Landschaft Mit Der Vertreibung Von Hagar Und Ismael, Um 1620 (?)
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Cornelis van Poelenburgh, Nachfolger Landschaft mit der Vertreibung von Hagar und Ismael, um 1620 (?) Pr347 / M40 / Kasten 2 Historisches Museum Frankfurt (15.04.2021) 1 / 4 Cornelis van Poelenburgh Utrecht 1594/95–1667 ebd. Der Sohn einer vornehmen katholischen Familie lernte bei dem Utrechter Manieristen Abraham Bloemaert (1566–1651), bevor er von 1617 bis 1625 in Rom lebte. Hier wurde er mit dem Schaffen von Paul Bril (1554–1626) und ĺ Adam Elsheimer vertraut. Cornelis van Poelenburgh entwickelte eine neuartige Auffassung idealer Landschaften, die das Licht und die Atmosphäre des Südens unmittelbar wiedergeben und prägend auf die gerade entstehende Tradition italianisierender Landschaftsdarstellungen wirkte. Er kehrte 1627 nach Utrecht zurück und stieg zum führenden Maler der Stadt auf. Seine mythologisch oder pastoral staffierten Landschaften wurden von Sammlern sehr geschätzt und bald auch von anderen Künstlern imitiert. Poelenburghs präzise, glatte Malweise und seine technische Perfektion nehmen in gewisser Weise den gegen Ende des 17. Jahrhunderts herausgebildeten Stil der niederländischen Feinmaler vorweg. Werke im Prehn'schen Kabinett Pr127, Pr179, Pr315, Pr334, Pr347 Literatur Sluijter-Seijffert 1984; AK Köln/Utrecht 1991/92, S. 77, 258–261; Sluijter-Seijffert 2016 (Wvz.); AKL, Bd. 96 (2017), S. 192f. _____________________________ Technologischer Befund (Pr347) Ölhaltige Malerei auf Laubholz H.: 10,2 cm; B.: 15,3 cm; T.: 0,2 – 0,3 cm Ein Brett, horizontaler Faserverlauf. Tafel oben beschnitten. Rückseite mit grauer Ölfarbe bestrichen. Sehr dünnschichtige, leimgebundene Grundierung in ockerfarben gebrochenem Weiß. In Himmelsfläche aus weiß ausgemischtem Azurit Wolken mit lasierendem bis deckendem, partiell mit Smalte ausgemischtem Weiß gesetzt. Das vom Himmel ausgesparte Gebäude mit halbdeckenden bis opaken Mischungen von Ocker, Schwarz, Weiß, Azurit und Zinnober gestaltet. Für Lichter Weiß, Azurit und Zinnober, partiell auch Blei-Zinn-Gelb. Für Schatten Mittelton mit gebrannter Erde versetzt und Weißanteil reduziert. Zur Gestaltung des Felsens Farbmischung des Gebäudes mit grünem Kupferpigment ausgemischt. Felsen mit Ocker, Weiß, Schwarz und Blei-Zinn-Gelb gehöht und mit Braunschwarz abschattiert. Bäume skizzenhaft mit grüner Erde untermalt. Darauf Modellierung des Laubes mit weiß ausgemischtem, grünem Kupferpigment und Azurit mit feinem, formendem Pinselstrich; darüber liegt verbräunte Lasur. Baumkronen im Hintergrund partiell nur lasierend mit grünen Kupferpigment aufgetupft. Boden in halbdeckenden Erdtönen ausgeführt. Licht auf Felsen mit Mischungen aus Weiß mit wenig Kupferpigment und Zinnober, Blei-Zinn-Gelb und Schwarz aufgesetzt. Schattenfläche des großen Felsens wirkt als Schattenton in Figuren. Darüber Lichter der Kleidung aus Kupfergrün, Blei-Zinn-Gelb, Weiß und Ocker gelegt. Inkarnat aus Weiß und Zinnober gemischt. Zustand (Pr347) Größere Retusche rechts neben Turm. Jüngerer Firnis. Rahmen und Montage (Pr347) H.: 13,3 cm; B.: 18,3 cm; T.: 1,4 cm Alter Prehn-Rahmen: Stangenware: A; Eckornament: 5 Historisches Museum Frankfurt (15.04.2021) 2 / 4 Rahmen rückseitig mit blauem Hadernpapier beklebt. [M.v.G.] Beschriftungen (Pr347) Direkt auf der Bildträgerrückseite, schwarzer Filzstift: „347“ (zweimal); Bleistift: „G 347“; rosa Buntstift: „347“ Auf der Rahmenleiste hinten, oben, rosa Buntstift: „347“ An der Außenkante des Rahmens, unten, Bleistift: „G 347“ Goldenes Pappschildchen: „B. Breenberg“ © Historisches Museum Frankfurt —————————————————————————— Provenienz Unbekannt Literatur Aukt. Kat. 1829, S. 2, Nr. 40.41: „BREENBERG, B. Zwei italienische Landschaften, wovon erstere mit Ruinen. b. 5¾. h. 3¾. Holz.“ Passavant 1843, S. 19, Nr. 347: „Breenberg, B. Ein halb verfallenes antikes Monument. b. 5¾. h. 3¾. Holz.“ Parthey, Bd. 1 (1863), S. 174, Nr. 22 (als Bartholomeus Breenbergh); Verzeichnis Saalhof 1867, S. 46 (Wiedergabe Passavant 1843); Roethlisberger 1981, S. 107, Kat. Nr. 338 mit Abb. (Nachahmer des Cornelis van Poelenburgh); Wettengl/Schmidt-Linsenhoff 1988, S. 47 (Wiedergabe Aukt. Kat. 1829) Kunsthistorische Einordnung Das in einer diagonalen Komposition angelegte Bildchen zeigt in einem südlichen Landschaftsprospekt auf einem Felsvorsprung im rechten Bildteil ein von Unkraut bewachsenes antikes Rundmonument mit eckigem Anbau. Der flache Boden im Vordergrund ist karg, nach links verliert sich die Landschaft in saftigen grünen Büschen und Bäumen. Am rechten Bildrand scheint sich (im Felsen?) eine Behausung zu befinden, von der man jedoch nur einen unmerklich erleuchteten Türumriss erkennt. Abraham in antikischer Gewandung und mit einem Turban auf dem Kopf ist offensichtlich aus diesem herausgetreten und scheint mit seiner vorgestreckten rechten Hand die sich umwendende Hagar mit einem Bündel unter dem Arm vor sich her zu treiben. Ismael entfernt sich bereits nach links, ohne sich umzublicken. Die alttestamentliche Geschichte (Gen 21,9–21) von Abraham, der seine Nebenfrau, die ägyptische Magd Hagar, mit ihrem gemeinsamen Sohn Ismael verstoßen muss, weil seine hochbetagte Ehefrau Sarah nach vielen Jahren doch noch einen eigenen Sohn (Isaak) geboren hat und keinen zweiten Erben neben diesem dulden will, war als Darstellungsgegenstand im 17. Jahrhundert in den Niederlanden äußerst beliebt. Während Historienmaler die spannungsgeladene Emotionalität der Szene darzustellen Historisches Museum Frankfurt (15.04.2021) 3 / 4 suchten – nicht nur im Rembrandtkreis wurde der Abschied Abrahams zu einem der am häufigsten verarbeiteten Stoffe1 –, erscheint sie in den Landschaftsbildern der ersten Italianisanten-Generation mit ihrer kleinfigurigen Staffage aus biblischen (oder mythologischen) Erzählungen eher beliebig eingesetzt. Bartholomeus Breenbergh (1599– 1657), dem Pr347 lange Zeit zugeschrieben wurde, hat die Geschichte, wie es scheint, kaum in seinen Bildern verarbeitet,2 und auch Cornelis van Poelenburgh nimmt sich ihrer in nur wenigen Bildern an.3 Marcel Roethlisberger stuft in seinem Werkverzeichnis zu Bartholomeus Breenbergh Pr347 als Arbeit eines Nachahmers von Cornelis van Poelenburgh ein und schlägt eine Datierung um 1620 vor. Als Vergleichsbild für die generelle Komposition von Pr347 – die den etwas einfacheren, oft nur in zwei hintereinanderliegenden Schichten aufgebauten Landschaften von Poelenburgh eher verwandt ist als den komplexeren Strukturen Breenberghs – verweist er auf eine Landschaft mit Rundbau von Poelenburgh, die sich in der Galleria Palatina in Florenz befindet.4 Sie zeigt ebenfalls ein Rundgebäude (allerdings mit großen Bogenöffnungen und ohne den markanten Anbau) auf einem Felsen im rechten Bildteil, während sich nach links der Landschaftsausblick weitet. Hier ist das Rundgebäude inspiriert vom Tempio delle Tosse nahe Tivoli, im Prehn’schen Bild erinnert das Bauwerk durch den eckigen Anbau und den Zahnfries jedoch, wie schon Roethlisberger feststellt, mehr an das zur Kirche umgebaute Mausoleum Santa Costanza in Rom, wobei der untere Teil des Gebäudes in einen Felsen verwandelt wurde. Dasselbe Motiv taucht nach Roethlisberger in zwei Zeichnungen in Berlin und London auf, von denen diejenige in Berlin ebenfalls nur unüberzeugend Breenbergh zugeschrieben wird.5 Das Blatt im British Museum London, das heute als Werk eines Schülers oder Nachahmers von Cornelis van Poelenburgh um 1620 gilt, zeigt einen zweigeschossigen Rundturm mit flachem Dach über einem Zahnfries, allerdings ohne den eckigen Anbau.6 Möglicherweise hat sich der unbekannte Maler von Pr347 zu dem kuriosen Fels-Rundbau- Gebilde auch vom Grabmal der Plautier nahe der Ponte Lucano anregen lassen, das er ähnlich gesehen haben könnte, wie Breenbergh es in einer Zeichnung festgehalten hat.7 Sie zeigt – in der Sicht ganz vergleichbar zu Pr347 – einen Rundturm von unten, dessen Erdgeschoss von diagonal in die Tiefe ausgerichteten Gebäuderesten umgeben ist. Zum rechten Bildrand hin ist der Raum ebenfalls mit Mauerwerk begrenzt, und fast an derselben Stelle wie in Pr347 erscheint ein heller rundbogiger Türdurchbruch, der hier im Verband mit der Ruine natürlich wesentlich sinnvoller erscheint als im Prehn’schen Gemälde. Zur Händescheidung mit Pr127 und Pr334 siehe dort. [J.E.] 1 Hamann 1936; Waal 1947. Sellin 2006, bes. S. 2f.. 2 Bartholomeus Breenbergh, Landschaft mit der Vertreibung von Hagar und Ismael, Holz, 38,1 x 31,1 cm, Wellesley (Massachusetts), Jewett Art Museum (Blankert 1978, S. 87, Kat. Nr. 32 mit Abb.; von Roethlisberger 1981, S. 103, Nr. 316 hingegen einem Nachahmer mit Figuren in der Art des Poelenburgh zugewiesen); Breenbergh zugeschrieben, Südliche Landschaft mit Ruine, Holz, 20,3 x 31,0 cm, Christie’s London, 17.4.1997, Lot 107; Bartholomeus Breenbergh, Landschaft mit der Vertreibung von Hagar und Ismael, Träger unbekannt, 24,0 x 31,5 cm, Maastricht, Museum aan het Vriethof, het Spaans Gouvernement, Collectie Wagner de Wit, Inv. Nr. 0399 (RKD online, Permalink: https://rkd.nl/explore/images/42723). 3 Cornelis van Poelenburgh, Landschaft mit Vertreibung von Hagar und Ismael durch Abraham, Kupfer, 26,0 x 23,7 cm, Sotheby’s London, 8.7.2004, Lot 242; ders., Italianisierende Landschaft mit der Vertreibung von Hagar und Ismael durch Abraham, Holz, 17,8 x 23,5 cm, Christie’s New York, 6.4.2006, Lot 5; Umkreis des Cornelis van Poelenburgh, Landschaft mit der Vertreibung der Hagar, Kupfer, 17,5 x 21,5 cm, Sotheby’s London, 5.12.2006, Lot 368. Nicolette C. Sluijter-Seijffert 1984 führt hingegen kein Gemälde des Künstlers mit diesem Thema auf. 4 Cornelis van Poelenburgh, Landschaft mit Rundbau, Kupfer, 16,0 x 21,0 cm, Florenz,