die Karten in dem seit drei Jahrzehn-

trafen alle zuvor ten dagewesenen anhaltenden gewaltsamen Konfl Hilfsprogramme. ikt völlig neu Durch Flor (Hrsg.) / Dengen gemischt. Internationale Akteure fühlten sich als Peace die Katastrophe wurdenVermittler auf den auch Plan gerufen die und Karten erzielten im in dem seit drei Jahrzehnten anhaltendenAugust 2005 das Friedensabkommengewaltsamen von Helsinki. Konfl ikt völlig neu Doch das internationale – und damit auch deutsche building gemischt. Internationale– Interesse war Akteurenicht von langer Dauer. fühlten Spätestens sich als Vermitt- seit dem Abschluss der Wiederaufbauprojekte und ler auf den Plan gerufendem Abzug sämtlicher und internationalererzielten Kräfte istim es August 2005 das in um Aceh still geworden und die Region geriet wie Friedensabkommenin den von Jahren vor Helsinki. dem Tsunami erneut Doch in Verges- das internationale AcehZwischen Tsunami senheit. – und damit auch deutscheDer vorliegende Band – sollInteresse Aceh wieder in Erinne- war nicht von langer und Scharia rung rufen und beleuchten, wie sich die Situation Dauer. Spätestenszwölf seit Jahre nachdem Helsinki Abschluss darstellt. Welchen Heraus- der Wiederaufbau- projekte und dem forderungen Abzug für sämtlicher die Zukunft hat sich die internationaler Provinz Kräfte heute zu stellen? Und welche Lösungsansätze gibt ist es um Aceh stilles dafür?geworden und die Region geriet wie in Mit Beiträgen von Indria Fernida, Anton Aliabbas, Al den Jahren vor demAraf, Tsunami M. Nur Djuli, Gunnar erneut Stange, Patrick in Kübart,Vergessenheit. Juanda Djamal, Adriana Sri Adhiati, Kristina Groß- Der vorliegende Bandmann und soll Ferdiansyah Aceh Thajib. wieder in Erinnerung rufen und beleuchten, wie sich die Situation zwölf Jahre nach Hel- sinki darstellt.Welchen Herausforderungen für die Zukunft hat sich die Provinz heute zu stellen? Und welche Lösungs- ansätze gibt es dafür?

ISBN 978-3-9401-3295-6 Mit Beiträgen von Indria Fernida,€ 19,90 Anton Aliabbas, Al Araf, [ M. Nur Djuli, Gunnar Stange, PatrickD Kuebart, Juanda Djamal, ] Peacebuilding in Aceh Peacebuilding in Adriana Sri Adhiati, Kristina Großmann und Ferdiansyah Thajib. www.regiospectra.de

regiospectra verlag berlin, 2017 isbn 978-3-940132-95-6, 226 seiten preis € 19,90 (D) www.regiospectra.de

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Entwicklung Soziale Faktoren Bildung WirtschaftMyanmarH Die Tradition der Klosterschulen hat eine Koloniale Vergangenheit Geschichte Südostasien 4 hohe Alphabetisierungsrate zur Folge. Informationsstelle Während der Kolonialzeit war das Land der (etwa 93 Prozent). Schulp icht besteht bis Das ehemalige Birma el im 19. Jahrhun-www.asienhaus.de/soainfo größte Reisexporteur der Welt. Die Wirt- zur 4. Klasse, danach Mittelschule (6. bis 8. dert nach mehreren Kriegen sukzessive Wirtschaft Politisches System scha beeinheute wird usst vonund strukturellen von einem wenig De ziten Myanmar belegte 2015 PlatzKlasse) 147 von und G OberschuleBei (9. den und ersten 10. Klasse), freien Wahlen 1990 gewannals Teil von Britisch-Indien unter britische Herrscha . Bis 1935 blieb Birma ein Teil produktiven Agrarsektor dominiert. 183 Staaten, die im Korruptions- Korruptiones gibt einige3 Universitäten.die NLD Deutschland 60 Prozent der Wählerstimmen, Wahlen soainfo-Quartett wahrnehmungsindex der Organisationunterstützt berufsvorbereitendedie Wahlen Bildung. wurden jedoch von der herr- Britisch-Indiens und wurde danach eine 70 Prozent der Beschä igten arbeiten in der Transparency International gelistet14 Prozent sind. der Bevölkerungschenden nutzen Militärregierung soziale nicht anerkannt.selbständige Provinz. Seit den 20er Jahren Landwirtscha , 7 Prozent im Industrie- und Das stellt gegenüber 2011 eine Verbesserung 23 Prozent im Dienstleistungssektor. 2010 boykottierte die NLD die Wahl. Bei dendes 20. Jahrhunderts begannen birmanische Medien im Internet. Animismus um 35 Plätze dar. Die großen Industrie- Nachwahlen 2012 gewann die NLD bis auf Nationalisten für die Unabhängigkeit des zweige sind immer noch in den Händen der Landes zu kämpfen. einen alle Sitze, für die sie kandidiert hatte. Günstlinge hochrangiger Militärs, die ihre Auch 2015 gewann die NLD mit überwälti- Religionen Stellung zum eigenen Vorteil ausnutzen. gender Mehrheit. In der buddhistischen Volksreligion ist der ... die guten Karten Geisterglaube an die Nats weit verbreitet. Nats haben menschliche Züge, Gefühle, Chin gibt‘s hier: Wünsche und Bedürfnisse, sind gut, hilfreich Bergvölker [email protected] oder böse und gehässig, vor allem aber mächtig. Bei den niederen Nats ist der Bezug Population: geschätzt 500.000 Angehöri- zum Animismus deutlich, denn sie leben Bergen oder an Flüssen. ge. Ihr Siedlungsgebiet ist das westliche in oder bei alten Bäumen oder Steinen, auf Myanmar im Chin Staat. Die Chin sind überwiegend christlich. Ältere Frauen tragen Gesichtstattoos in Spinnennetzform, die Praxis der Tätowierens wird seit 30 Jahren nicht mehr angewandt. Seit 2007 Wa en- stillstandsverhandlungenFront mit der Regierung. der Chin National