ANLIEGEN NATUR 42/2 Jahrgang 2020
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Zeitschrift für Naturschutz und angewandte Landschaftsökologie Fotomontage: Nicole Höhna Foto: Else Englmaier Foto: Peter Strum „Land schafft Vielfalt” Schwerpunktthema 2020 Sortiert, maschinenfreundlich und wirtschaftlich hoch effizient genutzt: so stellt sich unsere Kulturlandschaft in großen Teilen dar. Auf der Strecke bleibt die Vielfalt. Für Pflanzen, Tiere und auch Erholungssuchende ist in dieser Landschaft kaum noch Platz. In unserem Schwerpunkt werfen die Autoren daher einen Blick in die nahe Zukunft unserer Landschaft: Wie können wir wieder mehr Vielfalt schaffen? Was sollte sich dafür ändern? Wo, wie und mit wem setzen wir die notwen- digen Maßnahmen um? Welche Rahmenbedingungen brauchen wir für die nötigen Änderungen? 2020 wollten wir auch in unseren Veranstaltungen die Kulturlandschaft in den Mittelpunkt rücken. Aufgrund der Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona- Pandemie haben wir einen Großteil der Veranstaltungen in das nächste Jahr verschoben: Gelegenheit, einige der Ideen persönlich zu diskutieren und voranzubringen. ANLIEGEN NATUR Zeitschrift für Naturschutz und angewandte Landschaftsökologie Heft 42(2), 2020 ISSN 1864-0729 ISBN 978-3-944219-41-7 Herausgeber Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) Inhalt Land schafft Vielfalt 5 5 Biotopverbund in Deutschland – Anspruch und Wirklichkeit [Artikel] Karin ULLRICH, Peter FINCK und Uwe RIECKEN 15 Blühstreifen und Pestizide – Falle oder Lebensraum? [Artikel] Gerti FLUHR-MEYER und Wolfram ADELmaNN 27 Biosphärenreservate in Bayern – Mut zu mehr [Artikel] Michael SUCCOW 33 Das FFH-Gebiet Rohrachschlucht – ein Allgäuer Schatzkästchen für Europas Naturerbe [Artikel] Boris MITTERMEIER 41 Ökologische Aufwertung von Straßenbegleitgrün – eine Chance, nicht nur für den Biotopverbund [Artikel] Andreas ZEHM, Sabine MUHR, Matthias WENZEL und Paul-Bastian NAGEL 47 Sieben Punkte für einen Naturschutz in Bauernhand – das Projekt „Schützen durch Nützen“ [Artikel] Konrad STEINER und Johann RESCHENHOFER 53 Fokus-Naturtage in Bayern – Neue Methode der Naturschutzberatung in der Landwirtschaft [Artikel] Katharina SCHERTLER, Christine FEUCHT und Wolfram GÜTHLER 57 Die Land(wirt-)schaft der Zukunft [Artikel] Jürgen METZNER und Beate KRETTINGER 61 Mehr Artenvielfalt durch ökologische Landwirtschaft [Artikel] Karin STEIN-BACHINGER, Frank GOTTWALD und Almut Haub 65 Mähversuche und Mähkonzept an Kreisstraßen [Artikel] Markus BREIER 69 Ausrufung von Nationalerbe-Bäumen Deutschlands gestartet [Artikel] Andreas ROLOff Artenschutz 73 73 Haselmaus-Untersuchungen mit selbstgebauten Niströhren – Ergebnisse zu bevorzugten Vegetationsstrukturen [Artikel] Raja WIPFLER, Christian STRÄTZ und Elisabeth OBERmaIER 79 Stolpersteine bei der telemetrischen Quartiererfassung von Fledermäusen [Artikel] Tobias RICHTER und Jonas HAGGE 83 Groß-Schutzgebiete als letzte Refugien: Die Nachtfalter der Berchtesgadener Alpen [Notiz] Monika OffENBERGER 84 Ursachen für Insektenrückgänge in Grünland und Wald sind auf Landschaftsebene zu finden [Notiz] Sebastian SEIBOLD und Wolfgang W. WEIssER 86 „Bremsenfallen“ – ein überflüssiger (und wahrscheinlich illegaler) Beitrag zum Insektensterben [Notiz] Nina JÄCKEL 87 Artenschutz in der Baumkontrolle [Notiz] Stefanie WEIGELMEIER Waldnaturschutz 89 89 Zwischen Licht und Schatten: Naturschutz versus Naturgefahrenabwehr am Beispiel des Karbonat-Trockenkiefernwaldes [Artikel] Susanne REICHHART und Wolfram ADELmaNN 2 ANLIEGEN NATUR 42(2), 2020 Inhalt Landschaftsplanung und -pflege 105 105 Vom Modellprojekt zum Praxisleitfaden Ziegenbeweidung [Artikel] Daniel ELIas, Sandra MANN, Matthias NECKER und Sabine TISCHEW 111 Grünlandqualität verschlechtert sich besonders in hohen Lagen – Ein Früherkennungssystem kann helfen [Artikel] Steffen BOCH, Angéline BEDOLLA, Klaus T. ECKER, Christian GINZLER, Ulrich GRaf, Helen KÜCHLER, Meinrad KÜCHLER, Tobias MOSER, Rolf HOLDEREGGER und Ariel BERGamINI 115 Gewässer- und Auenrenaturierung – ein Beitrag zur Förderung der Insekten? [Artikel] Kathrin JANusCHKE 119 Empfehlungen zum Erhalt von Almen und Alpen und ihren Leistungen für den Naturschutz [Artikel] Bettina BURKART-AICHER Recht und Verwaltung 123 123 Aktuelles zum Düngerecht: Novelle der Düngeverordnung [Artikel] Paul-Bastian NAGEL 127 Neue Arbeitshilfe zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung [Notiz] Christine SCHINDELmaNN und Paul-Bastian NAGEL 128 Neue Arbeitshilfe zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung – Zauneidechse [Notiz] Christine SCHINDELmaNN Verschiedenes 129 129 Dramatischer Schwund an Futterpflanzen für Insekten [Notiz] Pressemitteilung der Uni Bonn, verändert von Bernhard HOIß 130 EU-Projekt SOLUTION: Neue Methoden zur Bewertung der Wasserqualität [Notiz] Monika OffENBERGER 132 Bayerns Fliegen und Mücken sind weitgehend unerforscht [Notiz] Monika OffENBERGER 134 Naturschutzgeschichte(n) – zum Lesen, Sehen und Hören „Mein Leben für die Natur“ – Zeitzeugen berichten [Notiz] Gerti FLUHR-MEYER 135 Ideenwettbewerb: Natura 2000-BayernOskar [Notiz] Franziska ALBRECHT Interview 137 137 Interview mit Prof. Dr. Beate Jessel – Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz [Artikel] 143 Interview mit Hans Glück – Bio-Bauer seit fast 40 Jahren [Artikel] Rezensionen 149 149 Rezensionen Aus der Akademie 151 151 Neue Mitarbeiter 153 Publikationen der ANL 157 Impressum ANLIEGEN NATUR 42(2), 2020 3 Land schafft Vielfalt Abbildung 1 Karin ULLRICH, Peter FINCK und Uwe RIECKEN Das Grüne Band, eine länderüber- Biotopverbund in Deutschland – Anspruch greifend bedeut- same Achse des und Wirklichkeit Biotopverbunds, bei Pferdsdorf/ Thüringen (Foto: Uwe Riecken). Bereits seit 2002 sind die Bundesländer nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verpflichtet, einen länderübergreifenden Biotopverbund auf mindestens 10 % der terrestrischen Landesfläche einzurichten. Inzwischen haben fast alle Bundesländer landesweite Biotopver- bundplanungen. Diese wurden allerdings noch nicht in hinreichendem Maße in regionale und lokale Planungen übernommen und werden auch daher nicht ausreichend berücksichtigt und umgesetzt. Dabei bieten Fachkonzepte und Forschungsergebnisse umfassende Grundlagen und Erkenntnisse zur qualitativen und räumlichen Ausgestaltung des Biotopverbunds, auch als Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Wie der Biotopverbund effektiv und funktional umgesetzt werden kann, zeigen auch zahlreiche Best practice-Beispiele sowie ein 2018 erschienenes umfassendes Handbuch. In diesem Beitrag stellen wir Grundlagen und Anforderungen an den Biotopverbund vor und zeigen, wo es Handlungsmöglichkeiten und -bedarf gibt. 1. Einleitung genutzten Flächen. Nach lokalem Aussterben Isolierte Populationen von Arten können in ihrer werden Lebensräume umso wahrscheinlicher Überlebensfähigkeit sehr eingeschränkt sein. wiederbesiedelt, je geringer die Abstände Diese Erkenntnis kommt aus der Übertragung zwischen potenziellen Lebensräumen sind. der Inseltheorie (MACARTHUR & WILSON 1963) auf Daher müssen a) die (Rest-)Lebensräume optimiert terrestrische Ökosysteme (zum Beispiel MADER und ihre Widerstandsfähigkeit (Resilienz) erhöht 1981; MCCOY 1983) sowie von vielen wissen- werden und b) die Durchdringbarkeit der Land- schaftlichen Untersuchungen zur Zerschneidungs- schaft verbessert werden (Abbildung 1). Beide wirkung von technischer Infrastruktur und intensiv Ansätze bilden die Eckpfeiler des Biotopverbunds. ANLIEGEN NATUR 42(2), 2020 5 ULLRICH, FINCK & RIECKEN: Land schafft Vielfalt Biotopverbund in Deutschland Steigende Temperaturen, damit verbundene häufige sommerliche Wasserdefizite und häufigere Wetterextreme erfordern Anpassungen für viele Arten und sind damit eine weitere Herausfor- derung für den Biotopverbund: Es gilt die Resilienz bestehender Kernflächen gegenüber den Ein- flüssen des Klimawandels zu erhöhen, den Arten innerhalb der Kernflächen bei ungünstigen Bedin- gungen Ausweichbewegungen zu ermöglichen sowie geeignete Ersatzlebensräume neu zu schaffen (REICH et al. 2012). Die Länderfachbe- hörden für Naturschutz sollten besonders ältere Biotopverbundplanungen im Hinblick auf den Klimawandel zeitnah fortschreiben (siehe auch Kapitel 4.1). Um Arten diese Ausweichmöglichkeiten zu bieten, Abbildung 2 sind in Kerngebieten des Biotopverbunds idealer- Luftbild des Bereits seit 2002 existiert im Bundesnaturschutz- weise Gradienten vielfältiger Standortverhältnisse Schaalsees, eines gesetz (BNatSchG) eine Vorschrift, nach der die wie Höhenlage, Exposition, Beschattungsver- großen Klarwasser- sees, mit umge- Bundesländer gehalten sind, mindestens 10 % hältnisse, Feuchtigkeit und Vegetationsstruktur benden naturnahen ihrer terrestrischen Fläche als länderübergreifenden vorhanden (REICH et al. 2012). Die Chancen, dass Wäldern, Gewäs- Biotopverbund zu entwickeln und rechtlich zu solche heterogenen Verhältnisse vorhanden sern und Mooren – sichern (§§ 20, 21 BNatSchG). Auch die 2007 verab- sind, erhöhen sich mit zunehmender Größe des eine Kernfläche schiedete Nationale Biodiversitätsstrategie enthält Gebietes. Fehlen solche Gradienten, sollten sie des Biotopver- bunds von länder- vielfältige Bezüge zu dem Ziel, einen adäquaten – wo möglich – durch Erweiterung des Gebietes übergreifender Be- Biotopverbund zu entwickeln. einbezogen oder entwickelt werden. deutung (Foto: Klaus Leidorf). Zwischen 2004 und 2010 beauftragte das BUNDEsamT Der SACHVERSTÄNDIGENRAT FÜR UMWELTFRAGEN (SRU) FÜR NATURSCHUTZ (BFN) in mehreren Forschungs- stellte jedoch schon 1985 fest, dass in bestehenden und Entwicklungsvorhaben ein Fachkonzept Schutzgebieten lediglich 30 bis 40 % der heimi- zum länderübergreifenden