Die Historische Fernhandelsstraße Von Bielefeld Nach Wesel
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Literatur Martin Kroker (Hrsg.), »Macht des Wortes«. Benediktini- Hans-Georg Stephan, Studien zur Siedlungsentwick- sches Mönchtum im Spiegel Europas. Ausstellungskatalog lung und -struktur von Stadt und Reichskloster Corvey Lavanttal (Regensburg 2009) 161–169. – Sveva Gai/Karl (800–1670). Göttinger Schriften zur Vor- und Frühgeschich- Heinrich Krüger/Bernd Thier, Die Klosterkirche Corvey. te 26,1–3 (Neumünster 2000). – Hilde Claussen/Anna Geschichte und Archäologie. Denkmalpege und Forschung Skriver, Die Klosterkirche Corvey. Wandmalerei und Stuck in Westfalen 43.1.1 (Darmstadt 2012). – Michael Koch/ aus karolingischer Zeit. Denkmalpege und Forschung Andreas König/Hans-Werner Peine, Corvey im Fokus – in Westfalen 43.2 (Mainz 2007). – Uwe Lobbedey, Die aktuelle Forschungen zur Geschichte von Kloster und Stadt. karolingische Klosterkirche zu Corvey. In: Gerfried Sitar/ Archäologie in Westfalen-Lippe 2013, 2014, 247–250. METHODEN UND PROJEKTE METHODEN Spuren am Wegesrand – die historische Fernhandelsstraße von Bielefeld nach Wesel Ulrike Steinkrüger Wegeforschung Regierungsbezirke Detmold und Münster Als letzter Teil des Wegeforschungsprojektes spielsweise Flussübergänge, Landwehrdurch- »Wege der Jakobspilger in Westfalen« der Al- lässe, Galgen, Gerichtsplätze, Siechenhäuser, tertumskommission für Westfalen wurde bis Gasthäuser und Herbergen, Schmieden sowie Ende 2014 die mittelalterliche Fernhandels- weitere wegetypische Einrichtungen (= Weg- route von Bielefeld über Münster an den begleiter oder Wegeindikatoren). Im Idealfall Rhein untersucht (Abb. 1). reihen sich die Hinweise so eng aneinander, Die Rekonstruktion der historischen Weg- dass der Verlauf der historischen Trasse nach- verläufe erfolgte in Anlehnung an die histo- vollziehbar wird. risch-geograsche Methode nach Denecke Bei der aktuellen Wegstrecke handelt es durch Heranziehen verschiedenster Hinweise sich um das Teilstück einer Fernhandelsroute, auf das Vorhandensein einer alten Straße. Di- die die Hansestädte Lübeck und Hamburg rekte Belege können Nachweise von Trassen über Lüneburg und Minden mit dem Nieder- rhein und den Niederlanden verband. Sie ge- wann vor allem ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts – als der Handel mit den öst- lichen Ländern zunahm – zunehmend an Be- deutung. Kartenwerke wie der Brüsseler Atlas des Christian S’Grooten (1573, 1579) bilden den groben Streckenverlauf ab und können durch Hinzuziehen jüngerer Karten ergänzt werden. Dabei lassen sich immer wieder auch alterna- tive Verbindungen zwischen den einzelnen Städten erkennen. Exemplarisch bearbeitet wurde der Verlauf von Bielefeld über Steinha- gen, Harsewinkel, Warendorf, Telgte, Münster, Nottuln, Coesfeld, Velen, Borken, Raesfeld Abb. 1 Weg der Jakobs- bei Ausgrabungen oder Spuren im Gelände und Kloster Marienthal nach Wesel. Die Tras- pilger von Bielefeld an sein, die noch über Relikte, Hinweise im Luft- se von Münster über Nottuln nach Coesfeld den Niederrhein (Grak: bild oder im digitalen Geländemodell zu er- ist im 14. Jahrhundert als »via regia« und Altertumskommission für Westfalen). kennen sind. Aufschluss geben neben der »strata publica« überliefert. In einer Urkunde schriftlichen Überlieferung und alten Karten- von 1617 wird sie als »offene helstraße« be- werken aber auch indirekte Anhaltspunkte zeichnet, Namen, die üblicherweise größeren Lippe 2014 - wie Geländemerkmale und Einrichtungen, die Hauptrouten vorbehalten sind. Der Verlauf sich im Mittelalter typischerweise an den gro- zwischen Münster und Borken über Nottuln, ßen Fernhandelsstraßen befanden. Dies sind bei- Coesfeld und Velen ist zudem bekannt durch Archäologie in Westfalen 292 den Bericht von Dr. Georg Rave, der später hier lokalisiert werden. Ebenso wie das un- Amtmann und Richter in Schermbeck wurde weit der Heerbrügge bendliche, 1185 be- und als Schüler im Jahr 1614 auf dieser Stre- zeugte Femgericht in Harsewinkel oder das cke reiste. Freigericht im Flamschen bei Coesfeld sind Konkrete Spuren des alten Weges sind u. a. solche Freistühle als Wegeindikatoren zu wer- noch in Bielefeld am Jostberg und an der Dia- ten. Dies gilt ebenfalls für Zollstellen wie die- nastraße sowie in Darup bei Nottuln in Form jenige des Domkapitels an der Werse vor von Hohlwegen sichtbar. Am Daruper Berg Münster. Hier befand sich spätestens seit 1532 hatte sich die alte Trasse bis zu 7 m tief in den eine hölzerne Brücke südlich des 1582/1583 Erdboden eingegraben (Abb. 2). Der weitere Ver- erstmals erwähnten Nobiskrugs. Erst 1818 lauf lässt sich hinter der Kreuzkapelle noch wurde die Brücke an die heutige Stelle nörd- im DGM (Abb. 3) und auf den Urmesstisch- lich des Gasthauses verlegt. UND PROJEKTE METHODEN blättern (1836–1850) (Abb. 4) weiterverfolgen. Reisende zwischen Bielefeld und Wesel durchquerten zahlreiche Landwehren, deren Schlagbäume bzw. Durchlässe sich oftmals lo- kalisieren lassen. Die Städte Warendorf, Telg- te, Münster, Coesfeld und Borken waren im Mittelalter von solchen die städtischen Feld- marken schützenden Befestigungen umgeben. Hinzu kommen Kirchspiel- und Territorial- landwehren wie diejenige, die das zum Her- zogtum Kleve gehörende Areal der Stadt We- sel vom Bistum Münster trennt. Allein fünf Schlagbäume passierte der Weg von dem von der Sparrenburg bewachten Bielefelder Pass bis zum Verlassen des Hangs des Teutoburger Waldes kurz vor Steinhagen. Gadderbaum, Ein- und Zweischlingen sind markante Namen für diese Durchlässe. Oberhalb von Zweischlingen sind noch Reste der mit einem zum Teil drei- fachen Wall von insgesamt 30 m Breite ausge- statteten Befestigung erhalten. Auch südlich der B 64 sind noch Wälle der ehemaligen Landwehr im bewaldeten Gelände erkennbar. Die Städte Münster und Coesfeld machten Abb. 2 Hohlweg in Möglicherweise haben diese Wegsperren die ihren Marktfrieden mit sogenannten Vrede- Darup (Foto: Altertums- vom Kammweg auf die Hauptroute ausge- steinen oder Bakensteinen kenntlich. Diese be- kommission für West- falen/U. Steinkrüger). richteten Zuwegungen kontrolliert und gelei- fanden sich gut sichtbar an größeren Ausfall- tet. Dafür sprechen nicht nur die Zählung von wegen, in Coesfeld z. B. an der in Richtung Ein- bis insgesamt Vierschlingen, sondern Ramsdorf führenden Straße, ungefähr auf ei- auch Teilabschnitte der Landwehr, die parallel nem Drittel der Strecke von der Stadtmauer zum Hangweg verlaufen. zum Landwehrdurchlass. Zu den Wegbegleitern gehören Siechen- Auch Sühne- und Wegekreuze sowie Bild- häuser wie jenes »auf der Hülle« bei Telgte stöcke standen an den öffentlichen Straßen. aus dem 14. Jahrhundert, an dessen Stelle sich Das sogenannte Tilbecker Mordkreuz (Abb. 5) heute das Rochus-Hospital bendet. Die Sie- kennzeichnet den Ort, in dessen Nähe vor chenhäuser von Coesfeld und Borken lagen in 1764 eine Tilbecker Bäuerin ermordet worden unmittelbarer Nähe von Landwehrdurchläs- war. Ganz in der Nähe befand sich auch der sen. Durchlass der Fernstraße durch die Kirch- Von den an den großen Straßen bend- spiellandwehr. lichen Richt- oder Galgenplätzen zeugt bei- Eine Besonderheit entlang der bearbeite- spielsweise in Bielefeld noch der Name »Gal- ten Strecke ist die Ausgrabung eines Weg- genheide«. In Warendorf befand sich der stücks, das sogar in vorgeschichtliche Zeit Lippe 2014 Galgen in unmittelbarer Nähe des Spring- datiert: Bei den Kottruper Seen in Waren- - bernbaums auf der »Langen Wiese« bzw. dem dorf-Neuwarendorf wurde in einem Gräber- Springeberg. Auch der Gerichtsplatz kann feld aus der späten Bronze- und frühen Eisen- 293 Archäologie in Westfalen legt ist (z. B. Münster 1398: »der pelegrimen hus up der Horsterstrate«), aber auch in Klös- tern wie der 1185 gegründeten Zisterzienser- niederlassung Marienfeld, wo sich ein Gäste- krankenhaus und ein Gästehaus befanden. Die Vita Sancti Ludgeri (12. Jahrhundert) berich- tet von einem Bettler, der von Münster nach Santiago de Compostela pilgerte. In Waren- dorf offenbaren die Kämmereirechnungen der Stadt, dass hier zwischen 1608 und 1648 mehrfach Jakobspilger mit kleineren Geldbe- trägen ausgestattet wurden. Demnach waren die Pilger alleine oder in Gruppen von zwei, vier oder sechs Personen unterwegs. Pilger- zeichen aus Münster zeigen Bewegungen ent- lang der Gesamtroute zum Jostberg in Biele- feld und nach Wesel, aber auch nach Wilsnack Abb. 3 Digitales Gelän- zeit ein 9–12 m breiter Weg ausgraben, dessen und Rom. Hochburg der Jakobusverehrung demodell des Hohlwegs Verlauf auf insgesamt 360 m verfolgt werden ist vom Mittelalter bis heute Coesfeld mit sei- in Darup (Datengrund- konnte. Die charakteristischen runden, lang- ner um 1195 ersterwähnten Jakobikirche und lage: Geobasisdaten der Kommunen und des rechteckigen oder schlüssellochförmigen Grab- zahlreichen künstlerischen Erzeugnissen, die Landes NRW © Geoba- anlagen lassen eine offensichtliche Orientie- die Pilgerthematik aufgreifen. sis NRW 2015; Grak: rung auf diesen hin erkennen. Dass es sich Die Altertumskommission ließ den er- Altertumskommission für Westfalen/L. Klinke). hierbei um eine Wegtrasse handelte, belegen forschten und rekonstruierten Weg von Biele- Fahrspuren, die auf eine Achsbreite von 1,5 m feld über Warendorf, Münster und Coesfeld Abb. 4 Das Urmesstisch- schließen lassen. Überlagernde Pugspuren nach Wesel – wenn es durchführbar war, auf blatt von 1842 mit dem zeigen, dass das Gelände im Frühmittelalter oder zumindest möglichst nah entlang der Hohlweg in Darup, ohne Maßstab (Grak: Geo- landwirtschaftlich genutzt wurde. Der Weg historischen Trasse – als modernen Pilgerweg basisdaten der Kommunen verlagerte sich weiter nach Süden und hatte ausschildern