Das MARCHIVUM Das MARCHIVUM neuer Geschichtsort Das MARCHIVUM – Mannheims neuer Geschichtsort Diese Festschrift wurde aus Fördermitteln des Bundesprogramms Nationale Projekte Das MARCHIVUM des Städtebaus erstellt. Mannheims neuer Geschichtsort

Festschrift zur Eröffnung des MARCHIVUM am 17. und 18. März 2018

Herausgegeben von Ulrich Nieß und Andreas Schenk Grußwort der geschäftsführenden Grußwort des Oberbürgermeisters Bundesministerin

Mit dem Programm „Nationale Projekte des schich­te ist ein in dieser Dimension einzig­ar­ Kommunalarchive gelten seit jeher als unserer Stadt – verwandelt sich in einen Ort Städtebaus“ unterstützt das Bundesbau­ tiges und vorbildhaftes Projekt, von dem auch Gedächtnisse ihrer Städte. Das gilt auch für des dauerhaften Bewahrens, der Begegnung ministerium seit 2014 herausragende Projekte in Zukunft positive Impulse für die Entwicklung . Hier jedoch nahm das Stadt­ und der Offenheit. Für diese Metamorphose der Baukultur und des Städtebaus in Deutsch­ des Stadtteils zu erwarten sind. Damit haben archiv, neben der klassischen Aufgabe des strahlen geradezu symbolhaft die beiden land. Inzwischen haben wir mehr als 100 wir ein wichtiges Ziel unseres Bundespro­ Sammelns und Bewahrens, stets eine höchst obersten, gläsernen Stockwerke in die Um­- Projekte in 86 Kommunen in ganz Deutschland gramms „Nationale Projekte des Städtebaus“ aktive Rolle in der Vermittlung sowie der gebung aus. Das MARCHIVUM hat zweifellos mit rund 300 Millionen Euro Bundes­mitteln erreicht. Forschung in den Bereichen Stadtgeschichte das Potenzial, zu einer Veränderung des gefördert. Ich wünsche dem Marchivum die gebühren­ und Erinnerungskultur ein. Ohne Erinnern Stadtteils beizutragen und neue Impulse zu Eines dieser sogenannten Premium­projekte de Aufmerksamkeit bei allen Einwohnerinnen bekanntlich keine Zukunft. Denn zum Zusam­ setzen. Die Aufnahme des Umbaus in das ist der Umbau des ehemaligen Luftschutz­ und Einwohnern und den Gästen der Stadt. menhalt einer offenen Stadtgesellschaft Förderprogramm des Bundes „Nationale Pro- bunkers Ochsenpferch zum Sitz des Mann­ gehört die Aufarbeitung der eigenen NS- jekte des Städtebaus“ würdigt gerade diesen heimer Stadtarchivs. Wir haben dieses innova­ Geschichte ebenso wie die positiven Momen­ Aspekt. Mein Dank gilt daher dem Bund tive und beispielhafte Stadtentwicklungs­­ - te unserer Demokratie- und Stadtgeschichte. für großzügige Fördermittel. ­projekt im Jahr 2015 auf Empfehlung einer Das neue Gebäude bietet dem Archiv nun Als der Gemeinderat 2014 einstimmig unabhängigen und interdisziplinär besetzten beste Möglichkeiten, diese Aufgabe weiter­ den Weg für das MARCHIVUM ebnete und Jury in das Programm aufgenommen und für zuführen, ja weiterzudenken und völlig neue 2016 der Startschuss für den Bunkerumbau die Erweiterung und den Umbau des früheren Dr. Barbara Hendricks Formate in der Vermittlungsarbeit zu wagen. fiel, standen gewaltige Aufgaben an. Dank Luftschutzbunkers insgesamt 6,6 Millionen Geschäftsführende Bundesministerin für Umwelt, Diese zielen insbesondere auch auf einen der hervorragenden Zusammenarbeit aller Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Euro bereitgestellt. lebendigen Austausch mit den Schulen und Beteiligten konnten sie nicht nur im äußerst Damit hat dieses „unbequeme“ Denkmal aus Bildungseinrichtungen. Es gilt, junge Menschen engen Zeit- und Kostenrahmen, sondern der NS-Zeit eine sinnvolle Nutzung gefunden. zu überzeugen, wie wichtig es aus histori­scher auch als bedeutender Beitrag zur Baukultur Es ist zu einem Speicher der Mannheimer Erfahrung ist, sich aktiv für eine humane, die unserer Stadt bewältigt werden. Dafür gilt Geschichte und zu einer Kultureinrichtung mit Grundrechte verteidigende Stadtge­ ­sellschaft es, Dank und Anerkennung auszusprechen, Strahlkraft und Impuls­wirkung für das ganze einzusetzen. Das Archiv bleibt dabei unver­ vor allem der GBG – Mannheimer Wohnungs­ umliegende Quartier geworden. zichtbares Gedächtnis unserer Stadt, wird gesellschaft, der Schmucker und Partner Mit dem Einzug des Stadtarchivs wird auch aber zugleich zu einer lebendigen Stätte des Planungsgesellschaft, den involvierten städt­- eine NS-Dokumentationsstätte ein­gerichtet. Forschens, Lernens und Erlebens. Der neue ischen Fachbereichen und Eigenbetrieben Beides zusammen macht die Stadtgeschich­ te Name MARCHIVUM ver­deutlicht diese und nicht zuletzt den Mitarbeiterinnen und umfassend erlebbar und kann deshalb als konsequente Weiterentwicklung.­ Mitarbeitern des MARCHIVUM. Ihnen wünsche ein gutes Bespiel dafür gelten, dass ein Das neue Haus der Stadtgeschichte und ich auf ihrem weiteren Weg alles Gute und geschichtlich belastetes Denkmal zu einem Erinnerung bietet aber auch neue Perspek­ viel Erfolg, und ihrem Haus positive Auf- lebendigen Ort der Kultur, der Bildung und tiven für Mannheims bevölkerungsreichsten nahme und viele Besucherinnen und Besucher. der Forschung werden kann. Diese Trans­ Stadtteil, wo die offene Stadtgesellschaft formation ist auch am Gebäude selbst gelun­ sich immer wieder aufs Neue beweisen muss: gen, indem der Hochbunker architek­tonisch die Neckarstadt-West. Das Gebäude selbst aufgewertet und städtebaulich in das ist spektakulär, weil es die Hierarchien gerade­- Quartier Neckarstadt-West eingebunden zu umstürzt. Eine bisher als problematisch werden konnte. empfundene Immobilie, ausgerechnet der Der Umbau des einst größten Hochbunkers größte Hochbunker – ein mahnendes, be­- Dr. Peter Kurz in Mannheim zu einem Haus der Stadtge­ drohlich wirkendes, unbequemes Denkmal Oberbürgermeister Grußwort des Bauherrn Vorwort

Die Geschichte und das Bauen in Mannheim Von der Neckarstadt aus wird das MAR­ 2014 fasste der Gemeinderat den einstim­ So imposant die Ausmaße des Bunkers bzw. der Aufbau der Stadt Mannheim sind CHIVUM die Stadtgeschichte einer breiten migen Beschluss, Mannheims größten Hoch­ auch sind, so war doch eine bauliche Erweite­ die Themen, die das MARCHIVUM und Öffentlichkeit zugänglich machen und bunker für das Stadtarchiv umzubauen. rung des Gebäudes unerlässlich. Für die die GBG seit ihrer Gründung zu Beginn des mit historischen Themen sowie modernen Die Stadtspitze, allen voran Oberbürger­ Büroräume, das Digitalisierungszentrum, die 20. Jahrhunderts miteinander verbinden. Veranstaltungs- und Darstellungsformaten meister Dr. Peter Kurz und Kulturbürgermeis­ Lesesäle und den Veranstaltungssaal wurden Dabei haben sich die Wege der städtischen dafür sorgen, dass das multikulturelle ter Michael Grötsch, hatten für dieses klare auf den Stahlbetonbau zwei neue Stockwerke Unternehmen vielfach gekreuzt, wenngleich Mannheim als Heimat begreifbar wird. Votum höchst engagiert geworben. Ihnen aufgesetzt. Nach gut dreijähriger Planungs- sich erst seit den 80er Jahren eine zuneh­ gilt daher das erste Wort des Dankes. Mit und Bauzeit präsentiert sich der fensterlose mend engere Beziehung entwickelt hat. dem Beschluss war die Entscheidung für eine Bunker nun mit einem gläsernen, zweige­ Damals wurde begonnen, Bauakten, Pläne, ungewöhnliche Lösung gefallen. Denn drin­ schossigen Aufbau, der bei abendlicher Be- Fotografien aus dem historischen Archiv der gend war eine Baulichkeit gesucht, nachdem leuchtung weit in die Umgebung strahlt. GBG an die Fachleute des Stadtarchivs am bisherigen Standort massive Sicherheits­ Die Fassade des früheren Luftschutzbaus hat zu übergeben. Diese Praxis wird auch noch probleme aufgetreten waren. Den Bunker einen attraktiven neuen Farbanstrich erhalten,­ heute fortgeführt. kannten wir bereits gut, nutzten ihn als Außen- der Vorplatz ist großzügig erweitert und in Als langjähriges Mitglied des Mannheimer Dipl.-Kfm. Karl-Heinz Frings depot. Warum dieses Bauwerk also nicht unmittelbarer Nähe sind Parkplätze entstan­ Architektur- und Bauarchiv e. V. durfte die Geschäftsführer der GBG als neues Domizil nutzen? Genügend Platz den. Durch den Umbau ist ein Ort geschaffen GBG einen immer tieferen Eindruck in die war dort ja nicht nur für die umfang­reichen worden, in dem Mannheims Geschichte auf akribische Arbeit der Mitarbeiterinnen und Archivalien vorhanden, sondern auch für geradezu ideale Weise dauerhaft bewahrt, Mitarbeiter des heutigen MARCHIVUM Ausstellungszwecke, insbesondere auch zur erforscht und vermittelt werden kann. Noch erlangen. Diese exzellente Fachlichkeit wurde NS-Geschichte. Und wo könnte ein Ort mahn­ sind die stadtgeschichtliche Ausstellung auch genutzt und die letzte große Chronik enden Erinnerns besser geschaffen werden und das NS-Dokumentationsz­ entrum nicht der GBG anlässlich ihres 75jährigen Bestehens als in einem symbolbehafteten Bauwerk eröffnet. Sie werden im Laufe des nächsten durch das Stadtarchiv begleitet. aus dieser dunklen Zeit? Jahres ihrer Bestimmung übergeben und den Wenngleich historisch geprägt, ging die Gewiss, der Bunker rettete im Zweiten Bunker endgültig zu einem lebendigen­ Lern-, Zusammenarbeit der beiden Gesellschaften Weltkrieg vielen Menschen in Mannheim das Forschungs- und Erlebnisort machen, in weit über die Dokumentation der Vergangen­ Leben. Aber er war Teil der menschenver­ der Geschichte und Erinnerung in all ihrer heit hinaus. Zukunftsthemen wurden von achtenden Kriegslogik eines verbrecherischen Vielfalt erfahrbar wird. den beiden Unternehmen schon früh in An- Systems, die Millionen Unschuldiger den Tod Das Gebäude hat durch diesen Umbau eine griff genommen, so unterstützten die gebracht hatte. Nach 1945 diente der Bunker, erstaunliche Metamorphose erfahren. Einst Mitarbeiter des damaligen Stadtarchivs die nach einer kurzen Periode als Gefangenen­ ein abweisender grauer Klotz, signalisiert er GBG bei dem frühen Digitalisierungsprozess – lager, zunächst als Ersatz für verloren gegan­ nun Offenheit und lädt zum Besuch ein. dem Anlegen elektronischer Akten. genen Wohnraum, dann wurde er unter Ein neues städtebauliches Wahrzeichen ist Revanchieren darf sich die GBG nun dem Vorzeichen des Zivilschutzes zum ABC- entstanden,­ ein lange Zeit unbeachteter Ort als stolzer Bauherr des neuen MARCHIVUM. Bunker aufgerüstet. Nun beherbergt er das verschafft sich im Stadtbild eindrucksvoll Dieses Bauwerk bildet nicht nur aufgrund MARCHIVUM – ein Name, der zunächst Geltung. Dies ist in erster Linie den Architek­ seiner inhärenten Geschichte als Bunker einen Irritation auslöste. Doch ganz bewusst haben ten zu verdanken. Die in Mannheim über Leuchtturm in der Mannheimer Architektur wir uns diesen neuen Namen gegeben, weil vier Generationen hinweg verwurzelte und Stadtgeschichte. Er wurde sozusagen von hier weit mehr als ein klassisches Kommunal­ Planungsgesellschaft Schmucker und Partner ‚Mannheimern‘ für Mannheimerinnen und archiv entsteht. zeichnete nicht nur für die Planung und Mannheimer gemacht. Ausführung des Umbaus verantwortlich, sondern war es auch, die überhaupt erst die in den Bauämtern, insbesondere des Fach­ auch die schulpädagogischen Angebote. Idee für die Umwidmung des Bunkers zum bereichs Stadtplanung und Städtebau. Neben Wenn 2019 die stadtgeschichtliche Ausstel­ neuen Sitz des MARCHIVUM hatte. Deshalb dessen Leiter Klaus Elliger war es insbeson­ lung und das NS-Dokumentationszentrum gilt es, Andreas und Peter Schmucker nicht dere Frau Architektin Ruth Scheurer, die den eröffnen, wird Mannheims wechselvolle nur für ihr gutes Auge bei der Planung zu Umbau mit ihrer Sachkompetenz und mit Geschichte in multimedialen und interaktiven danken, sondern auch dafür, dass sie sich so Leidenschaft begleitete. Präsentationen völlig neu erlebbar sein. überzeugend für das Projekt eingesetzt Von der Planung bis zur Fertigstellung Allen Beiträgern dieser Festschrift danke haben. Zu danken ist gleichermaßen ihrem gab es manche Hürden zu überwinden, ich sehr, stellvertretend Dr. Andreas Schenk Team, das die Realisierung so engagiert und Entscheidungen zu treffen und Aufgaben zu und Silvia Köhler, die damit den Blog fachkundig begleitete. Stellvertretend für übernehmen, die auch uns viel Zeit und (www.marchivum-blog.de) zum krönenden alle sei hier besonders Jörg Deffner erwähnt. Geduld abverlangt haben. So stellte allein der Abschluss führen, sowie den Gestaltern Und ohne die statisch komplexen Berechnun­ komplexe Umzug eine strategische Heraus­ Leonie Rapp und Tobias Becker. gen von Prüfingenieur Felix Späh wäre die forderung dar, da er während der Bauarbeiten Es ist zu wünschen, dass das MARCHIVUM Optimierung der Magazinbelegung niemals durchzuführen und zugleich der Dienst­ viel Zustrom und Zuspruch erfährt – und möglich geworden. betrieb aufrecht zu erhalten war. Für das Team weit über Mannheim hinaus strahlt. Als ein Bauherr gesucht wurde, zögerte des MARCHIVUM bedeutete dies eine mit- die GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesell­ unter hohe Belastung. Stellvertretend gilt der schaft keine Sekunde. Dank gilt deshalb besondere Dank hierbei an meinen Stell­ besonders dem langjährigen Geschäftsführer vertreter Dr. Harald Stockert. der GBG, Wolfgang Bielmeier, und seinem 2015 wurde der Umbau zum MARCHIVUM Nachfolger Karl-Heinz Frings. Seitens der in das Förderprogramm des Bundes Nationale GBG betreute vor allem Marcus Schäffner auf Projekte des Städtebaus aufgenommen – das Fachkundigste den Aus- und Umbau. mit der stolzen Summe von 6,6 Millionen Euro. Prof. Dr. Ulrich Nieß Auch ihm sei herzlich gedankt. Die Zusammen­ Es ist das erste Bauprojekt in Mannheim, das Stadtdirektor MARCHIVUM arbeit zwischen Architekten und Bauherr derart ausgezeichnet und gefördert wurde. auf der einen Seite sowie dem MARCHIVUM Mein Dank gilt hier der Bundesministerin und weiteren städtischen Fachbereichen Dr. Barbara Hendricks. Die Förderung ihres auf der anderen verlief stets zielorientiert und Ministeriums war uns ein zusätzlicher An­ engagiert: Alle Beteiligten verstanden die sporn. Schließlich soll das MARCHIVUM Aufgabe als Chance, einen neuen magischen wie ein Leuchtturm in die Umgebung hinein­ Ort zu schaffen, der gleichermaßen durch wirken, den Stadtraum aufwerten und posi­ seine Funktionalität, sein inneres und äußeres tive Impulse setzen. Die Grundlagen sind nun Erscheinungsbild und seine städtebauliche gelegt. Nun heißt es, das Haus mit Leben Einmaligkeit anzieht. Dass dies gelungen zu füllen. Angebote dazu sind schon reichlich ist, ist auch dem eigenen Planlenkungsteam vorhanden: Der Friedrich-Walter-Saal im zu verdanken. Dr. Christoph Popp und 6. Obergeschoss kann für Vorträge, Tagungen, Dr. Andreas Schenk vom MARCHIVUM haben Workshops und andere Veranstaltungen mit nie nachlassendem Elan das Projekt auf genutzt und in den Lesesälen können Archi­ unserer Seite vorangetrieben, stets unter­ valien und Digitalisate eingesehen werden. stützt von den Kolleginnen und Kollegen Ein zentrales Anliegen des MARCHIVUM sind Essays Dokumentation

Vom Stadtarchiv Mannheim 14 Die Geschichte des Bunkers und 44 zum MARCHIVUM anderer Luftschutzbauten Ulrich Nieß, Christoph Popp, Andreas Schenk Andreas Schenk

Vom Bunker zum MARCHIVUM 22 Etappen des Bunkerumbaus 118 Peter Schmucker Silvia Köhler, Andreas Schenk

Zur Statik des ehemaligen 30 Weltkriegsbunkers Felix Späh

Das MARCHIVUM als 36 städte­bauliche Aufgabe Ruth Scheurer

Baudaten und Projektbeteiligte 150 Förderer und Sponsoren des MARCHIVUM 151 Quellen, Literatur- und Bildnachweis 152 Impressum 152 Essays Exakt 111 Jahre nach seiner Gründung im Jahr Vom Stadtarchiv Das Alte Kaufhaus in N 1, Foto von 1910. 1907 hat das Stadtarchiv Mannheim eine neue, Mannheim spannende Wegmarke erreicht. Erstmals verfügt es über ein eigenes, auf seine Bedürfnisse ein­ zum MARCHIVUM gerichtetes Gebäude. Und in diesem Gebäude wird es zukünftig auch eine stadtgeschichtliche Ausstellung und ein NS-Dokumentationszentrum vorhalten, sich zum Haus der Stadtgeschichte und Erinnerung erweitern. Die Ausstellungen sollen den Besucherinnen und Besuchern einen multimediale Erlebnis- und Lernort bieten. Es Ulrich Nieß, Christoph Popp, etabliert sich damit eine neue Einrichtung in Andreas Schenk Mannheim, die gleichermaßen Bildung, Kultur MARCHIVUM und Forschung in sich vereint. Konsequenter­ weise wurde deshalb der angestammte, auf ein bestimmtes Profil zugeschnittene Namen auf­ gegeben. Das Kunstwort MARCHIVUM soll Neugier wecken und die Palette der Möglichkei­ ten andeuten. Das neue Gebäude ist außen wie innen spek­ takulär. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Mannheims größter Hochbunker eine solche Wandlung erleben würde? Es war ein mutiger wie visionärer Weg, der beschritten wurde und der noch vor wenigen Jahren undenkbar schien. Das Stadtarchiv war im Collini-Center gut ein­ gerichtet, hatte helle Vortrags- und Lesesäle und war damit Teil und Vorzeigeeinrichtung des Rathauskomplexes. 2013 kam es aber im Büro­ trakt des Collini-Centers im Abstand von nur Nach seiner Gründung 1907 hatte das Stadt­ Ein zweiter Förderverein, der sich jetzt Freun­ wenigen Wochen zu zwei schweren Wasserschä­ archiv seinen Sitz zunächst im zum Rathaus um­ deskreis MARCHIVUM nennt, wurde 1997 ins den im Haus, die auch die Räume des Stadtar­ funktionierten Alten Kaufhaus in N 1. Ein promi­ Leben gerufen. chivs betrafen. Zwar hielten sich die Schäden in nenter Platz im Herzen der Stadt, der dem Nach dem Krieg fristete das Stadtarchiv zu­ den Magazinräumen in engen Grenzen, aber sie Archiv während des Zweiten Weltkriegs aller­ nächst im Rathaus in E 5 ein eher kümmerliches mussten als klare Warnung verstanden werden. dings zum Verhängnis wurde. Denn in der Bom­ Dasein, zumal es dort nur einen Teil seiner Akten Archivalien sind Unikate – einmal verloren, kön­ bennacht vom 5. auf den 6. September 1943 fiel und Sammlungen unterbringen konnte. Weitere nen sie kaum bis gar nicht ersetzt werden. So das barocke Gebäude in Schutt und Asche. Mit Teile lagerten in Nebenräumen des Herschel­ galt es, möglichst rasch einen anderen Standort ihm gingen zum Beispiel auch die städtischen bads in U 3 und in einem provisorischen Depot zu finden. Denn das Collini-Center, 1972–1975 Bauakten verloren, was 1989 zum Anlass genom­ in der Steubenstraße. Die Lagerräume an diesen als zeittypischer Stahlbetonbau errichtet, konn­ men wurde, als Förderverein des Stadtarchivs drei Standorten waren für das Archivgut alles te die sichere Lagerung der umfangreichen das Mannheimer Architektur- und Bauarchiv andere als ideal. Sammlungen und Bestände des Stadtarchivs (MAB) zu gründen. Ziel des MAB war und ist es, Umso bedeutender war der Umzug Anfang nicht mehr garantieren; seine komplette Sanie­ eine Ersatzüberlieferung aufzubauen, um bau­ der 1990er Jahre in das Collini-Center. Sämtli­ rung stand nicht zur Disposition. Erneut stellte geschichtliche Unterlagen aus den Büros der che Büro-, Arbeits- und Magazinräume konnten sich für das Gedächtnis der Stadt Mannheim die Architekten und Baugesellschaften oder den nun im 1. und 2. Obergeschoss des Bürogebäu­ Standort- und damit auch die Perspektivenfrage. Nachlässen von Haus­eigen­tümern zu sammeln. des konzentriert werden. Erstmals verfügte das

14 Essays 15 Das Alte Kaufhaus nach der Zerstörung im war der Vorschlag von Schmucker und Partner, Zweiten Weltkrieg, Foto von 1945. den Hochbunker zum neuen Sitz des Stadtar­ chivs aus- und umzubauen. Rasch wurde deut­ lich, dass dieser Standort, obwohl er am Rand der Neckar­stadt-West in einem über viele Jahre städtebaulich und stadtplanerisch vernachläs­ sigten Areal liegt, die einmalige Chance bietet, die Angebote des Stadtarchivs weiterzuentwi­ ckeln. Denn seit vielen Jahren widmet sich die Insti­ tution nicht nur der klassischen Aufgabe des Archivierens, etwa des Sammelns und Bewah­ rens von städtischen Verwaltungsakten und an­ deren stadtgeschichtlich bedeutenden Doku­ menten. Vielmehr wurde geforscht, wurden regelmäßig Seminare, Vorträge und Führungen angeboten, stadtgeschichtliche Publikationen veröffentlicht oder etwa das Stadtinformations­ system STADTPUNKTE aufgebaut. Auch schul­ spezifische Veranstaltungen fanden ihren Platz. Magazinraum im Herschelbad, Foto von 1973. In enger Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte

Stadtarchiv über einen großen Lesesaal für die scheidung fiel, im Hochbunker in der Neckar­ stadtgeschichtliche Forschung und einen wei­ stadt-West ein Außendepot für digitalisiertes teren Raum für die Bauakteneinsicht. Im Erd­ und deshalb im Original selten benötigtes Ar­ geschoss wurde der nach dem Gründer des chivgut einzurichten. Stadtarchivs benannte Friedrich-Walter-Saal Noch dachte niemand an einen vollständigen ein­gerichtet, in dem regelmäßig Vorträge rund Umzug des Archivs in den Bunker, geschweige um Mannheims Stadtgeschichte stattfinden denn an eine Aufstockung des Gebäudes für konnten. Das Collini-Center schien bis zu den Arbeitsplätze, Lesesäle und Friedrich-Walter- Ereignissen des Jahres 2013 als Sitz des Stadt­ Saal. Stattdessen stand nach den Wasserschä­ archivs geradezu als ideal, dies nicht zuletzt den im Collini-Center zunächst einmal die Idee auch wegen seiner verkehrsgünstigen Lage, eines Neubaus auf den frei werdenden Konver­ wenngleich sich im Lauf der Jahre in den Ma­ sionsflächen im Raum. Bei näherer Analyse gazinen auch räumliche Enge bemerkbar mach­ zeigten sich meist deutliche Standortnach­teile te. Durch den konti­nuierlichen Zuwachs an und kristallisierten sich unterschiedliche Nut­ Archivalien stießen die Lagerflächen mehr und zungsvorstellungen bei Gesprächen mit poten­ mehr an ihre Grenzen, so dass 2008 die Ent­ tiellen Investoren heraus. Umso überzeugender Das Bürogebäude des Collini-Centers, Foto von 2004.

MARCHIVUM 16 Essays 17 Sandhofen, dem Historischen Institut der Uni­ dung mit den Reiss-Engelhorn-Museen eine Es ist daher nur konsequent, den eingeschla­ Forschens. Deshalb wurde bei der Planung nicht versität Mannheim und anderen Akteuren ge­ erste stadtgeschichtliche Ausstellung, die bis genen Weg weiterzuverfolgen. Das MARCHI­ nur auf attraktive Innenräume Wert gelegt, son­ hörte dabei stets die Aufarbeitung der Ge­ Ende 2015 im Alten Zeughaus zu sehen war. Ge­ VUM ist der ideale Ort, um Mannheims Stadt­ dern auch auf die Aufwertung der Umgebung schichte des Nationalsozialismus und seiner rade deshalb konnte sich das Stadtarchiv den geschichte und Erinnerungskultur zu präsen- des Gebäudes. Der Vorplatz wurde attraktiviert, Opfergruppen zu den zentralen Handlungsfel­ Namenszusatz „Institut für Stadtgeschichte“ tieren. Dazu dienen die stadtgeschichtliche Aus­ in der angrenzenden Bunsenstraße ein Mitarbei­ dern. Zudem erstellte das Stadtarchiv in Verbin­ selbstbewusst zulegen. stellung im Erdgeschoss und das NS-Dokumen­ ter- und Besucherparkplatz geschaffen. Ein Bür­ tationszentrum im 1. Obergeschoss. Beide werden gerbeteiligungsverfahren bot hierzu wertvolle in zeitgemäßer multimedialer Form als interak­ Anregungen. Manches aber ist hier noch zu tun. tive Forschungs-, Lern- und Erlebnisbereiche So würde das im Rahmen eines städtebaulichen konzipiert sein. Dazu werden digitalisierte Foto­ Wettbewerbs konzipierte Lichtband­ an der Jung- grafien, Filme und andere Dokumente aus den buschbrücke eine weitere Aufwertung darstel­ Beständen des Archivs genutzt. Im NS-Doku­ len. Auch sind noch Ideen für die Ansiedlung von mentationszentrum können die Besucherinnen gastronomischen und weiteren kultur- oder kre­ und Besucher an Recherche-Stationen den Bio­ ativwirtschaftlichen Einrichtungen umzusetzen, grafien von Opfern und Tätern des Nationalso­ die gemeinsam mit dem Fachbereich Stadtpla­ zialismus nachspüren. In Verbindung mit den nung ausgearbeitet werden. Schulen haben Jugendliche die Möglichkeit, Dies alles sind positive Anzeichen, dass der sich mit Inhalten beider Ausstellungsbereiche nun abgeschlossene Bunkerumbau nicht nur dem aktiv auseinanderzusetzen. Dafür wird es einen früheren Stadtarchiv neue Perspektiven bietet, speziell ausgestatteten Seminarraum geben. sondern auch, wie erhofft, dem Stadtteil neue Selbstverständlich steht auch die wechselvolle Impulse verleiht. Als Leuchtturm jedenfalls wirkt Geschichte des Bunkers im Fokus. Und schließ­ das MARCHIVUM allein schon durch das ein­ lich wird es einen Raum für Wechselausstellun­ drucksvoll umgestaltete Gebäude mit seinen gen auch für andere Akteure geben. Die Pla­ beiden neuen Stockwerken. Möge es mit seinen nungen für all diese Einrichtungen laufen auf Angeboten auch im Innern helle Leuchtpunkte Hochtouren – mit dem Ziel der Eröffnung im für Mannheim und die Region setzen! Laufe des Jahres 2019. Schon jetzt steht der Archivbereich des MAR­ CHIVUM zur Verfügung, mit ihm auch die Lese­ säle und der neue Friedrich-Walter-Saal, die vom obersten Stock des Gebäudes einen eindrucks­ vollen Blick auf Mannheim und sogar bis nach Ludwigshafen bieten. In den Lesesälen hat jeder Interessierte die Möglichkeit, stadtgeschicht­ liche Themen oder die eigene Familiengeschich­ te zu erforschen, während andere Mannheims Bauakten einsehen möchten. Der Friedrich-Wal­ ter-Saal steht, wenn er nicht für eigene Veran­ staltungen des MARCHIVUM benötigt wird, auch Dritten, zum Beispiel für Workshops und Kon­ferenzen, offen. Die Magazine in den frühe­ ren Bunkergeschossen sind für die Öffentlich­ keit nicht zugänglich, können aber im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Das MARCHIVUM versteht sich als offenes Rollregalanlage in den Magazinräumen des MARCHIVUM, Foto von 2017. Haus der Begegnung, des Erlebens, Lernens und

MARCHIVUM 18 Essays 19 Das MARCHIVUM – Mannheims neuer Geschichtsort, Foto vom Januar 2018. Vom Bunker zum Heute liegt der öffentliche Fokus in erster Linie Von dieser Erkenntnis bis zum heutigen MAR­ Liegenschaften. Kann keine sinnvolle Nutzung er­ auf Neubauten. Gesellschaftliche Wahrnehmung, CHIVUM war es allerdings ein weiter Weg: Ers­ reicht werden, wird es vielfach nicht gelingen, ein MARCHIVUM aber auch Förderungen und Bauordnungen be­ te Konzepte wurden entwickelt, um Nutzer und Denkmal auf Dauer zu erhalten. Doch findet die schränken sich ebenfalls in erster Linie auf de­ Stadtverwaltung, Bürgermeister und Gemeinde­ Denkmalpflege im Zusammenwirken mit Sponso­ ren Errichtung. Eine Haltung, die weder wirt­ räte für das Projekt zu gewinnen, und es gelang, ren, Architekten und Restauratoren immer wieder schaftlich noch energetisch sinnvoll ist und den die Entscheidungsträger für das künftige Stadt­ Lösungen zum Erhalt und zur Nutzung, und zwar bei unterschiedlichen Qualitäten unseres Gebäude­ archiv in diesem städtebaulich doch sehr schwie­ vertretbaren Eingriffen in die Denkmalsubstanz.“ ¹ bestands nicht gerecht wird. rigen Umfeld zu begeistern. Die Problematik am Nun macht eine Umgestaltung meist nur bei Standort wurde dabei nicht negiert, sondern als Was hatten wir anderes im Sinn? Wir hatten eine geringen Eingriffen in den Bestand wirklich Sinn, Chance betrachtet. Das gesellschaftliche Enga- ideale, respektvolle und mit kleinen Eingriffen gerade bei solch widerspenstigen Strukturen wie gemen­ t an genau dieser Stelle ist für die Neckar­ zu erreichende Umnutzung vorgestellt und den­ Peter Schmucker einem Hochbunker, aber welche Weiternutzung stadt-West von großer Bedeutung und tritt ne­ noch kein Gehör gefunden. So machte sich eine Schmucker und Partner Planungsgesellschaft bietet sich schon für einen solchen Typus an? gativen Entwicklungen im Stadtteil baulich aber Delegation aus Vertretern der Stadt und des Ar­ Natürlich lässt sich mit erheblichen Eingrif­ auch durch die der Bildung verpflichteten Nut­ chitekten auf, um die Leitung der Landesdenk­ fen jedes beliebige Nutzungsprofil auch in eine zung entgegen. malpflege in Karlsruhe von der Sinnhaftigkeit scheinbar ungeeignete Immobilie pressen. Bei­ Die Begeisterung hat erfreulicherweise bis unseres Unterfangens zu überzeugen. Nach lan­ spiele gibt es hierfür genug und Fenster lassen heute angehalten, sie wurde aber gerade zu Be­ gen Verhandlungen wurde eine Lösung gefun­ sich mit entsprechendem Aufwand auch in eine ginn auf eine harte Probe gestellt, da es im Vor­ den, die meines Erachtens als beispielhaft gelten Bunkerwand schneiden. Eine ideale Wiederver­ feld schwierigste Verhandlungen gab, die ele­ darf und der sich heute sicher auch die Vertreter wendung sieht jedoch anders aus. mentar für die geplante Umnutzung waren und der Denkmalpflege guten Gewissens anschlie­ Das Büro Schmucker hat in den letzten Jahren die ohne das große Engagement von Nutzer und ßen können. mit Projekten wie dem Speicher 7 oder der Alten Bauherr wohl nicht erfolgreich verlaufen wären; Eingriffe in den Bestand wurden minimiert, Brauerei eine besondere Expertise bei derartigen ein außergewöhnliches Engagement, das uns die beiden aufgesetzten neuen Etagen setzen Projekten erworben und dabei erkannt, dass die die gesamte Planungs- und Bauzeit begleitet hat sich, wie auch die Einbauten im Innern, deutlich sinnvolle Weiternutzung nur bei einem Erkennen und das mir in meinem beruflichen Schaffen so vom nationalsozialistischen Erbe ab, sind zumin­ der Potenziale des einzelnen Gebäudes gelingen noch nie begegnet ist. dest theoretisch reversibel. Diese Kontraste kann. Wir planen mit den Gebäuden, nicht ge­ Die Mannheimer Bunker stehen gänzlich un­ wurden exakt herausgearbeitet. Sie waren der gen sie, lesen und denken uns vielmehr in sie hin­ ter Denkmalschutz, dem Ochsenpferchbunker Leitfaden, der für den gesamten Entwurf die ein, um sie mit Hilfe unseres architektonischen wurde und wird dabei höchste Bedeutung be­ Grundlage bildete. Nur ein ehrlicher Umgang mit Baukastens zukunftsfähig zu machen. scheinigt. Allein, die Meinungen, wie mit dem der baulichen Historie und ein klares Absetzen Aus heutiger Sicht ist die Umnutzung des historischen Erbe umzugehen sei, gingen weit der neuen Gebäudeteile ermöglichen die heute Ochsenpferchbunkers zum MARCHIVUM abso­ auseinander. Die Denkmalpflege lehnte zu­ erlebbare Qualität. Ein Gefüge mit eigenem lut naheliegend. Der Bunker war in den vergan­ nächst jede Veränderung der Gebäudehülle ab, Charakter, der sich so bei einem reinen Neubau genen Jahren in einem guten Zustand gehalten was nach unserem Dafürhalten nicht dem Geist niemals zeigen würde. worden, die Qualitäten der großen thermischen des Denkmalschutzgedankens entspricht und Eine richtige Konzeption kann deutliche Kos­ Masse hatten sich bereits bei der Nutzung als von dieser in der Regel auch anders vertreten teneinsparungen gegenüber einem Neubau er­ Lager gezeigt: Die raumklimatische Konstanz, wird: reichen – und dies bei höchster architektoni­ die wichtigste Eigenschaft eines Stadtarchivs, er­ scher Qualität. Abriss und Neubau wären hier reicht das massive Gebäude schon ohne aufwän­ „Weitere Aufgaben sind die Erhaltung der Denk­ aber ohnehin nicht möglich gewesen. Die Alter­ dige und energieintensive Technik. Das Thema male in ihrer originalen Substanz und ihre Nutzung. native für die Stadt wäre, ohne sinnvolle Weiter­ Sicherheit ist eine weitere positive Grundeigen­ Es geht nicht darum, die Denkmale in Museen um­ nutzung, eine zum Leerstand verdammte Immo­ schaft dieses Bauwerks: Man kann sich kaum ein zuwandeln. Vielmehr sollen sie möglichst in ihrem bilie und ein teurer Neubau auf der grünen Szenario vorstellen, bei dem das Archivgut nicht Umfeld erhalten und genutzt werden. Das gilt Wiese gewesen. Dies konnte von uns derart optimal verwahrt ist – das Gedächtnis der Stadt nicht nur für Kirchen, Klöster und Schlösser, son­ anschaulich dargelegt werden, dass der Ge­ wird heute ebenso gut geschützt wie die da- dern vor allem für Wohnhäuser, Bauernhöfe, Hand­ meinderat zu einem einstimmigen Ergebnis pro mals Schutzsuchenden des Zweiten Weltkriegs. werksgebäude, Industrieanlagen und militärische MARCHIVUM kommen konnte, der sich auch

22 Essays 23 Grundriss des Erdgeschosses. Grundriss des 6. Obergeschosses.

Grundriss des 5. Obergeschosses. Längsschnitt.

MARCHIVUM 24 Essays 25 Mit dem Erreichen dieser Meilensteine war Baukörpers sollte dabei nicht durch störende der Weg nun endlich für die weitere Planung Elemente wie Sonnenschutz oder Versprünge frei: Die beiden vorhandenen Haupttreppen­ beeinträchtigt werden. häuser ermöglichten durch ihre Dimensionie­ Der heute sichtbare Fassadenaufbau ist rung den Verzicht auf die zentrale Treppe zu­ mehrschalig: Die äußere Prallscheibe ist hinter­ gunsten zweier Aufzugsanlagen. Eine Erweiter- lüftet und zum Teil bedruckt. Dies erreicht zum ung nach oben war an dieser Stelle von den Er­ einen den gewünschten optischen Effekt, er­ bauern vorgesehen worden, um nach dem ver­ möglicht aber zum anderen, die Fenster ohne meintlich gewonnenen Krieg eine Weiternut­ hohe Schallbelästigung durch den vorbeiflie­ zung zu ermöglichen. Zu diesem Zweck hatte ßenden Verkehr zu öffnen und den Sonnenschutz man einen massiven Deckel vorgesehen, den wir auch bei höchsten Windgeschwindigkeiten ver­ mit relativ geringem Aufwand entfernen konn­ lässlich steuern zu können. Ein temporäres Ver­ ten – „relativ“ im Verhältnis zum Schneiden von schatten ist für die Arbeit des Archivs unerläss­ 1,40 m dicken und stark bewährten Bunkerde­ lich, ein natürliches Lüften erhöht auch bei einer cken! mechanischen Lüftung die Nutzerakzeptanz. Der architektonische Grundgedanke, auf den Die in groben Pixeln dargestellten Wolken auf Bunker eine lichte, helle Konstruktion aufzu­ der Fassade überspielen dabei transparente und setzen und dabei alle Anforderungen an einen opake Flächen-Einbauten und reduzieren die optimalen Arbeitsplatz hinsichtlich Energetik, Aufheizung des Scheibenzwischenraums am Belichtung, Schallschutz usw. zu erreichen, Tag. Nachts sind sie elementarer Bestandteil des machten eine recht aufwendige Fassadenkons­ Lichtkonzepts, das aus einer Kombination von truktion nötig. Die Vision eines homogenen direkter wie indirekter Be- und Ausleuchtung besteht. Die Nachtwirkung wurde von uns von Beginn an paritätisch behandelt. Obwohl solche Szenarien immer zuerst digital entwickelt werden, können verwertbare Ergeb­ nisse nur mit einem 1:1 Modell, einem Mockup, eines kompletten Fassadenmoduls erzielt wer­ Visualisierungen vor Baubeginn: Ansichten bei Tag und mit abend­licher Beleuchtung. den. Dieses wurde im Vorfeld vom Fassadenbau­ er gebaut. Auch die Bemusterung der Fassade, der Bund mit einer bis dato einmaligen Förder­ schossdecken waren hier nur für menschliche gerade aber der verschiedenen möglichen Be­ höhe des Programms „Nationale Projekte des Lasten von maximal 500 kg/m² ausgelegt. leuchtungsarten, erfolgte gemeinsam mit Bau­ Städtebaus“ anschließen konnte. Die Richtig­ Trotz umfangreicher Untersuchungen der herrn und Nutzer. Beim Druck wurde lange um keit der städtischen Entscheidung wird damit in Gutachter und innovativer Berechnungsverfah­ Dichte und Verteilung gerungen, die Nutzer Gänze bestätigt, und da das Projekt im Zeit- und ren des Statikers der immerhin gut bewährten immer mit eingebunden: Im Ergebnis wurde die Kostenrahmen abgeschlossen werden konnte, Decken waren die Vorgaben von 8 kN/m² zu­ Verteilung im Bereich von Sitz- bis Stehhöhe können wir an dieser Stelle die These widerlegen, nächst nicht zu erreichen, womit die Sinnhaftig­ stark reduziert, um Bedenken hinsichtlich man­ dass öffentliche Bauten niemals den finanziellen keit unserer Konzeption essentiell in Frage ge­ gelnder Transparenz zu zerstreuen. Vorgaben genügen. stellt wurde. Erst das Entfernen des Verbund- Die Nachhaltigkeit des Nutzungskonzepts Der konsequenten Nutzung als Archiv stan­ estrichs brachte den erhofften Durchbruch und hinsichtlich der grauen Masse sollte auch in der den jedoch weitere Schwierigkeiten entgegen: ermöglichte, die gewünschten Laufkilometer technischen Ausstattung ihre Entsprechung Die Lagerung musste, wie zuvor im Collini-Cen­ Regal unterzubringen. Ohne diesen Rückbau finden. Mit dem Wärmetauscher im Hauptab- ter, in Rollregalen in hoher Konzentration und hätte man zwar den aktuellen Bestand an Archiv­ wasser­kanal verfügt das MARCHIVUM über daraus resultierenden hohen Deckenlasten un­ gut unterbringen können, die Zukunftsfähigkeit grüne Referenztechnik, die der Eigenbetrieb tergebracht werden. So massiv die Gebäudehül­ benötigte aber erhebliche Reserven, die schließ­ Stadtent­wässerung mit diesem Baustein weiter Blick von der Bürgermeister-Fuchs-Straße auf das le eines Bunkers auch ist, die eigentlichen Ge­ lich auch nachgewiesen werden konnten. MARCHIVUM (Visualisierung). vorantreibt. In Kombination mit der Nutzung

MARCHIVUM 26 Essays 27 entsteht, welches das Selbstverständnis, aber Dem Fördergeber, der die Qualität der Kon­ auch die Innovationskraft unserer Stadt über die zeption und die Bedeutung des MARCHIVUM Region hinaus transportieren wird. für den Stadtteil erkannte und mit einer solch Die Realisierung eines solchen Vorhabens ist hohen Summe unterstützte. Und nicht zuletzt immer Mannschaftssport. Ich darf mich daher sind unsere Planungspartner, die ausführenden sehr herzlich bei denen an der Planung wie Aus­ Firmen, aber auch das Team des Büro Schmucker führung Beteiligten bedanken: An erster Stelle zu nennen, die dieses Projekt von der Vision in ist hier das Stadtarchiv–Institut für Stadtge­ die Wirklichkeit umgesetzt haben, auch ihnen schichte zu nennen, Herrn Prof. Dr. Nieß, der gilt mein Dank. das MARCHIVUM couragiert durch alle Instan­ Im Namen meines Unternehmens wünsche zen begleitete und ohne dessen Unterstützung ich dem Haus viel Erfolg, den Mitarbeitern des dieses Haus nicht hätte realisiert werden kön­ Hauses eine inspirierende Arbeitsatmosphäre nen, den Herren Dr. Popp, Dr. Schenk und Dr. und dem Stadtteil eine positive Entwicklung, die Stockert für deren engagierten Einsatz, aber mit dem MARCHIVUM gerade begonnen hat. auch dem gesamten Team des MARCHIVUM.

Glasfassaden nachts mit Fassadenbeleuchtung und Danken darf ich auch unserem Bauherrn, der 1 Zitiert aus „Auftrag der Denkmalpflege“. Bedruckung (Visualisierung). entwickelt hatten. Fassadenbänder sollten als GBG Mannheim, für die immer vertrauensvolle, Auflager für eine Steinverkleidung dienen, um sachorientierte Zusammenarbeit, die in dieser das Gebäude in eine steinerne Ordensburg zu Form keine Selbstverständlichkeit darstellt. verwandeln. Diese Planungen aus dem „1000jäh­ Mein Dank gilt unserem Oberbürgermeister, rigen Reich“ wurden von uns nicht umgesetzt. Herrn Dr. Peter Kurz, und unserem Bürgermeis­ Der sperrende Anstrich wurde entfernt, um ter Quast für deren großen Einsatz, gerade für die Außenwände wieder atmen lassen zu können. ihren Einsatz beim Erreichen der Förderung des Unter der Beschichtung aus den 80er Jahren Bundes, den Bürgermeistern Specht, Grötsch, hatten sich durch auffrierende Staunässe Schä­ Kubala und Dr. Freundlieb sowie den Mitglie­ den am Beton gezeigt. Der neue Anstrich auf dern des Gemeinderats, die den Bauverlauf im­ Silikatbasis ist diffusionsoffen und kommt in mer interessiert begleiteten. seiner Farbgebung dem Original wieder deut­ lich näher. In Kombination ergibt sich ein sauber ablesbarer Kontrast aus massivem Unterbau und betont leichtem Neubau. Wenn heute der Besucher im 6. Obergeschoss ankommt, erlebt er diesen Schnitt auch im In­ nern: Während im Eingangsbereich immer noch authentische Bunkeratmosphäre vorhanden ist, hier kombiniert mit zeitgenössischen Einbau­ ten für den Museumsbetrieb, herrscht in den Musterfenster in der Produktionshalle. neuen Etagen eine transparente, helle Atmo­ sphäre, die Ausblicke über die Stadt und weiter der Fernwärme konnte hier eine funktional her­ in die gesamte Region ermöglicht. vorragende, ökologische wie wirtschaftliche Diese Transparenz ist entscheidend für das Lösung entwickelt werden. MARCHIVUM und die Wahrnehmung der vielen Das Stadtarchiv hatte uns früh mit histori­ Pendler, die dieses große Haus trotz seiner pro­ schen Entwurfszeichnungen versorgt. Hier wur­ minenten Lage erst jetzt in seiner Bedeutung de ersichtlich, dass die Erbauer dezidierte Vor­ wahrnehmen. Ich bin mir sicher, dass damit an stellungen zur Weiternutzung nach dem Krieg dieser Stelle eine Wegmarke, ein Torgebäude Foyer im 6. Obergeschoss (Visualisierung).

MARCHIVUM 28 Essays 29 Zur Statik des Bunker gelten allgemein als sehr stabile Gebäu­ Das Erdgeschoss und das 1. Obergeschoss wer­ wurden. Zu Beginn der Planungs- und Umbau­ de. Das sind sie natürlich auch, wenn man ledig­ den für Ausstellungen genutzt, was für die De­ arbeiten war daher weder bekannt, wie die Stahl­ ehemaligen lich die äußere Struktur betrachtet. Bunker ha­ cken über dem Untergeschoss sowie dem Erd­ betonkonstruktion der Zwischendecken des Bun­ ben sehr dicke Wände, tragfähige Fundamente geschoss noch zu verhältnismäßig normalen kers dimensioniert worden waren, noch welche Weltkriegsbunkers und natürlich ein sehr stabiles Dach. Als Schutz­ Lastansätzen führt. Das 2., 3. und 4. Oberge­ Materialien beim Bau zur Verfügung gestanden raum müssen insbesondere ihre Dächer in der schoss werden aber als Archiv genutzt und hatten. Um dies festzustellen, mussten umfang­ Lage sein, die verheerende Wirkung von Bom­ mussten deshalb mit Rollregalen ausgestattet reiche Untersuchungen durchgeführt werden. bentreffern zu kompensieren. werden. Hierbei ergaben sich Lasten, die in nor­ Es galt die Beton- und Stahlgüte des vorhan­ Hochbunker, von denen im Mannheim im malen Gebäuden bzw. auf normalen Geschoss­ denen Materials durch die Entnahme von Bau­ Laufe des Zweiten Weltkrieges einige gebaut decken nicht auftreten. Die grundlegende Fra­ teilen und deren Untersuchung im Labor zu wurden, haben aber im Inneren ihre Besonder­ ge, die zunächst geklärt werden musste, war, ob bestimmen. Auch die Abmessungen der Konst­ Felix Späh heiten. Die einzelnen Zwischendecken sind nor­ die vorhandenen Zwischendecken des Bunkers ruktion mussten überprüft und die im Beton Ingenieurbüro Bräuer + Späh male Deckenkonstruktionen, die lediglich zur in der Lage, sind die Lasten aus einer Archivnut­ einbetonierten Betonstähle in Lage und Durch­ Aufnahme von Personen ausgelegt wurden. Zur zung aufzunehmen. messer ermittelt werden. schnellen Nutzung der Schutzräume, aber auch zur schnellen Evakuierung waren in jedem Bun­ ker mehrere Treppenhäuser zwingend erforder­ lich. Die Umnutzung dieser sehr zweckgebunde­ nen Bauwerke stellt jeden Planer vor schwierige Aufgaben. Die Statik spielt dabei eine zentrale Rolle. So auch beim Umbau des Hochbunkers in der Neckarstadt-West zum MARCHIVUM. Die Nutzung der vorhandenen Stockwerke als Büroraum scheiterte am Fehlen von Fenstern, die aus den mehr als 1,0 m dicken Außenwänden herausgesägt werden müssten. Das ist tech­ nisch zwar möglich, aber neben den hohen Kos­ ten ist die Belichtung durch 1,0 m tiefe Fenster eher dürftig. Also war es naheliegend, die erfor­ derlichen Büroräume durch eine Aufstockung auf das Dach des Bunkers zu verlegen und die vorhandenen Ebenen anderweitig zu nutzen. Die Aufstockung des Bunkers um zwei zusätzli­ che lichtdurchflutete Stockwerke war aus stati­ scher Sicht einfach. Die mehr als 1,40 m starke Dachdecke aus Stahlbeton ist in der Lage, die

zusätzlichen Lasten der Aufstockung in die vor­ Querschnitt durch den Bunker, Bauplan von 1942. handene Tragstruktur abzutragen. Das Gewicht der Dachdecke übersteigt die Lasten aus der Aufstockung um das Vielfache. So ergaben sich Bei vielen vor 1945 erstellten Gebäuden sind Letzteres erwies sich als durchaus schwierig. durch die Konstruktion des Bestandes nur we­ im Allgemeinen keine statischen Planunterla­ Da der Betonstahl im Beton nicht sichtbar ist, nige Zwangspunkte für die Architektur der Auf­ gen mehr vorhanden, weil ein großer Teil der kann er zerstörungsfrei nur durch elektromag­ stockung. archivierten Planunterlagen im Krieg verloren netische Verfahren oder Röntgenverfahren be­ Als deutlich schwieriger erwiesen sich stati­ gegangen ist. Bei den Bunkern kommt hinzu, stimmt werden. Diese Verfahren liefern aber schen Anforderungen im Inneren des Bunkers. dass sie in Zeiten größten Mangels realisiert lediglich Ergebnisse, die einer Kalibrierung und

30 Essays 31 Interpretation bedürfen. Diese zerstörungsfreie bauer auch bei einem schweren Bombentreffer Untersuchung brachte zutage, dass die verwen­ mit einer teilweisen Zerstörung des Daches einen dete Baustahlbewehrung sehr uneinheitlich ver­ totalen Zusammenbruch der Konstruktion über legt worden war. Offensichtlich hatte man aus alle Stockwerke vermeiden wollten. Der Aufent­ Gründen des Materialmangels an Stellen mit halt im obersten Stockwerk war insofern also gleichen Deckenkonstruktionen unterschiedli­ während eines Bombenangriffes nicht risikofrei. che Bewehrungsstäbe verwendet. Auch lagen in Andererseits führten Nachrechnungen zum er­ vielen Bereichen Bewehrungsstäbe übereinan­ freulichen Ergebnis, dass im obersten Stockwerk der und konnten daher durch die zerstörungs­ des Bunkers Archivlasten bis zu 1.000 kg/m² ein­ freien Verfahren nicht ermittelt werden. Als gelagert werden können. Deshalb wurden dort Folge musste an vielen Stellen die Betonstahl­ besonders schwere Bestände, wie die Bibliothek bewehrung freigelegt werden, was einen erheb­ des MARCHIVUM, untergebracht. lichen zeitlichen und finanziellen Aufwand be­ Die Untersuchungen und Nachforschungen deutete. Auch die Nachrechnung der vielen erbrachten auch ein interessantes baugeschicht­ unterschiedlichen Bereiche gestaltete sich da­ liches Ergebnis. Denn beim Bau des Bunkers durch erheblich aufwendiger als anfänglich ge­ wurde die Stahlsorte St 52 verwendet, die ledig­ plant. lich in den Jahren 1932 bis 1943 Verbreitung Das Bunkerdach vor dem Umbau. Durch diese Untersuchungen ergaben sich fand. Sie zeichnet sich seinerzeit durch eine sehr folgende interessante Ergebnisse: Die Decke des hohe Festigkeit aus. 3. Obergeschosses ist wesentlich stabiler ausge­ Die Nachrechnung der übrigen Zwischende­ bildet als alle darunterliegenden Decken. Dies ist cken ergab eine zulässige Belastbarkeit aller Be­ offensichtlich dadurch begründet, dass die Er­ reiche von maximal 500 kg/m². Zusätzlich wurde

Raum im 4. Obergeschoss vor dem Umbau. Abbrucharbeiten auf dem Bunkerdach.

MARCHIVUM 32 Essays 33 Nach den positiven statischen Ergebnissen konnten schließlich Bilder von drei Bombentref­ aus der Planungsphase konnte mit der Realisa­ fern gefunden werden, wodurch der zunächst tion des Projektes begonnen werden. Allerdings unbegreifliche Schaden erklärbar wurde. Offen­ stellte der Bunker gerade auch im Rohbau die sichtlich hat der Bunker damals die Belastung ausführenden Firmen sowie die Statik vor be­ durch die drei Bombentreffer abtragen können. sondere Aufgaben. Der Abbruch der Dachdecke So war der Umbau zum MARCHIVUM auch im Bereich des mittleren Treppenhauses, das für in statischer Hinsicht eine spannende Abenteu­ die Aufzuganlage benötigt wurde, musste mit erreise. Eine Reise zurück in die Zeit, als der schwerem Gerät durchgeführt werden. Der An­ Bunker unter den erschwerten Bedingungen des blick eines Autokrans sowie eines großen Bag­ Krieges mit modernen Materialien errichtet gers auf dem Dach eines Gebäudes ist sicher wurde und vielen Menschen das Leben rettete, nicht alltäglich, für die Statik des Bunkers war als die Bombenangriffe Teile des Daches beschä­ das allerdings kein Problem. digten und er dennoch stabil stehen blieb. Zu­ Die bedingt durch die Umnutzung erforder­ rück aber auch in die Nachkriegszeit, als er über liche Herstellung von Durchbrüchen in Wänden viele Jahre zunächst als Wohnbunker diente und und Unterzügen musste sich auf die absolut not­ dann infolge des Kalten Krieges zum Atom­ wendige Anzahl beschränken, da deren Herstel­ schutzbunker wurde. Sicher wird der Bunker die lung aufgrund der massiven Konstruktion aber Lasten aus der neuen Nutzung als MARCHIVUM auch aufgrund der eingebauten Bewehrungs­ genauso gut abtragen wie die Lasten, die er im stäbe äußerst schwierig und aufwendig ist. Eine Krieg aushalten musste. umfassende Planung aller Öffnungen in enger Abstimmung mit den Planungsbeteiligten und eine genaue Ausführung vor Ort waren dabei zwingend erforderlich, da sonst irreparable Schäden an der Konstruktion entstehen können. Die Stemmarbeiten des mit viel Betonstahl be­ wehrten Betons auf engstem Raum im Inneren des Bunkers gestalteten sich im Zuge des Um­ baus als äußerst schwierig. Verwendet wurden daher neben schwerem Gerät auch Betonseilsä­ gen zur Herstellung von Öffnungen. Beim Abbruch der Brüstungen auf dem Dach des Bunkers kam es zu einem Zwischenfall, der nicht abzusehen gewesen war. Beim Stemmen durch den großen Bagger löste sich ein mehre­ re Meter großes Stück der Brüstung, gehalten wurde es zwar noch von einzelnen Bewehrungs­ stäben, andere aber waren am Übergang zum

Wanddurchbruch im Eingangsbereich des Erdgeschosses. Dach durchgerostet. Die Begutachtung des Schadens ließ keinen Zweifel daran, dass es in bei der Nachrechnung der vorhandene Platten­ bis zu 624 kg/m² heraufgesetzt werden. Das diesem Bereich zu einer gewaltigen Lasteinwir­ belag mit einem Gewicht von ca. 100 kg/m² be­ entspricht einer Regalbelegung von maximal kung gekommen war und sich die nachfolgende rücksichtigt. Durch das Entfernen des Platten­ 250 kg/Regal. Mit dieser Einschränkung zur Be­ Reparatur darauf beschränkt hatte, die Beweh­ belages und unter Berücksichtigung der exakten legung der Rollregale können die Bestandsde­ rung durch einen Bitumenanstrich zu schützen, Lage der Regale konnte die maximale Belastbar­ cken ohne weitere Verstärkungsmaßnahmen was die Korrosion des Materials aber nicht ver­ keit der Decken im Bereich der Rollregale auf verwendet werden. hinderte. Durch Recherche beim Stadtarchiv

MARCHIVUM 34 Essays 35 Das MARCHIVUM als städtebauliche Aufgabe

Ruth Scheurer Fachbereich Stadtplanung

Luftbild MARCHIVUM und Neckarufer, Geltungsbereich des städtebaulich/künstlerischen Wettbewerbs zur Umgebungsgestaltung.

Als mit der Idee, den Parkplatz für das MARCHI- ein, der im November 2016 zugunsten des Darm- dient diese Installation der Wegeleitung vom VUM an die Bunsenstraße in die Nähe des Neck- städter Architekturbüros netzwerk-architekten Parkplatz zum MARCHIVUM, der Gestaltung arufers zu legen, auf die Stadtplanung zugegan- entschieden wurde. und auch der Sicherheit in dem Bereich der gen wurde, begannen die Überlegungen zum Die Kernidee des Wettbewerbsentwurfes war Jung­buschbrücke. Umfeld des ehemaligen Ochsenpferchbunkers. ein 200 m langes farbig hinterleuchtetes Bilder- Zum Tag der Städtebauförderung im Mai 2017 In einer Analyse der städtischen Situation rund band aus Aluminium, das sich vom Aufgang der entstand die Kunstinstallation von Sabine Kam- um das Bauwerk fielen die vernachlässigten Jungbuschbrücke an der Bunsenstraße unter der merl mit dem Titel „Das ist meine Geschichte“. Räume auf und die zwar attraktive, jedoch auch Brücke hindurch zum Kreuzu­­ ngsbereich Bürger- Augenpaare leuchteten des Nachts wie aus dem des Nachts nicht ungefährliche Situation am meister-Fuchs-Straße entwickeln soll und an der Bunker heraus in die Stadt, allesamt Augen von Neckarufer. Deshalb wurde zur Vorbereitung Brückenwand der Ludwig-Jolly-Straße gegen- im weitesten Sinne Mannheimer Persönlichkei- eines Wettbewerbes eine Ideenwerkstatt mit über dem MARCHIVUM enden. Auf der Ober- ten und ein Schriftzug war über den Neckar hin- Bürgern, Schülern, dem Quartiersmanagement fläche und in das Metall hineingestanzt werden weg bis zum Musikpark im Jungbusch zu erken- der Neckarstadt-West und der Polizei durchge- Mannheimer Motive, Bilder und Schriften. Die nen. Das Kunstwerk konnte bis zum Abbau des führt und Ergebnisse den Stadtteil betreffend Tag- und Nachtwirkung differiert je nach Licht- Baugerüsts im Dezember 2017 installiert bleiben. erarbeitet. Diese flossen in die Auslobung eines situation, die Hinterleuchtung ist mit changie- (→ siehe Seite 116 f.) städtebaulich/künstlerischen Wettbewerbes renden, freundlichen Lichttönen geplant. So

36 Essays 37 Ausführungsplanung Außenanlagen MARCHIVUM.

MARCHIVUM 38 Essays 39 Situation zu erzielen, wurden schon verschiede­ ne weiterführende Konzeptvorschläge erarbei­ tet. Zum Beispiel eine Gastronomieansiedlung unter der Brücke, kombiniert mit alternativen Nutzungen wie Musikproberäumen oder Co-Wor­ kingspaces oder eine Sportnutzung am Neckar­ ufer in regengeschützter Lage unter der Brücke. So könnte eine Verbindung vom MARCHIVUM zum Neckarufer gelingen und eine räumliche Situation geschaffen werden, die sich die Be­ wohner der Neckarstadt-West wünschen: eine gestaltete, anregende, saubere und sichere Um­ gebung.

Konzeptvorschlag Co-Workingspaces unter der Jungbuschbrücke.

Die gesamte Außenanlagenplanung umfasst soll als Grünfläche neu gestaltet werden. Die den neuen Parkplatz an der Bunsenstraße, die Ausführung des Bilderbandes wird – Finanzierung Verlegung und den barrierefreien Ausbau der vorausgesetzt – in 2019 erwartet. Eine zusätz­ zwei Bushaltestellen an der Dammstraße, die Ver­ liche Straßenbeleuchtung wird in die unterseitige größerung und Gestaltung des Vorplatzes des Konstruktion der Jungbuschbrücke integriert. MARCHIVUM mit Erhalt der drei vorhandenen Leuchtstelen leiten von der Brücke entlang der alten Platanen bis zum Wendehammer Fröhlich­ Bunsenstraße zum Parkplatz, auch auf dem Vor­ straße, die Gehweg- und Fahrbahnoberflächen. platz des MARCHIVUM und auf der gegenüber­ Der neue Archivplatz wird mit geschwungenen liegenden Bürgersteigseite­ ergänzen sie die vor­ Bänken ausgestattet, vier behindertenge­ r­ echte handene Straßenbeleuchtung. Stellplätze schließen an den Wendehammer Fröh­ Um die Situation unter der Jungbuschbrücke lichstraße an. Auch die zur Bauzeit als Lagerplatz aufzuwerten und auch um eine verbesserte Sicher­ genutzte Fläche westlich des Wendehammers heitslage durch Belebung der stadträumlichen

MARCHIVUM 40 Essays 41 Dokumentation Mit dem Bau des Hochbunkers in der in der Neckarstadt-­West ist vorgesehen, Die Geschichte des Neckarstadt-West wird im November dass er zu einem Heim für die Hitler- 1940 begonnen. Kurz davor wird Jugend wird. Nach dem Krieg sind diese Mannheim in das Sofortprogramm des Pläne obsolet und werden die meisten Bunkers und anderer Reichsministeriums für Bewaffnung Bunker von der amerikanischen Be­ und Munition zur Errichtung von satzungsmacht vorübergehend beschlag- Luftschutz­bauten Bunkern in vom Luftkrieg besonders nahmt, einige dienen als Lager zur gefährdeten Städten aufgenommen. Unterbringung von Kriegsgefangenen Diesem Programm ist zu verdanken, und sogenannten displaced persons. in Mannheim dass bis Ende 1944 im gesamten Stadt- Bald führt die Wohnungsnot gebiet 56 Schutzbauten entstehen. infolge der Kriegszerstörung dazu, dass Die Planung liegt beim städtischen mehrere Bunker als Ersatzräume für Hochbauamt unter Leitung Josef Wohnzwecke genutzt werden, so auch Zizlers, wobei die Luftschutzbauten der Bunker in der Neckarstadt-West. nach strengen Vorgaben in Stahlbeton Dieser wird in den 1970er- und 80er- Andreas Schenk ausgeführt werden. Untersuchungen Jahren als Reaktion auf den Kalten Krieg der Technischen Hochschule Braun- zum Atomschutzbunker aus­gebaut. schweig dienen als Grundlage. Die Zuletzt wieder bei der Stadt und ab Bunker sollen dem Treffer einer 1.000- 2008 als Außendepot des Stadt­archivs Kilo-Bombe widerstehen und Schutz genutzt, beginnt 2016 der Umbau vor Giftgas bieten. Der Bunkerbau zum MARCHIVUM. wird in Mannheim mit Hochdruck betrieben. Dabei werden auch Zwangs­ arbeiter herangezogen, sie werden bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit ausgebeutet. Aus städtebaulichen Gründen lässt Zizler in Mannheim nur 20 Schutz­ bauten als Hochbunker errichten, obwohl diese günstiger als Tiefbunker sind. In der Innenstadt und an historisch bedeutenden Orten entstehen unter­ irdische Schutzräume. Desgleichen werden Freiflächen, die im Stadtbild nicht verloren gehen sollen, mit Tief- bunkern unterbaut. Das Hochbauamt entwickelt auch Pläne für die Nutzung der Anlagen nach dem Krieg. Für den Hochbunker

44 Dokumentation 45 → Der Bunker in Bildern, Zahlen Weltkriegs, als der Bunker in den Der bevölkerungsreiche Arbeiter­ und Fakten Bombennächten Schutz bot, über die stadtteil erhält (neben Tiefbunkern am Neumarkt und Alten Mess­ Nachkriegszeit, als er über viele platz) den größten Hochbunker Jahre verlorenen Wohnraum ersetzte, Mannheims, ausgestattet mit 1.834 Liegeplätzen bei einer plan­- Der Hochbunker in der Neckarstadt- dann zum ABC-Bunker wurde, bis mäßigen Gesamtbelegung von West ist nicht nur der Größte seiner hin zum jetzt abgeschlossenen 3.412 Personen. Im Notfall können sogar bis zu 7.500 Personen auf-­ Art in Mannheim, sondern zeichnet Umbau, durch den ein offener und genommen werden. Aufriss der sich auch durch sein markantes leben­diger Ort der Stadtgeschichte Hauptfassade vom März 1943. Erscheinungsbild aus. Die beiden Eck- entstanden ist. türme erinnern entfernt an ein Kastell. Prägend ist auch die wechsel- volle Geschichte des Gebäudes von der Entstehung während des Zweiten

← Am 19. November 1940 rücken die Bautrupps für den Stahlbetonbau an, die Fertigstellung des Rohbaus zieht sich bis zum 9. Januar 1943 hin. Dabei werden die Schutzräume noch vor dem Bauabschluss bei Alarm für die Bevölkerung geöffnet. Die Mannheimer Beton- und Monierbau AG verarbeitet über 1.000 m3 Stampf- beton.

→ Am Rand der Neckarstadt-West wird der Bunker an einen Wohnblock­ angebaut, nur ein Haus in der Bürgermeister-Fuchs- Straße muss weichen. In der Nachkriegszeit setzt sich für den Luftschutzbau E. S. 205 der von der Adresse abge­leitete Name Bürgermeister-Fuchs- Bunker durch. Wegen des Gewann­namens ist häufig auch vom Ochsenpferchbunker ↑ die Rede. Lageplan von 1941. Durch seine Ecktürme erinnert der Bunker an eine Wehranlage. Gesimse gliedern die geschlossene Betonfassade und lassen so die Abfolge der Geschosse im Inneren erkennen. An der Dachbrüstung zwischen den Türmen: ein Propagandaspruch der National­ sozialisten. Foto von 1944.

MARCHIVUM 46 Dokumentation 47 ← ↑ Die Grundfläche misst rund 42 auf Sechs Geschosse bilden ein 30 m. Die Wände sind in der Regel Raum­volumen von 29.310 m3. 1,10 m dick, im Erdgeschoss bis zu Das oberste schließt mit einem 2 m. Grundriss des Erdgeschosses 1,40 m starken Flachdach ab, das vom September 1941. an seiner Unterseite durch eine Splitterschutzdecke aus Beton­ ← fertigteilen verstärkt ist. Die Die Geschosse sind in schmale Zellen Decken darunter bestehen aus mit Liege- und Sitzplätzen eingeteilt. 22 cm dicken Stahlbetonmassiv­ Es gibt drei Treppenhäuser, ein platten. Da es vor allem die oberen zen­trales in der Mittelachse (das beim Geschosse sind, die von Bomben­ Umbau zum MARCHIVU­ M für den treffern bedroht sind, ist dort Fahrstuhlschacht entfernt wurde) mehr Stahl verwendet als in den und zwei seitliche in den Ecktürmen. unteren Stockwerken. Längsschnitt Grundriss des 2. und 3. Ober­ge- vom 26.05.1942. schosses vom September 1941. → Der Bunker sollte nach dem Krieg für ein HJ-Heim aufgestockt werden. Deshalb ist auf diesem Querschnitt von 1941 ein weiteres Obergeschoss eingezeichnet und wurde über die Haupttreppe ein reversibler Betondeckel gesetzt. Entfernt wurde der Deckel jedoch erst 2016 beim Umbau des Bunkers zum MARCHIVUM.

MARCHIVUM 48 Dokumentation 49 ← → Der Bunker steht an der Jung­ Am 26. August 1944 schlagen auf dem Bunkerdach busch­brücke, die die Neckar­stadt- drei Minenbomben ein. Personen werden nicht West mit dem Stadtteil Jungbusch verletzt, die Bauschäden werden noch während des verbindet. Die Brücke selbst Kriegs notdürftig behoben. Zu einem dramatischen (hier in einem Foto von 1944) Zwischenfall vor dem Bunker kommt es in den letzten wurde 1905–08 erbaut. Zunächst Kriegstagen 1945: Bei einem Fliegerangriff sind als „Zweite Jungbuschbrücke“ Tote und Verletzte zu beklagen. bezeichnet, nannten die Nazis sie ab 1933 „Hindenburgbrücke“, ein Name, der nach dem Krieg freilich wieder aufgegeben wurde.

→ Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Brücke zerstört, allerdings nicht durch die Bomben der Alliierten, sondern durch die Deutsche Wehrmacht. Sie sprengt die Brücke im März 1945, um ein rasches Übersetzen der amerikanischen Armee über den Fluss zu ver­ ← hindern. Foto vom Juni 1945. Blick auf den Bunker und die Brücke vom Südufer des Neckars. Foto von 1944.

→ Blick über die zerstörte Jungbuschbrücke im Juni 1945.

MARCHIVUM 50 Dokumentation 51 ← In der kriegszerstörten Stadt besteht dringender Bedarf an günstigem Wohnraum, so dass der Luft­ schutzbau durch die Gemeinnützige Wohnungsbauge­ sellschaft zum Wohnbunker umfunktioniert wird. Wer sich dort einmietet, lebt unter ärmlichen Verhältnissen und auf beengtem Raum.

↓ Das Wohnen hinter den fensterlosen Betonwänden ist als Zwischenlösung während des Wiederaufbaus der Stadt gedacht. Dennoch ziehen die letzten Bunker­ bewohner erst 1966 aus. Danach dient die Anlage über viele Jahre wieder dem Luftschutz.

↑ Nach dem Krieg kommt es zunächst zum Bau eines provisorischen Stegs, der 1955–57 durch das heutige Brückenbauwerk mit seinem charakteristischen s-förmigen Verlauf ersetzt wird. Dabei bleibt die städtebauliche Wirkung des Bunkers als weit sicht­ barer Abschluss der Brücke erhalten. Foto von 1959.

→ Nach der Instandsetzung wird der Bunker 1947 von der amerikanischen Besatzungsmacht für die zivile Nutzung freigegeben. Der Bunker zeigt sich nach dem Krieg zunächst unverändert. Nur der Propaganda­ spruch an der Fassade ist verschwunden. Im Inneren ← haben Entrümpelungsarbeiten begonnen. Unter dem Eindruck des Kalten Foto von 1946. Kriegs erfolgt der Ausbau zum ABC-Bunker mit Schutzräumen für 5.400 Personen. 1980/81 werden die Vorräume im Erd- und 1. Obergeschoss um zwei Geschosse für den sogenannten Sandbunker aufgestockt. Der Sand soll bei einem Atomkrieg die radioaktiv verseuchte Außenluft­ filtern. Foto vom Juli 1980 zu Beginn der Bauarbeiten.

MARCHIVUM 52 Dokumentation 53 → Nach dem Ende des Kalten Kriegs und der Freigabe für die zivile Nutzung wird der Bunker 2008 zum Außendepo­ t des Stadtarchivs. 2003 wird er unter Denkmal­ schutz gestellt. 2014 genehmigt der Gemeinderat den Umbau zum neuen Sitz des Stadtar­ chivs, des jetzigen MARCHIVUM. 2015 erfolgt die Aufnahme in das Förderprogramm des Bundes „Nationale Projekte des Städte­ baus“.

↑ Zuletzt erhält der Bunker einen neuen Anstrich – in bunten Farben und mit geschwungenen Linien, so als wollte man den ernsten Grund des Umbaus verschleiern. Jedenfalls legt das Stadtplanungsamt großen Wert darauf, dass das Gebäude freundlicher als bisher wirkt. Damit nicht genug: Um den Bunker zu verdecken, wurden die drei Platanen und Wilder Wein gepflanzt. Foto von 1982.

← Die Fassade in der Fröhlichstraße. Der poppig-violette Anstrich blieb nur wenige Jahre bestehen. 1993 wurde er grau übermalt.

↑ Nach dem symbolischen ersten Hammerschlag am 7.3.2016 wird mit der Aufstockung des Bunkers begonnen. Foto vom Februar 2017.

MARCHIVUM 54 Dokumentation 55 Andere Bunker boten, wenn sie beim Alarmfall maxi- mal ausgenutzt wurden, 130.000 Menschen Schutz. Geplant wurden sie In den Jahren von 1940 bis 1944 vom städtischen Hochbauamt unter werden an 41 Standorten im Stadt­ Leitung Josef Zizlers, der mit Blick auf gebiet insgesamt 56 Bunker errichtet. die Nachkriegszeit neben den funk­ An einigen Plätzen entstehen gleich tionellen Anforderungen auch städte­ zwei, drei oder vier Luftschutzbauten, bauliche und architektonische Gesichts­ so zum Beispiel am Ortseingang von punkte berücksichtigte. Feudenheim, wo ein Hoch- und zwei Tiefbunker miteinander kombiniert sind. Oder auf dem Almenhof am 48er Platz, an dem statt eines großen zwei kleinere Hochbunker stehen. Die Statistik unterscheidet zwischen 20 Hochbunkern, 32 Tiefbunkern und 4 sogenannten Sitzbunkern. Nicht ↑ alle Anlagen haben sich erhalten, so Der Hochbunker in Feudenheim und die ihm ange­ gliederten beiden Tiefbunker hielten bei Bombenalarm wurden erst vor wenigen Jahren die 505 Liege- und 1.614 Sitzplätze bereit, bei maximaler Tiefbunker in Q 6 und am Friedrichs- Ausnutzung kamen hier bis zu 7.000 Menschen unter. Am 25. September 1944 ereignete sich jedoch ein platz abgebrochen. Alle Mannheimer tragisches Unglück. Am Eingang zum Bunker starben Bunker verfügten zusammen über bei einer Massenpanik 39 Menschen und 70 wurden teils schwer verletzt. 47.000 Sitz- und Liegeplätze und → Schnitt und Grundriss durch die Feudenheimer Bunkeranlage. Plan von 1941. Nach dem Krieg war für den Hochbunker der Einbau eines Glockengeschosses zur Einläutung nationaler Feiertage vorgesehen. Seit 2005 schließt ein Penthouse den Turm ab.

↑ Der turmförmige Bunker am Luisenring besaß 269 Liege- und 1.188 Sitzplätze, im Alarmfall konnte er bis zu 5.500 Personen aufnehmen. Auffallende architektonische Details sind die Rundbögen des Attikageschosses und die Wasserspeier, letztere wirken als Reminiszenz an mittelalterliche Wehr­ türme. Heute beherbergt das Gebäude das Rechen­ zentrum der Stadt Mannheim. Foto von 1944.

MARCHIVUM 56 Dokumentation 57 ← Der Bunker am Sennteichplatz in Neckarau war regulär für 1.500 bzw. bei Alarm für 5.500 Personen vorgesehen. Die Eck- betonungen verstärken den Eindruck des Wehrhaften. Foto von 1944 mit einer für die Zeit typischen Durchhalteparole. Einen ähnlichen Bunker schuf das Hochbauamt am Bäckerweg in Käfertal.

↓ Die meisten Hochbunker sind freistehende Solitäre, andere wurden in Hauszeilen eingefügt, wie in der Meerfeldstraße auf dem Lindenhof. Entwurfs­ zeichnung von 1940/41.

↑ Das realisierte Bauwerk sollte 1.360 bis 3.000 Personen aufnehmen. Es entstand an der Stelle des in den ersten Kriegsjahren zerstörten Lindenhof-Kinos „Scala“. Foto von 1944.

→ Einfach und schlicht ist der Bunker am Langen Schlag in der Gartenstadt. Die geringe Höhe nimmt auf die Wohnsiedlung Rücksicht. Foto von 1944. Weitere Bunker dieser Art wurden im selben Stadtteil am Malvenweg und in anderen Siedlungen wie Almenhof, Schönau oder am Speckweg ausgeführt.

MARCHIVUM 58 Dokumentation 59 → Auch am Paradeplatz wäre ein Hochbunker kaum möglich gewesen. Dafür bot sich der Platz im Zentrum der Stadt für einen Tiefbunker an. Er konnte 510 bis 1.500 Personen aufnehmen. Foto aus der Bauzeit, 1941. Weitere Tiefbunker entstanden zum Beispiel unter dem Goetheplatz und dem Alten Messplatz.

→ Der größte Luftschutzbau Mannheims liegt unter dem Pfalzplatz auf dem Lindenhof. In die unterirdischen Schutzräume konnten bis zu 12.000 Menschen flüchten. Die Zahl der regulären Sitz und Liegeplätze belief sich auf 4.283. Das Foto von 1946 zeigt den im Krieg beschädigten ↑ Bunkereingang. Unter dem Ehrenhof des Schlosses befanden sich Schutzräume für 900 bis 3.000 Personen. Foto aus der Bauzeit, 1941.

MARCHIVUM 60 Dokumentation 61 → Der Kopf des Mannheimer Sachlichkeit hervor. In der NS-Zeit Ein Entwurf Josef Zizlers von 1941 für den Hochbunker Bunkerbaus: Josef Zizler wendet er sich jedoch dem heimat­ in der Neckarstadt-West: Der Bunker sollte nach seiner Umnutzung zum HJ-Heim als repräsentatives Bauwerk tümelndem Stil jener Jahre zu. Zudem des „Dritten Reichs“ noch mächtiger in Erscheinung plant er das Technische Rathaus im treten. Josef Zizler leitet das Mannheimer Stil des NS-Klassizismus und wählt Hochbauamt fast 20 Jahre, als er im einen H-förmigen Grundriss, der nach Oktober 1940 in Berlin die Richtlinien dem Krieg zur Spekulation Anlass der Reichsregierung für den Bunkerbau gibt, man habe Hitler huldigen wollen. entgegennimmt. Noch auf der Rück- Gegen Vorwürfe, mit den Nazis zu- fahrt beschließt er, nicht allen Anwei- sammen­gearbeitet zu haben, setzt sich sungen des Ministers für Bewaffnung Zizler nach 1945 entschieden zu Wehr. und Munition, Fritz Todt, zu folgen. Denn er war nie Mitglied der NSDAP Statt vieler kleiner Luftschutzbauten oder ihrer Organisationen, was ihm will er große Bunker errichten. Außer- in der NS-Zeit manche Anfeindungen dem sollen an städtebaulich bedeu­ einbrachte. Den Mannheimern bleibt tenden Stand­orten unterirdische er als Architekt in Erinnerung, der An­lagen entstehen, obwohl sie teurer durch den Bunkerbau vielen Menschen als Hochbunker sind. Todt akzeptiert das Leben rettete. den Mannheimer Sonderweg und regt schließlich sogar an, dass auch andere Städte größere Bunker erhalten. In den 1920er-Jahren tritt Zizler noch als überzeugter Vertreter der Neuen ↓ Josef Zizler mit seiner Frau Eta, geb. Lindner, am 25. April 1954, als ihm in Anerkennung seiner Verdienste die Schillerplakette der Stadt Mannheim verliehen wird.

↑ Josef Zizler berichtet am 5. August 1947 Mannheims früherem Stadtarchivar Friedrich Walter über den Bunkerbau. In einer handschriftlichen Notiz erinnert er an einen unerhörten Vorfall: „… wurde ich mit meinen 2 Töchtern, die werdende Mütter waren, aus dem Goetheplatzbunker coram publico [vor aller Öffent­ lichkeit, Anm. d. Verfassers] u. zu dessen Gaudium herauskomplimentiert u. mir verboten die Bunker weiter zu betreten. Auftrag des Ortsgruppenleiters. Racheakt nach Erled. der Bunkerarbeit wegen meiner pol. Einstellung.“

MARCHIVUM 62 Dokumentation 63 ← Das Fröbelseminar auf dem Lindenhof, Rennershofstraße 2: Die Ausbildungs­stätte für Kindergärtnerinnen entstand 1926–27 nach dem Entwurf Josef Zizlers als signifikantes Beispiel des modernen Architekturstils der Weimarer Jahre. Foto um 1930.

↓ Das Planetarium im Unteren Luisenpark entwarf Josef Zizler als moderne Interpretation eines klassischen Kuppelbaus. Das beeindruckende Bauwerk entstand 1925–27. In der Nachkriegsz­ eit wurde es trotz seines guten Erhaltungszustands abgerissen. Foto um 1930.

↑ Ein weiterer programmatischer Bau Josef Zizlers aus der Zeit der Weimarer Republik: Das ganz der Bauhaus- moderne verpflichtete Wohnhaus wurde 1928–30 als Amtsvilla für Oberbürgermeister Hermann Heimerich errichtet. Es stand am Oberen Luisenpark und ging im Zweiten Weltkrieg verloren. Foto um 1930.

← 1944 erhält Josef Zizler von einem anonymen Verfasser dieses Gedicht als „Hochgesang aus dem Tiefbunker“. Der „dankbar Gerettete“ würdigt nicht nur die Leistung des Oberbaudirektors, sondern bestreitet auch, dass Oberbürgermeister Carl Renninger, der sich gerne mit dem Bunkerbau brüstet, hierbei überhaupt eine führende Rolle gespielt hat.

MARCHIVUM 64 Dokumentation 65 ← Nach 1933 änderte Josef Zizler seinen Baustil und passte sich den Vorstellungen der National­ sozialisten über eine neue deutsche Architektur an. Die Jugendher­berge auf dem Linden- hof ist ein Beispiel des soge­ nannten Heimatschutzstils in der NS-Zeit. Begleitet von national- sozialistischer­ Propaganda wurde das Haus 1937 als „Erziehungs­ stätte für den deutschen Menschen“ seiner Bestimmung übergeben. Foto um 1938.

↑ 1937 erfolgte die Grundsteinlegung für das Rathaus in E 5. Josef Zizler lieferte den neoklassizistischen Entwurf gemeinsam mit dem Münchner Architekten Adolf Abel. Waren für den H-förmigen Grundriss nur funktionale Gründe ausschlaggebend oder wurde die Form auch als Referenz an Hitler gewählt? Eine eindeutige Antwort lässt sich wohl nicht mehr finden. Foto des Rathausmodells um 1950.

↑ Auch diese beiden Kauf- und Geschäftshäuser in den Planken stammen von Josef Zizler. 1936–37 errichtet, erinnern sie mit ihren neoklassizistischen Fassaden an Bauten der NS-Architekten Paul Troost und Albert Speer. Foto von 1937.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Andreas Schenk, MARCHIVUM 66 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (15.02.2017, 04.05.2017). 67 ← Weitere Architekten Manfred Dörr (1891–1972): Er ist viele Jahre ein enger Mitarbeiter Josef Zizlers und leitet die Entwurfs­abteilung des Hochbauamts, in das er 1921 eingetreten ist. Sein Name findet sich auf einer Reihe von Bauzeichnungen Unter der Leitung Josef Zizlers wirken für den Hochbunker in der Neckar­stadt-West. Trotz auch andere Architekten am Mann­ seiner Mitgliedschaft in der NSDAP steigt er nach dem Krieg zum Leiter des Stadtplanungs­ ­amts auf. heimer Bunkerbau mit, zum Beispiel Oberbaurat Manfred Dörr, ehemals Leiter der Entwurfsabteilung des städtischen Hochbauamts. Aber auch Peter Urban, später Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsbau­ gesellschaft Mannheim, und sogar der Schöpfer der Mannheimer Christus­ kirche, Christian Schrade, beteiligten sich am Bunkerbau.

← Peter Urban (1909–2003): Der Mitarbeiter des städtischen Hochbauamts (auf dem Foto links, mit Stadtrat Karl Mayer im Rathaus in E 5) wird noch im Oktober 1940 zum Bauleiter für die Bunker ernannt. Seine Aufgabe besteht darin, sämtliche Baumaßnahmen vorzubereiten, aufeinander abzu- stimmen und zu überwachen. Im Oktober 1940 wagt er eine Notlüge gegen Reichsminister Todt, der beim Bunkerbau rasches Handeln fordert. Urban behauptet, in Mannheim seien schon drei Bunker begonnen worden. Als Josef Zizler davon erfährt, ordnet er unverzüglich die ersten Baumaß­ nahmen an. Nach dem Krieg wechselt Urban zur Gemein­nützigen Wohnungsbaugesellschaft Mann­ heim (GBG), die er ab 1951 als Geschäftsführer leitet. Foto von 1957.

↑ Gemeinsam mit Josef Zizler zeichnet Manfred Dörr unter anderem für die Planung des heutigen Amts­ gebäudes in K 7 mitverantwortlich. Dieses wurde 1922–29 erbaut, ursprünglich als Verwaltungsgebäude der städtischen Wasser-, Gas- und Elektrizitätswerke. Die Anlage mit der markanten Mittelturmfassade ist ein Beispiel des Übergangsstils zur Neuen Sachlichkeit. Foto um 1930.

MARCHIVUM 68 Dokumentation 69 ↑ ↑ Hochbunker in der Neckarstadt-West, Seitenansicht Entwurf Christian Schrades vom September 1944 für zur Bürgermeister-Fuchs-Straße vom Okt. 1942, einen „Einheits-Sitz-Bunker“ in Sandhofen. signiert von Manfred Dörr. → → Der von Christian Schrade entworfene Bunker in Christian Schrade (1876–1964): Auch der renommierte Sandhofen, Birnbaumstraße 36, wird seit einigen Architekt der Mannheimer Christuskirche hatte Jahren von einer privaten Initiative als Zeitgeschicht­ Anteil am Bunkerbau. Er plante einen „Einheits-Sitz- liches Museum Mannheim ZGMA genutzt. Bunker“ in Sandhofen und mehrere Werksbunker auf den Firmengeländen von Daimler-Benz, Boehringer und Weyl sowie den Rheinauer Stahlwerken. Ob sich der Architekt beim Hochbauamt für diese Aufgabe beworben hat, um in den schweren Zeiten während des Kriegs seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu sichern? Die Biografie des Architekten gibt hierzu keine Auskunft. Das Foto zeigt den Architekten 1961 im Alter von 85 Jahren, aufgenommen wurde es auf dem Vorplatz der Christuskirche.

MARCHIVUM 70 Dokumentation 71 ← Sie ist das Hauptwerk Christian Schrades: Die Christuskirche wurde 1907–11 als neobarocker Kuppelbau­ mit Jugendstilelementen in der Oststadt errichtet. Für die Realisierung des Gotteshauses zog Schrade von nach Mannheim. Dort blieb er und wirkte als angesehener Architekt bis zu seinem Lebensende.

↑ Diese Zeichnung des Hochbunkers in der Neckarstadt- West stammt von Paul Müller (1908–1974), der 1939 in die Entwurfsabteilung des Hochbauamts eintrat. Nach dem Krieg wirkte Müller zeitweise als freischaf­ fender Architekt in Mannheim-Wallstadt, dann als Bezirksbaumeister. Das am 11. Juli 1941 datierte Blatt gehört zu den Entwürfen für den geplanten Umbau des Bunkers zu einem Heim für die Hitlerjugend. Müller zeigt den Blick über die Jungbuschbrücke und veranschaulicht so die städtebauliche Idee des Hoch- bauamts, dass das Gebäude „den Einblick in das Neckarstadtviertel etwas verdecke und den Brücken­ kopf dort schöner gestalte“ (Ratsprotokoll vom 19.12.1940).

↑ Um 1960 schuf Schrade beim Wiederaufbau der Arkadenhäuser am Friedrichsplatz diesen pavillon­ artigen Dachaufbau mit malerischer Kuppel. Im Hintergrund ist die Christuskirche zu sehen.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Andreas Schenk, MARCHIVUM 72 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (29.03.2017). 73 ← Der NS-Oberbürgermeister und Handeln verpflichtet war. Dennoch Cal Renninger lässt den Bunker­ die Bunker: Carl Renninger findet Renninger Zeugen, die seine bau von 1940 bis 1944 fast ein Dutzend Mal auf der Tagesordnung Version bestätigen. Auch Zizler sagt der Ratssitzungen nehmen. Großen aus. Ihm zufolge hatte der Oberbürger­ Wert legt der NS-Oberbürger­ meister darauf, dass die Bunker 1933 wird der Fabrikant Carl Renninger meister letztlich nur die Aufgabe, die nach dem Krieg zu Heimen für die (1881–1951) von den Nationalsozialisten Bunkeraktion „im Sinne des Reichs­ Hitlerjugend ausgebaut werden sollen: „Ich glaube, es wird uns in in das Amt des Oberbürgermeisters ministers Dr. Todt zu stützen“. Dies habe Verbindung mit den Bunkerbauten gehievt. Als er sich nach dem Krieg in Renninger getan, wie er „alles, was er gelingen, H.J.-Heime in stattlicher Zahl auf das ganze Stadtgebiet einem Gerichtsverfahren seiner braunen anpackte, aufs äusserste vorantrieb, zu verteilen“, so Renninger am Vergangenheit stellen muss, weist er wenn er es durchführen wollte.“ 13.02.1941. Das Foto zeigt ihn (steh­- end und in Uniform) während alle Schuld am nationalsozialistischen einer der Sitzungen in dem mit Unrecht von sich und hebt stattdessen Hakenkreuzfahne und Hitlerbild dekorierten Ratssaal in N 1. seine Leistungen für die Stadt hervor. Dazu zählt er auch die Luftschutzan­ lagen, so als ob der rasche Bunkerbau und die daraus resultierende geringe Zahl von Luftkriegstoten sein persön­ liches Verdienst gewesen seien. Tat- sächlich aber lag der Bunkerbau aus- schließlich in der Verantwortung Josef Zizlers, der durch die Anweisungen des Reichsministers Todt zu raschem

↓ Am 1. März 1935 besucht Adolf Hitler die Saarfeier am Flughafen Neuostheim. An seiner Seite Oberbürger­ meister Carl Renninger.

↑ ↑ Der in Mainz geborene Carl Carl Renninger (vorne, 3. von links) an seinem Renninger zieht 1905 nach Mann- 60. Geb­urtstag, neben ihm in Uniform NSDAP-Kreis­ heim und gründet dort eine leiter Schneider. Als Renninger nach dem Krieg seine Metall- und Farb­fabrik. 1930 tritt Erinnerungen niederschreibt, stellt er sich als er in die NSDAP ein, die den Wohltäter Mannheims dar. Er entlarvt sich aber selbst, strammen Nationalsozialisten als er auf die Opfer des Bombenkriegs zu sprechen 1933 zum Oberbürgermeister der kommt. Statt ein Wort des Mitgefühls zu äußern, weist Stadt macht. 1948 kommt er vor er den Opfern Schuld an ihrem Unglück zu, weil sie ein Spruchkammergericht, das ihn „sich bei Luftangriffen auf der Straße oder in als „Belasteten“ zu einer Geld­ ungenügend gesicherten Luftschutzkellern aufhielten, straße und zwei Jahren Arbeits­ vor deren Benutzung gewarnt“ worden sei. lager verurteilt: Die Haft gilt durch die frühere Untersuchungs­ haft als verbüßt. Der Widerspruch Renningers gegen seine Verur­ teilung wird vom Gericht abge- lehnt.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Andreas Schenk, MARCHIVUM 74 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (13.07.2017). 75 Planung für die Friedenszeit – unter dem Vorzeichen des National­ sozialismus

Im Irrglauben, Nazi-Deutschland würde den Krieg gewinnen, lässt Oberbürger- meister Carl Renninger mit Hilfe des Bunkerbaus Versammlungsstätten für die Hitlerjugend planen. Die Hochbunk­ er sollen in den Friedenszeiten nach dem Krieg zu HJ-Heimen umgebaut oder für andere repräsentative Zwecke ge- nutzt werden. Nach dem verlorenen Krieg sind diese Pläne – zum Glück – ↓ ↑ Makulatur. Auch der Hochbunker in der Neckarstadt-West sollte Einen ganz anderen Charakter zeigt das geplante zum Sitz eines HJ-Heimes werden. Dafür sollte er HJ-Heim am Speckweg auf dem Waldhof. Der Bunker um ein sechstes Geschoss mit umlaufenden Arkaden schließt nun mit einem hohen Satteldach ab und ist aufgestockt und die Betonfassade mit Klinker und mit zwei Gebäuden zu einer Anlage verbunden, die Werkstein verkleidet werden. Im Entwurf sind auch in ihrer traditionellen Form dem Heimatschutzstil der die Ecktürme um ein Geschoss erhöht, so dass die Zeit entspricht. Der Sichtbeton sollte hinter Klinker charakteristische Silhouette, die an eine Burg erinnert, verschwinden. erhalten bleibt. Der Haupteingang ist vom Erdge­ schoss in das 1. Obergeschoss verlegt und durch eine ↓ repräsentative Freitreppenanlage hervorgehoben. Entwurf für den Umbau des Feudenheimer Hochbunk­ ers Der trutzige Bunkerbau hat endgültig, wenn auch nur zum Glockenturm. Zur Steigerung des repräsen­tativen auf dem Papier, den Charakter einer Festung erhalten. Eindrucks sollten die Betonwände mit gelbem Sandstein Der Entwurf Josef Zizlers stammt vom Januar 1941. verkleidet werden.

MARCHIVUM 76 Dokumentation 77 ← Der Hochbunker am Langen Schlag in der Gartenstadt sollte in Friedenszeiten als Versammlungs­ stätte für 750 Personen genutzt werden. Der Entwurf für den Um- bau nach dem Kriegsende sieht die Aufstockung um ein Geschoss vor. Die Außenwände aus Beton sollten eine Klinkerverkleidung erhalten.

↑ So beschaulich stellte sich das Hochbauamt 1941 – also mitten im Krieg – den Feudenheimer Bunker in Friedenszeiten vor.

← Der Hochbunker in Feudenheim auf einem Foto von 1944. Das oberste Geschoss mit seinen großen Rundbogenöffnungen diente während des Kriegs als Flakstation und war deshalb nach oben offen. Für die Glockenstube sollte es mit einem Pyramiden­ dach abgeschlossen werden.

↑ Der Gartenstadt-Bunker sollte den „Mittelpunkt einer Gemeinschaftsanlage“ für Paraden und andere Feier- lichkeiten bilden. Das Hochbauamt erstellte dafür 1941 sogar ein Modell. Der Komplex ist ganz im monumen­ talen Stil der NS-Zeit entworfen.

MARCHIVUM 78 Dokumentation 79 ← Für den Hochbunker auf der Schönau war der Umbau zu einer repräsentativen Versammlungs­ stätte für 750 Personen beab­ sichtigt. Entwurf Josef Zizlers vom Januar 1941.

↑ 1941 wurden die Pläne noch stolz in einer Luft­ schutz-Ausstellung im Bürgerausschusssaal in N 1 gezeigt. Auch zwei Modelle waren zu sehen, eines galt der „Gemeinschaftsanlage“ in der Gartenstadt.

↑ Dieses Foto zeigt den Schönau-Bunker wie er 1941 realisiert wurde. Damals gingen die Nationalsozialisten noch vom „Endsieg“ aus. Dann aber kam es ganz anders und die Pläne für HJ-Heime und andere Repräsentationsbauten des „Dritten Reichs“ ver­ schwanden in den Schubladen.

MARCHIVUM 80 Dokumentation 81 Im Bombenhagel ausgelöscht. Auch bedeutende Bau- denkmale wie das Schloss oder die Jesuitenkirche liegen in Ruinen. Vieles Als bedeutender Industriestandort ist endgültig verloren, Anderes wird und Verkehrsknotenpunkt ist Mannheim später wieder aufgebaut. Über 2.000 wenige Monate nach dem Ausbruch Menschen sterben in den Bomben- des Zweiten Weltkriegs Ziel alliierter nächten. Im Vergleich zu Dresden und Luftangriffe. Dabei geraten neben den anderen Städten ist dies noch eine Fabriken und Häfen auch Wohngebiete vergleichsweise geringe Zahl. Der unter Beschuss. Die erste Offensive Luftschutz hat vielen Menschen das am 5. Juni 1940 findet noch vor der Leben gerettet. ↑ Je länger der Krieg dauerte, umso heftiger war die Durchführung des Bunkerbauprogramms Wucht der Angriffe. In der Nacht vom 16. auf den statt. Bis zum Kriegsende im März 1945 17. April 1943 gingen 15 Luftminen, 6.000 Spreng­ bomben und 25.000 Stabbomben auf die Stadt folgen über 100 weitere Angriffe, die nieder. 132 Tote wurden beklagt. Weitere 262 Men- Mannheim in Schutt und Asche legen. schen starben in der Großoffensive vom 9. auf ↑ den 10. August 1943. Am Abend des 5. September 1943 spielte das National- Tausende Gebäude werden zerstört, theater den „Freischütz“. Wenige Stunden später ganze Wohngebiete und Straßenzüge war das Gebäude nur noch eine Ruine, wie auf diesem Foto zu sehen ist. Gegen Mitternacht flogen 554 Bomber über die Stadt und machten aus Mannheim eine Trümmerwüste. 414 Menschen kamen ums Leben. ↓ Mannheims Innenstadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Blick Richtung Paradeplatz, Schloss und Jesuiten­ kirche.

↑ ↑ Nicht nur in die Innenstadt auch in die Stadtteile Blick auf die zerstörten Dächer in der Alphornstraße, schlug der Krieg schwere Narben. Hier ein Foto aus dahinter der Turm der Lutherkirche. der Neckarstadt.

MARCHIVUM 82 Dokumentation 83 ↑ ↑ Die nach dem Kriegsende erstellten Schadenspläne Dieser Plan zeigt das Gebiet zu beiden Seiten des verdeutlichen das verheerende Ausmaß der Zer­ Neckars zwischen Kurpfalz- und Jungbuschbrücke. störung. Hier ein Plan der Neckarstadt-West. Alle Auch der Hochbunker in der Neckarstadt-West gelb eingezeichneten Gebäude sind zu 80–100 % (links oben in Verlängerung der Jungbuschbrücke) zerstört. Die anderen Gebäude weisen Beschädigun­ hat einen Bombenschaden. gen von 50–80 % (orange), 30–50 % (braun) und 0–30 % (grau) auf.

MARCHIVUM 84 Dokumentation 85 ← Bombentreffer am 26. August 1944 Treffer 1 schlug im nordwestlichen Teil des Daches ein und zerstörte eine Fläche von zirka 7 m2.

Am 26. August 1944 detonieren bei einem Tagesangriff drei Minenbomben auf dem Dach des Hochbunkers Neckar­ stadt-West. Personen kommen nicht zu Schaden. Das Hochbauamt dokumen- tiert die Schäden und schickt seinen Bericht an den Polizeipräsidenten, den Oberbürgermeister und nach Berlin. ← Treffer 2 fiel genau auf die Abschlussdecke des Noch während des Krieges werden mittleren Treppenhauses und verursachte auf einer die Schäden ausgebessert. Es sind Not- Fläche von 10 m2 einen Krater von bis zu 25 cm Tiefe. Auch der Kamin am oberen Abschluss wurde maßnahmen, wie sich über 70 Jahre durch Splitter beschädigt. später beim Umbau des Bunkers zum MARCHIVUM zeigt. Deshalb muss die Decke 2016 aufwändiger saniert werden als geplant. ↓ Dem Bericht des Hochbauamts von 1944 ist eine Fotodokumentation beigegeben, die das Ausmaß der Zerstörung verdeutlicht. Auf diesem Foto ist die klaffende Lücke in der Brüstung des Bunkerdachs zu ← sehen, dahinter die stark beschädigten Dächer der Treffer 3 traf die Decke mit einem Abstand von Nachbarhäuser in der Bürgermeister-Fuchs-Straße. ca. 6,50 m vom südöstlichen Treppenhaus. Die heftige Detonation zerstörte nicht nur eine Fläche von zirka 7 m2, sondern beschädigte auch den Aufbau über dem Treppenhaus und die Abschlussbrüstung auf einer Länge von 3,60 m.

→ Auch andere Bunker wurden durch Bomben beschädigt. Besonders schwer traf es den Tiefbunker in E 6. Das Foto zeigt nicht nur die in Teilen zerstörte Decke, sondern auch einen der Propagandasprüche im Innern der Luftschutzanlage. Die Aufschrift bezieht sich auf die Volksliedzeile „Nichts kann den Sieg uns rauben“ – ein Satz, den der Kriegsverlauf schon 1944 ad absur- dum geführt hat.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Ulrich Nieß, MARCHIVUM 86 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (26.08.2016). 87 ← Bunkerordnung – Fürsorge, sperrige Gegenstände sind verboten. Die Ideologie des Nationalsozialis­ Reglementierung und Ausgrenzung In allen Räumen ist „aufs Peinlichste mus macht auch vor den Bunkern nicht halt. Im Alarmfall haben während des Kriegs auf Ordnung und Sauberhaltung zu „deutsche Volksgenossen“ Vorrang achten“. „Personen mit ansteckenden gegenüber den Verfemten und Geächteten. Am 22. Oktober 1940 Krank­heiten“ ist das Betreten der werden Juden aus Mannheim und Während die Bomben der alliierten Schutzräume sogar untersagt. Eine der Pfalz in die Konzentrations­ lager im südfranzösischen Gurs Streitkräfte die Stadt in Schutt und Zuwiderhandlung gegen die Bestim- deportiert. Das Foto zeigt den Achse legen, herrscht in den Bunkern mungen der Luftschutz-Bunkerordnung Abtransport vom Sammelpunkt in Ludwigshafen. Die Wenigen, die eine strenge Ordnung. Männer, Frauen wird mit Geld- und/oder Gefängnis- bleiben können, müssen seit dem und Kinder, die vor den Luftangriffen strafe geahndet. 1. September 1941 den Judenstern gut sichtbar an ihrer Kleidung Schutz suchen, sind angehalten, Ruhe tragen. Er stigmatisiert sie und zu bewahren. Den Aufforderungen liefert sie der Willkür aus. des Wachpersonals ist „unverzüglich zu entsprechen“, und das Rauchen ist strengstens verboten. Treppenhäuser, Gänge und der Eingangsbereich sollen freigehalten werden, damit es beim Betreten und Verlassen des Bunkers nicht zu Behinderungen durch größere Menschenmengen kommt. Auch

→ ↑ Ein Anspruch auf einen Sitzplatz oder gar einen Auch politisch geächtete Personen müssen damit Schlafplatz besteht nicht, es sei denn, man zählt zu rechnen, dass der Bunkerwart die Eingangstür vor den Privilegierten mit eigener Bunkerkarte. Sie ihnen schließt. Durch einen Zeitzeugenbericht ist sichert den Inhabern eine abschließbare Zelle zu, in überliefert, dass russische Zwangsarbeiterinnen der sie ungestört von Anderen übernachten können. in den Hochbunker in der Neckarstadt-West fliehen Die Karte wird gegen Bezahlung ausgegeben. Gute durften, den anderen Bunkerinsassen war allerdings Beziehungen erweisen sich als Vorteil: In den Mann­ das Gespräch mit den Frauen verboten. Kriegs­ heimer Ratsprotokollen ist vermerkt, dass bei den gefangene sind den Luftangriffen schutzlos ausge- „in Betracht kommenden Volksgenossen“ die Auswahl liefert. Ihnen ist der Zutritt zu den Bunkern verwehrt. über die Partei erfolgt. Deshalb findet sich auf dieser Ausnahmen bestätigen die Regel: Als sich der Zugangskarte auch der Stempel der NSDAP. Bunker in der Güterhallenstraße auch für Kriegsge­ fangene öffnet, wird dies sogleich von Mannheims Polizeipräsident als rechtswidrig verurteilt und eine Wiederholung des Vorfalls ausdrücklich untersagt.

MARCHIVUM 88 Dokumentation 89 „Hätten wir Fenster“ – „ein Provisorium, aber kein Dauer­ Wohnen im Bunker aufenthaltsort sein“, wie der Referent für Flüchtlingswesen 1946 betont. De facto aber werden die Bunker über Als der Krieg zu Ende ist, liegt Mann- viele Jahre, teils bis weit in die 1960er- heims Bausubstanz zu 76 Prozent in Jahre hinein, als Wohnraum genutzt. Trümmern. Gerade mal 17 Prozent der Wohnungen sind ohne Schäden. In dieser Notlage werden ausgerechnet die Relikte aus dem Krieg zum Ret- tungsanker. Die Bunker sind zwar nicht komfortabel, aber sie sind intakt und groß genug, um vielen Menschen wenigsten ein festes Dach über dem Kopf bieten zu können. Auch die Flücht- linge und Vertriebenen, die in die Stadt kommen, benötigen eine Unter- kunft. Freilich sollen die Bunker nur ↑ Eine Wohnbaracke inmitten von Trümmern. Viele Menschen hausen nach dem Krieg notdürftig in Baracken und Kellern. In den Bunkern gibt es wenigstens fließendes Wasser und sanitäre Anlagen.

← ← Der Hochbunker in der Neckar­ Dabei sind auch die Verhältnisse stadt-West mit Barackenanbau. in den Bunkern auf lange Sicht Foto von 1946. Der Bunker unzumutbar. Die räumliche Enge gelangt im Februar 1947 nach in den Wohnzellen, das künstliche Freigabe durch die Besatzungs­ Licht, die schlechte Luft und macht in städtische Verwaltung unzureichende Hygiene führen und so in die Obhut der Ge- zu gesundheitlichen Problemen. meinnützigen Wohnungsbau­ Hinzu kommen die sozialen Kon- gesellschaft Mannheim GBG. flikte des Zusammenlebens auf Im fensterlosen Betonbau engem Raum und die Auswirkun­ wohnen 1948 nicht weniger gen auf die Psyche. als 236 Personen, darunter 24 Ehepaare mit zusammen ← 45 Kindern. Übernachten unter Lüftungs­ rohren. Blick in eine Wohnzelle im Bunker in der Wachtstraße, Mannheim-Waldhof, 1954.

MARCHIVUM 90 Dokumentation 91 ← ← Die wenigen Habseligkeiten einer Dieses Foto von 1944 zeigt den Familie, dicht zusammengedrängt Wachtstraßen-Bunker von außen. auf engem Raum. Ein weiteres Foto In manchen Bunkern wohnen aus dem Wachtstraßen-Bunker. Familien oder alleinstehende Männer und Frauen über mehrere Jahre. Zuletzt bleiben die Schwächsten der Schwachen. Viele beklagen, dass sie bei der Suche nach Wohnungen benachteiligt werden.

↓ ← „Heraus aus den Bunkern und Baracken“: Im August Bei all dem Elend müssen die Bunkerbewohner noch 1953 kommt es im Bunker am Danziger Baumgang eine Miete bezahlen. Eine etwa 20 m2 große Zelle in Schönau zu einer Demonstration, organisiert von kostet einschließlich Strom 30 DM. Ein Sturm der der KPD, die sich gegen das „Bunkerelend“ richtet. Entrüstung bricht los, als der Preis 1950 erhöht wird. Gefordert werden Wohnungen zu tragbaren Preisen. Die Wohnzellen sind kaum zu lüften und noch viel aufwendiger zu heizen. Da es keine Luftabzüge nach außen gibt, sind Holz- oder Kohleöfen tabu. Statt­ dessen nutzt man zum Heizen elektrische Öfen und zum Kochen elektrische Heizplatten.

↑ Demonstranten vor dem Bunker Danziger Baumgang.

MARCHIVUM 92 Dokumentation 93 ← ← Hausordnungen versuchen, das Die Mensa im Studentenbunker Leben in den Notunterkünftigen unter dem Goetheplatz. Foto von zu regeln, was aber nicht immer 1949. gelingt. Diese Hausordnung stammt aus einem Bunker, in dem nur Männer übernachten dürfen. Als Dauermieter aufgenommen werden nur „Personen, die in Arbeit stehen“. Sie erhalten eine „Bettkarte“, die sie am Eingang vorzeigen müssen. Um 23 Uhr beginnt die Nachtruhe, dann wird der Bunker geschlossen.

→ Auch Studenten der Mannheimer Wirtschaftshochschule wohnen nach dem Krieg in einem Bunker. Der Tiefbunker unter dem Goethe- platz dient bis 1954 als Studenten­ wohnheim. Danach wird er zum Depot des auf dem Platz errichte­ ↑ ten Nationaltheaters. Seit 1949 bemüht sich die Stadtverwaltung, Familien mit Kindern möglichst rasch aus den Bunkern zu holen. Ein Ziel, das erst 1954 realisiert ist, als die GBG soge- nannte Bunkerersatzwohnungen geschaffen hat. Damals wird der Wachtstraßen-Bunker geräumt. Doch bis das Thema „Bunkerbewohner“ endgültig zu den Akten gelegt werden kann, dauert es noch viele Jahre. Aus dem Hochbunker in der Neckarstadt-West ziehen die letzten Bunkerbewohner erst 1966 aus.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Silvia Köhler, MARCHIVUM 94 Dokumentation in: www. marchivum-blog.de (05.07.2016). 95 „Die Kinder sind die Leidtragenden“ – Bunkerkinder in der Nachkriegszeit

1949 leben rund 62 Familien mit ins- gesamt 93 Kindern in Mannheims Bunkern. Sie haben im Bombenkrieg ihre Wohnungen verloren und durch die Unterbringung in den Luftschutz- bauten wenigstens ein Dach über dem Kopf. Zeitgenössische Quellen berichten allerdings über unhaltbare Zustände.

↓ Blick in eine Bunkerzelle in der Wachtstraße (Waldhof). Die schlecht belüfteten und beheizten Räume fördern Krankheiten. Im Dezember 1950 macht dem Stadt­ jugendamt ein Junge Sorgen, der mit seinen Eltern im Bunker Langer Schlag (Gartenstadt) wohnt. Denn trotz eines Erholungsaufenthalts droht ihm schon wieder eine Tuberkulose. ↑ Diese Kinder spielen nicht, sondern suchen nach Metall zum Eintauschen, ca. 1947. Eine Mitarbeiterin des Jugendamts beklagt, dass die Kinder in den Bunkern alles mitbekommen, jeden Streit, jede Zecher­ ei. Von alleinstehenden Frauen, „die gewerbsmäßig Unzucht betreiben“ ist die Rede und davon, dass sämtliche Zellentüren offen, stehen „weil die Luft dann besser ist – man kann sich vorstellen, was die Kinder alles zu sehen und zu hören bekommen. […] Das Weltbild, das diese Kinder bekommen, muss grauen­ haft sein.“

MARCHIVUM 96 Dokumentation 97 ↑ Kinder im Schönau-Bunker beim . Die Inszenie­ rung für das Foto täuscht über die tatsächliche Not hinweg. 1953 zeigt sich der Sozialausschuss von den „verheerenden Zuständen“ in den Wohnbunkern alarmiert, zumal die Zahl der Bunkerkinder ansteigt. Dies hängt damit zusammen, dass viele Flüchtlinge aus den Ostgebieten nach Mannheim kommen, wo Wohnungen immer noch Mangelware sind. Außerdem werden in den Bunkern immer wieder Kinder geboren. ↑ Ein Ferienlager für Kindererholung, 1949. Oberbürger­ meister Hermann Heimerich und Bürgermeister Jakob Trumpfheller drängen auf Abhilfe. Das Stadtjugendamt versucht, Familien mit Kindern möglichst rasch aus den Bunkern herauszuholen. Zumindest sollen die Kinder tagsüber in Kindertagesstätten untergebracht werden. Auch Ferienfreizeiten werden angeboten.

↑ Kinder vor einem zerstörten Wohnhaus, ca. 1945. Das Problem der Bunkerkinder ist erst gelöst, als ab Mitte der 50er-Jahre auch für sozial schwache Familien genügend Wohnraum zur Verfügung steht.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Silvia Köhler, MARCHIVUM 98 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (15.11.2016). 99 ← Hotels, Kaufhäuser und Pilzzuch­ t­ 1949 zieht auch ein Damenkon­ anlagen – von weiteren Bunker­ fektionshaus in den Tiefbunker. Scholz hat an die Eheleute Baier nutzungen nach dem Krieg untervermietet, die ebenfalls aus Schlesien geflüchtet sind. Auch die Möbelhandlung Hoff-­ richter & Co. hat sich „bei ihm Dem aus der Not entstandenen Prag- eingenistet“, wie es in einem Bericht der GBG heißt. Eine Zu- matismus der Nachkriegszeit ist zu kunft haben die drei Geschäfte verdanken, dass einzelne Bunker zeit- im Meßplatzbunker nicht. Spätestens 1956 haben sie den weise auch als Hotel oder Kaufhaus Betrieb eingestellt. dienen, andere als Materiallager, Kühl- haus oder Garage und wieder andere sogar zur Pilzzucht genutzt werden.

← Im Tiefbunker unter dem Alten Messplatz eröffnet 1948 der aus Breslau stammende, heimat­ vertriebene Malermeister Harry Scholz eine Maler- und Tüncher­ werkstatt nebst einem Verkaufs­ raum für Farben, Lacke und Tapeten. Die Genehmigung dafür hat er von der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Mann- heim GBG, die die Bunker betreut, erhalten. Scholz beschäftigte ↑ in seinem Geschäft einen Lehrling Schuhverkauf im Meßplatzbunker und zwei Gehilfen. um 1950.

← Viele Hotels sind nach dem Krieg zerstört oder können nur notdürftig genutzt werden. Dabei ist der Bedarf an Unterkünften insbesondere für Geschäftsreisende groß. Mit städtischer Unterstützung und Genehmigung → der amerikanischen Militärregierung wird 1947 ein Bald erweitert Scholz das Angebot und verkauft in den Hotel im Tiefbunker unter dem Paradeplatz eröffnet. Räumen des Tiefbunkers auch Lebensmittel. Sein Antrag, einen überdachten Verkaufsstand am Eingang des Bunker zu bauten, lehnt die Stadtverwaltung allerdings ab. Man bezweifelt die Finanzkraft des in ärmlichen Verhältnissen lebenden Antragsstellers.

MARCHIVUM 100 Dokumentation 101 ← ← Der Tiefbunker unter dem Paradeplatz wurde in den Auch der Bunker unter dem Jahren 1940 bis 1942 errichtet. Hier ein Foto aus Ehrenhof des Schlosses wird der Bauzeit. zeitweise als Hotel genutzt. 1950 kostet eine Übernachtung 3,50 DM. Bei starkem Regen dringt allerdings Wasser in die unterirdischen Anlagen. Als der stark verschuldete Pächter den Betrieb schließlich aufgibt, übernimmt die Wirtschafts­ hochschule den Bunker im Jahr 1955, um ihn vorübergehend als Mensa und Studentenwohn­ heim zu nutzen.

→ Der Schlossbunker während des Baus 1940 bis 1942. Nach dem Krieg dient der Bunker zunächst als Durchgangs- und Übernachtungsheim von Flücht­ lingen, Waisen und Reisenden. Sogar ein Altersheim ist hier untergebracht. Eine Mauer trennte die zivile von der militärischen Nutzung, da ein Teil des Bunkers von der amerikanischen Besatzungsmacht als Kriegsgefangenenlager genutzt wurde. ↑ Der Paradeplatz 1957 mit dem Grupello-Denkmal und dem später abgerissenen Turm des Alten Kaufhauses. Das Bunkerhotel unter der Südseite des Platzes besaß 29 Einzel- und 15 Doppelzimmer, es gab eine Hotelbar, ein Restaurant, ein Gemeinschaftsbad sowie ab 1948 auch einen Friseursalon. In manchen Monaten über- nachteten über 1.000 Personen unter dem Paradeplatz, so dass die Stadt sogar eine oberirdische Erweiterung ins Auge fasste. Dazu kam es aber nicht mehr. Das Bunkerhotel wurde Ende der 1950er-Jahre geschlossen.

MARCHIVUM 102 Dokumentation 103 ↓ Der Bunker in Neuostheim. Ein Arbeiter bringt das für die Anzucht der Pilze benötigte Stroh in das Innere. Weitere Bunker, in denen Pilze angebaut wurden, befanden sich in E 6, am Malvenweg in der Gartenstadt und in Sandhofen.

↑ Bunkerräume sind dunkel und feucht. Dies macht sie in den Not- jahren nach dem Krieg zu idealen Pilzzuchtstationen. Die Schwer­ beschädigten-Betriebs- und Absatz- genossenschaft, SBAG, nutzte in Mannheim vier Bunker für die Pilzzucht und schuf so auch Arbeits- plätze für Soldaten, die der Krieg ↑ zu Schwerbeschädigten gemacht Viele Bunker wurden zu Lagerräumen umfunktioniert, hatte. darunter auch dieser Bunker in der Güterhallenstraße, in dem aber keine Maschinen, Werkzeuge oder Möbel aufbewahrt wurden, sondern Lebensmittel. Deshalb wurde er zum Kühlhaus ausgebaut. Eine weitere Sonder- nutzung erhielt der Tiefbunker in Q 6, der durch Auf- stockung zu einem (vor wenigen Jahren abgebrochenen) Parkhaus erweitert wurde.

Überarbeitete Fassungen der Blog-Beiträge von Regina Rosemann und Sven Kaulbarsch in: www.marchivum-blog de (23.06.2016, MARCHIVUM 104 Dokumentation 07.09.2016, 13.09.2016, 29.11.2017). 105 Der Kalte Krieg und seine Aus­wirkung Deshalb ent­wickelt die Bonner Bundes- auf Mannheims Bunker re­gier­ung eine militärische und zivile Verteidigungsstrategie, bei der der Bunkerbau eine wichtige Rolle spielt. Schon früh nach Ende des Zweiten Neue Schutzräume sollen geschaffen Weltkriegs zeichnet sich das Zerwürf- und sämtliche Weltkriegsbunker in- nis zwischen den Akteuren der Anti- standgesetzt und ausgebaut werden. Hitler-Koalition ab, das spätestens 1948 mit der sowjetischen Blockade von Berlin zum Kalten Krieg führt. Angesichts der angespannten politi- schen Situation und der rasanten Aufrüstung in Ost und West wächst in der Bundesrepublik Deutschland zunehmend die Angst vor einem ↓ Dritten Weltkrieg, bei dem Atom­ Spätestens mit dem ersten Gesetz über Maßnahmen bomben sowie bakterielle und chemi- zum Schutz der Zivilbevölkerung (1957) erreichte der Kalte Krieg auch Mannheim. Nun mussten alle Bunker sche Waffen zum Einsatz kommen. im Stadtgebiet für die Instandsetzung bereitg­ estellt werden. Für den Hochbunker der Neckarstadt-West bedeutete dies, dass er nicht mehr als Wohnraum genutzt werden durfte. Die Innenräume wurden neu ↑ ausgestattet, vielleicht so wie auf dem Foto, das Das Foto zeigt einen Test der elektrischen Einrichtungen einen Mannheimer Schutzraum mit Betten und Sitzen in einem Mannheimer Bunker, vermutlich entstand die nebst Kopfstützen zeigt. Aufnahme im Hochbunker Neckarstadt-West.

← Die Instandsetzung der Bunker erfolgte in zwei Stufen. Zunächst wurden die alten Bunkerzellen herausge­ rissen. Im zweiten Schritt wurden neue Lüftungssysteme und Filteranlagen eingebaut, so auch im Hochbunker in der Neckarstadt-West. Dieser Bunker erhielt sogar einen mit Sand gefüllten Erweiterungsbau. Im Falle eines ABC-Kriegs sollte der Sand die radioaktiv bzw. bakteriell oder chemisch verseuchte Luft filtern. Zum Schutz gegen die gewaltigen Druckwellen bei einem Atomkrieg erhielt der Bunker auch neue Stahltüren.

MARCHIVUM 106 Dokumentation 107 → Der Bund förderte auch den Bau von Mehrzweckanlagen, die eine Kombination von Schutzraum und öffentlicher Nutzung ermög- ­lichten. In Mannheim wurde in den 1980er-Jahren die Tiefgarage bei den Reiss-Engelhorn-Museen mit Betten ausgestattet, die im Notfall von der Decke herabgelas­ sen werden sollten. Eine ähnliche Anlage entstand noch in N 1.

↑ Im Lauf der Zeit wurden noch 19 weitere Bunker instand- gesetzt. Der Hochbunker Neckarstadt-West erhielt sogar einen Operationssaal, weil er im Kriegsfall auch für die Evakuierung des städtischen Klinikums vor- gesehen war. Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks wurde die Daseinsberechtigung von Atombunkern mehr und mehr in Frage gestellt. 2007 beschloss die Innenministerkonferenz, den größten Teil der deutschen Bunker zu entwidmen.

↑ ↑ Aufnahme aus dem Böcklinbunker in Neuostheim. Foto vom Juli 1980. Anfang der 1980er-Jahre waren erst drei Weltkriegs­ bunker instandgesetzt: Der Böcklinbunker in Neuost- heim sowie die Bunker in der Hochuferstraße und in Q 6. Die Zahl der Schutzplätze war gering. Lediglich 7.300 Personen, also nicht einmal 3 % der Mannheimer Bürger, hätten zu diesem Zeitpunkt in den Bunkern Zuflucht finden können. Kein Wunder, dass sich der Missmut mancher Mannheimerinnen und Mannheimer unter dem Motto „In Bonn sitzen sie sicher“ entlud.

Überarbeitete Fassung der Blog-Beiträge von Sven Kaulbarsch und Heidrun Pimpl, in: www.marchivum-blog.de MARCHIVUM 108 Dokumentation (24.08.2016, 10.01.2018). 109 Der Bunker als Außendepot, in den folgenden Langen Nächten Besucher­magnet und Spielstätte wirkt der Bunker als Besuchermagnet. Nicht weniger groß ist das Interesse, als hier am 8. September 2013 die Nach dem Ende des Kalten Kriegs Mannheimer Eröffnungsveranstaltung wird der Hochbunker in der Neckar­ des Tags des offenen Denkmals statt- stadt-West für die zivile Nutzung findet. Die Veranstaltung steht bundes­- freigegeben und vom Bund 2010/11 weit unter dem Motto „Jenseits des der Stadt geschenkt. Bereits ab 2008 Guten und Schönen: Unbequeme Denk- wird er zunächst als Außendepot des male“ – passender hätte es für den im Collini-Center untergebrachten denkmalgeschützten Luftschutzbau Stadtarchivs genutzt. Die Öffentlich- nicht sein können. Auf Interesse stößt keit bekommt davon wenig mit. Dabei der Bunker nicht zuletzt auch als unge- ist die Neugier groß, was sich hinter wöhnlicher Veranstaltungsort: 2015 den Bunkermauern verbirgt. Als das findet im Bunker sogar eine Theater- Stadtarchiv 2011 den Entschluss fasst, premiere statt. das Gebäude in der Langen Nacht der Museen zu öffnen, nutzen mehrere hundert Besucher die Chance, die

Innenräume und eine dort präsentierte ↑ Ausstellung über Mannheims Luft- ↓ Blick in das Außendepot, Foto von 2011. Für den Der Bunker im Jahr 2011, als er dem Stadtarchiv Umbau des Bunkers zum MARCHIVUM mussten die schutzbauten zu besichtigen. Auch bereits drei Jahre als Außendepot dient. Nur ein Teil Regale wieder entfernt werden. Die in Archiv­kartons der Geschosse wird als Lagerfläche genutzt. Andere verpackten stadtgeschichtlichen Dokumente wan- Archivbestände befinden sich damals noch im Collini- derten vorübergehend an einem anderen Ort, damit Center, das aber an die Grenzen seiner Aufnahme­ sie während der Baumaßnahmen sicher aufbewahrt kapazität gelangt ist. waren.

← 2011 hat der Bunker zum ersten Mal seine Tore für die Besucher der Lange Nacht der Museen geöffnet.

MARCHIVUM 110 Dokumentation 111 → „Was machen wir mit unserem TraumA?“ – so heißt das Theater-Installations-Projekt des Community Art Centers, das am 3. Juli 2015 im Untergeschoss des Bunkers seine Premiere hat. Es handelt vom Bosnien­ krieg und beruht auf der Biografie der aus Prijedor stammenden Journalistin Ena Adamaralovic. Das Ein- personenstück – gerahmt von der Atmosphäre des Bunkers – lässt beklemmend erahnen, was es bedeutet, wenn der Krieg in das Leben einbricht.

↑ Die Ausstellung des Stadtarchivs über Mannheims Luftschutzbauten zeigt historische Fotografien und Pläne.

← In den Bunkerräumen sind auch Bilder der zerstörten Stadt und ein Filmdokument aus der Nachkriegs- ↑ zeit zu sehen. Filmaufnahmen im Bunker: Das Stadtarchiv lässt 2015 für den Film „Erinnerungen an den Hochbunker in der Neckarstadt“ Zeitzeugen interviewen, unter ihnen Ulla Hoffmann. Sie berichten eindringlich über ihre Erlebnisse, als sie als Kinder und Jugendliche im Zweiten Weltkrieg im Bunker Schutz vor den Bomben suchten.

MARCHIVUM 112 Dokumentation 113 ← Ausstellung „Erblast D“: rungsstücken an den Holocaust zusam- An einem Metallgestänge hängen Wer schaut, vergisst nicht mengefügt werden. So wirkt Uscha neun großformatige, zum Teil zerrissene Fotografien, die durch Rudek-Werlé dem Verdrängen, Tot- durchsichtige Stoffbahnen leicht schweigen und Vergessen entgegen: verdeckt sind. Sie zeigen einen aus Papier ausgeschnittenen David- Im Jahr 2013 ist das 3. Obergeschoss Wer schaut, vergisst nicht. stern, der aus unterschiedlichen des Bunkers die letzte Station einer Blickwinkeln aufgenommen ist. Erst im Kopf des Betrachters setzt außergewöhnlichen Kunstinstallation: sich das fertige Bild zusammen. 24 Arbeiten der gebürtigen Mann­ heimerin Uscha Rudek-Werlé beschäf- tigen sich mit dem Holocaust. Das Material aller Arbeiten sind Fundstücke: Ketten, Stahlrohre, Reste eine Metall- kanisters, Bilderrahmen ohne Inhalt. Es sind die Fundstücke, die von der Künstlerin neu genutzt und zu Erinne-

→ 2007 entsteht die erste Arbeit von „Erblast D“: 26 abgenutzte alte Handtücher werden weiß grun­ diert, danach in unterschiedlichen Farbtönen bemalt und mit einem rostigen Nagel auf einem Holzklotz befestigt. Auf den Tüchern stehen authentische Vornamen von Holocaustopfern. Die Künstlerin nennt die Arbeit „Dein Name soll nicht vergessen sein“. In den folgenden Jahren des Projekts entstehen weitere Objekte, die in unterschiedlicher Zusammen­ stellung an verschiedenen Orten in Deutschland ausgestellt werden.

↑ ↑ Ein Wandobjekt aus Stachel- In Verbindung mit den Bunker­ draht und rostigem Drahtgewirr räumen verstärkt die Ausstellung erinnert an eine düstere Wolken- ihre Aussage. In einem Gebäude­ ­formation. Auf einem wellen­ aus der Nazizeit wird an die förmigen Stück Eisen steht die Opfer des Holocaust erinnert. Zahlenfolge 19 8 15 1 und erinnert Viele Besucher sind betroffen an eine eintätowierte KZ-Num­ und zugleich dankbar, dass mer. In der Buchstabenfolge die Künstler­in mit ihren Arbeiten des Alphabets ergibt es das Wort gegen das Verdrängen und SHOA. Vergessen wirkt.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Silvia Köhler, MARCHIVUM 114 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (20.09.2017). 115 „Das ist meine Geschichte“

Vierzehn Augenpaare leuchten vom Mai 2017 bis zum Abbau des Baugerüs- tes im Dezember 2017 in die Mann­ heimer Nacht. Sie sind Teil einer tem- porären Kunstinstallation, die die Münchner Künstlerin Sabine Kammerl geschaffen hat. Während des Umbaus ↑ des Bunkers zum MARCHIVUM ver- Auch weniger oder kaum bekannte Persönlich­keiten weisen sie auf bekannte und weniger blicken vom MARCHIVUM: Zum Beispiel Mable Grammer, genannt Mommie Mable: Die Amerik­ anerin,­ bekannte Personen, die mit Mannheim mit afroamerikanischen Wurzeln, adoptierte zwölf in besonderer Weise verbunden sind. sogenannte "brown babies", die nach dem Zweiten ↓ Weltkrieg in Mannheim geboren wurden, jedoch oft Zwischen den Leuchtkästen tritt in Die Installation deutet an, dass im MARCHIVUM die keine Wunschkinder waren. Sie ermöglich­ te diesen geschwungener Schrift der Satz hervor Biografien von Menschen gesichert und aufbewahrt Kindern ein sorgloses Aufwachsen und eine gute werden, die in Mannheim Geschichte geschrieben Bildung in den USA. „Das ist meine Geschichte“. haben oder durch ihr Wirken zu einem Teil der Stadt- geschichte wurden. Ganz bewusst zeigt Sabine ↑ Kammerl keine Portraits. Die vom Gebäude blicken­ Unter den Augenpaaren findet sich auch das von den Augen bleiben für die Betrachter rätselhaft, Alfred Delp. Der katholische Priester, 1907 in so wie jede Biografie letztlich voller Rätsel ist. Mannheim geboren, war in der NS-Zeit als Mitglied des Kreisauer Kreises im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Am 2. Februar 1945 wurde er in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Die Blicke dieser Menschen und somit auch ihre Geschichten scheinen die Mauern des MARCHIVUM zu durch­dringen. ↑ Einige Leuchtkästen zeigen Augenpaare namhafter Personen, wie zum Beispiel Kurfürst Karl Theodor oder Luise von Degenfeld, Ehefrau des Kurfürsten Karl I. Ludwig von der Pfalz. Oder den Erfinder des Automobils­ in Mannheim, Carl Benz, und dessen couragierte­ Frau Berta. Auch der Philosoph Arthur Schopenhauer, der in Mannheim ein Jahr lebte, sowie Sepp Herberger, Fußballlegende aus Mannheim, sind in der Galerie der Augenpaare vertreten.

↑ Die Installation wird im Mai 2017 am Baugerüst befestigt, dort wirkt sie als viel beachteter „Eye- catcher“ bis zum Abbau des Gerüsts im Dezember 2017.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Theresa Stärk, MARCHIVUM 116 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (25.05.2017). 117 Nach intensiver Vorplanung fällt im die stadtgeschichtliche Ausstellung und Etappen des März 2016 mit dem symbolischen ersten das NS-Dokumentationszentrum aus- Hammerschlag der Startschuss für zubauen. Aber auch der Außenbereich den Umbau des Hochbunkers nach Idee des Bunkers gerät nicht aus dem Bunkerumbaus und Entwurf der Schmucker und Partner Blick. Der Vorplatz soll erweitert und Planungsgesellschaft. Gemeinsam neu­gestaltet werden, und in der nahen mit der Bauherrin, der GBG Mannheimer Bunsenstraße sind Parkplätze für Wohnungsbaug­esellschaft, leitet das Be­sucher*innen und Mitarbeiter*innen Mannheimer Architekturbüro in den des MARCHIVUM anzulegen. folgenden zwei Jahren das Projekt, Zahlreiche Entscheidungen müssen Silvia Köhler, Andreas Schenk an dem rund 70 Firmen beteiligt sind. getroffen, Vorgänge koordiniert, tech- In Planung und Realisierung eng ein­ge- nische, architektonische und gestalte­ bunden sind das MARCHIVUM und rische Details entschieden werden. der Fachbereich Stadtplanung der Stadt Dies alles mit dem Ziel, jeweils qualitäts- Mannheim. volle Lösungen unter Einhaltung des Die Aufgabe ist gewaltig: Der Zeit- und Kostenrahmens zu finden. Der Weltkriegsbunker soll zu Mannheims denkmalgeschützte Bunker soll zwar neuem Haus der Stadtgeschichte und nach Außen in seiner historischen Form Erinnerung umgebaut werden. Durch erhalten bleiben. Dennoch soll die neue Aufstockung sollen, auf zwei Geschosse Nutzung klar zur Geltung kommen verteilt, 23 Büros, zwei Lesesäle, ein und die neue Architektur von der histo­- großer Vortragssaal und das Digita­li­ rischen Bausubstanz deutlich zu unter- sierungszentrum nebst einer Reihe von scheiden sein. Nebenräumen wie Besprechungs- und Sozialraum, Tee- und Catering­küche geschaffen werden. Drei Bunkerge- schosse sind als Depot des MARCHIVU­ M auszubauen, damit dort die städtischen Verwaltungsakten, die Bibliothek und die Bestände der Plakat-, Karten- und Plansammlung sowie andere stadt­ geschichtlich bedeutende Dokumente archivgerecht gelagert werden können. Im Untergeschoss gilt es neben der Haustechnik weitere Lager- und Magazin- flächen einzurichten, unter anderem für die Bild-, Film- und Tonsammlung. Nicht zuletzt besteht die Aufgabe, das Erd- und das 1. Obergeschoss für

118 Dokumentation 119 Kurz vor dem Umbau: Rundgang durch den Bunker

Einer der Bunkerräume im Erdgeschoss. Für den Ausstellungsbereich ist der Einbau moderner Heiz- und Lüftungstechnik notwendig. Dennoch soll der Charakter der Räume möglichst erhalten bleiben. Die weiße Wandfarbe soll entfernt werden, damit wieder der Das MARCHIVUM benötigt einen barrierefreien, ursprüngliche Sichtbeton zu sehen ist. breiten Eingangsbereich. Deshalb müssen die beiden Das 2. Obergeschoss: Es ist eines von drei Stockwerken, schmalen Türen im Erdgeschoss durch eine große Das mittlere der insgesamt drei Treppenhäuser. Sein die als Magazin dienen sollen. Auch diese Verwendung Wandöffnung ersetzt werden. Abbruch zugunsten eines großen Aufzugs ist unbedingt ist langfristig nur möglich, wenn die Installationen notwendig, um einen barrierefreien Zugang zu den aus den 1980er-Jahren zugunsten einer archivgerechten Einige der Bunkertüren aus den 1980er-Jahren bleiben oberen Geschossen zu ermöglichen. Klimatisierung der Räume entfernt werden. als Relikt der früheren Nutzung erhalten.

MARCHIVUM 120 Dokumentation 121 Erster Hammerschlag

Oberbürgermeister Dr. Kurz hebt in seiner Ansprache hervor, dass mit dem MARCHIVUM ein besonderer Der erste Hammerschlag durch Oberbürgermeister Ort der Geschichte und Erinnerungskultur in Mannheim Dr. Peter Kurz gilt dem Betondeckel, der das Haupt­ entsteht, der auch für die Entwicklung der Neckarstadt- treppenhaus des Bunkers abschließt. Der mächtige Klotz Am 7. März 2016 versammeln sich zum offiziellen West bedeutsam ist. muss für den Umbau entfernt werden. Ein Abrissbagger Baubeginn auf dem Dach des Bunkers: Oberbürger­ wird dies übernehmen, zunächst aber soll der Baubeginn meister Dr. Peter Kurz und seine Bürgermeisterkollegen Auch Architekt Andreas Schmucker stellt die Bedeutung symbolisch mit einem Schlag gegen den Betondeckel Christian Specht, Michael Grötsch und Lothar Quast, des Bauprojekts für Mannheim heraus und kann stolz eingeleitet werden. Vertreter des Gemeinde- und Bezirksbeirats, der GBG, darauf verweisen, dass es das Architekturbüro Schmucker Der Baubeginn findet in den Medien großes Interesse. des Architekturbüros Schmucker und Partner sowie und Partner war, das den Bunker als geeigneten Stand- Auch der Leiter des MARCHIVUM, Prof. Dr. Ulrich Nieß, Hier der Geschäftsführer der GBG, Karl-Heinz Frings, des MARCHIVUM und seiner beiden Fördervereine. ort für das MARCHIVUM ins Spiel brachte. setzt zum Hammerschlag an. im Gespräch mit einem Filmteam.

MARCHIVUM 122 Dokumentation 123 Der Umbau beginnt – mit Abbruch­arbeiten

Für den Umbau des Bunkers zum MARCHIVUM müssen in der ersten Bauphase zunächst einmal 125 m³ Mauerwerk und zirka 375 m³ Beton aus dem Inneren des Gebäudes entfernt werden: Wände werden teils abge­rissen, Durchgänge vergrößert, und die große Treppe in der Mittelachse des Bunkers muss dem Fahr- stuhlschacht weichen. Auch die Dächer der beiden Fluchttreppenhäuser Der 1,40 m hohe Deckel aus massiven Beton, der über werden entfernt. dem mittleren Treppenhaus sitzt, wird zugunsten des neu zu schaffenden Fahrstuhlschachts und des Ver­ Der Bauschutt häuft sich neben dem Bunker, bevor sorgungskanals abgebrochen. Der 25-Tonnen-Bagger Das Treppenhaus wird zersägt und Stück für Stück über ein Bagger das Material zermalmt. Beton, Schutt und wurde mit einem Spezialkran auf das Dach gehoben. die Öffnung im Bunkerdach herausgezogen. Eisenschrott werden getrennt und entsorgt.

MARCHIVUM 124 Dokumentation 125 Die beiden neuen Stockwerke nehmen Gestalt an

Die zweite Phase des Umbaus beginnt im Juli 2016 mit der Aufstellung des Baukrans, der für den Rohbau Über das 5. Obergeschoss spannt sich eine Betondecke. der beiden neuen Stockwerke, also des 5. und 6. Ober- geschosses, benötigt wird. Im Leergewicht wiegt der Im August 2016 entstehen die ersten Verschalungen Im Oktober 2016 stehen die ersten Wände für das Die Außenwand des Digitalisierungszentrums fügt sich Kran 60 t, das Maximalgewicht mit Last beträgt 220 t. für die Wände des 5. Obergeschosses, auch die Decken- 6. Obergeschoss und die Stahlträger für die Dach­ aus Betonelementen mit großen Fensteröffnungen Foto: Blick über das Bunkerdach auf den Kran. konstruktion befindet sich im Bau. konstruktion. zusammen.

MARCHIVUM 126 Dokumentation 127 Die ersten Fensterelemente werden eingesetzt. Im Unterschied zum fensterlosen Bunker werden die beiden Stockwerke großzügig verglast, so dass dort hell belichtete Arbeitsplätze entstehen. Zwei Treppen verbinden die beiden neuen Stockwerke. Im Juni 2017 ist das Dach gedeckt. Über verglaste Und so sieht der Bunker mit seinen beiden neuen, noch Im Frühjahr 2017 nimmt im 6. Obergeschoss der Lesesaal Hier finden Arbeiten im Bereich des östlichen Treppen­ Dachaufbauten fließt von oben Licht in die oberste eingerüsteten Stockwerken im Dezember 2016 von Gestalt an. hauses statt. Im Hintergrund die Lutherkirche. Etage. außen aus.

MARCHIVUM 128 Dokumentation 129 Richtfest Mit Gunst und Verlaub! „Gott zum Gruß“, Ihr lieben Leut, vielen Dank für euer Kommen heut! Stolz bin ich der Zimmermann, dass ich den Richtspruch sagen kann. Das erste Glas gilt der Bauherrschaft! Wir Handwerker meinen, wir haben un- ser Bestes getan. Verehrte Gäste und Freunde, schaut’ euch an! Da wir den Richtkranz nun darüber erheben, bitten wir noch unseren Herrgott um Segen. Das zweite Glas für die Handwerker! Eines wünsche ich Ihnen noch mit Ver- laub, kein Feuer und weniger Akten- staub! Dass die Arbeit in diesem Hause Freude mach! Dass der Schutzengel immer über Sie wacht! Das dritte Glas für das Haus selbst! Das Glas zerschmettere im Grund, ge- weiht sei dieses Haus zur Stund! Auf das MARCHIVUM ein dreifaches Hoch, Hoch, Hoch!

Max Wujanz von der Firma Softronic aus Mannheim, Lehrling im dritten Lehrjahr, spricht auf dem Dach des Bunkers den Richtspruch. Er trägt die traditionelle Nachdem die beiden Stockwerke im Rohbau vollendet Kleidung der Zimmerleute. Die Weste mit den acht Traditionsgemäß zerschmettert der Redner nach den sind, schwebt am 26. November 2016 der Richtkranz weißen Perlmuttknöpfen symbolisiert die acht Arbeits­ letzten Worten das leer getrunkene Weinglas. weit sichtbar über dem Gebäude. stunden.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Silvia Köhler, MARCHIVUM 130 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (29.11.2016). 131 Frischluft für das MARCHIVUM

Vier Lüftungsanlagen wurden eingebaut: Ein System Die Wärme der Abluft in den einzelnen Räumen wird versorgt das 5. und 6. Obergeschoss mit frischer Luft, Die Frischluft wird von außen über den ehemaligen über Plattenwärmetauscher in den Klimageräten zurück- das andere die Magazinräume im 2., 3. und 4. Ober­ Seiteneingang an der Bürgermeister-Fuchs-Straße ange- gewonnen und für die Erwärmung der Zuluft genutzt. Im Untergeschoss liegt die Zentrale für die gesamte geschoss. Eine weitere Anlage reguliert das Klima in saugt und über Klimageräte in die Verteilungs­kanäle Dann verlässt die sogenannte Fortluft über den ehemaligen Technik des Gebäudes. Von hier wird das MARCHIVUM den Ausstellungsräumen im Erdgeschoss und 1. Ober- gelenkt. Ist die Luft zu kalt oder zu warm, wird sie durch Seiteneingang in der Bürgermeister-Fuchs-Straße das versorgt: mit Wärme, Kälte, Strom, Wasser, Abwasser geschoss, die vierte versorgt die Technikzentrale und Heiz- bzw. Kühlregister aufgewärmt oder abgekühlt. Gebäude. und Frischluft. die Werkräume im UG.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Silvia Köhler, MARCHIVUM 132 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (18.10.2017). 133 Wärme für das MARCHIVUM

Im Kanal vor dem MARCHIVUM steht das Abwasser Im Erdgeschoss kommt die Wärme über Heizdecken in Das MARCHIVUM bezieht seine Wärme zu 60 % aus bei Normalpegel 1,20 m hoch. Um die Wärmetauscher die Räume. Im Sommer funktionieren die Platten auch Abwasser. Dadurch können die Energiebilanz und die einbauen zu können, wurde im Oktober 2016 eine als Kühldecken. Betriebskosten gesenkt werden. Die restlichen 40 % Trennwand eingefügt, die im geschlossenen Zustand werden mittels Fernwärme geliefert. Wärmetauscher­ das Durchfließen des Wassers verhindert. Der Einstieg In der Nähe des MARCHIVUM fließt das Abwasser zum module übertragen die Abwasserwärme über einen erfolgte durch einen Schacht an der Ecke Damm- / Pumpwerk Ochsenpferch (hier in einem Foto von 1904). separaten Wasserkreislauf auf eine Wärmepumpe. Diese Alphornstraße. Es wurde 1902-04 am Rand der Neckarstadt-West entzieht mit Hilfe eines Kältemittels Energie, die an Der Verteilerraum im Untergeschoss des MARCHIVUM errichtet. Das denkmalgeschützte Gebäude wird wegen den Heizkreislauf im Gebäude weitergegeben wird. 22 Meter lang ist die Strecke der Wärmetauscher, leitet die Wärme an die verschiedenen Stockwerke seines äußeren Erscheinungsbildes im Volksmund auch Durch Umkehrung des Prozesses lässt sich diese Technik die auf dem Boden des Kanals in 44 Einzelmodulen weiter. Abwasserkirche genannt. auch zur Gebäudekühlung einsetzen. eingebaut wurden.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Silvia Köhler, MARCHIVUM 134 Dokumentation in: www.marchivum-bloge.de (12.10.2016, 28.04.2017, 08.11.2017). 135 Brandschutz im MARCHIVUM

Es gilt, die Entstehung und Ausbreitung von Feuer zu verhindern, damit Personen nicht zu Schaden kommen. Beim Brand dürfen die Aufzüge nicht benutzt werden. In einem Archiv ist zudem auf den Schutz von histo­ Deshalb ist ein Fluchttreppenhaus vorgeschrieben. Brandschutz ist bei jedem Neubau eine vordringliche rischen Dokumenten zu achten. Deshalb gibt es im Im MARCHIVUM gibt es davon gleich zwei. Die Bau­- Aufgabe. Deshalb gibt es entsprechend den gesetz­ Hier wurde gerade eine mobile Brandschutzwand im MARCHIVUM keine Sprinkleranlage. Denn Wasser kann be­stimmungen schreiben Rettungswege mit einer Breite lichen Vorgaben in jedem Stockwerk des MARCHIVUM 5. Obergeschosses eingebaut. Im Normalfall ist die Papier manchmal stärker zusetzen als Feuer. Wenn von 1,20 m vor. Das ist im MARCHIVUM kein Problem, zwei Brandschutzabschnitte, um beim Ausbruch eines Wand zur Seite geschoben. Bei einem Feuer schließt Papier dicht gelagert ist, brennt es schwerer als gemein­- da die Treppenhäuser in den beiden Seitentürmen bereits Feuers dessen Ausbreitung zu verhindern. Der Bauplan sie sich automatisch und schottet so die beiden hin vermutet. Dies gilt umso mehr, wenn es, wie im beim Bau des Bunkers groß dimensioniert wurden. Mit gibt die Einteilung im 6. Obergeschoss wieder, die Brandschutzabschnitte voneinander ab. Die Wand muss MARCHIVUM, in schwer entzündbaren Archivkartons einer Breite von 4,47 m übertreffen sie die Vorgaben rote und lila Linie zeigen feuerfeste Wände an. mindestens 90 Minuten einem Feuer Stand halten. aufbewahrt wird. bei Weitem.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Leon Igel, MARCHIVUM 136 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (31.01.2017). 137 Lichtpunkte für die Fenster

Die Punkte sollen das einfallende Sonnenlicht filtern und so das Aufheizen der Räume verhindern. Wie der Entwurf zeigt, nutzen die Architekten die Punkte auch als Gestaltungselement. Die Anordnung erinnert an Wolkenformationen. Ein wichtiges Thema bei der Planung des MARCHIVUM In beiden Obergeschossen ergeben sich reizvolle sind die Fenster in den beiden neuen Stockwerken. Die Punkte verbinden sich zu rechteckigen Pixelfeldern, Ausblicke auf die Neckarstadt, wie hier auf die Luther­ Ein Fensterelement wird Ende 2016 als Muster auf der die die streng gegliederten Glasfassaden unaufdringlich kirche. Die Fenster selbst sind zweischalig aufgebaut – Baustelle aufgestellt. Auffallend sind die auf die Glas- beleben. Außerdem haben sie den Vorteil, dass sie als mit Innenscheiben und hinterlüfteten Prallscheiben, fläche gedruckten Punkte. Vogelschutz wirken. auf die die Pixel gedruckt sind.

MARCHIVUM 138 Dokumentation 139 Helles oder dunkles Grau? Farbe für das MARCHIVUM

Vor dem Umbau: Der Bunker ist grau gestrichen, die Gesimse in einem dunkleren Ton: Soll das MARCHIVUM einen ähnlichen Anstrich oder eine ganz andere Farbe erhalten? Oder soll wieder purer Beton die Fassade Architekten, Bauherr und Nutzer entschieden sich für prägen? Diese Fragen wurden intensiv diskutiert. Fest ein Weiß-Grau, das sich über die Wandflächen und stand: Die Farbe von 2010 und die darunter sitzende Gesimse zieht. Davon abgesetzt ist der Sandbunker in Schicht aus den 1980er-Jahren konnten nicht bleiben, einem dunkleren Beige gestrichen, das mit der Farbig­ da sie die Außenwände des Bunkers viel zu dicht ab- Die Architekten vertraten ein klares Farbkonzept. keit der Fensterrahmen in den beiden neuen Stock­werken schlossen. Durch auffrierende Nässe unter den Farben Der Anstrich sollte in Anlehnung an die ursprüngliche korrespondiert. Durch die dunklere Farbe tritt der erst hatten sich Schäden im Beton gebildet. Nach Freilegung Sichtbetonfarbe erfolgen. Verschiedene Farbproben 1980–81 angebaute Sandbunker optisch zurück. Dadurch erster Flächen zeigte sich, dass eine Sichtbetonfassade wurden geprüft. Unstrittig war, dass diffusionsoffene kommt die ursprüngliche Baukörpergliederung mit viel zu fleckig gewesen wäre. Ein neuer Anstrich war Mineralfarben auf Silikatbasis zum Einsatz kommen den schlanken Ecktürmen wieder besser zur Geltung. unvermeidlich. mussten, damit der Beton wieder atmen kann.

Überarbeitete Fassung des Blog-Beitrags von Leon Igel, MARCHIVUM 140 Dokumentation in: www.marchivum-blog.de (10.07.2017). 141 Mannheims Stadtgeschichte zieht um Der Archivplatz nimmt Gestalt an

13 laufende Kilometer Akten und Amtsbücher, dazu noch Fotografien, Karten, Pläne, Plakate und andere Archivbestände ziehen ab November 2017 vom Collini- Ende 2017 beginnen die Arbeiten am Vorplatz. Er soll Center in das MARCHIVUM. Verpackt sind die meisten Im MARCHIVUM stehen die Regale bereit und werden erweitert, einheitlich gepflastert und mit Sitzbänken dieser Archivalien in sogenannten „Normalpaketen“ nach und nach befüllt. Was sich einfach anhört, ist ausgestattet werden. Unebenheiten im Gelände müssen Die Erweiterung des Platzes wurde erst möglich, nach- für DIN A4-Formate. Davon gibt es über 110.000 Stück. mit hohem logistischem Aufwand verbunden: Denn der ausgeglichen und das Wurzelwerk der drei Platanen dem man sich dazu entschloss, den bisher zweispurigen Hinzukommen die vielen Sonderformate, die extra Standort jeder einzelnen Schachtel muss vorher fest- muss geschützt werden. Straßenabschnitt vor dem MARCHIVUM auf eine Spur verpackt werden müssen. Das Archivgut wird, in gelegt werden. Inhalt, Größe und Gewicht sind zu prüfen. zu verengen, um den Straßenverkehr zu beruhigen. Auch Rollcontainern verstaut, per LKW in die Neckarstadt Inventarlisten müssen aktualisiert werden. Schließlich Januar 2018: Die Pflasterarbeiten sind weit fortge­ die Kreuzung zwischen Helmholtz- und Bunsenstraße gefahren. darf kein Dokument im falschen Regal landen. schritten. Früher hatte der Platz keinen Namen. Seit wurde zugunsten einer übersichtlichen und sicheren Januar 2018 heißt er ganz offiziell Archivplatz. Wegeführung verlegt. Überarbeitete Fassung der Blog-Beiträge von Christoph Popp und Andreas Schenk, in: www.marchivum-blog.de (26.4.2017, MARCHIVUM 21.10.2017, 11.12.2017, 09.10.2017). 142 Dokumentation 143 Kurz vor der Fertigstellung: Rundgang durch das MARCHIVUM

Der Eingangsbereich im Erdgeschoss ist im Januar 2018 Noch fehlt die stadtgeschichtliche Ausstellung. Die von fast fertig. Der Boden ist während des Magazinumzugs Betonwänden umschlossenen Räume im Erdgeschoss Raumabfolge im späteren NS-Dokumentationszentrum noch geschützt. Zwei Fahrstühle anstelle des früheren wurden nur in den Bereichen verändert, bei denen dies im 1. Obergeschoss. Die rote Wand wurde nachträglich Haupttreppenhauses führen in die oberen Geschosse. nicht anders möglich war, wie zum Beispiel an den eingebaut und trennt die beiden Brandschutzabschnitte. Die Glastür trennt das Foyer vom späteren Ausstellungs­ Decken, die nun für Heizung und Kühlung genutzt werden. bereich. Neu eingezogene Wände wurden rot gestrichen. In den Magazinen des 2. bis 4. Obergeschosses stapeln Der originale Bodenbelag blieb erhalten, ganz bewusst sich in den Rollregalanlagen Archivkartons. Darin sicher Die alte Bunkertür führt in einen Sonderraum im Erdge- wurden die Spuren jahrzehntelanger Nutzung nicht aufbewahrt: Akten und andere zeitgeschichtliche schoss, der in den Ausstellungsbereich einbezogen wird. getilgt. Dokumente.

MARCHIVUM 144 Dokumentation 145 Das Foyer im 6. Obergeschoss mit roten Pixeln als markantem Blickfang auf dem Teppichboden. Noch fehlen die Sitzgelegenheiten und die Kopierinsel, für welche die roten Flächen den idealen Untergrund bilden.

Eines der beiden alten Treppenhäuser. Der rötliche Farbton der Stufen zeigte sich erst nach aufwendiger Offenheit und Transparenz als Grundthema in den Reinigung der Treppe. Das Geländer stammt aus den Unterschiedliche Materialien und Farben prägen das beiden neuen Stockwerken. Hier ein Blick in den 1980er-Jahren. Erscheinungsbild. künftigen Besprechungsraum im 6. Obergeschoss.

MARCHIVUM 146 Dokumentation 147 Im 6. Obergeschoss sind die Lesesäle für die stadtge­ schichtliche Forschung und die Bauakteneinsicht durch Glaswände voneinander getrennt und dennoch optisch Der neue Friedrich-Walter-Saal im 6. Obergeschoss. miteinander verbunden. Noch fehlen die Arbeitsplätze Die Bücherecke im Lesesaal der stadtgeschichtlichen Hier finden künftig Vorträge und andere Veranstaltungen mit PC, an denen die Besucherinnen und Besucher Forschung greift den roten Farbton auf, der als Akzent statt. Der Raum ist 167 m2 groß und kann bei Bestuhlung in den Beständen des MARCHIVUM recherchieren mehrfach im Haus begegnet. Vor die Holzwand fehlt rund 160 Personen aufnehmen. Die Fensterfront bietet können. noch die Theke für die Servicekraft des Lesesaals. einen spektakulären Ausblick auf die Neckarstadt.

MARCHIVUM 148 Dokumentation 149 Baudaten Förderer und Sponsoren des MARCHIVUM

Architekten Bauzeit Bauvolumen gesamt Schmucker und Partner 2016–2018 9.510 m² Brutto-Geschossfläche (BGF), Planungsgesellschaft mbH 36.800 m³ Brutto-Rauminhalt (BRI) Baukosten Bauherr 18,4 Mio. € Brutto Umnutzung im Bestand GBG – Mannheimer 6.370 m², 24.620 m³ BRI Wohnungsbaugesellschaft mbH Fördersumme des Bundes aus dem Programm Nationale Projekte des Städtebaus Neubau in zweigeschossiger Aufstockung Planungsbeginn 6,6 Mio. € 1.890 m² BGF, 7.350 m³ BRI 2013 Nutzfläche 5.570 m², 7.590 m³ BRI Projektbeteiligte

GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft ENVUE HOMBURG LICHT GmbH, Berlin Sax + Klee GmbH Bauunternehmung, Mannheim mbH, Mannheim (Bauherrschaft und Bauleitung) (Lichtplanung Außenbereich) (Vorplatz und Straßenbau) Hoock Industrieentsorgungs GmbH, Viernheim SB System Bau GmbH, Rhodt unter Rietburg Schmucker und Partner Planungsgesellschaft (Abbau Rückstände Abwassersammelgrube) (Trockenbau Wände) mbH, Mannheim (Entwurf, Planung und HTS GmbH, Ludwigshafen (Installation Schäfer Trennwandsysteme, Horhausen Bauleitung) Heizung-Lüftung Sanitär) (WC-Trennwände) Ingenieurgruppe Bauen, Mannheim (Prüfstatik) Schiefner & Schreiber Asphaltbau Alimak Hek GmbH, Eppingen (Bauaufzug) Intek Facility Service GmbH, Willich GmbH & Co. KG, Hanau (Bitumenarbeiten) Altuntas Estrichbau, Mannheim (Estricharbeiten) (Glas-Systemtrennwände) Heinrich Schmid GmbH & Co. KG, Mannheim Bauhof Service GmbH, Zell JOGE Archive & Registraturen, Stuttgart (Bodenbeschichtung u. Fassadensanierung) (Baustromversorgung) (Regalanlagen) Schwarzfeller Draht & Zaun GmbH, Langenfeld Bauscher Miet & Vertriebs GmbH & Co. KG, Ingenieurbüro Karle GmbH, Ludwigshafen (Bauzaun) Neustadt (Bautrocknung) (Vorplatz und Gehwege) Schwarzwald Eisenhandel GmbH & Co. KG, Lahr BK-Wohnbau-Ötigheim GmbH, Ötigheim Klima Systems GmbH & Co. KG, Nürnbrecht (Stahltüren und Stahltore) (Bau-Elektriker) (Kühlzelle) Schwing & Dr. Neureither, Öffentlich bestellte Bode Böden, Mundelsheim (Bodenbelagsarbeiten) Beton- und Bodenprüfstelle Knecht, Waghäusel Verm.-Ing, lvesheim (Vermessung) Böttinger Garten- und Landschaftsbau, (Gutachter Bestand) Simon Schreinerwerkstätte GmbH, Hupperath Dossenheim (Parkplatz) Gebr. Konrad GmbH, Böhl-Iggelheim (Schreinerarbeiten Aktenschränke) Ingenieurbüro Bräuer Späh, Mannheim (Statik) (Schlosserarbeiten) Smiljanic & Schuhmacher Fliesen GmbH, Breer Gebäudedienste Heidelberg GmbH, Lulay Landschaftsarchitekturbüro, Edingen- Mannheim (Fliesenarbeiten) Heidelberg (Baureinigung) Neckarhausen (Vorplatz) Softronic Haustechnik und Holzbau GmbH, Buse-Neon Werbetechnik, Klein Winternheim maba! GmbH, Mannheim (Stark- u. Schwach- Mannheim (Dacharbeiten) (Bauschild) stromanlagen) Stadt Mannheim, Fachbereiche 16 (Stadtarchiv Christ Kanaltechnik, Sinzheim Elektro Mälverstedt & Partner GmbH, Mannheim – ISG), 25 (Dichtigkeitsprüfung und TV-Untersuchung) Menteroda (Elektro-Einlegearbeiten) (Bau- und Immobilienmanagement), Dreier GmbH Innen.Raum.Lösung., Iffezheim Mannheimer Parkhausbetriebe GmbH, 61 (Stadtplanung), 62 (Geoinformation (Schreinerarbeiten Teeküchen) Mannheim (Parkplatzmanagement) und Vermessung), 63 (Baurecht DS-Plan Ing. – Gesellschaft für ganzheitliche Moser Gebäudereinigung, Daniel-Seizinger- und Denkmalschutz), 68 (Tiefbau), Bauberatung u. Generalfachplanung mbH, Weg 10, 68307 Mannheim (Bauzwischen­ Stadtentwässerung Mannheim Stuttgart (Fassadenplanung) reinigung) Bernd Strobel, Freier Architekt BDA RBM, EPL GmbH, Wiesbaden (Elektro) WM Bau Mühlfeld GmbH, Mannheim (Rohbau, Mannheim (Sicherheits- und Gesundheitsschutz EGS-plan – Ingenieurgesellschaft für Energie-, Kleinaufträge) – Koordination) Gebäude- und Solartechnik mbH (Bauphysik) Müller Offenburg steeltec GmbH, Offenburg Süddeutsche Bewachung GmbH, Mannheim EPP GmbH, Landstuhl (Fassade, Oberlichter) (Stahlbauarbeiten) (Baustellen-Bewachung) Evers und Fritz Metallbau GmbH, Zella-Mehlis MVV Energie AG, Mannheim Thoma Aufzüge GmbH, Frankfurt a. M. (Trapezblecharbeiten) (Energieversorgung Strom und Wasser) (Aufzugsanlagen) Martin Franz & Sohn GmbH, Schwetzingen Dipl. -Ing. Michael Palm, Weinheim TMT GmbH, Karlsruhe (Mauerwerk, Beton­ (Bauwerksanierung) (Landschaftsplanung Parkplatz) arbeiten) Öko-Consult Dr. rer. nat. habil. Michael Peschel Tiefbau GmbH, Mannheim (Erschließung UHRIG Kanaltechnik GmbH, Geisingen Gagelmann GmbH, Schriesheim ELT und Kanalwärme (Abwasserwärme) (Untersuchung Gefahrstoffe) TB Portillo GmbH, Edingen-Neckarhausen UNITEC - Ingenieurbüro für Versorgungs­ FST Verkehrssicherungs- und Fuge­schneide­ (Fluchtweg-Beschilderung und Feuerlöscher) technik, Kindsbach (Heizung, Lüftung, Sanitär) technik GmbH, Mannheim Raum + Schrift, Chemnitz (Maler / Putz und Bureau Veritas, Construction Services GmbH, Grötz GmbH & Co. KG Bauunternehmung, Refreshment Bestandsfassade) Speyer (Brandschutz) Gaggenau (Rohbau und Stahlbau) Heinrich Rameil GmbH, Kirchhundem- Bernd Waldenberger GmbH, Hochdorf- Herrwerth GmbH, Mannheim (Holztüren) Oberhundem (Schreinerarbeiten) Assenheim (Abdichtungsarbeiten) Hettinger Abbruch GmbH, Mannheim RJ Gerüstbau + Zugangstechnik GmbH, Josef Weber Eisenwaren e.K., Heidelberg (Ausbau Schrott) Mannheim (Gerüst) (Schließanlage) Medienpartner Blitzschutz Hinderthür GmbH & Co.KG, RKT Roh- +Kanaltechnik, Mannheim WF Betontrennverfahren GmbH, Ludwigshafen Ludwigshafen (Blitzschutzarbeiten) (Rohrreinigung u. Kanaluntersuchung) Robert Zeller GmbH & Co KG, Offenbach Silviana Hocher GmbH, Waldkirchen Rothkegel GmbH, Bad Brückenau (Stahl-/ (Abbrucharbeiten) (Betonveredelung) Glaselemente) Hollerung Restaurierung GmbH, Reichenbach RT Consult GmbH, Mannheim (Bodengutachten) (Betonwerksteinarbeiten) Sägefischer.de ltd, Mannheim (Kernbohrungen)

MARCHIVUM 150 151 Quellen

MARCHIVUM Andreas Schenk, Bauten für die Sicherheit, Norbert Gladrow: S. 53 unten, 109 unten Zentrale Quellen der Dokumentation über die in: Mannheim und seine Bauten 1907–2007, Sarah Hähnle-Balastequi: S. 107 unten, Geschichte des Bunkers und anderer Band 4: Verkehr, Industrie, Gesundheit und 109 oben Luftschutzbauten in Mannheim sind die im Sport, bearb. v. Andreas Schenk, hrsg. v. Andreas Henn: S. 110–112 Mitte MARCHIVUM aufbewahrten städtischen Stadtarchiv Mannheim u. Mannheimer Volker Luh: 124 links, 125 rechts unten Verwaltungsakten und Ratsprotokolle sowie die Architektur- und Bauarchiv e.V., Edition Hans Roden: S. 52 unten, 61 unten, 90, 94, 95 Bildsammlung und die Zeitgeschichtliche Quadrat, 2004, S. 124–127. oben, 97, 98, 100, 101, 103 oben Sammlung des MARCHIVUM. Auf einen Kathrin Schwab: S. 17, 18, 20/21, 32–34, 55, 71 Einzelnachweis dieser zahlreichen Quellen wird Friedrich-Walter, Schicksal einer deutschen unten, 72, 116, 117 rechts, 120–124 rechts, 125 hier verzichtet. Stadt, Geschichte Mannheims 1907–1945, Band oben bis 134 oben, 135 oben II: 1925–1945, Fritz Knapp Verlag, 1950, bis 149 MARCHIVUM-Blog S. 250-253. Maria Schumann: S. 112 oben u. unten Der Umbau des Bunkers zum MARCHIVUM Andreas Schenk: S. 114, 115 unten rechts wurde über zwei Jahre durch den Blog www. Dieter Wolf, Luftkriegsereignisse in Mannheim Settele: S. 54 oben marchivum-blog.de begleitet. Einige der auf 1939–1945, Online-Publikationen des Pitt Steiger: S. 55 oben diesem Blog veröffentlichten Beiträge dienten Stadtarchivs Mannheim Nr. 1, Mannheim 2003 Günther Thomas: S. 91–92, 95 unten, 96 als Grundlage der Dokumentation (Seiten 44 bis (2. Aufl.). 149). Die Autorinnen und Autoren dieser Fachbereich Stadtplanung: S. 37, 38/39 Blog-Beiträge sind: Leon Igel, Sven Kaulbarsch, DVD Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin Silvia Köhler, Ulrich Nieß, Heidrun Pimpl, Erinnerungen an den Hochbunker in der S. 117 Mitte Christoph Popp, Regina Rosemann, Andreas Neckarstadt (Stadtgeschichte digital 11), Juliane Gutschmied: S. 113 Schenk und Theresa Stärk. Die Einzelnachweise ein Film der Freunde des Stadtarchivs Mannheim Uscha Rudek-Werlé: S. 115 oben u. unten links finden sich an entsprechender Stelle innerhalb – ISG e.V. in Zusammenarbeit mit dem Schmucker und Partner Planungsgesellschaft der Dokumentation. Stadtarchiv Mannheim – ISG, Produktion: Intex mbH: S. 24–29 Digital Sound, Regie: Ralf Herrmann, Redaktion: Alexander Theodossiadis: S. 113 Literaturhinweis (Auswahl) Dr. Heidrun Pimpl u. Désirée Spuhler, Uhrig Kanaltechnik GmbH: S. 134 oben rechts, Michael Caroli, Luftschutzbauten, in: Mannheim Verlagsbüro v. Brandt, 2016. unten im Zweiten Weltkrieg, hrsg. u. bearb. von Jörg Yalla Yalla! – studio for change: S. 40 Schadt u. Michael Caroli, Edition Quadrat, 1993, Bildnachweis S. 27–35. MARCHIVUM: S. 15-18, 20/21, 31–34, 46–112, Nicht in allen Fällen war es möglich, die 114, 115 unten rechts, 116, 117 rechts, 120-149 Rechteinhaber von Abbildungen ausfindig zu Ulrich Nieß, Michael Caroli (Hg.), Geschichte Nachweis der Fotografinnen und Fotografen, machen. Berechtigte Ansprüche werden der Stadt Mannheim, Band 3, 1914–2007, verlag soweit bekannt: selbstverständlich im Rahmen der üblichen regionalkultur, 2009, zum Bunkerbau S. 327 f. Bohnert und Neusch: S. 53 oben u. Mitte Vereinbarungen abgegolten. Marlies Emig: S. 72 unten

Impressum

ISBN 978-3-00-059073-3

Konzeption und Bearbeitung Silvia Köhler, Andreas Schenk

Redaktionsschluss 16.02.2018

Gestaltung Becker Rapp Studio beckerrapp.com

Titelfotografie Kathrin Schwab (MARCHIVUM), SQUARE Werbeagentur GmbH

Bildbearbeitung Felix Scheu

Druck pöge Druck, Leipzig

Alle Rechte vorbehalten. Printed in

154 Das Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadt­ geschichte zieht in den größten Hoch­bunker Mannheims und wird dort zum MARCHIVUM. Der imposante Stahlbetonbau­ bot im Zweiten Weltkrieg zahl­­reichen Menschen Schutz vor den Bombenangriffen. Nach der ver­heerenden Zerstörung der Stadt diente er über viele Jahre als Ersatz für verloren ge­gangenen Wohn- raum, ehe er infolge des Kalten Krieges zum atom­sicheren Bunker auf­gerüstet wurde. Das Stadt­archiv nutzte ihn ab 2008 als Außen- depot. Zehn Jahre später wird er zum Sitz des MARCHIVUM, Mannheims neuem Haus der Stadt­geschichte und Erinnerung. 3 - Gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit­ im Rahmen des Programms Nationale Projekte des Städtebaus 059073 - 00 - 3 Das MARCHIVUM Das - ISBN 978