Neu-, Neu-. Geplante Heimat für das Stauseeprojekt Ursern 1920

Autor(en): Brunner, Thomas

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Kunst + Architektur in der Schweiz = Art + architecture en Suisse = Arte + architettura in Svizzera

Band (Jahr): 54 (2003)

Heft 4: Planung zwischen Ideal und Wirklichkeit = Le projet entre idéal et réalité = Pianificazione fra ideale e realtà

PDF erstellt am: 09.10.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-394251

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http://www.e-periodica.ch Thomas Brunner

Neu-Andermatt, Neu-Hospental. Geplante Heimat für das Stauseeprojekt Ursern 1920

Nach dem Ersten Weltkrieg, als mit der Kohleverknappung Der Stausee Ursern ab 1916 die Abhängigkeit der schweizerischen Fritz Ringwald stellte das Projekt eines Stausees im Urserntal am Energieversorgung vom Ausland deutlich geworden war, sollte 14. Juni 1920 im Hotel Schweizerhof in Luzern einer breiteren die Produktion von Elektrizität durch den Bau von Öffentlichkeit vor.' Den wirtschaftlichen /Listand des Tales nach Stauwerken im Gebirge gefördert werden.' Das Stauseeprojekt dem Krieg schilderte er in düsteren Bildern. Mit dem Ausbruch im Urserntal hätte die Dörfer Andermatt und des Kriegs 1914 sei der Fremdenverkehr, von dem auch das übrige Hospental unter Wasser gesetzt. Die Planungen für ihren Gewerbe in Ursern abhänge, weit gehend zusammengebrochen. Wiederaufbau spiegeln das Ideal ländlicher Die Hotelbesitzer seien froh, für ihre unrentablen Bauten Bebauungsmuster um 1920. eine Entschädigung zu erlangen. Dasselbe gelte auch für die Eidgenossenschaft, die mit dem Stausee die Möglichkeit erhalte, ihre Im Kanton Uri bauten die Schweizerischen Bundesbahnen [918- teuren Investitionen für die militärischen Anlagen der Gotthard- 1922 das Kraftwerk in Amsteg. Es lieferte zusammen mit dem befestigung zumindest teilweise zurückzugewinnen. Die alten

Ritomwerk oberhalb von Piotta den Strom für die elektrifizierte Anlagen würden in Zukunft ohnehin nicht mehr in demselben Masse

Gotthardstrecke. In dieser Atmosphäre des Aufbruchs präsentierte benötigt, sollte «doch der Völkerbund das Entstehen künftiger der Direktor der Centralschweizerischen Kraftwerke (CKW), Kriege verhindern». Für die restliche, in der Landwirtschaft tätige Fritz Ringwald, 1920 ein Projekt am Oberlauf der zur Bevölkerung müsse festgestellt werden, dass die klimatischen Ausnützung der Gefällstufe Andermatt-Wassen. Den Kern des Verhältnisse von Andermatt von jeher nicht sehr günstig gewesen Projekts bildete ein Stausee im Urserntal.2 Der Engpass der Schölle- und nach Aussage ortsansässiger Leute in den letzten Jahren nenschlucht, durch den die Reuss das relativ breite Hochtal eher noch schlechter geworden seien. Ein grosser Teil der dortigen Ursern entwässert, hätte im Bereich des Urnerlochs durch eine Bevölkerung sei dieser Verhältnisse überdrüssig und «nur 75-90 m hohe Staumauer abgeschlossen werden sollen (Abb. 1). noch durch die althergebrachte Liebe zur heimatliehen Scholle» Geplant war, das Wasser auf 1500-1515111 ü.M. zu stauen. Der gebunden, bliebe sie in Andermatt. so entstandene Stausee hätte den östlichen Talboden Urserns Ein ganz anderes Bild zeichnete Ringwald dagegen für die mit den Dörfern Andermatt (1445 m ü. M.) und Hospental [485 m Zukunft nach dem Bau des Stausees. Das Landschaftsbild des ü. IM.) überspült (Abb. 2). Die ansässige Bevölkerung hätte ihren Urserntales könne durch den gewaltigen (sie!) Stausee im Sommer angestammten Wohnsitz aufgeben müssen. Mit in Aussicht nur gewinnen. Ein grosser feil cler Bevölkerung werde sich mit gestellten Entschädigungszahlungen und Umsiedlungsangeboten Realersatz oder einer finanziellen Abfindung begnügen und das versuchten die CKW die direkt Betroffenen für das Projekt zu Tal verlassen."' Für die verbleibende Bevölkerung werde «in

begeistern. Für die im Tal verbleibenden Urschner sollten die beiden sonniger Lage ein idyllisches Neu-Andermatt und Neu-Hospenthal» Dörfer Andermatt und Hospental über der Wasserlinie des errichtet. Mit der Planung dieser beiden Dörfer beauftragte Ringwald Stausees neu gebaut werden. zwei führende Luzerner Architekturbüros: für Andermatt Diese Studien für neue Siedlungen in Ursern sollen im Folgenden Alfred Möri (1880-1936) und Karl Friedrich Krebs (1880-1945), beschrieben und vorgestellt werden, zumal die Projektierung für Hospental Heinrich Meili-Wapf 1860-1927) und seinen Sohn ganzer Siedlungen um 1920 mit Ausnahme von Wiederaufbauten Armin Meili 1892-1981).'' nach Brand- oder Naturkatastrophen auf den städtischen Raum Die Akten und Korrespondenzen zwischen Bauherrschaft und beschränkt ' war. Architekten sind nicht mehr vorhanden. Die Bauaufgabe kann je-

K*A A+A 2003 4 doch über die Schriften Ringwalds sowie anhand der fotografisch ist die lawinenfreie sanft ansteigende Berglehne östlich vom

überlieferten Pläne und Ansichten rekonstruiert werden.7 Die heutigen Dorf oberhalb der Häusergruppe Wyler an der Oberalpstrasse Studien für die neuen Dörfer gingen von einer reduzierten vorgesehen. Diese Stelle ist viel sonniger und schöner gelegen als Bevölkerung im Tal aus. Entsprechend geringer war denn auch die Zahl das alte Dorfgebiet; Ende April und Anfang Mai, wenn der Wohnhäuser. Lawinengefahr und Topografie des Urserntais der Talboden von Andermatt noch im Winterkleide liegt, beginnt beschränkten die möglichen Siedlungsplätze über 1500m ü.M. es hier oben schon zu grünen. Auch die topographischen Verhältnisse mehr oder weniger auf die zwei gewählten Standorte. sind für eine Dorfanlage günstig, auf einer vorgeschobenen Felsterrasse kann die Kirche mit Pfarrhaus und Schulhaus in dominierender Neu-Andermatt von Alfred Möri und Karl Friedrich Krebs Stellung plaziert werden, während sich die Wohngebäude Der technische Projektbericht, der wohl die Ausführungen der im Hintergrund amphitheatralisch anschliessen. Die Schöl- Architekten übernimmt, beschreibt den Standort auf 1500 m ü. M. lenen- und Furkabahn erhalten wie bisher einen Einheitsbahnhof am Fusse des Nätschen folgendermassen: «Für Neu-Andermatt in zentraler Lage des Dorfes und die Verbindung mit Hospenthal

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1 Otto Landolt, Titelbild der Broschüre "Stau- und Kraftwerk Andermatt», 1926. - Grafisch umgesetzte Darstellung der Staumauer inderSchöllenenmitStrassenverlaufund Eisenbahn auf der Mauerkrone.

2 Hospental von Westen, Ansicht um 1900. - A"f der Ansicht mit Hospental im Vordergrund und dem Blick Richtung Schöllenen, Andermatt und der Oberalppassstrasse ist das vorgesehene Stauziel auf 1500 m ü. M. eingezeichnet.

2003 A K*A A*A geschieht durch eine neue Strasse parallel der Bahn über die Der untere, grössere «Bahnhofplatz» wird entgegen seiner Staumauer längs dem Bäzberg nach , dem Standort von Bezeichnung von der Kirche (K) und ihrer dreiachsigen Hauptfas- Neu-Hospenthal. Von der überaus malerischen Wirkung von Neu- sade mit mittlerem Frontturm und Vorzeichen sowie den Andermatt geben die von Architekten im Sinne des Heimatschutzes seitlichen Arkaden geprägt. Der Kirche gegenüber steht cler Bahnhof entworfenen Dorfbikler eine leise Vorahnung.»8 (Abb. 3-6) (B) der Schöllenenbahn und der Brig-Furka-Disentis Bahn,'' cler Das neue Andermatt gruppiert sich gemäss Situationsplan die Gestaltung mit Arkaden von der Kirche übernimmt. Seitlich und Ansichten um zwei Plätze. Die Wohnhäuser und Ställe reihen wird der Platzraum durch das Primarschulhaus (S), das Ratsund sich terrassenartig gestuft entlang der parallel zum Hang verlaufenden Gemeindehaus (R) beziehungsweise das Pfarrhaus (Pf) und Strasse. Die Oberalppassstras.se zweigt vom oberen Platz ein Gast- und Speisehaus (G) begrenzt. Die Kirche schiebt sich ab, wo sie ausserhalb des Dorfes direkt auf eine Kapelle zuführt, nach Südwesten auf einen vortretenden Hügel. Dieser ist mit der die als Rekonstruktion cler Mariahilfkapelle, oberhalb des heutigen steil gegen den See abfallenden Stützmauer zu einer gerundeten Dorfkerns gelegen, zu verstehen sein dürfte. Terrasse erweitert, mit einer Baumallee umgeben und von zwei

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3 Neu-Andermatt, von Möri & Krebs, lì.'ÌJn IM KM IOM Luzern 1920. - Idyllische Ansicht von Neu-Andermatt am Ufer des Stausees mit der gegen Nätschen und Oberalppass absteigenden Strasse und dem Blick zur Staumauer in der Schöllenen. % 4 Neu-Andermatt / Uri, Bebauungsplan, (orig.) Massstab 1:1000, von Möri & Krebs, Luzern 1920. - Situationsplan mit teils «im» gekennzeichneten Bauten: B: Bahnstation; G: Gast- ï'is».«llilri OW3 und Speisehaus; H: Hotel & Restaurant; >- K: Kath. Pfarrkirche; P: Post & Telegraph; Pf: Pfarrhaus; R: Rat- und Gemeindehaus; S: Primarschulhaus; W: Wohn- und Geschäftshaus.

5 Neu-Andermatt, Dorfplatz von A aus, von Möri & Krebs, Luzern. -Ansicht des oberen «Dorfplatzes» Richtung Norden mit dem dominanten, mittleren Hotelbau. (Der Standort A ist im Situationsplan nicht eingezeichnet.)

6 Neu-Andermatt, Bahnhofplatz, von Möri & Krebs, Luzern. -Ansicht des unteren «Bahnhofplatzes» mit Blick aus der nordwestlichen Seitenarkade des Bahnhofs auf die Hauptfassade der Pfarrkirche.

8 K+A A*A 2003.4 seitlichen Kapellen begrenzt. Von dieser «Plattform» führt ein Neu-Hospental von Heinrich Meili-Wapf und Armin Meili geschwungener Weg über eine Treppe zur ebenfalls von Bäumen Der Stausee hätte das bestehende Hospental im oberen Dorfteil gesäumten Promenade am Seeufer. nur knapp überschwemmt, der Seespiegel wäre nur bis zum Fuss Der obere, kleinere «Dorfplatz» öffnet sich nach Südwesten des Hügels mit dem charakteristischen, mittelalterlichen Turm zum Stausee und wird durch ein Wohn- und Geschäftshaus (W), Ilospentals gestiegen (Abb. 2). Dennoch hätte das Dorf abgebrochen ein Hotel und Restaurant (II), Post und Telegraf (P) sowie ein und an anderer Stelle neu erbaut werden müssen. Der Gast- und Speisehaus (G) gebildet. Die Wohn- und Ökonomiebauten technische Bericht führt da/11 aus: «Auch fur den Wiederaufbau von sind entlang der parallel zum Hang führenden Strassen Hospenthal ist eine geeignete Stelle gefunden, nämlich auf dem aufgereiht. Die Siedlung ist den topografischen Voraussetzungen Plateau, genannt gegenüber dem heutigen Dorf. In angepasst und hat sich in Struktur und Gestalt vollständig vom Bezug aul'die bedeutend günstigere Sonnenbestrahlung dieses Platzes «alten» Andermatt gelöst. gilt dasselbe wie für Neu-Andermatt. Allfälligen unbedeutenden Lawinenbildungen oberhalb Buhlen kann durch geeignete

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7 Neu-Hospenthal, von Heinrich Meili-Wapf, Armin Meili, Luzern. -Ansicht des Kirchhügels [.Vi ¦fVlt.f ¦! vom See aus mit der steinernen Bogenbrücke der Gotthardpassstrasse.

8 Genereller Plan zur Dorfanlage von v"\ Neu-Hospenthal, (orig.) Massstab 1:500, von Heinrich Meili-Wapf, Armin Meili, Luzern. - 5 / Situationsplan mit eingezeichneten Standpunkten zu den drei folgenden Perspektiven (A, B, C). Bezeichnungen: Furka- «¦ strasse; Bahnhof; Pfarrhof; Kirchhof; Schulhaus Gotthardstrasse (Brücke); nach Schöllenen.

9 Neu-Hospenthal, von Heinrich Meili-Wapf, Armin Meili, Luzern. -Ansicht vom Standort A (Strasse von Schöllenen/Andermatt) aus Richtung Westen, mit Dorfstrasse und Pfarrkirche.

W Neu-Hospenthal, von Heinrich Meili- Wapf, Armin Meili, Luzern. -Ansicht vom Standort B (Furkastrasse) aus Richtung Osten, mit Dorfplatz und Pfarrkirche.

11 Neu-Hospenthal, von Heinrich Meili-Wapf, Armin Meili. -Ansicht vom Standort C (Bahnhofterrasse) aus Richtung Süden, mit Dorfplatz, Brunnen und Schulhaus. Links der Treppenaufgang zum Kirchhof.

2003 4 K*A A*A Q Verbauungen vorgebeugt werden. Je nach der endgültigen schaft. Aus dieser Optik stellt sich um so mehr die Frage, welche

Festsetzung der Staugrenze kann die Furkastrasse, Llospenthal- Vorbilder die Architekten hinzuzogen und wo sie die Ideen für den , deren Höhenlage sich zwischen 1500 und 1504 bewegt, Neubau fanden.'4 Das Vaterland hielt dazu fest: «I...I in der Tat, weiter benützt werden, wobei das diesseitige rechte Ufer mit dem das neue Leben, das in diesen typischen Ortschaften erstehen jenseitigen linken bezw. mit Neu-Hospenthal durch eine Brücke soll, ist ausserordentlich einladend und man versteht es, dass oder einen Damm verbunden werden müsste, die zugleich auch man droben im Urseler Tale sich mehr und mehr mit dieser neuen dem Verkehr nach dem Gotthard dienen würde. Das Zukunftsbild LIeimatzu befreunden anlangt. Die Architektur- und Ileimatkunst von Neu-Hospenthal ergibt sich aus den beigegebenen künstlerischen von heute kann ja solche Aufgaben trefflieh lösen.»'1 Zeichnungen der Architekten.»1" Lünen Ausgangspunkt bietet der 1905 gegründete Schweizerische Neu-Hospental konnte aus topografischen Gründen nicht wie lleimatschutz. Die Bewegung wandte sieh vom Historismus in Andermatt entlang der Gotthardpassstrasse höher gesetzt werden. des 19. Jahrhunderts ab und forderte eine neue Architektur, die Als neuen Standort bestimmte die Studie von Vater und Sohn sich unter anderem an der lokalen Tradition orientieren sollte. Meili den Südhang des Bäzberges gegenüber dem heutigen Dorf Tatsächlich zeigen nun die Dorfstudien von Neu-Andermatt und Hospental (Abb. 7-11). Neu-Hospental Bauten, die sich an die Baukultur des Urserntais Wie die Ansichten zeigen, ist Neu-Hospental in den Hang und cler Innerschweiz halten. Eindeutig ist dies an cler Plärrkirche gebaut, der hier - wie übrigens auch die Strasse und Bahnlinie - von Neu-llospental erkennbar, deren Fassaden ganz im Sinne des mit massiven Schutzbauten vor Lawinen hätte gesichert werden barocken Hospentaler Baumeisters Bartholomäus Schmid 1660- müssen. Das neue Passdorf ist wie das bestehende Hospental als 1738) mit Pilastern und Blendbogen gestaltet wurden.'6 Die

Strassendorf geplant, wobei die Dorfstrasse im Dorf zum Hauptplatz Rundkapellen der Ummauerungen dagegen gleichen denjenigen in erweitert ist. Im oberen Teil dieses Platzes, durch eine Wassen und Bürgion, die Anlage der «Kirchhofterrasse» den Terrasse abgesetzt, steht der Bahnhof, ihm gegenüber im unteren charakteristischen Herrschaftssitzen in Schwyz. Daneben stehen Teil das Schulhaus. Das Dorf wird jedoch von der Pfarrkirche auch wuchtige Blockbauten, wie sie noch heute in den Dörfern des mit dem auf der Nordseite angebauten Pfarrhaus überragt. Sie Urserntais zu finden sind. Für Neu-llospental waren verschiedene übernimmt äusserlich die Form und Gestaltung der barocken Typen von Steinbauten gedacht: Herrschaftliche Häuser aus

Kirche in tlospental. Erhöht auf einer mit Stützmauern dem Urner Unterland, Steinhäuser mit Walmdach und gesprengten aufgeschütteten, parkartigen Terrasse mit Rundkapellen in den Giebeln als Fensterverdachungen, die mehr an Vorbilder aus Ecken führen die Strassen, auch die Brücke, von Süden über den Graubünden erinnern,'7 aber auch südländisch wirkende, blockartige Stausee direkt auf sie zu. Volumen mit Dach geneigten Walmdächern und verkröpften Dachkehlen.'* Inwieweit ein Wiederaufbau von abgebrochenen Zwei neue Dörfer in «bodenständiger, heimeliger Bauweise» Bauten geplant war, lässt sich nicht entscheiden. Das Vaterland sprach in seiner Berichterstattung von einer Dagegen verzichteten Möri & Krebs in cler Studie für Neu- «überaus malerischen Wirkung» der «im Sinne des Heimatschutzes Andermatt weit gehend auf die direkte Übernahme von bestehenden entworfenen Dorfbilder.»" (Abb. 12) Der Innerschweizer Bauformen. Sie scheinen sich weniger an die Richtlinien des Heimatschutz hielt sich jedoch mit einem Kommentar zurück.'2 Schweizerischen Heimatschutzes als an die Ideen des 1915 Offensichtlich lag der Bauherrschaft daran, die neuen Dörfer in gegründeten Werkbundes gehalten zu haben, cler zwar aus der einem Baustil zu planen, der dem Bewohner des alpinen Tales Tradition entwickelte, jedoch modern umgesetzte architektonische entsprach. In der Überzeugung, diesem nicht weiter ausformulierten Lösungen forderte."' Auch hier zeigt sich diese Haltung an den und daher inhaltlich sehr vagen Anspruch gerecht zu werden, öffentlichen Bauten cler Dorfplätze, beispielhaft wiederum an cler stellte der Verfasser des technischen Berichts fest: «Es darf Kirche: Der neue Entwurf übernimmt eine zwar purifizierle, aber also unter allen Umständen mit Befriedigung konstatiert werden, immer noch auf cler barocken Tradition des Tals (üssende Fassa- dass für den Wiederaufbau der beiden Dörfer günstig gelegene clengestaltung. Bauplätze vorhanden sind, die in Verbindung mit einer Die Organisation cler Siedlungen ist direkt und eng durch die bodenständigen, heimeligen Bauweise Garantien bieten, die einheimische topografische Situation bestimmt. Dennoch versuchten die Bevölkerung des Urserntales ruhig und hoffnungsvoll in Architekten eine charakteristische, identitätsbildende Gestaltung zu die Zukunft blicken zu lassen.»'3 erreichen. In Neu-Hospental definieren Brücke, Kirche und Platz Ob die geplanten Bauten tatsächlich auf die Bedürfnisse der ein dörfliches Zentrum, das die Lage an Hang und Furkapass- Bevölkerung Rücksicht nahmen, kann hier nicht weiter erörtert strasse gliedert und gewisse Analogien zum Hauptplatz in Schwyz werden. Wie sich aus der Projektgeschichte ergibt, wurden diese zeigt. In Neu-Andermatt bot sich durch die natürliche Felsterrasse Bedürfnisse jedoch nicht vor Ort abgeklärt, sondern entsprachen die Möglichkeit, Kirche und Kirchplatz neu zu gestalten. auftragsgemäss den Vorstellungen und Vorgaben der Bauherr- Ob Möri & Krebs für die Planung cler Kirche am Hang und des

10 K+A A^ 2003 4 Kirchplatzes die Platz.gestaltung der Stadt Pienza von Domenico Talschaft einfügt und ein eigenes, unwiederholbares Bild, eine Rossellino (1409-1469) im Hinterkopf hatten, ist nicht überliefert. Seele, besitzt».'1 Verstärkt wird diese Assoziation jedoch durch die gezeigte Gleichzeitig mit Ursern plante man im bündnerischen Rhein- Ansicht aus den seitlichen Arkaden des Bahnhofsgebäudes, die wie wald den Stausee llinterrhein. Die Studien für die Neusiedlungen die moderne Fassung des Blickes aus den Arkaden des Rathauses von Splügen entwarf wie schon 1920 in Hospental der Direktor im toskanischen Städtchen wirkt (Abb. 6). der Landesausstellung 1939 und erste Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung Armin Meili.24 Nach hef- Nachgeschichte tigen Protesten und Vuseinandersetzungen wurde jedoch keines Aufgrund der zahlreichen Einsprachen verzichteten die Central- der beiden Projekte realisiert. schweizerisehen Kraftwerke (CKW) vorläufig auf eine Realisierung des Stauseeprojekts. Die Studien für Neu-Andermatt und Neu-Hospental mussten sich nicht in der Realität bewähren. Résumé En le de lac de Umsiedlungsprojekte im Zusammenhang mit dem Kraftwerkbau 1920, pour projet barrage dans la vallée de l'Ursern à la hauteur du de la le wurden jedoch an anderen Orten realisiert. Im Schwyzer Wägital cours supérieur Reuss dans canton d'Uri, les beispielsweise plante und realisierte das Zürcher Architekturbüro architectes lucernois Möri & Krebs et Heinrich Meili-Wapf/Armin Meili wobei présentent des études la réalisation des Müller & Freytag 1923-24 die Siedlung Neu-Innerthal, pour villages de Neu-Andermatt auch hier die Vorgaben des Heimatschutzes wichtige Kriterien et de Neu-Hospental. Pour ce projet nouveau et donc inhabituel, ils doivent mode de für die Gestaltung der Bauten boten.™ Die Diskussion um das prévoir un construction d'inspiration vernaculaire, de les critères de richtige Bauen für Bauern und Heimat wurde auch im Vorfeld der afin respecter protection du patrimoine et de

permettre aux habitants de la vallée de sentiment 1937 erfolgten Stauung des Sihlsees geführt.21 montagne d'affirmer leur identitaire. Différentes solutions 1943/44 schockierten die CKW die Urschner Talbevölkerung tenant compte de ces conditions Stauhöhe sont L'architecte Armin mit einer Neuauflage des Projekts in erweiterter Form. Die proposées. Meili s'occupe pour la Schölle- première fois d'aménagement et de réaménagement, setze man auf 1630 m ü.M.. was eine Mauer in der un domaine auquel die il se consacrera encore plus intensément dans le cadre de nen von 208 m Höhe bedingte.22 Auf konkrete Planungen für l'aménagement sowie du territoire. am Nätschen auf 1650 m ü. M. gedachte Siedlung «Ursern» für das neue Realp westlich des heutigen Dorfes auf dem Hügel Riassunto Biel, wie sie noch 1920 in Auftrag gegeben worden waren, Ortschaft Nell'ambito del progetto presentato nel il verzichtete man. Dennoch, auch noch 1944 war «die neue 1920 per lago artificiale di nella alta del fiume Reuss Ursern oder Andermatt |...| als harmonisch gestaltetes Orsera, previsto parte nel cantone di Uri, gli in die architetti Mori & Krebs e Heinrich Meili-Wapf/Armin Meili di Musterbeispiel einer Bergsiedlung gedacht, die sich harmonisch Lucerna

la Neu-Andermatt gegen die Oberalp, Neu-Anöermall gegen öie Ober-Alp Postkarte, 1920. - Nachbearbeitete, retuschierte und kolorierte Ansicht nach der Fotografie

Hospental, um 1900 (Abb. 2), mit Darstellung <ü des projektierten Stausees, des Dorfes Neu- V'.S *#$i%fr« Andermatt und den verlegten Verkehrswegen. *SÈ m

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2003 4 K*A A*A 11 elaborarono alcuni studi per i villaggi di Neu-Andermatt e Neu-Hospental. Leider sind aus der Frühzeit des zurück zum Bergbauernhaus im Dörfli Innerschweizer Heimatschutzes keine auf der Landi1939, in: Karl Saurer Per questo nuovo e insolito compito dovettero anzitutto Akten und damit auch keine weiter (Hrsg.), Der Sihlsee. Eine Landschaft familiarizzarsi con la caratteristica architettura locale, al fine di soddisfare gehende Stellungnahme des ändert ihr Gesicht, Zürich 2002, le le tanto esigenze di tutela del patrimonio nazionale, quanto Innerschweizer Heimatschutzes zu den S. 119-141. rivendicazioni di identità della popolazione valligiana. A partire da Projekten von 1920 überliefert. 22 Die Angaben sind dem Beschrieb Technischer Bericht des Studiensyndikats für die Urseren- queste premesse furono elaborate diverse soluzioni. Per l'architetto 13 1920 (wie Anm. 4), S.u. kraftwerke, Urserenkraftwerke Projekt Armin Meili, questa esperienza costituì un primo confronto con la 14 Beide Architekturbüros hatten 1943I44, entnommen. ridefinizione e di si trasformazione di un sito, una tematica cui sich bereits mit Siedlungsprojekten 23 Ursern-Kraftwerke. Vernehmlassung sarebbe occupato in seguito in modo approfondito nell'ambito di befasst, auf die hier nicht weiter zu den Einsprachen, hrsg. vom werden kann; so Möri & Studien-Syndikat Ursern-Kraftwerke, progetti di pianificazione territoriale. eingegangen Krebs 1911-14 mit der Eisenbahnersiedlung Luzern 1947, S. 32; Die Ursern-Kraftwerke. Obergeissenstein in Luzern Aufklärungsschrift für das und dem Bebauungsplan für das Urnervolk, hrsg. vom Studien-Syndikat

ANMERKUNGEN 6 Hannes Ineichen, Tomaso Zanoni, Bannfeld in Ölten 1911 (Schweizerische Ursern-Kraftwerke, Luzern 1946, S. 11. 1 Einen Überblick über die Planungen LuzernerArchitekten, Zürich 1985, Bauzeitung 57,1911, S. 115-118 und 24 Die Ansichten wurden veröffentlicht im Einzugsgebiet der Reuss bietet: S. 32-51 und 56-63; Barbara Hennig, 194-198). Meili-Wapf und sein Sohn etwa in Werner Reist, Neue Die verfügbaren Wasserkräfte der Das Hotel Montana (1910) von Alfred entwarfen 1920 die Siedlung Daheim Elektrizitätswerke in der Schweiz, Schweiz unter besonderer Möri und Karl Friedrich Krebs - das in Malters und 1921/22 die in: Vita Publica 1,1946, S. 3-42, hier Berücksichtigung der Speicherungsmöglichkeiten «modernste Palasthotel» in Luzern, Wohnkolonie Friedheim in Luzern {Schweizerische S. 29-32; Realersatz- und für die Erzeugung von unveröffentl. Lizentiatsarbeit, Zürich Bauzeitung 83,1923, Umsiedlungswerk Rheinwald, Winterenergie. Zweiter Teil: 1998; Isabelle Rucki, Dorothée Huber S. 321-323). hrsg. vom Konsortium Kraftwerke

Speicherungsmöglichkeiten im Reuss- und (Hrsg.), Architektenlexikon der 15 Vaterland, Nr. 141,16.6.1920. Hinterrhein im November 1946. Limmatgebiet, hrsg. vom Eidgenössischen Schweiz 19./20. Jahrhundert, Basel 16 Gleiches gilt für die bereits oben Zu Meilis Tätigkeit vgl. Anm. 6. Post- und Eisenbahndepartement, 1998,8.367-369. DassTheiler& erwähnte Rekonstruktion der Bern 1935 (Mitteilungen Helber, das dritte bedeutende Mariahilfkapelle an der Oberalppassstrasse ABBILDUNGSNACHWEIS des Amtes für Wasserwirtschaft 26). Architekturbüro in tuzern, nicht berücksichtigt in Neu-Andermatt. 1: Aus: Stau- und Kraftwerk 2 Emanuel Müller, Reto Gamma, wurde, mag mit deren 17 Das einzige mit dieser Architektur Andermatt. Projekt der Centralschwei- Hochspannung. Wie die Urschner umfangreicher Bautätigkeit in Uri zu verwandte Haus in Andermatt ist das zerischen Kraftwerke Luzern. gegen einen Stausee kämpften und tun haben. so genannte Soldatenhaus, 1917 von Internationale Ausstellung für die Göscheneralp untergehen musste, 7 Die originalen Pläne sind nicht den Gebr. Pfister, Zürich, in Formen Binnenschiffahrt & Wasserkraftnutzung, Altdorf 1982; Karl \len, Adieu-Altes mehr vorhanden. Die Reproduktion eines Heimatstils bündnerischer Basel 1926, Titelbild. - 2: Aus: Uri. Aspekte des Wandels eines erfolgt nach Plankopien im Gemeindearchiv Prägung erbaut. P. Arbenz, A. Hartmann, E. Hugi, Kantons vom 19. ins 20. Jahrhundert, Hospental und dem Album 18 1910 hatten der Bund Schweizer R. Weber, Generelles Gutachten Altdorf 1990, S. 342-345. Dorfbilder. Neu-Andermatt. Neu-Hospenthal, Architekten (BSA) und der Andermatt, Februar 1925 (Archiv CKW, 3 Vgl. etwa Nott Caviezel, das zusammen mit dem Technischen Schweizerische Ingenieur- und Architekten Nr. 44351).- 3-6,12: Aus: Dorfbilder. Dorfbrände in Graubünden, 1800-1945, Bericht im Mai 1920 abgegeben Verein (SIA) den ersten Band des Neu-Andermatt. Neu-Hospenthal, Zuoz 1998 (Schriftenreihe Chesa Planta wurde. Auch ein Projektbeschrieb der Werkes Das Bürgerhaus der Schweiz 1920 (Archiv CKW, Nr. 44281). - 7-11: Zuoz 4), für unsereThematik bes. Architekten fehlt. Die Ausführungen herausgebracht, der den Kanton Uri Inventar der Kunstdenkmäler Uri S. 50-54. der Büros scheinen aber in den technischen zum Inhalt hatte und hier ganz im (Fany Brühlmann) 4 Der Vortrag fand ein grosses Bericht eingeflossen zu sein. Die Sinne der Verleger als Vorlagen katalog Echo in der Presse. Am ausführlichsten Fotografien der Ansichten und Pläne gedient haben dürfte. Heinrich ADRESSE DES AUTORS berichtete das Vaterland, Nrn. 140- von 1920 fertigte der Fotograf Emil Meili-Wapf selbst nahm für die Thomas Brunner, lie. phil. I, 142,15.-17.6.1920. Die folgenden Goetz, Luzern. Ich möchte an dieser Publikation Das Bauernhaus in der Kunsthistoriker, Zitate sind daraus entnommen. Stelle der Geschäftsleitung der CKW Schweiz, hrsg. vom SIA, Hannover Inventar der Kunstdenkmäler Uri, Vgl. auch LuzernerTagblatt, Nr. 141, und ihrem Archivar, Herrn W. Schawal- 1903, u. a. in Erstfeld Pläne des Hauses Bahnhofstr. 26,6460 Altdorf 16.6.1920; UrnerWochenblatt, Nr. 26, der, für die hilfreiche Unterstützung Muheim von 1645 auf.

26.6.1920; Gotthard-Post, Nrn. 26-28, danken. 19 Christoph Aliensbach, Architektur

26.6./3.7./10.7.1920. Vortrag und 8 Technischer Bericht 1920 in der Schweiz. Bauen im 19. und Presseberichte basieren auf den (wie Anm. 4), S. 10-11. 20. Jahrhundert, Zürich 1998, Ausführungen in: Technischer Bericht. 9 Während die Schöllenenbahn S. 46-47.1908 wurde der Bund Stau- und Kraftwerk Andermatt- (SchB) seit 1917 in Betrieb stand, Schweizer Architekten (BSA) Göschenen, Mai 1920 (Manuskript nahm die konkursierte Brig-Furka- gegründet, dem später auch Möri & im Archiv CKW). Disentis Bahn (BFD) erst 1926 als Krebs sowie Armin Meili beitraten. 5 Als Realersatz schlug man die Furka-Oberalp-Bahn (FO) ihren vollen 20 Brigitte Diethelm, Die Gruppe teilweise noch zu meliorierende Reussebene Betrieb auf. Heute sind beide Teil von Neu-Innerthal der Architekten zwischen Flüelen und Erstfeld der Matterhorn Gotthard Bahn. Müller & Freytag, in: Marchring 37, deren klimatische vor, Vorzüge mit 10 Technischer Bericht 1920 (wie 1997.S.63-75. einem «Jahreswärmemittel um 1 /, Anm.4),S. 11. 21 Anja Buschow Oechslin, Werner Grad über dem Nizza» von sich sehen 11 Vaterland, Nr. 142,17.6.1920. Oechslin, Vom traditionellen Bauernhaus lassen konnten. 12 Heimatschutz \6,1921, S. 24. zur modernen Variante und

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