Auf Der Falschen Fahrte
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NBA-TOPTHEMA WARUM DER KLASSISCHE POINT GUARD VOM AUSSTERBEN BEDROHT IST ANALYSE AUF DER FALSCHEN.. FAHRTE TEXT TIMO BÖCKENHÜSER Was haben Russell Westbrook, Derrick Rose, John Wall und Eric Bledsoe gemeinsam? Sie sind alle Top-Playmaker. Sie sind alle maximal 25 Jahre alt. Und sie verbindet alle ein Schicksal: Ihre Körper kapitulieren schon jetzt vor ihrer brachialen Athletik. Denn die neue Point-Guard- Generation spielt ein sehr riskantes Spiel! s ist nur ein kleines Rechteck. Gerade mal 5,80 Meter lang und 4,90 Meter breit und doch ein Bereich, der im Basketball immense Bedeutung hat. Denn jene meist bunt gefärbten 28,42 Quadratmeter markieren an beiden Enden des Courts die Zone. Von jeher ist „The Paint“, wie der Amerikaner sie nennt, das Reich der Großen, der Büffel unter den Basket- E ballern. Länge beschützt den Korb, daran ist nicht zu rütteln. Deshalb beherrschen Big Men die Zone, kleine Spieler haben vor allem im Set-Play dort wenig zu lachen. Die langen Leute lauern darauf, dass Guards es wagen, in ihr Reich einzudringen und zum Korb zu ziehen. Dann prallen Welten aufeinander. Bulldozer auf Smarts. Büffel auf Gazellen. Dwight Howards auf Eric Bledsoes. Ein starker Drive zum Ring heißt dorthin gehen, wo es wehtut. Trainer lieben diese aggressiven, tollkühnen Akte, denn sie bedeuten, dass ihre Backcourt-Player nicht nur auf Distanzwürfe setzen, die weniger Erfolgsaussichten haben als Layups. Und das hat zusammen mit den Regeländerungen wie Defensive-Three-Seconds und Handchecking, die für mehr Freiräume in der Zone und dadurch auch für mehr Penetrationen über die Mitte gesorgt haben, zu einem gefährlichen Umdenken im Basketball geführt. Denn die Evolution des Spiels, das seit Jahren kontinuierlich dynamischer wird, bringt mit sich, dass speziell kleine Spieler immer athletischer, explosiver und kräftiger werden. Junge Top-Point-Guards wie Derrick Rose, Russell Westbrook, John Wall oder Eric Bledsoe interpretieren die Aufbauposition so aggressiv wie noch kein Playmaker in der 68-jährigen Liga-Historie vor ihnen. Es gibt immer weniger Aufbauspieler der alten Schule. Ein alarmierender Trend: „überzüchtete“ Playmaker Eine wahrlich bedrohliche Entwicklung, denn die heutigen Regisseure agieren immer mehr im Reich der Big Men, immer mehr über Ring-Niveau und gefährden damit selbst ihr größtes Kapital, ihren eigenen Körper. Die Folge sind Knieverletzungen, wie die Beispiele Rose, Westbrook, Bledsoe oder auch Xavier Henry in jüngster Vergangenheit leider gezeigt haben. Denn im Gegensatz zu klassischen Point Guards alter Schule wie Jazz-Legende John Stockton, der in seiner 19-jährigen Karriere nur 22 von 1.526 Spielen verpasst und insgesamt 54.162 NBA-Minuten abgespult hat, erleiden viele der jungen, athletischen Aufbauspieler sehr früh in ihrer Laufbahn schwere Verletzungen. Während der Hall-of-Famer in seinen ersten 13 Saisons nur vier Partien verpasste, gehören schwere Blessuren bei der neuen Point-Guard-Generation vom ersten Profispiel an fast schon zum Alltag. Dwyane Wade hat seit seiner College-Zeit massive Knieprobleme, Rose, Westbrook und Bledsoe mussten alle bereits vor ihrem 25. Geburtstag mehrfach unters Messer. Bei allen waren die Knie mehr oder weniger 14 15 NBA-TOPTHEMA Derrick Rose konnte der immensen Belastung nicht gewachsen. „Bei älteren Spielern wie Steve Nash oder Kobe Dadurch, dass die heutigen Talente im Schnitt weniger lang am College bleiben als Cleveres Spiel: Chris Paul zieht aufgrund zweier Knie- Bryant spielt der Verschleiß natürlich eine Rolle. Dass sich inzwischen viele jüngere Akteure noch zu Zeiten von Michael Jordan oder John Stockton, ist heute der Sprung in die NBA zwar oft in die Zone, versucht aber, OPs seit April 2012 nur oft ohne Fremdeinwirkung am Knie verletzen, kann aber ein Indiz dafür sein, dass der Körper vor allem physisch eine viel größere Herausforderung. Während sich die Körper der Ta- harten Kontakt zu vermeiden. 10 Spiele absolvieren. mit den enormen Kräften überfordert ist“, bestätigt Dr. Oliver Pütz, Teamarzt der deutschen lente früher in der Regel vier Jahre lang an das weitaus physischere und schnellere Spiel Basketball-Nationalmannschaft. Der Experte sieht vor allem im Kraftbereich ein Problem. in der NCAA gewöhnen konnten, erwartet viele Toptalente heute nach nur einer College- „Früher waren Guards in der Regel nicht so muskulös, heute sind viele speziell Saison (je nach Abschneiden in den Tournaments mit 32 bis 42 Begegnungen) der im Oberkörperbereich massiv trainiert. Doch all die Muskeln wollen auch nächste Schritt. Und zwar der auf das höchste Level physischer Belastung. Ihr mit Sauerstoff versorgt werden, das geschieht nicht selten zu Lasten der Körper hat für die Umstellung vom U18-Highschool-Basketball mit nur 25 bis Beine“, führt Pütz aus. „Es wird zwar auch die untere Extremität trainiert, 34 Saisonspielen auf NBA-Niveau mit brutalen 82 Regular-Season-Games aber meist nur die sekundären Stabilisatoren, sprich die kniegelenk- über 48 Minuten gerade mal 16 Monate Zeit. nahe Muskulatur. Die Bänder an sich – über propriozeptive Übungen – leider nicht, obwohl es dafür hervorragende Programme gibt.“ Das Erfolgsrezept: Verteidigung lesen wie Paul und Co. Legen Scouts die kräftige Statur eines Nate Robinson, Ty Lawson Der Schlüssel zum Erfolg der neuen Highlight-Generation sind Oldschool- oder Derrick Rose bei Guards als Stärke aus, da man dadurch trotz Kontakt Guards wie Chris Paul, Steve Nash, Chauncey Billups, Andre Miller oder auch kontrolliert abschließen kann, ist sie in manchen Fällen also auch ein echtes Problem, Deron Williams, der zwar auch schon auf eine schier unendliche Verletzungshisto- wie Dr. Pütz bestätigt: „Was diese Jungs sehr verletzungsanfällig macht, ist – neben den vie- rie zurückblickt, dennoch ein komplett anderer Spielertyp ist. Die aufgeführten Jungs len Stop-and-Go-Bewegungen –, dass häufig aus der explosiven Penetration der Pass auf sind ebenfalls allesamt gute Athleten, vor allem zeichnet sie aber Cleverness und jede die Außen gegeben wird. Bei der Landung erfolgt oft eine gegenläufige Rotationsbewegung Menge Spielintelligenz aus. Und sie haben sich mit ihrem Körper auseinandergesetzt und des Oberkörpers und der unteren Extremitäten, die zu einer enormen Last auf die Beine früh erkannt, dass sie in der NBA ihr Spiel umstellen müssen. Dass sie nicht mehr in je- führt. Dadurch, so wird diskutiert, kann es zu Mikroverletzungen der Bänder kommen. Ir- dem Angriff mit Vollgas agieren müssen. Dass sie nicht in jeder zweiten Offense-Sequenz gendwann läuft das Fass über, und es kommt zum definitiven Riss, für den es keines großen ohne Rücksicht auf Verluste ihre Schnelligkeit und Physis ausspielen und furchtlos in Traumas mehr bedarf!“ Ihre Masse und Power wird also nicht nur für die Gegner, sondern die Zone penetrieren müssen. Dass Highlights zwar schön und gut, aber nicht zwingend auch für sie selbst zum Problem. Zum Problem für den eigenen Körper. für den Erfolg des Teams nötig sind. Und dass es deutlich schonendere Abschlüsse in der Zone gibt als Dunks über und Layups gegen Big Men. Vor allem bei letzterem Aspekt Explosivität ist heute oft wichtiger als ein guter Wurf können sich Rose, Westbrook, Wall und Co. eine dicke Scheibe von Chris Paul oder Tony „Die Athletik regiert inzwischen die NBA, denn überragende Explosivität kann in ge- Parker abschneiden. Die beiden zeigen Abend für Abend, welch effektive Waffen Floater, wissem Maße einen schwachen Wurf oder miese Defense ausgleichen“, sagt ein Scout, Runner oder Midrange-Jumper bei kontrolliertem Abschluss sind. der anonym bleiben möchte. „Immer mehr Coaches sagen: ‚Okay, meine Guards können Selbst einige gleichaltrige Youngster machen den Highflyern unter den Top-Guards nicht verteidigen, dann spielen wir halt spektakulären Uptempo-Basketball!‘ Deshalb schon vor, wie man auf körperschonendere Art und Weise in der Aufbau-Elite mitmischen schafft es ohne ein gewisses Maß an Explosivität kein Spieler mehr in die Liga. Ein kann. Kyrie Irving, Damian Lillard oder Trey Burke sind – wenn auch nicht in dem Maße wackliger Wurf oder nicht besonders ausgeprägte Passqualitäten werden oft als nicht wie Rose, Westbrook, Wall und Bledsoe – gute, dynamische Athleten und glänzen von mehr so wichtig angesehen, da man an ihnen im Profibereich noch gut arbeiten kann. Zeit zu Zeit mit Highlight-Plays, doch sie schwingen deutlich dosierter die Athletik-Keule. Das gilt besonders für Point Guards, die extrem von ihrer Schnelligkeit leben.“ Ihr simples Rezept: Mit einem schnellen ersten Schritt ihre Explosivität nutzen, um den Gestützt wird diese Einschätzung durch die Datenerhebung bei der Draft-Combine. Gegner mit einem Crossover oder dem normalen Dribbling im One-on-one zu schlagen. Dort werden von allen Talenten sechs verschiedene Körper- (Größe, Gewicht, Spann- Dann die Ruhe und Kontrolle behalten und im Bruchteil einer Sekunde erkennen, wel- weite, Handgröße, Körperfett, Reichweite) und fünf Athletik-Werte (zwei zur Sprungkraft, che Optionen die Verteidigung ihnen bietet. Denn wer seinen Defender „off the dribble“ zwei zur Schnellig- und Beweglichkeit, dazu Bankdrücken) gemessen. Die Dynamik schlägt, dem bietet sich eine Fülle an Möglichkeiten. Ist die Lücke da und die Helpside eines Spielers ist also inzwischen den Clubs schon fast so wichtig wie seine Maße … der Big Men zu spät, kann man den Platz zum Korbleger nutzen. Lauern die langen Leute des Gegners genau darauf, sind Floater oder abrupte Jumper höchst effektive – wenn „ Die Jungs pushen ihren Body ans Maximum!" auch technisch extrem anspruchsvolle