DIE ZEITUNG DER KULTURVERNETZUNG NIEDERÖSTERREICH

AUSGABE N R. 31 / JUNI 2020

Must see? Kunst, an der man nicht vorbeikommt

„Bläst für 3 Asse” – Thomas Webers Betrachtungen zu Denkmälern in Strasshof Wunderbare Symbiosen – Sandra Schäfer zu Besuch bei Isabell Kneidinger Die Fahrrad-Verwandler – Isabella Marboe über das Upcycling-Projekt „Fahrradfilet“ Der erste Grafikdesigner – Ernst Schmiederer hat mit Designer-Legende Henry Steiner gesprochen 2 Titel kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020

RANDBEMERKUNGEN EINE ART VON EDITORIAL Als die Kunst den Raum eroberte Liebe Leserin, lieber Leser!

Ursprünglich wollten wir diese Ausgabe des kunstSTOFF Ende März veröffent - lichen. Dann kam das Virus, mit ihm ein weitgehendes Verbot des Aufenthaltes im Freien, und es erschien uns nicht passend, ausgerechnet zu einem solchen Zeitpunkt ein Loblied auf die öffentlich zugängliche Kunst zu singen. Jetzt geht es wieder, und wir sind froh darüber. Kunst soll uns auf Schritt und Tritt verfolgen, überraschen, überfallen. Kunst im öffent - lichen Raum ist dafür besonders gut geeignet. Gehen Sie raus. Suchen und fin - den Sie Kunst. Haben Sie eine Meinung dazu. Wenn Sie eine künstlerische Arbeit scheußlich finden, ist das Ihr gutes Recht als Betrachterin/Betrachter. Kunst muss 2019 gestaltete der Künstler Moussa Kone „Circulus Vitiosus (Make it Greta)“ als Auftragsarbeit an einer Hausfassade in St. Leonhard am Forst nicht schön sein; sie muss auch nicht gefallen. Die Kunst hat keine Eigentümer, VON ERWIN UHRMANN in Vereinen und engagierten sich je nach ihren auch wenn man seit vielen Jahrhunderten jeweiligen Interessen. trefflich damit Geschäfte machen kann. Das Fördermodell „Kunst am Bau“, das vor - Sie gehört allen. Sie ist neben der Wissen- Was öffentlich ist, wird auch offen sieht, etwa ein Prozent der Kosten öffentlicher schaft das wichtigste immaterielle Erbe diskutiert: ob Street-Art, Land-Art Bauten in Kunst zu investieren, begann sich der Menschheit und das sichtbarste nach dem Ersten Weltkrieg in einigen Zeichen für Gedankenfreiheit, das wir oder Installationen. Die einzige Ländern Europas und in den USA zu etablie - haben. Kunst, die immer zugänglich ist, ren. In Österreich betraf dies vor allem den Auch deshalb hat die Kunst im öffentlichen Wohnbau in der Hauptstadt Wien. In der Raum eine so große Bedeutung: Sie steht ist auch in Niederösterreich nicht Nazizeit wurde dieses Modell zu propagandi - uns allen permanent zur Verfügung. Seien unumstritten. stischen Zwecken missbraucht, in der Zweiten Sie eine freie Betrachterin, ein freier Republik unter gänzlich anderen Vorzeichen Betrachter! Suchen Sie Ihren inneren in einer demokratischen Gesellschaft aufge - Kompass für die Einschätzung von Kunst, unst ist längst nicht nur in Museen griffen – nicht zuletzt um Künstlerinnen und Ihr eigenes Gefühl von „richtig“ und oder Galerien anzutreffen. In der Künstler sozial zu unterstützen. „falsch“. Niemand kann Ihnen ein besseres KAntike schon waren Statuen oder Werkzeug zur Verfügung stellen, auch wenn kunstvoll gefertigte Denkmäler, die zumeist Kunst am Bau und Uni-Ferkelei noch so viele Gruppierungen anderen aus religiösen Gründen oder zur Verherrlich- vorschreiben wollen, was gefallen darf ung politischer oder militärischer Persönlich- Nichtsdestotrotz dauerte es eine Zeit lang, und was nicht. keiten entstanden – wie etwa die Trajanssäule bis die Kunst, die für Wohnhausanlagen und Kunst im öffentlichen Raum mag manchen in Rom – an öffentlich zugänglichen Orten zu Parks entstand, sich vom Charakter des allzu als provokant, vielleicht sogar unnötig er- finden. Dekorativen befreite. Kunstschaffende nahmen scheinen. Und viel zu teuer. Ein befreun - Als einige betuchte Stadtbewohner im 16. Jahr- selbst das Heft in die Hand und verwischten deter Politiker hat einmal in einer Eröff- hundert in der niederösterreichischen Brau- dabei die Grenzen zwischen Kunst und nungsrede zu den Menschen eines Dorfes stadt Weitra ihre Häuser im Geist der öffentlichem Leben. VALIE EXPORT führte gesagt: „Die Leute kommen zu mir und Renaissance mit aufwendigen Sgraffiti ver - im Februar 1968 ihren Kollegen Peter Weibel sagen: Und das kostet 53.000 Euro? Das zieren ließen, sprach noch niemand von an der Hundeleine durch die Wiener Innen- ist ja ein Wahnsinn! Aber ich sage euch: „Kunst im öffentlichen Raum“ – denn dieser stadt und erregte im selben Jahr mit ihrem Nein, das ist gut so. Weil das gehört ja Raum existierte in seiner heutigen Form noch „Tapp- und Tastkino“ großes Aufsehen, indem euch.“ Genau. nicht. Erst im 19. Jahrhundert begann das sie Passanten auf der Straße dazu aufforderte, Erscheinungsbild der Alltagswelt, wie wir sie mit den Händen durch zwei Löcher in eine vor Was halten Sie von Kunst im öffentlichen kennen, konkretere Formen anzunehmen, das ihre Brust geschnallte Kiste zu greifen und Raum? Schreiben Sie mir. Bürgertum beteiligte sich aktiv an der Gestal- ihren Körper zu betasten. Im selben Jahr [email protected] tung von Plätzen und Parks. In Städten und fand die Aktion „Kunst und Revolution“, auch Gemeinden begann sich eine Zivilgesellschaft Uni-Ferkelei genannt, im Hörsaal 1 des Neuen zu formen, die Menschen organisierten sich Institutsgebäudes der Universität Wien statt,

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mit der die Wiener Aktionisten eine ganze Reihe von Tabus brachen. Der städtische Raum wurde in dieser Zeit zum Feld der Auseinan- dersetzung zwischen Kunst und Gesellschaft, die Elterngeneration wurde angeklagt, alther- gebrachte Denkweisen und auch Kulturinsti- tutionen wurden infrage gestellt: Die Kunst eroberte sich ihre eigenen Räume.

Von „Kunst am Bau“ zu „Public Art“ Der Begriff „Kunst im öffentlichen Raum“ wurde Anfang der 1970er-Jahre vom deutschen Kunsthistoriker Volker Plagemann geprägt, der zunächst in Bremen und dann in Hamburg ein Programm dafür schuf. In diesem Rahmen wurden die öffentlichen Mittel, die aus der nach wie vor bestehenden „Kunst am Bau“-Regelung lukriert wurden, nun in einem zentralen Pool vereint, aus dem Kunstwerke im öffentlichen Raum realisiert werden konnten. Ebendieses Kunst im öffentlichen Raum hat viele Facetten: Das Kunstwerk „Bonbons“ von Steinbrener/Dempf & Huber wurde Modell diente dem Land Niederösterreich, in zur Landesausstellung 2013 in einem Kreisverkehr in Mistelbach installiert – und danach wieder abgebaut dem bis dorthin ebenso „Kunst am Bau“ langen Metallgerüst und stellt Fragen nach Arbeiten für den Hauptplatz – allesamt Werke, praktiziert wurde, als Vorbild für das im Jahr der Verschiebung der Grenzen in Europa. die entweder von der Gemeinde oder von 1996 geschaffene Programm „Public Art – Vereinen finanziert wurden und letztlich ein Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich“. Gesamtbild ergeben. 400 permanente Arbeiten und zahlreiche Land-Art als demokratische temporäre Projekte wurden seither mit nieder- Raumnutzung österreichischen, österreichischen und inter - Greta im Würgegriff des Kunst im öffentlichen Raum entwickelte sich nationalen Künstlerinnen und Künstlern Kreisverkehrs durch Programme wie jenes in Niederöster- umgesetzt. Dabei wurden alle möglichen reich weit über städtische Zentren hinaus. Dass öffentlicher Raum auch in künstlerischer Flächen, vom Gemeindeplatz über den Wald Die Ende der 1960er-Jahre in den USA ent - Hinsicht für alle Altersgruppen relevant ist, bis zum Acker, bespielt – auch bei manchen standene „Land-Art“, also die Umwandlung zeigt ein Street-Art-Projekt in Krems, im Zuge Bauprojekten werden weiterhin künstlerische von zumeist Naturräumen in künstlerische dessen der Verein „Impulse Krems“ Jugend- Gestaltungen realisiert. Arbeiten, ist in Niederösterreich ebenso zu liche öffentliche Flächen gestalten lässt – finden wie zeitlich begrenzte Projekte, wo- begleitet von erfahrenen Kreativen. Aber auch runter Bespielungen durch Festivals oder Private ermöglichen immer wieder ungewöhn - private Initiativen und Ausstellungen an un- liche Projekte, die weit in den Raum greifen gewöhnlichen Orten fallen. Die Weinviertler und den Rahmen klassischer Kunstproduktion Kulturlandschaft Paasdorf ist ein „Land-Art“- sprengen. Im Jahr 2019 schuf der Künstler Projekt, das eine Reihe von Arbeiten heimischer Moussa Kone für den Unternehmer Hans-Peter und internationaler Kulturschaffender vereint, Buber auf dessen Hausfassade in einer Seiten- darunter das 1997 errichtete „Mahnmal für straße des Hauptplatzes von St. Leonhard am verlorene Artenvielfalt“ von Ingeborg Strobl, Forst ein 160 Quadratmeter großes Mural mit aber auch eine 1996 von dem Oberlehrer dem Titel „Circulus Vitiosus (Make it Greta)“. Gerhard Rötzer und seinen Schülern herge - Die Arbeit zeigt eine überlebensgroße Figur stellte Arbeit, die laut offiziellen Informationen mit dem Gesicht von Greta Thunberg, die von „wohin verschwinden die grenzen“ „ein Sinnbild für den Willen der Mistelbacher, von Iris Andraschek und Hubert Lobnig bei Fratres einer Würgeschlange, deren Muster an das mitzugestalten und die eigene Umwelt zu Straßenverkehrszeichen eines Kreisverkehrs In vielen Fällen sind die Arbeiten spezifisch prägen und zu markieren“ darstellt – ganz im erinnert, umwickelt ist. Kone thematisiert mit für den Ort geschaffen, wie etwa die künstle - Sinne einer demokratischen Raumnutzung. seinem Mural die Postwachstumsgesellschaft rische Gestaltung der Donaupromenade in Außerhalb des institutionellen Rahmens finden und macht Passantinnen und Passanten auf Spitz an der Donau. Mit ihrem Projekt „Lang- sich zahllose Beispiele für künstlerische die drängenden Zukunftsfragen aufmerksam. sames Licht/Slow Light“ hat die Künstlerin Interventionen von Städten, Gemeinden und Was öffentlich ist, wird auch öffentlich disku - Siegrun Appelt eine Wegebeleuchtung, an- Vereinen. In der Stadt Wieselburg entstand seit tiert. Die Orte des Zusammenlebens und ihre passbar an die jeweilige Jahreszeit und Licht- den 2000er-Jahren auf Initiative der damali - demokratische Nutzung sind seit der Mitte des situation, kreiert und setzt damit ein Statement gen Kulturstadträtin Irene Weiß sukzessive 20. Jahrhunderts Gegenstand von Debatten. gegen Energieverschwendung und Lichtver- ein Ensemble von Werken des niederöster - Kunst ist längst an allen Ecken und Enden zu schmutzung. Ein anderes Beispiel für eine orts- reichischen Künstlers Robert Kabas. Zunächst finden. Sie ist zu einem Teil unseres Alltags spezifische Herangehensweise ist die Arbeit wurden einige seiner Metallskulpturen für die geworden, der nach wie vor heiß verhandelt „wohin verschwinden die grenzen?“ von Iris temporäre Gestaltung einer Brücke über die wird. Andraschek und Hubert Lobnig aus dem Jahr Erlauf geliehen, ehe eine Arbeit für den Ein- Erwin Uhrmann, geboren in Amstetten, lebt als 2014, die in Fratres direkt am Grenzübergang gang zum Schlosspark angekauft wurde. In der Schriftsteller in Wien. Zuletzt erschienen: „Toko“ zur Tschechischen Republik installiert wurde. Folge schuf Kabas eine Installation für den (Roman, Limbus, 2019) und, gemeinsam mit Johanna Der Titel des Kunstwerks steht in riesigen Let- Vorplatz des Gymnasiums, zwei Skulpturen Uhrmann, „Von der Moldau zur Thaya. Südböhmen tern auf einem vier Meter hohen und 50 Meter für eine neue Bogenbrücke und weitere und Südmähren erleben“ (Reisebuch, Styria, 2020).

www.kulturvernetzung.at 4 Titel kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 „Wenn Kunst aufregt, spricht sie Menschen an“ Kunst, an der man nicht vorbei - kommt? Medienkünstlerin Sabine Maier, Holzbildhauer Peter Weber und Graffiti-Künstler Philipp Netolitzky diskutierten mit kunstSTOFF-Herausgeber Harald Knabl im Kreativzentrum Markhof in Wien über die Bedeu- tung von Kunst im öffentlichen Raum.

Harald Knabl: Was ist das eigentlich, Kunst im öffentlichen Raum? Wer beschäftigt sich damit? Welche Aufgabe hat Kunst im öffentlichen Raum? Soll sie aufregen, gar provozieren, oder sich den lokalen Wie kommt man dazu? Was für Hürden gibt Gegebenheiten anpassen? Die Diskussionsrunde: Sabine Maier, Harald Knabl, Philipp Netolitzky und es? Wie reagieren die Menschen? Kann man Peter Weber (v. l. n. r.) wirklich nicht daran vorbeigehen? ßere Geschichte war eine Aus stellung zu den Familie, alles aufs Spiel setzen, um vielleicht Sabine Maier: Bei einer Ausstellung bestim - Kulturwochen in meiner Geburtsstadt in gesehen zu werden oder um einfach nur Kunst men die Besucherinnen und Besucher, ob sie Oberösterreich. Ich durfte am Kirchenplatz für sich selbst zu produzieren. Viele verschulden damit konfrontiert werden wollen. Kunst im ausstellen, obwohl das davor noch niemand sich, weil sie von der Polizei ertappt werden öffentlichen Raum betrifft alle. Jeder wird gemacht hatte. Das war eine Herausforderung. und so hohe Geldstrafen bekommen, dass sie angesprochen. Deshalb glaube ich, dass man Ich komme nach zig Jahren Abwesenheit zu- ums Überleben kämpfen. Es gibt auch Graffiti- auch achtsam damit umgehen muss, wenn rück in meine Geburtsstadt und stelle gleich künstler, die extra in Leerständen arbeiten, wo man im öffentlichen Raum etwas macht. am exponierten Kirchen platz aus. Das hätte ihre Arbeiten niemand entdeckt, oder in der auch schiefgehen können. Als Künstler denkt Kanalisation, wo es dann nur ums Foto geht. Harald Knabl: Achtsam im Sinn von „nicht man ja auch gleich ans mögliche Scheitern. provozieren“? Aber es hat funktioniert. Polarisieren oder auf die Umgebung eingehen? Sabine Maier: Das würde ich so nicht sagen. Ich meine eher, dass ich niemandem irgend - Harald Knabl: Vorher war die Rede vom Ab- eine Meinung aufzwingen will, niemandem stimmen mit den Menschen …? vorgeben will, was sie oder er denken soll. Meine Projekte sind immer ortsspezifisch. Sabine Maier: „Abstimmen“ würde ich nicht Ich recherchiere ein Thema vorab. Es ist mir sagen. Ich recherchiere und beschäftige mich wichtig, die Bevölkerung miteinzubeziehen, intensiv mit dem Ort, wo ein Kunst-im-öffent- zu erfahren, welche Ängste, Befürchtungen, lichen-Raum-Projekt stattfinden wird. Und dann Wünsche es in diesem Ort gibt, und dann schaue ich mir die Geschichte, das Thema an, damit zu arbeiten. Wenn man Kunst im das ich bearbeite. Aber ich stimme mich nicht öffentlichen Raum macht, muss es etwas sein, ab. Ich finde es wichtig, dass man den Platz was ziemlich schnell verstanden wird, ohne und die Leute dort ein bisschen kennt. Peter Weber ist es lieber, wenn seine Skulpturen im dass man viel dazu lesen muss. Freien stehen. Das findet er spannender Philipp Netolitzky: Darf ich fragen, warum? Peter Weber: Ich arbeite seit über 30 Jahren Philipp Netolitzky: Bei meiner Kunst geht es als Bildhauer. Im Laufe der Zeit hat es sich immer um Graffiti, um Street-Art, die schon Sabine Maier: Das hängt von meiner Arbeit ergeben, dass Skulpturen von mir im Freien vor Christi Geburt allgegenwärtig war. ab. Ein Beispiel sind meine interaktiven positioniert werden. Ich finde das spannend, „Graffito“ geht etymologisch auf das griechi - „Hörbänke“, die seit 2011 in Österreich und und generell ist es mir lieber, wenn meine sche „graphein“ zurück, wo es „schreiben“ und Deutschland im öffentlichen Raum platziert Arbeiten draußen stehen. Begonnen hat es mit „zeichnen“ bedeutete. „Graffito“ im Italie- wurden und durch verschiedene Städte und der Ausstellung in einer Fußgängerzone. Ich nischen ist die Einzahl für in Wände geritzte Orte gewandert sind. Nimmt man auf ihnen dachte zuerst, das ist ein Wagnis. Es war dann Zeichen oder Schrift. Ich habe mich für Platz, aktiviert das eigene Körpergewicht einen aber eine intensive Erfahrung, auszuprobieren, Graffiti entschieden, weil es für mich eine der Sensor – und Einheimische erzählen ortsbe - ob sich meine Kunst vor einer grellen BIPA- ehrlichsten Kunstformen ist und war, weil zogene Geschichten, wie es den Menschen im Filiale behaupten kann. Die zweite und grö - viele Menschen ihre Existenz, ihr Leben, ihre Ort dort jeweils geht und wie man dort hinge-

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kommen ist. Ausgangspunkt war, dass es früher manchmal Feuer am Dach. Das regt die Leute vor jedem Haus das Bankerl gegeben hat. Dort auf, bevor es überhaupt dasteht. hat man sich hingesetzt und miteinander ge- redet. Jetzt redet man nicht mehr miteinander, Harald Knabl: Aber ist das nicht an und für alles läuft über das Internet. Ein anderes Projekt sich auch wertvoll? Die Werbung regt keinen war mein „Wartehäuschen auf die Zukunft“ in mehr auf. Die Kunst regt auf. Ist das nicht Baden. Dort ging es um die Pendler, die täglich besser? viel Zeit mit Warten verbringen. Bei der Instal- lation „Hochstand. Illusion von Sicherheit“ in Peter Weber: Wenn sie aufregt, dann spricht Wolkersdorf beim Viertelfestival 2017 ging es sie die Menschen an. um den Eisernen Vorhang, um Überwachung und um unseren Umgang mit Flüchtlingen. Sabine Maier: Genau, sie tut etwas.

Harald Knabl: Es geht also eher um „mitein - Peter Weber: Sie hat eine Kraft. beziehen“ der Bevölkerung, der Umgebung, des Raumes als um „abstimmen“? Philipp Netolitzky: Sie regt zum Denken an.

Sabine Maier: Und um die Themen des Ortes. Sabine Maier: Aufregung gibt es auch bei meinen Projekten. Aber damit entsteht Harald Knabl: Es geht trotz allem um zwei Diskussion, und das ist gut. Es wird über ein konträre Standpunkte. (Zu Netolitzky:) Ihre Projekt gesprochen, und das ist genau das, Kunst provoziert teilweise. was ich eigentlich will. Es geht mir auch nicht Kunst solle nicht so tun, als wären ihr die Leute egal, darum, dass Kunst nicht an- und aufregen dürfe aber aufregen, meint Medienkünstlerin Maier Philipp Netolitzky: Polarisiert! darf. Ich mag es nur nicht, wenn man sich als Künstler völlig über die Leute stellt und so tut, ORF ist gekommen, ich habe die Bürgermei- Harald Knabl: Es geht jedenfalls nicht um als wären sie einem egal. sterin dazu eingeladen, im Endeffekt ist es Abstimmung, nicht ums Eingehen auf irgend- positiv ausgegangen. etwas, sondern worum geht es? Bürokratie verhindert – sie hilft Ich habe dann letztes Jahr beim Landeskran- aber auch kenhaus eine Wand gestaltet, dort hat die Philipp Netolitzky: Kommt darauf an. Es gibt Stadt kein Mitspracherecht. Es gab wieder sicher genügend Beispiele, wo zwar nicht Harald Knabl: Haben Sie Beispiele von Pro- nur positive Resonanz, und jetzt stehen ver - jeder, aber 90 Prozent der Bevölkerung ein jekten, wo es Aufregung gab? Wie war das schiedene Personen hinter mir, die vorher Graffito für gut und schön erachten. zum Beispiel beim Hochstand? gegen meine Arbeit waren.

Philipp Netolitzky: Musstest du dich nicht Harald Knabl: Aber es ist darüber geredet mit Politik, Gemeinderat und so weiter ab- worden. stimmen? Philipp Netolitzky: Genau, und das war der Sabine Maier: Am schwierigsten waren die Sinn dahinter. Bewilligungen. Der Hochstand war fast sechs Meter hoch, und allein die Bewilligungen Sabine Maier: Oft weiß man übrigens gar hätten fast das ganze Projektgeld gekostet. nicht, ob man aneckt, außer es spricht jemand Eine Firma hat das dann für mich abgewickelt. einen darauf an oder es gibt einen Skandal … Manchmal kommt man bei Kunst im öffent - lichen Raum vor lauter Bürokratie nicht mehr Harald Knabl: Man könnte absichtlich pro - zur eigentlichen Arbeit. vozieren wollen. Graffiti-Kunst, oder die Street-Art überhaupt, ist für Philipp Netolitzky eine der ehrlichsten Kunstformen Philipp Netolitzky: Ich bin in Scheibbs auf - Sabine Maier: Trotzdem erfährt man nicht gewachsen und wollte damals die Hausmauer immer, was die Leute denken. Bei Ausstel- Harald Knabl (zu Peter Weber) : Sie haben von meinem Elternhaus gestalten lassen. Die lungen sind viele nicht ehrlich, weil sie sich vorhin gemeint, „man kann ja auch scheitern.“ war komplett verwahrlost, sehr porös, mit auch nicht trauen, etwas über die Kunst zu Was ist die Angst, was ist die Gefahr dahinter? Moos überwachsen. Die Gemeinde wollte, dass sagen. Heute traut sich niemand mehr zu sagen, wir die Mauer sanieren, wegen dem Stadtbild. „Ich finde das Scheiße, was du gemacht hast.“ Peter Weber: Ich arbeite gerne mit vollem Dann habe ich mit Einwilligung meiner Auch bei Arbeiten im öffentlichen Raum weißt Risiko. Das heißt, ich zeichne nicht viel an, Familie die Mauer bemalen lassen. Aber bis du ja nicht, wie das ankommt. Außer von ich gehe mit vollem Risiko auf den Baum los, dahin hatte ich sechs Gemeinderatsaus- denen, die dich kontaktieren. aus dem ich ein Kunstwerk machen will. Da schusssitzungen mit diversen Gremien und ist ein Scheitern drinnen. Abstimmungen. Einer ursprünglich komplett Harald Knabl (zu Weber) : Wie haben denn die freien Arbeit wurden verschiedenste Regeln Menschen bei Ihnen am Kirchenplatz reagiert? Harald Knabl: Und wie ist das mit dem vorgegeben. Wir haben dann einen Kompro- Scheitern in der Akzeptanz? Wenn Menschen miss gesucht: gedämpfte Farben und Musik- Peter Weber: Es ist alles gutgegangen, aber an Ihrer Kunst tatsächlich vorbeigehen? instrumente im Bild, weil gegenüber die während des Aufbaus kommt ein Polizist zu Musikschule war. Der serbische Künstler hat mir und sagt, „Herr Weber, regen Sie sich Peter Weber: Unsere ganze Welt ist zuge - dann so viele gedämpfte Farben genommen, nicht auf, es hat gerade jemand Ihre Mutter pflastert mit Werbung. Das regt niemanden dass das Bild erst wieder bunt wurde. Für z’ammg’fahrn. Sie ist im Spital und bestens auf. Sobald ein Kunstwerk auftaucht, ist 90 Prozent der Menschen hat es gepasst. Der ➥

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Philipp Netolitzky: Bei mir kommt es auf das technische Teile notwendig, die so eingebaut Werk an. Wenn es konzeptionell ist, bin ich werden müssen, dass sie nicht zerstört werden dafür, dass es dazu manchmal auch eine Erklä- können. Dafür habe ich meistens zwei Mitar- rung gibt. Wenn man bewusst provozieren beiter, die mir helfen. Bei manchen großen will, dann eher nicht. Es kommt auf das Werk Projekten bleiben mir für fünf Monate Arbeit an und auf die Intention dahinter. Was man vielleicht tausend Euro übrig. mit dem Werk überhaupt erreichen möchte, was man vermitteln möchte.

Sabine Maier: Es kommt, wie auch Philipp gesagt hat, auf das Werk an. Meine Projekte sind, wie schon gesagt, poetisch. Sie haben eine Geschichte. Deshalb ist es besser, wenn man auf den Bänken eine kleine Erklärung anbringt, was das ist oder welche App im Handy weiterhelfen könnte. Bei den meisten meiner Projekte gibt es eine erklärende Tafel.

Bleibt überhaupt was übrig?

Harald Knabl: Kommen wir zum monetären Aspekt des Ganzen. Zum einen kostet Kunst etwas, oft gar nicht so wenig. Zum anderen Philipp Netolitzky: „Vielen Künstlern bleibt nur der Weg zur Massenware.“ müssen Sie ja auch von etwas leben. Kann man Kunst im öffentlichen Raum verkaufen? Philipp Netolitzky: Wenn jemand fragt, was Peter Weber: „Mir ist wichtig, dass meine Arbeiten selbsterklärend sind.“ ein Graffito kostet, kann ich nur sagen, dass Philipp Netolitzky: In der Praxis ist es schwierig. wir Quadratmeterpreise von zwanzig bis tau - versorgt.“ Endlich mache ich etwas in meiner send Euro aufwärts haben, je nach Projekt. Geburtsstadt, die Mutter lebt noch, aber sieht Harald Knabl: Wie leben Sie davon? Brauchen Wir sind keine Malerfirma mit Katalog, wo es vielleicht nicht! Aber ich habe nur positive Sie Sponsoren? sich jeder was aussuchen kann. Kunst funk - Reaktionen bekommen. Ich hatte sieben tioniert so nicht. Arbeiten dort stehen. In Melk hatte ich Kunst- Philipp Netolitzky: Sponsoren oder Aufträge. werke in der Fußgängerzone, die wurden im Wie wir schon besprochen haben: Der Büro- Sabine Maier: Aber was ist der Unterschied heißen Sommer auch gerne als Sitzgelegen- kratieaufwand ist groß, und manchmal findet zwischen Kunst und Beruf? Künstlerin sein heiten genutzt. Kinder klettern auch gerne man keine Zeit mehr für Sponsorensuche ist ganz etwas anderes. Wenn du einen nor - auf meinen Objekten herum. und Marketing, dann greift man auch einfach malen Beruf hast, hast du einen ganz anderen in die eigene Tasche. Manchmal kommt nach- Marktwert als als Künstler. Harald Knabl: Das stört Sie aber nicht? träglich noch der Hausbesitzer oder das Land und zahlt etwas, das sind aber meistens nur Philipp Netolitzky: Klar, aber viele Künstler Peter Weber: Nein, überhaupt nicht, ganz im Bagatellbeträge. müssen zur Massenware werden, um überhaupt Gegenteil. Für eine Schule habe ich die soge - überleben können. Du kommst als Künstler nannte „Sitzskulptur“ gemacht. Fünf Minuten zu dem Punkt, an dem du dich entscheiden nach der Aufstellung sind die Kinder schon musst, ob du im Jahr ein Bild um 20.000 Euro darauf gesessen. Mir geht es darum zu zeigen, verkaufst und davon lebst oder ob du viele was man mit Holz alles machen kann. Seit Bilder für einen geringeren Preis produzierst. Jahrtausenden wird damit gearbeitet. Peter Weber: Bei mir ist anderes wichtig. Braucht es die Mir war wichtig, dass die Ausstellungen auf dem Kirchenplatz bei mir zu Hause und in der Bedienungsanleitung? Fußgängerzone von Melk durchfinanziert waren. Die Transporte, die Sockel, das ganze Harald Knabl: Ein anderer Punkt: Soll ein Rundherum. Die Skulpturen sind den ganzen Kunstwerk selbsterklärend sein oder soll es Sommer dort gestanden. Am Schluss hätte erklärt werden? man die Sockel geschreddert. Ich habe darum gebeten, dass ich sie haben kann. Wenn ich Peter Weber: Ich war einmal auf einem „HOCHSTAND. Die Illusion von Sicherheit“ von solche Sockel in Auftrag geben muss, kostet Künstlersymposium in Deutschland. Ich war Sabine Maie r/ MACHFELD war 2017 ein Beitrag zum das eine Stange Geld. gerade dabei, einen ziemlich großen Eichen- Viertelfestival Weinviertel stamm mit einer schweren, professionellen Kettensäge zu bearbeiten, und hatte Kopfhörer Sabine Maier: Manche meiner Projekte habe Sponsoren schätzen ungewöhn - auf. Auf einmal klopft mir jemand von hinten ich aufgrund einer Ausschreibung gewonnen. liche Ideen auf die Schulter und fragt: „Was wird das?“ Dafür gab es dann ein bestimmtes Budget, Ich war fassungslos. Ich will meine Arbeiten das meist nicht ausgereicht hat. Dann habe Harald Knabl: Wer sind Ihre potenziellen weder während der Entstehung noch später, ich mir zusätzlich Sponsoren gesucht. An Sponsoren? Die öffentliche Hand in all ihren wenn sie fertig sind, erklären, die müssen manchen Projekten arbeite ich monatelang, Facetten von der Gemeinde über das Land selbsterklärend funktionieren. und da sie alle interaktiv sind, sind auch noch und bis zum Bund?

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Peter Weber: Große Firmen.

Harald Knabl: Was ist deren Motivation?

Sabine Maier: Beim Hochstand war die Idee die Motivation. Die hat den Firmen gefallen. Es gab natürlich Geld von der öffentlichen Hand, aber mit der vorhandenen Summe ging sich das nicht aus. Mir gelingt es ganz gut, Sponsoren zu finden, wobei es dabei nicht um Geld geht, sondern um Arbeitszeit oder Genehmigungen. Die Genehmigungen allein hätten 3.000 oder 4.000 Euro gekostet. Beim Hochstand hat dann das Forstamt die Liefe- rung, die Aufstellung und die Verankerung übernommen.

Philipp Netolitzky: Oft geht es auch ums Prestige.

Peter Weber: Ums Image.

Sabine Maier: Vielleicht, ja, aber nicht immer. Man ist sich einig: Der direkte Kontakt mit den Betrachtern ist für Künstler, die ihre Arbeiten im öffentlichen Raum präsentieren, wichtig Bei meinen Sponsoren ging es auch oft darum, dass sie gern mitgearbeitet haben, weil sie Peter Weber: Bei meiner allerersten Aus- endlich einmal etwas anderes bauen konnten stellung, einer Gemeinschaftsausstellung, als in ihrer normalen Arbeit. Sie hatten Freude haben mich die Leute noch nicht gekannt, KURZBIOGRAFIEN dran. Es ging um Kunst und nicht um Kom- und ich habe einfach zugehört, was sie sagen. merz. Es war einfach lustig. Harald Knabl: Und, hat es Spaß gemacht? SABINE MAIER Harald Knabl: Herr Weber, hat in Ihrem ist Foto- und Medienkünstlerin. Gemeinsam Geburtsort jemand mitgesponsert? Peter Weber: Es war nicht entmutigend! mit Michael Mastrototaro gründete sie 1999 das Kunstlabel MACHFELD. Zahlreiche Aus- Peter Weber: Ja, im Heimatort haben alle Sabine Maier: Ich bin meistens auch dort. Bei stellungen, u. a. Leopoldmuseum Wien, Kunst- mitgesponsert. Hauptsächlich natürlich die manchen meiner Projekte ist die Bevölkerung halle Wien, Museum der Moderne Salzburg, Stadt. Aber jede größere Stadt hat einen ja involviert. Dann kenne ich die Menschen Hongkong Arts Centre, Trans Cape African Bauhof. Der Bauhof hat alle Maschinen. und halte auch den Kontakt, besuche sie, Biennale, Witte De With Rotterdam, Hammer Alles, was man braucht. Sie haben mich mit gehe mit ihnen Kaffee trinken. Bei anderen Museum Los Angeles oder Whitechapel Art dem Transport von Niederösterreich nach Arbeiten setze ich mich manchmal hin, spreche Gallery London. Preise: Outstanding Artist Oberösterreich unterstützt. Ein Transport mit den Menschen oder sie sprechen mich Preis und Staatstipendium für Medienkunst, mit einem Dreiachser und den entsprechen - an. Meine Bank war acht Jahre lang in ver - beides BKA, sowie Anerkennungspreis des den Leuten dazu wäre ja sehr teuer. Der schiedenen Städten im Einsatz. Auch in Wien Landes Niederösterreich. www.machfeld.net Bauhof macht auch Betonfundamente. Und war sie drei Mal, in jedem Bezirk, ist immer die Spenglerei kann Eisenteile fertigen. Das gewandert und hat Bezirksgeschichten erzählt. PHILIPP NETOLITZKY, sind alles wichtige Sachleistungen. geboren in Köln, aufgewachsen in Scheibbs, Philipp Netolitzky: Ich mache das genauso. arbeitete nach seiner Ausbildung im BORG Sabine Maier: Bei mir haben sie sich gefreut Ich fotografiere zuerst die Flächen ab, auf Scheibbs bei der Lebenshilfe und als Kinder- und auch Ideen beigesteuert. denen ich arbeiten will, sehe nach, wer die gartenassistent, bevor er 2010 die Firma Hausverwaltung ist, kontaktiere die Leute und iOnArt e.U. und 2019 gemeinsam mit Claudia Philipp Netolitzky: Bei mir war das erst ein rede mit ihnen. Frage den Würstelstandbe- Kragulj den Verein ARTCANHELP, eine Mal der Fall … Ich habe mir mittlerweile mein sitzer, ob ich das Würstelstandl anmalen darf. Kunst- & Kulturplattform zur Förderung von eigenes Netzwerk aufgebaut, in dem ich mir Dabei höre ich ganz viele Geschichten, was sozialem Engagement durch Kunstinitiativen, einen Kran, einen Transporter, einen Steiger, geht, was nicht geht, das ist ganz wichtig. gründete. https://ionart.at eine Hebebühne, eine Scherenbühne, Materi- Kunst ist ja für Menschen da, also solltest du alien, Farben und so weiter selbst organisieren auch mit den Menschen darüber reden. PETER WEBER, kann. Mir ist es lieber, Geld zu bekommen, geboren in Oberösterreich, ist Autodidakt das ich dann selbst verwalten und einteilen Sabine Maier: Ich finde es auch wichtig, und widmet sich Objekten, Skulpturen und kann, statt die Infrastruktur. dass die Leute einmal etwas anderes sehen, Installationen. Er lebt und arbeitet im Wald- mit etwas anderem konfrontiert werden. Ich viertel. Ausstellungen: Ausstellungsbrücke, Kunst wäscht den Staub der will eigentlich, dass es den Menschen gut Kulturbrücke Fratres, Galerie im Lindenhof, Seele ab geht, was natürlich ein Blödsinn ist, weil ich NöART, NÖ Donaufestival, Kunstmuseum nicht Mutter Theresa bin. Waldviertel, Ecoart, KUNST:WERK, Kunst- fabrik Groß Siegharts. Bildhauersymposien Harald Knabl: Wie messen Sie Reaktionen in Deutschland, Ungarn, Tschechien. auf Ihre Projekte? Philipp Netolitzky: Wie sagt man, frei nach Picasso, so schön: „Kunst wäscht den Staub [email protected] der Seele ab.“

www.kulturvernetzung.at 8 Kolumne LANDJÄGER KOMMENTAR VON THOMAS WEBER „Bläst für 3 Asse“ *) Was bleibt? Von Denkmälern und Mahnmalen, von Statuen, Überbleibseln und Schandmäulern.

er nur den öffentlichen Raum hat, ist arm dran. Obdachlose, die durch Wsogenanntes „hostile design“ am Übernachten auf Parkbänken gehindert werden, denen feindselige Eisengitter einen Rückzugso rt verwehren, weil es sich vor Supermärkten nicht so gut macht, wenn sich jemand in Lumpen gewandet in eine von Ab- luft gewärmte Nische kauert. Jugendliche, die durch hochfrequente Töne, die wir abgestumpften Altvorderen höchstens noch rudimentär hören, von Bahnhöfen und vor Der öffentliche Raum bietet nicht nur für Kunstwerke das Höchstmögliche an Präsenz: verwaister Einkaufszentren vertrieben werden, um ihr Informationskiosk in Strasshof Abhängen und Herumlungern zu unterbinden. Da vertreiben und verdrängen die Blinden würdige Entdeckungen habe ich bei meinen schwer steuern und beeinflussen. Daran und Schwerhörigen alles Unerwünschte wie Corona-Streifzügen durchs Gemeindegebiet denke ich immer wieder, wenn ich abends die Tauben. noch gemacht. Zunächst ein verwaistes vor dem Einschlafen in einem wunderbaren Gleichzeitig ist der öffentliche Raum etwas Miniaturbauwerk direkt am modern gestal - zweisprachigen Reclam-Heftchen blättere. für Könige und Kaiserinnen und wohl das teten Bahnhof, auf dem der alte SPÖ-Schrift- Beinahe zweitausend Jahre sind die darin Höchste, was eine Künstlerexistenz so an zug prangt. Es stammt aus einer Zeit, in der gesammelten Notate nun alt. Für uns Nach- Präsenz für ihr Werk erlangen kann; zumin - niemand von Logos sprach, und war ein geborene gedacht waren sie mit Sicherheit dest wenn diese Präsenz auf aktiver Nach- Kiosk, in dem die werktätigen Massen die nicht. Handelt es sich doch um Graffiti aus frage beruht und nicht etwa auf illegaler Arbeiterzeitung und irgendein anderes pro - Pompeji, jener Stadt, die anno 79 unter einer Aneignung oder Selbstermächtigung. Denn letarisches Blatt kaufen konnten. Ja, Strasshof Wolke aus Asche und Bimsstein begraben die Grenzen zwischen Kunst und Sachbe- ist immer noch eine sozialdemokratische und daraufhin von den überlebenden Zeit- schädigung sind fließend. Wer’s nicht Hochburg, und das Häuschen gehört, so es genossen aufgegeben wurde: um Schmiere- glaubt, frage einen Graffitikünstler. Oder das nicht bereits ist, schleunigst unter reien, derbes Geschimpfe und die Alltags- einen Geschädigten. Denkmalschutz gestellt. Künstlerischen An- poesie von Schandmäulern. Respektlos und spruch hat das Bauwerk wohl keinen, einen ohne Anerkennung der Hierarchien, die in Gedenkstein für den kulturellen, aufklärerischen aber sehr wohl. den offiziellen Denkmälern jener Zeit einge - Seelenfrieden meißelt sind, erzählen sie von Liebe und Nutzen bringende Betrug, vom Lotterleben und, nun ja, von der Vergänglichkeit. Romantische Verklärung Was bleibt, bleiben soll oder wirklich Schmucklosigkeit überkommt einen beim Lesen allerdings geblieben ist, das sind neben den eindrucks - nicht. „OTIOSIS LOCVS HIC NON EST vollen Büsten und Statuen der Hochwohl- Wahrlich begeistert hat mich aber das DISCEDE MORATOR“, war da an der Fassade geborenen bloß Denk- oder Mahnmale. Das Denkmal, das an Anton Lendler erinnert, eines Gasthauses zu lesen. Was übersetzt wurde mir dieser Tage bewusst, als ich im der in der Zwischenkriegszeit der allererste nichts anderes heißt als „Für Müßiggänger Corona-Lockdown viel in der unmittelbaren Bürgermeister war. Es ist an Bescheidenheit ist hier kein Platz. Hau ab, / Faulenzer!“ Gegend unterwegs war, um meine Heimat- kaum zu überbieten: eine schlichte Vogel- gemeinde nach ebensolchen abzusuchen. tränke. Der Betonklotz – kein schmucker, Thomas Weber, 42, ist Um die Sache abzukürzen: Was ich fand, behauener Fels – und dessen prunkloser Journalist, Buchautor und war überschaubar. Mit der Errichtung eines Wasserhahn, aus dem das Wasser über den Herausgeber des Magazins Gedenksteins (2011) für das Massengrab Umweg von fünf Terrassen tropft, wird von Biorama sowie der im der im Zweiten Weltkrieg verstorbenen den Tausenden, die ihn täglich zum Zug oder Residenz Verlag Zwangsarbeiter und Juden im Durchgangs- nach Hause hastend passieren, übersehen, erscheinenden Buchreihe lager Richtung KZ hat der Ort – wir sprechen vermute ich. Doch sinnvoller und sympathi - „Leben auf Sicht“. von Strasshof an der Nordbahn – offenbar scher ist ein Denkmal wohl schwer denkbar. Instagram: @thms_wbr seine Schuldigkeit getan. Sonst hat die selt - Selbst wenn es manch einer belächelt. So sam geschichtslos anmutende „Eisenbahner- eine Vogeltränke, an der sich Meisen laben gemeinde“ gleich an der Durchzugsstraße und in welcher Spatzen baden, ist wahrlich eine alte Lokomotive aufgestellt, die gegen würdevoller als jede überlebensgroße Büste, *)Oder wie die alten Vulgärlateiner sagten: „(F)ELLAT Jahresende hin alle Jahre wieder beleuchtet der die Tauben auf die Stirn scheißen. A(SSIBUS) III”. Graffiti am Haus des Priesters Amandus in Pompeji, südlich von Rom gelegen. Aus: „Glücklich wird, um an die einstige Bedeutung als Ver- Und was sich die Nachwelt dereinst zusam- ist dieser Ort. 1000 Graffiti aus Pompeji“ (Lateinisch/ kehrsknotenpunkt zu erinnern. Zwei denk- menreimen wird, das können wir ohnehin Deutsch) von Vincent Hunink (Reclam Verlag, 2011)

www.kulturvernetzung.at kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 Kulturinitiative 9 „Gemeinsam sind wir stärker!“ Die Initiative „Schneebergland Kultur“ bringt Künstler, Veranstalter und Leut z’amm!

VON MANUEL SIMBÜRGER

einhard Sandhofer ist Künstler aus und mit Leidenschaft, das wird bereits in Rden ersten Sekunden deutlich, wenn er begeistert über seine Werke sowie auch über jene der Kollegen erzählt. „Immer schon“ habe Kunst und Kultur eine magische Anziehung auf ihn ausgeübt, erinnert sich der 69-jährige Schrattenbacher, der sich mit seinen Objekten, Skulpturen und Collagen allen voran mit Spiritualität auseinandersetzt. Teamarbeit, das betont Sandhofer immer wieder, habe für ihn einen ganz besonders hohen Stellenwert, „weil sie Ergänzung bedeutet.“ 2003 eröffnete er sein „Atelier im Tal“ – und schnell wurde dem in der Branche gut vernetzten Künstler klar: Die Region Schneebergland hat künstlerisch gro - Für das Viertelfestival-Projekt einer fiktiven ßes Potenzial, aber es fehlt an Kooperationen „U-Bergbahn“ von Grünbach nach Pernitz waren 2015 und Vernetzung unter Kunstschaffenden und auch Kinder künstlerisch tätig Kulturveranstaltern, am gemeinsamen Ziehen Jedes Jahr aufs Neue stellen Sandhofer und am selben Strang. „Es macht keinen Sinn, sein Team großartige Veranstaltungen auf wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht.“ die Beine – von bildender Kunst, Tanz und Gemeinsam mit den „Qualitätsbetrieben Musik über Literatur und Brauchtum bis hin Schneebergland“ wurde die Idee geboren, zu Kunsthandwerk und Hobbykunst. „Kabarett die künstlerischen Ressourcen der einzelnen kommt beim Publikum am besten an“, weiß Gemeinden zu bündeln und sich gegenseitig Sandhofer, und Köttner ergänzt: „Uns ist es zu unterstützen. 2011 schließlich war die aber auch wichtig, dass wir das Publikum auf Initiative „Schneebergland Kultur“ geboren, andere Angebote aufmerksam machen, die anfangs mit bloß drei Vertretern: Sandhofer sie bisher weniger interessierten.“ Erreicht für Schrattenbach, Literat und Sagenerzähler wird dies nicht nur mit Flyern, sondern auch Rudi Fleischmann aus Pernitz sowie dem mit ebendem monatlichen Newsletter, der inzwischen verstorbenen Johann Gollinger mit Sie schufen den „Schienenersatzverkehr“ zu den rund 400 Abonnenten über sämtliche Kunst- der Pernitzer Veranstaltungsreihe „Literatur- „Tagen der offenen Ateliers“ im Schneebergland: und Kulturaktivitäten in der Region übersicht- Maxi Schreiner und Reinhard Sandhofer café”. Heute sind alle 18 Gemeinden der Region lich informiert. Die beiden betreuen auch die Schneebergland Teil der „Schneebergland Webseite der Initiative. Und einmal im Jahr stellen: „Wir sind Ideengeber und -umsetzer, Kultur“. Ein Erfolg, der für sich spricht! treffen sich alle Partner beim „Kulturempfang“, aber bei der Finanzierung sind wir auf die bei dem auch Politiker und andere Prominente Gemeinden angewiesen!“ Eine derartige In- Vielfalt durch Kooperationen geladen sind. vestition sei jedoch auch eine wirtschaftliche. Schließlich hat es „Schneebergland Kultur“ „Schneebergland Kultur“ versteht sich als geschafft, die Gemeinden jenseits der Regions- Initiative und gemeinsame Plattform aller Kultur fördert die Kommunikation grenzen bekannt zu machen. „Der Zuspruch Künstler und Veranstalter der Region. „Quasi von außen ist sehr positiv, auch in der Politik ein künstlerischer Beirat der Region“, erklärt „Auch wenn man Teil der Initiative ist, kann nimmt man uns verstärkt wahr“, freut sich Sandhofer. „Unser Ziel ist es, die Kultur im und soll jeder oder jede Kunstschaffende er Sandhofer. Denn Kunst und Kultur in schwie- Schneebergland in ihrer Gesamtheit zu stär - und sie selbst bleiben“, betont Sandhofer. Die rigen Zeiten außen vor zu lassen, sei ein großer ken, sie aber auch innerhalb und abseits der Zusammenarbeit unter den Initiative-Partnern Fehler: „Kunst hilft, uns selbst zu verstehen.“ Regionsgrenzen bekannt zu machen.“ So sind ist meist eine sehr gute. Das zeigt sich auch in Und Köttner resümiert: „Kunst und Kultur ver- zahlreiche Kooperationen in den vergangenen den gemeinsam aus der Taufe gehobenen binden und fördern die Kommunikation. Wir Jahren entstanden, unter anderem auch mit Projekten: So organisiert „Kultur im Schnee- haben gezeigt: Gemeinsam ist man stärker!“ dem Gauermann Museum in Miesenbach. bergland“ zum Beispiel an den NÖ Tagen der www.schneeberglandkultur.at „Der Aufwand, einen eigenen Newsletter zu offenen Ateliers einen „U-Bergbahn-Schienen- gestalten, wäre für uns viel zu hoch“, zeigt ersatz“ mit Bus. Manuel Simbürger ist freiberuflicher Journalist und sich Museumsobmann-Stellvertreter Florian Der berüchtigten finanziellen Herausforderung vor allem in den Bereichen Kultur (jeder Art) Köttner dankbar. muss sich aber auch „Schneebergland Kultur“ sowie Gesundheit tätig.

www.kulturvernetzung.at 10 Literatur aus NÖ kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 Der rote Punkt Eine Kunstlebenslüge

Literaturminiatur von Mario Schlembach

r wollte Schriftsteller werden, ohne zu wissen, wie man schreibt. Er wollte EFilmregisseur werden, ohne je eine Kamera bedient zu haben. Er wollte Maler werden, ohne zeichnen zu können. Woher kam dieser unstillbare Drang, Künstler werden zu wollen, wo doch die einzige Kultur – mit der er sich bisher auseinandergesetzt hatte – jene gewesen war, die aus der Bauernerde wuchs? Seines Erweckungsmoments war er sich be- wusst. Aber konnte es wirklich so simpel sein: ein einziger Augenblick, der eine lebenslange Leidenschaft entflammte? Als er 15 Jahre alt war, musste er mit seinen Klassenkameraden eine Galerie für moderne Kunst besuchen. Die Gemälde mit abstrakten Formen überforderten ihn. Nichts von den Dingen, die seine Lehrerin im Unterricht erwähnt hatte, konnte er darin erkennen. „Manchmal muss man es auch einfach fühlen!“, hatte sie dann noch als Beisatz hinzugefügt. Irritation und Verständnislosigkeit beschrieben seine Gefühlswelt wohl am ehesten. Wie ein Mario Schlembach, aufgewachsen als Bauernsohn neben dem Lagerfriedhof Sommerein, arbeitet als Betrunkener wankte er von Bild zu Bild, bis Schriftsteller und Totengräber er sich im letzten Raum auf eine Bank fallen ließ. Vor ihm hing eine Leinwand ohne seiner Enttäuschung nicht dasselbe Gefühl ein der Gedanken, schrieb von der Macht der Rahmung. Er sah schier endloses Weiß und wie in der Galerie. Mit einigen Strichen ver - Rezipienten als eigentliche Schöpfer eines in der rechten unteren Ecke nichts weiter als suchte er die rote Nuance auf dem schwarzen Werkes. Er schrieb von Dingen, die sich schön einen roten Punkt. Quadrat noch zu verändern, aber das Ergeb- anhörten, aber von denen er eigentlich nichts Lange starrte er das Gemälde an. Zum ersten nis befriedigte ihn in keiner Weise. In einem verstand. In einem einzigen Rausch zeichnete Mal in seinem Leben bekam er eine Ahnung letzten Akt der Verzweiflung spritzte er die er seine Ideen auf und sah sich als Erfinder davon, Kunst zu verstehen. Lag sie nicht restliche Farbe wild gegen die Wand und einer revolutionären Theorie, die bis ins genau darin: die Welt, in all ihrer undurch - fand sich plötzlich in einer ganz neuen Leben selbst hineinreichen sollte, um die schaubaren Komplexität, auf den Punkt zu Kunstrichtung wieder – mit den Schafen, von Weltanschauung für immer zu verändern. bringen? Ihn beeindruckte die Radikalität die - denen jetzt einige mit roten Punkten übersät „SIMPLIZISMUS. Versuch über den roten ses Bildes, und er wusste nun: Alles konnte waren, als seinem einzigen Publikum. Punkt“ nannte er sein Manifest, das er auf alle Kunst sein oder zur Kunst führen! Selbst wenn Er begann Kunst zu imitieren, aber erstaun- Kunstrichtungen anwandte und auf dem er ihm jegliches Talent für seine zukünftigen licherweise nahm er seine Werke nicht als seine gesamte Künstlerexistenz aufbaute. Träume fehlte, durfte er noch immer darauf bloße Kopie wahr, sondern als tiefsten Aus- Als er Jahre später einer Galeristin voller hoffen, dass sich die originellste Idee durch - druck seiner eigenen Empfindungen. Solange Euphorie von seinem Erweckungsmoment mit setzen würde. er selbst malte, gab es für ihn nur den origi - dem Bild erzählte, stellte sie nüchtern fest: Zurück am Bauernhof wollte er sofort losle - nären Moment der Schöpfung. Und doch kam „Vielleicht bedeutete der rote Punkt einfach, gen und selbst Werke schaffen, die sich der er bereits nach wenigen Bildern an den Punkt, dass das Gemälde bereits verkauft war.“ absoluten Reduktion verschrieben. Diese Art an dem er das Gefühl hatte, sich ständig zu Er sah sie an und lachte. der Darstellung kam glücklicherweise seinen wiederholen. In der Einfachheit seiner Motive nicht vorhandenen zeichnerischen Fähigkeiten lag eine derartige Komplexität, wie er dachte, entgegen. Er ging in die Werkstatt seines dass es eine grundlegende Erklärung dazu Mario Schlembach, geboren 1985 in Hainburg an der Vaters. Neben einem dicken Malpinsel fand brauchte. Hatte er nicht in den Büchern, die Donau, Studium der Theater-, Film- und er schwarze und rote Acrylfarbe. Da er keine er jetzt zur Recherche durchblätterte, etwas Medienwissenschaft an der Universität Wien. Leinwand zur Hand hatte, lief er in den Schaf- über Manifeste gelesen? Natürlich! Bevor er Neben seinen Romanen „Nebel“ (2018) und stall und färbte einen Teil der kalkbestrichenen weiterarbeiten konnte, musste er zunächst „Dichtersgattin“ (2017), beide im Otto Müller Verlag Mauer schwarz. Am rechten unteren Rand seine Kunst definieren. erschienen, schreibt er Theaterstücke, Essays und malte er einen roten Punkt. Nachdem er einige In pathetischen Sätzen schrieb er von den Ur- Reportagen für Zeitschriften. Schritte zurückgetreten war, stellte sich zu formen des Lebens, schrieb von der Freiheit www.bauernerde.at

www.kulturvernetzung.at kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 Portrait 11 Wunderbare Symbiosen Mit ausdrucksstarkem Pinsel- strich lädt Isabell Kneidinger zum Slow Tourism in ihre Bildwelten.

VON SANDRA SCHÄFER

berproportional riesig im Vergleich zum Rest des Bildes ranken sich die Ügrün-gelblichen Blätter eines Apfel- baumes den Betrachtern entgegen. Als „Nähr- boden“ fungiert eine Karte des amerikanischen Big Apple aus einem Schulatlas aus den 1970er- Jahren. Für ihr Projekt „Painting on Maps“ lässt Isabell Kneidinger diverse Pflanzen aus den Karten dieser Welt sprießen, nimmt Landverteilungen vor oder malt zwei Raben, erhaben über Südamerika thronend – so hat es zumindest den Anschein – ihre Besitzan- sprüche ausfechtend. Residency inmitten der kalifornischen Natur

Mensch und Tier – Kultur und Natur: Bei den Isabell Kneidinger lässt Fragmente von Natur und Kultur, Zivilisation und Wildnis künstlerisch Motiven der im niederösterreichischen Haag miteinander verschmelzen geborenen Künstlerin scheint es sich jedoch weniger um unversöhnliche Gegensatzpaare kommt die zeitgenössische bildende Kunst für Entstanden sind kleinformatige Arbeiten mit zu handeln als vielmehr um Dinge, die einander die gebürtige Haagerin „oft zu kurz“. Auch Aquarellfarben, die erstmals, anders als in dem ergänzen (können). Unterschiedliche Frag- daraus erklärt sie ihr Interesse, „die Bevölke- für sie typischen expressiven Pinselstrich, mit mente von Natur und Kultur, Zivilisation und rung in Kunstprojekte einzubinden.“ Für das Spritztechnik auf Fotopapier fixiert wurden. Wildnis, die miteinander verschmelzen, lassen Viertelfestival-Projekt „Ladenhüter“ bespielte Das Ergebnis überrascht vor allem auch durch sich auch in ihrem im Zuge eines Artist-in- sie beispielsweise gemeinsam mit anderen seine im Vergleich zu anderen Arbeiten auf den Residence-Aufenthaltes 2018 in Kalifornien Künstlern ihr Atelier in Haag – eine ehemalige ersten Blick auffallende Abstraktheit – einen entstandenen Gemälde „Enter“ finden. Gern Schneiderei. Eindruck, den die Künstlerin nicht zuletzt durch erinnert sich Kneidinger an diesen Aufenthalt Heuer hätte Kneidiger im Rahmen des Viertel- ein Übereinander mehrerer Schichten erzeugt. in der Abgeschiedenheit in den Santa Cruz festivals unter dem Motto „Bodenkontakt“ die Eine Arbeitsweise, die für Kneidinger mittler- Mountains zurück – „eine Residency inmitten Besucher erneut dazu eingeladen, sich mit weile bezeichnend geworden ist: „Durch das der Natur und ein starker Gegensatz zum nahe Kunst auseinanderzusetzen. Dazu experimen- Spiel mit dem Übermalen, dem Freilassen be- gelegenen überbevölkerten, dicht besiedelten tierte die Künstlerin mit Farben, die aus Erde, stimmter Stellen, entsteht eine Art der Tiefe, Silicon Valley; zwischen Natur und Kultur so- aber auch aus Ästen, Blättern gewonnen die Neugierde wecken soll auf das, was da- wie Bevölkerungsreichtum und Einsamkeit.“ werden können. Ein langwieriger Herstel- hinter ist.“ Damit einher geht eine bewusste Die Exotik und die Formen der in der Wildnis lungsprozess. Ein Prozess allerdings, den sie Konzentration auf das Spezifische, das dem in vorkommenden Pflanzen finden ebenso Ein- mittlerweile als wichtigen Teil auf dem Weg den letzten Jahren in ihr entstandenen Bedürf- gang in ihre Arbeiten wie diverse Elemente zum fertigen Kunstwerk begreift. „Ich bin nis nach formaler Reduktion entspricht. Auch der Zivilisation – von Stromleitungen bis hin eigentlich erst relativ spät dahintergekommen, was das Reisen anbelangt, hat sich bei der zu Schriftzügen. bei Kunst geht es immer auch um den Entste- Künstlerin ein Bewusstsein für Langsamkeit hungsprozess, um das Sich-darauf-Einlassen, eingestellt. Aufmerksam erkundet Kneidinger Kunst und Kunstvermittlung als das darüber Nachdenken. Früher habe ich die Orte, die sie zu ihrem Lebensmittelpunkt schneller gemalt. Heute beschäftige ich mich auserkoren hat. Vieles, was sie in Wien ent - Lebensunterhalt wesentlich länger mit einem Thema.“ deckt, kommt am Land zu kurz, anderes fehlt in der Stadt. In ihren Bildern spiegelt sie das Inspiration findet die seit frühester Jugend sie umgebende Umfeld – und oftmals entstehen von der Geografie Begeisterte auch in ihrer Konzentration auf formale dabei die wunderbarsten Symbiosen. Heimatgemeinde in Niederösterreich und in Reduktion und Entschleunigung www.isabellkneidinger.com Wien. Hier hat sie Kunst an der Angewandten parallel mit Kunstgeschichte an der Uni Wien Häufig sind es vermeintlich unauffällige Sandra Schäfer studierte Germanistik und Kompara- studiert. Ihren Lebensunterhalt bestreitet Objekte, die in den Fokus geraten. Für ihr tistik, arbeitet als freie Journalistin und betreibt seit Kneidinger heute sowohl als Künstlerin wie letztes großes Projekt „Movement of the Light“ 2016 das Internetportal auch als Kunstvermittlerin. Vor allem am Land hat sich Kneidinger mit dem Ei beschäftigt. kulturfuechsin.com

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kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 Ein Blick zurück 13 Lichtspieltheater im Wandel Das 9 1-jährige Mistelbacher Kino soll zum Kulturzentrum werden.

VON ANDREAS KUBA

„Ich erlaube mir bekanntzugeben, dass ich Sonntag den 20. Jänner i. J. mein Kino im Gast- hause ,Zur goldenen Krone‘ eröffne und bitte das P.T. Publikum um zahlreichen Zuspruch“, setzt Johann Heindl 1929 eine Zeitungs- annonce in den „Mistelbacher Boten“. Schon am Abend zuvor flimmerte als Premiere der erste Film über die riesige Leinwand des Kronen-Kinos in Mistelbach. „Anna Karenina – Tragödie einer verbotenen Liebe“, nach dem Roman von Leo Tolstoi. Das erste Tonkino der Stadt gibt es noch heute. Als eines der ältesten Kinos Niederösterreichs wird das Kronen-Kino nach wie vor bespielt, fast täglich mit Block- bustern, mehrmals im Monat macht der Kunst- verein „film.kunst.kino“ den altehrwürdigen großen Festsaal, der früher ein Fassungs- Das Kronen-Kino in Mistelbach auf einer Postkarte aus den 1930er-Jahren – mit Schankraum und großem Saal vermögen von 360 Personen hatte, zum Pro- für 360 Zuseher, in dem auch rauschende Bälle stattfanden grammkino. wieder das Licht an. Nach dem Tod von Johann Vom Stummfilm mit Heindl drei Jahre später übernahmen dessen Klavierbegleitung zum Tonkino Söhne Otto und Walter Heindl das Kino samt Gasthaus, Fremdenzimmern und Kegelbahn. Es wäre das nächste Kapitel in der wechsel - Anfang der 1950er-Jahre liefen bereits an sechs vollen Geschichte des Kinos, die der Mistel- Tagen die Woche ausgewählte Streifen. Der bacher Thomas Kruspel akribisch recher - Wiederaufbau führte auch zur Hochblüte des chiert und auf seinem Zeitgeschichte-Blog Kronen-Kinos, in dem zudem spektakuläre mi-history.at eindrucksvoll dokumentiert hat. Bälle stattfanden. Schon wenige Monate nach der Eröffnung durch Johann Heindl vor nunmehr 91 Jahren Kulturlocation mit Retro-Charme wurde das Kronen-Kino im Herbst 1930 zum Tonkino umgerüstet. Genau das hatte das eben- Als das renommierte Haus im Zuge des großen Gudrun Wassermann, Herbert Marko, Manfred falls in Mistelbach bereits 1911 von Cafetier Kino-Sterbens ebenfalls vor der Schließung Asperger und Stefanie Frank (v. l. n. r.) wollen das Kino von Weirong Liu (r. h.) retten Heinrich Rössler eröffnete „Elektrische Theater stand, übernahm die aus China eingewanderte lebender Bilder“ verabsäumt. Das sogenannte Familie Liu 1994 das angeschlagene Gebäude. Doch nun droht auch dem Mistelbacher Kino, „Rössler-Kino“, das lange auf den Pianisten Die hölzernen Sesselreihen wurden zum größ- unabhängig von der Corona-Krise, die Schlie- Albert Schilder setzte, der die Stummfilme am ten Teil durch bequeme Klappsitze ersetzt, ßung. Der aktuelle Betreiber Weirong Liu, der Klavier begleitete, wurde zu Ostern 1931 zwar das Kino wurde digitalisiert und um zwei kleine das historische Haus mit Leidenschaft geführt auch modernisiert, zeigte aber aus wirtschaft- Säle erweitert. Nun ist auch diese Episode Ge- und aufwendig zum Digitalkino umgerüstet lichen Gründen oft weiterhin die in der An- schichte. Unabhängig von der Corona-Krise hat, geht mit Ende des Jahres in Pension und schaffung günstigeren Stummfilme. Schließlich wird Weirong Liu ab Sommer keine Filme mehr hat bislang keinen Nachfolger gefunden. Die erwarb der unmittelbare Konkurrent Johann zeigen. Da die Mistelbacher „ihr“ Lichtspiel- Programmkino-Initiatoren Herbert Marko, Heindl 1938 das Stadtkino, um es kurz darauf theater mit dem besonderen Retro-Charme Manfred Asperger, Gudrun Wassermann und zu schließen. dank des erfolgreichen Programmkinos gerade Stefanie Frank möchten das Kronen-Kino Mit dem Anschluss machte die Propaganda- in den letzten Jahren besonders lieb gewonnen unbedingt retten. „Es kann nicht sein, dass auch Maschinerie der Nazis die nunmehr größte haben, dürfte in Kürze ein weiteres, neues hier das Licht ausgeht!“ Allein im Weinviertel Lokalität der Stadt zu ihrer Bühne, die Orts- Kapitel aufgeschlagen werden. Und eingelöst haben in den letzten Jahrzehnten fast 100 Licht- gruppe der NSDAP zeigte die Reden Hitlers werden, was Johann Heindl 1929 versprach: spielhäuser dichtgemacht, derzeit sind gerade und Goebbels’, die bombastisch inszenierten „Werde stets bemüht sein, ohne Kosten zu noch fünf Kinos in Betrieb. Eine Idee ist, das Wochenschauen und später die letzten Durch- scheuen, das Beste vom Besten zu bieten, um beeindruckende Haus zum Kulturzentrum zu halteparolen. Während der Kampfhandlungen meinen geschätzten Besuchern vollauf gerecht machen, in dem weiter Filme gezeigt werden, im April 1945 wurde ein Flügel des Gebäudes zu werden.“ aber auch Theater, Kabarett, Konzerte, Lesun- durch einen Granateneinschlag zerstört. Aber http://hotel-kino.at gen und Diskussionen stattfinden. schon mit 1. Juni 1946 ging im Kronen-Kino www.filmkunstkino.at

www.kulturvernetzung.at 14 Kunst & Wirtschaft kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 Die Fahrrad-Verwandler VON ISABELLA MARBOE Stefan Novak und Joschi Sedlak transformieren in St. Andrä- Wördern Bestandteile alter Fahrräder in neue Designobjekte

M as Fahrrad ist das genialste Fortbe- wegungsmittel, das wir Menschen je „Derfunden haben“, sagt Stefan Novak. „Abgesehen vom Gehen, ist seine Öko-Bilanz unübertroffen.“ Auch seine Effizienz ist kaum zu toppen: „Mit etwas mehr Muskelanstren- gung kommt man vier Mal so weit wie zu Fuß und kann wesentlich mehr Lasten tragen.“ Novak brennt für das Fahrrad. „Auf der sym - bolischen Ebene steht es für Freiheit. Zu jedem meiner Räder fallen mir Erlebnisse ein. Es ist ein Objekt der Erinnerung.“ Die Beziehung zwischen Mensch und Fahrrad ist meist innig. Fast jeder nutzt das seine, so lang es geht. Selbst wer ein neues hat, lagert das alte oft noch im Kellerabteil. Ein Fahrrad zu entsorgen tut weh. Der nächste Umzug ist eine gute Gele- genheit, es dezent zurückzulassen. „Tausende Fahrräder lagern in Kellern oder Hinterhöfen und vergammeln, weil sich niemand von ihnen trennen kann.“ Sie herzurichten ist eine teure Lukas Wohlesser (links) und Stefan Novak gründeten Angelegenheit. „Ein Fahrrad wird alle sieben 2015 die „Fahrradfilet OG“ Jahre neu erfunden“, sagt Novak. Ein-Gang- tive, sozioökologische Lebensweise. Hier Rad, Drei-Gang-Rad, Vier-, Fünf-, Sechs- wird die Utopie von einer besseren Welt ein Gang-Rad – jeweils in ihren Vielfachen. Jede Stück weit Realität. Es gibt eine Hofküche, Fahrradgeneration hat ihre spezifischen die täglich ein aus regionalen Produkten Komponenten: Zahnräder, Naben, Schaltun- frisch gekochtes Tagesmenü, Kuchen sowie gen usw. „Ein Rad, das nicht mehr fährt, kostet ein regelmäßiges Kulturprogramm anbietet. am Flohmarkt 10 Euro. Sucht man aber gezielt Sie ist Vereinslokal und Treffpunkt für alle. einen Ersatzteil aus einer gewissen Zeit von Zum „Dorfplatz“ gehören außerdem eine Food- einer bestimmten Marke, werden Apotheker- Coop, ein Coworking Space, Repair-Cafés preise verlangt.“ Allein für Kenner und Könner und ein Handwerkscluster für Upcycling, zahlt es sich also nicht aus, ein altes Rad zu Recycling und Kunsthandwerk. Dazu zählt reparieren. Die meisten landen am Müll. auch das „Fahrradfilet“: Sein Rohstofflager befindet sich auf einem Dachboden schräg Upgecycelte Unikate Aus manchen Rädern werden Stubenhocker gegenüber der Werkstatt: Dicht an dicht leh - nen sich hier hunderte Mountainbikes, Diese Beobachtung brachte Stefan Novak „Wir verwerten möglichst viel.“ Einzig Rennräder, Puch-Räder, Kinderräder anei- und Joschi Sedlak auf eine Geschäftsidee. Speichen, Reifenmäntel, Sättel und Kotflügel nander. Einige Schönheiten und echte Raritäten 2015 gründeten sie die „Fahrradfilet OG“. Sie erwiesen sich bisher als schwer upcycelbar. sind darunter. „Jetzt ist die Zeit, wo sich viele sammeln Fahrräder, die auf diversen Mist- Das Sortiment ist ständig am Wachsen – je von ihren Rädern mit Stahlrahmen trennen“, plätzen landen, und nutzen sie als Rohstoff für nachdem, wie sich die Prototypen bewähren. so Novak. „Seit den 2000ern werden fast aus - neue Objekte. Geflext, zerteilt, geschliffen und schließlich Aluminiumrahmen verwendet.“ wieder zusammengeschweißt, beginnen sie Vielfalt an einem utopischen Ort Dem „Fahrradfilet“ kommt das sehr entgegen: eine zweite Existenz als Lampe, Kleiderhaken, Stahl ist ökologischer und leichter zu verar - Garderobenmöbel, Hocker und mehr. Jedes Das „Fahrradfilet“ ist am Dorfplatz St. Andrä- beiten. Novak ist der Designer, Sedlak kümmert Fahrrad, das hier verwertet wird, ist einzig - Wördern angesiedelt, einem wunderbaren sich um Marketing, Verkauf und Werbung. artig, jedes neue Objekt daraus handgefer - Ort. 2015 begann hier der Verein Dorfplatz, Neuerdings ist auch Lukas Wohlesser im Team, tigt, jedes ein Unikat. Verschiedenfarbige ein ehemaliges Gestüt – den Novotnyhof – in ein als „Mädchen für alles“, wie er humorvoll Lackierungen, Rahmenteile, Zahnräder, Lenker, sozioökonomisches Zentrum umzuwandeln. meint. Drei Tage die Woche ist er Kranken- Lampen, Pedale mit unterschiedlichen Ge- Der Hof ist nun ein fruchtbares Biotop für pfleger, Donnerstag, Freitag im „Fahrradfilet“. brauchspuren werden hier zu Gegenständen. eine alternative, gemeinschaftliche, koopera - „Es ist extrem sinnvoll“, sagt er. Und ein

www.kulturvernetzung.at kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 Kunst & Wirtschaft 15

super Ausgleich zu seiner sonstigen Arbeit. Wohlesser fertigt die Produkte, erledigt An- fragen und macht, was anfällt. Die gesamte Produktion erfolgt am „Dorfplatz“: in der „rauen“ Werkstatt, wo geflext und geschweißt wird, und in der „edlen“ für die Feinarbeit, die sie mit einigen Künstlerinnen und Künst- lern teilen. Ökotainment mit handverlesenen Fundgegenständen

Novak ist ein typischer Quereinsteiger mit einer nomadischen Biografie: Geboren in Klagenfurt, studierte er Landschaftsökologie an der Wiener Universität für Bodenkultur und der Gesamthochschule Kassel (GHK), wo er sich mit Siedlungswesen, Naturschutz und sanfter Mobilität befasste. „Erst als ich auf das Fahrrad stieg, habe ich begonnen, Wien zu lieben.“ Später wurde er Teil des Theater Irrwisch, eines Straßentheaters, das viel im öffentlichen Raum interveniert, bei hunderten internationalen Festivals eingeladen war und kommendes Jahr sein 30-Jahr-Jubiläum feiert. Dann kamen die Kinder, und mit ihnen kam die Ruhe: Seine Lebensgefährtin und er mach - ten sich auf die Suche nach Haus, Werkstatt und Garten. In St. Andrä-Wördern wurden sie fündig. Dort gründete er Mowetz & Co, ein Kunst- und Designprojekt, wo er „Öko- tainments“ baut, praterähnliche Vergnü- gungseinrichtungen wie ein Karussell, die Was sich auf Mistplätzen so findet: Alte Fahrräder sind wertvoller Rohstoff für schicke Design-Objekte allesamt um das Thema Fahrrad und Upcycling kreisen. Eine passende Ergänzung zum „Fahrradfilet“. Schreibtischlampen. „Zuerst war das Schweiß- verfahren falsch, dann wollte ich die Produkte hartlöten, zuletzt sind die LEDs in der Fahr- radleuchte überhitzt“, erinnert sich Novak. Zehn Monate suchten Sedlak, der im Brot- beruf Geschäftsführer der ARGE Wien AG ist, und er nach der Lösung des Problems. Doch dann war der erste Prototyp reif für die Fertigung: Bis heute ist er gemeinsam mit den Klopapierrollenhaltern der Bestseller von Fahrradfilet. Um aus alten Fahrradteilen neues Design zu fertigen, muss man flexen, schweißen, schleifen, polieren können, von Elektrotechnik und Holzverarbeitung etwas verstehen. Schließlich hat etwa der beliebte Hocker drei geschweißte Rahmenfüße und eine hölzerne Sitzfläche. Zu Beginn war das „Fahrradfilet“ reine Liebhaberei, inzwischen entwickelt sich die Verkaufskurve nach oben. 60 Prozent der Objekte werden im Internet Jedes Objekt ist ein handgefertigtes Unikat bestellt, außerdem gibt es die Produkte vom „Fahrradfilet“ auf Kommission im Design Shop des Wiener MAK, bei Kellerwerk in der Wiener Genial, effizient und gefragt Gumpendorfer Straße und bei garbarage in der Schleifmühlgasse im vierten Bezirk. Die Entwicklung eines Produktes ist komplex. www.fahrradfilet.at Am Anfang war ein Aufräumanfall in Novaks Werkstatt. Dort stieß er auf eine Fahrradgabel Isabella Marboe, Dipl. Ing. Architektur (TU Wien), und zwei Fahrradlampen. Er setzte sich an war u. a. Chefredakteurin (mit Sandra Hofmeister) die Werkbank und versuchte, die Teile zu der deutschen DOMUS (2012) und ist derzeit kombinieren. Der erste Schritt zur Serie von Redakteurin bei architektur.aktuell.

www.kulturvernetzung.at 16 Kulturexport kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 Der erste Grafikdesigner Henry Steiner, 86, ist in Baden bei Wien aufgewachsen und lebt heute in Hongkong.

AUFGEZEICHNET VON ERNST SCHMIEDERER

Am 13. Februar 1934 bin ich einem Wiener Krankenhaus als Kind einer in Baden bei Wien lebenden Familie zur Welt gekommen. Ich erinnere mich an ein paar Details aus meiner frühen Kindheit in Baden, aber nichts davon ist außergewöhnlich. Mit der sogenannten „Kristallnacht“ änderte sich das schlagartig. Meine Mutter erzählte mir erst viel später einmal, dass sie damals mit anderen Jüdinnen und Juden zusammen Gehsteige schrubben musste. Die nächsten Erinnerungen gehen auf eine gemeinsame Zugfahrt mit meiner Mutter zurück: Wir hatten einen Zwischenstopp in Versailles; eine Fähre brachte uns über den Ärmelkanal. Mein Vater hat Österreich ge- sondert verlassen, als Frau verkleidet. Henry Steiner in seinem Büro in Hongkong ...

Von Lower Manhattan nach hin und verlangst einen Tausender im Monat.“ Hongkong Ich wurde Design Director. Aus neun Monaten wurden zwei Jahre. Ich lernte meine zukünf - Bald nachdem wir in Brooklyn angekommen tige Frau kennen, eine Inderin aus Tanganjika, ... und von ihm 2010 entworfene Banknoten der waren, ließen sich meine Eltern scheiden. die auch für „The Asia Magazine“ tätig war. britischen Bank Meine Mutter heiratete wieder. Wir lebten in Ich erkannte sehr schnell, dass es in Hongkong einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Lower einen Markt für meine Dienste gab. Niemand Über die Jahre durfte ich fünf Sets von Bank- Manhattan, in der Nähe des Stuyvesant Parks. zuvor hatte sich dort als „Grafikdesigner“ noten designen. Aus heutiger Sicht sind das Bis zum College-Abschluss war ich dort zu angeboten. Ich konnte die ganze Bandbreite wahrscheinlich jene Arbeiten, die den größ- Hause. Die längste Zeit über, auch noch wäh - von Corporate Identity über Publikationen ten Bekanntsheitsgrad erreicht haben. rend meiner Fulbright *)-Jahre in 1957/58, bis hin zu Verpackungsdesign und auch Heute geht es in meiner Firma, Steiner & Co., war ich ein amerikanischer Chauvinist. Daran Werbung abdecken. etwas ruhiger zu. Das lässt uns Zeit und Muße, änderte sich auch mit meiner Übersiedlung Gestartet habe ich damals mit einem Assis- am Archiv zu arbeiten und pro bono für die nach Hongkong erst einmal nichts. tenten in einer Suite des gerade neu eröffne - österreichische Community. Gemessen an den Ein Studienkollege, mit dem ich in Yale das ten Hilton. Mein Programm war üblichen Bedingungen in Hongkong residie- Zimmer teilte, hatte ein Fulbright-Stipendium klar und einfach: Löse die Probleme deines ren wir hier aber immer noch sehr luxuriös. erhalten und empfahl mir, mich ebenso zu Kunden! Schon beim Studium in Yale hatte Die Menschen in Hongkong sind fleißig, recht bewerben. Ich hatte schon in diversen Werbe- mir ein Kollege dazu mit auf den Weg gege - offen und bodenständig. Im Grunde ignorieren und Designagenturen gejobbt und hatte ange- ben: „Zeig deinen Kunden immer etwas, was sie die Regierung. Wenn die aber beginnt, fangen, als Designer für „The Asia Magazine“ sie schon kennen, und etwas Neues, etwas sich mehr um Politik und Ideologie zu küm- in New York zu arbeiten. Irgendwann wurden was sie noch nicht gesehen haben.“ Damit mern als um das Funktionieren der Stadt, ein paar Kollegen aus der Redaktion und aus bin ich immer gut gefahren. dann stehen sie auf. Die Menschen hier haben der Anzeigenabteilung ins Headquarter nach ziemliche Widerstandskräfte entwickelt, sie Hongkong versetzt, um dort eine Wochenend- Großaufträge für HSBC und werden den Sturm, der hier losgebrochen ist, beilage in Farbe und in englischer Sprache Chartered Bank wohl gut überstehen. So wie sie auch in der zu produzieren. Eines Tages bekam auch ich Vergangenheit vieles überstanden haben. das Angebot, nach Hongkong zu gehen. 18 Mal habe ich den Jahresbericht für HSBC Wie sagt man so schön? Die Situation ist designt und 1983 schließlich den Auftrag hoffnungslos, aber nicht ernst. Pionier des Grafikdesigns bekommen, eine neue Markenidentität für die Großbank zu schaffen. Das Hexagon – Teil Anm. d. Red.: Das Gespräch wurde im Novem- Weil ich keinen Tau hatte, wie man auf so ein eines ziemlich breiten Programms, das ich ber 2019 geführt. Angebot reagiert, wandte ich mich an Henry damals entwickelt habe – ist unzerstörbar. Wolf, einen schon etwas älteren Art Director, Für HSBC hatte ich auch meine ersten Ernst Schmiederer war als Journalist u. a. für profil und dessen Arbeiten für „Esquire“ ich sehr bewun- Banknoten designt und in der Folge für die DIE ZEIT tätig, betreibt das Blinklicht Media Lab sowie derte und mit dem ich inzwischen befreundet Chartered Bank eine ganze Serie entwickelt. die Interkultur-Plattform importundexport.at und gibt war. Wie lange soll ich in der britischen Kron- Weil man Abbildungen von Menschen auf die Buchreihen BERICHTE AUS DEM NEUEN OE und kolonie bleiben, Henry? Was zahlen sie einem Banknoten in Hongkong nicht zeigen durfte, GESCHICHTEN DER GEGENWART heraus. in so einem Job? In breitem Wienerisch klärte verfiel ich auf die Idee, für jeden Nennwert *)Internationales Austauschprogramm zwischen den USA er mich auf: „Du gehst für neun Monat’ dort - eine eigene mythische Tierfigur einzusetzen. und 155 Staaten weltweit

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Inge Mair – DIE KLEINE MIRA LIEBT WIENER NEUSTADT In ihrem ersten Kinderbuch widmet sich die Malerin und Galeristin Inge Mair in elf farbenfrohen, äußerst ansprechend und liebevoll gestalteten Bildern ihrer Heimatstadt Wiener Neustadt. Die kleine Mira führt uns zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, vom Dom über den Wasserturm bis zur Kuckucksuhr in der Neunkirchner Straße. „Alles bis zum sechsten Lebensjahr Wahrge- nommene bleibt im Gedächtnis“, meint Inge Mair, und zweifellos trägt dieses sehr einprägsam und klar gestaltete, etwas andere Bilderbuch das Seine dazu bei, Wiener Neustadt schätzen zu lernen. Ein äußerst nettes Präsent für junge Menschen im Vorschulalter! (BS) Verlag Tredition, Hamburg 2019, 24 Seiten mit 11 Farbabbildungen, ISBN 978-3-7497-8749-4 Preis: € 9,99 (Paperback), € 13,99 (Hardcover)

Eva Gruber – SEMMERING, RAX UND SCHNEEBERG. DIE SCHÖNSTEN WANDERUNGEN IN DEN WIENER ALPEN Eva Gruber war schon als Kind – im Rucksack – dabei, als ihre Eltern Gritli und Naz auf Rax, Schneeberg oder Semmering stiegen. Heute, Jahrzehnte später, ist die Autorin und Land-Art- Künstlerin wieder mit im Gepäck, wenn Wanderer die Wiener Alpen erklimmen. Ihr jüngstes Buch ist eine sommerfrische Hommage an ihre „geliebten“ Hausberge. Sie ist alle Touren zu allen Jahreszeiten gegangen, erzählt sinnlich von Geschichte und Kultur der Landschaft, und sie portraitiert ihre Wanderungen mit ausgesucht schönen selbst geschossenen Bildern, was frei - lich nicht wundert. Schließlich setzt Eva Gruber poetische Kunst-Installationen in die Natur, die Meister André Heller als „Glücks-Kunst erster Klasse“ ausgezeichnet hat. (AK) Styria Verlag, Wien/Graz 2020, 192 Seiten, Franz. Broschur, ISBN 978-3-222-13654-2, Preis: € 23,-

Sarah Iris Mang – in VISIBLE Kunst zum Angreifen! Die Künstlerin Sarah Iris Mang hat gemeinsam mit Rotraud Krall vom Kunsthistorischen Museum Wien für Blinde und Sehende das taktile Kunstbuch „inVISIBLE“ gestaltet, in dem die Werke ausgewählter Künstlerinnen des KHM ertastet werden können. „Dieses Buch möchte einen anderen Zugang zu Künstlerinnen bieten, die in der Kunstgeschichte (-schreibung) zeitweise unsichtbar erschienen.“ Für diesen anspruchsvollen Band wurden Werke von der Renaissance bis zum Klassizismus von Sofonisba Anguissola, Rachel Ruysch, Maria van Oosterwijck, Rosalba Carriera und Marie Louise Elisabeth Vigée-Lebrun ausgewählt. (AK) Eigenverlag, 2020, 80 Seiten mit 10 taktilen Originaldrucken, ISBN 978-3-9519926-0-0, handsignierte Auflage von 30 Stück, Preis: € 120,-, erhältlich bei der Künstlerin (www.sarahmang.at) oder in der „VILLA WIENTAL“-Buchhandlung

Gewürztraminer – A BISSL ÜBERTRIEBEN Was, 30er-Jahre-Musik? Big Band Klezmer Gypsy Swing? Zum millionsten Mal Django- Reinhardt-Epigonen? Aber ganz und gar nicht! So schön, so locker, so witzig, so unterhaltsam. Das neue Album der sechsköpfigen Formation ist die reine Freude. Zaubert ein Lächeln ins Gesicht und Sonne ins Herz. Wer sich an den diversen Dialekt-Hitparadenstürmern schön langsam sattgehört hat, kommt hier voll auf seine/ihre Rechnung. Und alle anderen auch. Sau nice. Wie die Gewürztraminer selber sagen. Oh ja! Kaufen. (JS) Gewürzrecords, 2020, 11 Titel, Preis: ab € 16,- (erhältlich digital, als CD oder auf Vinyl) Vorbestellungen: https://gewuerztraminer.bandcamp.com/album/a-bissl-bertrieben

Sigrid Horn – I BLEIB DO Ach, wunderbar. Wichtig ist der Song. Und dann lang nix. So hab ich’s gern. Sigrid Horn macht das alles auf eine sehr ausgfeanzte Art ganz einfach und reduziert. Diese Songs dürfen einfach nur schön sein. Und das ist nun mal der höchste Anspruch, den man an sich selber als Musikerin stellen kann. Mit Tausendmannorchester und allen Tricks der digitalen Produzentenwelt einen Bombastsound hinknallen – sorry, das kann jeder. Abspieltipp: Lass es Nacht werden. Lösche alle Lichter. Such dir eine nicht unerhebliche Lautstärke. Und los. (JS) Bader Molden Recordings, 2020, 10 Titel, Preis: € 16,- (CD), € 22,- (LP)

www.kulturvernetzung.at 18 Service KUNSTFUNDSTÜCKE kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 VON MARTINA MONTECUCCOLI

Künstlerbücher – aus Stahl, Draht, gebrauchten Textilien und einem Fundstück vom Flohmarkt

Wir freuen uns, in dieser Ausgabe der kunstfundstücke eine Art Evergreen der bildenden Kunst ins Zentrum zu stellen: das Künstlerbuch. Und einmal mehr zeigt sich, wie faszinierend weit sich der inhaltliche und formale Bogen spannt: Elfriede Klepoch korreliert stählerne Handschrift und eherne Gesetze. Eva Hradil verarbeitet in ihrem Mappenobjekt eine Arbeitshose ihres verstorbenen Vaters und damit ihre Beziehung zu ihm. Natalia Weiss ließ sich von einem expressionistischen Gedicht und einem Flohmarktfund zu ihrem Buchobjekt inspirieren. Und mit seinen rostigen Bücher-Skulpturen setzt Gert Linke Egon Schiele ein Denkmal.

Eva Hradil • MENSCHEN IN MIR Elfriede Maria Klepoch • WIE EIN EHERNES GESETZ Die „Arbeitshose“ ist ein Mappenobjekt Elfriede Maria Klepochs Buchobjekt aus der Serie „People in me“, in der sich „CODEX FERRUM“ besteht ausschließ - Eva Hradil mit sechs ihrer bereits ver - lich aus dünnem, geglühtem Eisendraht. storbenen Vorfahren, nämlich mit ihren Klepoch gestaltete den Draht so, dass seine Eltern und Großeltern, beschäftigte. Dabei Form an eine Handschrift erinnert. Die verarbeitete sie ausgewählte Original- sieben Blätter des Buches sind voll be- kleidungsstücke von ihnen zu Mappen- weglich, es gibt ein Titelschild, ein Lese- objekten. Die Arbeitshose des Vaters, der bändchen und ein Signaturschild. „Das Landwirt in Orth an der Donau war, Werk besteht ausschließlich aus der weist Arbeitsspuren und Ölflecken auf. Drahtschrift, als gelte ein ewiges, eher - Eva Hradils Mappen dienen nicht zur Ab- nes, inneres Gesetz, über alle Oberflächlichkeiten hinweg ‟, sagt die lage, sondern werden selbst zum Inhalt. Künstlerin über ihr Werk. Eva Hradil ist in Orth an der Donau auf - Elfriede Maria Klepoch ist Malerin, Grafikerin und Fotografin und gewachsen. Aktuell lebt und arbeitet sie fertigt seit vielen Jahren Unikatbücher und Buchobjekte, die sie ebenda und in Wien. In ihrem Œuvre befasst sie sich immer wieder international ausstellt. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Wien und mit menschlichen Beziehungen und Vernetzungen. Dürnstein. Eva Hradil: „Arbeitshosenmappe“, aus der Serie „People in me“ (2009) Elfriede Maria Klepoch: „ CODEx FERRUM “ (2018), 16 x 22 x 5 cm 63 x 30 x 3 cm, Textil, Karton, Preis: € 700,- Buchobjekt aus Eisendraht, Preis: € 650,- ANKAUFSMÖGLICHKEIT (Atelierbesuch nach Vereinbarung möglich): ANKAUFSMÖGLICHKEIT (Atelierbesuch nach Vereinbarung möglich): Atelier Eva Hradil, Leebgasse 30–32, 1100 Wien, T: 0699 / 17 776 565 Atelier Elfriede Maria Klepoch, 3601 Dürnstein 102, T: 0676 / 77 46 827 [email protected]; https://eva.hradil.info [email protected]; www.klepoch-kulturvernetzung.at

Natalia Weiss • WELTEN-LOCH Gert Linke • ROSTIGE BÜCHER „Für Jakob van Hoddis“ ist ein Unikat-Buch Gert Linkes „Bücher“-Skulptur entstand mit Tuschezeichnungen und Schrift auf im Zusammenhang mit einer Serie von einem Platten-Sammelalbum vom Floh- Arbeiten, die er 2014 für den Tullner Egon- markt. Das Buch enthält von der Künstlerin Schiele-Weg kreierte. Der Themenweg selbst verfasste Anagramme zu Jakob van führt in 13 Stationen zu Schauplätzen von Hoddis’ Gedicht „Weltende“ von 1911, in Schieles Kindheit. Linke gestaltete für dem er ein apokalyptisches Weltunter- alle Stationen Stahlskulpturen. Für das gangszenario skizziert. Der expressionis - Etappenziel „Volksschule“ schuf er die tische Literat, 1887 als Jakob Davidsohn „Schultasche“ und die „Bücher“. Vor Ort in Berlin geboren, kam 1942 im polnischen installiert wurde nur Erstere, sodass die Vernichtungslager Sobibor ums Leben. Van Hoddis ist ein Anagramm „Bücher“ nun unabhängig vom ursprüng- seines Familiennamens. lichen Kontext bestehen. Natalia Weiss, geboren 1973 in Neunkirchen, diplomierte 2001 an Gert Linke wurde 1948 in Tulln geboren und studierte bis 1973 an der Wiener Kunstschule. Ihre Arbeiten, die sich durch multimediale der Hochschule für angewandte Kunst Wien bei Hans Knesl und Vielfalt und die Verwendung eigener Texte auszeichnen, sind in Wander Bertoni Bildhauerei. Seit 1973 ist er freischaffender Künstler zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten. in Tulln. Natalia Weiss: „Für Jakob van Hoddis“ (2017), 27 x 31,5 cm Gert Linke: „Bücher“ (2014), 30 x 30 x 27 cm, Stahl, Rost Unikatbuch, 20 Zeichnungen, Tusche auf Karton, Letraset, Preis: € 3.200,- Albenbindung, Rhenalon-Einband, Preis: auf Anfrage ANKAUFSMÖGLICHKEIT (Atelierbesuch nach Vereinbarung möglich): ANKAUFSMÖGLICHKEIT (Atelierbesuch nach Vereinbarung möglich): Atelier Gert Linke, Rudolf-Buchinger-Straße 9, 3430 Tulln an der Donau Atelier Natalia Weiss, Neustiftgasse 114, 1070 Wien T: 0660 / 40 40 199, [email protected] [email protected]; www.natalia-weiss.at

www.kulturvernetzung.at kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020 Service 19

LEISTUNGEN DER KULTURVERNETZUNG NÖ Unsere Serviceangebote und Beratungsleistungen sind kostenlos oder zu beson ders günstigen Konditionen erhältlich. Bei Nutzung unserer Angebote kann eine Mitglied- schaft einen Gegenwert von an die 2.000 Euro haben. Unsere Beratungsleistungen stehen aber auch Nicht-Mitgliedern offen. Alle Leistungen unter www.kulturvernetzung.at Aktuelle Mitgliederzahl: 1.930 Corona und die Folgen Online-Ticketing Die Folgen der Covid-19-Pandemie werfen zahlreiche Fragen für Eintrittskarten werden in immer größerem Ausmaß online gekauft. Veranstalter sowie Künstlerinnen und Künstler auf. Wenn Sie in Wir bieten unseren Mitgliedern einen sehr kostengünstigen und diesem Zusammenhang Fragen, Schwierigkeiten, Sorgen haben: einfachen Einstieg in diese zukunftsweisende Technologie. Dabei Nehmen Sie Kontakt mit uns auf und reden Sie mit uns – unabhängig arbeiten wir mit einem regionalen Partner zusammen. davon, ob Sie Kulturvernetzungsmitglied sind oder nicht. Wir hel - fen. Unser Beratungsteam agiert dabei in enger Abstimmung mit Unterstützung bei Crowdfunding der Abteilung Kunst und Kultur des Landes NÖ. Die Kontakte zu Crowdfunding ist eine Sonderform des Sponsorings. Was das den Regionalbüros der Kulturvernetzung finden Sie unter genau ist und wie es funktioniert, erfahren Sie bei uns. Wir helfen www.kulturvernetzung.at Ihnen bei der Planung Ihrer Crowdfunding-Kampagne. In den letzten drei Jahren haben 33 Mitglieder erfolgreiche Kampagnen umgesetzt Leistungen für Mitglieder und dabei im Schnitt rund 10.000 Euro erwirtschaftet. AKM-Ermäßigung: Einsparung zwischen Leistungen auch für Nicht-Mitglieder 15 und 40 Prozent Dank eines Rahmenvertrages mit der AKM können wir unseren Beratung für Kunst- und Kulturprojekte Mitgliedern eine deutliche Reduzierung der AKM-Abgabe anbieten. Seit mehr als 20 Jahren ist die Beratungstätigkeit für Kunst- und Die Einsparung liegt je nach Art der Veranstaltung zwischen 15 und Kulturprojekte unsere Kernkompetenz. Dabei pflegen wir einen freien 40 Prozent; eine Mitgliedschaft bei der Kulturvernetzung NÖ „rechnet“ Zugang und denken nicht in Sparten oder Gruppen. Wir stehen für sich also bereits ab ein bis zwei Veranstaltungen im Jahr. Die Abwick- alle Personen, Organisationen und Körperschaften als Ansprech- lung erfolgt direkt mit der AKM. partner zur Verfügung, die Aktivitäten im Bereich Kunst und Kultur setzen wollen und dabei Service, Informationen oder Hilfe suchen. Buchhaltungsprogramm Wir haben ein Buchhaltungsprogramm für Vereine und EPUs ent - Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wickelt und stellen es unseren Mitgliedern kostenlos zur Verfügung. Wir unterstützen Sie bei der Anwendung der DSGVO in Ihrem Die Vorteile: Sie können es vollständig an Ihre individuellen Bedürf- Bereich mit einer informativen und gut verständlichen Aufbereitung nisse anpassen, Kalkulationen anlegen, spezielle Auswertungen des Themas auf unserer Website. Für weiterführende Fragen stehen pro- grammieren, und das Beste: Mit der letzten Buchungszeile ist wir auch gerne persönlich zur Verfügung. die Abrechnung fertig und muss nur mehr abgerufen werden!

KULTURVERNETZUNGSTERMINE TITELBILD

Viertelfestival NÖ – Mostviertel 2021/Weinviertel 2022 Unser Titelbild zeigt ein sprudelndes Kunstwerk von Iris Das Viertelfestival NÖ, das 2020 unter dem Motto „Bodenkontakt“ Andraschek. Der „Badebrunnen“ in Loosdorf, 2006 installiert, im Mostviertel stattgefunden hätte, wurde um ein Jahr verschoben, liegt unterhalb des Schlosses mitten im Dorf. Das frei zugängliche startet nun am 14. Mai 2021 und läuft bis 15. August. „Badezimmer“ mutiert jeden Sommer zum Wasser spendenden Für die derzeit laufende Einreichphase für das Viertelfestival NÖ Brunnen und nimmt die historische Verknüpfung von Quelle, Weinviertel 2022 bedeutet das: Bereits konzipierte Projekte können Brunnen und Bad auf. weiterhin online eingereicht und verändert werden. Alle bisherigen Projekteinreichungen wie auch das Festivalmotto „Weitwinkel“ be- halten ihre Gültigkeit. Die Einreichfrist für das Viertelfestival 2022 wird bis 7. Juni 2021 verlängert. www.viertelfestival-noe.at NÖ Tage der offenen Ateliers 2020 Machen auch Sie mit, wenn wieder hunderte Künstlerinnen und ERRATUM Künstler in ganz Niederösterreich an einem Wochenende ihre In der letzten Ausgabe des kunstSTOFF (Nr. 30/Dezember 2019) Ateliers öffnen: 17. und 18. Oktober 2020, Anmeldung bis Ende sind kurz vor Drucklegung Fotos und Texte der kunstfundstücke Juni 2020. www.tagederoffenenateliers.at durcheinandergeraten. Wir bedauern das außerordentlich und Come on – Jugendkulturförderung 2020 bitten um Entschuldigung! In der Online-Ausgabe des kunstSTOFF (https://www.kulturvernetzung.at/epaper/epaperline/epaper/ Du bestimmst, was Kultur ist! Die nächsten Einreichtermine für dein Kunststoff_30_low_neu/index.html) sind Texte und Kunstwerke Projekt findest du unter: www.come-on.at korrekt zugeordnet. www.kulturvernetzung.at Auch abrufbar unter www.kulturvernetzung.at/Kulturinteressierte

www.kulturvernetzung.at 20 Das Letzte kunstStoff Nr. 31 / Juni 2020

DAS DOPPELBILD-RÄTSEL MIT GEWINNSPIEL

Unser Trainingslager für Auge und Geist: Wir haben im rechten Bild fünf Fehler versteckt. Wer sie findet, hat sein Tagespensum an geistiger Arbeit hinter sich gebracht und darf sich freuen. Wer aber weiß, bei welcher Theatergruppe einer der Gründer von „Fahrradfilet“ früher mitgewirkt hat und auf welcher Seite sich der Hinweis darauf in diesem kunstSTOFF verbirgt, kann an unserem Gewinnspiel teilnehmen. Aus den Antworten, die bis 31. Juli 2020 unter „Gewinnspiel“ an [email protected] oder postalisch an den kunstSTOFF (Adresse siehe unten) eintreffen, ziehen wir drei Gewinner, die sich aus den in dieser Ausgabe vorgestellten Buch- und CD-Tipps ihren Lieblingspreis aussuchen dürfen. Die Gewinner werden von uns schriftlich verständigt.

DER kunstSTOFF CARTOON VON LEOPOLD MAURER

IMPRESSUM Medieninhaber: Kulturvernetzung Niederösterreich, Wiedenstraße 2, 2130 Mistelbach, T: 02572 / 20 250, F: DW-525, [email protected], www.kulturvernetzung.at Herausgeber und Chefredakteure: Josef Schick, Harald Knabl. Konzeption und Redaktion: www.content-event.at (Martina Montecuccoli, Beate Scholz), Harald Knabl, Andreas Kuba. Redaktionelle Beratung: Thomas Weber. Redaktionsassistenz: Astrid Jony. Lektorat: Elisabeth Lexer. Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe: Andreas Kuba, Isabella Marboe, Martina Montecuccoli, Sandra Schäfer, Josef Schick, Mario Schlembach, Ernst Schmiederer, Beate Scholz, Manuel Simbürger, Erwin Uhrmann, Thomas Weber. Cartoon: Leopold Maurer. Grafik: HartlGobl Grafik, Gmünd. Druck: Alexander Berger, Gmünd. Erscheinungsort: Mistelbach, Verlagspostamt: 2130 Mistelbach. kunstSTOFF erscheint zwei bis dreimal jährlich. Auflage: 8.500 Stück. Fotorechte: Iris Andraschek (S. 1/S. 20), Martina Jandl (S. 2), Moussa Kone, Ilse Reitner, Iris Andraschek & Hubert Lobnig/Bildrecht (S. 2–3), Daniela Klemencic (S. 4–7), Thomas Weber, Michael Mickl (S. 8), Reinhard Sandhofer, Martina Sanz (S. 9), Vilma Pflaum (S. 10), Gerfried Hinteregger (S. 11), Privatarchiv Lichtl, Verein film. kunst.kino (S. 13), Isabella Marboe, Fahrradfilet (S. 14–15), Steiner & Co. (S. 16), Roland Krauss, Natalia Weiss/Bildrecht, Elfriede Maria Klepoch, Gert Linke (S. 18).

Blattlinie: kunstSTOFF berichtet von Kunst und Kultur und den Menschen, die in diesem Feld aktiv sind. Dabei wird ein Kunstbegriff gepflegt, der im täglichen Leben der Menschen verankert ist. Teil dieses Selbstverständnisses ist ein vernetzter Ansatz, der Kunst und Kultur nicht nur solitär für sich betrachtet, sondern in Beziehung setzt zu Geschichte, Wirtschaft, Region, Tourismus und anderem. Es ist unsere Überzeugung, dass Kunst und Kultur zu den wichtigen gesellschaftlichen Fragen Stellung beziehen müssen, um relevant zu sein und zu bleiben. Wir verwenden im Sinn leichter Lesbarkeit überwiegend die männliche Form. Wir ersuchen darum, sie als geschlechtsneutral zu werten.

So erreichen Sie uns: kunstSTOFF, Wiedenstraße 2, 2130 Mistelbach, T: 0257 2/ 20 250, [email protected], www.kulturvernetzung.at Ein Projekt der Kulturvernetzung Niederösterreich.