17. Jahrgang, Nr. 204 Januar 2015 ot uchs RTribüne für KommunistenF und Sozialisten in Deutschland Unwiderruflicher Bruch mit dem Marxismus als System?

m 10. November berichtete die linksbür- äußernden Mitstreiter in seiner Partei das A gerliche Tageszeitung „neues deutsch- Gegenteil dessen geschrieben hatte, was er land“ unter der Schlagzeile „Bekenntnis zu am 8. November bekundete: „Sicherlich hast Demokratie und Rechtsstaat“ von der bedin- Du mitbekommen, daß ich mich gegen den gungslosen Kapitulation Gregor Gysis vor Begriff Unrechtsstaat gewandt habe.“ Inhalt dem Ansturm professioneller Verleumder der Wie glaubwürdig sind Leute, die – unter DDR. Anläßlich des 25. Jahrestages des „Mau- welchem Druck oder auf wessen Wink auch Seite erfalls“ ließ der PDL-Fraktionsvorsitzende, immer – innerhalb einer halben Woche die Jürgen Kuczynski: dessen unbestrittene Eloquenz bisweilen mit Fronten in einer Kernfrage wechseln? Vorfreude auf einen neuen Sozialismus 2 Karl und Rosa: Trotz alledem! 3

Verdammt noch mal! Der So- Liebknechts welthistorisches Nein 4 Der Sozialis- zialimus, der uns Kapitalisten Empörung an der Basis der Linkspartei 5 Der sogenannte reale Sozia- daran hindert, auf Kosten der mus ist tot! lismus? … oder der wissen- Arbeiter unser Vermögen zu Absage an das Erfurter Programm 6 schaftliche Sozialismus … vermehren! Der Sozialismus, Transformationstheorie: vielleicht der demokratische der die Ausbeutung bekämpft! Sozialismus, … der administrativ- Der hat endlich tot zu sein! Eine Sackgasse als Ausweg? 7 bürokratische Sozialismus? oder Verstanden?! der mit menschlichem Antlitz? … Wortmeldung eines SPD-Genossen 8 der utopische Sozialismus? Der Zwei Bahnstreiks in Deutschland 9 kleinbürgerliche Sozialismus?! Für freimütige Debatten über Zukunftsmodelle 10 Ein junger Philosoph zur nationalen Frage 10 „O Heiland, reiß die Himmel auf!“ 11 Äh … bitteschön, welcher? Ranghöchster DDR-Richter zur Lüge vom „Unrechtsstaat“ 12 Verstanden! Über Leben und Tod zweier Widerstandshelden 13 Herbert Klinger: Ein Friedensreport 14 Die BRD bekennt sich zur Hymne des Krieges 14 Aus: „Gießener Echo“ Der „Rechtsstaat“ und sein Ex-Präsident 15 Substanz verwechselt wird, die Hüllen fal- Gysis Erklärung ist ein Faustschlag ins Ge- Ein Ettersburger „Initiativbau“ 15 len. Die DDR sei als ein Staat zu betrachten, sicht jener der Sache des Sozialismus treu Agrarsektor: Im Osten was Neues 16 „dem die grundlegende demokratische Legi- gebliebenen alten und jüngeren Genossen aus ■ Erinnern an Portugals „roten General“ RF-Extra I timation fehlte und in dem politische Willkür der Partei Die Linke, welche – unter der Last ■ Wie lebten ausländische jederzeit Recht und Gesetzlichkeit ersetzen des eigenen rechten Flügels und eines von Vertragsarbeiter in der DDR? RF-Extra III konnte“, erklärte er. Die Hauptverantwor- diesem weitgehend beherrschten Apparats – Zum Charakter der Umwälzungen in Osteuropa 17 tung für „Fehler und Verbrechen der DDR“ ihre Prinzipien nicht von Sieg oder Niederlage USA: Das Fiasko der Mid-Terms 18 lastete er der 1946 von Wilhelm Pieck und abhängig gemacht haben. Unser Respekt gilt Brasilien: Zweite Amtszeit für Dilma 19 Otto Grotewohl gegründeten SED an. Gre- allen, die im Gedenken an die historischen Kolumbien: 9500 politische Gefangene 19 gor Gysi, der während seines Studiums mit Errungenschaften der DDR den Gedanken des Papst Franziskus: Diese Wirtschaft tötet 20 Grundlagen der marxistisch-leninistischen kompromißlosen Kampfes gegen das kapita- Australiens Eingliederung in die US-Strategie 21 Wissenschaft vertraut gemacht worden war, listische System der BRD nicht aufzugeben Burkina Faso nach dem Sturz Blaise Compaorés 22 dankte in einer Erklärung, die er auch von bereit sind. Damaskus: Der Westen schweigt den in dieser Materie wohl weniger bewan- Der ideologische Kehraus des PDL-Frakti- zu IS-Massakern am syrischen Volk 23 derten Parteivorsitzenden mit unterzeich- onsvorsitzenden in Sachen DDR ist – was Türkei: Treffsicherer Strich linker Karikaturisten 23 nen ließ, ausdrücklich „jenen, die damals das Maß der Aufgabe von Prinzipien betrifft die Mauer von Ost nach West zum Einsturz – wohl am ehesten mit der bedingungslosen Großbritanien: Zum Aufstieg der Rechtsaußenpartei UKIP 24 brachten“. Hier kann man nur mit Tucholsky Kapitulation der SPD-Reichstagsfraktion im sagen, daß es wohl nichts Schlimmeres gibt, August 1914 zu vergleichen. Belgien: PTB hat gut lachen 24 als von dem Kakao auch noch zu trinken, Die Entscheidung von Teilen der PDL-Spitze, 25 Jahre Freundeskreis der Sport-Senioren 25 durch den man gezogen wird. zur pauschalen Leugnung der Rolle der DDR Über Landpartien gestern und heute 25 Die „Flexibilität“ des vermutlichen Urhe- in der deutschen Geschichte überzugehen, Compañera Christa: Bei Astrid Lindgren 26 bers dieser Kampfansage an den angebli- erinnert mich an die Anfänge des großen Neue Ehrenmitglieder der Arbeiterfotografie 27 chen Unrechtsstaat DDR wird besonders Ausverkaufs. Im Dezember 1989 beauftragte Gisela Steineckert: Hand aufs Herz 28 transparent, wenn weiß, daß Gregor Gysi Leserbriefe 29 noch am 5. November an einen Bedenken Fortsetzung auf Seite 2 Grafik des Monats 32 Seite 2 RotFuchs / Januar 2015

mich die Redaktionsleitung des damals sozia- Stalinismus als System“. Noch nahm man zu vertreiben. Inzwischen hat sich der Nebel listischen ND, bei dem ich bereits seit 1967 Marx und Engels nicht ins Visier, doch Lenins um die Formel „Unwiderruflicher Bruch mit tätig gewesen war, mit der teilweisen Bericht- Name fehlte bereits in der Reihe der Vorden- dem Stalinismus als System“ gelichtet. Jetzt erstattung über den Sonderparteitag in der ker des Sozialismus. Bald wurde bekannt, weiß man besser, welcher Bruch wohl schon Berliner Dynamohalle. Aus ihm ging zunächst daß auch bei den Wegbereitern der Partei im Dezember 1989 perspektivisch ange- die SED-PDS und bald darauf die PDS hervor. ein Austausch stattgefunden hatte: Gregor dacht war. Damals äußerten Parteitagsdele- Die Atmosphäre, die mich bei dieser Veran- Gysi reihte, mit einem großen Besen fortan gierte mir gegenüber die Vermutung, daß die staltung umgab, war spannungsgeladen, die „Überflüssiges“ symbolisch hinwegfegend, auf DDR-Verhältnisse – zumindest seit 1953 Reden unterschieden sich inhaltlich von frü- eine besonders anrüchige Ikone des Revi- – keineswegs zutreffende Vokabel „Stalinis- her gehaltenen, und zwar sowohl in positi- sionismus wie selbstverständlich unter die mus“ eigentlich einen anderen Ismus gemeint ver als auch in negativer Hinsicht. Während Väter der im Umbruch befindlichen Partei ein: haben könnte. „Protokoll und Etikette“, die bei vorangegan- Eduard Bernstein. Dessen berühmt-berüch- Gregor Gysis jüngste Kampfansage an das Ver- genen Anlässen dieser Art selbständiges Den- tigte Maxime „Das Ziel ist mir gar nichts, die mächtnis des deutschen Friedensstaates DDR, ken arg behindert hatten, jetzt weggefallen Bewegung alles“ sollte schon bald einen spe- dessen Wirken durch die Lehren von Marx, waren, fehlte es an klaren politisch-ideologi- zifischen Stellenwert in der PDL erlangen. Engels und Lenin inspiriert wurde, bezweckt schen Konturen im Sinne einer sozialistischen An diesen 25 Jahre zurückliegenden sym- inhaltlich eine definitive Absage an den Mar- Partei. Das große Ausschütten des Kindes mit bolischen Kehraus wurde ich erinnert, als xismus als theoretisches Denkgebäude und dem Bade war angesagt, sieht man von Reden Gregor Gysi – dem magischen Ziel einer Anleitung zum praktischen Handeln all jener wie denen Hans Modrows ab. Regierungsbeteiligung nach Thüringer Kräfte in der Welt, die tatsächlich sozialisti- Während junge Trotzkisten an den Eingän- Vorbild und um jeden Preis zustrebend – sche Ziele verfolgen. gen zur Halle ihre Zeitschrift „Spartakus“ mit im Bundestag die weiße Fahne hißte. Dabei Mag dieser neue Kehraus auch den Boden für der besonders zeitgemäßen Schlagzeile „Für handelte es sich um ideologischen Ausver- die Aufnahme in eine künftige Koalitions- ein rotes Sowjetdeutschland in einem roten kauf, der offensichtlich darauf abzielt, an regierung mit der SPD und den Grünen auf Sowjeteuropa“ verteilten, wurde von der Tri- der sozialistischen Sache festhaltende und Bundesebene bereiten – er wird bei allen am büne weniger Rotes verkündet. Die nebulöse daher in ihren DDR-Biographien weiterhin Marxismus Festhaltenden auf entschiedene Parole hieß: „Endgültiger Bruch mit dem verwurzelte Genossen endlich aus der Partei Gegenwehr stoßen. Klaus Steiniger

Vorfreude auf einen neuen Sozialismus

Am 31. August 1990 schrieb Prof. Jürgen 16. Jahrhunderts statt, dann siegte wieder Sozialismus macht da keine Ausnahme. Die Kuczynski an eine Gruppe junger Sozialisten die feudale Konterrevolution drei Jahrhun- Weltgeschichte geht heute viel schneller vor- die folgenden Zeilen: derte lang, bis die zweite bürgerliehe Revo- wärts als vor einem halben Jahrtausend. Ihr lution 1848 erfolgte. In England begann eine werdet die neue Wende zum Sozialismus, lle historische Erfahrung zeigt, daß die starke Entwicklung des Kapitalismus in einem sauberen, einfachen, klaren, nicht AGeburt einer neuen Gesellschaftsordnung der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Im deformierten Sozialismus noch erleben, und ein schwerer und komplizierter Prozeß ist. 17. Jahrhundert erstarkten wieder die feuda- ich versichere Euch – ich mit meinen 86 Jah- Denken wir nur daran, wie schwer und kom- len Kräfte – doch dort kam es, noch bevor sich ren – lasse mir wenigstens die Vorfreude auf pliziert die Geburt des Kapitalismus war. Er diese wieder durchsetzen konnten, zur groß- ihn nicht nehmen. wurde zuerst kurz vor 1400 in Norditalien artigen bürgerlichen Revolution von 1640. Die Mit vielen guten Wünschen geboren, ging aber nach einem halben Jahr- Ideale des Bürgertums erwiesen sich als so Euer hundert wieder unter, der Feudalismus kam lebenskräftig, daß sie eine Überwältigung Jürgen Kuczynski wieder für fast vier Jahrhunderte zur Herr- durch den Feudalismus verhinderten. Aus: Asche für Phönix. Aufstieg, Untergang und schaft. In Deutschland fand die erste bür- Wir sehen, wie kompliziert die Geburt Wiederkehr neuer Gesellschaftsordnungen. gerliche Revolution im ersten Viertel des einer neuen Gesellschaft ist. Auch die des PapyRossa-Verlag, Köln 1992

Neu im GNN-Verlag: „DDR – Meilenstein der Geschichte“, herausgegeben von Horst Jäkel im Auftrag der Unabhängigen Autorengemeinschaft „So habe ich das erlebt“. Im nunmehr zehnten Band der Reihe „Spuren der Wahrheit“ griffen 70 Zeitzeugen zur Feder. Das Buch enthält eine Liste aller Autoren der zehn Bände. GNN-Verlag, Badeweg 1, 04435 Schkeuditz, [email protected], Tel. 034204/65711, 452 Seiten, ISBN 978-3-89819-410-5, 20 Euro

Die 36-seitige Broschüre „Ein anderes Deutschland war möglich“ wurde von der SDAJ herausgegeben und ist dort zu beziehen. SDAJ, Hoffnungstraße 18, 45127 Essen, Tel. 0201/2306-33 RotFuchs / Januar 2015 Seite 3

Karl und Rosa – zwei unvergessene Helden des deutschen Proletariats Trotz alledem!

Den nachfolgend abgedruckten Text „Von ihnen Machtorgane des Proletariats konstituiert, Abrechnung“ mit den Spartakusleuten und lernen – in ihrem Sinne handeln“ veröffent- welche die Revolution und deren Ergeb- ihren Führern auf. Es war in dieser Situa- lichte der heutige Nestor unter unseren Auto- nisse festigen konnten. Aber Inkonsequenz, tion ein kaum verklausulierter Aufruf zum ren Helmuth Hellge am 16./17. Januar 1971 in gespeist aus Unerfahrenheit und Unsicher- Mord an Karl Liebknecht und Rosa Luxem- der von der Sozialistischen Einheitspartei West- heit, ließen gewonnenen Boden verloren- burg. Eine konterrevolutionäre Soldateska berlins (SEW) herausgegebenen Zeitung „Die gehen. Diese Situation nutzten politische erschlug, erstach, erschoß am 15. Januar Wahrheit“. Der Verfasser bediente sich dabei Scharlatane, um die Führung an sich zu rei- 1919, was an Karl und Rosa sterblich war. des Pseudonyms Steffen Kastner. Der Beitrag ßen. Rechte Sozialdemokraten waren es, die Dem deutschen und dem internationalen erschien aus Anlaß des damals um 100 Jahre den Schwung der Massen bremsten und sich Proletariat wurde mit dem Mord an den bei- zurückliegenden Geburtsdatums der beiden zu Verbündeten des schon geschlagenen den hervorragenden Revolutionären, den gemeuchelten Arbeiterführer.

„Die Massen sind das Entscheidende, sie sind der Fels, auf dem der Endsieg der Revolution errichtet wird.“ Rosa Luxemburg in „Die Rote Fahne“ vom 14. Januar 1919

„… unser Schiff zieht seinen geraden Kurs fest und stolz dahin bis zum Ziel. Und ob wir dann noch leben werden, wenn es erreicht wird – leben wird unser Programm; es wird die Welt der erlösten Menschheit beherr- schen. Trotz alledem!“ Karl Liebknecht in „Die Rote Fahne“ vom 15. Januar 1919

iese Worte aus den letzten Veröffent- D lichungen der beiden Arbeiterführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht spre- chen vom unerschütterlichen, grenzenlosen Vertrauen in die Kraft des schaffenden Vol- kes und von der unbeirrbaren Gewißheit des Sieges der revolutionären Sache. Sie wurden wenige Stunden vor dem grauenhaften Meu- chelmord an diesen beiden unvergeßlichen Grafikreproduktion aus der Zeitung „Die Wahrheit“ revolutionären Führern der deutschen Arbei- terklasse geschrieben, deren Geburtsjahr sich Packs der Militaristen und Monopole mach- Mitbegründern der Gruppe Spartakus und 1971 zum 100. Mal jährt. ten. Wie das Bürgertum 1848 aus Angst vor der KPD, schweres Leid zugefügt. Aber die Wladimir lljitsch Lenin schrieb damals: „Man dem Proletariat schnell ein Bündnis mit den geschichtliche Entwicklung ließ sich nicht findet keine Worte für die ganze Abscheu- preußischen Junkern eingegangen war, so aufhalten. Das Vermächtnis von Karl Lieb- lichkeit und Niedertracht dieser Henkerta- verbündeten sich diese „Sozialdemokraten“ knecht und Rosa Luxemburg wurde in einem ten der Pseudosozialisten …“ Nicht zu Unrecht, mit den Hindenburg, Ludendorff, Groener und Teil Deutschlands, in der DDR, erfüllt. denn die rechten sozialdemokratischen Füh- Konsorten. Doch in unserer Stadt wie in der Bundesre- rer – Ebert, Noske und Scheidemann – hat- Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg publik stehen alle fortschrittlichen Kräfte, ten sich mit der Reaktion verbunden, um kämpften zeit ihres politischen Wirkens ob Kommunisten, sozialdemokratische Mit- die revolutionären Kräfte in der deutschen gegen die Aggressionsvorbereitungen des glieder oder Parteilose, noch vor der histo- Arbeiterbewegung zu vernichten. So hatte Kaiserreiches und gegen den imperialisti- rischen Aufgabe, das revolutionäre Erbe der Reichswehrminister Noske erklärt: „Einer schen Krieg. Ihr Leben gehörte dem Kampf beiden unvergessenen proletarischen Füh- muß der Bluthund werden, ich scheue die der Befreiung der Arbeiterklasse von Aus- rer zu Ende zu führen. Das Unterpfand für Verantwortung nicht!“ beutung und imperialistischer Unterdrüc- die siegreiche Bewältigung dieser Aufgabe Der kaiserliche deutsche Imperialismus hatte kung mit dem Ziel der Errichtung einer kann nur die Aktionseinheit der revolutio- seinen Weltkrieg verloren. Wilhelm II. und sozialistischen Republik. Sie machten auch nären Kräfte sein. Die SEW hat nicht zuletzt ein Teil seiner Vasallen waren geflohen. Das Front gegen jene Kräfte in der deutschen auch aus dem opferreichen Kampf von Karl Volk, vier Jahre hindurch in Not, Elend und Arbeiterbewegung, die außerstande waren, Liebknecht und Rosa Luxemburg die Leh- Schrecken lebend, war eben im Begriff, seine den Verfall des kapitalistischen Systems als ren gezogen, wenn sie in ihrem Aktionspro- Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. In einen gesetzmäßigen Prozeß zu verstehen, gramm feststellt: den Arbeiter- und Soldatenräten hatten sich den es im Interesse aller Werktätigen zu „Je mehr sich die Aktionseinheit der Arbei- unterstützen galt, und sie entlarvten mit terklasse entwickelt, desto mehr wird sie allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die zur entscheidenden Kraft revolutionärer Am 29. Januar um 19 Uhr spricht der schändliche Rolle der rechtssozialdemokra- gesellschaftlicher Prozesse, um so mehr Journalist und Buchautor Matthias tischen Führer. Verbündete wird sie um sich scharen, um Krauß auf einer Veranstaltung der In dem gegen Karl Liebknecht und Rosa ihren aktuellen sozialen und politischen RF-Regionalgruppe Potsdam im Luxemburg geführten Verfolgungs- und Forderungen Geltung zu verschaffen, um Jugendzentrum „Freiland“, Friedrich- Terrorfeldzug leisteten die Ebert, Schei- schließlich das spätkapitalistische System Engels-Straße 22, über das Thema demann und Noske willige Hilfsdienste. In zu überwinden.“ einem Pamphlet vom 8. Januar 1919 rief In diesem Sinne handeln, heißt das Ver- McCarthy in Potsdam? deren Reichsregierung zur „gründlichen mächtnis von Karl und Rosa zu erfüllen. Seite 4 RotFuchs / Januar 2015

Henri Barbusse: „Einer hat sein Antlitz über den Krieg erhoben.“ Das welthistorische Nein

m 2. Dezember 1914 stimmte Karl Liebknecht und anderen, Protestversamm- Zustimmung zu den Kriegskrediten 1914 ALiebknecht als einziger Abgeordne- lungen einzuberufen, blieben ergebnislos. muß sich die deutsche Sozialdemokratie ter im Reichstag gegen die Bewilligung Auf einer sozialdemokratischen Veranstal- schämen, auch wenn der Parteivorsitzende weiterer Kriegskredite. Während die Ver- tung, die am 21. September 1914 in Stuttgart Gabriel das in Abrede stellt. Vielleicht wäre treter aller Fraktionen sich von ihren Plät- stattfand, wurde Kritik an Liebknechts Hal- die Weltgeschichte anders verlaufen, wenn zen erhoben und damit ihre Zustimmung tung im August geübt, weil er sich dem Frak- die SPD als stärkste Fraktion im Reichstag bekundeten, blieb Liebknecht sitzen. Der tionszwang gebeugt habe. Karl Liebknecht dem Beginn des Völkermordens nicht zuge- Reichstagspräsident mußte feststellen, daß bekannte in seinen Schlußbemerkungen, daß stimmt hätte. die Kredite gegen die Stimme des Abgeord- ihn die Kritik im Innersten erschüttert und Es gibt eine Reihe weiterer Beispiele für neten Karl Liebknecht angenommen wor- verhängnisvolles Handeln von Sozialdemo- den waren. Seine Begründung durfte dieser kraten. 1998 lautete die SPD-Forderung zu nicht mündlich vortragen. Daher gab er sie den Bundestagswahlen „Kohl muß weg!“. zu Protokoll. „Dieser Krieg“, schrieb er, „den Es sollte einen inhaltlichen Politikwechsel keines der beteiligten Völker selbst gewollt geben. Kohl verschwand, doch alles blieb hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen beim alten. oder eines anderen Volkes entbrannt. Es han- Als die Sozialdemokraten 1914 den Kriegs- delt sich um einen imperialistischen Krieg, krediten zustimmten, waren sie noch in der einen Krieg um die kapitalistische Beherr- Opposition. 1999, als sie mit den Grünen die schung des Weltmarkts, um die politische Regierung stellten, sprachen sie sich für die Beherrschung wichtiger Siedlungsgebiete für erstmalige Beteiligung der BRD an einer das Industrie- und Bankkapital.“ Die Erklä- völkerrechtswidrigen Aggression aus: dem rung durfte nicht in das stenographische Überfall auf Jugoslawien. Protokoll der Sitzung aufgenommen werden. Die Partei Die Linke ist derzeit die einzige Anläßlich des 100. Jahrestages des Beginns Antikriegspartei im Bundestag. Doch es des Ersten Weltkrieges fand der Kampf gibt immer wieder Versuche einzelner ihrer gegen ihn nur geringe Erwähnung. Auch von Abgeordneten, von dieser Linie abzuweichen. seiner systematischen Vorbereitung durch So stimmte die Bundestagsfraktion im April die imperialistischen Mächte, vor allem 2014 erstmals nicht mehr geschlossen gegen Deutschland, war oftmals keine Rede. Die militärische Auslandsoperationen, als es um Welt sei in die „Urkatastrophe“ hineinge- die Entsendung einer BRD-Fregatte ins Mit- schlittert, wurde behauptet. telmeer ging, die ein US-Kriegsschiff abschir- Liebknechts Worte sind 100 Jahre spä- men sollte, auf dem chemische Kampfstoffe ter immer noch aktuell. Seit dem Ende des aus Syrien vernichtet wurden. Vier Abgeord- Ersten Weltkrieges hat es auf der Erde kei- zugleich erfreut habe. Die Genossen wären nete sprachen sich dafür aus. Trotz der vom nen Tag Frieden gegeben. Von Kriegen ist im Recht, wenn sie ihm den Vorwurf mach- Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi empfoh- gegenwärtig die ganze Welt erfaßt, denn ten, sein Nein nicht in den Sitzungssaal hin- lenen Stimmenenthaltung entschieden sich auch australische Truppen beteiligen sich ausgeschrien zu haben. Das sei ein schwerer die meisten Abgeordneten in voller Überein- an militärischen Aktionen. Der Unterschied Fehler gewesen. Er versprach, in Zukunft stimmung mit dem Erfurter Programm der zum Ersten und Zweiten Weltkrieg besteht einen kompromißlosen Kampf gegen den Partei für ein klares Nein. Dr. Kurt Laser im wesentlichen darin, daß die überfallenen Krieg zu führen. Staaten in der Regel nicht in gleicher Weise Kurze Zeit später stellte er fest: „Im Dezem- zurückschlagen können, so daß die Bevöl- ber ging ich dann, die programmzerstöreri- Am 9. November ist die verdienstvolle kerung der Aggressormächte in relativem sche Parteidisziplin zum Teufel jagend, zur Frieden lebt. öffentlichen Ablehnung der Kriegskredite Arbeiterveteranin „Einer hat dennoch sein Antlitz über den im Plenum des Reichstags über.“ Antonie (Toni) Satzger Krieg erhoben, und es wird einst leuchten Zur Ehrenrettung der internationalen Ar- in der Schönheit und der Bedeutung seines beiterbewegung muß darauf hingewie- aus Zwickau im hohen Alter von 103 Mutes“, schrieb der französische Schriftstel- sen werden, daß die Bolschewiki in Ruß- Jahren verstorben. Wir trauern mit ler Henri Barbusse 1916 in seinem Roman land, die Partei der Engherzigen in Bulga- ihren Genossen der Linkspartei um eine „Das Feuer“ über Karl Liebknecht. Der Publi- rien, die niederländischen Tribunisten, die bis zuletzt am politischen Leben Anteil zist Sebastian Haffner nannte ihn den mutig- Serbische Sozialdemokratische Partei und nehmende großartige Sozialistin, die sten Mann Deutschlands. anfangs auch die Italienische Sozialistische auch dem RF eng verbunden war. Bereits in der Sitzung der sozialdemokra- Partei einen konsequenten Antikriegskampf tischen Reichstagsfraktion am 3. August geführt haben. 1914 hatte Karl Liebknecht für die Ableh- In Deutschland folgten bald einzelne Sozi- nung der ersten Kriegskreditvorlage aldemokraten Karl Liebknechts Beispiel. Wir trauern um unseren langjährigen gekämpft, brachte aber nur eine Min- Am 26. März 1915 lehnte der SPD-Abge- treuen Leser und Autor, Oberstleutnant a. D. derheit von 14 Stimmen auf seine Seite. ordnete Otto Rühle gemeinsam mit ihm 78 Sozialdemokraten stimmten dafür. Lieb- die dritte Kriegskreditvorlage ab. Am Günter Bartsch knecht glaubte zunächst noch an eine vor- 21. Dezember 1915 folgten 18 sozial- der am 11. Dezember nach schwerer übergehende Verwirrung in der Fraktion, demokratische Mandatsträger diesem Bei- Krankheit gestorben ist. Als Stabsoffizier die angesichts des eindeutigen Charakters spiel. Gerade heute hat die Erinnerung an der NVA, dann als Berliner Bezirkssekre- des Krieges bald der besseren Einsicht wei- Karl Liebknechts Kampf gegen Militaris- chen und zu einer kriegsgegnerischen Hal- mus und Krieg besondere Bedeutung. Es tär der Gesellschaft für Deutsch-Sowje- tung führen müsse. Deswegen und weil er verwundert nicht, daß der Antrag der Par- tische Freundschaft hat er wichtiges die Einheit der Partei als kostbares Gut tei Die Linke, Liebknechts mutige Tat durch geleistet. Wir drücken seinen Angehöri- schätzte, stimmte er am 4. August 1914 noch eine Gedenktafel am Reichstagsgebäude gen unser aufrichtiges Mitgefühl aus. nicht gegen die Kriegskredite. Versuche von zu würdigen, abgelehnt wurde. Für ihre RotFuchs / Januar 2015 Seite 5

Ein Geithainer Genosse der Linkspartei zur Erklärung vom 8. November Empörung an der Basis

ber große Teile der Erklärung vom Volk“ nicht unwesentlich durch die Manipu- Rosinenpickerei“ verharmlost unserer Mei- Ü8. November 2014 „Brücken bauen – Zeit lation aus dem Westen, auch durch das Wir- nung nach die Umdeutung der Geschichte für eine neue Erinnerungspolitik“ bin ich ken westdeutscher Geheimdienste in der durch die „Sieger“ in ihrem Sinne. empört. DDR, zum Ruf „Wir sind ein Volk“. „Friedlich“ war der Umsturz in der DDR in Mitglied der Partei Die Linke, trage ich mich Mit Sabotageakten gegen die Volkswirt- erster Linie deshalb, weil der Staat seine mit dem Gedanken, sie wegen dieser Erklä- schaft der DDR vom Beginn ihrer Existenz Machtinstrumente nicht mit letzter Konse- rung zu verlassen. Ist das gewollt? Wird an bis zu ihrem Untergang und dem Mord quenz, d. h. mit der Gewalt seiner bewaff- damit die Absicht verfolgt, Kommunisten an zahlreichen Menschen, die unser Land neten Kräfte, eingesetzt hat – letztlich auch und Linkssozialisten loszuwerden? vor solchen Anschlägen zu schützen hatten, durch das besonnene Handeln der Angehö- Zwischen wem sollen „Brücken“ gebaut wer- wurden mit Duldung staatlicher Stellen rigen der Grenztruppen, der Zollverwaltung den? Sicher nicht zwischen uns Ost-Linken der BRD oder organisiert von ihnen Ver- und des Ministeriums für Staatssicherheit und jenen West-Linken, wel- der DDR. Allein schon daran che die DDR als Alternative wird das humanistische Wesen zum westdeutschen Kapi- des sozialistischen Staates talismus betrachteten. Und DDR sichtbar. Ich erinnere in auch gewiß nicht zwischen diesem Zusammenhang an die der Führung und zahlreichen Niederschlagung progressiver Mitgliedern unserer Partei, Entwicklungen, die durch das denen der Marxismus-Leni- Militär des Kapitals in Indone- nismus für eine konsequent sien und Chile erfolgte. linke Partei und ihr Handeln Wir waren auch deshalb das in Deutschland nach wie vor bessere Deutschland, weil in unverzichtbar ist. In beiden der DDR die Grundlage für Fällen wäre die Erklärung die Ausbeutung des Men- kontraproduktiv. Wenn aber schen beseitigt wurde und Brücken gebaut werden sol- dieses kleine Land einen gro- len zwischen der Bourgeoisie ßen Beitrag dazu leistete, in Deutschlands und der Partei Europa den Frieden zu erhal- Die Linke, dann wären wir end- ten. Die DDR setzte sich in gültig auf dem Weg, uns über- Wort und Tat gegen Kriege flüssig zu machen und damit in der Welt ein. Sie lebte den eine wichtige Partei im politi- Gedanken des friedlichen schen Spektrum der BRD ver- Miteinanders und der Soli- Grafik: Klaus Stuttmann schwinden zu lassen. Dasselbe darität. Es wurde konsequent trifft zu, wenn es darum gehen entnazifiziert. Antifaschis- sollte, Brücken zu anderen etablierten Par- brechen in der DDR begangen! Die Akteure mus war Staatsdoktrin. Unser Land nahm teien der BRD zu bauen. rühmen sich heute offen ihrer Taten und den Schwur „Nie wieder Faschismus. Nie Die Anbiederung an ehemalige Bürger der werden in den Medien als „Helden“ gefei- wieder Krieg!“ ernst. DDR, die Gegner dieses sozialistischen Lan- ert. Nach dem Umsturz von 1989 wurden Wenn wir von Aufarbeitung reden, müssen des waren, wird uns keinen Sonderbonus bei sie amnestiert und rehabilitiert. Von ähn- wir zugleich fordern, daß der Staat BRD ihnen einbringen und sicher nicht dazu füh- lichen Verbrechen durch die DDR habe ich seine Fehler und Verbrechen eingesteht, die ren, daß sich unsere Wählerschaft vergrö- keine Kenntnis. Täter zur Verantwortung zieht, die Opfer ßert. Man liebt den Verrat, jedoch nicht den Die Lebensleistung vieler Menschen aus der aber rehabilitiert und entschädigt. Zu nen- Verräter. An diese Binsenweisheit möchte DDR wird heute nicht nur bei Lohn- und Ren- nen wären hier als Beispiele die schnell wie- ich erinnern. tenzahlungen mißachtet. Zahlreiche Bil- der abgebrochene Entnazifizierung, die Wir sollten vielmehr daran arbeiten, ein dungsabschlüsse der DDR wurden nicht Verfolgung von Kommunisten, linken Sozi- eigenständiges, unverwechselbares sozia- anerkannt. Wo bleibt hier die Entschädi- aldemokraten und kapitalismuskritischen listisches Profil unserer Partei zu schär- gung der Opfer? Verleumdete Biographien Gewerkschaftern, die Berufsverbotspraxis fen, das den demokratischen Sozialismus führten zu zahlreichen psychischen Schä- sowie die Beteiligung an Kriegen. als Endziel unseres Kampfes um die Her- den und nicht wenigen Suiziden. Neue Erinnerungskultur verlangt aber zen und Hirne der Menschen sieht. Dazu Der Begriff „Unrechtsstaat“ ist kein wissen- auch die unbedingte Verfügbarkeit aller gehört zuallererst, daß wir auf keinen Fall schaftlicher Begriff, sondern allein von poli- Quellen. Erst wenn auch bei Ämtern und das Vokabular bürgerlicher Geschichtsfäl- tischen Interessen geprägt. Zur Zeit wird er Geheimdiensten der BRD die Archive geöff- scher verwenden! in Deutschland als Kampfbegriff verwendet, net werden, wie das im Falle des Ministeri- Seit Gründung der BRD und der DDR im um die DDR zu delegitimieren und letztlich ums für Staatssicherheit der DDR geschehen Jahre 1949, besonders aber seit den 70er so zu verunglimpfen, daß es keinem mehr ist, kann sich eine echte Erinnerungskul- Jahren, gab es keine „innerdeutsche Grenze“. einfällt, den Sozialismus als Alternative zum tur entwickeln. Es existierten zwei von der UNO und der Kapitalismus zu erkennen, geschweige denn Zuletzt möchte ich nicht unerwähnt las- übergroßen Mehrheit der Staaten der Erde anzustreben. sen, daß ich keinesfalls jenen danke oder anerkannte deutsche Republiken – die DDR Verwenden auch wir ihn, ohne zu sagen, was sie würdige, welche dazu beitrugen, daß und die BRD. wir darunter verstehen, graben wir uns aus einem (wenn auch unfertigen, mit Feh- Unter „Revolution“ verstehe ich die Ablö- selbst das Wasser ab. lern und Mängeln behafteten) Land mit sung einer Gesellschaftsformation durch Außerdem sind „freie Wahlen“ nicht die ein- gesamtgesellschaftlichem Eigentum an Pro- eine andere im Marxschen Sinn der Höher- zige „grundlegende demokratische Legiti- duktionsmitteln ein gesellschaftlich rück- entwicklung. Beim Rückfall der DDR in die mation“ für einen „Rechtsstaat“ und wie wärtsgewandtes, kapitalistisches Land mit Barbarei des Kapitalismus kann man nicht wir im täglichen Leben spüren, bedeutet Ausbeutung des Menschen durch den Men- von einer Revolution sprechen. Zudem wurde „Rechtsstaat“ noch lange nicht gleiches Recht schen, Armut und Großmachtansprüchen der Ruf der Demonstranten „Wir sind das für alle. Der Begriff „geschichtspolitische wurde. Bernd Gnant, Geithain Seite 6 RotFuchs / Januar 2015

Kommentar eines standhaften Lüneburger Sozialisten Absage an das Erfurter Programm

ie hatten am 9. November beim Jubelfest zu bleiben und Frauen und Männer der Dis- gibt es nicht. Seit den Tagen von Marx und S der „Mauerfall“-Enthusiasten unbedingt sidenz (!) wie des Widerstandes gleicher- Engels wissen wir, daß das Recht immer mitfeiern wollen, obwohl es sich dabei um maßen zu ehren. nur der „zum Gesetz erhobene Wille der die bisher brutalste Propagandaschlacht Das Geschichtsbild von Verfechtern der jeweils herrschenden Klasse“ ist. Staat der BRD zur öffentlichen Austilgung anti- Totalitarismusdoktrin – die Gleichset- und Recht sind stets an konkrete Interes- kapitalistischer Ideen handelte. De facto zung von Sozialismus und Naziherrschaft – sen gebunden. Marxistische Restformu- wurde mit der verleumderi- lierungen werden bei dieser schen These vom „Unrechts- fundamentalen Abkehr vom staat DDR“ einmal mehr die revolutionären Gedankengut berüchtigte Totalitarismus- der internationalen Arbei- doktrin von den beiden ver- terbewegung zu Luftschlös- gleichbaren Diktaturen in sern bürgerlicher Phantasie das Vokabular der PDL ein- und reiner Makulatur. geschleppt. Die vermutlich durch Gysi Was die traditionellen Par- initiierte Presseerklärung teien der Bourgeoisie und der ja offiziell aus einem die mit ihnen koalierende Trio bestehenden Partei- SPD von der Linkspartei hal- führung, in dem man sich ten, ließen sie Biermann von unterschiedliche Positionen sich geben. Der abgewrackte durchaus vorstellen könnte, Bänkelsänger bezeichnete ist als politische Bankrott- die einzige antifaschistische erklärung und Gipfel der Friedenspartei im Bundes- Anbiederung, nicht aber als tag als „elenden Rest dessen, gültige Basismeinung jener was wir zum Glück überwun- Partei zu betrachten, wel- den haben“. cher auch ich angehöre. Während Gysis Bundestags- Der Weg prinzipienloser rede am 7. November noch in Koalitions- und Pöstchen- Unkenntnis dieser bodenlo- hascherei führt mittel- oder sen Infamie entworfen wor- langfristig in die völlige Be- den war, spitzte man den deutungslosigkeit. Durch Konflikt schon am folgenden Wähler- und Substanzverlu- Tag mit einer nichtautori- ste, wie sie bereits in Berlin, sierten Presseerklärung auf Mecklenburg-Vorpommern, empörende Weise zu. Darin Die Verhöhnung des Bundestages Grafik: Gertrud Zucker Sachsen und Brandenburg wurde der Untergang des massiv aufgetreten sind, realen Sozialismus de facto könnte unter solchen Bedin- mit dem Satz bejubelt, es sei auch „an der gipfelt in der Aufforderung, Personen wie gungen der PDL irgendwann das Schicksal Zeit, vor allem jenen zu danken, die damals Gauck, Biermann, Kohl, Gorbatschow und der FDP drohen, die viele ihrer Anhänger die Mauer von Ost nach West zum Einsturz ihresgleichen im Rahmen staatlicher „Auf- angesichts gebrochener Versprechen sowie brachten“. arbeitung des SED-Unrechts“ zu ehren. infolge von Wahlmüdigkeit und Parteiver- Man müsse die Menschen würdigen, welche Andererseits sei jegliche Zusammenarbeit drossenheit verloren hat. „den politischen, ökonomischen und sozi- mit „Leugnern und Verharmlosern“ in den Es fragt sich, ob der arrogante und eigen- alen (!) Wandel gestaltet haben“. Hinter der eigenen Reihen aufzukündigen. mächtige Kurs gewisser PDL-Funktionäre sanften Formulierung vom Wandel verber- Die Kapitulation in Thüringen war dem- sowie der Wunsch nach öffentlicher Wert- gen sich die durchgängige Privatisierung nach kein regionaler Zufall, sondern Teil schätzung allein auf Unkenntnis einer ton- von Volkseigentum, der radikale Abbau der Gesamtstrategie. Eine „neue Erinne- angebenden „Elite“ beruhen. Handelt es sämtlicher Errungenschaften der Werktäti- rungspolitik“ sei angesagt. Die „Verantwor- sich hier aber um das Begehren ambitiöser gen, eine alles durchdringende Korruption, tung für Menschen in anderen Ländern, die Postenjäger, die Tricks und Hinterhältig- deutsche Teilnahme an Aggressionskrie- ebenfalls die Freiheit anstreben“, tritt an keiten bourgeoiser Politiker nachzuvollzie- gen, faschistische Umtriebe und imperia- die Stelle der in der deutschen Arbeiterbe- hen, um den durch eine Konterrevolution listische Expansion. wegung fest verankerten Idee des proleta- zur Wiederherstellung bereits überwun- Der soziale Wandel, der in der Rückkehr rischen Internationalismus. dener gesellschaftlicher Zustände herbei- zum Kapitalismus besteht, war in Wirk- Eigentliche Absicht ist die Delegitimie- geführten Untergang der DDR mitzufeiern, lichkeit eine von den meisten Menschen rung marxistischen Gedankenguts. Doch dann hat das mit irgendeiner Art von Sozia- weder sofort noch später durchschaute eine PDL, die sich unter Zurücknahme der lismus nicht das geringste zu tun. Konterrevolution. Die Erklärung, „Wie kein eindeutig antikapitalistischen und auf die Jobst-Heinrich Müller, Lüneburg zweiter Tag erinnert uns der 9. November Verteidigung des Friedens gerichteten As- daran, welche Spuren die Geschichte … in pekte des Erfurter Programms (Präambel Deutschland hinterlassen hat, Spuren des und Kapitel II) am „Suchprozeß für ei- Am 15. Januar um 15 Uhr spricht der Unrechts und der Gewalt“ diente ebenfalls ne sozialere, gerechtere und demokrati- frühere Chefredakteur der „Schweriner der Verschleierung. Um den Fall der Mauer schere Gesellschaft“ weiterhin beteiligen Volkszeitung“ Hans Brandt auf einer „historisch einzubetten“, wurden auch die will, erklärt den bürgerlichen Parlamenta- Veranstaltung der RF-Regionalgruppe antisemitischen Pogrome der Faschisten, rismus in seiner jetzigen Ausprägung unter Rostock in Evershagen, Mehrgeneratio- die sich an jenem Tag ereignet hatten, im den Bedingungen der „Nachwende-BRD“ nenhaus, Maxim Gorki Straße 52, über selben Atemzug erwähnt. Es gelte, unter mit all ihren Grundgesetz-Deformationen sein autobiographisches Buch Zurückweisung „beider Diktaturen“ den zur Ultima ratio des „Rechtsstaates“. Ein „großen und kleinen Tätern auf der Spur“ abstraktes, klassenindifferentes Recht aber Erinnerungen eines Chefredakteurs RotFuchs / Januar 2015 Seite 7

Marxistische Auseinandersetzung mit der „Transformationstheorie“ Eine Sackgasse als Ausweg?

m vergangenen Herbst hat sich unser Par- Abschaffung der Hartz-IV-Gesetze sowie Errungenschaft dar. Daß Recht und Gerechtig- I teizirkel „Rote Runde“ in Eisenhüttenstadt dringende Maßnahmen auf dem Gebiet des keit nicht miteinander identisch sind, haben mit der Transformationstheorie auseinander- Umweltschutzes. wir seit 1990 erfahren müssen. Oder war die gesetzt. Dazu gab eine Genossin den Hauptin- Am 25./26. Oktober 2014 stellte das ND in der faktische Enteignung der Partei, bei der sogar halt des Buches „Das Morgen tanzt im Heute“ Rubrik „Standpunkt“ folgendes fest: „Kohle- die Beiträge der SED-Mitglieder vom kapita- von Prof. Dr. Dieter Klein wieder. Ich hatte den und Wirtschaftslobby haben im Vorfeld (des listischen Staat eingestrichen wurden, etwa Auftrag, einen Gegenstandpunkt darzulegen. EU-Gipfels – K. H.) sehr viel Druck ausgeübt, kein Willkürakt! Man hoffte dadurch auch der Prof. Kleins Transformationstheorie halte ich um ambitionierte Klimaziele … zu verhindern.“ PDS den Boden entziehen zu können. für einen gefährlichen Irrweg. Sie hat schon Schon in der ersten Stufe der vermeintlichen Um eine wirkliche gesellschaftliche Wende in in den zurückliegenden Jahren erheblichen Transformation stoßen wir also auf harte Richtung auf einen Sozialismus zu erreichen, Schaden angerichtet. Die Politik der Regie- Grenzen, die durch das Kapital gesetzt wer- der den gewesenen an Qualität übertrifft, gibt rungsbeteiligungen, die vor allem auf den von den. Teilerfolge lassen sich nur erzielen, wenn es nur einen Weg: Das Großkapital muß ent- ihm und den Brüdern André und Michael Brie es gelingt, große Mehrheiten der Bürger für machtet werden. entworfenen theoretischen Auffassungen Reformziele zu gewinnen. Aber wie soll das Das wird nicht einfach sein und erfordert ein beruht, hat die Parteien all jener Länder, in funktionieren, wenn Die Linke nach jeder geduldiges Ringen um Bündnisse für eine denen sie praktiziert wurde, zurückgeworfen Regierungsbeteiligung an Zustimmung ver- echte Wende. Diese dürfte nicht ohne Gewalt und errungene Positionen zunichte gemacht. liert? Hinzu kommt ja, daß die öffentliche Mei- abgehen, womit nicht der alternativlose Ein- Im folgenden konzentriere ich mich auf Prof. nung nicht durch uns bestimmt wird. satz militärischer Mittel gemeint ist. Auch die Kleins Thesen zur Konzeption der doppel- In einer zweiten Stufe der Transforma- Waffe des Generalstreiks und ökonomische ten Transformation und zur Rolle des Staa- tion würde das noch schwieriger, da sie – Instrumentarien gehören zum Arsenal. tes, der angeblich kein Machtinstrument der der Vorstellung nach – die Macht des Groß- Wer sich mit dem Problem näher befassen herrschenden Klasse mehr sein soll. kapitals tangiert. Wer glaubt denn ernsthaft möchte, dem empfehle ich „Gewaltlosigkeit Kein vernünftiger Genosse der Partei Die daran, daß dieses seine Positionen unter- und Klassenkampf“ aus der Feder von Prof. Linke wird in Abrede stellen, daß man sich grabende Reformen durchgehen ließe! Das Dr. Herbert Meißner. für Reformen im Interesse der Bürger einset- Gegenteil ist der Fall: Wenn es hart auf hart Auch Dr. Klaus Blessing hat sich in „Die sozia- zen muß. Dennoch dichtet man den Marxi- kommt, wird das Kapital seine Interessen listische Zukunft“ sehr prinzipiell mit der sten innerhalb der Partei seitens des Forums rücksichtslos verteidigen. Wie das läuft, Transformationstheorie auseinandergesetzt. demokratischer Sozialismus (FdS) Reform- wurde ja 1973 in Chile demonstriert. Ich fasse meine Auffassung zur Überwin- feindlichkeit an. Partiell hat die Partei mit „Eher als die einst erstrebte Enteignung aller dung des Kapitalismus und zur Gestaltung ihren Reforminitiativen ja auch Fortschritte wichtigen Privatunternehmen könnte es eines neuen Sozialismus zusammen: 1. Er erreicht. Doch in den wirklich bedeutenden beispielsweise gelingen, etwa in den näch- kann nur auf breiter demokratischer Basis gesellschaftlichen Fragen konnte kein Durch- sten tiefen Finanzkrisen eine demokratische und in Übereinstimmung mit der Mehrheit bruch erzielt werden. Das betrifft vor allem Kontrolle über die größten Finanzakteure … der Bürger eines Landes errungen werden. die Nichtbeteiligung der Bundeswehr an mili- durchzusetzen“, errichtet Prof. Klein sein illu- Das erfordert eine geduldige und beharrli- tärischen Einsätzen außerhalb der BRD, die sionäres Gedankengebäude. Das läßt mich auf che Überzeugungsarbeit. Blinder Aktionis- die Rolle des Staates kommen. Wer hat denn mus führt nicht zum Ziel. Er dient letztlich den „Finanzakteuren“ die Freiräume gerade nur der Erhaltung der bürgerlichen Gesell- Die RF-Regionalgruppe Berlin lädt für jene Maßnahmen überlassen, die zu der schaft. 2. Sozialismus ist allein durch Klas- für den 16. Januar um 16.30 Uhr ins Krise führten, aus der wir noch keineswegs senkampf erreichbar. Dieser wird uns vom Bürohaus am Franz-Mehring-Platz (ND- heraus sind? Und als die Krise „hereingebro- Kapital aufgezwungen. 3. Eine neue sozia- Gebäude) zu einer chen“ war, hat der Staat diejenigen gerettet, listische Gesellschaft bedarf einer verläß- welche sie verursacht haben. Den Schaden lichen Orientierung. Marxistische Parteien Mitgliederversammlung mußten unzählige Bürger tragen, die nicht müssen dabei überzeugende Ideengeber sein, ein. Beraten wird u. a. über den weiteren nur um ihre Einlagen betrogen, sondern aus was mit einer dekretierten „führenden Rolle“ Aufbau von RF-Strukturen in der Haupt- deren Steuern dann auch noch die Verursa- nicht gleichzusetzen ist. Der kapitalistischen stadt. cher entschädigt wurden. Ideologie ist eine dynamische sozialistische Es ist doch bekannt, daß die Mehrzahl der Weltanschauung im marxistischen Sinne ent- Gesetze, die man den Bundestagsabgeord- gegenzusetzen, wobei für nationale Besonder- Am 17. Januar um 10 Uhr spricht neten unterbreitet, in den Stäben der gro- heiten hinreichend Spielraum bleiben muß. Konstantin Brandt auf einer Veranstal- ßen Konzerne ausgebrütet werden. Sie sind Obwohl zu diesem Thema noch viel zu sagen tung der RF-Regionalgruppe Eberswalde es, welche die Maßstäbe setzen! Wer möchte wäre, hoffe ich, genügend Anstöße für ein in der Gaststätte „Mundtshof“, Schickler- da noch bezweifeln, daß der Staat tatsäch- kritisches Überdenken der Transformati- straße 1, Eingang Goethestraße, über das lich das Machtinstrument der herrschenden onstheorie, die von einer reformerischen Thema Klasse ist! Umwandlung gesellschaftlicher Verhältnisse Zu sozialistischen Zeiten haben wir nicht ver- im Rahmen des bestehenden Systems ausgeht, Das Vermächtnis von Karl und Rosa heimlicht, die Macht im Interesse der Werk- gegeben zu haben. im Kampf gegen den Krieg tätigen und gegen die Ausbeuterklassen zu Konrad Hannemann, Eisenhüttenstadt nutzen. Das geschah mitunter zwar auf feh- lerhafte Weise, doch wir waren in dieser Hin- Am 23. Januar um 18 Uhr spricht Dr. sicht absolut ehrlich. Matin Baraki, Universität Marburg, auf Der bürgerliche Staat kann sich solche Wahr- ▶ Neu erschienen ◀ einer Veranstaltung der RF-Gruppe heitsliebe nicht leisten. Er preist seine Form Marzahn-Hellersdorf im VS-Stadtteil- der Demokratie als die einzig wahre an und Das „RotFuchs“-Jahresinhaltsverzeich- zentrum Marzahner Promenade 38 über gaukelt den Bürgern einen klassenindifferen- nis 2014 kann ab sofort beim Vertrieb das Thema ten Rechtsstaat vor. Doch das Recht ist ein (Tel. 030/2 41 26 73 oder unter Machtinstrument der jeweils herrschenden [email protected]) angefordert Jüngste Entwicklungen Klasse. Die sogenannten Reformer leugnen in Afghanistan das und stellen den Staat als zivilisatorische werden. Seite 8 RotFuchs / Januar 2015

Jeder Vergleich der DDR mit Nazi-Deutschland ist entschieden zurückzuweisen Wortmeldung eines SPD-Genossen aus Niederbayern

as Wort „DDR-Unrechtsstaat“ vernahm hin habe ich mich mit dem Fall Gartenschlä- Am Ende erhielt ich doch noch eine Antwort Dich zum ersten Mal im hessischen Land- ger befaßt. Die Kernaussage dazu ist, er sei von der Jahn-Behörde. Die beiden ersten tagswahlkampf 2008, als Andrea Ypsilanti von der Stasi, die im Hinterhalt auf ihn gelau- Sätze sorgten für Klarheit. Sie schrieb mir: mit einer verabscheuungswürdigen Kampa- ert habe, ermordet worden. Ich ging vor ein „Zu durchgeführten Tötungsanschlägen der gne vieler Politiker (leider auch aus der SPD) paar Tagen wieder auf die Google-Such-Reise Staatssicherheit in einer Größenordnung, und der Medien zu Fall gebracht wurde. Der zum Thema „Schießbefehl“. Hier bekam ich auf die Sie Bezug nehmen, liegen uns keine Begriff „Unrechtsstaat“ war bei mir mit den Informationen, daß Ende der 40er und Anfang Informationen vor, und sie sind auch in die- Genozid-Verbrechen Nazi-Deutschlands ver- der 50er Jahre an der BRD-Westgrenze Dut- ser Weise nicht anzunehmen. An tatsächlich bunden. Aber „Unrechtsstaat“ DDR? Für mich zende Menschen, darunter auch Kinder und durchgeführten (jedoch glücklicherweise stand damals fest: Die haben mit Gewißheit Jugendliche, erschossen wurden. Der Lan- fehlgeschlagenen Tötungsakten) ist bislang Menschen ermordet! desbeauftragte erwiderte darauf. „Da ich nur jener auf einen Fluchthelfer während Am 21. November 2013 las ich in der FAZ, die angeführten Vorgänge nicht kenne, kann einer Israel-Reise bekanntgeworden, der „ein gut getarntes Terrorkommando der ich sie selbstredend nicht kommentieren. meist als Bouletten-Mord rezipiert worden britischen Armee soll auf dem Höhepunkt Zudem ist das Internet, wie Sie ohne Zweifel ist.“ des Bürgerkriegs in Nordirland gezielt IRA- wissen, mitunter eine mehr als fragwürdige Welches Fazit ziehe ich aus meinen Erkundi- Kämpfer liquidiert haben. Zwischen Ende der Informationsquelle.“ Ich teilte ihm mit, daß gungen? Das Hauptquartier der Stasibehörde 60er und Ende der 90er Jahre kamen etwa die Informationsquelle „Der Spiegel“ sei und (BstU) und auch deren Landesgeschäftsstel- 3500 Menschen ums Leben, die meisten bekam keine Antwort mehr. len konnten mir keine Liste vorlegen, aus durch die militanten Untergrundorganisa- Ein anderer Beauftragter schrieb: „Wir der zu ersehen war, daß die Staatssicherheit tionen auf katholischer und protestantischer haben zu den von Ihnen aufgeworfenen Fra- vergleichbare Terroranschläge – wie von Seite. Etwa elf Prozent sollen von britischen gen kein eigenes Forschungsprojekt bear- britischen Sicherheitskräften durchgeführt – Sicherheitskräften getötet worden sein.“ beitet. Daher möchte ich Sie bezüglich Ihrer unternommen hätte. Präsentiert wurde außer Für mich unfaßbar, 380 Menschen wurden Anfrage auf einen Artikel in der Zeitschrift dem dubiosen „Bouletten-Mord“ lediglich der von einem Terrorkommando der britischen ,Horch und Guck‘ hinweisen, der 2008 veröf- Fall Gartenschläger. Wie dieser zu bewerten Regierung getötet. fentlicht wurde und im Internet abgerufen ist, konnte man einem RF-Artikel von Ulrich Ich dachte sofort, das sind doch Verbrechen werden kann. Weiterhin empfehle ich Ihnen, Guhl entnehmen. Alles andere sind Spekula- eines Unrechtsstaates! Warum verwendet sich mit Ihrer Anfrage direkt an die mit der tionen. Läge nur eine Liste mit – sagen wir – da keiner diesen Begriff? Und ich erinnerte Verwaltung der Stasi-Unterlagen betraute fünf Morden vor, die der Staatssicherheit mich wieder an die „DDR-Unrechtsstaats- Behörde des Bundesbeauftragten zu wen- anzulasten wären, hätte ich sie mit Gewiß- Kampagne“ im hessischen Landtagswahl- den.“ heit von allen sieben angeschriebenen Stel- kampf. Die müßten doch auch solche Verbre- Ich habe mir den Artikel „Liquidierung = len bekommen. chen auf ihrem Konto haben mit Hunderten Mord?“ der Zeitschrift „Horch und Guck“ (die Ich werde mich gegen jeden stellen, der ver- von Toten … jährlich mit 65 000 Euro von der Bundes- sucht, die Verbrechen der Hitlerfaschisten Ich überlegte, wer mir hier kompetent Aus- stiftung Aufarbeitung finanziell unterstützt durch Vergleiche mit der DDR zu verharm- kunft geben könne. Mir fielen nur die „Lan- wird) angesehen. Ich fand keine einzige losen. Das bin ich Gewerkschaftern, Sozi- desbeauftragten für die Unterlagen des Beschreibung einer tatsächlich ausgeführ- aldemokraten, Kommunisten und anderen Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen ten Tötungshandlung. Nur Unterstellungen. schuldig, die Widerstand gegen das Nazire- DDR“ ein. Also schrieb ich an sie in Berlin, Ein weiterer Landesbeauftragter meinte gime leisteten und dafür ihr Leben lassen Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vor- u. a., „Ich vermute mal, Sie sind der Mei- oder in Konzentrationslagern Schweres erlei- pommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Ich nung, die Verbrechen der Stasi würden auf- den mußten. wies auf den Bericht in der FAZ hin und bat gebauscht und das Unrecht in der westlichen Johann Weber, Ruhstorf (Niederbayern) sie: „Bitte teilen Sie mir mit, ob vergleichbare Welt zugedeckt. Die Stasi hat keine Terror- Terroranschläge mit Tötung von Menschen kommandos losgeschickt, allerdings sind, durch die Stasi ausgeführt wurden. Wenn ja, soviel ich weiß, einzelne gezielte Tötungen Am 31. Januar um 10 Uhr spricht Dr. bitte ich um Mitteilung, wie viele es beleg- auch inzwischen belegt.“ Ich fragte noch ein- Udo Stegemann auf einer Veranstaltung bar gewesen sind.“ mal nach und bekam folgende Auskunft: „Mit der RF-Regionalgruppe Königs Wuster- Zu meiner Überraschung bekam ich von dem Satz ,Die Stasi hat keine Terrorkomman- allen Landesbeauftragten Antwort. Zwei dos losgeschickt‘, allerdings …“ habe ich doch hausen im Bürgerhaus Hanns Eisler, von ihnen konnten keine Auskunft geben Ihre Frage beantwortet! Eichenallee 12, über das Thema und verwiesen mich an den Bundesbeauf- Einen Landesbeauftragten ließ mein Bohren Staatsterrorismus in der Gegenwart tragten. nicht in Ruhe. Er schrieb mir nochmals: „Die Einer schrieb: „Tatsächlich war die Staatssi- terroristischen Aktivitäten der DDR sind cherheit an der Tötung von Personen betei- in zwei Bereiche zu gliedern: Erstens die ligt. Der bisher wohl bekannteste Fall betrifft offiziell politisch vertretenen (im staatli- Unsere kampferfahrene Genossin Michael Gartenschläger, der im April 1976 chen Auftrag) mit verborgenen Handlungs- Erika Belz an der innerdeutschen Grenze erschossen anweisungen. Zweitens strikt verborgene wurde. Wie Sie richtig betonen, müssen wei- terroristische Aktivitäten, die vorwiegend – seit Jahrzehnten Chefredakteurin tere Einzelheiten aus den Akten der Staats- vom MfS oder seinem Pendant in der Armee des DKP-Organs „Gießener Echo“ und sicherheit ermittelt werden. Allerdings (NVA) durchgeführt worden sind und von frühes Mitglied des RF-Fördervereins verwahren wir diese Akten nicht; sie befin- der Planung her auch vor dem eigenen Appa- – beging am 21. Dezember ihren den sich im Archiv des Bundesbeauftragten rat und Dienst verborgen wurden. Dennoch (geheimgehaltenen) 70. Geburtstag. für die Stasi-Unterlagen (BStU), der zudem haben Sie insofern recht, daß die Tötung Wir übermitteln der standhaften Kom- über eine eigene Forschungsabteilung ver- von echten oder vermeintlichen Gegnern munistin unsere herzlichsten Glück- fügt.“ Dieser Landesbeauftragte erhielt von kein bevorzugtes Machtmittel in der DDR wünsche. mir noch folgende Notiz. „Auf Ihre Anregung war.“ RotFuchs / Januar 2015 Seite 9

Die Reaktion des Klassenfeindes war das Unterscheidungsmerkmal Zwei Bahnstreiks in Deutschland

ier soll von zwei konträren Arbeitsnie- Doch kehren wir noch einmal zu jenen die zur Zeit der US-„Luftbrücke“ wie auch Hderlegungen bei der Bahn die Rede sein: Ereignissen zurück, welche sich vor fast andere Westberliner im Osten rationierte einer im Klasseninteresse der Beschäftig- 65 Jahren zutrugen. Sie wurden von ihren Lebensmittel einkaufen konnten, wurde ten und einer anderen, die nur den Ausbeu- Drahtziehern und Hintermännern als „Ber- eine angemessene Übergangslösung tern diente. Diese trug sich im Mai 1949 zu. liner S-Bahn-Streik“, vom klassenbewuß- gefunden. Dabei handelte es sich in Wirklichkeit um einen als Streik ausgegebenen Putsch, der zur Spaltung der Berliner Gewerkschaftsbe- wegung führte und die Existenzgrundlagen der zur sowjetischen Besatzungszone gehö- renden Deutschen Reichsbahn in Westber- lin zerstören sollte. Die zweite – im Herbst 2014 – war ein in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte und der Chronik ihrer Gewerkschaftsbe- wegung bislang einmaliger Vorgang. Der wiederholte und mehrtägige Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) unter ihrem beherzten Vorsitzenden Claus Weselsky traf einen Lebensnerv des Kapi- talismus und eine gigantische Profitquelle des die Deutsche Bahn AG kontrollierenden Staates BRD. Da aber auch Millionen Zugrei- sende negativ betroffen waren, hatten die gewerkschaftsfeindlichen Stimmungsma- cher leichtes Spiel, ihren Rufmord gegen eine zwangsläufig unpopuläre Aktion und einen der seltenen Gewerkschaftsführer der BRD, der wirklich Arbeiterpositio- nen verteidigte, auf die Spitze zu trei- Karikatur: Thomas Plaßmann („ver.di News“) ben. Besonders empörte sie natürlich die ursprüngliche Festlegung, daß der Streik über den 9. November hinausgehen sollte, ten Teil der Arbeiterschaft und jenen, gegen Der Vollständigkeit halber sei noch berich- was ihnen obendrein auch noch die Peter- die sich diese Aktion richtete, aber als UGO- tet: Meine „Karriere“ am Steglitzer Gymna- silie ihrer Jubelfeier zum 25. Jahrestag des Putsch bezeichnet. Da ich damals als FDJler sium war damals beendet. Nach Empfang „Mauerfalls“ verhagelt hätte. und ganz junger Genosse der Westberli- einer entsprechenden Polizeiinformation ner SED bei der Erstürmung des von uns legte mir dessen Direktor nahe, den Schul- besetzten S-Bahnhofs Steglitz durch nach besuch doch besser in Ostberlin fortzuset- ihrem Präsidenten benannte Stumm-Poli- zen, während ein UGO-Mob tagelang unser Am 9. Januar begeht zisten – übrigens Seite an Seite mit meinem Haus belagerte. Schulkameraden Micha Benjamin – erste Ich erzähle das Ganze nur deshalb, weil Prof. Dr. Sonja Mebel staatliche Prügel bezogen habe, darf ich als es in jenen Tagen für die Medien des sich Zeitzeuge zum Sachverhalt folgendes aussa- neu formierenden deutschen Kapitals kein aus Berlin ihren 90. Geburtstag. Wie ihr gen: Nach der separaten Währungsreform anderes Jubelthema gab als den „grandi- Mann Prof. Dr. Moritz Mebel, der 1945 vom 20. Juli 1948, die zur Einführung der osen Bahnstreik gegen die Kommunisten“. als Offizier der Roten Armee zu den D-Mark auch in Westberlin geführt hatte, Die Bourgeoisie überschlug sich geradezu Befreiern vom Faschismus gehörte, geriet die in der ganzen Stadt (übrigens bis in „Solidaritätsbekundungen“ für die verbrachte sie als Kind politischer 1990!) operierende Deutsche Reichsbahn in Arbeiter. Sie übte sich dabei im Gebrauch Emigranten etliche Jahre in der Sowjet- arge Bedrängnis. Sie konnte ihre zahlrei- ihr völlig wesensfremder Vokabeln. union. In der DDR haben beide Bedeu- chen Westberliner Beschäftigten – mangels Als aber Weselskys GDL – von gewissen tendes zum internationalen Prestige entsprechender Einnahmen und Reserven – „Gewerkschaftern“ konsequent im Stich der DDR-Medizin beigetragen. Der RF nur zum Teil in D-Mark vergüten und mußte gelassen und den Hyänen des Medien- reiht sich unter die Gratulanten ein. ihnen überwiegend Ost-Mark bezahlen. dschungels zum Fraß vorgeworfen – sechs- Da ihnen der FDGB als einheitliche Gewerk- einhalb Jahrzehnte später den Kragen schaftszentrale ganz Berlins ein Dorn im hochstellte und, ohne jemals dieses Wort Auge war, dachten sich Antikommunisten zu gebrauchen, eindeutig Klassenpositio- Am 15. Januar vollendet unsere treue aus Schumachers, Neumanns und Reu- nen bezog, brach die Hölle los. Mitstreiterin ters SPD einen Trick aus, um zwei Fliegen Warum? Weil sich bei der GDL, aber auch Marie-Luise Helmschrott mit einer Klappe zu schlagen: Sie gründe- bei ver.di und in einigen anderen Verbän- ten über Nacht die Unabhängige Gewerk- den erste Vorboten einer neuen Qualität aus Schöneiche ihr 93. Lebensjahr. Die schaftsopposition (UGO), die sofort zum der BRD-Gewerkschaftsbewegung gezeigt gestandene Journalistin und Lebens- Generalstreik bei der S-Bahn aufrief, um haben. partnerin des unvergessenen Kommu- das ihnen verhaßte volkseigene Unterneh- Zwei Bahnstreiks in Deutschland. Doch nur nisten Leonhard Helmschrott hat sich men Deutsche Reichsbahn finanziell fertig- einer verdient diesen Namen. Die Reak- durch ideologische Standhaftigkeit und zumachen und es wenigstens im Westteil tionen des Klassenfeindes sind als ver- politische Klarheit profiliert. Herzlichen der Stadt „den Russen zu entreißen“. läßliches Unterscheidungsmerkmal zu Glückwunsch! Der UGO-Putsch stieß ins Leere. Für die betrachten. Bezahlung der Reichsbahnbeschäftigten, Klaus Steiniger Seite 10 RotFuchs / Januar 2015

Für freimütige Debatten über Zukunftsmodelle

eider erhalte ich erst seit kurzer Zeit den allerdings einräumt: „Die heutige Realität, Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und L„RotFuchs“. Es ist mir ein Bedürfnis, der geprägt von hoher Wirtschaftskraft, erin- Gewissen begabt und sollen einander im Geist Redaktion, den vielen Autoren und allen Mit- nert mich dennoch immer an das Ende der der Brüderlichkeit begegnen.“ wirkenden für den Mut und die hohe Qualität DDR: Fast alle sind sich einig, daß es so, wie Doch wo stehen wir heute tatsächlich? Gilt dies der Zeitschrift zu danken. In dieser kompli- es ist, nicht weitergehen kann, doch keiner auch für die Palästinenser oder für die einsti- zierten Welt ist es unabdingbar, solche sach- sagt, was zu tun ist.“ gen Bürger der DDR, die seit 1990 in einem lich fundierten Informationen zu erhalten, wie Beim Lesen Ihrer Zeitschrift fällt mir auf, daß nie gekannten Ausmaß enteignet wurden? sie von Ihnen zur Verfügung gestellt werden. Geschichte und Gegenwart den Schwerpunkt Und was ist mit den Menschen in Asien und Wir leben unter Bedingungen einer manipu- bilden, was ich für enorm wichtig halte. Den- Afrika, die für Löhne schuften müssen, wel- lierten Informationspolitik, die nur darauf noch bleibt für mich die Frage: Welche Per- che nicht einmal ausreichen, ihre nackte Exi- gerichtet ist, die Macht des Kapitalismus zu spektive bieten wir den Heranwachsenden? stenz zu sichern? Was ist mit den Millionen sichern und die Menschen vom Erkennen der Reicht die Auseinandersetzung über das Für und aber Millionen Jugendlichen ohne Arbeit, wahren Hintergründe des Geschehens fern- und Wider bisheriger philosophischer Modelle Ausbildung und Perspektive in vielen kapita- zuhalten. Ich war und bin davon überzeugt, und Gesellschaftsordnungen aus? Ich würde listischen Ländern? Wo liegen die Grenzen für daß der Sozialismus erstmals im histori- mir wünschen, wenn Erörterungen zu diesem das Wüten der Konzerne, die pausenlos Wäl- schen Verlauf dazu in der Lage gewesen wäre, Thema auch im „RotFuchs“ einen höheren Stel- der abholzen, die Weltmeere verunreinigen die Hauptursachen der verhängnisvollen glo- lenwert erhielten. Dabei bin ich mir darüber und die Luft verpesten? Und wie steht es mit balen Entwicklungen zu beseitigen, die allein im klaren, daß eine freimütige Debatte dar- dem Verhalten der USA, der EU und der NATO im Kapitalismus zu suchen sind. über zu inhaltlichen Auseinandersetzungen gegenüber Rußland? Wie sind die weltweiten In Diskussionen mit Freunden und Bekannten führen könnte. Aber gibt es einen anderen Weg Waffenexporte der BRD einzuordnen? stelle ich immer wieder fest, daß Verunsiche- als einen solchen Dialog? Auf der einen Seite stehen die 30 Artikel der rung, ja auch Angst vor der Zukunft mehr und 1948 wurde die Charta der Menschenrechte Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, mehr das Denken und Handeln der meisten verkündet. Es war richtig, sie als Handlungs- auf der anderen die weltweite Realität. Menschen prägen. Oftmals herrscht Resigna- linie der Völkergemeinschaft zu definieren. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, mit Hilfe tion, die sich nicht zuletzt in Politikmüdigkeit Aber werden die Menschenrechte nicht auch Ihrer Zeitschrift eine wirkliche Diskussion offenbart. Ein Ausdruck dafür ist die geringe von derzeit Herrschenden angemahnt, denen über Zukunftsmodelle der menschlichen Beteiligung an Wahlen. es in Wirklichkeit nur um ihre Machtinteres- Gesellschaft zu führen. Bitte betrachten Sie Ein früherer Mitstreiter beim Aufbau des sen geht? Und um noch mehr Geld für die Rei- meine Zeilen als einen Standpunkt unter vie- Sozialismus in der DDR hält nur noch die chen, noch weniger für die übergroße Zahl len, der dazu beitragen soll, die Debatte zu derzeitige Gesellschaftsordnung für mög- der Armen. Artikel 1 der Charta lautet: „Alle dieser äußerst komplizierten Problematik lich, wobei er in einem Schreiben an mich Menschen sind frei und gleich an Würde und anzuregen. Dr. Dieter Müller, Dresden

Ein junger Philosoph zur nationalen Frage

s gibt derzeit ein gewaltiges Konfliktpo- Fundament seiner Theorie von Basis und Revolution kämpfte in der Epoche der Auf- E tential in der Welt, welches nicht nur die Überbau skizziert. Der Überbau, zu dem der klärung nicht grundlos für die Formierung konträren Interessen der Staaten und Klas- Staat gehört, erhebe sich auf dem Funda- des Nationalstaates und das Ende der Viel- sen widerspiegelt, sondern auch den regio- staatlerei. Sie tat das aus ökonomischen wie nalen Separatismus ins Kraut schießen läßt. aus praktischen Gründen. Die Unabhängigkeitsbekundungen artikulie- In seiner Schrift „Marxismus und nationale ren sich zumeist als Gegensatz zu den jeweils Frage“ bezeichnete Stalin die Nation als „eine im gesamtnationalen Rahmen staatstragen- historisch entstandene Gemeinschaft von den Kräften, die – wie in Katalonien oder Menschen“. So wäre es ein Fehler, nationa- Teilen Italiens – nicht grundlos beschuldigt len Separatismus grundsätzlich und für sich werden, der Entwicklung einzelner Regio- genommen als eine dem Fortschritt dienende nen Hindernisse in den Weg zu legen. Zur Kategorie zu betrachten. imperialen Machtbehauptung ist die Desta- Auf die heutigen Verhältnisse angewandt, bilisierung und Spaltung strukturschwacher ergibt sich aus meiner Sicht für Marxisten, Staaten stets ein adäquates Mittel, was sich die bekanntlich national verwurzelt und zuvor in Kongo oder Sudan vollzog und heute zugleich proletarische Internationalisten in Syrien, Irak und Libyen beobachten läßt. sind, folgende Position: Die Nation muß als Doch trifft das auch auf Staaten wie Groß- historische Errungenschaft des bürgerli- britannien und Spanien zu, in deren Gren- chen Zeitalters, welche der Imperialismus zen regionale Autonomiebestrebungen nicht durch seine Dynamik zu zerstören droht, in erster Linie auf äußere Machteinflüsse verteidigt werden. Abtrennungsbestrebun- zurückzuführen sind? Kann man diese aus gen sollte man stets konkret analysieren. Im unserer Klassenposition begrüßen? Falle reaktionärer oder sogar faschistischer Marx kritisierte an Hegels Rechtsphilosophie, Bedrohung wie derzeit in der Ostukraine sind sie sähe nur die subjektive Seite der Weltge- sie als zeitweiliges, zum eigenen Überleben schichte, nicht aber die objektive, welche Zeichnung: N. N. Shukow notwendiges Mittel zu unterstützen. Eine durch die sozialökonomischen Verhältnisse auf Dauer ausgerichtete Kleinstaatlerei aber bestimmt wird. ment einer gleichgearteten ökonomischen wäre historisch rückschrittlich und diente Die genauere Ausarbeitung dieses theoreti- Basis, die indes weitgehend ausgereift sein nur dem Imperialismus, auf dessen Überwin- schen Ansatzes finden wir später in der „Deut- müsse, wobei der Überbau auf die Basis in dia- dung unser gesamter Kampf gerichtet ist. schen Ideologie“, wo Marx das theoretische lektischer Weise einwirke. Die bürgerliche Nico Jühe, Wuppertal RotFuchs / Januar 2015 Seite 11

Ketzerisches Lied eines römisch-katholischen Moraltheologen „O Heiland, reiß die Himmel auf!“

O Heiland, reiß die Himmel auf, Aufgaben und Pflichten regelmäßig befolgten im Schweiße ihres Angesichts den Boden herab, herab, vom Himmel lauf! und der Kirche gehorsam waren. bestellen, dessen Früchte sie abliefern müs- Reiß ab vom Himmel Tor und Tür, Leider gibt es aber immer wieder Men- sen, sollen etwas spüren von dem Heil, das reiß ab, wo Schloß und Riegel für! schen, die das Amt der Kirche mißachten, ihnen gilt: „O Erd’, herfür dies Blümlein bring, sich schwerer Sünden schuldig machen und o Heiland, aus der Erden spring.“ Weil die O Gott, ein’ Tau vom Himmel gieß, nicht die Vergebung erlangen. Wenn das bis bewohnte Erde für die Mehrzahl der Men- im Tau herab, o Heiland, fließ. zu ihrem Lebensende so bleibt, dann verfal- schen eine Welt des Elends und der Würde- Ihr Wolken, brecht und regnet aus len sie der Verdammnis des ewigen Todes: Sie losigkeit geworden ist, sollen die Menschen den König über Jakobs Haus. hoffen dürfen auf den, der endlich den Him- mel verläßt: „O komm, ach komm vom höch- O Erd’, schlag aus, schlag aus, o Erd’, sten Saal, komm tröst uns hier im Jammertal.“ daß Berg und Tal grün alles werd’! Dieses Jammertal ist wahrlich ein Ort der O Erd’, herfür dies Blümlein bring, menschlichen, aber auch der geistlichen Fin- o Heiland, aus der Erden spring! sternis. Wenn doch endlich die Sonne über diesem Land aufgehen würde! Nicht die Sonne, Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, die ihnen im Alltag aufs Haupt brennt und die darauf sie all’ ihr’ Hoffnung stellt? Arbeit zur Qual macht, sondern die Sonne des O komm, ach komm vom höchsten Saal, Heils, die ihnen im Heiland verkündet wird: komm tröst uns hier im Jammertal! „O Sonn’, geh auf, ohn’ deinen Schein in Fin- sternis wir alle sein.“ Gemeint ist nicht die O klare Sonn’, du schöner Stern, wohltuende Dunkelheit der Nacht, in der man dich wollten wir anschauen gern. endlich erquickenden Schlaf findet nach der O Sonn’, geh auf, ohn’ deinen Schein Schinderei des Tages. Gemeint ist vielmehr in Finsternis wir alle sein. die größte Not: die Drohung der Kirche mit Hier leiden wir die größte Not, den Höllenstrafen, mit der ewigen Verdamm- nis, in die der Mensch fällt, dem die Kirche vor Augen steht der ewig’ Tod; seine Sünde nicht vergeben will, der ewige ach komm, führ uns mit starker Hand Tod. Wenn man nach dem Tod nicht in den vom Elend zu dem Vaterland! Himmel kommen kann – wohin dann? Fried- Peter Franz rich Spee gibt mit dem Lied den Verzweifel- werden von den Toren der Hölle verschlungen ten seine Stimme: ieso ist dieses Lied ketzerisch? Es ver- und sind den Qualen der Unterwelt ausgelie- „Hier leiden wir die größte Not, vor Augen W herrlicht doch den Heiland Jesus, das fert. Viele solcher Menschen mußten von der steht der ewig’ Tod; ach komm, führ uns mit Heil der Welt? Kirche bereits zu Lebzeiten dem Höllenfeuer starker Hand vom Elend zu dem Vaterland.“ Der Dichter nimmt den Kampf mit der römi- ausgeliefert werden – man konnte unmög- Weil sich solche Hoffnungen auch nach Jahr- schen Kirche auf, die in ihrer scholastischen lich bis zu ihrem Tode warten: die Feuer, in hunderten nicht erfüllen wollten, aber die Weltsicht von der Dreiteilung des Kosmos aus- denen Ketzer, Ungläubige, Hexen und Zau- Drohung mit dem verschlossenen Himmel geht. Danach ist die Welt eine Art „Torte“ und berer verbrannt werden. Das war auch als nicht mehr durchschlagend wirkte, konnte besteht aus den drei Schichten: der Unterwelt Abschreckung für die unbußfertigen Sün- ein Heinrich Heine 200 Jahre später sein eige- („Hölle“), der Menschenwelt („Erde“) und der der nötig, denn bei denen bildeten sich nicht nes Befreiungslied so dichten: Oberwelt („Himmel“). Das Leben der Bewoh- nur eigene Vorstellungen von dem, was freie ner der Menschenwelt wird von der staatli- Menschen dürfen sollen, sondern auch ketze- „Ein neues Lied, ein besseres Lied, chen Gewalt über die Leiber und von der rische Gedanken über die Menschenfeindlich- O Freunde, will ich euch dichten! kirchlichen Gewalt über die Seelen gelenkt. keit dieser Welt mit den drei Tortenschichten. Wir wollen hier auf Erden schon Die staatliche Obrigkeit sorgt für die Sicher- In diese gnadenlose Dreiteilung des Kosmos heit der äußeren Ordnung, für den Schutz hinein, über deren ewige Ordnung die geist- Das Himmelreich errichten. von Handwerk und Gewerbe, die kirchliche lichen Hüter stets mißtrauisch wachten, läßt … für die Einhaltung der religiösen Regeln, von Friedrich Spee den befreienden Atem seiner Ja, Zuckererbsen für jedermann, Sitte und Brauch sowie für die Reinigung der Adventsverse hineinströmen. „O Heiland, Sobald die Schoten platzen! Seelen. Die allseits lauernden Gefahren, die reiß die Himmel auf!“, die diese Kirche und Den Himmel überlassen wir aus der Unterwelt (Anschläge des „Teufels“) ihr oberster Petrus mit seinem Schlüssel in Den Engeln und den Spatzen.“ in die Menschenwelt dringen, verführen die der Hand bewacht. Schlimmer noch: Die Him- Gläubigen zur Sünde in ihren verschiede- melstür, über deren Öffnung allein der erste nen Formen. Davon aber können sie gerei- Papst und sein Stellvertreter zu entscheiden Peter Franz, Ev.-Luth.Theologe nigt werden, wenn sie das Amt der Beichte haben, soll ganz und gar eingestoßen wer- einhalten. Die beamteten, von der Oberwelt den: „Reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß Friedrich von Spee (1591–1635) war römisch- („Gott, Christus, Heiliger Geist, Engel, Gottes- ab, wo Schloß und Riegel für!“ Wenn das end- katholischer Theologe und Ordenspriester der mutter, Heilige“) gesegneten Priester haben lich geschieht, wird das menschenfreundli- Jesuiten. Er erhielt eine Professur für Moral- die Kraft, den Menschen ihre Sünden zu ver- che Heil Gottes wie Tau herabfließen und sich theologie, die ihm nach einem Jahr bereits wie- geben und sie auf den Weg bis ans Lebensende ausregnen über der Menschenwelt, die nach der entzogen wurde. Die Kritik am Hexenwahn immer wieder frei zu machen, so daß sie nach ihm dürstet. Und wenn auch das geschehen seiner Kirche konnte er unter dem Titel „Cautio ihrem Tod ebenfalls in die Oberwelt gelangen ist, dann kann es in der Menschenwelt endlich criminalis“ nur anonym veröffentlichen. Zeit- können, um sich mit Christus, den Engeln und grünen: „O Erd’ schlag aus, schlag aus, o Erd’, weise lief er Gefahr, aus seinem Orden ausge- Erzengeln dieser himmlischen Gemeinschaft daß Berg und Tal grün alles werd’.“ schlossen zu werden. Als Beichtvater begleitete erfreuen zu können. Der erste Apostel Petrus, Die Menschenwelt soll allen grünen – nicht er tatsächliche und angebliche Übeltäter zur der die Schlüssel zu Himmel und Hölle in der nur Reichen, die sich die Gnade Gottes mit Hinrichtung. Als einer der ersten erkannte er, Hand trägt, bewacht die Tür zur Oberwelt hundertfältigem Ablaß erkaufen können, daß unter Folter abgelegte Schuldeingeständ- und läßt nur jene ein, welche die kirchlichen sondern auch die armen Ackerknechte, die nisse keine Wahrheit enthalten müssen. Seite 12 RotFuchs / Januar 2015

Der ranghöchste DDR-Richter zur Lüge vom Unrechtsstaat Bei Attacken nicht gleich den Kopf einziehen!

irklich tot ist jemand erst, wenn nie- faschistoider Kräfte in Kiew zu den Regisseu- allem sollte die Macht der Medienoligarchen, Wmand mehr über ihn spricht, heißt es. ren gehörte. die längst zur vierten Gewalt geworden ist, Was auf Menschen zutrifft, gilt nicht min- Wer die SPD beurteilen will, muß deren im Auge behalten werden. Sie vermag die drei der für Staaten. Ein Vierteljahrhundert nach Geschichte überblicken können: Viel Positi- anderen Gewalten auszuhebeln und schach- der Niederlage des sozialistischen deutschen ves gehört dazu. Aufrechte Sozialdemokraten matt zu setzen. Staates vergeht kein Tag, an dem die angeb- haben z. B. im April 1946 in der sowjetischen In jedem Land der Welt gab und gibt es lich aus den Geschichtsbüchern längst gestri- Besatzungszone, aus der später die DDR her- Unrecht. Kein Staat ist davon ausgenommen. chene DDR nicht unablässig im Mittelpunkt vorging, die inzwischen geschmähte SED mit Die Behauptung, die BRD sei ein rechtsstaatli- von Anfeindungen, Spekulationen und Ver- gegründet und deren Werden aktiv beein- cher Musterknabe, widerspricht der Realität. leumdungen stehen würde. Das Ganze gipfelt flußt. Daß dies auf marxistischer Grundlage Dabei muß man gar nicht in die Vergangenheit in der bis zum äußersten strapazierten Lüge geschehen konnte, trug auch einem Beschluß schweifen. Auch heute gelten die Sicherheits- vom Unrechtsstaat DDR. Rechnung, den die SPD-Führung 1934 im Pra- verwahrung, die Beugehaft, die Durchsetzung Geht man davon aus, in welchem Maße heute ger Exil gefaßt hatte. Zur Zeit der Vereinigung zivilrechtlicher Ansprüche mit Hilfe des Straf- Freund und Feind über die DDR sprechen zählte Thüringens KPD rund 62 000 Genos- rechts und der strafprozessuale Ablaßhan- oder herziehen, dann erweist sich die Kam- sen, während der SPD etwa 75 000 Genossen del als normal. pagne gegen die Totgesagte als ein Schuß angehörten. Ich wurde 1950 in Apolda von Die Partei Die Linke sollte die DDR so sehen in den Ofen. Das gilt auch für den jüngsten einem früheren SPD-Funktionär, der auch und bewerten, wie sie tatsächlich war: mit Haßfeldzug im Zusammenhang mit der Thü- mein Bürge war, für die SED geworben – ein ihren Stärken und Schwächen. Die geschicht- ringenwahl einschließlich der dabei geschos- völlig normaler Vorgang. Mit Otto Grotewohl, liche Deutungshoheit aber sollte man der senen Selbsttore einiger Politiker. Man könnte Otto Buchwitz, Friedrich Ebert, Erich Müc- Wahrheit verpflichteten Historikern, objek- bedenkenlos darüber hinweggehen und kenberger standen viele Tausende, die aus der tiven Zeitzeugen, Archiven und Museen sowie sagen: „Ach Gott, was haben diese Leute nur SPD kamen, für die SED und die DDR konse- dem Nachlaß auch der DDR-Gerichte anver- für Sorgen? Sollen sie sich doch um das Wohl quent ein. trauen. Vor allem aber darf die Erinnerung der Thüringer kümmern, schließlich wurden Man sollte nicht bei jedem unsachlichen an das Leben in der DDR nicht jenen ausgelie- sie ja dafür gewählt.“ Angriff auf unsere Geschichte gleich den Kopf fert bleiben, die uns aus der Ferne – ohne auch Politisch anrüchig wurde die Sache, nachdem einziehen und in falsches Schuldbewußtsein nur einen Ziegelstein beim Aufbau des schwer die Grünen mit einem Akt der Erpressung die verfallen. In Berlin bekam die Partei Die Linke zerstörten Landes bewegt zu haben – heute Festschreibung der Floskel vom Unrechts- schon vor Jahren von den Wählern die Quit- sagen wollen, wie wir hätten leben sollen. staat in einem Koalitionspapier durchsetzen tung für ihr Einknicken in wichtigen Fra- Aus Sicht der Kapitalisten, denen die DDR in konnten, ohne auf Widerstand zu stoßen. gen. Auch eine auf der Basis von Erpressung einem Drittel Deutschlands vier Jahrzehnte Übrigens trifft Grün hier im doppelten Sinne zusammengezimmerte Koalition in Thürin- lang die politische Macht und das ausbeuteri- zu. Grünen-Sprecherin Anja Siegesmund war gen dürfte letztlich ohne Perspektive sein. sche Eigentum entzog, war der sozialistische wirklich noch grün, als die DDR in den letz- Das antisozialistische Schmähwort „Unrechts- deutsche Staat in der Tat durch und durch ein ten Zügen lag. Wahrscheinlich ergibt sich dar- staat DDR“ stößt übrigens im Osten keines- Unrechtsstaat. Für eine solche Bewertung aus aus ihre besondere Sachkunde. Der damals wegs auf besondere Resonanz. 2014 ergab dieser Klassensicht sollte man durchaus Ver- Zwölfjährigen hat die DDR mit Sicherheit kein eine Befragung früherer DDR-Bürger, daß ständnis haben. Unrecht zugefügt. Doch für den „Spiegel“- 70 % der Angesprochenen diesen verleum- Dr. Günther Sarge, Grünheide Reporter galt sie als sachkundige Zeitzeugin. derischen Begriff für die DDR ablehnten. „Hat die Erklärung zum Koalitionspapier prak- Der Generalstaatsanwalt des Landes Bran- Unser Autor war Präsident des Obersten tische Folgen?“ wollte das Hamburger Blatt denburg Dr. Rautenberg schrieb dazu am Gerichts der DDR. von der jungen Dame wissen. „Unbedingt“, 13. März 2013 in der Presseschau: „Obwohl antwortete Frau Siegesmund. „Es geht nicht auch ich schon die DDR so bezeichnet habe, nur um eine Unterschrift. Wir wollen etwa werde ich weiterhin alle diejenigen in Schutz die wissenschaftliche Aufarbeitung der SED- nehmen, die sich – wie mein derzeitiger Justiz- Diktatur ausbauen, wobei es bei der SED nicht minister – in der wissenschaftlichen Diskus- Am 1. Januar wird unsere bis ins hohe aufhören darf. Auch die Rolle der Blockpar- sion weigern, dies zu tun. Denn der Begriff Alter überaus aktive Genossin teien kommt in den Fokus.“ ‚Unrechtsstaat‘ ist anders als ‚Rechtsstaat‘ Na prächtig, dafür hat die grüne Nachwuchs- kein juristischer, sondern ein politischer Elisabeth Monsig politikerin ja die allerbesten Voraussetzun- Terminus. Zudem begünstigt eine derartige aus Gartz 91 Jahre alt. gen! Was für ein Übermaß an Selbstvertrauen! Wortwahl die Gleichsetzung der SED mit der Die vor vielen Jahren aus der Alt-BRD Solange sich die Grünen um den Schutz der NS-Diktatur, die sich allein wegen der natio- in die DDR übergesiedelte Kommuni- Kröten und Fledermäuse bemühen, tun sie nalsozialistischen Massenmorde verbietet.“ etwas Nützliches. Doch bedauerlicherweise Immer wieder muß die Gewaltenteilung – ein stin ist dem „RotFuchs“ fest verbun- mangelt es ihnen an Erinnerungsvermögen. klassisches Prinzip der bürgerlichen Revo- den. Sie hat ihn immer wieder durch Offenbar haben viele inzwischen vergessen, lution – als Beweis für die Existenz eines ihre Beiträge bereichert. daß ihr wandlungsfähiger Ex-Außenminister Rechtsstaates herhalten. Die Dreiteilung in Von Herzen alles Gute! Joseph Fischer einst ein „zweites Auschwitz“ Legislative, Exekutive und Gerichtswesen ist erfand, um die völkerrechtswidrige Teil- aber schon längst eine dem Wahlvolk vorge- nahme der BRD-Luftwaffe am Überfall auf gaukelte Illusion. Am 29. Januar um 14 Uhr spricht Bot- Jugoslawien zu rechtfertigen. Der tausend- Das Parlament (Legislative) wird zunehmend schafter a. D. Klaus Hartmann auf einer fache Mord an Serben geht so auch auf das durch Lobbyisten beherrscht, die im Auftrag Veranstaltung der RF-Regionalgruppe Konto eines damals grünen Politikers. von Interessengruppen die Weichen stellen Magdeburg in der Kühleweinstraße Wenn Aufarbeitung, dann bitte allseitig und sogar die Gesetze vorgeben. Der Regie- (Kulturraum am Ende der Sackgasse) über und ohne Einschränkungen! Das trifft auch rungsapparat (Exekutive) zerlegt sich nach das Thema auf Gabriels SPD zu, deren Außenminister amerikanischem Muster in ähnliche Einfluß- Steinmeier bei der völkerrechtswidrigen sphären und ist der Wählerkontrolle entzo- Kubas Öffnung für das Auslands- Einmischung zum Sturz des ukrainischen Prä- gen. Die jurisdiktive Gewalt erweist sich kapital zur Festigung der sozialis- sidenten Janukowitsch und der Installierung immer stärker als Zweiklassenjustiz. Und vor tischen Wirtschaft RotFuchs / Januar 2015 Seite 13

Rotarmist Arthur Pieck barg 1945 in Berlin eine vergrabene Kassette der KPD Über Leben und Tod zweier Widerstandshelden

harlotte wird 1906 in einer Berliner nach dessen Direktiven und informieren die bittet dringend, aus ihrer Abstellkammer CArbeiterfamilie geboren, Erich 1907. Nach Genossen über die jeweilige Situation. die Aktentasche hinter der Kartoffelkiste und dem Volksschulbesuch erlernt das Mädchen „Paul“ verfaßt die Zeitung „Der Friedenskämp- die Kassette unter den Dielen zu bergen und den kaufmännischen Beruf und arbeitet als fer“. Sie erscheint von Februar bis Dezember sicher zu verwahren. Außerdem soll Elli von Kontoristin. Erich muß als Laufbursche und 1942 monatlich im Umfang von 8 bis 16 Seiten. verschiedenen Telefonzellen aus Genossen später als Hilfsarbeiter kärglich sein Brot ver- In einem redaktionellen Kommentar bewertet anrufen und sagen: „Der Koffer ist verloren- dienen. Oft sind beide ohne Einkommen. Im er die jeweilige politisch-militärische Situa- gegangen.“ Dazu muß sie vier Fernsprech- Arbeitersportverein „Fichte“ lernen sie sich tion sowie die Stimmung der Bevölkerung. Er nummern auswendig lernen. Es gelingt ihr, kennen, demonstrieren sie mit den roten fordert zu Aktionen gegen den Krieg auf. Erich diesen Auftrag noch am selben Tag zu erfül- Sportlern gegen das Elend und die drohende Garske entwirft den Kopf des kleinen Blattes len. Die Genossen sind gewarnt! faschistische Gefahr. 1930 treten beide der und zeichnet für die meisten Ausgaben wir- Charlottes Sohn Gerd kommt nach einigen KPD bei. Sie heiraten im selben Jahr. kungsvolle Titelbilder. So zeigt er den Tod Wochen frei. Im März 1943 steigt der 16jäh- Nach der Machtauslieferung an Hitler wir- in faschistischer Uniform, der sich mit einer rige Klempnerlehrling in Arbeitskleidung ken Erich und Charlotte, ihr Bruder Walter Pistole in der Knochenhand über die mit vie- leise bis zur 4. Etage des Hauses, in dem er bis Schaewe sowie die Schwestern Annemarie len Grabkreuzen bedeckte Erdkugel beugt. Januar mit seinen Eltern gewohnt hat, hinauf. Lerche und Gertrud Ihn sichern die mit Maykowsky – alle Pistolen bewaffneten Mitglieder der Par- Walter Schaewe und tei Ernst Thälmanns Wilhelm Weidhöner. – im antifaschisti- Es gelingt Gerd, in schen Widerstand. ihre Abstellkammer, Sie knüpfen abgeris- einen stillgelegten sene Verbindungen, Fahrstuhl, lautlos übermitteln Par- einzudringen. Die teibeschlüsse, kas- Aktentasche fehlt. sieren Beiträge und Vorsichtig schiebt verteilen illegale der Junge die Kar- Schriften. 1934 hel- toffelkiste zur Seite, fen sie Bruno Leusch- hebt die Dielen hoch, ner bei Herstellung birgt die Kassette, und Vertrieb der wickelt sie in seine „Neuköllner Sturm- Arbeitsjacke und fahne“. Garskes verläßt unbemerkt gewähren in ihrer das Haus. Danach kleinen Wohnung fährt er mit U-, S- und Illegalen oft wochen- Straßenbahn kreuz lang Unterkunft. Seit und quer durch Ber- 1935 arbeitet Char- lin, bevor er sich in lotte als Kontoristin Schaewes Wohnung bei der Firma Schapi- Charlotte und Erich Garske starben für ein besseres Deutschland. wagt, die nun auch rograph. Diese stellt sein Zuhause ist. Vervielfältigungs- und Druckmaschinen her. Für die Januarausgabe 1943 skizziert Erich Sie entscheiden, die Kassette aufzubrechen. Im Frühjahr 1934 bezieht die Familie eine den „Führer“, der durch Stiefeltritte aus den Diese enthält Dokumente, Stempel und 15 000 Dreiraumwohnung in einem teilweise still- Staaten der Antihitlerkoalition vornüber zu Reichsmark. Das Geld verwahrt Walter sicher, gelegten Fabrikgebäude. Diese eignet sich gut Boden stürzt. Die Texte schreibt Charlotte auf Dokumente und Stempel vernichtet er. für Treffs. Der KPD-Funktionär Eugen Schwe- Matrizen, die sie aus ihrem Betrieb beschafft. Am 17. Februar wird auch Charlotte verhaf- binghaus, der die zentrale Leitung der Partei Am 30. Januar 1943 klingelt es gegen 22 Uhr tet. Der faschistische „Volksgerichtshof“ ver- unterstützt, bewohnt dort ein Zimmer. heftig an Garskes Wohnungstür. Acht Gesta- urteilt sie und Erich Garske am 9. November Charlotte gelingt es, ein Kopiergerät an einen poleute dringen ein. Sie durchwühlen alles, 1943 zum Tode. Erich wird am 13. Dezember, „Wehrmachtsbetrieb“ außerhalb Berlins zu ohne belastendes Material zu finden. Erich Charlotte drei Tage später hingerichtet. Am schicken, das Gerd Fischer, ihr Sohn aus erster und „Paul“ werden sofort verhaftet, Gerd fest- 14. Juli 1944 ermorden die Faschisten auch Ehe – zerlegt und in 10 Paketen als Wurst- genommen, Charlotte täuscht einen Nerven- Wilhelm Knöchel („Paul“). maschine deklariert – an der Gepäckausgabe zusammenbruch vor und kommt zunächst in Am 26. Juni 1945 sind Charlottes Schwestern des Schlesischen Bahnhofs empfängt. Er lie- die Heilanstalt Berlin-Lichtenberg. Annemarie und Gertrud dabei, als ein Offizier fert es per Handwagen in der Gartensiedlung Kurz danach fährt Elli Schaewe auf Umwegen in der Uniform der Roten Armee im Kleingar- Johannisthal ab. zu Charlottes Schwester Gertrud. Sie verbren- ten an der Adlershofer Friedhofsmauer eine 1938 qualifiziert sich Erich zum Technischen nen alles Schriftgut. Danach begibt sich Ger- Kassette ausgräbt. Es ist Arthur, Wilhelm Zeichner. Drei Jahre später arbeitet er in die- trud sofort zu Schwester Annemarie, in deren Piecks Sohn. Das Fundstück enthält 24 900 sem Beruf bei der Berliner Firma Argus, die Wohnung sich eine Kassette der Operativen Reichsmark, die noch gültige Währung, und Antriebsmittel für Hitlers „Wunderwaffe V1“ Leitung befindet. Beide Schwestern bringen drei Dokumente, wie Arthur Pieck beschei- herstellt. sie zu einer entfernten Verwandten. Dieser nigt. Walter und Elli Schaewe übergeben die Seit Ende Januar 1942 wohnt Wilhelm Knö- gehört an der Friedländer Straße direkt hin- 15 000 RM aus Charlottes Kassette an Wil- chel („Paul“) bei Garskes. Er gehört dem ZK ter der Friedhofsmauer in Berlin-Adlershof helm Pieck. der KPD an und leitet gemeinsam mit Alfred ein Garten. Dort wickeln sie die Kassette in In der DDR trugen zahlreiche Kollektive und Kowalke und Robert Uhrig den landesweiten Ölpapier und vergraben sie beim Vorbau der Einrichtungen den Ehrennamen dieser auf- Widerstand. Sie unterhalten neben anderen Sommerlaube. rechten Kommunisten und Kämpfer für ein Auslandskontakten eine ständige Verbin- Während dieser Zeit besucht Elli ihre Schwä- sozialistisches Deutschland. dung zum ZK der KPD in Moskau, arbeiten gerin in der Nervenheilanstalt. Charlotte Margitta Wiehle, Greifswald Seite 14 RotFuchs / Januar 2015

Warum der Nimritzer Ortschronist Herbert Klinger auch mit 90 nicht aufgibt Ein Friedensreport über den Krieg

Vor vier Jahren wurden auf einer Ausstellung dafür dankbar, selbst wenn es jedesmal weni- Wiedersehen stehen für ihn aber nicht im im Stadtmuseum Jena die Kriegstagebücher ger werden, denen er ein neues aktualisiertes Zeichen eines rückwärtsgewandten Kame- von Angehörigen der faschistischen Wehr- Exemplar seiner Erinnerungen übergeben radschaftstreffens, sondern im Sinne eines macht – darunter auch meine Aufzeichnungen kann. In Nimritz bei Pößneck ist er zu Hause. bescheidenen Beitrags für Frieden und Ver- seit 1942 – gezeigt. Organisatorinnen der in ins- Als ehrenamtlicher Chronist sichert er in mitt- ständigung. … Der Krieg endete für ihn im gesamt acht Räumen untergebrachten Exposi- lerweile meterlangen Reihen von Aktenord- Januar 1945, nachdem er zuletzt an der tion waren die Mitarbeiterinnen der Universität nern Jahr für Jahr die Geschichte seines Ortes „Ardennenoffensive“ teilgenommen hatte, mit Oldenburg Dr. Petra Popp und Dr. Sandra Starke, und dabei die seines eigenen Lebens. Der erste amerikanischer Gefangenschaft. Zu seiner die meine Notizen kommentierend vorstellten. Band stammt aus dem Jahr 1942 und trägt den Sammlung gehören auch Flugblätter, die deut- Ich meldete mich als Kriegszeuge zu Wort, weil Titel: „17- bis 18jährige an die Ostfront befoh- sche Soldaten zur Aufgabe und zum Überlau- ich – wie andere noch Übriggebliebene des gro- len! Jugendgeschichte gegen Wiederholungen, fen aufforderten. ßen Gemetzels – nur auf Frieden eingestellt bin. mit Kriegen muß Schluß sein!“ Hier ein Auszug aus der seinerzeitigen Präsen- Herbert Klingers Kompanie bestand zur Seit der Ausstellung habe ich mein Tagebuch tation in Jena. Hälfte aus jungen Männern vom Niederr- auf 240 Seiten vervollkommnet. Vier Überle- hein, die anderen stammten wie er selbst aus bende unserer Einheit – sie wurden 2014 wie ein Leben als Soldat hat er minutiös doku- Thüringen. Zunächst waren sie im Rahmen ich 90 Jahre alt – halten Verbindung unterein- Smentiert. Als Warnung und Mahnung des Reichsarbeitsdienstes bei Minsk und bis ander. Wir alle sind mit dem Buch als Friedens- möchte Herbert Klinger seine Dokumentation zum Don hin eingesetzt. „Nur wenige haben Agitatoren und Zeitzeugen vor allem an Schulen verstanden wissen. „Jeden Tag, im Stehen, im überlebt“, erzählt er bei der Durchsicht seiner unterwegs. Liegen, im Sitzen, wie es eben ging“, hielt er Aufzeichnungen immer wieder. Doch diese Für mich als Mitglied der Partei Die Linke hat seine Eindrücke fest, nachdem auch der Jahr- Wenigen wollte er suchen. … unsere jahrzehntelange Propaganda nur einen gang 1924 die Einberufungsbefehle bekommen Seit 1990 fahndete Herbert Klinger gezielt Inhalt: Friede auf Erden und den Menschen ein hatte. … Wenn er die einstigen Soldaten, heute nach Überlebenden des RAD-Einsatzes in Wohlgefallen! Männer weit über 80, wiedersieht, sind sie ihm Westdeutschland. Die dadurch ermöglichten Herbert Klinger, Nimritz (Saale-Orla-Kreis)

BRD bekennt sich zur Hymne des Chauvinismus

ie Melodie der BRD-Hymne wurde von Ersten Weltkrieg betrachtet wurde. Nach Demokratischen Partei/Deutsche Staats- DJoseph Haydn 1796/97 in Wien als Kai- der Machtauslieferung an die Hitlerfaschi- partei, die wie die Deutsche Zentrumspartei, serhymne komponiert. Den Text schrieb sten trat genau das ein. Dieser Tatsache war der Adenauer angehörte, am 23. März 1933 August Heinrich Hoffmann von Fallersleben sich Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) dem berüchtigten „Ermächtigungsgesetz“ zur im Jahre 1841 als „Lied der Deutschen“. durchaus bewußt, als er 1952 gemeinsam Legitimierung der Gewaltherrschaft Hitlers Am 10. August 1922 erklärte Reichspräsi- mit Bundespräsident Theodor Heuss (FDP) zustimmte. dent Friedrich Ebert (SPD) alle drei Strophen die dritte Strophe des Deutschlandliedes als Im Zeichen dieser Hymne, die meist zusam- zur Nationalhymne der Weimarer Republik. BRD-Nationalhymne durchsetzte. Auch SPD- men mit dem Horst-Wessel-Lied der SA Bei August Bebel gebliebene redliche Sozi- Vorsitzender Kurt Schumacher unterstützte gesungen wurde, brach das faschistische aldemokraten wandten sich gegen den Text, trotz eigener bitterer Erfahrungen mit dem Deutschland den Millionen Menschenleben der von ihnen nicht ohne Grund als Auffor- Faschismus den Vorschlag. Heuss war 1933 fordernden Zweiten Weltkrieg vom Zaun. derung zur Revanche für die Niederlage im Reichstagsabgeordneter der Deutschen Dr. Ulrich Sommerfeld, Berlin

Neues Deutschland-Lied

Kriege, Kriege überall Marschmusik, Trompetenschall, deutsche Rüstung liefert gut, Geld fließt stets für fremdes Blut.

Daß man gern läßt Säbel blitzen, kennt man schon vom Alten Fritzen. Ja, wir sind jetzt wieder wer. Mit dem starken Bundesheer kommt man in die weite Welt, kehrt oft heim als toter Held. All das nennt man VATERLAND. Auch als Deutschland wohlbekannt.

Eva Ruppert RotFuchs / Januar 2015 Seite 15

Der „Rechtsstaat“ und sein Ex-Präsident

s gibt inzwischen kaum einen Politiker, in die Schulzeit reichen die Nachforschungen. DDR an, sondern jenen selbstproklamierten E der auf gedruckte „Erinnerungen“ ver- Das Ergebnis ist in 30 000 Seiten Hauptak- Rechtsstaat, dessen oberster Repräsentant zichten mag. Die einen haben – wie Willy ten niedergelegt. Am Ende wurde wegen des er war. Auch sein Urteil über die grenzenlose Brandt und Franz Joseph Strauß – am Ende Verdachts der Vorteilsnahme beim Münch- Allmacht der Presse in der BRD ist vernich- ihres Lebens versucht, den durch tend: „Im Kampf zwischen Medien sie eingeschlagenen politischen und Politik geht es … längst nicht Weg zu rechtfertigen. Helmut Kohl mehr um die Feststellung von oder auch Michail Gorbatschow Schuld und Unschuld. Das Urteil sind bemüht, sich noch zu ihren ist gefällt, bevor der Prozeß be- Lebzeiten Denkmäler zu errichten. gonnen hat.“ Motive dieser Art sind bei Chri- Der Leser erfährt, falls er das stian Wulff nicht auszumachen. noch nicht wissen sollte, was in In seinem Buch „Ganz oben. Ganz der Politik dieses Landes von- unten“ schildert er kaum die ei- statten geht: Parteitage seien gene Vergangenheit und die Amts- „häufig Inszenierungen, bei denen zeit im Schloß Bellevue, die nur im Vorfeld genau festgelegt wird, 598 Tage dauerte. Er berichtet wer … zu welchem Zeitpunkt über seinen erzwungenen Rück- redet. Bereits die Tagesordnung tritt und den anschließend gegen ist ein Kompromiß mit Blick auf ihn geführten Prozeß. Christian die Außenwirkung.“ Bemerkun- Wullf will Licht in die Arbeit der gen Kurt Biedenkopfs, Richard Ermittler bringen und die Vor- von Weizsäckers, Jürgen Trittins würfe bestimmter Meinungsma- und anderer werden von Wulff als cher entkräften: „Mein Freispruch Beleg dafür angeführt, die Empö- hat die mediale Vorverurteilung Dieser „Blind“-Leser wurde vor geraumer Zeit von Ramona Metz rung seines Vorgängers Horst nicht aufwiegen können. Die Her- an einer Mauer unweit des S-Bahnhofs Erkner entdeckt. Köhler über den „Schweinejour- stellung meiner Ehre im staats- nalismus“ zu begründen. Übrigens bürgerlichen Sinn ersetzt nicht den Verlust ner Oktoberfest 2008 Anklage erhoben. Die verwendete auch Oskar Lafontaine diesen meiner Ehre als öffentliche Person.“ Große Strafkammer beim Landgericht Hanno- Begriff. Wulffs Anliegen ist es, sich vor der Allge- ver setzte 22 Verhandlungstage fest. Die Auf- Hier hätte eine Recherche darüber Platz meinheit zu rehabilitieren. Die Fakten, die er klärung der gegen mich erhobenen Vorwürfe gehabt, wie Joachim Gauck mit maßgeblicher anführt, gehen weit über eine private Abrech- dürfte insgesamt vier- bis fünf Millionen Euro Hilfe von „Bild“ als Nachfolger des Gestürz- nung hinaus. Das trifft vor allem auf seine gekostet haben. Der Ermittlungsaufwand … ten auf den Präsidentenstuhl gehievt wor- Polemik gegen „Bild“-Chefredakteur Kai Diek- stand … schon bald in keinem Verhältnis zu den ist. mann zu, der die Verleumdungskampagne den Anschuldigungen. Im Zuge der Ermittlun- Wulffs Buch erhält eine weitere Dimension, gegen ihn eingeleitet hatte: „Wer bestimmt gen wurden Grundrechte wie die Unverletz- wenn wir es auf dem Hintergrund der Tatsa- den Kurs in diesem Land, die ,Bild‘-Zeitung lichkeit der Wohnung, das Fernmelde- und che lesen, daß dieselbe Justiz und dieselben oder ein Richter am Landgericht Hannover?“, Postgeheimnis, das Bank- und Steuerge- Medien, die der Ex-Präsident an den Pranger fragt Wulff. heimnis, die Verschwiegenheitspflicht ein- stellt, zugleich auch Ankläger und Richter Er hat folgendes zu beklagen: „Eine 24köpfige geschränkt.“ über Zehntausende von den Inquisitoren der Ermittlergruppe des Landeskriminalamtes Der Leser merke auf: Dieser Ex-Präsident der Gauck-Behörde gehetzte DDR-Bürger gewe- hat mein gesamtes Leben durchleuchtet. Bis BRD klagt nicht etwa den „Unrechtsstaat“ sen sind. Prof. Dr. Horst Schneider

Ein Ettersburger „Initiativbau“

ach den mich anwidernden „Mauerfall“- volkseigenen Weimarer Schlachthofes. Eine Heim besonders beliebte Schwester als ört- NArien, die im Bundestagsauftritt eines Straßenbaufirma sagte uns die notwendige liche Spitzenkandidatin zu gewinnen, erran- abgewrackten antikommunistischen Krakee- materielle und logistische Unterstützung zu, gen die Schwarzen einen klaren Sieg. Lothar lers kulminierten, drängt es mich, den Lesern während die Arbeitskräfte von der Gemeinde Geis wurde „ganz demokratisch“ abgewählt, des RF eine „Wendegeschichte“ besonderer Art gestellt werden mußten. an seine Stelle trat ein gewendeter Bürgermei- zu erzählen. Unser Projekt kam bald in die Gänge. Als ster. Doch nach nur einer Wahlperiode mußte Damals wohnte ich in Ettersburg, einem Ort anderswo DDR-Bürger bereits die „Wende“- Kohls Mann die Segel streichen. Genosse Geis unweit des Nazi-Konzentrationslagers Buchen- Parole „Wir sind das Volk“ skandierten, sorgte kehrte auf seinen Posten zurück. wald. Unser Bürgermeister Lothar Geis war dasselbe Volk in Ettersburg für Verbesserun- Heute entrichten die alten Leute nicht mehr ein früherer Offizier der DDR-Grenztrup- gen der Infrastruktur. Auch etliche Kritiker wie zu DDR-Zeiten 150 Mark im Monat für pen. Der Gemeinderat und der Ortschaftsrat der DDR ackerten unverdrossen in der Stra- einen Heimplatz, sondern müssen bis zu 3000 der Nationalen Front, den ich leitete, bildeten ßenbaubrigade und überhörten das Geschrei Euro berappen. An den Rentenzahltagen ste- die „Lokalregierung“ und gaben den „Etters- anderer. Uns Kommunisten verschaffte die hen auch keine Angehörigen in der Schlange, burger Landboten“, eine beliebte Informati- Aktion unter schwierigen Bedingungen Auf- weil für sie nichts abfällt. Im Gegenteil: Die onsquelle, heraus. 1988 planten wir einen wind. Doch jene, welche die DDR aufs Kreuz meisten Jungen müssen für den Heimaufent- „Initiativbau“, wie nicht im Staatsplan aufge- legen wollten, hatten noch einen besonderen halt der Alten blechen. führte Vorhaben bezeichnet wurden. Es ging Pfeil im Köcher: „freie Wahlen“. Die damals von uns instandgesetzten Etters- um die Befestigung von Straßen und Wegen. In Ettersburg befand sich das modernste burger Straßen und Wege aber sind weiter- Seele dieses unter unseren Verhältnissen recht Altersheim Thüringens. Am Wahltag stellte hin intakt: Es wird sie vermutlich noch geben, kühnen Unterfangens war Oberstleutnant der es zwei Drittel aller Stimmberechtigten des wenn wieder einmal bessere Zeiten anbrechen. NVA a. D. Kurt Kmetsch, damals Direktor des Ortes. Da es der CDU gelungen war, eine im Peter Pöschmann, Döbeln Seite 16 RotFuchs / Januar 2015

Wie DDR-Erfahrungen den Agrarsektor vor dem Ruin bewahrten Im Osten was Neues

ls ein seit 1945 an der Entwicklung der mit den Besitzverhältnissen zusammen. Es Familien auf dem Hof tätig waren, kannte er ALandwirtschaft in SBZ wie DDR unmit- kam auch zu Ungerechtigkeiten bei der Bewer- kein Arbeitskräfteproblem und vermochte als telbar Beteiligter und Mitgestalter des Neuen, tung eingebrachten Eigentums an Boden und Einzelbauer problemlos weiterzumachen. Er stehe ich nun im 87. Lebensjahr. Hinter mir Produktionsmitteln. Solche Konflikte setz- war ein erfolgreicher Rinderzüchter mit siche- liegen hochinteressante Jahrzehnte, in denen ten sich nach 1989/90 bis zur Bildung der ren Einnahmen. Die LPG Hopfgarten bot ihm Bedeutendes geschah. neuen Genossenschaften fort. So mußte im an, eine große Herdbuchherde aufzubauen und Wir besaßen auf dem Agrarsektor ein soziali- Kreis Herzberg eine gerade erst entstandene dabei die Leitung zu übernehmen. Das lehnte stisch-genossenschaftliches System, das neben Agrargenossenschaft 1991 sogar in Liquida- er ab. Zwangsmaßnahmen gegen ihn gab es dem staatlichen Sektor existierte und erstmals tion gehen. Mehrere Inventareinbringer hatten nicht. Auch so etwas gehörte zur Realität der in einem Teil Deutschlands verwirklicht wurde. gegen sie gerichtlich geklagt und die Auszah- DDR. Im Westen vervollkommnete man lediglich die lung des Fondsausgleichs gefordert. Die Justiz Noch ein Wort zur heutigen Besitzstruktur ökonomischen Prinzipien des traditionellen gab dem statt. Die Kooperative sollte 150 000 in der Landwirtschaft des Kreises Herzberg. bäuerlichen Familienbetriebs unter den Bedin- DM zahlen, was ihre Möglichkeiten überstieg. Nach wie vor überwiegen dort Großbetriebe, gungen eines sich beschleunigenden kapitali- Der Konflikt beruhte auf beim Eintritt in die die rund 61 % der LN bewirtschaften und stischen Konzentrationsprozesses. Das pries LPG aus der Sicht der Kläger falsch bewerte- die meisten Arbeitsplätze im Kreismaßstab man weiterhin als das Nonplusultra bürgerli- ten Anlagen und Besitztümern. Ob das bewußt anbieten. cher Agrarökonomie. geschehen war oder nur aus Unerfahrenheit , Man stelle sich einmal vor, 1991 seien im Osten Wie sieht es heute in einem brandenburgischen mag dahingestellt sein. Auf alle Fälle führte sämtliche Großbetriebe zerschlagen worden Landkreis, meinem Herzberg an der Schwar- der Rechtsstreit zur Liquidierung einer neuen und nur Einzelbauern übriggeblieben. Ein tota- zen Elster, aus? Genossenschaft, die eigentlich gut begonnen les Chaos hätte sich nicht vermeiden lassen. In der DDR-Endphase wurde dort die Land- hatte. Eberhard Herr wirtschaftliche Nutzfläche (LN), also Äcker Noch ein Rückblick in die erste Hälfte der 50er wie Grünland, von sechs LPG Pflanzenproduk- Jahre: Für die damalige DDR-Führung war tion, 17 LPG Tierproduktion und vier Volks- die Existenz von etwa 850 000 einzelbäuer- Am 11. Januar vollendet Genosse eigenen Gütern sowie einer Anlage für 2000 lichen Betrieben bei offener Grenze zwischen Milchkühe bearbeitet. Die mittlere Ackerwert- zwei gegensätzlichen deutschen Staaten ein Edmund Peltzer zahl beträgt 28. Mit anderen Worten: wenig erheblicher Unsicherheitsfaktor, der die sta- fruchtbar. bile Versorgung von 17 Millionen Bürgern der Vorsitzender der RF-Regionalgruppe Die seit 1969 in der DDR-Landwirtschaft ver- Republik in Frage stellte. , sein 70. Lebensjahr. Mit folgte Spezialisierung hatte große Vorzüge, Da eine beträchtliche Anzahl von Besitzern großem Engagement setzt er sich für aber auch gewisse Nachteile, wobei die Posi- einzelbäuerlicher Betriebe die DDR verlassen die Erweiterung des Einflusses von tiva zweifellos überwogen. Das zeigt sich hatte, fielen immer mehr Höfe an, die nicht Förderverein und Zeitschrift in der besonders auf dem Gebiet der Pflanzenpro- mehr bewirtschaftet werden konnten, also Messestadt ein. duktion, wo die seit 1990 in der Nachfolge der auch keine Produktion lieferten. Man schlug Wir gratulieren unserem bewährten LPG vorwiegend auf Genossenschaftsbasis ent- sie meist den jungen LPG zu, womit diese maß- Mitstreiter, der vor allem auf pädago- standenen landwirtschaftlichen Großbetriebe los überfordert waren, zumal es an Arbeits- gischem Gebiet tätig gewesen ist, in wesentlich stabiler am Markt sind als bäuer- kräften mangelte. In dieser verzweifelten herzlicher Verbundenheit. liche Familienbetriebe. Die Grünen hätten Lage war die Initiative werktätiger Bauern natürlich gerne althergebrachte Bauernhöfe und Landarbeiter, in verschiedenen Bezirken anstelle von „Agrarfabriken“. Das aber ist im der DDR Produktionsgenossenschaften zu bil- kapitalistischen Konzentrationsprozeß unse- den, eine günstige Lösung. Gifte rer Tage eine Illusion. Im Bezirk Erfurt zählte die LPG Merxleben Auf den relativ leichten Böden des Kreises zu den Wegbereitern. Während meines Fach- Pestizide auf dem Teller, Herzberg – es handelt sich vorwiegend um schulstudiums in Weimar besuchte ich sie 1954 Dioxin im Hühnerei. märkischen Sand – gedeihen vor allem Rog- mit meiner Klasse. Der damalige LPG-Vorsit- Allergien kommen schneller, gen, Mais, Gerste und Raps. zende – er gehörte übrigens dem ZK der SED an Ist uns das noch einerlei? Die jahrzehntelange genossenschaftliche Pro- – erläuterte uns die Vorteile genossenschaft- Uns’re Abwehrkräfte schwinden duktion in der DDR-Landwirtschaft hatte zur licher Arbeit. Im Dorf gab es bereits erste dank der Zusatzstoff-Chemie. Folge, daß der Gedanke gemeinsamen Arbei- Neubauten, vor allem Ställe. Auch in anderen Auch die Salmonellen finden tens tief in das Bewußtsein der bäuerlichen DDR-Bezirken fanden sich Initiatoren, die auf uns so attraktiv wie nie. Bevölkerung eingedrungen ist. Das war auch diesem schwierigen Weg erfolgreich voran- eine der Ursachen dafür, daß sehr schnell wie- gingen. Futtermittel, Futterfette der Genossenschaften entstanden, nun aller- Bei all dem berücksichtigten wir die konkreten sind schon lange nicht mehr rein. dings nach bürgerlichem Recht. deutschen Bedingungen in der Landwirtschaft, Die versaute Nahrungskette Übrigens gab es während des Prozesses der überstürzten nichts und wählten eine stufen- trifft uns alle, Mensch wie Schwein. LPG-Bildung in der DDR auch stabile Mittel- weise Vergesellschaftung. Beginnend mit Typ I und Großbauern, die sich aus den verschie- (genossenschaftliche Bewirtschaftung und Und im Fisch sind Schwermetalle, densten Gründen der genossenschaftlichen von Äckern und Grünland), ging es über den Öl bedeckt den Ozean. Produktion verweigerten. Viele von ihnen setz- seltenen Mischtyp II zum Typ III, wo auch die Mensch, wir sitzen in der Falle, ten sich in den Westen ab, solange die Grenze Tierproduktion gemeinsam betrieben wurde. Nahrung geht uns alle an! noch offen war. Dadurch verlor die DDR-Land- Darin unterschied sich die Genossenschafts- wirtschaft nicht wenige Fachleute. Zu den bildung in der DDR deutlich von der Kollekti- Doch wir essen und wir trinken ernsthaften Gründen für deren Weggang zähl- vierung der Landwirtschaft in der UdSSR, wo ohne Sinn, ohne Verstand. ten das nach Hofgröße gestaffelte System der gleich alles Gemeineigentum war. Werden ganz im Gift versinken! Ablieferungspflicht für Agrarprodukte und Noch eine Kuriosität: In Hopfgarten (Kreis Neue Seuchen braucht das Land! Überspitzungen beim Entstehen der LPG. Weimar) gab es einen Großbauern, der nie mit Zweifellos hingen Sympathien und Antipathien, seinem Betrieb in die LPG einzutreten bereit Brunhild Hauschild die in jedem Dorf eine Rolle spielen, oftmals war. Da er drei Söhne hatte, die alle mit ihren RotFuchs / Januar 2015 Seite 17

Welchen Charakter trugen die sozialen Umwälzungen in Osteuropa? Über Revolutionen und Konterrevolutionen

eit 1989 wird von gewissen Pseudo-Lin- dadurch geprägt, daß die Rote Armee zu- wesentlichen Unterschied zu früher: Die Sken die These verbreitet, die sozialisti- nächst die faschistischen Okkupanten ver- Kommunistische Partei der Tschechoslo- schen Staaten Osteuropas seien deshalb treiben und niederwerfen mußte. zusammengebrochen, weil dort keine ech- In Polen übernahmen Kommunisten und stärkste nationale Kraft die Entwicklung ten Revolutionen unter Einsatz von Gewalt andere linke Kräfte zwar sofort die Macht, wakeides Landes. (KSČ) bestimmteSchon 1946 von wurde Beginn ihr an Vor als- stattgefunden hätten. Ohne diese gäbe es mußten sich aber bis 1948 mit ihren Geg- sitzender Klement Gottwald zum Mini- natürlich auch keine Konterrevolutionen. nern bürgerkriegsähnliche Auseinander- sterpräsidenten berufen. Versuchen der Die volksdemokratischen Umwälzungen setzungen liefern. Reaktion, den revolutionären Prozeß durch in Ost- und Südosteuropa werden ebenso in Abrede gestellt wie der konterrevolu- tionäre Gegenschlag Ende der 80er Jahre. Ganz anders verhalte es sich, wenn kom- munistische Kräfte wie in China, Vietnam und Kuba auf revolutionärem Wege an die Macht gelangt seien. Solche Positionen lassen darauf schließen, daß marxistisch-leninistische Vorstellun- gen zur Machtfrage aufgegeben worden sind. Wie aber sollen von jenen, welche eine linke Partei führen oder maßgeblich beeinflussen, da Impulse zur Überwindung der kapitalisti- schen Gesellschaft ausgehen? Wenden wir uns den Fakten zu: In Rußland – dem Kern der späteren UdSSR – wurde die Macht in einer klassischen sozia- listischen Revolution errungen und nach mehr als sieben Jahrzehnten preisgegeben. Fälschlicherweise wird der Begriff Revo- lution generell mit einem gewaltsamen Die sowjetischen Befreier bahnten den Weg: Sanitäterinnen und Infanteristen der Roten Umsturz gleichgesetzt, obwohl dies lediglich Armee 1944 an der Leningrader Front ein Aspekt der Überwindung eines überleb- ten Regimes ist. Die eigentliche Machterobe- In Jugoslawien und Albanien konnten im eine künstlich herbeigeführte Regierungs- rung dauert in der Regel nur kurze Zeit, wird Zuge der nationalen Befreiung durch Vertrei- aber zum Wesen der Revolution erklärt. Die bung der mit Hitler und Mussolini kollabo- 1948 mit einer gesellschaftsverändern- inhaltliche Ausprägung einer tiefgehenden rierenden Elemente von der Macht zugleich kriseden Aktion aufzuhalten, entgegen. trat Imdie ZentrumKSČ im Februar Prags revolutionären Umwälzung nimmt Jahre und auch die Vorkriegsverhältnisse umgewälzt marschierten Zehntausende bewaffnete Jahrzehnte in Anspruch. werden. Dabei entstanden auf gewaltsa- Angehörige der Arbeitermilizen auf. Die Dabei sind jene rechtsopportunistischen mem Wege Voraussetzungen für sozialisti- heutigen Machthaber diffamieren diese „neuen Denker“ nicht einmal auf der Höhe sche Revolutionen. großartige Manifestation des Volkswil- aktueller bürgerlicher Erkenntnisse: Eine In Rumänien und Bulgarien hatten im August lens als kommunistischen Putsch. Revolution sei „ein Umsturz der bestehen- und September 1944 Volksaufstände die Der Erfolg der osteuropäischen Linkskräfte den politischen und sozialen Ordnung“, liest faschistischen Regierungen zu Fall gebracht war also keineswegs nur den „Bajonetten“ man im Duden (Fremdwörterbuch). Es han- und Bedingungen für eine sozialistische der sowjetischen Befreier geschuldet, son- dele sich um „eine Umwälzung der politi- Machtübernahme geschaffen. Diese fand dern vor allem auch Ergebnis einer seit den schen und gesellschaftlichen Verhältnisse“, erst 1948 ihren Abschluß. 30er Jahren klug verfolgten Bündnispolitik heißt es im Schülerduden (Geschichte). Hier- In Ungarn zerschlug die Rote Armee das mit und deren konsequenter Umsetzung, was bei ist Gewaltanwendung „kein unverzicht- Nazi-Deutschland verbündete Pfeilkreuzler- die bäuerliche Bevölkerungsmehrheit suk- bares Kriterium“ (Schülerduden [Politik und Regime Horthys, was auch dort den Weg für zessive in das Lager der Revolution führte. Gesellschaft]). Ausschlaggebend für eine Veränderungen öffnete. Die Errichtung der Eine in sämtlichen osteuropäischen Län- Revolution ist also nicht das Wie, sondern Nachkriegsordnung entsprach den Kriterien dern unmittelbar nach der Befreiung voll- das Was. einer bürgerlich-demokratischen Revolution, zogene demokratische Bodenreform trug Gewaltsame Erhebungen, die auch als der die militärisch geschlagenen Faschi- wesentlich zur Veränderung des innenpo- Revolutionen bezeichnet wurden, gab es sten vor allem auch wegen der Anwesenheit litischen Kräfteverhältnisses bei. Mit der in der Geschichte etliche. Doch die mei- sowjetischer Truppen im Lande nichts entge- Nationalisierung der Grundstoff- und Schlüssel- sten wurden niedergeschlagen, bevor eine genzusetzen vermochten. Doch die reaktio- industrien gewannen die Kommunisten auch tiefgehende Veränderung der sozialen Ver- nären Kräfte waren hier wie in Polen weitaus unter sozialdemokratischen Werktätigen an hältnisse hätte erfolgen können. stärker als in anderen ost- und südosteuro- Sympathien, was den späteren organisato- In Osteuropa, wo die Rote Armee angeb- päischen Ländern. So konnte die sozialisti- rischen Zusammenschluß der Arbeiterpar- lich „alles gerichtet“ haben soll, vollzogen sche Machtübernahme in Ungarn erst spät teien begünstigte. sich als volksdemokratisch bezeichnete erfolgen. Die neue Ordnung blieb zeit ihres Die Errungenschaften der volksdemokra- Revolutionen, die aus mehreren Etappen Bestehens gefährdet, wie die Konterrevolu- tisch-sozialistischen Revolutionen in Ost- bestanden: Auf den nationalrevolutionären tion von 1956 offenbarte. europa wurden im Zuge des sukzessiven Befreiungskampf folgten zunächst bürger- Zusammenbruchs der Sowjetunion unter lich-demokratische Umwälzungen, die spä- Armee verließ schon 1946 das Land. Die Gorbatschow sowie des Wirkens innerer ter in eine sozialistische Machteroberung Inbürgerlichen der ČSR lagen Verhältnisse die Dinge anders. aus der Die Zeit Rote vor Gegner durch die konterrevolutionäre Wie- mündeten. 1938 wurden unter dem aus der Emigra- derherstellung der alten Macht- und Eigen- Die gesellschaftlichen Veränderungen in tion zurückgekehrten Präsidenten Beneš tumsverhältnisse zerstört. Polen und der Tschechoslowakei waren zwar wiederhergestellt, doch mit einem Dr. Bernhard Majorow Seite 18 RotFuchs / Januar 2015

Sechs von zehn stimmberechtigten USA-Bürgern blieben den Urnen fern Das Fiasko der Mid-Terms

ie Mid-Term-Elections, wie in den USA Präsidentschaftswahlen in einem Bundes- Verlassen der Stimmlokale interviewt wur- D die Zwischenwahlen bezeichnet werden, staat auch nur einen einzigen Wähler mehr den, äußerten sich negativ über fast alles brachten im November 2014 angeblich einen für sich verbuchen kann, dem werden die – vom Präsidenten über den Kongreß bis haushohen Sieg der republikanischen Grand über den künftigen Staats- und Regierungs- zu den beiden großen Parteien sowie zum Old Party (GOP) und eine vernichtende Nieder- chef entscheidenden Wahlmänner samt und Zustand der Wirtschaft und der Führung lage der Demokratischen Partei Präsident Oba- sonders zugeschlagen, während der Unterle- des Landes.“ mas. Tatsächlich konnte die GOP ihre Mehrheit gene leer ausgeht. Besonders selbstentlarvend war die Tatsa- che, daß die US-Medien nur Tage zuvor die Wahlen in der Ostukraine, an denen trotz des Kiewer Bomben- und Raketenterrors über 60 % der Stimmberechtigten teilgenommen hatten, wegen „extrem hoher Abstinenz“ als „shame“ (Schande) bezeichnet hatten. Wäre man in den USA auch nur auf diese „Traum- zahl“ gekommen, hätte das einen Jubelsturm ausgelöst. Von Obama wurde nicht wenig unternom- men, um die Russophobie und damit den Kalten Krieg zu forcieren. Dennoch übt die GOP massiven Druck auf ihn aus, Putin noch mehr zu dämonisieren und auf größere Truppenverlegungen der NATO an die russi- schen Grenzen zu drängen. Während Obama in Syrien und Irak zwar interveniert, ohne den Terroristen der radikal-islamistischen IS ernsthaft zu schaden, indem er auf Boden- truppen verzichtet und „blinde“ Luftschläge führt, verlangt die GOP „sofortige Schritte zum Sturz der syrischen Assad-Regierung“. Die „New York Times“ sprach davon, die Wäh- Der die Demokraten symbolisierende Esel und der republikanische ler hätten „nach einem Weg Ausschau gehal- Elefant zerren am „Lame-duck-President“ der USA. Aus „Economist“ ten, mit Washingtons Unentschlossenheit Schluß zu machen“. Der Genauigkeit halber: im Repräsentantenhaus weiter ausbauen und Jetzt ist von einem Erdrutschsieg der GOP Es handelte sich dabei um weniger als ein sich nun auch unter den 100 Senatoren, von die Rede. Daran stimmt nur eines: Während Drittel der potentiell Stimmberechtigten. Auf- denen ein Drittel neu gewählt wurde, die Majo- 60 % aller Stimmberechtigten den Urnen fern- schlußreich ist auch die Tatsache, daß 25 % rität sichern. Der Präsident der Vereinigten blieben und damit ein vernichtendes Urteil der für die GOP Votierenden anschließend auf Staaten wurde im wörtlichen Sinne zu einer über die ihnen vorgegaukelte „Demokratie“ Journalistenfragen versicherten, sie hätten in seiner Entscheidungsfähigkeit beschnitte- fällten, votierten zahlreiche Wechselwähler ihre Entscheidung nicht aufgrund positiver nen „lahmen Ente“ (lame duck) degradiert. So nach Meinungsumfragen nur deshalb für die Gefühle für die Republikaner getroffen, son- bezeichnet man Residenten im Weißen Haus, GOP, weil sie sich von denen keine anderen legalen Machtmittel als Obamas Wirtschafts- das Überfahren der Mandatsträger durch politik betrogen fühl- Dekretieren zur Verfügung stehen. ten. Die Absage an ihn Ein Wort zum Wechselspiel der beiden ein- war also kein Bekennt- ander am Staatsruder ablösenden großen nis zur GOP, die ihren Parteien: Hinter den Republikanern, der Druck auf den Präsi- prononciert rechteren Formation, stehen – denten jetzt noch mehr vereinfachend gesagt – die erste Reihe des erhöhen wird, um die US-Monopolkapitals und der militärisch-indu- aggressivsten Akzente strielle Komplex. Die vor allem mit Kreisen der Außenpolitik auf die des Finanzkapitals verbundenen Demokra- Spitze zu treiben. ten sind differenzierter zu beurteilen. Da es in Es besteht kein Zweifel den USA keine Sozialdemokratie gibt, erfüllen daran, daß die Entschei- sie als großbürgerliche Partei zugleich auch dung der US-Bürger reformistische Aufgaben. Dabei gibt es unter durch eine alle Dimen- den Demokraten neben eingefleischten Süd- sionen sprengende staatler-Reaktionären auch linksliberale und Einseif- und Irrefüh- gewerkschaftsnahe Sektoren. rungskampagne der Karikatur: Klaus Stuttmann Der Wahlmodus, bei dem man sich im Augen- Medien im wahrsten blick der obligatorischen Registrierung als Sinne des Wortes gekauft worden ist. Nie dern allein aus Protest gegen Obamas Politik. Demokrat, Republikaner oder Unabhängiger zuvor wurden von den Magnaten solche Sum- Das Mandat für die GOP ist also weit von erklären muß, um an den Vorwahlen (Prima- men in eine Mid-Term-Kampagne investiert: einem Vertrauensbeweis der Wähler für diese ries) der beiden politischen Hauptformatio- Vier Milliarden Dollar gaben sie überwie- innenpolitisch erzreaktionäre und außenpo- nen teilnehmen zu können, ist nicht gerade gend für demagogische Werbespots aus, die litisch ultra-aggressive Partei entfernt, son- ein freiheitliches Modell. Bei der Abstim- 24 Stunden am Tag die Bildschirme füllten. dern war ein klassisches Protestvotum. mung gilt das Prinzip „Winner takes all“. Die großbürgerliche „Washington Post“ RF, gestützt auf Information Clearing House, (Der Sieger bekommt alles.) Wer bei den stellte sachlich fest: „Wähler, die nach dem Kanada RotFuchs / Januar 2015 Seite 19

Brasilien: Zweite Amtszeit für Dilma

ine Ära nimmt ihren Fortgang: Bereits in den weniger entwickelten Bundesstaaten 2013 kam es deshalb zu Massenprotesten, die E zum vierten Mal in Folge konnte in Bra- des Nordens und Nordostens. ihren Anfang in Aktionen gegen Fahrpreiser- silien die Arbeiterpartei (Partido dos Tra- »Ich weiß, daß ich wieder zur Präsidentin höhungen hatten und sich schnell auf weitere balhadores, PT) die Präsidentschaftswahl gewählt wurde, um die großen Veränderun- Themenkomplexe ausdehnten. Wut über viele für sich entscheiden. In der Stichwahl am gen herbeizuführen, welche die brasilianische Milliarden Steuermittel für Fußball-WM und 26. Oktober 2014 entfielen auf Amtsinhabe- Gesellschaft fordert«, erklärte Rousseff am Olympia in Rio de Janeiro 2016, die zum Teil rin Dilma Rousseff – in Brasilien meist nur Wahlabend. An erster und wichtigster Stelle in dunklen Kanälen versickerten, brach sich Dilma genannt – 51,6 Prozent der Stimmen. stehe dabei die politische Reform. Ziel dieses Bahn. Damit hat sie auch in der neuen Legislatur- von der Präsidentin angestrebten Projekts Die rechtslastigen Medien versuchen seit- periode, die am 1. Januar begann, als Staats- sind transparenter und effizienter arbei- dem, den Unmut der Bevölkerung gegen die und Regierungschefin im Palácio do Planalto tende Volksvertretungen. In Brasilien funk- PT-Regierung und die Präsidentin zu kanali- der Hauptstadt Brasília das Sagen. tioniert Politik stark personalisiert, wobei sieren. Die junge Generation hat keine eige- Rousseff wurde im Wahlkampf von einer die Parteien häufig nur als austauschbare nen Erfahrungen mehr mit den neoliberalen Koalition aus neun Parteien sowie von den Vehikel persönlicher Machtambitionen fun- Vorgängern der inzwischen etablierten PT großen Gewerkschaftsverbänden unter- gieren. Sie ist von Korruption und Vettern- machen können. Besonders hier fand Dil- stützt. In der entscheidenden Runde siegte wirtschaft durchsetzt. Auf diesem Boden mar Rousseffs Herausforderin Marina Silva, sie über den Kandidaten der konservati- wächst die Unzufriedenheit. die sich als »dritte Kraft« inszeniert hatte, ven und unternehmernahen PSDB (Par- Zwar konnten dank der Sozialprogramme Anklang. Die evangelikale Umweltpolitike- tei der Brasilianischen Sozialdemokratie) der PT-Regierungen Millionen Brasilianer rin war im ersten Wahlgang ausgeschieden Aécio Neves, der von einem Mitte-Rechts- in die unteren Mittelschichten aufsteigen und hatte ihre Anhänger zum Votum für den Bündnis getragen wurde und die massive und in zuvor nie gekanntem Maß am Kon- Rechtskandidaten aufgerufen. Doch viele Unterstützung der privaten Großmedien sum teilnehmen, was die immense Schere davon wollten es bei einem Denkzettel für hatte. Der frühere Gouverneur des wich- zwischen Arm und Reich etwas verringerte die PT belassen. tigen Bundesstaates Minas Gerais kam auf und den Hunger aus dem Leben der Ärmsten Im Wahlkampf hatte Rousseff die Notwen- 48,4 Prozent. Es war bereits das vierte aufein- weitgehend verbannte. Dennoch bleiben digkeit betont, mehr reale Veränderungen anderfolgende Duell zwischen PT und PSDB viele Mißstände unbewältigt. Eine abge- durchzusetzen und die Lebenssituation der um die Präsidentschaft. schwächte Wirtschaftskonjunktur und stei- Bevölkerung auch fortan zu verbessern. Sie Die knappste Entscheidung seit der Rückkehr gende Lebenshaltungskosten machen den sieht sich dabei einer erstarkten rechten des größten Landes Südamerikas zur Demo- Menschen arg zu schaffen. Die Megastädte Opposition gegenüber. Mit einem offensi- kratie vor mehr als einem Vierteljahrhun- leiden unter enorm hoher Kriminalität und ven Wahlkampf ist es der Präsidentin jedoch dert widerspiegelt die starke Polarisierung Gewalttätigkeit, die öffentliche Bildung und gelungen, weiter aus dem Schatten ihres der politischen Lager. Das Abschneiden der das Gesundheitswesen befinden sich weiter- populären Amtsvorgängers „Lula“ da Silva beiden Kandidaten ist regional durchaus ver- hin auf dem Niveau der Dritten Welt, der städ- herauszutreten. schieden. Am klarsten gewann Dilma Rousseff tische Nahverkehr ist vielerorts katastrophal. Peter Steiniger, Berlin

9500 politische Gefangene in Kolumbien

olumbien gehört zu jenen lateinameri- kolumbianische Klassenjustiz jedoch zu einer Solidarität mit Kolumbiens politischen Gefan- K kanischen Staaten, die sich nach wie vor Freiheitsstrafe von 70 Monaten und einer genen entsandte einen kanadischen Aktivi- fest im Würgegriff der USA befinden. sten als Beschützer der Familie nach Obwohl bei den in Havanna stattfin- Bogotá (auf dem Foto 2. v. l.). denden Verhandlungen über eine Ent- Die weltweite Solidaritätsbewegung schärfung des Konflikts zwischen der setzt sich für die Amnestierung von akzentuiert rechtsgerichteten Regie- 9500 inhaftierten Gegnern der Dikta- rung und den bewaffneten Befreiungs- tur ein. Zu den Verfolgten gehört auch kämpfern der FARC, die wiederholt das Mitglied des ZK der Kolumbiani- unterbrochen wurden, Teilerfolge schen Kommunistischen Partei (PCC) erzielt werden konnten, sind Tau- David Ravelo, der sich seit dem 14. Sep- sende Patrioten nach wie vor schweren tember 2010 in Haft befindet. Obwohl Repressalien des Regimes ausgesetzt. ihm keine Straftat nachgewiesen wer- Zu den davon Betroffenen gehört die den konnte, verurteilte man Ravelo zu kolumbianische Gewerkschafterin 18 Jahren Freiheitsentzug. Er hatte in Liliany Obanda (Bildmitte), die am seiner Heimatstadt Barrancabermeja 13. August 2014 in den Hungerstreik den Widerstand gegen die Herrschaft treten mußte, um auf ihren sechs Jahre rechtsradikaler paramilitärischer Mili- zuvor begonnenen Leidensweg auf- zen organisiert. merksam zu machen. In dieser Zeit David Ravelo nahm während der 90er wurde sie 43 Monate in dem berüchtig- Jahre im Rahmen des Linksbündnis- ten El Buen Pastor-Frauengefängnis von ses Patriotische Union wichtige Aufga- Bogotá ohne Anklage gefangengehalten. ben wahr. 2009 war dem Kommunisten Ihr Antrag auf Umwandlung der Inhaf- durch die örtliche katholische Diözese tierung in Hausarrest, um für ihre bei- wegen langjähriger Verteidigung der den Kinder sorgen zu können, wurde damals „Geldbuße“ von 770 Millionen Pesos (400 000 Menschenrechte eine Auszeichnung zuer- abgelehnt. Dollar). Schließlich stellte man die Antiimpe- kannt worden. Am 1. März 2012 ließ man Liliany auf Kau- rialistin für den Rest der Freiheitsstrafe unter RF, gestützt auf „People’s World“, New York, tion frei. In dieser Zeit verurteilte sie die Hausarrest. Das Internationale Netzwerk für und „The Guardian“, Sydney Seite 20 RotFuchs / Januar 2015

Der hier auszugsweise wiedergegebene Text stammt aus dem Vatikan. Aufgrund der Bedeutsamkeit dieses Dokuments haben wir uns entschlossen, Teile davon im Wortlaut zu veröffentlichen.

Diese Wirtschaft tötet

51. Es ist nicht Aufgabe des Papstes, eine an ihrer Wurzel getroffen, denn durch sie das Leben zu entziehen. Die Güter, die wir detaillierte und vollkommene Analyse der befindet man sich nicht in der Unterschicht, am besitzen, gehören nicht uns, sondern ihnen. gegenwärtigen Wirklichkeit zu bieten, aber Rande oder gehört zu den Machtlosen, sondern Anbetung des antiken goldenen Kalbs (vgl. ich fordere alle Gemeinschaften auf, sich um man steht draußen. Die Ausgeschlossenen sind Ex 32,1-35) hat eine neue und erbarmungs- „eine immer wachsame Fähigkeit, die Zeichen nicht „Ausgebeutete“, sondern Müll, „Abfall“. lose Form gefunden im Fetischismus des Gel- der Zeit zu erforschen“, zu bemühen. Wir ste- des und in der Diktatur einer Wirtschaft ohne hen hier vor einer großen Verantwortung, weil Gesicht und ohne ein wirklich menschliches einige gegenwärtige Situationen, falls sie keine Ziel. guten Lösungen finden, Prozesse einer Ent- menschlichung auslösen können, die dann nur 56. Während die Einkommen einiger weniger schwer rückgängig zu machen sind. exponentiell (unbegrenzt) steigen, sind die der Mehrheit immer weiter entfernt vom Wohl- 52. Die Menschheit erlebt im Moment eine stand dieser glücklichen Minderheit. Dieses historische Wende, die wir an den Fortschrit- Ungleichgewicht geht auf Ideologien zurück, ten ablesen können, die auf verschiedenen die die absolute Autonomie der Märkte und Gebieten gemacht werden. Lobenswert sind die Finanzspekulation verteidigen. die Erfolge, die zum Wohl der Menschen beitra- gen, zum Beispiel auf dem Gebiet der Gesund- 59. Die Armen und die ärmsten Bevölkerun- heit, der Erziehung und der Kommunikation. gen werden der Gewalt beschuldigt, aber Wir dürfen jedoch nicht vergessen, daß der ohne Chancengleichheit finden die verschie- größte Teil der Männer und Frauen unserer denen Formen von Aggression und Krieg einen Zeit in täglicher Unsicherheit lebt, mit unheil- fruchtbaren Boden, der früher oder später die vollen Konsequenzen. Einige Pathologien neh- 54. In diesem Zusammenhang verteidigen Explosion verursacht. men zu. Angst und Verzweiflung ergreifen einige noch die „Überlauf-Theorien (trickle- das Herz vieler Menschen, sogar in den soge- down theories), die davon ausgehen, daß jedes 60. Die Mechanismen der augenblicklichen nannten reichen Ländern. Häufig erlischt die vom freien Markt begünstigte Wirtschafts- Wirtschaft fördern eine Anheizung des Kon- Lebensfreude, nehmen Respektlosigkeit und wachstum von sich aus eine größere Gleichheit sums, aber es stellt sich heraus, daß der zügel- Gewalt zu, die soziale Ungleichheit tritt immer und soziale Einbindung in der Welt hervorzu- lose Konsumismus, gepaart mit der sozialen klarer zutage. Man muß kämpfen, um zu leben rufen vermag. Diese Ansicht, die nie von den Ungleichheit, das soziale Gefüge doppelt – und oft wenig würdevoll zu leben. Dieser epo- Fakten bestätigt wurde, drückt ein undifferen- schädigt. Auf diese Weise erzeugt die soziale chale Wandel ist verursacht worden durch die ziertes, naives Vertrauen auf die Güte derer aus, Ungleichheit früher oder später eine Gewalt, enormen Sprünge, die in bezug auf Qualität, die die wirtschaftliche Macht in Händen hal- die der Rüstungswettlauf nicht löst, noch Quantität, Schnelligkeit und Häufung im wis- ten, wie auch auf die sakralisierten Mechanis- jemals lösen wird. senschaftlichen Fortschritt sowie in den tech- men des herrschenden Wirtschaftssystems. nologischen Neuerungen und ihren prompten (Quelle: http://w2.vatican.va/content/francesco/ Anwendungen in verschiedenen Bereichen der 55. Die eigenen Güter nicht mit den Armen zu de/apost exhortations/documents/papa-francesco Natur und des Lebens zu verzeichnen sind. Wir teilen bedeutet, diese zu bestehlen und ihnen esortazione-ap 20131124 evangelii-gaudium.html) befinden uns im Zeitalter des Wissens und der Information, einer Quelle neuer Formen einer sehr oft anonymen Macht.

53. Ebenso wie das Gebot „Du sollst nicht töten“ eine deutliche Grenze setzt, um den Wert des menschlichen Lebens zu sichern, müssen wir heute ein „Nein zu einer Wirtschaft der Aus- Festung Europa schließung und der Disparität der Einkommen“ sagen. Diese Wirtschaft tötet. Täglich spielen sich unzäh- lige Tragödien am Grenzzaun Es ist unglaublich, daß es kein Aufsehen erregt, zwischen Marokko und der wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf spanischen Nordafrika- der Straße zu leben, erfriert, während eine Exklave Melilla ab. Baisse um zwei Punkte an der Börse Schlagzei- len macht. Das ist Ausschließung. ... Als Folge Ein Angehöriger der aus dieser Situation sehen sich große Massen der Francos Zeiten berüchtigten Bevölkerung ausgeschlossen und an den Rand Guardia Civil zerrt einen der Hungerflüchtlinge vom Gitter, gedrängt: ohne Arbeit, ohne Aussichten, ohne so daß dieser abstürzt und Ausweg. ... Mit der Ausschließung ist die Zuge- lebensgefährlich verletzt hörigkeit zu der Gesellschaft, in der man lebt, wird. RotFuchs / Januar 2015 Seite 21

Zu Australiens Eingliederung in die neue Pazifik-Strategie der USA Wer bedroht den fünften Kontinent?

achdem die konservative Koalitions- fleißig die Angst vor ihnen, bis es schließ- Australiens zu führen. Doch allein die Illu- Nregierung unter Premier Abbott an- lich seine militärische Präsenz „östlich des sion, mächtige Freunde zu besitzen, wirkt gekündigt hatte, sie beabsichtige 58 Kampf- Suez“ aufgeben mußte. Die herrschende als politisches Opiat auf Parteien und Bevöl- maschinen aus den USA zum Preis von 24 Mrd. Klasse Australiens fand in den Vereinig- kerung des fünften Kontinents. Australischer Dollars zu erwerben, fragt man Basen des Pentagons wie Darwin werden sich: Wer bedroht eigentlich den fünften Kon- ständig ausgebaut. Auch der Ankauf neuer tinent mit seinen 23 Millionen Einwohnern, Kampfflugzeuge bei US-Konzernen unter- daß es derart immenser Ausgaben bedarf? streicht die Vorstellung, eine „unbesiegbare Das rohstoffreiche Land, das derzeit vor Schutzmacht“ zu besitzen. allem China mit Eisenerz und Kohle beliefert, Australiens Haushalt 2014, der sämtliche während die Gruben des Inselstaates weit- Sozialausgaben gnadenlos zusammenstrich gehend unter fremder Kontrolle operieren oder privatisierte, rief einen Schock hervor (man denke an Namen wie BHP und Rio Tinto), und führte viele Tausende zu Protestmär- sollte vor allem um ein friedliches und kon- schen auf die Straßen. struktives Verhältnis zu seinen asiatischen Die Labour-Opposition übte zwar laut- Nachbarn bemüht sein. Doch die traditionelle stark Kritik, bot der Wählerschaft jedoch Entspannungspolitik der sozialdemokrati- keine Alternative an. Ihre Sprecher erklär- schen Australian Labour Party wurde von ten sogar, die Verträge über den Kauf der deren Nachfolgern um den Jesuitenzögling Kampfflugzeuge und U-Boote dürften bei Tony Abbott über den Haufen geworfen. Das einem angestrebten Regierungswechsel geschah zugunsten von den USA im Bunde mit nicht gebrochen werden. Die parlamenta- Japan geschmiedeter Pläne, der Expansion rische Demokratie ist und bleibt eben ein Chinas einen Riegel vorzuschieben. Instrument der Klassenherrschaft, wobei Was Washington dabei einmal mehr vermis- sie zwischen mehreren Parteien clever aus- sen läßt, ist jegliches Verständnis für die Kul- gespielt wird, was den Wählern die Vorstel- turen und Interessen anderer Länder. Hier lung von Alternativen vermittelt, obwohl sind die bitteren Erinnerungen der Koreaner es sich stets um die Diktatur des Kapitals und Vietnamesen an zwei USA-Aggressionen, handelt. aber auch an die japanische Okkupation Süd- Washington begrüßte einen zahlungskräf- ostasiens im Zweiten Weltkrieg in Betracht zu tigen Kunden für 58 neue Kampfflugzeuge ziehen. Unter denen, die Schlimmes durch- des Typs F 35 Lightning II. Übrigens sind machen mußten, befanden sich nicht zuletzt vergleichbare chinesische und russische australische Kriegsgefangene. Besonders Modelle, was Schnelligkeit und Reichweite grausam wütete Tokios Soldateska aber in betrifft, den amerikanischen Maschinen der Mandschurei und auf den Philippinen. Die inzwischen überlegen. dort begangenen Greuel leben im Gedächtnis Nur einige Monate nach dem Abschluß des von Augenzeugen wie den wissenden Ange- Rüstungsgeschäfts wurde bekannt, daß hörigen nachfolgender Generationen fort. Ich Australien mit China über ein Freihan- sprach mit Filipino-Pflegerin- delsabkommen im Gespräch nen, die mir berichteten, wie ist, das Regierungschef Tony japanische Okkupanten kleine Abbott wärmstens unter- Kinder in die Luft geworfen stützt, soll es doch minde- und mit ihren Bajonetten auf- stens 18 Mrd. Australische gefangen oder wie sie schwan- Dollars innerhalb von zehn gere Frauen entleibt hätten. Jahren in die Kassen spülen. China leidet nicht an einer Der Vertrag sieht Exporte von Geschichtsbelastung wie die Dienstleistungen und land- genannten Staaten. So sind wirtschaftlichen Erzeugnis- seine Emissäre als Handels- sen vor, was besonders die partner und Kreditgeber in den Milchproduktion ankurbeln Entwicklungsländern gefragt. dürfte. Wie erwähnt, geht ein Groß- Als Gegenleistung erwar- teil australischer Exporte in tet man in Beijing die Zulas- das einstige Reich der Mitte, sung eigener Geschäftsführer, während chinesische Inve- um chinesische Unterneh- stitionen in Rohstoffe und men in Australien selbst lei- Agrarprodukte Australiens ten zu können. Das bedeutet Wirtschaft stimulieren. Doch indes nicht den Import bil- dessen Geschichte ist seit jeher liger Arbeitskräfte aus dem von Furcht vor Asien geprägt. asiatischen Riesenland, wie Einerseits verfügt der spär- Australiens „verläßliche Schutzmacht“: Frachten einer Transport- die australischen Verhand- lich besiedelte Kontinent, der maschine der U.S. Air Force auf dem Hin- und Rückflug nach und lungspartner nachdrücklich zugleich die größte Insel der von Afghanistan unterstreichen. Mit anderen Welt ist, über riesige Lände- Worten: Es handelt sich um reien. Andererseits gibt es Hunderte Millio- ten Staaten einen neuen Schirmherrn. Es die Fortsetzung jener alten Politik, die einst nen oft landlose und vom Hunger getriebene bleibt allerdings fraglich, ob irgendeine das Land als „weißes Australien“ in Verruf Asiaten. Großbritannien, zu dessen Com- Großmacht tatsächlich dazu bereit wäre, gebracht hat. monwealth Australien gehört, schürte im Ernstfall einen Krieg zur Verteidigung Dr. Vera Butler, Melbourne Seite 22 RotFuchs / Januar 2015

Burkina Faso nach dem Sturz des Diktators Compaoré Massenprotest erzwang Übergangslösung

rei Tage waren Hunderttausende Bür- zweite CCVC-Forderung lautete: Sofortiger allein an dessen Stelle zu treten, wurde Dger der zur Diktatur verkommenen, Rücktritt Compaorés nach 27 Jahren Macht- von den Massen vereitelt. Sie waren auf der einst glanzvollen westafrikanischen Repu- mißbrauch! Aber der angeschlagene Dikta- Hut. Auch die Oppositionsparteien blieben blik Burkina Faso (früher: Obervolta) unab- tor stellte sich weiterhin taub. Am Vorabend wachsam. So kam ein Kompromiß zustande. lässig auf den Straßen der Hauptstadt der Abstimmung über die von ihm begehr- Die immer noch mächtigen Militärs sowie Ouagadougou, um ihrer Forderung nach ten „unbegrenzten Vollmachten“ kam es in Zivilpolitiker verschiedener Richtungen, Rücktritt des Präsidenten Blaise Compa- der Metropole des Landes zu schweren Aus- aber auch Kräfte des CCVC einigten sich oré Nachdruck zu verleihen. Auch der Ter- einandersetzungen. Die wütende Menge darauf, den 72jährigen Michel Kafando – ror von Eliteeinheiten des Diktators, die besetzte das Parlament, verhinderte die einen langjährigen UNO-Botschafter und 30 Demonstranten ermordeten, vermochte Debatte über eine Verfassungsänderung und zeitweiligen Außenminister Burkina Fasos – sie nicht einzuschüchtern. Erfolglos flüch- setzte das Gebäude in Brand. als Interimspräsidenten einzusetzen. Zida tete sich Compaoré in den Ausnahmezu- Compaoré erklärte nun, er habe „die Bot- wurde Chef einer Übergangsregierung. stand und löste die Regierung auf, bevor er schaft des Volkes verstanden“ und ziehe sei- Der erzielte Konsens darf indes nicht über zunächst in das gleichfalls von einem durch nen Vorschlag zurück. Es folgte die Flucht. die Brisanz der Lage hinwegtäuschen. Spa- Paris installierten Tyrannen „regierte“ Nach- Wie aber war dieser Mann eigentlich an die niens führende Tageszeitung „El País“ suchte barland Elfenbeinküste und später nach Staatsspitze Burkina Fasos gelangt? Am ihre Leser durch die Bemerkung zu beruhi- Marokko zu fliehen vermochte. 15. Oktober 1987 hatten vom Ausland gen, man solle nicht den Verdacht hegen, Bur- Wie aber kam es zu dieser außergewöhnlich gesteuerte Verschwörer seinen Vorgänger kina Fasos Interimspräsident sei progressiv schlagkräftigen, vor allem durch die Gewerk- Thomas Sankara ermordet. Der, den man oder gar revolutionär gesinnt. Er habe sich schaften getragenen und von der Coordina- einen afrikanischen Che Guevara nannte, ideologisch von den Positionen Thomas San- tion contre la vie chère (Koordination gegen unternahm seit 1983 gemeinsam mit sei- karas entfernt und werde „wegen seiner Ehr- das teure Leben – CCVC) geführten Protest- nem damaligen Waffen- und Weggefährten lichkeit bewundert“. bewegung in einem westafrikanischen Land? Blaise Compaoré große Anstrengungen, die Im November 2015 sollen in Burkina Faso Burkina Faso ist seit langem für machtvolle neokoloniale Diktatur Obervoltas, das er Präsidentschafts- und Parlamentswahlen Streiks seiner gut organisierten Arbeiter- in Burkina Faso zurückbenannte, auf einen stattfinden. Derzeit gilt eine „Charta des klasse und nahezu einmalige Manifestatio- nationaldemokratischen Weg zu führen. Ent- Übergangs“. nen bekannt. 1998, 2006 und 2008 sorgten schlossen nahm Thomas Sankara den Kampf Linke Kräfte reagierten kritisch auf die „Zwi- sie bereits international für Schlagzeilen. gegen den Internationalen Währungsfonds schenlösung“. So gab die Zeitschrift „Jeune Doch erst seit 2011 begann das autokrati- und die einstige Kolonialmacht auf. Er ver- Afrique“ den Standpunkt eines Studenten sche Compaoré-Regime in allen Fugen zu teidigte soziale Positionen, setzte sich für wieder: „Wurde Compaoré etwa gestürzt, krachen. Am 22. Februar jenes Jahres setz- die Gleichberechtigung der Frauen ein, ver- um ihn durch eine ähnliche Figur zu erset- ten – als Reaktion auf die Ermordung eines staatlichte die Naturreichtümer seines Lan- zen?“, fragte dieser. Schülers durch die Polizei – Protestaktionen des und investierte beachtliche Mittel in das Die Afrikanische Union und die Wirtschafts- von zuvor ungekannter Stärke ein. Obwohl Gesundheitswesen. Beispielhaft waren seine gemeinschaft der Staaten Westafrikas unter- der Tyrann alles unternahm, um sie im Blut Bemühungen um die Nahrungsgüter-Souve- stützen den derzeitigen Prozeß in Burkina zu ersticken, hielten sie während eines gan- ränität Burkina Fasos. (Der Afrikanist Dr. Faso, dessen Ausgang allein davon abhän- zen Monats an. Wolfgang Semmler berichtete darüber im gen dürfte, ob sich die für ihre Wachsamkeit Bald darauf erfuhr man von sozial motivier- RF 181, Extra lll.) bekannten Volksmassen an der Nase herum- ten Meutereien der Soldaten fast aller Gar- Doch Sankara stieß nicht nur auf den erbit- führen lassen oder die Augen einmal mehr nisonen des Landes. Zu Tode erschrocken, terten Widerstand der alten Eliten und offenhalten. setzte sich Compaoré zunächst aus der Haupt- Frankreichs, sondern traf auch selbst nicht Frankreichs Präsident François Hollande stadt ab, kehrte dann aber mit Unterstützung immer richtige Entscheidungen. So stützte er beglückwünschte den neuen Führer Burkina französischer Truppen dorthin zurück, um sich z. B. nicht auf die einflußreiche Gewerk- Fasos, der erklärt hat, er wolle Korruption sofort sämtliche Kommandopositionen der schaftsbewegung des Landes. und Straflosigkeit den Kampf ansagen. Armee in andere Hände zu legen. Nach der gewaltsamen Ausschaltung dieses RF, gestützt auf „Solidaire“, Brüssel, Im August 2013 versicherte der Diktator, Präsidenten riß Compaoré die Macht an sich. und „Avante!“, Lissabon eine Straßendemonstration werde in Bur- Er zerstörte sämtliche Errungenschaften aus kina Faso niemals zu Gesetzesänderungen der Ära seines Vorgängers und zögerte auch führen. Genau 15 Monate später wurde er nicht, etliche Widersacher ermorden zu las- Am 28. Januar um 19 Uhr spricht der von einer der größten Protestwellen, die es sen. Inzwischen nimmt Burkina Faso auf der Verleger und Publizist Frank Schumann jemals in Frankreichs früheren Westafrika- Entwicklungsskala der UNO den 181. Platz (edition ost) auf einer Veranstaltung der Kolonien gegeben hatte, endgültig aus dem unter 188 Mitgliedsstaaten ein. Die durch- RF-Regionalgruppe Bernau im „Treff- Amt gejagt. Am 21. Oktober 2014 hatte er schnittliche Lebenserwartung seiner Bür- punkt 23“, Breitscheidstraße 43 A, über noch eine Sondersitzung seines Kabinetts ger beträgt 57 Jahre, 63 % der Bevölkerung das Thema einberufen. Es ging dabei um eine Verfas- vegetieren in bitterster Armut. sungsänderung, die dem angeschlagenen Das westafrikanische Land besitzt indes für Wie die NATO-Ost-Erweiterung Präsidenten seinen Posten auch weiterhin die USA und die NATO besonders hohe stra- den Frieden bedroht sichern sollte. Es war beabsichtigt, über den tegische Bedeutung. Die U.S. Army und die Vorschlag neun Tage später im Parlament französische Armee unterhalten dort Mili- abstimmen zu lassen. tärstützpunkte von regionalem Gewicht. Wie Am 22. Januar um 16 Uhr spricht Oberst „Blaiso“, wie ihn ein populäres Satiremaga- die „Washington Post“ wissen ließ, über- a. D. Bernd Fischer auf einer Veranstal- zin der Opposition nannte, brachte das Faß wacht die NSA von Burkina Faso aus die tung der RF-Regionalgruppe Güstrow damit zum Überlaufen. Die Oppositionspar- gesamte subsaharische Region. im Haus der Generationen, Weinberg- teien riefen für den 28. Oktober zu Massen- Unterdessen hat sich die Lage verändert. straße 28, über das Thema protesten auf. Am Tag darauf sollte eine von Wie es heißt, habe man in Burkina Faso den Die Verantwortung der USA für der CCVC einberufene Manifestation für eine Weg eines „friedlichen Übergangs“ beschrit- allen Kindern des Volkes zugängliche demo- ten. Der Versuch Isaac Zidas, eines Stabsof- die verschärfte Situation im Nahen kratische Schule stattfinden. Doch schon die fiziers der Leibgarde des Expräsidenten, und Mittleren Osten RotFuchs / Januar 2015 Seite 23

Damaskus: Der Westen schweigt zu IS-Massakern am syrischen Volk

ie die Syrisch-Arabische Nachrichten- interessierte junge Leute in Methoden und vom Pentagon bereits angekündigten Überfall. W agentur (SANA) berichtete, wird der Taktiken der Nachrichtengebung eingewie- In der UNO wurde eine Lösung gefunden: Mit Prozeß einer Rückkehr von Teilen des Lan- sen hatten. dem Einverständnis der syrischen Regie- des zu einer gewissen Normalität durch Symptomatisch ist in diesem Zusammen- rung konnten bis zum 19. August 2014 sämt- andauernde Gewalttaten und neue Angriffs- hang wohl auch die Tatsache, daß immer öfter liche Chemiewaffenbestände des Landes pläne der USA untergraben. Eine relative Ent- Gruppen von „Rebellen“ die Waffen niederle- vernichtet werden, was einer einseitigen spannung der Situation zwischen syrischen gen. So stellten z.B. im August vergangenen Abrüstungsmaßnahme zum Vorteil Israels Regierungstruppen und vom Imperialismus Jahres 574 Regierungsgegner den Kampf ein. und reaktionärer arabischer Regimes wie der ausgehaltenen „Freiheitskämpfern“ in mal Wie SANA weiter berichtete, fand in Damas- Türkei gleichkam. von der einen, mal von der anderen Seite kon- kus ein von Staatsseite einberufenes Semi- Nach dem Wegfall des Gaswaffen-„Arguments“ trollierten Gebieten hatte sich daran messen nar zur Würdigung der Rolle der Frauen statt, werden nun andere „Rechtfertigungsgründe“ lassen, daß etliche während der bewaffneten bei dem der stellvertretende Außenminister für die von der U.S. Air Force bereits skrupel- Auseinandersetzungen geflohene Einwohner, Fayssal Mikdad die Errungenschaften der los exekutierte Bombardierung syrischen Ter- so an der Peripherie von Damaskus, zurück- Syrerinnen „inmitten einer Atmosphäre der ritoriums ins Feld geführt. Die Hinrichtung des gekehrt waren. Sie hatten sich auf die Suche Engstirnigkeit und rückschrittlicher Tenden- US-Journalisten J. Wright Foley durch die von nach Überresten ihrer Habe begeben. SANA zen in der arabischen Welt“ hervorhob. Saudi-Arabien und Katar im Auftrag Washing- zitierte Abu Hamza vom Nationalen Versöh- Trotz einer teilweisen und relativen Norma- tons ursprünglich formierten ultra-islamisti- nungskomitee, der auf keineswegs erfolglose lisierung des Lebens der Bevölkerung außer- schen Mörderbanden des IS wird zum Anlaß Bemühungen von Behörden verwies, „Brüc- halb der unmittelbaren Kampfgebiete ist die genommen, völkerrechtswidrige Luftschläge ken der Verständigung zwischen den ver- Gesamtbilanz des seit mehr als drei Jahren auf dem Territorium des UN-Mitgliedsstaates feindeten Lagern zu bauen“. Er erwähnte anhaltenden Krieges grauenhaft: Mindestens Syrien zu führen. in diesem Zusammenhang eine teilweise 160 000 Syrer fanden in dieser Zeit den Tod. Assads Außenminister Walid al-Muallem Wiederherstellung der Infrastruktur, Ent- Drei Millionen Flüchtlinge haben das Land stellte dazu fest, Damaskus verurteile die Ent- trümmerungsmaßnahmen sowie die Bereit- verlassen, noch weit mehr irren innerhalb sei- hauptung des US-Berichterstatters ebenso stellung von Lebensmittelkörben durch die ner Grenzen heimatlos umher. wie die massenhafte Ermordung syrischer syrische Armee. Nach dem Giftgasangriff vom 21. August Zivilisten. In diesem Kontext müsse man die Am 22. August 2014 hatte unweit der Haupt- 2013, bei dem in der durch „Rebellen“ erober- Frage stellen, warum bisher eigentlich von stadt ein fünftägiges Medienforum unter ten Damaszener-Vorstadt Ghouta mindestens keinem Staat der westlichen Seite eine offizi- dem Motto „Durch unsere Stifte und mit 1400 Menschen qualvoll zugrunde gegangen elle Verurteilung der unzählige Opfer fordern- unserer Armee schützen wir die Heimat“ waren, hatten die USA – ohne Klärung des den IS-Massaker unter Armeeangehörigen stattgefunden, an dem auf Initiative des Revo- Sachverhalts und der Schuldfrage – sofort und Zivilisten seines Landes erfolgt sei. lutionären Jugendverbandes etwa 100 Jour- mit einer militärischen Intervention gedroht. RF, gestützt auf „The Socialist nalisten aus Presse, Rundfunk und Fernsehen Internationale Bemühungen verhinderten den Correspondent“, Glasgow

KP der Türkei zur NATO-Komplizenschaft mit dem IS

Die in Istanbul erscheinende Zeitschrift „yenidünya“ – eine Publikation der KP der Türkei (TKP) – veröffentlichte treff- sichere Karikaturen zur aktuellen Lage. Die hier reproduzierten Arbeiten entlarven die angeblich von der U.S. Air Force auf dem Territorium Syriens (türkisch: Suriye) gegen die Mordbanden der IS (türkisch: ISID) geführten „Luftschläge“. Statt – wie behauptet – die hart bedrängten syrischen Kurden zu entlasten, trifft man viel lieber daneben. Seite 24 RotFuchs / Januar 2015

Fällt Großbritanniens Zweiparteiensystem ins Wasser der Themse? Zum Aufstieg der Rechtsaußenpartei UKIP

roßbritanniens politisches Spektrum Als der jetzige Premierminister David den Gemächern der Konservativen, wie es Gwar bisher durch den von Zeit zu Zeit Cameron 2005 die Führung der Tories über- ein Presseorgan formulierte. Für Came- erfolgenden Wechsel zwischen der eher nahm, war die UKIP noch ein weit rechts ron könnte sich lediglich in Schottland ein rechtssozialdemokratischen Labour Party stehender kleiner Verein unbedarfter jun- Hoffnungsschimmer zeigen. Beim dortigen und den konservativen Tories charakteri- ger Bourgeois. Die konservative Spitze Unabhängigkeitsreferendum am 18. Sep- siert. Hatten die einen ihr Pulver verschos- behandelte sie als „Clowns“. tember hatte sich die Labour Party für ein sen und den erforderlichen Massenappeal Doch das ist längst Geschichte. 1993 ent- „No“ stark gemacht. Das dürfte ihr vermut- verloren, dann standen die anderen parat, standen, verfügte die UKIP im letzten lich auf die Füße fallen. Andererseits ist sofort an ihre Stelle zu treten. Dieser Rol- Herbst über 48 000 eingeschriebene Mit- auch mit deutlichen Verlusten der schot- lentausch, von dem niemals die Gefahr glieder. tisch-nationalistischen SNP zu rechnen, die eines Macht- und Systemwechsels drohte, Eine Meinungsumfrage der „Mail on Sunday“ den Reigen der für eine Abtrennung von funktionierte in Westminsters parlamen- ergab am 10. Oktober 2014, daß zu jenem England optierenden „Yes“-Unterstützer tarischem Spiel ebenso zuverlässig wie das Zeitpunkt etwa ein Viertel der britischen angeführt hatte. Die Tories wären in bei- politische Wechselbad zwischen Demokra- Wähler mit dem Gedanken spielte, im Mai den Fällen vermutlich die Gewinner. ten und Republikanern in den USA oder für die UKIP zu votieren. Das würde der Seriöse politische Beobachter gehen davon die Wachablösung in der BRD. Dort pfle- neuen Rechtsaußenpartei etwa 70 Sitze in aus, daß die bisherige Zahl von 40 schot- gen SPD und CDU/CSU nicht nur einander Westminster einbringen. tischen Labour-Abgeordneten halbiert vom Staatsruder zu verdrängen, sondern – Unterdessen sind nicht nur Millionen Wäh- werden dürfte. Eine spürbare Reduzie- im Unterschied zu Großbritannien und den ler, sondern auch einige Mandatsträger der rung der Unterhausmandate dieser Partei USA – auch miteinander ins Koalitionsbett Tories zur UKIP übergelaufen – ein ähnli- könnte den Tories in Westminster Entla- zu steigen. cher Vorgang, wie ihn FDP und CDU mit der stung bringen. Nun ist im Vereinigten Königreich etwas AfD des Herrn Henkel erlebt haben. Landesweite Umfragen des „Manchester in seiner Plötzlichkeit so nicht Erwartetes Boris Johnson, Londons stockkonserva- Sunday“ ergaben eine Tory-Führung von eingetreten. tiver Bürgermeister und zugleich Unter- 32 %, gefolgt von Labour (30 %) und UKIP Das Wechselspiel zwischen Tories und haus-Kandidat, tendiert offen zur neuen (17 %). Auf Liberale und Grüne entfielen Labour hat – zumindest vorerst – wohl Rechtspartei. Es ist so gut wie sicher, daß jeweils 7 %. Andere Sondierungen sahen sein Ende gefunden. Zwar sitzen beide Par- UKIP-Leader Nigel Farage neben seinem indes Labour und Tories mit jeweils 31 % teien weiterhin mit unterschiedlich star- seit 1999 gehaltenen Sitz in Strasbourg gleichauf und machten für UKIP ein Viertel ken Fraktionen im Parlament. Doch ihre zugleich auch das Parlamentsmandat von der Stimmen aus. 326 der 650 Unterhaus- traute Zweisamkeit bei der Wahrung der South Tenet (Kent) erobern dürfte. Selbst Mandate werden zur Regierungsbildung Interessen des britischen Kapitals ist durch in der Arbeiterhochburg Manchester gel- benötigt. das Erscheinen einer dritten, als „pronon- ten Erfolge von UKIP-Bewerbern nicht als Falls Labour keinen Sieg erringen sollte, ciert europafeindlich“ eingestuften rechten ausgeschlossen. dürfte die Formierung eines Kabinetts aus Kraft heftig aufgemischt worden. Die neue War diese Partei noch vor wenigen Jahren Tories und UKIP wohl mehr als eine Möglich- Konstellation gräbt vor allem den Konser- für die Tories alles andere als ein Part- keit sein. RF, gestützt auf „The Socialist vativen das Wasser ab. Die UKIP, wie die ner, so tanzt deren Elefant inzwischen in Correspondent“, Glasgow ihren englischen Nationalismus betonende United Kingdom Independence Party abge- kürzt heißt, konnte sich nach ihrem ver- blüffenden Triumph bei den Wahlen zum Europaparlament im Mai 2014 als echte Konkurrenz der Tories auf der Londoner politischen Bühne etablieren. Noch rück- wärtsgewandter als diese, steht die UKIP schon jetzt als potentieller Koalitions- partner der Konservativen nach den am 7. Mai stattfindenden Unterhauswahlen zur Debatte. Sie könnte Camerons Partei zum Austritt aus der EU zwingen, wenn das Votum der 46 Millionen britischen Stimm- berechtigten ähnlich wie bei den Europa- wahlen ausfallen sollte. Zum ersten Mal seit dem Wegbrechen der weiter rechts als Labour stehenden Social Democratic Party (SDP) von der „Mut- terpartei“ – es ereignete sich 1981 und fand 1989 ein jähes Ende – hat es die UKIP des Europa-Abgeordneten Nigel Farage geschafft, eine dritte Kraft in Großbritan- nien zu etablieren. Der prinzipielle Unter- schied zur seinerzeitigen SDP-Affäre besteht allerdings darin, daß diese dann Den Beweis dafür, daß es auch unter heutigen Bedingungen für Kommunisten von der Liberal Party David Steels über- und Sozialisten im Europa der Monopole möglich ist, sich mit einer ebenso prin- nommene und als Liberal Democrats zipienfesten wie unsektiererischen Politik zu profilieren, beweisen die Erfolge weitergeführte Gruppierung fast aus- der Partei der Arbeit Belgiens (ptb). Sie errang bei den jüngsten landesweiten schließlich zur Schwächung von Labour Wahlen eine halbe Million Stimmen. Zwei ihrer Genossen – der Finanzexperte führte, während die UKIP mitten ins Herz Marco Van Hees und Parteisprecher Raoul Hedebouw – wurden Abgeordnete der einstigen Thatcher-Partei trifft. des Nationalparlaments. RotFuchs / Januar 2015 Seite 25

25 Jahre Freundeskreis der Sport-Senioren

ünfundzwanzig Jahre sind sicher kein Widerstand zu leisten, wo immer auch unsere beseitigt, was auch nur nach DDR roch, aus- Fallzu langer Zeitraum. Aber für uns Sportorganisation und deren anerkannte Lei- sah und mittendrin auch unsere erfolgreichen Angehörige des Freundeskreises der Sport- stungen mit Füßen getreten wurden. Sportstrukturen. Gegen all diese Machen- Senioren waren die 25 Jahre unserer Gemein- schaften erhoben wir unsere Stimme. Ja, wir samkeit eine Zeit, reich an Erkenntnissen, haben uns eingemischt, waren sichtbar und Erfahrungen und Erlebnissen. Es waren Jahre zu hören und vertraten unseren Standpunkt. des solidarischen Zusammenhalts unter uns, Dabei waren wir nicht allein. Wir empfingen aber auch mit unseren Sympathisanten. Solidarität und Hilfe, die wir andererseits Wie richtig war doch der Entschluß, den auch bemüht waren, anderen Freunden zuteil wir 1990 faßten: Wir wollen beieinander- werden zu lassen. bleiben und nicht auseinandergehen, wol- Erhard Richter len uns gegenseitig helfen, uns in den neuen Aus: „Der Sport-Senior“ gesellschaftlichen Bedingungen zurechtzu- Wir wehrten uns gegen die politisch moti- finden. Da ging es um die uns aufgezwun- vierte Dopingkampagne. So wurde, wie in Herzlichen Glückwunsch gene unrechtmäßige Strafrente und darum, fast allen gesellschaftlichen Bereichen, alles aus dem „RotFuchs“-Kessel“!

Über Landpartien gestern und heute

as Thema, das unserem Zirkel schreiben- scherzend vor sich her trieben. Auch Erich Als der totale Krieg zu Ende war und ich D der Senioren vor geraumer Zeit gestellt Weinerts „Latschersong“ fiel mir ein. Eine als 16jähriger aus amerikanischer Gefan- wurde, hieß „Eine Landpartie“. treffende Satire auf die Wandervogelbe- genschaft mit der Ruhr im Leib und zum Die Geschichte hatte es in sich. So überlegte wegung der 20er Jahre, als sich ein Teil der Skelett abgemagert zu meinen Angehöri- ich, wann ich eigentlich einmal eine Landpar- Jugend aus der politischen Realität zurückzog, gen heimkehrte, stand auch keine Landpar- tie unternommen hatte. Alles mögliche kam um das „Seelenheil“ in verklärter Naturpoesie tie auf der Tagesordnung. Damals schienen mir dabei in den Sinn. zu suchen: „Wir schauen froh ins weite Land – mir andere Anliegen plausibler zu sein. Zunächst muß man sich über den Begriff Klar- was kümmern uns Tarife, der Reichtum Angepackt und aufgebaut – das neue Leben heit verschaffen. Mir kamen sofort Heinrich kommt von innen her – aus unsrer Seelen- muß anders werden. Unter dem Motto „So Zilles Bilder ins Gedächtnis. Ich sah Leute in tiefe. Wer Nietzsche liest und Rüben kaut – wie wir heute arbeiten, werden wir morgen Gruppen, von tobenden Kindern umschwärmt, und sich von innen her beschaut, was küm- leben“ begann meine „Landpartie“ und die mit Picknick-Körben in den Händen aus dem mern den die andern – Juhu, wir müssen wan- vieler meiner Altersgenossen im Zeichen Grau der Städte in das Grün der Natur zie- dern!“ Einige Jahre später marschierte ein der aufgehenden Sonne. Damals gingen wir hen. Gören mit Schrippen zwischen den Zäh- nicht geringer Teil davon hinter der Haken- nach Unterwellenborn – denn „Max“, wie nen und Mütter mit wohlgeformten dicken kreuzfahne her und sang: „Denn heute gehört wir die Maxhütte nannten, brauchte Was- Hintern und Kniehosen, welche die Kinder uns Deutschland und morgen die ganze Welt.“ ser. Wir betätigten uns auch beim Stadi- onbau in Berlin und Leipzig – alles neben der beruflichen Arbeit oder dem Studium, taten es mit Eifer und Elan sowie in der Der „RotFuchs“ gratuliert seinen Jubilaren des Monats Januar Gewißheit, einer besseren Zukunft unseres Landes und unserer künftigen Kinder zu Am 13. 1. 1920 wurde Genossin Hildegard Lenk aus Chemnitz geboren. Der RF fühlt sich ihr auf dienen. Und in der Tat bin ich dann im rei- das engste verbunden. fen Alter mit Frau und Kind doch noch zu Ihr 92. Lebensjahr vollenden Anni Dörmer (9. 1.) und Werner Nestler (9. 1.), beide aus Berlin, und meiner Landpartie gekommen. Wir fuhren Rudi Müller (15. 1.) aus Coswig. Der „RotFuchs“ dankt ihnen für ihre Treue zur Arbeiterbewegung. im geliebten Trabbi in die freie, jetzt dem Am 13. 1. vollendet Paul Fiedler aus Berlin sein 90. Lebensjahr. Herzliche Glückwünsche! Volk gehörende Natur, die wir tagelang Liebe, solidarische Grüße gelten unseren unermüdlichen Mitstreitern, die vor 85 Jahren das mit Zelt und kleinem Boot durchstreiften. Licht der Welt erblickten. Wir gratulieren den Mitgliedern des Fördervereins Erhard Haugk (1. 1.) Die Versorgung war überall gesichert und aus Zwickau, Günter Marx (5. 1.) aus Erfurt, Henning Wesarg (12. 1.) aus Halberstadt, Günther wurde überdies auch noch durch selbstge- Fessler (13. 1.) und Wilhelm Frank (13. 1.), beide aus , Herbert Lindenlaub (18. 1.) aus angelten Fisch ergänzt. Berlin und Manfred Münster (27. 1.) aus Seifhennersdorf. Versucht das heute einmal! Die Landpartie Den 80jährigen gesellen sich fortan hinzu: Edeltraut Werner (18. 1.) aus Berlin, Prof. Dr. Harry würde schon am nächsten Maschenzaun ins Conrad (23. 1.) aus Dresden, Hans Remmel (25. 1.) aus Neuzelle und Dr. med. sc. Siegfried Stocken geraten. „Privatgelände, betreten Wiesner (29. 1.) aus Sternberg. Wir wünschen den Jubilaren von Herzen alles Gute! verboten!“, „Vorsicht, bissiger Hund!“, „Pri- vatsee! Befahren und Angeln nur mit Geneh- Solidarische Grüße aus dem „RotFuchs“-Kessel gehen an: Eberhard Scharl (9. 1.) aus Chem- migung des Besitzers gestattet!“ Selbst an nitz, Karl Scheffsky (10. 1.) aus Schwerin, Heribert Würbach (10. 1.) aus Dresden, Klaus Sahr öffentlichen Gewässern sind die Ufer besetzt. (15. 1.) und Hans-Peter Ecke (16. 1.), beide aus Berlin, Sylvia Scheller (19. 1.) aus dem Ostsee- „Das Anlegen von Booten ist nicht erlaubt!“, bad Wustrow und Siegfried Wippermann (25. 1.) aus Berlin zum 75. Geburtstag. Laßt Euch auf das wärmste beglückwünschen! „Privatforst, das Verlassen der markierten Wege ist bei Strafe untersagt!“, „Achtung! Auf Zu ihren 70. Geburtstagen gratulieren wir Ilona Elwardt (18. 1.) aus Dresden und Joachim dieser Privatstraße sind Benutzungsgebüh- Schneider (21. 1.) aus Saalfeld sehr herzlich. ren zu entrichten!“ Unsere Glückwünsche gelten auch den Jüngeren unter den Alten: Wir übermitteln sie an Rita Wie man sieht, sind auch Landpartien durch- Waldukat (6. 1.) aus Berlin und Tilo Ranga (8. 1.) aus Freudenstadt, die 65 Jahre alt werden. aus Spiegelbilder ihrer Zeit. Man kann die Der Veteranennachwuchs steht bereit: Zum 60. Geburtstag gratulieren wir Heidi Puchala (24. 1.) Umstände der 20er Jahre, der DDR und die aus Plate, Ortsteil Pekatel, und Gisbert Girzalski (31. 1.) aus Zarrentin heutigen nicht miteinander vergleichen. Es sei denn, man stellt die Unterschiede heraus, Natürlich sind in diese Gratulation alle anderen Geburtstagskinder was ich hiermit versucht habe. des Monats eingeschlossen. Dr. Werner Kulitzscher, Berlin Seite 26 RotFuchs / Januar 2015

Compañera Christa: Für junge und jung gebliebene RotFüchse „Flaschenpost“ aus Schweden

ücher schreiben ist, als würde man eine die Überraschung: Sonja Svensson und Horst Stunden verliefen locker und heiter. Auch BFlaschenpost auswerfen. Ufer und Emp- Hein ließen mich wissen, ich sei am Nach- das in Schweden übliche Du in der Unterhal- fänger gibt es viele. Man hofft auf freundliche mittag des nächsten Tages zu Astrid Lind- tung fiel mir bald leicht, und ich verlor meine Ufer und sensible Empfänger, nahe oder ferne. gren in deren Wohnung eingeladen. Ich rief Scheu vor dieser wunderbaren, weltberühm- Eines Tages war eine „Flaschenpost“ von mir daraufhin die Cheflektorin unseres Verlages, ten Frau. Sie war so schlicht, so herzenswarm in Schweden angekommen. Mein Kin- und erzählte in perfektem Deutsch, als derbuch „Der Engel mit dem goldenen junge Frau habe sie vor dem Krieg in Schnurrbart“, erschienen im Kinder- Dresdens Semperoper den „Freischütz“ buchverlag Berlin, war vom Norstedts gesehen. Sie wußte um die totale Zer- Förlag Stockholm 1987 auf Schwedisch störung des Bauwerks. So konnte ich herausgebracht worden. Fremdartig ihr berichten, daß man die Sempero- hieß es jetzt „Ängeln med guldmusta- per inzwischen wieder aufgebaut habe. scherna“. Das Buch lag vor mir wie eine Sie könne das Haus besuchen, auch der Antwort aus nördlicher Ferne, die nun „Freischütz“ stehe wie einst auf dem bei mir in Potsdam (DDR) gelandet war. Spielplan. 1988 habe ich das Buch in schwedischer Ich überbrachte Astrid Lindgren die Sprache mit Widmung an die von mir Einladung nach Berlin und erzählte sehr verehrte Astrid Lindgren und dem ihr, wie sehr die Kinder in der DDR Vermerk nach Stockholm geschickt, ich ihre Bücher lieben. Sie bedankte sich erwartete keine Antwort. Es solle nur für diese frohe Nachricht und berich- ein Geschenk aus Verehrung sein. Sie tete, daß sie noch ab und zu mit Lesun- sei für mich in ihrer Art, Kinder so gen unterwegs sei, auch per Flugzeug. ernst zu nehmen, ein großes Vorbild. Berlin wäre ja nicht so weit. Ja, viel- Zu meiner Freude traf der nebenste- leicht werde sie im Frühling des näch- hende Brief bei mir ein. sten Jahres den Plan verwirklichen Er machte mich sehr glücklich, und ich und kommen. fühlte auf wunderbare Weise bestätigt, Diese Zeit der offenen Herzlichkeit was den Sinn einer Flaschenpost zwi- war eine Sternstunde meines Lebens. schen Ländern, die Kultur und Kunst Wir sprachen über die Bedrohtheit miteinander tauschen, ausmacht. Dann der Welt, über unsere Verantwortung kam im nächsten Jahr eine Einladung Faksimile des im Text erwähnten Briefes für die Kinder und daß sie es sind, die nach Schweden zu einem Sprachkon- immer aufs neue die Hoffnung auf eine greß skandinavischer Länder, der in bessere Welt verkörpern. Auch dar- den ersten Oktobertagen 1989 in Stockholm Dr. Katrin Pieper, in Berlin an und fragte sie, über, daß wir mit unseren Büchern vielleicht stattfand. ob ich Astrid Lindgren in die DDR einladen einen Beitrag leisten können. Ich sollte dort vor Deutschlehrern und Germa- sollte. Sie meinte, es wäre wunderbar, wenn Obwohl Astrid Lindgren damals schon 80 nisten über DDR-Kinderliteratur spre- Jahre zählte, war sie über das Gesche- chen und aus meinem Buch „Der Engel hen rund um den Erdball voll informiert. mit dem goldenen Schnurrbart“ lesen. Ich erinnere mich an ihr Berührtsein Auch in deutschsprachigen Schulen von den damaligen Ereignissen in der und im Stockholmer DDR-Kulturzen- DDR. In Ungarn hatte man die Grenzen trum waren Lesungen geplant. Ich sagte geöffnet, und Tausende flüchteten über gerne zu und begab mich per Zug und Österreich in den Westen. Sie meinte, es Fähre über Saßnitz und Malmö nach sei doch schlimm, daß manche Kran- Stockholm. kenhäuser deshalb in Not gerieten, weil Die Lesungen und Gespräche mit schwe- Ärzte und Schwestern weggingen und dischem, dänischem und norwegischem ganze Wirtschaftzweige zusammen- Publikum fanden in herzlicher, von brächen. Interesse geprägter und achtungsvol- Als Abschiedsgeschenk erhielt ich eines ler Atmosphäre statt. Ich konnte davon ihrer Bücher mit einer schönen Wid- berichten, daß unser Kinderbuchverlag mung. Wir umarmten einander, wobei viele skandinavische Titel im Programm ich die leise Hoffnung hegte, sie im hatte, allen voran Astrid Lindgren mit nächsten Frühling in Berlin wiederzu- „Pippi Langstrumpf“, „Karlsson auf dem sehen. Dach,“ „Mio, mein Mio“ und „Ronja Räu- Als ich dann aber am 7. Oktober 1989 bertochter“ in sehr hohen Auflagen, die – dem 40. Jahrestag der DDR – aus immer ganz schnell vergriffen waren. Schweden heimkam, spürte man Dr. Horst Hein und seine Frau Petra vom auf den Straßen, in den Medien und DDR-Kulturzentrum betreuten mich im Gesichtsausdruck der Menschen und führten mich auch ins schwedische Astrid Lindgren und unsere Autorin im herzlichen bereits, daß etwas Entscheidendes Kinderbuchinstitut (SBI). Die Direkto- Gespräch geschehen würde. Und im folgenden rin Dr. Sonja Svensson zeigte mir die Jahr gab es dann mein kleines, großes umfangreichen Sammlungen einschlägiger mir das gelänge. In Begleitung von Sonja und Land nicht mehr. Bücher aus aller Welt, darunter auch meine Horst stand ich am nächsten Nachmittag in In der Erinnerung bleibt mir die Wertschät- literarischen Kinder „Moritz“, „Ein Schnee- der Dalagatan Nr. 46 vor der Tür. Ich klingelte, zung und von Herzen kommende Gast- mann für Afrika“ und „Der Engel mit dem und da sahen wir auch schon Astrid Lindgren freundschaft, die mir damals als dessen goldenen Schnurrbart“ in deutschen wie leibhaftig und lächelnd vor uns. Mir war, als Sendbotin in Schweden zuteil wurde. schwedischen Ausgaben. Dann aber kam sei ich in einen Traum geraten. Die nächsten Christa Kożik RotFuchs / Januar 2015 Seite 27

Roland Günter und Klaus Steiniger – neue Ehrenmitglieder der Arbeiterfotografie Einmischen, mitgestalten, handeln mit Visionen

eit dem 16. Oktober 2014 sind sie Ehren- Punkt verdichtete Aussagen, Geschich- worden.“ Klaus Steiniger wird Mitglied der Smitglieder des Bundesverbandes Arbei- ten, Gefühle, die keinen Zweifel über (west-)deutschen kommunistischen Partei terfotografie: Prof. Roland Günter und Dr. den (antifaschistischen) Standpunkt DKP, schreibt von 1992 bis 1998 als außen- Klaus Steiniger. Sie sind – allen Manövern des Fotografen aufkommen lassen. politischer Berichterstatter regelmäßig für der mächtigen Gegenseite zum Trotz – wie 2012 findet durch Vermittlung des Malers die Sozialistische Wochenzeitung der DKP die Arbeiterfotografie dem Kampf um eine bessere Gesellschaft verpflichtet. Beide sehen – wie es für die Arbeiterfotogra- fie typisch ist – im Bilddokument ein Mit- tel ihres Wirkens, ein Instrument und eine Waffe. Der Kunst- und Kulturhistoriker Roland Gün- ter hat sich bei der Rettung von abrißbedroh- ten Industriebauten besondere Verdienste erworben und ist Autor zahlreicher Veröf- fentlichungen über die Industriekultur und das Ruhrgebiet. „Der Tod aller fortschrittlichen Kräfte ist das Sektierertum“, lautet die Lebensweis- heit von Klaus Steiniger, der stolz dar- auf ist, 66 Jahre aktiver und überzeugter Kommunist zu sein. Es sei wichtig zu wissen, wie und womit die anderen kochen. Diese Erfahrung läßt sich nur durch Kontakte zur „Außenwelt“ erzielen. Dabei sei es selbstver- ständlich, seinen Idealen und Überzeugun- gen treu zu bleiben. Woher rühren solche Gedanken? Als Mit- arbeiter und Auslandskorrespondent, als Sonderkorrespondent des „Neuen Deutsch- land“ (ND) mit diplomatischen Aufträgen erlebt er Erfolge, Rückschläge und letzt- Der DEFA-Augenzeuge 1/1975 trug den Titel „Die Nelkenrevolution“ und wurde – da noch keine lich den Verrat am Sozialismus. Eine sei- Kameraleute der DDR vor Ort waren – ausschließlich mit durch Klaus Steiniger aufgenomme- ner prägendsten Erfahrungen ist die Zeit nen und kommentierten Fotografien gestaltet. Darunter befanden sich etliche Porträts von der portugiesischen Nelkenrevolution Teilnehmern der ersten kommunistischen Kundgebung im legendären Grândola Vila Morena. ... „Es war eine Volksrevolution“, ist ihm wichtig, immer wieder herauszustellen. und Grafikers Thomas J. Richter eine erste „Unsere Zeit“. Seit 1998 ist der im Dezember Vom promovierten Juristen führt sein Weg persönliche Begegnung von Redakteuren 1932 geborene rastlose Aufklärer der Motor in den journalistischen Kosmos. Das ist der Arbeiterfotografie mit Klaus Steiniger des monatlich erscheinenden „RotFuchs“, Klaus Steinigers Welt, in der er bis heute in Berlin statt. Die Neugier auf sein bisher der „Tribüne für Kommunisten und Sozia- brilliert. Die Aneignung von Sachkennt- in kleineren Bruchstücken veröffentlich- listen in Deutschland“, dessen 200ste nis mit wissenschaftlichem Handwerks- tes fotografisches Werk – vor allem über Ausgabe im September 2014 erschien. zeug, Analyse und Darstellungsvermögen ... die Zeit der Nelkenrevolution – war der Mitunter ist Klaus Steiniger (zu Recht) Er übernimmt (als fotografischer Laie) Antrieb, das Phänomen Klaus Steiniger unbescheiden. auch die Aufgabe der Bildberichterstattung, näher kennenzulernen. Das Gesehene mit Ein „Starjournalist“ sei er gewesen, ent- deren Ergebnisse verblüffen. lebendiger Beschreibung des Geschehenen weicht es ihm 2005 in einem Interview Auch auf diesem Gebiet ist er ein sensib- war so tief beeindruckend, daß unmittel- (erinnerungsort.de), um im nächsten Atem- ler Beobachter. Es gelingen ihm auf den bar eine Ausstellung in der Galerie Arbei- zug zu sagen, daß es so etwas gar nicht gege- terfotografie in Köln beschlossen wurde. ben habe. Nach 1945 habe er – wie sein Vater Klaus Steiniger ist ein unbequemer Kommu- vor 1933 – für die „Weltbühne“ geschrie- Doppeltes Selbsttor nist. 1989 sieht er langjährige Kollegen und ben. „Klaus Steiniger war wohl der wich- Im RF 202 veröffentlichten wir auf Seite 13 Genossen „nach rechts abdriften“. In einer tigste Journalist der DDR“ heißt es 2004 in den aufschlußgebenden Artikel zum DDR- letzten Vollversammlung beim ND wider- einer Publikation der alternativen Musik- Wohnungsbauprogramm „Es brannte auf spricht er der Mär von einer „friedlichen szene (warschauer.de), die einem „frei- den Nägeln“. Der Name des Autors H.-J. Revolution“ in der DDR. denkenden Underground ein Forum“ sein Schmidt mußte aufgrund einer technischen Beifall und Buhrufe erhält er für seinen Dis- will. „Jugendliche, die Sinn für die Politik Havarie leider unvollständig bleiben. Ein kussionsbeitrag, in dem er sich auf seine haben und viele Hintergründe wissen möch- Grund zur Entschuldigung. Erfahrung als Berichterstatter aus Por- ten, sollten unbedingt zu Steiniger greifen, Jetzt schrieb uns H.-J. Schmidt aus Berlin: tugal beruft, wo er zwischen 1974 und danach sind sie schlauer und können gar die „Daß unter meinem Artikel der Nachname 1979 den Beginn einer Revolution und heutige Weltordnung durchschauen.“ abhanden gekommen war, ist unerheblich. den Ablauf einer Konterrevolution minu- Wenn der Journalist und ehemalige Staats- Unverzeihlich dagegen erscheint mir, daß tiös erlebt habe. „Macht Euch keine Illu- anwalt eines gelernt hat, dann ist es die ich Walter Ulbricht irrtümlicherweise mit sionen, Genossen, Kollegen! Das, was sich Analyse der Motive! Beweisführung gehört dem Zivilgesetzbuch der DDR in Zusam- gegenwärtig in der Deutschen Demokrati- dazu wie der Blick hinter die bunten Fas- menhang gebracht habe. Dieses trat erst im schen Republik abspielt, ist eine klassische saden und kreidefressenden, mitunter rot Juni 1975 in Kraft, während Walter Ulbricht Konterrevolution mit allem, was dazuge- angestrichenen Wölfe unter den Menschen. bereits im August 1973 verstarb.“ hört.“ Sein Resümee: „Der Weg zum Kapi- Anneliese Fikentscher, Andreas Neumann, talismus war auch beim ND freigemacht Köln Seite 28 RotFuchs / Januar 2015

Gisela Steineckert: Hand aufs Herz

eden Tag gucke ich mir in meiner Fern- Schwestern“. Das habe ich an den meinen Es gilt nicht mehr. Die Bereitschaft zur Gewalt J sehzeitung das kommende Programm an, gemerkt, seit 1953 Bundesbürger, und 1989 kann in zierlicher Gestalt und mit weiblichem um mit Vergnügen zu erkennen, wie wenig von der Angst gepackt, wir wollten ihnen was Lächeln und Ton erscheinen. ich sehen muß. Von der maßlosen Jubelfeier wegnehmen. In ihrem Roman „Sackgassen“ schrieb Thea im November habe ich zum Glück auch die Der normale Bundesbürger läßt, sofern er von Sternheim über das Alter: „Zeiten der „Goldene Henne“ nicht erlebt. So blieb es mir sie wahrnimmt, eine unbequeme Wahrheit Freiheit. Zeiten der Ernte.“ erspart, ein weiteres Mal den Mißbrauch mei- über die Welt nur dann zu, wenn sie einer Es war für sie nicht so, und für uns ist es auch nes Liedes „Als ich fortging“ wahrzunehmen. sagt, der Scholl-Latour hieß oder Weizsäc- nicht so gekommen. Der genannte Literatur- Im Jahr 1986 entstanden, kann es wohl kaum ker heißt. Mit solchen Leuten legt man sich kritiker meinte, auch öffentlich, sie hätten ja eine Abschiedsballade von der DDR gewesen nicht an, richtet sich aber auch nicht nach gern gegeben, aber ein bißchen Demut dafür sein. ihnen. Die von uns kaum hinzunehmende wäre doch angebracht gewesen. Heute entnehme ich dem Werbetext für eine Überheblichkeit hält uns historisch davon Ja, das hättest du gern. Aber du wirst es nicht Dokumentation: „Auch wenn sie eine Familie ab, unsere Kraft gemeinsam mit ihnen einer kriegen. Ihr seid nicht Jesus, nicht Mandela, nicht ersetzen konnten, so bildeten Kinder- notwendigen Beeinflussung des Weltgewis- nicht Angela, nicht Korczak, nicht Theodora- heime unter kirchlicher Leitung im soziali- sens zuzuwenden. kis, nicht Malangatana. Und gerade sie wür- stischen Bildungsdiktat der DDR Inseln von Wir haben zu viele offene Rechnungen, die den nicht wollen, daß wir knien. Sie würden Freiheit und Geborgenheit.“ In staatlichen unter den Tisch geworfen wurden. Hatten wollen, daß wir mit ihnen tanzen und den Kinderheimen mußten die Säuglinge vermut- wir nicht an der Ostsee einen blühenden nächsten revolutionären Versuch wagen. lich morgens, vor der Flasche, erst einmal die Schiffbau mit vollen Auftragsbüchern? Wer Gewalt ist unmenschlich, aber geschlechts- Nationalhymne singen. Und eine Grußadresse hat entschädigungslos die Aufträge über- los. Und manchmal ist es nur tief verankerte an den Staatsratsvorsitzenden schicken … nommen, und die Schiffbauer in die Arbeits- Überzeugung vom eigenen Mehrwert. Ich Ist das Unbelehrbarkeit oder nur Routine bei losigkeit geschickt? Meißner Porzellan macht erinnere mich an 1992. Alice Schwarzer hatte der alltäglichen Verunglimpfung des gesell- Miese? Das Wundern hört auf, wenn man sich mich als Jurorin für einen Wettbewerb von schaftlichen Lebens in der DDR – all dessen, die „neue Produktpalette“ ansieht. Über Journalistinnen eingeladen. Zum Abschied womit wir in der DDR umgegangen sind? Was Jahrhunderte erarbeitetes weltweites Anse- gingen wir gemeinsam zum Bahnhof, woll- wir uns vorgenommen hatten, verändern hen wird aus Gier nach Mehr verspielt. Es ten aber in verschiedene Richtungen fahren. wollten, verändert haben, manchmal auch gab in der DDR keine Produkte, die für den Etwas zögernd trennten wir uns, als die Kolle- aufgeschoben, aber nun wird es nie sein, denn Weltmarkt getaugt hätten? Das nimmt nicht gin vom „Stern“ sich besann: „Ach ja, ihr Ossis es ist verloren, und der Verlust schmerzt, wie einmal die „Super-Illu“ hin, die sonst gern wollt doch immer die Hand.“ Sie hielt mir die jede gut gedachte und nicht zu Ende gebrachte von früherer Unterdrückung berichtet und ihre hin. Ich nahm sie und sagte: „Aber doch Arbeit. erstaunliche Erfolgsgeschichten vor allem nicht ohne Glasperlen ...“ Jeder von uns weiß allerdings vieles besser, der „neuen Freiheit“ dankt. Für Demut gibt es keinen Grund. Wenn von als es uns jetzt dargestellt wird. Nun meint ein Literaturkritiker öffentlich, sie Liebe schon keine Rede sein kann, könnte uns Es gibt ein kleines Buch von mir, das heißt: hätten ein besseres Land und ein besseres ein Verhalten auf Augenhöhe helfen. „Wie ein Waisenkind“. Erschienen ist es Mitte Leben gehabt. Das hätten sie an uns verloren. Sonst wird sich vorerst zwischen uns nichts der siebziger Jahre, und da die Kerngeschichte Und dafür viel zu hoch gezahlt. ändern. in einem Heim für Waisenkinder beginnen Das ist seine Meinung. Vielleicht war sein P. S. Meine Kollegin Jana Hensel hat dem Lite- sollte, besuchte ich in Berlin eins, ohne dar- Deutschland für ihn ohne uns Ossis ein besse- raturkritiker im „Freitag“ klug und selbstbe- über nachzudenken, ob es ein christliches res Land. Aber wir sind für das Verlorene, das wußt geantwortet. Ich bin ihr dankbar. oder ein staatlich geführtes war. Umgewandelte, das Gentrifizierte, Zurück- Ich habe mit den Kindern gespielt und mit den gegebene, Entschädigte, bis heute unterbe- jungen Erzieherinnen gesprochen. zahlt. Denn es war ein durch unsere Arbeit Wir blieben in Verbindung, und ich konnte nach dem Krieg wieder aufgebautes Land. meine Geschichte beschwingt schreiben. Für das wir auch Opfer gebracht haben, und Als wir Recht hatten, alle Womit haben wir diese oft von Unkenntnis das uns dennoch mit seiner Friedfertigkeit, getragene Herablassung verdient? Emsigkeit, seiner wachen Unzufriedenheit Der meist unerschrockene, kluge Pastor und seiner latenten Bereitschaft, alles noch gerieten wir in die Falle Schorlemmer sagt nun, daß ein Volk, welches einmal zu bedenken, ein gutes deutsches Land zu sehr nach dem Mehr strebt, nicht gedeihen war. Nie gut genug, aber es war unser Leben, nun zählen wir die Narben kann, wenn es sich dabei nur um Macht und unser Versuch, es waren unsere Einwände Geld handelt. Hat er das schon gewußt, als er gegen das, was nicht gelang oder so nicht blei- zur einseitigen Niederlegung der Waffen auf- ben sollte. merken, woran wir darben rief und das Schwert zum Pflug umschmie- Die meisten von uns verlangten mehr Beach- den wollte? Das gelang praktisch nicht, und tung für die eigene Stimme. Wir hatten es satt, symbolisch erst recht nicht. Er hat zu einer dauernd das Behauptete als das Erreichte wir, nicht mehr gar so viele Wehrlosigkeit beigetragen, die den wehrhaf- anzusehen. Aber wir hatten Grund, uns zu ten Vereinigern diente. mögen. Hacks meinte, worauf sollten wir der Horizont scheint uns blutrot Wir stehen unter dem Generalverdacht, „es“ denn stolz sein, wenn nicht auf die DDR? Vier- nicht gerafft zu haben. Daran ist was Wahres. zig Jahre Solidarität statt Feindschaft. Hat Andere können besser raffen, und wir waren Spielräume gekostet und oft das Herz weit die Seele merkt auf dabei, als die „Treuhand“, zur Umwandlung gemacht. von Volksvermögen in privates Eigentum Die Wiedervereinigung aber wird nicht statt- ermächtigt, gerafft und zusammengerafft hat. finden, wenn sie weiterhin an ihre nützlichen und will mehr als Brot Das alles ergab gewaltige und gewalttätige Urteile und ihre Vorurteile glauben, und sich Veränderungen, die ein Volk erst einmal ver- in unserer Mitte einigeln. kraften muß. Das von der Siegerseite aus zu Gewalt ist männlich, wir Frauen haben andere treffen wir uns, laßt uns reden bedenken, es gar einzuräumen, wäre unbe- Möglichkeiten. Ich habe lange gedacht, daß quem. Es würde ein Umdenken erfordern, wir Frauen nicht zum Krieg taugen. Obwohl wir brauchen jeden eine Besinnung auf Gerechtigkeit – und die wir als Kinder mütterlicher Gewalt ausgesetzt ist nicht eben die Stärke unserer „Brüder und waren, habe ich das geglaubt. RotFuchs / Januar 2015 Seite 29

Seit vielen Jahren finde ich regelmäßig den und erinnere mich gut an das Ticken des Metro- Leserbriefe an „RotFuchs“ im Briefkasten und lese ihn mit sehr noms, den Herzschlag der Mütter, und an meine viel Interesse. Besonders bedanken möchte ich Scham für all das, was Deutsche den Völkern der RotFuchs mich für die Novemberausgabe mit der beigelegten Sowjetunion angetan haben. Rede von Egon Krenz. Ich habe sie gründlich und Daß Ihr diesem Heft die Rede von Egon Krenz mit viel Zustimmung gelesen. Leider wurde auf beigelegt habt, ist Euch sehr zu danken. Eine diese Rede im ND nicht verwiesen. präzise, komprimierte, objektiv formulierte poli- Prof. Dr. Horst Weiß, Strausberg tische Analyse konnte ich hier lesen, die nicht in Gestern erhielt ich den November-„RotFuchs“. den Papierkorb wandern wird. Sie hebt sich so Auch diese Ausgabe ist voller interessanter und Die Rede von Egon Krenz habe ich mit Interesse, wohltuend von den vielen „Festtagsreden“ auch lehrreicher Artikel! Großes Kompliment! Ich lerne Genugtuung und Zustimmung gelesen. Ich fände derer ab, die in jenen Tagen gehalten wurden. Von immer sehr viel aus den verschiedenen Beiträgen. es gut, könnte man den Kreis der Leser über den Biermann will ich gar nicht sprechen. Er deklassierte Unverzichtbar! der „RotFuchs“-Abonnenten hinaus vergrößern. sich selbst und damit auch die Umgangskultur im Besonders begeistert und beeindruckt mich Werner Wüste, Berlin Bundestag. Daß aber Gregor Gysi mit den Worten die Beilage mit der Krenz-Rede. Ich halte sie für begann, die DDR sei kein Rechtsstaat gewesen, die beste, profundeste, ehrlichste, sachlichste, Ein superlautes Bravo für Genossen Egon Krenz! läßt bei mir die Frage entstehen, wohin der Weg objektivste Beschreibung des Entstehens, der Seine historische Wertung der DDR im Novem- der „Linken“ führt. Jeder und jede hat sein Leben Entwicklung, der Probleme und Erfolge wie des ber-RF finde ich hervorragend. Diesmal traf die mit Höhen und Tiefen in der DDR gelebt und bedauerlichen Scheiterns der DDR, die ich je Zeitschrift fast zeitgleich mit den niederträchtigen dabei eigene Erfahrungen gesammelt. Mir war zu Gesicht bekam! Gauckeleien und Haßtiraden ein, welche sämtliche sie Heimat. Mit der BRD muß ich jetzt irgendwie Anton Überlacher, Innsbruck Medien überfluteten. Ich fühlte mich fast in das zurechtkommen. Waltraud Käß, Berlin Jahr 1939 zurückversetzt. Da kann man schon Besten Dank für den Leitartikel zum Mauerfall. Ich Angst bekommen! Doch dann trifft der RF ein, Momentan bin ich beim Lesen der brillanten Rede habe mir erlaubt, einige Kopien anzufertigen, um und mein politisches Rückgrat ist wieder gefestigt. von Egon Krenz. damit den „RotFuchs“ hier bekannter zu machen. Annelies Kremkau, Leipzig Ein paar Zeilen zu Gisela Steineckerts Artikel Egon Krenz möchte ich für seine historische Arbeit „Hand aufs Herz“: Ihr ist insofern ein Fehler zur DDR danken. Auf diesem Wege möchte ich mich als 84jährige unterlaufen, als sich das Konzentrationslager Wo sind die großen internationalen Frauen- ganz herzlich bei Egon Krenz für seine Berliner Salaspils nicht in Litauen, sondern unweit von kongresse geblieben? Das Büro der IDFF – der Rede bedanken. Ich kann alles unterschreiben, Riga in Lettland befand. Ich habe den Eindruck, Internationalen Demokratischen Frauenföde- was er gesagt hat. Endlich wurden einmal die daß Giselas Bericht über die sowjetischen ration – hatte seinen Sitz Ostberlin und vertrat tatsächlichen geschichtlichen Zusammenhänge Kriegsveteranen, die in Estland das Jubiläum in der besten Zeit rund 10 Millionen Frauen auf des Entstehens und der Existenz der DDR darge- ihres Sieges über Nazi-Deutschland feiern allen Kontinenten. Nach 1989 mußte es leider stellt. Ab 1947 bei der Antifa-Jugend und dann in wollten, von einer gewissen Irreführung durch seine Tätigkeit einstellen. Ich selbst habe an der FDJ, bin ich 1950 der SED beigetreten und estnische Nationalisten zeugt. verschiedenen Tagungen der IDFF und der habe seitdem für ein friedliches und besseres Als einstige Rigaerin kann ich sagen, daß die Friedensbewegung in der DDR teilgenommen. Deutschland gearbeitet. Auf einer FDJ-Schule kam üblichen Gesangsfeste zumindest lettischer Louise Stebler-Keller, Basel ich erstmals mit dem Marxismus in Berührung. Chöre und Solisten zu Sowjetzeiten niemals Seit 1949 bin ich politisch tätig gewesen – ob in verboten waren. Ich sehe aus Leserbriefen, daß Erstmals bestellte ich den November-„RotFuchs“. der Landwirtschaft oder als Redakteurin einer sich Gisela Steineckerts Artikel großen Zuspruchs Nachdem ich alle Beiträge gelesen habe, steht Betriebszeitung und der Kreiszeitung „Dreilän- erfreuen. Daher möchte ich, daß diese Details meine Meinung fest: endlich eine Zeitschrift, die dereck“. Es war eine schöne Zeit! richtiggestellt werden. wahrheitsgemäß und mit klarem Standpunkt 1959 konnten wir uns ein Einfamilienhaus mit Dr. Vera Butler, Melbourne berichtet. Gegenwärtig interessiert mich beson- zinslosem Kredit bauen. Täve Schur hat vor zwei ders die exakte Information über die Ukraine und Jahren in Bautzen vor älteren Bürgern gemeint, Selten habe ich einen derart aggressiven Anti- Rußland, über die Rolle der USA, der NATO, der wir müßten 100 Jahre alt werden, um den Jungen kommunismus in den Medien erlebt wie im EU und Deutschlands, die man nur in der jW und sagen zu können, wie wir wirklich gelebt haben. zurückliegenden November. Einen negativen eben im „RotFuchs“ – von einzelnen Beiträgen Elfriede Lukas, Zittau Kulminationspunkt stellte Biermanns Auftritt im anderer Publikationen abgesehen – findet. Bundestag dar. Er beleidigte die Abgeordneten Interessant war auch der Artikel „Helden in weißen Tausend Dank für das Referat von Egon Krenz! der Linkspartei, die dazu schwiegen oder kaum Kitteln“ über die Entsendung von 165 Medizinern Ich habe es schon zweimal gelesen. Er hat reagierten. Auch werden sie keinen Dank dafür und Krankenpflegern aus Kuba zur Bekämpfung wahrheitsgemäß gesagt, worum es 1989 ging. ernten, immer wieder von Gysi, Kipping, Rame- des Ebola-Virus in Sierra Leone. Das wird ja in Andererseits ist es unverschämt, was sich ein low und anderen zu vernehmen, die DDR sei anderen Zeitungen heruntergespielt oder gar Wolf Biermann im Bundestag erlauben durfte. ein Unrechtsstaat gewesen. Das verbessert in nicht erst erwähnt. Wer hat diese Schmierenkomödie nur vorbereitet? keiner Weise die oft erbärmliche Lebenssituation Die beiliegende Rede von Egon Krenz habe ich Sicherlich nicht Leute, die wollen, daß sich die von Millionen Menschen in diesem angeblich so mit großem Gewinn gelesen. Deutschen in Ost und West wirklich vereinigen. freiheitlichen und rechtsstaatlichen Land. P. S. Im Beitrag „Von Blau- und Gelbkreuz zu Zu meiner Person: Seit 1947 Mitglied der KPD Gerd-Rolf Rosenberger, Bremen- Zyklon B“ handelt es sich auf dem Foto offenbar und später der DKP, habe ich im Rechtsstaat Blumenthal um britische, nicht aber um französische Soldaten. BRD fast drei Jahre für meine politische Arbeit Dr. sc. phil. Heinz Heikenroth, Berlin im Gefängnis gesessen. Die BRD hat in großem Umfang Waffen in den Erich Schreier, Röthenbach a. D. Pegnitz kurdischen Norden Iraks geliefert. Zum „Sortiment“ Habe gerade den RF Nr. 202 erhalten und sofort gehören Maschinengewehre, Milan-Panzerab- die Rede von Egon Krenz aufmerksam gelesen. Jede Nummer des RF ist für mich etwas Beson- wehrraketen, Tausende Sturmgewehre der Typen Auch die österreichischen Medien folgen der deres, aber die Novemberausgabe mit der Rede G 3 und G 36 sowie 10 000 Handgranaten. Der Geschichtsklitterung und antikommunistischen von Egon Krenz ist einfach wunderbar. Sie enthält Gesamtwert der völkerrechtswidrigen Lieferung Hetze von Presse, Rundfunk und Fernsehen eine sehr gründliche Analyse der Wendezeit, die in ein Krisengebiet beträgt etwa 70 Mio. Euro. der BRD. Da bringt uns die Rede des Genossen ich als Konterrevolution verstehe. Gerade jetzt, Es handelt sich aber um keinen kommerziellen Krenz wertvolle Argumentationshilfen zur Aus- da die Reaktion in Deutschland, allen voran Herr Rüstungsexport, sondern um eine sogenannte einandersetzung mit politischen Gegnern und Gauck, aber auch Madame Merkel, beim Geifern Länderabgabe der Bundeswehr. Gauck und wankelmütigen Freunden. kein Ende findet, tut Klartext not. Merkel erklärten übereinstimmend, die BRD dürfe Wilfried Bader, Angerberg/Tirol Kurt Schmidt, Wismar militärisch nicht zurückstehen, um von den IS- Terroristen drohenden Gefahren zu begegnen. An Von einer Genossin aus unserer Basis-Organisation Seit einigen Jahren bin ich eine sehr interessierte Ausreden hat es beiden noch nie gefehlt. erhielt ich die Rede von Egon Krenz. Wir sprachen „RotFuchs“-Leserin. Die Vielfalt der Beiträge, national Franz Bohnsack, Güstrow in unserer Versammlung darüber und fanden, es sei wie international, gefällt mir immer wieder. Auch wichtig, daß auch unsere Sympathisanten davon Neues ist hinzugekommen. Vor allem meine ich Nie habe ich mich stärker in meiner Existenz und erführen. An Genossen Krenz hatte ich während die regelmäßigen Beiträge von Gisela Steineckert. der meiner Familie bedroht gefühlt als in den seiner Inhaftierung einen Brief geschrieben und Im Novemberheft berührte mich ihr „Hand aufs ersten Jahren nach der DDR. Mit anderen Worten: ihn später bei einer Veranstaltung in Görlitz auch Herz“ ganz besonders, weil auch ich in den 70er Die Freiheit nach dem Fall der Mauer hat vielen, persönlich kennengelernt. Jahren während einer Reise in die Sowjetunion auch mir, die Tore versperrt. Denn ich war einer Für Eure verantwortungsvolle Tätigkeit wünsche ähnliche Gefühle wie sie gegenüber den Men- derer, die bis zum Ende meinten, dieser Staat ich Euch starke Nerven und Erfolg. schen hatte, die unser Land vom Faschismus hätte eine Chance verdient gehabt. Fürwahr, es Christa Spenke, Basisvorsitzende der befreiten. Ich habe den von ihr beschriebenen hätte Mut erfordert, an Visionen zu glauben, an Partei Die Linke, Oderwitz Ort im lettischen Salaspils ebenfalls besucht Reformfähigkeit festzuhalten. Seite 30 RotFuchs / Januar 2015

Die politischen Losungen in der DDR waren tot, ja er ist einfach nicht totzukriegen. Der real für die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung selten lustig. Sie werden aber in ihrer Hohlheit existierende Sozialismus war ein erster Versuch, selbst ins eigene Knie schießen. Sicher wäre es von den Wahlwerbungen der Parteien heute keineswegs jedoch nur ein vermeintlicher oder nicht schlecht, den ersten Ministerpräsidenten noch übertroffen. Wir haben uns über das Pseudo-Sozialismus. Weitere Versuche werden stellen zu können. Aber dafür die eigene Ideologie Abstimmverhalten der Volkskammerabgeord- ihm folgen. Almos Csóngar, Berlin über Bord zu werfen, hat bis jetzt noch keine neten amüsiert. Angesichts des Abstimmver- Partei fertiggebracht. haltens der Bundestagsabgeordneten ist uns Zum „Mauerfall-Jubiläum“ scheuten Medien Mich beschleicht ein Gefühl: Seit Bartsch vor das Lachen vergangen. wie Politiker keine Kosten, die Unwissenden der Wahl von Kipping und Riexinger seinen „Hut Wir sind verblüfft und entsetzt, daß unsere dieses Landes noch mehr mit Veranstaltungen, in den Ring geworfen“ und dazu betont hatte, Sehnsucht nach Gerechtigkeit mit höhnischem Gedenkfeiern und Themenwochen vollzustop- er werde „diese Linke der SPD näherbringen“, Gelächter und dem süffisanten Verweis auf fen. Groteskerweise wurde dabei jedoch nur gehen wahrlich seltsame Dinge vor sich. Sahra den Rechtsstaat beantwortet wird. Wir haben von Menschen berichtet, die es in der „neuen Wagenknecht durfte – bei Androhung, daß Gysi es satt, daß unter dem Banner von Freiheit Freiheit“ zu etwas gebracht haben. Niemand alles hinschmeißt – nicht zur alleinigen 1. Stellver- und Demokratie gegen unsere Interessen erwähnte jene, welchen ihre Heimat buchstäblich tretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt werden. regiert wird. über Nacht unter den Füßen weggezogen wurde Warum wurde ausgerechnet Bartsch ihr zur Seite Nach der Wende habe ich es mir zur Ange- und die, wenn sie überhaupt Arbeit haben, sich gestellt? Höhn als Bundesgeschäftsführer und wohnheit gemacht, das Für und Wider meiner gerade so von Monat zu Monat dahinschleppen Bartsch lassen garantiert die nötigen Strippen Entscheidungen immer schriftlich niederzule- oder durch das Austragen von Zeitungen und ziehen, zumal die SPD wie jetzt auch Die Linke das gen. Sollte ich jemals aufgefordert sein, dies andere Zweitjobs noch ein paar Euro hinzuver- Wörtchen „Unrechtsstaat“ gleichermaßen für die gleichfalls mit meinem Leben in der DDR zu tun, dienen müssen. DDR verwendet. Paßt das nicht gut zusammen? würde mein Pegel heute deutlich in Richtung Ich bin stolz, ein Stück DDR selbst miterlebt zu Klaus Glaser, Schwarzenberg DDR ausschlagen und dies nicht, weil ich mir haben, sie im Herzen wie im Kopf noch immer eine Vergangenheit herbeisehne, die damals als meine wahre Heimat zu betrachten, die man Vielleicht läßt sich die moderne Familien-, Erzie- so wie auch jetzt nicht mehr existieren kann. mir nicht wegnehmen kann. Wenn andere darauf hungs- und Schulpolitik der DDR zur Widerlegung Meine Entscheidung ist auch nicht ideolo- hoffen, einmal in den Himmel zu kommen, so der Unterstellung, sie sei ein Unrechtsstaat gisch verbrämt, sondern geschieht aus rein möchte ich lieber zurück in meine DDR. gewesen, am besten nutzen. Schon 1952 wurde sachlichen Motiven. Mario Landgraf, Clingen (Kyffhäuserkreis) in der DDR gesetzlich verboten, Schulkinder zu Jan Bischoff, Neustrelitz schlagen. An Schulen der BRD war das bis etwa Auch ich habe der „Linken“ bei der Landtagswahl 1970 erlaubt. In der Alt-BRD mußte der Mann Ein seit den Zeiten des Kalten Krieges in der alten in Thüringen meine Stimme gegeben – aber zustimmen, daß seine Frau arbeiten darf. Er BRD unterschwellig und latent vorhandener Rus- nicht, um Kübel politischen Mülls über der DDR konnte Arbeitsverträge seiner Frau fristlos kün- senhaß wurde wieder an die Oberfläche gespült. auskippen zu lassen, sondern um ersten Ansät- digen. Dieses wilhelminische Gesetz wurde erst Offensichtlich kommt er einigen „Verteidigern zen für ein mehr sozial organisiertes Land zum 1977 aufgehoben. Bis 1962 durften verheiratete westlicher Werte“ gerade recht, um zu beweisen, Durchbruch zu verhelfen. Was Bodo Ramelow Frauen in der Alt-BRD kein eigenes Bankkonto wie bösartig „der Russe“ im Allgemeinen und über das MfS im Vergleich mit der sagt, ohne Zustimmung des Ehemannes eröffnen. Präsident Putin im Besonderen ist. Dabei hat bewegt sich auf dem Niveau von „Bild“. Hier muß Erst ab 1969 galten sie als geschäftsfähig. Für Moskau bereits einige Vorschläge unterbreitet, man wohl seine westdeutsche Sozialisation in Frauen in der DDR unvorstellbar! Dort wurden wie die Situation entkrampft werden könnte. Rechnung stellen. die aus Kaisers Zeiten stammenden Gesetze mit Um von der eigenen Aggressivität abzulenken, Ich betrachte das alles – wie auch die Festschrei- der Staatsgründung getilgt. In der DDR haben unterstellt man Rußland nichtexistente Aggres- bung des frei erfundenen Begriffs „Unrechtsstaat“ bereits in den 60er Jahren ebensoviel Mädchen sionsgelüste. Dieses große Land und sein Prä- in der Koalitionsvereinbarung – als kein gutes wie Jungen das Abitur machen können. In der sident haben für ihre konsequente Haltung im Vorzeichen für die politische Zukunft der „Linken“. Alt-BRD wurde diese Parität erst in den 80er Konflikt und ihre Bemühungen um die Erhaltung Schade. Aber zum Glück gab es ja auch die DKP Jahren halbwegs erreicht. des Weltfriedens meinen Respekt und meine auf der Liste, der ich meine Zweitstimme gab. Ich Als Selbstbetroffener möchte ich noch ein Bei- uneingeschränkte Sympathie. bin mir fast sicher, daß ich das nicht zu bereuen spiel anfügen. In der DDR endete die juristische Gottfried Fleischhammer, Leipzig habe. Peter Franz, Evang.-Luth. Diskriminierung nichtehelich geborener Kinder Theologe, Weimar bereits 1950, in der Alt-BRD erst am 28. Mai Meine DDR-Generation ist mit Fadejews „Die 2009 – und zwar durch ein Urteil des Europä- junge Garde“ aufgewachsen. Nach einem halben Völlig unakzeptabel sind die vulgären Auslas- ischen Gerichtshofes. Jahrhundert habe ich das Buch erneut gelesen. sungen des linken Ministerpräsidenten, Bodo Wilfried Steinfath, Berlin Sollen all jene, welche für eine glückliche Zukunft Ramelow, die „spiegel-online“ am 16. November gekämpft haben und ihr Leben ließen, nun durch so zitierte: „Auf gut Deutsch gesagt: Jedes kleine Es hat mich gefreut, daß im November-RF die Enkel oder Urenkel – im übertragenen Sinne – oder größere Arschloch im DDR-Apparat konnte Grafik von Anni Starke veröffentlicht wurde, noch einmal ermordet und die Erinnerung an sie in das Leben der anderen eingreifen. Das war die sie 1956 für die westdeutsche Frauen- aus den Geschichtsbüchern durch eine „Weiße entsetzlich.“ Friedensbewegung (WFFB) schuf. Die Frau- Garde“ verbannt werden? Das kann uns doch Soll das etwa sachliche Auseinandersetzung enbewegung hatte es verdient. Dabei denke nicht ruhig schlafen lassen. Mit Sicherheit hat Frau sein? Da begibt sich einer in die dunkelsten ich an Prof. Clara Marie Faßbinder (liebevoll Merkel Fadejews Buch auch gelesen. Schließlich Niederungen biermannscher Rhetorik. So nicht, Friedensklärchen genannt), an Grit Weisberg, war es Schulstoff, und bei ihrem hervorragen- Genosse Ramelow! aktive Pfarrersfrau aus Gelsenkirchen, Elly den Abiturzeugnis muß sie diesen bewegenden Dazu und zu den politischen Aussagen im Koaliti- Steinmann, Mira von Kühlmann, die SPD-Bundes- Rapport damals geradezu verschlungen haben. onsvertrag von Thüringen dürfen und können wir und Landtagsabgeordnete Alma Kettig und Helge Tietze, Bautzen nicht schweigen. Raimon Brete, Chemnitz viele andere, gleich welcher Konfession oder Partei sie angehörten. Mir stehen die Frauen Wir sind immer erschüttert, daß selbsternannte Ich bin entsetzt, wie der politische Gegner das aus Essen und Gelsenkirchen vor Augen, die „Bürgerrechtler“ wie Gauck mit ihren Unwahrhei- Phantom vom Unrechtsstaat nun wortgewaltig Monat für Monat die Zeitschrift „Frau und ten in unserer Gesellschaft Stimmung gegen die umsetzt. Aber das war zu erwarten, nachdem Frieden“ verschickten. Der alten, kleinen Prof. Menschen aus der DDR machen können. Für uns Bodo Ramelow Verrat an sozialistischen Prin- Faßbinder lag vor allem die Versöhnung mit SPDler ist dies deshalb so beschämend, weil zipien begangen und dafür den Judaslohn der Frankreich und der Sowjetunion nach dem die SPD-Oberen diesen Antikommunisten auf „Regierungsmacht“ eingelöst hat. Soll ich einfach deutsch-faschistischen Überfall am Herzen. seinen Posten gebracht haben. Leider begreifen nur resignierend sagen: „Das ist ja auch ein Dafür wurde ihr ein französischer Orden ver- sie nicht, wie dieses höchste Amt im Staate mit ‚Wessi‘, der uns nicht verstanden hat?“ Einer liehen, den sie unter Präsident Lübke nicht Herrn Gauck entwürdigt worden ist. objektiven Aufarbeitung der Geschichte der entgegennehmen durfte. Der nachfolgende Hannelore und Johann Weber, Ruhstorf DDR hat er einen Bärendienst erwiesen. Der Bundespräsident Heinemann überreichte ihr (Niederbayern) nächste Angriff läßt nicht auf sich warten: Das den „Orden der Versöhnung“ als seine erste Tat. Volk in der DDR soll gänzlich vom „SED-Staat“ Viele Frauen fühlten sich dadurch mit geehrt. Erst am „Jubiläumstag“ kam ich dazu, den glän- gelöst werden. … Marianne Konze, Gelsenkirchen zenden Leitartikel „Vom Mauerfall zum Kriegsfall“ Ich aber war ein Teil des Staates DDR. Soll ich im November-RF zu lesen. Jawohl, die Mauer, die mir mein Herz herausschneiden? Christa Kożik möchte ich für ihren Artikel in der uns aufgezwungen wurde, hat 28 Jahre lang mit Herzliche Grüße aus dem „schwarzen“ Bayern Oktober-Ausgabe danken. Sie schreibt so warm- verhindert, daß es zwischen beiden Blöcken zum DDR-Bürgerin Sonja Navarro, Volkach herzig, ähnlich wie Gisela Steineckert. Solche Krieg gekommen ist. Möge der Titel des Artikels Frauen gehören an die Spitze von Regierungen. zum geflügelten Wort werden, erklärt er doch Nun hat sich die Partei, der ich angehöre, der Zu Christas Hoffnungssatz möchte ich sagen: klipp und klar, was damals geschehen ist und Verteufelung meines Heimatlandes DDR auch Alles entwickelt sich, und je höher der Druck, was dem folgen sollte. Der Sozialismus ist nicht angeschlossen. Gewisse Politiker würden sich wohl desto größer der Widerstand. Bei mir hat sich seit RotFuchs / Januar 2015 Seite 31

1989 einiges angestaut, und das will jetzt raus. durfte. Bundestagspräsident Lammert hat mit den werden könnte, außer Ochs und Esel ihren Zuvor war ich politisch völlig desinteressiert, gab Biermanns Einladung der Demokratie einen Lauf zu lassen. als Bauarbeiter und später als Berufskraftfahrer schlechten Dienst erwiesen! Für einen neuen Anlauf à la DDR anno futurico mein Bestes, zog drei Kinder groß, habe zwei Alfred Krommel, Günter Waldeck, müssen die Verantwortlichen unbedingt Mas- Enkel, bin seit Mai 2014 „RotFuchs“-Leser und Lamstedt senpsychologie studiert haben. habe durch unsere hiesige „RotFuchs“-Gruppe Doz. Frank Schubert, Potsdam wirklich interessante Leute kennengelernt. In der Eine Frau, der nach Aussagen Altkanzler Kohls Familie und im Bekanntenkreis gibt es immer erst in ihrer Regierungszeit das Essen mit Messer Mit meinem Restaurant „Felsquell-Stuben“ häufiger Diskussionen. Die Lage spitzt sich zu, und Gabel beigebracht werden mußte („Der Spie- hatte ich mich selbständig gemacht. Da merkte auch für die Linkspartei. Nichts bleibt, wie es gel“, Heft 41/2014), maßte sich an, anläßlich der ich, daß ich mit dem Mietpreis zum Sklaven ist. Alles braucht seine Zeit. Mauerfall-Orgien den schnauzbärtigen Biermann geworden war. Verdient hat nur der Vermieter. Eckard Laurich, Eberswalde als einen der größten Dichter und Liedermacher Diese Gesellschaftsordnung taugt gar nichts, nicht nur der Deutschen, sondern unserer Zeit aber leider zählt für viele nur das Überproduk- Den Autorinnen Christa Kożik und Gisela Stein- und somit der ganzen Welt zu bezeichnen. tions-Angebot des Kapitalismus. eckert danke ich für ihre Artikel im Oktober-RF Wie tief ist deutsche Kanzlerkultur nur gesunken! Wohl fühlen wir uns, wenn wir im Friedensfahrt- zur Deutschen Demokratischen Republik. Beide Ich schäme mich auch ohne eigene Schuld. Museum bei Horst Schäfer mit Täve und vielen haben mir aus dem Herzen gesprochen. Karl Kossakowski, Rostock anderen ehemaligen Sportlern zusammen- Manch einer sagt: „Es war nicht alles schlecht.“ kommen. Ich fuhr bis 1972 selbst aktiv – eine Das bedeutet: „Es war vieles schlecht, aber nicht Einen Eklat leistete sich im Bundestag ein in schöne Zeit! alles.“ Ich sage: „Es war nicht alles gut.“ Das die Jahre gekommener kleiner feister Mann. Mit Lothar Heimann, Crimmitschau bedeutet: „Es war vieles gut, aber nicht alles.“ seiner „Gesangseinlage“ pöbelte er in unflätiger Das ist ein gewaltiger Unterschied. Weise die Abgeordneten der „Linken“ an. Dann Dem „RotFuchs“ herzlichen Dank für das wunder- Jahrgang 1952, hatte ich das Glück, in einem sang er sich seinen angestauten Frust von der schöne Bild „Zärtlicher Vater“ in der September- Staat aufzuwachsen, der jedem Menschen Seele, nicht schön, aber laut. Kein Ordnungsruf gleiche Möglichkeiten ohne Rücksicht auf den störte und stoppte ihn. Die meisten Abgeordne- Ausgabe und die zu Herzen gehenden Worte Geldbeutel der Eltern bot. Ein Staat, in dem die ten applaudierten dem Herrn sogar, der sich in Lea Grundigs. Um so mehr tut es weh, daß das Ausbeutung des Menschen durch den Menschen den Dankesworten von Frau Merkel und Herrn sozialistische Kuba für seine humanistischen abgeschafft war, die Gleichberechtigung der Gabriel sonnte. Taten durch die USA und gewisse EU-Staaten, Frauen weitestgehend durchgesetzt werden Dieser Mann demonstrierte auf seine unnachahm- die den Kubanern unbedingt ihre „Demokratie“ konnte und in dem niemand ein Hochkommen des liche Weise, was man unter „Einheit“ versteht. Ich aufzwingen möchten, noch immer isoliert wird. Neofaschismus befürchten mußte. Die DDR war habe starke Zweifel, daß so zusammenwächst, Für mich ist Solidarität mit diesem tapferen Volk der einzige Staat in der deutschen Geschichte, was zusammengehört. nach wie vor Herzenssache. der keinen Krieg geführt hat. Seit 1990 gedenken Das schreibt ein Wähler der diffamierten Partei Konrad Hannemann, Eisenhüttenstadt meine Frau und ich in jedem Jahr am 7. Oktober Die Linke. Werner Jahr, Potsdam des Gründungstages dieses unseres Staates mit Vor drei Jahren gründeten Berliner „RotFuchs“- einem Glas Sekt. Mit Freude habe ich im November-„RotFuchs“ Freunde eine kleine Singegruppe, die sich Arbei- Karl-Heinz Puchmüller, Waren (Müritz) die Glückwünsche für Genossen Kurt Gossweiler ter-, Jugend- und Kampfliedern widmet. Bei der gelesen. Wir haben Kurt zu seinem 97. Geburtstag Veranstaltung zum 65. Jahrestag der DDR gaben Die Linkspartei in Thüringen hat mit ihrer Zustim- besucht, worüber er sich natürlich sehr gefreut wir gemeinsam mit über 200 sangesfreudigen mung zur Bezeichnung der DDR als Unrechtsstaat hat. Doch mit einiger Verwunderung stelle ich Teilnehmern eine Probe unseres Könnens. Egon diese samt ihrer Ideale und zweifellos erreichten fest, daß er im RF lediglich als „profilierter Krenz war sichtlich bewegt. Wir wollen diese Erfolge nachträglich verraten! Im Schachern mit Faschismus-Forscher der DDR“ gewürdigt wird Tradition des Singens fortsetzen und bereiten der SPD und den Grünen um Regierungsposten und unerwähnt bleibt, was den größten und wohl derzeit ein kleines Programm zur Würdigung und Chefsessel hat sie diesen schändlichen wichtigsten Teil seines Lebenswerkes ausmacht: des Kampfes der Spanischen Republik und der Preis gezahlt. die Erforschung der Ursachen der einstweiligen Interbrigadisten vor. Die DDR hatte tatsächlich Demokratiedefizite Niederlage des Sozialismus. Dringend brauchen wir sängerische Verstärkung und Mängel. Aber für mich bleibt sie dennoch Norbert Gernhardt, E-Mail und einen Akkordeon-Spieler bzw. Keyboarder. die größte politische Errungenschaft auf deut- Bitte meldet Euch bei Konstantin Brandt (Telefon schem Boden. Liebe „RotFuchs“-Redaktion, seit Jahren bekomme 030/53 02 76 64) oder bei mir (030/34 35 36 04). Zur aktuellen Situation habe ich versucht, einige ich Ihre Zeitschrift und habe immer viel Gewinn Wolfgang Schulze, Berlin Gedanken in Verse zu fassen: daraus gezogen. Heute melde ich mich zurück, weil ich mit der Sicht des „Mauerfall“-Artikels Im „RotFuchs“ finde ich in jeder Ausgabe das Der „Geßlerhut“ ist uns bekannt im November-RF so nicht einverstanden bin. Spiegelbild meines eigenen Lebens in der als Unterwerfungszeichen. Natürlich ist der Mauerfall ein Jahrhundert- DDR wieder und die Bestätigung, daß ich in Die DDR als „Unrechtsstaat“ ereignis. Uns betrifft das ganz schmerzlich, denn den verschiedenen Funktionen, mit denen ich hat diesen Zweck desgleichen. wir haben einen großen Menschheitsversuch betraut wurde, und den Aufgaben, die man verloren. Um so dringlicher – da für unsere Enkel, mir stellte (Kapitän der Handelsflotte der DDR, Nun ist er weg, der „Unrechtsstaat“, Urenkel und noch später Geborene die nächsten Vertreter der Deutschen Seereederei in London, ist lange schon verschwunden. Versuche dieser Art werden folgen müssen –, Abteilungsleiter für Seeverkehr im Ministerium Er lebt erneut auf im Spagat daß wir die Zusammenhänge vollständiger für Verkehrswesen der DDR, Vertreter der DDR der bunten Kungelrunden. analysieren. … Gegner hatte die sozialistische und Sprecher der sozialistischen Länder in der Entwicklung der DDR von Beginn an, aber eben UNCTAD) ganz im Sinne der DDR gehandelt Er wird noch lang’ nicht untergeh’n Zustimmende, Anpackende, aktiv Gestaltende habe. Dazu kommt, daß ich in den Beiträgen im Herzen der Genossen – in großer Mehrheit. und Leserbriefen des RF Anregungen zur kriti- und eines Tages neu erstehen, Leistungsschwäche, Engstirnigkeit und gegne- schen Hinterfragung der eigenen Position und geläutert, neu gegossen. rische Einflüsterungen ließen dann im Laufe der Eberhard Kunz, Berlin Jahre Zweifel aufkommen und dezidiert Unzu- des eigenen Handelns entdecke. Kurz gesagt: friedene sich zaghaft organisieren. Das alles Der „RotFuchs“ ist für mich eine Goldgrube. Bundestagspräsident Lammert spreche ich geschah zwar unter staatlichen Repressionen, Lutz Weiprecht, Berlin mein aufrichtiges Beileid dazu aus, daß er auf aber ohne Blut und Tod. Dann gewannen erste Biermann zurückgreifen mußte, weil Adenauers Bürger exterritoriales Terrain in der Kirche, in Für die Veröffentlichung meines Beitrags „Der Graue Eminenz Dr. Hans Globke, der Kommen- Umweltgruppen, bei Montagsdemos und in kleine Fuchs und die Ehrenregel“ in der Novem- tator der Nürnberger Rassegesetze, leider nicht BRD-Botschaften – weiterhin ohne Blut und berausgabe bedanke ich mich sehr. Leider hat mehr zur Verfügung steht. Auch der hätte sich Tod. Dem folgten die Reisewelle nach Ungarn sich ein Fehler eingeschlichen, der das Herz hervorragend als Ehrengast geeignet. und die Öffnung seiner Grenze zu Österreich. einer Biologin bekümmert. Darf darauf witzig Horst Kraft, Bad Freienwalde Hiergebliebene versammelten sich jetzt ohne reagiert werden? Scheu. Teils noch gegenüber, teils bereits unter Es ist sehr schlimm, daß ein durchgeknallter, diesen Massen waren der Parteisekretär, der Die Redaktion hat sich geirrt, gesinnungsmäßig heruntergekommener Hofnarr Volkspolizist, der NVA-Soldat, der Kampfgruppen- der rote Fuchs rennt oder schnürt. des Kapitalismus seine aufgestauten Haßtiraden Angehörige, der SED-Genosse. … Sie teilten Springt manchmal hoch nach einer Maus, auf demokratisch gewählte Abgeordnete einer Forderungen der Masse. doch hoppelnd eilt er nicht nach Haus. legalen Partei, die sich dem Frieden und der So wurde die Bewegung zur Macht, wurden Belehrt ihn zwar der kleine Hase, sozialen Gerechtigkeit verpflichtet hat, aus- die Funktionäre und Ordnungskräfte aber zur den Gang wählt er nach seiner Nase. schütten und sie als „Drachenbrut“ diffamieren Ohnmacht. Keiner wußte, wie die Wut gebun- Edda Winkel, Hönow Seite 32 RotFuchs / Januar 2015

Fischer ohne Fische Grafik: Klaus Parche

Am 17. Januar um 10 Uhr spricht der Am 24. Januar um 10 Uhr spricht der Am 3. Februar um 18 Uhr spricht der Journalist DKP-Vorsitzende Patrik Köbele auf einer renommierte Faschismus-Forscher und Buchautor Reinhard Lauterbach auf einer Veranstaltung der RF-Regionalgruppe Prof. Dr. Manfred Weißbecker auf einer Veranstaltung der RF-Regionalgruppe Leipzig Chemnitz-Zwickau-Plauen im „Rot- Veranstaltung der RF-Regionalgruppe und des Stadtverbandes der Partei Die Linke haus“ Chemnitz, Lohstraße 2 (Getreide- Dresden in der „Drogenmühle“, Hei- im Liebknechthaus, Braustraße 15 (Dachgeschoß) markt), über das Thema denau, Dresdner Straße 26, über das über das Thema Thema Warum wir uns zu Marx, Engels Vom Regimewechsel bis zum Bürgerkrieg – und Lenin bekennen Faschismus und Antifaschismus heute Wie die Ukraine ruiniert wird

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Der im Februar 1998 gegründete „RotFuchs“ ist eine von Parteien unabhängige kommunistisch-sozialistische Zeitschrift. Herausgeber: Künstlerische Mitarbeit: Autorenkreis: Rudi Kurz „RotFuchs“-Förderverein e.V. Dieter Eckhardt, Günter Endlich, Heinz Joachim Augustin Dr. Kurt Laser Herresbach, Klaus Parche, Heinrich Chefredakteur: Dr. Matin Baraki Wolfgang Mäder Ruynat, Renatus Schulz, Gertrud Zucker Bruno Mahlow Dr. Klaus Steiniger (V.i. S.d.P.) Konstantin Brandt Versand und Vertrieb: Dr. Vera Butler (Melbourne) Dr. Bernhard Majorow Rheinsteinstraße 10, 10318 Berlin Karin Dockhorn, Postfach 02 12 19, Prof. Dr. Götz Dieckmann Prof. Dr. Herbert Meißner 10123 Berlin, Tel. 030/2 41 26 73 Tel. 030/561 34 04 Ralph Dobrawa Wolfgang Metzger [email protected] Mail: [email protected] Dieter Fechner Jobst-Heinrich Müller oder Sonja Brendel Bernd Fischer Horst Neumann (Redaktionsadresse) Tel. 030/5 12 93 18 Peter Franz Cornelia Noack Sekretärin: Karin Großmann Günter Freyer Erhard Richter Heiner Brendel, Gerald Umlauf, Hans Prof. Dr. Georg Grasnick Prof. Dr. Horst Schneider Ludwig, Peter Barth u. v. a. m. Layout: Rüdiger Metzler Ulrich Guhl Prof. Dr. Rolf Sieber Finanzen: Jürgen Thiele Herstellung: Druckerei Bunter Hund Bernd Gutte Joachim Spitzner Prerower Platz 6, 13051 Berlin Helmuth Hellge Gisela Steineckert Tel. 030/981 56 74 Internet: www.rotfuchs.net Eberhard Herr Bruni Steiniger Erik Höhne Dr.-Ing. Peter Tichauer Bitte die einheitliche neue Internet-Präsentation: Bankverbindung für das In- Rico Jalowietzki Marianne Walz Sylvia Feldbinder und Ausland beachten: Christa Kożik Johann Weber „RotFuchs“-Förderverein Siegfried R. Krebs Prof. Dr. Zbigniew Wiktor (Wroc aw) Redaktionsschluß für die übernächste IBAN: DE18 1005 0000 2143 0314 00 Marcel Kunzmann Edda Winkel Ausgabe ist der 20. eines Monats. ł BIC: BELADEBEXXX Die Mitarbeit weiterer Autoren ist erwünscht. Die in namentlich gezeichneten Beiträgen zum Ausdruck gebrachten Auffassungen müssen nicht mit denen der Redaktion übereinstimmen.