Kunst Im Deutschen Wetterdienst

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Kunst Im Deutschen Wetterdienst Kunst im Deutschen Wetterdienst Patrick Raddatz Before And After Science „Aufgabe von Kunst ist es heute, Chaos in die Ordnung zu bringen“ Kunst im Deutschen Wetterdienst Als ich diesen Aphorismus des Philosophen Theodor Adorno (1903 – 1969) neulich in einem populären Kunst - magazin las, kamen mir unwillkürlich die Arbeiten von Patrick Raddatz in den Sinn, die unsere Kunst-Jury gerade für die Ausstellung des Deutschen Wetterdienstes im Rahmen der Offenbacher Kunstansichten 2013 ausgewählt hatte. Ich stellte mir die Frage, ob der in Berlin geborene Künstler mit seinen „Nebelbildern“ Partrick Raddatz eigentlich auch ein Chaos in einer vorgegebenen Ordnung schaffen will. Den von ihm abgelichteten Before And After Science menschenleeren Räumen wird durch künstlichen Nebel quasi der Boden entzogen, die Trittsicherheit geht verloren, das Ungewisse lauert in einer nicht zu fassenden Tiefe. Die vermeintliche Ruhe löst Unbehagen beim Betrachter aus. Chaos? Das Adorno-Zitat geht noch weiter: „Künstlerische Produktivität ist das Vermögen der Willkür im Unwillkürlichen.“ Dieser Satz war mir äußerst willkommen, glaubte ich doch damit Patrick Raddatz durch - schaut zu haben. Habe ich das wirklich oder denkt unser Protagonist viel subtiler? Diese Frage mag ein Ein - stieg in unsere Ausstellung sein, die dem Konzeptkünstler und Fotografen gewidmet ist, der an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung studiert hat. Wir sind Patrick Raddatz besonders dankbar, dass er einige Arbeiten in den Räumen unserer Offenbacher Zentrale gefertigt hat, nämlich in unserem TV-Studio und unseren Laboreinrichtungen. Ungewohnte Ansichten! Neue Einsichten? Der Deutsche Wetterdienst versteht sein kulturelles Engagement als gesellschaftlichen Auftrag und selbst - verständlichen Bestandteil seiner Unternehmenskultur. Die Kunstwerke in unserem Haus sollen keine bloßen Dekorationsobjekte sein, sondern unsere Räumlichkeiten zu anregenden Kommunikations- und Begegnungs - stätten machen. Sie geben unserem Haus ein Gepräge, einen Geist, eine Stimmung, die nach innen und außen wirken. Die hier gezeigte Kunst stellt Fragen und muss sich dem Dialog mit unseren Beschäftigten und Besuchern stellen. Ein spannendes Miteinander! Patrick Raddatz ist ab heute Teil davon und konfrontiert den Wetterdienst mit seinen Ansichten von Nebel. Ausgerechnet! Eulen nach Athen tragen? Chaos? Wetter ist bekanntlich ein chaotisches System. Der Künstler wird sich bei uns in seinem Element fühlen! Herzlich willkommen! Hans-Gerd Nitz Vorstand Deutscher Wetterdienst III IV V VI VII Reality is not totally real 1 – Realität und Installation in den Fotografien von Patrick Raddatz verweigert dem Betrachter den Zugang, ja, teils sogar überhaupt den Blick. An dieser Stelle zeigt sich indes ein besonderes Merkmal von Wahrnehmung: Der dem Betrachter verwehrte Blick ergänzt sich automatisch, denn die von „Von Natur aus hat die Photographie etwas Tautologisches: eine Pfeife ist hier stets eine Pfeife“ 2, schreibt Roland Barthes Raddatz ausgewählten Orte sind uns wohl bekannt. Die Autowerkstatt, die Garage, das unordentliche Zimmer, die in dem theoretischen Basiswerk zur Fotografie „Die helle Kammer“, und meint damit die logische Wahrheit in Bezug - Straßenbahn, das Atelier, die Spielbank, der Büroraum, die Gefängniszelle, der Innenraum des Autos, die Bar, die Loge, nahme der Fotografie zur Realität. 3 Doch eine ‚Realität‘, in der es sich um (temporär) Gewesenes und (materiell) Bestimm - die Börse, das Labor und das Fernsehstudio. Es sind Orte und Räume, die sich – entweder den Massenmedien oder den tes handelt, muss im heutigen Kontext neu betrachtet werden: Zum einen führt die veraltete Ansicht zum Umkehrschluss, Erfahrungen des Alltags entsprungen – dem kollektiven Bildgedächtnis eingeprägt haben und dem Betrachter von daher die Fotografie würde im Gegensatz zum Medium der Malerei dem Betrachter die Illusion nehmen, und die Wirklichkeit vertraut erscheinen. So kristallisiert sich heraus, dass durch die vertrauten Bilder der Räume, der Bezug zur Realität der präsentieren; zum anderen versetzt uns zeitgenössisches Wissen um manipulierbare Realität in dispositionelle Frage - Bilder erneut verschwimmt: Die vorgegebenen Bildrealitäten und ihre Motive behandeln durch den Nebel weniger das stellungen. Gemeinhin gilt, ein Foto existiere immer im Wirklichkeitsbezug des Sichtbaren, die wahrhaftige Wirkung sei Motiv selbst, als vielmehr eine Verbindung von Erinnerung und Infragestellung wahrgenommener Wirklichkeit. Damit unumgänglich. Doch vor allem im Bezug auf die Manipulation sowie Simulation von Wirklichkeiten wird das Vertrauen kommen wir an den Ausgangspunkt zurück, an dem die Fotografie sich hier in ihrer eigentlichen, wirklichkeitsabbildenden in die Wahrheit eines Bildes beeinträchtigt. Im äußersten Fall könnte man von einem regelrechten Realitätsverlust Charakteristik widerspricht und sich als Illusion oder Fiktion entpuppt. sprechen, welcher uns den Boden unter den Füßen in Hinsicht auf das Vertrauen, des sich in Bildern offenbarende Sicht - bare und die Unterscheidung von Fiktion und Wirklichkeit, nimmt. Im wahrsten Sinne des Wortes überträgt sich dies auf Jedoch wird nicht nur eine Realitäts- oder Wirklichkeitsfrage behandelt, ebenso die Reflexion des Mediums Fotografie die fotografische Serie Since Fiction. Die Serie zeigt in erster Linie Räume im weitesten Sinne – von klassischen Interieurs wird in Frage gestellt. Das überholte Prinzip der reinen Abbildungsfunktion der Fotografie ist heute um vielfache Medien über Garagen bis zum Wageninneren eines Autos. Doch das Element, das den Räumen ihren Realitätsbezug entzieht, ist erweitert worden: In Raddatz’ Arbeiten kommen vor allem die Gattungen Installation und Fotografie zum Tragen. Der der Nebel, der sich als geradezu typologisches Motiv in allen Bildern zeigt. Dieser verweigert dem Betrachter den Zugang Installationscharakter zeigt sich besonders im vielschichtigen Auftreten des Nebels: Der Facettenreichtum konstatiert zu einer sichtbaren Wirklichkeit, dem Boden. Er bedeckt ihn, zieht sich teilweise in den Innenräumen hinauf und entzieht das temporär Gewesene, das uns einen Teil der Realität vorführt. Diese zeigt wiederum ein Verfalls- und Halbwertszeit - dem Betrachter somit einen festen Stand, den haltbaren Untergrund. Und doch zeigen die Bilder Reales: Existierende moment, wie es aus Installationen bekannt ist. Der Widerspruch, dass das ‚Endprodukt‘ Fotografie uns einen fiktiven Orte und vermeintlich lebendige Gebrauchsräume. Doch das vertraute und erwartete Bild offenbart sich als manipuliertes Raum zeigt, der realitätsfern erscheint und, dass die Installation des Nebels im Raum selbst eine Wirklichkeit ist, hebt Realitätsbild, in welchem sich der Zuschauer in surrealen Orten wieder findet, die nicht mehr ihrer ursprünglichen Funk - die Verwirrung, die Patrick Raddatz’ Bilder verursachen, besonders hervor. Er ist somit kein genuiner Fotograf, er prä - tion entsprechen. Die Ansichten zeigen urbane Örtlichkeiten, die dem Betrachter auf den ersten Blick vertraut scheinen, sentiert seine Installationen nicht vor Publikum, sondern vermittelt uns eine dokumentarische Existenz, der wir in Form jedoch weicht die Vertrautheit nach kurzer Zeit einer Unsicherheit, die aus der Wahrnehmung des Nebels resultiert: Rasch von Fotografien vertrauen müssen. Raddatz arbeitet mit einer „realen Simulation der Realität“ 6 und während er sich auf erkennt man, dass das Sichtbare nicht jene ‚herkömmliche‘ Wirklichkeit ist. Das Motiv des Nebels tritt im Zusammenhang Rauminstallationen fokussiert, fungiert er als „doppelte[r] Künstler, [...] um beide Darstellungsformen gegeneinander der hiesigen Ausstellung natürlich besonders auf: Raddatz verwendet den Nebel als „primordial natürliches Phänomen“, auszuspielen“. 7 der „künstlich erzeugt in künstlichen Räumen [erscheint]“ 4 – ein Phänomen des Wetters in Räume exportiert; ein Phäno - men das den Deutschen Wetterdienst direkt betrifft. Das Naturereignis an sich, welches in menschlicher Erinnerung meist Patrick Raddatz’ fotografische Serie behandelt eine spannende Synthese aus der Thematisierung von Realitätswahr- negativ konnotiert ist 5, schafft jedoch eine beinahe unüberbrückbare Distanz, und allein das Ausbreiten auf dem Boden nehmung und irritierendem Wirklichkeitsverhältnissen in der Fotografie, indem er den Nebel als typologisch narratives sowie stilistisches Motiv einbettet. Seine intensive Auseinandersetzung mit dem kollektiven Bildgedächtnis und dessen 1 Evans, Walker. Zit. nach: Ausst.Kat. Gronert, Stefan (Hrsg.): Thomas Demand, Andreas Gursky, Edward Ruscha – Große Illusionen. Kunstmuseum Bonn, Funktion betont den Wert und die Wahrhaftigkeit von illusionistischer Wahrnehmung, welche die Fotografien bergen. 1999. S. 12. (Zit. Ausst.Kat. Gronert, Stefan: Große Illusionen. Bonn, 1999.) 2 Barthes, Roland: Die helle Kammer – Bemerkungen zur Photographie. Frankfurt am Main, 1989. S. 13. (Zit. Barthes, Roland: Die helle Kammer. Frankfurt am Main, 1989.) Rebecca Leudesdorff 3 Barthes bezieht sich hier auf das surrealistische Gemälde René Magrittes ‚La trahison des images’ (‚Der Verrat der Bilder’; auch bekannt als ‚Ceci n’est pas une pipe’), 1929, County Museum, Los Angeles. Vgl. hierzu: Foucault, Michel: Dies ist keine Pfeife. München, 1997. 4 Raddatz, Patrick: Email vom 22.11.2011. 5 Sei es die frühkindliche Angst vor nicht Sichtbarem, in Dunst Verhülltem oder die vorzeitliche Bedrohung, im Nebel vom Weg abzukommen, die sich 6 Ausst.Kat. Gronert, Stefan: Große Illusionen. Bonn, 1999. S. 22. heute eher metaphorisch in
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