Zur Rezeption Des Verhältnisses Von Hermann Scherer Und Ernst Ludwig Kirchner
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Herausgegeben von | Published by Isabel Herda, Christine Litz Städtische Museen Freiburg, Museum für Neue Kunst Sandstein Verlag Inhalt | Contents Essays Katalog | Catalogue Anhang | Appendix 6 Vorwort 11 Eine Art Schule? 64 Freunde und Freundinnen 146 Abbildungsverzeichnis Christine Litz Zur Rezeption des Verhältnisses Friends List of Figures von Hermann Scherer Foreword und Ernst Ludwig Kirchner 80 Akte und Paare 156 Bibliographie Isabel Herda | Christine Litz Nudes and Couples Bibliography A Kind of School? On the Reception of Hermann Scherer 92 Bei Kirchner in Frauenkirch 158 Autorinnen und Autoren and Ernst Ludwig Kirchner’s Relationship With Kirchner in Frauenkirch Authors 29 Es sind die Bilder, die leben 104 Figur und Landschaft 159 Fotonachweis Zu den Selbstbildnissen Hermann Scherers Figures and Landscape Photo Credits Volker Bauermeister 160 Impressum It is the Pictures that are Alive Imprint On Hermann Scherer’s Self-portraits Zu | About Hermann Scherer 37 Kunst und Kommunismus – Hermann Scherer und die Politik 126 Biographie Margitta Brinkmann Martin Schwander Art and Communism – Biography Hermann Scherer and Politics 138 Zu den biographischen Orten 49 Von Dostojewskij verführt Hermann Scherers Zur Dostojewskij-Rezeption bei Hermann Scherer Eva Rugel Monika Charkowska On the Places in Hermann Scherer’s Life Seduced by Dostoyevsky On Hermann Scherer’s Reception of Dostoyevsky Isabel Herda | Christine Litz Eine Art Schule? Zur Rezeption des Verhältnisses von Hermann Scherer und Ernst Ludwig Kirchner A Kind of School? Hermann Scherer is regarded as one of the most important representatives of Expressionism On the Reception of Hermann Scherer and in Switzerland. But at the same time, he is one Ernst Ludwig Kirchner’s Relationship of those artists whose works are perennially viewed with reference to the work of other artists, in Scherer’s case, to that of Ernst Ludwig Kirchner. He was just thirty-four years old when he died. Despite his premature death, he left behind a relatively large body of work, the bulk of which was produced between 1923 and 1926. In these Hermann Scherer gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Expres- four decisive years, Scherer harnessed immense sionismus in der Schweiz. Doch gleichzeitig zählt er zu den Künstlern, productive energy, creating a mass of work 1 die immer zuerst in Bezug zu anderen Künstlern betrachtet werden, in estimated to be in excess of 150 paintings, twenty- five wooden sculptures, over a hundred seinem Fall zu Ernst Ludwig Kirchner. wood cuts,2 hundreds of drawings and water- Er ist nur 34 Jahre alt geworden. Und trotz seines frühen Todes colours and numerous sketchbooks. A number of hinterließ er ein verhältnismäßig umfangreiches Œuvre, das hauptsäch- factors contributed to the development of this lich zwischen 1923 und 1926 entstanden ist. In diesen vier für ihn ent- intensely creative period: his repudiation of Carl scheidenden Jahren entwickelte Scherer eine große Produktivität und Burckhardt’s neoclassical view of art, how he was impacted upon seeing the works of Auguste 1 schuf schätzungsweise mehr als 150 Gemälde , 25 Holzskulpturen, über Rodin and Edvard Munch, as well as meeting hundert Holzschnitte2, hunderte Zeichnungen und Aquarelle sowie Ernst Ludwig Kirchner.3 Scherer had become zahlreiche Skizzenbücher. Prägend für die Entwicklung seines kurzen, aware of Kirchner’s work initially from the aber intensiven Schaffens waren die Abwendung von Carl Burckhardts exhibition Moderne Malerei – deutsche Malerei (Modern Painting – German Painting) shown at neoklassizistischer Kunstauffassung und die Auseinandersetzung mit the Kunsthalle Basel in 1921,4 that featured den Werken von Auguste Rodin und Edvard Munch sowie die Begeg- paintings by Kirchner, Karl Schmidt- Rottluff and nung mit Ernst Ludwig Kirchner.3 Seit der Ausstellung Moderne Malerei Erich Heckel,5 but more importantly through his – deutsche Malerei mit Gemälden von Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff personal encounter on the occasion of Kirchner’s 4 5 first major exhibition in Switzerland, which und Erich Heckel, die 1921 in der Kunsthalle Basel gezeigt wurde, vor was also shown at Kunsthalle Basel in 1923.6 In allem aber durch die persönliche Begegnung anlässlich Kirchners erster the course of this exhibition, Kirchner met artists größerer Ausstellung in der Schweiz, die ebenfalls die Kunsthalle Basel Paul Camenisch, Albert Müller, Hans R. Schiess7 1923 ausrichtete,6 war Scherer Kirchners Werk präsent. Im Zuge dieser and Hermann Scherer, all of whom took an extremely enthusiastic interest in the older Ausstellung traf Kirchner auf die Künstler Paul Camenisch, Albert Müller, artist’s work. Kirchner was taken with the 7 Hans R. Schiess und Hermann Scherer, die seine Kunst begeistert und encounter in view of this eager response and interessiert aufnahmen. Kirchner war angesichts dieser enthusiasti- invited Scherer, who had helped him set up his 8 schen Resonanz sehr angetan von der Begegnung und lud Scherer, der exhibition, to be first to visit him in Frauenkirch. As a result, Scherer often visited Kirchner in ihm beim Einrichten seiner Ausstellung geholfen hatte, als Ersten nach Frauenkirch so that they could work together 8 Frauenkirch ein. In der Folge hielt sich Scherer öfter – zwischen 1923 for short periods or even for months at a time; und 1926 mindestens fünf Mal – zu kurzen bis monatelangen gemein- indeed, between 1923 and 1926, Scherer made samen Arbeitsaufenthalten bei Kirchner in Frauenkirch auf. the trip at least five times. Abb. I Fig. 1 Das »Bildhaueratelier« neben dem Wildbodenhaus, 1924, Kirchner Museum Davos, Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner 1992 11 Was über das Verhältnis der beiden bekannt ist, wissen wir und hinterfragen, wenn man neu, anders und aus einer heutigen Per- the narrow frame of reference – has contributed hauptsächlich von Kirchner, der sein eigenes Leben und Schaffen stets spektive auf das Schaffen Scherers blicken möchte. to the fact that in art criticism as well as in art history, the relationship between the two artists selbst genau reflektierte und sein eigenes Narrativ erfand: posthum Doch wie kann man sich seinem Werk nähern, ohne die viel- is ossified in the mould of the teacher/pupil 9 durch Briefe und Tagebücher und durch eigene zeitgenössische Texte fach übergestülpten kulturgeschichtlich konstruierten Schichten mit- relationship.15 wie den 1925 in Der Cicerone erschienenen Beitrag von Kirchners erfun- zudenken? Wir wollen zunächst den Bezugsrahmen selbst in den Blick To gain a firm grasp of Scherer’s works denem französischem Kunstkritiker-Alter-Ego Louis de Marsalle. Dieser nehmen. Uns interessieren die Dynamiken, Ansprüche und Erwartun- and examine his specific qualities, it is helpful to relate them to Kirchner’s works and analyse Aufsatz, den Kirchner zunächst bei Will Grohmann angefragt hatte und gen, die im Zusammenhang mit einem Lehrer-Schüler-Verhältnis auf- them in this context. However, doing so only dann doch selbst unter seinem Pseudonym schrieb, sollte Kirchner treten. Welche Parameter gelten für solch ein Verhältnis? Wie sieht within the frame of reference of the teacher/ nicht nur den Vorrang in Bezug auf sein skulpturales Werk sichern, son- What we know about the relationship Kirchners Konzept für den Unterricht aus? Was sucht Scherer bei Kirch- pupil relationship means reducing the dern ihn auch als einen Künstler darstellen, der seine skulpturale Auf- between the two men is mainly from Kirchner’s ner? Was sucht umgekehrt Kirchner bei Scherer? Wie verhält es sich prematurely- deceased Scherer to the status of point of view, as he was in the habit of always student dependent on Kirchner as teacher and fassung weitergibt, und ihn in diesem Sinne also als Lehrer dokumen- mit dem Austausch mit anderen und dem Bezug auf Vorbilder? Welche reflecting carefully upon his own life and work, to evaluate each insight within this context.16 10 tieren. even inventing his own narrative, either posthu- Rolle spielen das soziale und das geistige Umfeld, in dem sich die Any exhibition on Scherer and concomitant Dass sich unser Wissen über das Verhältnis der beiden vor mously through letters and diaries9 or through beiden Künstler begegnen? Was wissen wir über das gemeinsame scrutiny of his work cannot leave this frame of allem aus Kirchners Perspektive speist, liegt nicht nur daran, dass er der his own texts of the time, such as the piece by Arbeiten? Welche künstlerischen Ideen und Ansprüche an die eigene reference unaddressed; conversely, research Kirchner’s fictional French art-critic alter-ego, bekanntere Künstler ist und sein Werk demzufolge breiter rezipiert Arbeit verbinden die Künstler? Was bedeutet es, wenn zwei Künstler an has to be undertaken to critically examine and Louis de Marsalle published in Der Cicerone in question its implicit premise in order to view wurde, sondern auch daran, dass er zu Lebzeiten strategisch die eigene 1925. This essay, which he had initially asked einem Ort zusammenarbeiten, die gleichen Motive und Modelle nutzen? Scherer’s work in a new, distinct, and more Rezeption mitdachte und massiv zu beeinflussen suchte. In Briefen, Will Grohmann to write but subsequently wrote Die Frage nach Formen der Zusammenarbeit bestimmt auch die Form contemporary light. Tagebucheintragungen und eigenen Texten äußerte er sich über seine himself under his pseudonym, would not only dieses Essays, denn wir gehen den Text als gemeinsam schreibendes But how can one approach his work ensure he had the upper hand in relation to his Weggefährten