UID Jg. 15 1961 Nr. 32, Union in Deutschland
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Z 6796 C BONN • 10. AUGUST 1961 UNION N R. 32 • 15. JAHRGANG INFORMATIONSDIENST der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union In freiheitlicher Ordnung Erhard auf dem Frankfurter Wirtschaftstag der CDU - Gegen Vermassung „Wenn es uns heute aufgegeben ist, gemeinsam mit unseren Freunden in kann es im Grunde genommen überhaupt der ganzen freien Welt unsere Freiheit zu verteidigen, dann wollen wir nicht mehr geben. Die Opposition hat es glücklich sein, daß durch unsere Wirtschaftspolitik — und das Gleiche gilt für natürlich schwer, ich gebe es gerne zu: gegen eine Partei und gegen eine Regie- alle sozialen Leistungen, die wir bisher getätigt haben und tätigen können — rung anzugehen, die doch so sichtbar die Grundlage geschaffen worden ist, um dem gerecht zu werden, »was in durch die letzten Jahre und aus dem sozialer und politischer Hinsicht uns abverlangt wird." trübsten Unheil heraus das deutsche Volk wieder zu Wohlfahrt und zu Sicher- heit und zum Bewußtsein seiner selbst Dieses Zitat aus der großen Rede von schaftspolitischen Ausschusses des Deut- geführt hat. Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard schen Bundestages, Schmücker, und der vor dem Wirtschaftstag der CDU darf als Vorsitzende der Landesgruppe der CSU Leitsatz für die ganze Frankfurter Ta- Höcherl. In ihren Referaten gaben sie der „Erlauben Sie mir an dieser gung angesprochen werden. Die Referate Öffentlichkeit ein klares Bild konseguen- Stelle ein Wort zur Kritik der SPD des Wirtschaftstages legten ein Bekennt- ter und erfolgreicher Wirtschaftspolitik, und der FDP an unserer Wirt- nis zum sozialen Rechtsstaat ab; sie wa- die sich in drei Legislaturperioden be- schafts- und Finanzpolitik. Sind in ren ebenso eine Absage an den diri- währt hat und die auch in der Zukunft unserer nationalen Situation For- gistischen Versorgungsstaat mit seinen in- Vertrauen verdient. derungen nach staatlicher Finan- flationären Gefahren, an zweifelhafte so- zierung von Fernsehgeräten, nach zialistische Wirtschaftsexperimente - wie Ist die Opposition glaubwürdig? vermehrtem Urlaub oder von mas- an einen überholten Patentliberalismus Bundeswirtschaftsminister Prof. Erhard siven Steuersenkungen die wirk- vergangener Zeiten. sagte in seiner Rede u. a.: lich richtige Lösung der Probleme „Eine Regierung, die so lange in der dieser Zeit? Die FDP ihrerseits hat Verantwortung steht, ist in einer schwie- nichts Besseres zu bieten, als Wahl- „Der demokratische Parteienstaat rigen Situation, wenn sie vorausschauend geschenke in Form von Verspre- r ist unser Staat. Daher fühlen wir programmatische Erklärungen abgeben chungen auf allgemeine Steuersen- uns ihm verpflichtet. Er ist aber soll. Denn sie hat ja gezeigt und demon- kungen. Was soll man zu solchen keine Institution zur Neuvertei- striert, was sie geleistet hat und was im Forderungen sagen, wenn man lung der Einkommen. Er ist ande- letzten Grunde ihre Absicht ist, von wel- feststellen muß, daß dieselbe Par- res und mehr als das. Er ist Obrig- chem Geist sie getragen ist. Eine Oppo- tei allein für das Rechnungsjahr keit, die nicht einer Partei, sondern sition hat es in gewisser Hinsicht leich- 1961 im Bundestag Anträge ge- nur dem allgemeinen Wohl zu ter, aber auch in anderer Hinsicht ent- stellt hat, die ungedeckte Mehr- dienen hat. Daß die Führung der sprechend schwerer. Sie hat es leichter ausgaben von mehr als 6 Milliar- CDU von dieser Staatsgesinnung insofern, als sie natürlich alles zu Papier den DM verursacht hätten. Es ist beseelt ist, gibt ihr die legitime bringen kann. Es ist nur die Frage, ob geradezu komisch, wenn uns, die Berechtigung, die Geschicke unse- das deutsche Volk diese Versprechungen wir diese Mehrforderungen abge- res Landes für eine weitere Legis- abnimmt, ob sie ihm überhaupt glaub- lehnt haben, jetzt der Vorwurf ge- laturperiode in die Hände zu neh- würdig erscheinen. Ich habe mir die macht wird, wir hätten Wahlge- men." Opposition der SPD nicht bestellt, aber schenke gemacht." Staatssekretär a. D. Dr. Binder am ich habe mit ihr zu kämpfen gehabt und Bundesfinanzminister Dr. Etzel 4. 8. vor dem Wirtschaftstag der das kann und darf heute nicht verschwie- am 4. 8. 61 vor dem Wirtschafts- CDU. gen werden. Sich nun einzunebeln und tag der CDU. sich womöglich noch frommer darzubie- ten als die CDU es vermag, so geht es Der Wirtschaftstag der CDU, der in nun wirklich nicht. Ich sage hier dasselbe wie mein Freund Frankfurt am Main am 4. August 1961 Ich sagte es ja schon in Dortmund, es Höcherl, es ist müßig, etwa zu ver- stattfand, war der zweite seiner Art. Auf ist merkwürdig, was die Opposition auf suchen, Politik und Wirtschaft ausein- ihm sprachen heben Bundeswirtschafts- der Linken sich leistet: Sie ziehen durch anderzuklauben und zu sagen, das ist minister Prof. Dr. Erhard, Bundesfinanz- die Lande, in sehr bürgerlichem Ge- Politik und das ist Wirtschaft. Wenn es minister Etzel, Staatssekretär Prof. Dr. wände, und das Wort Sozialismus oder uns heute aufgegeben ist, gemeinsam mit Müller-Armack, Staatssekretär a. D. Dr. Sozialdemokratie fällt überhaupt nicht. unseren Freunden in der ganzen freien Binder, der Vorsitzende des Bundesaus- Das trauen sie sich buchstäblich nicht Welt unsere Freiheit zu verteidigen, dann schusses für Sozialpolitik der CDU, Lü- mehr in den Mund zu nehmen. Eine stär- wollen wir glücklich sein, daß durch nendonk, der Vorsitzende des Wirt- kere Bejahung der CDU/CSU-Politik Fortsetzung Seite 2 In freiheitlicher Ordnung Die Arbeit des Bundestages Fortsetzung von Seite 1 wir diese Schwelle überschreiten und unsere Wirtschaftspolitik — und das wenn wir dann sichtbar in eine Entwick- Die SPD-Propaganda versucht, auf Gleiche gilt für alle sozialen Leistungen, lung hineintreiben, in der wir unsere dem Höhepunkt des Wahlkampfes die die wir bisher getätigt haben und tätigen Volkswirtschaft noch mehr überfordern, großen Leistungen der CDU/CSU und können — die Grundlage geschaffen wor- dann kann sich das, was sich bisher als der Bundesregierung während der 3. den ist, um dem gerecht zu werden, was deutscher Wohlstand ausgeprägt hat und Legislaturperiode des Bundestages in einer aktiven Handels- und in einer herabzusetzen. Unter dem Motto, in sozialer und politischer Hinsicht uns aktiven Zahlungsbilanz niedergeschlagen abverlangt wird. die CDU/CSU sei in ihrer Politik zu hat, auch umkehren. Nirgends steht ge- wenig sozial gewesen, soll dem Wäh- Wir wollen sehr glücklich sein dar- schrieben, daß wir einen Erbanspruch auf ler klargemacht werden, daß die über, daß es uns gelungen ist, einen so- diese Gunst hätten, sondern die haben Unionsparteien im Bundestag nicht zialen Rechtsstaat aufzubauen, d. h. unse- wir uns durch rechtschaffenes Verhalten das Allgemeinwohl im Auge gehabt ren Staat mit so viel sozialem Geist zu erkämpft und erarbeitet. Ich kann das hätten, sondern lediglich die Interes- erfüllen und auch mit materiellem sozia- hier mit aller Deutlichkeit sagen, und es sen bestimmter Gruppen. Genau das lem Gehalt. Aber seien wir uns auch dar- ist auch gar nichts Neues, denn ich habe Gegenteil ist der Fall. Wenn man den über klar, daß jede Überbeanspruchung es den maßgebenden Vertretern der Ge- Katalog der vom Bundestag verab- der Volkswirtschaft, sei es im Konsum, werkschaften schon wiederholt erklärt, schiedeten Gesetze durchliest, so stößt sei es in der Investition, sei es in Bezug daß es heutzutage ihre Verantwortung man auf die beachtliche Zahl von et- auf soziale Leistungen, natürlich nur be- ist, nicht nur nach höheren Löhnen zu wa 60 großen Vorlagen, die allen Be- zahlt werden kann mit der Erschütterung verlangen, die sie haben sollen nach völkerungsschichten zugutegekommen mindestens der Grundlagen unserer Wirt- Maßgabe der steigenden Produktivität, sind, sei es in der Familienpolitik, schaft. Wenn Sie die deutsche Geschichte sondern daß es heute, im Zeichen der beim Jugendschutzgesetz, bei der einmal ansehen, es ist fast eine Tragik, Vollbeschäftigung, die ja nicht immer Vermögensbildung, der Gesundheits- das Unheil kam im letzten Grunde nicht bloß günstige Wirkungen auslöst, auch sicherung, der Förderung der Ver- zu ihrer Verantwortung gehört, eben die kehrssicherheit, um nur einige Bei- Arbeitsleistung und den Arbeitseifer nicht spiele zu nennen. /'ji J „Ich will feststellen, daß die erlahmen zu lassen. Eigentumspolitik der CDU nicht Die Steuergesetzgebung der CDtf/ nur den materiellen Aufstieg der Unsere Verantwortung CSU hat dazu geführt, daß Arbeitneh- Arbeitnehmerschaft fördert, son- mer mit zwei Kindern heute bei Das ist die eigentliche menschliche einem Monatseinkommen von 500 DM dern die Stellung der Verantwor- Verantwortung, die wir vor dem Näch- tung des Einzelnen in der Massen- völlig steuerfrei sind. Das Kindergeld sten und vor Gott haben, daß wir gerade selbst wurde beim dritten Kind auf 30 gesellschaft stärkt und damit ein im Glück um die Maße wissen, inner- entscheidendes Mittel gegen Ver- auf 40 DM erhöht, und für die Zweit- halb deren wir uns bewegen und die kinder bei einkommensschwachen Fa- massung darstellt. Auf diesem Aufgabe erkennen, die uns für uns und Wege wollen wir fortfahren in der milien wurde ein Kindergeld von 25 für andere zu erfüllen aufgegeben ist. DM eingeführt. Erkenntnis, daß Gesellschafts- und Natürlich weiß das die Opposition. Aber Wirtschafts- und Sozialpolitik zwar sie scheut sich, diese Dinge auszuspre- Im Jugendschutz sicherte das Ju- jede für sich originell, aber nur chen. Dazu gehört z. B. die Frage, wie gendarbeitsschutzgesetz den Jugend- dann mit gutem Erfolg wirksam stehts denn eigentlich um unsere Sta- lichen unter 16 Jahren