Natur erleben im Landkreis Teil II wenn die erhobenen finger der grashalme sich flüsternd guten morgen wünschen erwacht der schmetterling auf meiner stirn und weckt mich mit einem Traum

Günter Ullmann † Natur erleben im Landkreis Greiz

II. Teil Liebe Leserin, lieber Leser, nachdem im Jahre 1996 erstmals die Broschüre „Natur erleben im Landkreis Greiz“ erschien und sowohl bei der Bevölkerung als auch bei den Besuchern großen An- klang fand, wurde bereits ein Jahr später ein zweiter Teil unter dem gleichnamigen Titel herausgegeben, zumal wir diesbezüglich noch einiges Erlebenswertes auf Lager hatten. Die hohe Nachfrage der Broschüren führte dazu, dass Nachauflagen erforder- lich wurden. Für die längst überfällige Nachauflage des zweiten Teils konnten wir das Regionalmanagement Ostthüringen gewinnen, das dankenswerterweise für finanzielle Unterstützung sorgte. Bei der Überarbeitung haben wir die Grundzüge der inhaltlichen Strukturierung im We- sentlichen beibehalten; gleichwohl einiges zu aktualisieren und zu ergänzen war. Vor allem in der Wismutregion sind ja seit den 1990ern ganze Landschaften neu entstan- den, die es zu beschreiben galt. Oder durch ein neues gigantisches Brückenbauwerk musste die Wanderroute im Brahmetal völlig umgestellt werden. Die kleinen Wander- skizzen wurden durch professionellere Karten ersetzt und die meisten Fotos gemäß dem Zeitalter der digitalen Fotografie qualitativ verbessert. Ein Novum ist die Aufnah- me von Hinweisen zum Geocaching – ein Wanderhobby auf der Suche nach verborge- nen „Schätzen“, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Die räumliche Nähe zur Stadt sowie zum benachbarten Freistaat Sachsen wur- de ebenfalls bei den Wandertouren gebührend berücksichtigt. Natur kennt eben keine Grenzen. Insgesamt sind 8 Ausflugsziele beschrieben, so dass zusammen mit dem ersten Teil nunmehr 17 Naturerlebnisgebiete zur Auswahl stehen. Ihre grobe Lage ist in der Übersichtskarte der Heftmitte dargestellt. An manchen Textstellen werden auch kritische Töne laut, sollen sie doch den Leser auf die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft und auf die damit verbundenen Prob- leme des Natur- und Artenschutzes aufmerksam machen. Wir wollen Sie aber auch ermutigen, sich selbst für die Erhaltung einer intakten Natur- und Kulturlandschaft ein- zusetzen. Und wir hoffen natürlich, dass wir Ihnen auch mit der überarbeiteten Auflage des zweiten Teils viele Anregungen für Naturerlebnisse in unserem Landkreis geben konnten und wünschen Ihnen auf Ihren Erlebnistouren viel Erfolg.

4 Inhaltsverzeichnis

10. Brahmetal 6 11. Wismutregion bei Ronneburg 12 12. Hegebachtal und Umgebung ...... 20 13. Mittleres Aumatal zwischen Auma und Wiebelsdorf ...... 27 14. Oberland bei Hohndorf ...... 35 15. Oberes Weidatal ...... 42 16. Oberland zwischen Bernsgrün und Syrau 50 17. Steinicht ...... 56

Für die fachlichen Hinweise möchten wir uns herzlich bedanken bei Herrn Ulli Bütt- ner (Theuma). Weiterhin bedanken wir uns für die gute Zusammenarbeit mit TISCHENDORF :: DIE MEDIENPARTNER (Greiz) sowie bei Herrn Reiner Kunze (Er- lau) und dem Fischerverlag (Frankfurt/Main) – Reiner Kunze, Meditieren. Aus ders., Gespräch mit der Amsel, CS. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1984

Impressum 2012

Herausgeber: Landratsamt Greiz, Amt für Umwelt, Untere Naturschutzbehörde Redaktionskollegium: Dr. Karli Coburger, Dr. Hartmut Sänger, Andreas Martius, Manfred Kolbe, Frank Leo, André Oehler Das Korrekturlesen übernahm dankenswerterweise Frau Bettina Fritsch. Fotos: Seite 4: André Oehler Seiten 14–15: Wismut GmbH Chemnitz Seite 15 unten: Dr. Sänger alle übrigen Fotos www.fokus-natur.de (Frank Leo und Torsten Pröhl) Karten: GeoBasisDE/TLVermGeo 02/2012 Satz & Druck: TISCHENDORF :: DIE MEDIENPARTNER, Greiz

2. überarbeitete und aktualisierte Auflage 5 10. Brahmetal Naturrelikt inmitten der Agrarlandschaft

Das Gebiet kennenlernen Das gesamte Brahmetal ist eine vielfäl- Die „Brahme“ ist ein kleiner östlicher tig strukturierte Landschaft mit über- Nebenfluss der Weißen Elster, der in Be- wiegend landwirtschaftlicher Nutzung, thenhausen seine Haupt- und bei Caa- da die Böden sehr fruchtbar sind. Das sen eine Nebenquelle hat, durch Brahme- Altenburger Lößgebiet erreicht hier sei- nau und Zschippach fließt und schließ- ne westliche Grenze. Getreide-, Raps- lich nördlich von Gera-Tinz in die Weiße und zunehmend mehr Maisfelder sowie Elster mündet. Das eigentliche Brahmetal Wiesen reichen vor allem zwischen der ist relativ schmal in eine wellige Hochebe- Türkenmühle (östlich von Dorna) und ne eingetieft. Hinsichtlich Geologie und Zschippach bis an die Brahme. Stellen- Oberflächengestalt bildet das Brahmege- weise zeugen noch alte Kopfweiden- biet den Übergang zwischen der Saale- bestände vom einstigen Aussehen der Sandstein-Platte und dem ostthüringisch- Brahmeaue, die heute jedoch zumeist vogtländischen Schiefergebirge. durch Eschen verdrängt werden – ein Der Name leitete sich mundartlich von Zeichen aufgelassener historischer Nut- „Brohme“, der alten Bezeichnung für die zung. Wo die Feld- und Wiesennut- Brombeere, ab und wurde im Laufe der zung nicht bis an das Ufer heranreicht, Jahrhunderte zur „Brahme“ gewandelt. ist stellenweise ein bis zu 10 m breiter Alte Aufzeichnungen aus der Mitte des Gehölz- und Hochstaudengürtel ausge- 19. Jahrhunderts berichten von ausge- bildet. Dieses auffallende „grüne Band“ dehnten Brom- und Himbeerbeständen ist von einigen Aussichtspunkten links entlang des Flüsschens. Der Ortsname und rechts des Tals gut zu überschauen. „“ hingegen ist eine Namens- Auch entlang der Zuflüsse zur Brahme neuschöpfung infolge einer Zusammen- und der im Gebiet vorhandenen Seiten- legung der Dörfer Culm, Groitschen täler stocken Laubgehölze in gemisch- (früher „Groitzschen“) und Waaswitz zu ter Artenzusammensetzung. Ein größe- einem Ort. res zusammenhängendes Laubwaldareal 6 (vor allem Eichen) findet sich aber nur sind von hohem ökologischen und land- im sogenannten Negistal zwischen den schaftsästhetischen Wert. Meist han- Ortschaften Negis, Cretzschwitz, Wüs- delt es sich um Silber- und Korbweiden, tenhain und Dorna, also schon im Grenz- die durch regelmäßiges Schneiteln in gebiet zwischen dem Landkreis Greiz etwa 2 m Höhe ihre typische kopfartige und der Stadt Gera. Form erhalten. Bei älteren Exemplaren bilden sich großvolumige, teilweise mit Erlebnis Natur Mulm gefüllte Hohlräume, weshalb dick- Wir wollen uns in diesem Gebiet vor al- stämmige Kopfweiden zu den insekten- lem den Besonderheiten der Agrarland- reichsten Pflanzen zählen. Über 100 Kä- schaft zuwenden. In diesem Lebens- ferarten sind auf Weiden angewiesen wie raumsystem haben sich, bedingt durch z. B. Weber- und Moschusbock sowie die jahrhundertelange, traditionelle land- der Eremit. Die Hohlräume sind auch ein wirtschaftliche Nutzung, ganz bestimmte bedeutender Brutplatz für höhlenbrüten- Kulturlandschaftselemente und Biotop- de Vögel, Wendehals, Gartenrotschwanz typen herausgebildet. Daher kommen und Grauschnäpper seien beispielhaft hier andere Tier- und Pflanzenarten vor genannt. als beispielsweise im Ökosystem Wald. Das Brahmetal und die nordöstlich gele- Charakteristische Offenlandbiotope sind genen obstbaumreichen Dörfer gehören z. B. Hecken, kleine Feldgehölze, Streu- zu den letzten (!) Brutgebieten des Stein- obstwiesen, Hohlwege, Feld- und Wie- kauzes in Thüringen. Dem Aussterben senraine, Grünland- und Ackerbrachen dieser früher vielerorts häufigen Klein- sowie Einzelbäume und Baumgruppen. eulenart kann nur durch die Erhaltung Die einst zahlreich vorhandenen Weiher höhlenreicher Streuobstwiesen und al- und kleinen Teiche wurden zumeist nach ter Kopfweiden bei Erhaltung von ex- der Nutzungsaufgabe verfüllt, so dass tensiv genutztem Grünland entgegenge- dieses landschaftstypische Element heu- wirkt werden. Seit 2007 wird durch den te weitestgehend fehlt. Die im Brahmetal Naturschutzbund Deutschland (NABU) recht häufig anzutreffenden Kopfbäume ein spezielles Artenschutzprogramm für

Dohle

7 Aronstab Frühblüher den Steinkauz umgesetzt, welches u. a. Geophyten in dem Waldgebiet zwischen in Brahmenau-Groitschen einen Schwer- Zschippach und (siehe Wan- punkt hat. derungsbeschreibung) zu erkunden. Das südlich von Zschippach gelege- Es handelt sich hier um einen auwald- ne Flächennaturdenkmal (FND) „Kalk- ähnlichen Laubmischwald mit einer gut bruch Zschippach – Plantage“ mit alten entwickelten Bodenflora. Hier liegt auch Streuobstbeständen führt uns einen Le- ein weiteres FND, der „Zechsteinauf- bensraum vor Augen, der beispielswei- schluß Lutschetal“. Die Zechsteinklippen se für den Steinkauz geeignet wäre. Der bei Schwaara besitzen naturgeschicht- besondere Wert des Gebietes liegt je- lich eine herausragende Bedeutung. Im doch in seiner artenreichen Bodenflora Zuge des Trassenbaus der ehemaligen mit Hoher und Echter Schlüsselblume, Kleinbahn wurde hier eine bedeutende Maiglöckchen, Lungenkraut, Großem Brachiopoden-Fundstätte (Brachiopo- Zweiblatt und Braunroter Sitter (beides den: Armfüßer) der Zechsteinzeit (vor Orchideen), Karthäuser-Nelke sowie an etwa 250 Mio. Jahren) aufgeschlossen. trockenen Standorten die Knäul-Glo- Zahlreiche Erstbeschreibungen von welt- ckenblume. In unmittelbarer Nachbar- weiter Beachtung der Fossilien dieses schaft liegt ein weiteres FND, der „Büh- Abschnitts der Erdgeschichte (Perm) regrund“. Auch hier ist die Bodenflora basieren auf Funden aus Schwaara und reich an Frühjahrsgeophyten (Pflanzen Trebnitz. Geologisch interessierten Na- mit unterirdischen Speicherorganen turfreunden empfehlen wir einen zwei- für den Neuaustrieb im Frühling). Dazu ten, sehr eindrucksvollen Aufschluss von gehören z. B. Aronstab, Hohler Ler- Zechsteinkalk über gefalteten Kulmschie- chensporn, Buschwindröschen, Schar- fer am Fuße des Kirchbergs in Schwaara bockskraut und Waldgoldstern. Da der zu besichtigen. Bühregrund nur schwer zugänglich ist, Bei unserer Wandertour sollten wir aber empfehlen wir, den Frühjahrsaspekt der auch den Pflanzen am Wegesrand beson- 8 Brahmetal dere Aufmerksamkeit widmen. Denn viele man schon die Kirche von Zschippach. Arten mussten der intensiven landwirt- Wir folgen diesem Weg, bis wir am süd- schaftlichen Nutzung weichen und sich lichen Ortsausgang von Zschippach wie- in Ersatzlebensräume wie z. B. Feld- und der zur Brahme gelangen. Hier besteht Hohlwege oder an Heckensäume zurück- die Möglichkeit, die bereits beschriebe- ziehen. So können wir im Sommer, aber nen Flächennaturdenkmale aufzusuchen auch noch im Frühherbst hier u. a. folgen- (bitte auf den Wegen bleiben!). de Arten finden: Ackerwitwenblume, Wie- sen-Flockenblume, Dornige Hauhechel, Seidelbast Ackerkratzdistel, Wegwarte und Rainfarn. Bedeutsam ist das Vorkommen teils sel- tener Amphibienarten wie die hochgradig gefährdete Wechselkröte, die Knoblauch- kröte sowie der Laubfrosch. Und nachts nutzt der Fischotter die Brahme als Wan- derweg und Nahrungsquelle.

Durch Feld und Flur im Brahmetal Direkt an der in der Ortsmitte von Brah- menau gelegenen Bushaltestelle zweigt nach Süden ein Weg ab, der zu einer kleinen Brücke über die Brahme führt. Dieser Weg ist der Bahndamm der eins- tigen Kleinbahn. In der beweideten Au- wiese steht eine sehr schöne Hute-Linde mit zahlreichen Stockausschlägen aus dem Stammfuß. Im Hintergrund erkennt 9 Europäischer Laubfrosch

Ansonsten verlassen wir zunächst die mal kann hier auch die Dorfkirche St. Ur- Brahme und begeben uns auf den Wan- sula besichtigt werden (Anmeldung über derweg in das Lutschetal nach Schwaa- den Bürgermeister, 0365/4207010). Von ra (der ehemaligen Kleinbahnstrecke der Kirche müssen wir auf den Wander- folgend). Hier durchwandern wir einen weg zurückkehren bis zum – im spitzen schönen Laubmischwald mit einer be- Winkel vom Kleinbahndamm abzweigen- sonders im Frühjahr reichen Bodenflo- den – asphaltierten landwirtschaftlichen ra und kommen an einem bedeutenden Weg nach Dorna (Richtung Westen). Auf Zechsteinaufschluss (siehe oben) vorbei. der Höhe des Steinberges hat man einen Auf der westlichen Seite des Lutschetals herrlichen Ausblick in das Brahmetal und sind in einer Streuobstwiese uralte Obst- auf die gegenüberliegenden, reich struk- bäume, in denen der Eremit vorkommt, turierten Hänge. Dem landwirtschaftli- zu sehen. In Schwaara sollte man sich chen Weg folgend überqueren wir die den besagten Kirchberg nicht entgehen Umgehungsstraße und biegen nach der lassen. Neben dem geologischen Denk- Brücke rechts auf den hier noch erhal- tenen alten Kirchweg nach Dorna ab. In Eremit oder Juchtenkäfer Dorna lohnt ein Besuch der kulturge- schichtlich bedeutenden Kirche St. Petri, die auch ein Beispiel für die gelungene Verbindung von Denkmal- und Natur- schutz ist, wurden doch hier zahlreiche Quartiere für Fledermäuse, Turmfalken, Schleiereulen, Mauersegler und Doh- len eingebaut (Besichtigung bei Frau Scholz, 03 65 / 4 20 89 70, erfragen). An der Brahme angelangt, bleiben wir auf der südlichen Bachseite und wandern auf dem uralten Verbindungsweg ent- 10 N Wüstenhain

Brahmenau

Dorna Zschippach

Türkenmühle Fuchsmühle

Schwaara

lang der herrlich mäandernden Brahme tung erkennen wir den Söllmnitzer Stau- in Richtung Zschippach. Mit etwas Glück see. Unsere Wanderung führt nun nach gelingt eine Beobachtung des hier hei- rechts in einen Hohlweg mit alten Obst- mischen Eisvogels. In Zschippach über- und Hutebäumen. Dieser Weg führt nach queren wir bei der Zoitzmühle die Brah- Brahmenau-Culm und dort über den als me und folgen der westlich an der Kirche Wanderweg ausgewiesenen Kleinbahn- vorbeiführenden Dorfstraße hinauf in das damm zurück an den Ausgangspunkt Zschippacher Oberdorf („Tischerdorf“) der Wanderung. Werktags besteht eine nach Norden. An der auf einer Bergkup- kleine Einkehrmöglichkeit im Café „Er- pe liegenden Feldwegkreuzung hat man lers Backstube“, ca. 200 m östlich direkt nochmals einen schönen Ausblick auf an der Dorfstraße gelegen. das Brahmetal. In nordöstlicher Rich- 11 11. Wismutregion bei Ronneburg Vom Bergbaugebiet zur Erholungslandschaft

Das Gebiet kennenlernen baus (1990) sichtbaren großflächigen Inmitten der ostthüringischen Land- Landschaftsschäden sind heute beseitigt schaft, vor den Toren der Stadt Gera und nur noch anhand historischer Da- gelegen, finden wir östlich in einer fla- ten und Fotos nachvollziehbar. Zur EXPO chen Talmulde den Ort Ronneburg. Die 2000 (Hannover), an der sich die Wismut Stadt mit ihren 5.048 Einwohnern (Ende GmbH mit dem Projekt „Revitalisierung des Jahres 2011) ist von sanften Höhen der Uranerzbergbaufolgelandschaft Ost- umgeben. In Richtung Gera wird die re- thüringen“ beteiligte, waren wesentliche lativ ebene Oberflächengestalt durch Sofortmaßnahmen zur Abwendung von das Gessental unterbrochen, gleich- Gefahren durch Radioaktivität bereits ab- namig mit dem zur Weißen Elster hin geschlossen. Die Verfüllung des riesigen fließenden Gessenbach. Nach der na- Uranerztagebaus Lichtenberg (südlich turräumlichen Gliederung Thüringens von Ronneburg) durch Umlagerung von gehört das Gebiet zum „Ronneburger Haldenmaterial mit der größten Kipper- Acker- und Bergbaugebiet“. Diese Be- flotte Europas versetzte im wahrsten Sin- zeichnung ist sehr zutreffend, haben wir ne des Wortes Berge. Auch Ronneburgs es doch hier überwiegend mit landwirt- „Wahrzeichen“, die Spitzkegelhalden schaftlichen Nutzflächen und bergbau- Reust und , sind inzwischen lich beanspruchten Flächen zu tun. Die verschwunden. jahrzehntelange Gewinnung von Uran in der Region um Ronneburg und See- Auf ehemaligen WISMUT-Betriebsflä- lingstädt hat neben den bekannten Be- chen wurden Wälder aufgeforstet, die Be- lastungen der Umweltmedien Wasser, standteil großflächig angelegter regiona- Luft und Boden insbesondere auch zu ler Grünzüge sind. Im Jahr 2007 brachte erheblichen Veränderungen der histo- die Bundesgartenschau Gera-Ronneburg risch gewachsenen Kulturlandschaft ge- diese Region erneut ins Blickfeld der Öf- führt. Die noch bis zum Ende des Berg- fentlichkeit. Heute bestimmen sanier- 12 Steinkauz te ehemalige Bergbauflächen das neue rischen Kulturlandschaft (Gessental) auf Landschaftsbild und fügen sich mit Of- die zurückkehrende Natur im Bereich der fenlandstrukturen und heranwachsenden sanierten Bergbaufolgeflächen. Wäldern wieder in die vertraute Umge- bung ein. Wo einst der Uranerztagebau Erlebnis Natur – Wanderung in der Lichtenberg lag und sich die Ortschaften „Neuen Landschaft“ Schmirchau, Lichtenberg und Gessen be- Unsere Rundwanderung beginnt am fanden, erhebt sich nun, mit 373 m üNN Parkplatz „Neue Landschaft“ Ronneburg weithin sichtbar, die „Schmirchauer (zwischen Ronneburg und Grobsdorf Höhe“ in der „Neuen Landschaft“ Ron- gelegen). Hier betreten wir das Wander- neburg. Auf der hier vorgestellten Rund- gebiet und folgen dem Weg in Richtung wanderung erleben wir den Imagewan- Ronneburger Balkon/Drachenschwanz. del im ehemaligen Bergbaugebiet sehr Wir gehen am Abzweig zur Drachen- intensiv und treffen inmitten einer histo- schwanzbrücke vorbei und erreichen

Zauneidechse Blauflügelige Ödlandschrecke

13 Der Tagebau Lichtenberg zum Ende der Gewinnungsarbeiten Quelle: Archiv Wismut 1.4.1991

Das Bergbaugebiet um Ronneburg zum Ende der Gewinnungsarbeiten mit Blick über den Tagebau Lichtenberg zu den Spitzkegelhalden Reust Quelle: Archiv Wismut 1991 14 Blick auf den neu entstehenden Aufschüttkörper Lichtenberg mit vorgelagerter Kernzo- ne der „Neuen Landschaft Ronneburg“, in der 2007 die Bundesgartenschau stattfand Quelle: Archiv Wismut 26.5.2005

Auf der Schmirchauer Höhe Quelle: Sänger 8.8.2012

15 Steinschmätzer nach 350 m links am Weg die Auswilde- über Treppen hinab ins Gessental. Dabei rungsstation für Steinkäuze des NABU. durchqueren wir einen kleinen Weinberg Noch in den 1950er bis 70er Jahren ge- und erreichen alsbald – als erstes Fließ- hörte der Steinkauz in der Region um Al- gewässer im Gessental – den renaturierten tenburg und Gera zum Vogelbestand fast Badergraben (im Tagebau Lichtenberg hat- jeden Dorfes. Schon zur Jahrtausend- te er die Funktion einer umverlegten Vor- wende war der Steinkauz u. a. als Folge flut). Bis in den Spätsommer blühen hier u. großflächiger Landschaftsveränderung- a. schöne Bestände der Arten Blut-Weide- en in gesamt Ostdeutschland fast aus- rich, Echtes Seifenkraut, Sumpf-Kratzdistel gestorben. Aktuell gibt es in der Region und Kleinblütiges Weidenröschen. um Ronneburg nur noch wenige Einzel- Im Gessental halten wir uns rechts und vorkommen. Um die Restpopulation des folgen dem gut ausgebauten Rad- und Steinkauzes zu stützen, werden in der Wanderweg weiter in Richtung Gera. Die Zuchtanlage Ronneburg und in weiteren Landschaft ist hier weiträumig und wird Zuchtstationen des NABU sowie in Tier- an vielen Stellen von buntblühenden Ru- gärten Steinkäuze gezüchtet. deralgesellschaften und ruderalisierten Rechts am Weg treffen wir hier schon Rainfarn-Glatthafer-Wiesen dominiert. auf die ersten Halbtrocken- und Ma- Vorbei an der Teufelskanzel erreichen gerrasen, die zu den charakteristischen wir den Tabaksberg. Beide Höhenrücken Biotopen im Gessental zählen. Typische sind mit schönen alten Eichenmischwäl- Pflanzenarten sind hier z. B. Echtes Lab- dern trockenwarmer Standorte bestockt, kraut, Hasen-Klee, Kleines Habichts- die auch in Thüringen zu den geschütz- kraut, Wiesen-Flockenblume und Wie- ten und gefährdeten Biotoptypen gehö- sen-Salbei. Zauneidechsen kommen hier ren. Floristisch charakterisiert sind die- zahlreich vor. se Wälder u. a. durch die Vorkommen Vorbei an einem kleinen Picknickplatz, von Berg-Johanniskraut, Echtem Eh- der von einer Hainbuchenhecke umge- renpreis, Gelbem Fingerhut, Nickendem ben ist, führt uns der Weg am Kirschberg Leimkraut, Schmalblättriger Hainsimse 16 Heidelerche und Wald-Labkraut. An den Waldrän- wir diese Straße nach links abbiegend dern setzen in der Strauchschicht Arten (Orientierung: Verkehrsschild „Verbot wie Europäisches Pfaffenhütchen und für Fahrzeuge aller Art“) und gehen jetzt Rote Heckenkirsche durch ihre Blüten auf dem alten Bahndamm weiter. Nach und Früchte farbige Akzente. Zu den ty- ca. 500 m geht rechts ein kleiner Weg zur pischen Brutvogelarten zählen hier z. B. Aufstandsfläche der ehemaligen Gessen- Buchfink, Buntspecht, Kleinspecht, Rin- halde ab. Dieser Abzweig ist leider vor geltaube, Singdrossel und Zilpzalp. Ort noch nicht ausgeschildert, aber trotz- Östlich des Tabaksberges liegen am dem gut zu finden. Hier lohnt sich auf je- Hang weit ausgedehnte Halbtrockenra- den Fall der kurze Abstecher zu diesem sen. Hier kommen u. a. Acker-Witwen- einzigartigen Renaturierungsgebiet. blume, Feld-Klee, Kleiner Odermennig, Knack-Erdbeere, Rundblättrige Glocken- Während der aktiven Zeit des Uranerz- blume, Silber-Fingerkraut, Skabiosen- bergbaus wurde auf der Gessenhal- Flockenblume, Wirbeldost und Zypres- de von 1970 bis 1990 das Uran durch sen-Wolfsmilch vor. In der Artengruppe Haldenlaugung gewonnen. Dieses Ge- Heuschrecken sind für das Gessental die winnungsverfahren führte durch die Vorkommen von Feldgrille und Gemeiner schwefelsaure Laugung zu einer enor- Plumpschrecke bemerkenswert. men Umweltbelastung. Folgerichtig wur- Links des Weges können wir uns an de nach Ende des Uranerzbergbaus die der von der Wismut GmbH betriebenen ehemalige Laugungshalde Gessen als Pumpstation Gessental über Stand und eine der ersten Halden in das Tagebau- Ausblick der Flutung des Grubengebäu- tiefste des Tagebaus Lichtenberg um- des Ronneburg informieren. Wir errei- gelagert. Die Sanierung der Gessenhal- chen gleich danach die nach de wurde mit einer Bodenandeckung im führende Kreisstraße K 115 und folgen Februar 2001 durch die Wismut GmbH dieser nach links über den Gessenbach abgeschlossen. Von der Bundesrepu- leicht bergan ca. 250 m. Dann verlassen blik Deutschland wurden in den Folge- 17 Pracht-Nelke jahren auf insgesamt rund 40 ha der „Lichtenberger Kanten“ eine Kreuzung, Gessenhalde Kompensationsmaßnah- an der wir zur Schmirchauer Höhe abbie- men durchgeführt, um damit Eingriffe gen können. Der nun folgende Teil des in Natur und Landschaft, die durch den Wanderweges ist nur von April bis No- Autobahnausbau verursacht wurden, zu vember offen. In den Monaten Dezem- kompensieren. Neben der Schaffung ber bis März nutzt man stattdessen den neuer Biotope (Streuobst, Hecken, Wald, ganzjährig offenen Wanderweg, der wei- Gewässer) wurde auf den Erhalt und die ter auf den Lichtenberger Kanten entlang Freihaltung vorhandener Offenlandbio- bis zum Entdeckerturm auf dem Ronne- tope als Rückzugsraum für die im Berg- burger Balkon führt. baugebiet vorkommenden Ödland- und Sandschrecken Wert gelegt. Der dadurch Wir folgen dem sich steil bergan schlän- in das Gessental integrierte Biotopkom- gelnden Pfad gemäß der Ausschilderung plex trägt zum Fortbestand, zur langfris- „Schmirchauer Höhe“. Bis zum Errei- tigen Sicherung und Wiederansiedlung chen des höchsten Punktes am 2012 von gefährdeten Tier- und Pflanzenarten eingeweihten Geleucht genießt man im- der offenen und halboffenen Landschaf- mer wieder schöne Aus- und Einblicke ten bei. Erste Brutnachweise (2006) des in das Gessental und die verschiede- Schwarzkehlchens und der Heidelerche nen Teilbereiche des Aufschüttkörpers bestätigten bereits sehr frühzeitig den Lichtenberg. Inzwischen wurden hier Erfolg dieser Maßnahmen. Inzwischen (Stand 2011) 265 Arten Farn- und Blü- haben sich hier weitere bemerkenswerte tenpflanzen in 15 Pflanzengesellschaften Arten wie Laubfrosch, Wiesenpieper und nachgewiesen, die zwischen den reich Zwergtaucher angesiedelt. strukturierten Aufforstungen mit Wald- Zurück auf dem ursprünglichen Wan- randgestaltung den Aufschüttkörper be- derweg folgen wir diesem weiter in öst- grünen. Davon wurden 52 Arten durch liche Richtung und erreichen nach den die Sanierung eingebracht, während 18 sich bisher 213 Sippen Farn- und Blü- Vier Rastplätze laden zum Verweilen ein. tenpflanzen spontan angesiedelt haben. Wir verlassen die Schmirchauer Höhe zu- Darunter kommen auch seltenere Arten nächst ein kurzes Stück in südliche, dann wie Dach-Pippau, Feld-Rittersporn, Gro- in nördliche Richtung und folgen ab dem ßer Wiesenknopf, Heide-Nelke, Kornblu- nächsten Abzweig dem Weg nach rechts me, Mäuseschwanz-Federschwingel und in Richtung Ronneburg. Nach Umrunden Sumpf-Weidenröschen vor. Weiterhin eines kleineren, der Schmirchauer Höhe bereichern 41 Vogelarten, 2 Amphibien- vorgelagerten Hügels kommt Ronneburg arten, 2 Reptilienarten, sowie zahlrei- in Sicht. Wir wandern weiter bergab und che Spinnen, Heuschrecken, Laufkäfer, erreichen, vorbei am Miniaturenpark mit Tagfalter und Libellen das Artenspek- sehenswerten Modellen ehemaliger För- trum in dieser neu gestalteten Land- derschächte, über den Besucherpark- schaft. Bemerkenswerte Brutvögel sind platz auf der Friedrichshaide den Eingang z. B. Wachtel und Steinschmätzer. Auf zum Objekt 90 mit der Wismut-Dauer- der Schmirchauer Höhe angekommen, ausstellung. Deren Besuch ist sehr zu hat man vom 20 m hohen Geleucht, empfehlen. Im ehemaligen Gelände der das die Grubenlampe des Bergmanns Bundesgartenschau orientieren wir uns darstellt, einen grandiosen Blick in das in Richtung Drachenschwanzbrücke. Wir weite Umland. Auf dem rund einen Hek- überqueren das Gessental auf dieser im- tar großen Areal befindet sich auch eine posanten Brücke, biegen danach gleich „Begehbare Landkarte“, die alle wesent- rechts ab und erreichen kurz darauf den lichen Standorte im ehemaligen Uranerz- Ausgangspunkt unserer Wanderung. bergbaugebiet um Ronneburg enthält.

Ronneburg Grobsdorf

Neue Landschaft Ronneburg

ehemalige Gessenhalde

Schirchauer Kauern Höhe

N Hallo Geocacher! Die Wanderroute durch die Wismutregion bietet folgende Caches an:

19 12. Hegebachtal und Umgebung Ein Naturerholungsgebiet für Stadt und Land

Das Gebiet kennenlernen Bergland einzuordnen. Das durch den Im Dreieck zwischen Gera, Weida und Hegebach gebildete Kerbsohlental trennt Hermsdorfer Kreuz, etwa 4 km nordöst- die höher gelegenen Waldgebiete Alte lich von Münchenbernsdorf, liegt die Ge- Mark/Kienberg auf westlicher Seite und meinde , ein 300-Seelen- Harth östlicherseits voneinander. Ort fränkisch-germanischen Ursprungs Wenn es seine Besucher auch nicht unbe- mit etwa 750-jähriger Geschichte. Hund- dingt mit besonderen „Highlights“ locken haupten ist der Ausgangspunkt unseres kann, so zählt unser Wandergebiet sowohl ca. 8 km langen Rundwanderweges. aufgrund seines natürlichen Erholungs- In Bezug auf die naturräumliche Gliede- wertes als auch bedingt durch seine Nähe rung liegt das Gebiet im südöstlichen zur Stadt Gera doch zu den Naherholungs- Teil der Saale-Sandsteinplatte als Teil der gebieten der städtischen Bevölkerung. Buntsandstein-Hügelländer. Die Wande- rung umreißt einen Teil der weiträumi- Erlebnis Natur gen, durch ständigen Wechsel von Wald Das Gebiet ist geprägt durch den Hege- und Feld charakterisierten Landschaft, bach mit seinem in Nord-Süd-Richtung die sich zwischen dem benachbarten verlaufenden Kerbsohlental. Der Bach Saale-Holzland-Kreis und dem Elstertal besitzt hier auf seiner gesamten Län- erstreckt. Der höchste Punkt der Wan- ge – das sind immerhin etwa 3 km – ei- derung mit etwa 341 m liegt in dem zur nen natürlich mäandrierenden Verlauf. Harth gehörenden Waldgebiet, während Eine erfreuliche Tatsache, wenn man be- sich der tiefstgelegene Punkt (245 m) am denkt, wie viele unserer Fließgewässer Ortsrand von Großsaara im Mündungs- an ökologischem Wert verloren haben, bereich des Hegebaches in den Saarbach weil sie im Interesse einer intensiven befindet. Somit ist das Wandergebiet be- Auennutzung begradigt, ausgebaut oder züglich seiner Höhenlage in den Grenz- gar verrohrt worden sind. Im Zuge die- bereich zwischen oberem und unterem ser Maßnahmen sind im Laufe der Zeit 20 auch viele der auf nassen bis wechsel- welche wiederum Nahrungsgrundlage feuchten Standorten früher überall ver- für verschiedene Amphibien- und Repti- breiteten Feucht- und Nasswiesen verlo- lienarten sowie eine große Zahl bei uns ren gegangen. Diese ursprünglich durch inzwischen ebenfalls selten gewordener Beweidung oder Mahd ohne zusätzliche Vogelarten (z. B. Wiesenbrüter) waren. Düngung entstandenen Mosaikteile un- Neben dieser ökologischen Wertigkeit serer Kulturlandschaft sind heute sel- sind Feuchtwiesen auch von kulturhisto- ten geworden. Versuchen Sie doch mal rischer Bedeutung, sind sie doch als Teil auf einer Wanderung einen bunten Wie- unserer Kulturlandschaft Zeugen alther- senblumenstrauß zu pflücken. Es wird gebrachter Nutzungsformen, die es auch Ihnen bestimmt schwerfallen, einfach aus diesem Grunde zu erhalten gilt. deshalb, weil unser Grünland mittlerwei- Eine solche wertvolle Feuchtwiese liegt le fast ausschließlich aus ertragreichen im Hegebachtal linker Hand unseres Wan- Grasarten mit nur geringem Kräuteran- derweges. Um diese Wiese dauerhaft zu teil besteht. Früher überall verbreitete erhalten und die dafür notwendige Pflege Pflanzenarten wie Sumpfdotterblume, personell bzw. finanziell abzusichern, ist Schlangenknöterich, Kuckuckslichtnelke sie unter Schutz gestellt, d. h., es wird oder Orchideenarten wie Breitblättriges hier wieder nichts mit einem Blumen- Knabenkraut, die das unseren Großel- strauß. Aber eine Freude für‘s Auge ist tern noch in Erinnerung gebliebene Bild sie allemal. Im Juni kann man hier auch der buntblühenden Wiesen ausmachten, vom Wanderweg aus die purpurfarbenen sind heute größtenteils Raritäten gewor- Blüten des Breitblättrigen Knabenkrautes den. Von diesem Blütenreichtum profi- oder die bizarren weißen Blüten des Fie- tierten natürlich auch viele Insektenarten, berklees entdecken. Gehen wir auf dem

Fieberklee Herbst-Zeitlose

21 Baumfalke

Wanderweg noch ein Stück weiter, führt Wanderung über das Hegebachtal und ein schmaler Pfad durch den oberen Ge- das Waldgebiet der Harth nach Groß- hölzbereich. Im September lohnt es sich, saara und von dort aus über Schöna hier mal ein Stück nach unten zu gehen, zurück denn dem Besucher bietet sich dort ein Wir beginnen unsere Wanderung in in dieser Gegend vielleicht unerwarte- Hundhaupten an der Ortsverbindungs- tes Bild: ein wahres Blütenmeer aus den straße nach Markersdorf und begeben blasslila Blüten der Herbstzeitlosen, ei- uns auf den Feldweg, welcher parallel nem krokusähnlichen Liliengewächs. zum Hegebach zunächst in nordwestli- Den Kern des Schutzgebietes, welches cher Richtung verläuft. Beiderseits des u. a. auch einige extensiv genutzte Tei- Weges erstreckt sich hier Dauergrün- che mit einschließt, bildet eines der zwei land, welches auf der rechten Seite zur in unserem Kreisgebiet vorkommenden 350 m hohen Harth ansteigt und zur lin- Kalkflachmoore, eine Besonderheit, die ken zum etwa 50 m entfernt verlaufen- – ganz vereinfacht ausgedrückt – durch den Hegebach hin sanft abfällt. Nach chemische Reaktionen beim Zusammen- knapp einem Kilometer passieren wir spiel von überschüssigem, stark mine- den geschützten Landschaftsbestand- ralhaltigem Wasser und der Tätigkeit teil „Hegebachtal“ auf der linken Seite, verschiedener Pflanzenarten entsteht. bevor wir ein kurzes Waldstück durch- Aufgrund seiner Kombination einer gan- laufen und anschließend die Wanderung zen Reihe besonders geschützter Bioto- durch Weideflächen fortsetzen. Vor Be- pe auf engem Raum ist dieses Schutzge- ginn des nächsten größeren Waldbe- biet ein wertvoller Lebensraum für eine reiches sehen wir rechter Hand zwei große Zahl von Insekten- und Amphi- naturnahe Teiche mit gut ausgebilde- bienarten. Vielleicht können Sie auf Ihrer ter Uferbestockung. Hervorzuheben sei Wanderung einige farbenprächtige Libel- hier eine Stieleiche mit einem stattlichen len und Schmetterlinge beobachten. Stammumfang. Nachdem wir die beiden 22 Teiche passiert haben, verlassen wir das halten uns jedoch links und folgen dem Hegebachtal, indem wir nach rechts um Wanderweg in Richtung Großsaara. Auf den Teich herumgehen. Zwischen Teich dem nun folgenden Abschnitt bietet sich und Weg stockt hier ein von Stieleichen dem Auge des Wanderers wieder ein an- dominierter Bestand mit Wald-Labkraut, genehmer Anblick: Das Kiefern-Altholz Maiglöckchen und Einblütigem Perlgras ist hier mit reichlich Unterwuchs aus Bir- – typische Arten der Rot- und Hain- ken, Stieleichen, Faulbaum und Fichten buchenwälder – in der Bodenvegetati- zwei- bis dreischichtig aufgebaut. on. Unser Weg wendet sich dann nach Bald gibt der Waldrand auf der rechten links, bergauf durch Kiefern-Altholz, Seite den Blick auf die neuen Wohnge- das hier stark mit jungem Fichten-Auf- biete von Geißen und Großsaara frei, von wuchs durchsetzt ist, so dass man hier denen insbesondere das erstere durch von einem zweischichtigen Waldbestand grellrote Dächer und weiße Fassaden sprechen kann. Der Anstieg ist hier viel- ins Auge sticht. Noch fehlt hier eine ge- leicht etwas anstrengend, führt er doch hörige Portion „Grün“, damit sich diese zum höchsten Punkt auf unserer Wan- Siedlungen – was den optischen Aspekt derung. Am ersten Wegkreuz halten wir betrifft – etwas in die Landschaft einpas- uns links, nach etwa 400 m schwenkt der sen. Bald erreichen wir die Waldspitze. Weg nach rechts, und an der nächsten Von hier aus haben wir eine wunderbare Abzweigung biegen wir wieder nach links Aussicht auf den alten Ort Großsaara mit ab. Nach etwa 100 m erreichen wir eine seiner schönen Kirche sowie auf den Kä- Kreuzung, welche wir geradeaus über- seberg. Während wir unseren Weg durch queren. Nach weiteren 200 m treffen wir einen zunächst von Stieleichen gesäum- auf den Hauptverbindungsweg zwischen ten Hohlweg fortsetzen, kann sich unser Markersdorf und Geißen bzw. Saara. Wir Auge an dem alten Streuobstbestand er-

Fleischfarbenes Knabenkraut Breitblättriges Knabenkraut

23 freuen, der sich rechter Hand durch eine 1986 errichteten Wasserspeicher. Viel- Erosionsrinne zieht. Einer großen Zahl leicht sehen wir einige Graureiher, denn von Tierarten dient ein solcher Biotop als am Ufer des Speichers befindet sich eine Lebens- und Nahrungsraum, und auch Brutkolonie dieser Vogelart. In Schöna der hungrige Wanderer kann sich hier wenden wir uns – noch bevor wir in den zur Obstreifezeit wohl sicher mit ein paar Ort hineinkommen – scharf nach links wohlschmeckenden Äpfeln stärken. Wir auf den früheren Ortsverbindungsweg erreichen die ersten Wohnhäuser von in Richtung Hundhaupten. Es geht hier Großsaara, passieren das Gelände des zunächst recht steil bergan, vorbei an ei- hiesigen Agrarbetriebes und überqueren ner Obstbaum-Reihe und einem kleinen kurz darauf den Saarbach, in welchen un- naturnahen Teich auf der rechten Seite. weit der Brücke der Hegebach mündet. Dann führt der Weg – leider ohne beglei- Bei Erreichen der Hauptstraße biegen wir tenden Gehölzsaum – bis zur Spitze des nach links auf diese ab und passieren Waldgebietes Alte Mark fast ausschließ- gleich darauf den Gasthof des Ortes, in lich durch freies Feld. Eine Bepflanzung welchem wir gut und preiswert zu Mit- des Weges würde sicher nicht nur das tag essen oder gar übernachten können. Auge des Wanderers erfreuen. Nachdem Falls wir uns für diese Wanderung je- wir die Waldspitze erreicht haben, wen- doch mit genügend Proviant ausgerüstet den wir uns noch einmal nach links und haben, können wir an der nächsten Brü- laufen nun wieder, nahezu parallel zum cke über den Saarbach auf einer gemütli- Hegebach, durch Acker- und Grünland chen Bank unter drei alten Weiden „pick- nach Hundhaupten. nicken“. Wir erreichen die Bank, indem Wer allerdings einmal im Leben Kana- wir nach dem Gasthof von der Haupt- da sehen möchte, indes den Gang übers straße nach links abbiegen. Nach dieser Große Wasser scheut, dem bietet sich Stärkung folgen wir dem Wanderweg am eine um ca. 1,5 km längere Variante der Nordwesthang des Kienberges entlang Route ab Ortseingang Schöna durchs nach Schöna und passieren dabei den schöne Bockatal an. Er wende sich also

Graureiher

24 Mausohr – Wochenstube in der Kirche Hundhaupten nicht scharf nach links auf den Ortsver- nach links, stets einer grünen Fahrspur bindungsweg Richtung Hundhaupten, leicht bergan folgend, den Wald zur Lin- sondern nach rechts und folge nach 70 m ken, die rechts. Rote Wegweiser dem Görlitzbach stromauf linksseitig in den Wald ignorieren wir, sie führen auf einem hübsch angelegten Weg, der zurück oder aber stets wieder auf un- mitten in Schöna mit einer geräumigen, sere Fahrspur. Sobald wir Großbocka in überdachten Rastmöglichkeit aufwar- der Ferne vor uns erblicken und einen tet. Weiter geht es links am Bach ent- markanten Weiher inmitten eines Wie- lang. Über eine Holzbrücke wechseln sengeländes erreichen, wenden wir uns wir kurz nach rechts und sogleich wie- stramm nach Nordost und folgen einer der nach links per Steinbrücke über die unmarkierten, geradlinigen Fahrspur im Görlitz, um schließlich die Ortslage in Wald stets bergauf. Oben erreichen wir einem sanften, von Südost auf Südwest einen Feldrand und können in ca. 300 m drehenden Bogen leicht bergan zu ver- Entfernung einen Weg erspähen, der die lassen; ab hier rotpunktmarkiert. Rech- Feldflur quert und der eigentlich unser ter Hand unter uns murmelt der Görlitz- Ziel ist. Je nach Jahreszeit respektie- bach, wir passieren auf einem zuweilen ren wir jedoch das Verbot des Feldfre- etwas quelligen Weg zwei Pferdekoppeln vels und umgehen das Feld entlang der und lichten Waldbestand, folgen einem Waldkante nach links, der Grundrichtung Wegweiser „Großbocka, Wiesenweg“, Nordost folgend, auf passablem Pfad. der Wald lichtet sich nach ca. 300 m, vor Besagten Weg erreichen wir nach 10 Mi- uns öffnet sich das Tal der Bocka und da- nuten zwischen einer Eiche zur Linken hinter erblicken wir: Kanada (ein Weiler, und einer Birke zur Rechten, folgen ihm dessen Gründung in die 1930er Jahre auf 200 m nach Nordost und nun, Ach- fiel). Wer feststellt, dass er seine Prob- tung!, treffen wir auf die Hauptroute, den leme besser hierzulande lösen möchte Ortsverbindungsweg von Schöna nach und doch nicht nach Kanada auszuwan- Hundhaupten, in den wir rechts, also dern gedenkt, der wende sich nun scharf nach Osten, einbiegen. Abschließend

25 sollte man der Kirche am Ortsrand sei- bei der EU gemeldet. Unweit von der Kir- ne Aufmerksamkeit widmen. Nichts Be- che befindet sich der ebenfalls von der sonderes werden Sie vielleicht denken. EU geförderte „Fledermausgarten Hund- Aber die Kirche beherbergt im Dach- haupten“, wo man sehr anschaulich und boden und Turm ein sehr bedeutendes auch für Kinder verständlich noch mehr Wochenstubenquartier des Großen über den Fledermausschutz erfährt. Und Mausohrs. Hier finden sich bis zu 800 wer noch etwas Zeit hat, kann vom Fried- Individuen zur Aufzucht ihrer Jungen hof aus in den frühsommerlichen Abend- ein. Die Wochenstube ist zudem die stunden mit etwas Glück das Ausfliegen Mutterkolonie kleinerer Vorkommen im der Fledermäuse aus dem Kirchturm zu Einzugsgebiet der Weißen Elster. Das ihrem nächtlichen Beutefang beobachten. Quartier ist sogar als Fledermausobjekt

N

Saara Großsaara

Kleinsaara

Schöna

Kanada

Hundhaupten

26 13. Mittleres Aumatal zwischen Auma und Wiebelsdorf Rückzugsgebiet und Wanderachse für seltene Tierarten

Das Gebiet kennenlernen chenberg in der Agrarflur nahe der Stadt Das Tal der Auma zeichnet sich durch Auma bei 447 m. seine Vielgestaltigkeit und damit seinen hohen Wert für den Naturschutz aus. Die Erlebnis Natur Auma ist in ihrem Bachlauf kaum durch Der Landkreis Greiz stellt neben dem Bebauung eingeschränkt und bietet auf Saale-Orla-Kreis eines der Schwerpunkt- weiten Abschnitten noch den Anblick ei- gebiete für Teiche in Thüringen dar. Tei- nes naturnahen Baches. Neben Wäldern che als alte Kulturbiotope prägen seit verschiedener Größe und ausgedehnter dem Mittelalter unser Landschafts- und Agrarflur wird diese Landschaft auch Dorfbild. Sie spielten eine wichtige Rolle durch ihre Teichgebiete geprägt. als Lösch-, Mühl-, Tränk- oder Flößteich. Hier im Südwesten des Landkreises Aus ihnen wurde Futter und Einstreu für Greiz – zwischen Auma und Zeulenroda – Tiere sowie Nahrung für Menschen ge- ist ein traditionelles Zentrum der Teich- wonnen. Fische waren eine wichtige Fas- wirtschaft erhalten geblieben. tenspeise der Mönche und Eiweißliefe- Die Landschaft um das Aumatal ist durch rant für die arme Bevölkerung. Auch gab Wanderwege gut erschlossen. Eine Thü- es von Anfang an viel Kleinbesitz an Tei- ringer Besonderheit stellt dabei der Pla- chen. Die alleinige Nutzung zur Fischer- netenwanderweg von Auma nach Zeu- zeugung stammt erst aus neuester Zeit, lenroda dar, welcher in Teilen bei unserer da früher Getreide zur Fütterung zu scha- Wanderung mit eingeschlossen ist. Un- de war. Dadurch konnte nur ein der na- ser Gebiet gehört zur Nordabdachung türlichen Nahrung angepasster Fischbe- des östlichen Thüringer Schiefergebir- satz gehalten werden. ges und bildet eine von Süden nach Nor- Heutzutage kommen als Nutzungen zu- den allmählich abfallende wellige und sätzlich hinzu: Freizeit- und Angelsport. kuppige Hochfläche. Die Auma liegt als Die Bedeutung von Teichen für die Tier- tiefster Punkt bei ca. 367 m und der Ler- welt sinkt mit der zunehmenden Intensi- 27 tät dieser drei Nutzungen. Im Landkreis voll blau an. Wer weiß schon, dass es bei Greiz sind noch ca. 1500 Kleingewässer uns blaue Frösche gibt! Auch vielen im und Teiche vorhanden, wobei im Zuge Schilf brütenden Vogelarten fehlen heu- der sozialistischen Großraumwirtschaft te ausreichende Röhrichtbestände. Der in der Landwirtschaft viele Kleinteiche Ringelnatter als Bewohner feuchter Le- als Acker und Grünland zugeschüttet bensräume mangelt es oftmals an Eiab- wurden. Auch wurden oft mehrere klei- lageplätzen. Hier kann der Teichbesitzer ne, strukturreiche Teiche zur besseren mit größeren Sägespan-, Grasschnitt- Fischmast zu einem Großteich ausge- oder Misthaufen geeignete Gärungs- baut. Neben der Wasserqualität spielt haufen für die Eier schaffen. Übrigens auch bei Teichen die Vielfalt die entschei- stehen Röhrichtbestände und Verlan- dende Rolle. Vor allem eine artenreiche dungsbereiche als besonders geschützte Vegetation im und am Wasser ist für Biotope in Thüringen unter Schutz und viele Tiere entscheidend. Auch eine ge- dürfen nicht negativ verändert oder gar schwungene Uferlinie mit Buchten, fla- zerstört werden. Teiche sind ein Ersatz- chen Teichufern und vor allem ausge- lebensraum für die an unseren Flüssen dehnten Flachwasserzonen ist für viele durch den Menschen verschwundenen Arten lebensnotwendig. Die organische Altarme / Altwässer. In Teichen konnten Produktion bildet die Nahrung vieler Arten überleben, die in den verschmutz- Teichbewohner. So ist der Zwergtau- ten Flüssen ausgestorben sind. So findet cher in unserer Region zur Rarität ge- man in unserer Region die letzten grö- worden, weil ihm oftmals die Wasser- ßeren Bestände des Edelkrebses und insekten als Nahrung für seine Jungen der Kleinen und Großen Teichmuschel fehlen. Der stark gefährdete Moorfrosch in Thüringen. Entscheidend für den Wert konnte sich um Auma herum noch be- des Lebensraumes Teich sind eine natur- haupten. Er benötigt ausgedehnte Flach- nahe Ausprägung sowie ein dem natür- wasserzonen zur Eiablage und bei der lichen Futter angepasster Fischbesatz. Paarung laufen die Männchen eindrucks- Man hat errechnet, dass etwa 8.000 kg

Zwergtaucher

28 Wasserspinne Gelbrandkäfer

Karpfen nach Einwohnergleichwerten erst einmal östlich in Richtung Wöhls- eine Eutrophierung wie eine Gemeinde dorf und biegen auf der nächsten Quer- mit rund 500 Einwohnern an Abwasser straße leicht bergan links ab. Immer der abgeben. In solchen Mastteichen wird Straße folgend gelangen wir wieder berg- man kaum Wasserpflanzen und nur we- ab zwischen Wohnblöcken und Garagen nige Tierarten finden. Dabei stellen Tei- zum Ortsausgang und wandern bei der che einen starken Anziehungspunkt für nächsten Weggabelung nach rechts. den Tourismus dar. Hier kann man auf Kurz darauf erreichen wir ein ökologi- oft kleinem Raum eine Fülle an Natur er- sches Kleinod in dieser Agrarlandschaft; leben. Der elegante Flug jagender Libel- eine große Streuobstwiese mit davor lie- len, eine Stockente mit Jungen oder das gendem Teich und anschließendem ar- Imponiergehabe balzender Teichfrösche tenreichen Mischwald, leider durch eine sind kleine Erlebnisse für den gestress- Plantage von verschiedenen Koniferen ten Stadtmenschen von heute. im Grundstück davor fast verdeckt. Wir überqueren die Auma mittels der kleinen Durch das Aumatal zum Holzbrücke und setzen den Weg parallel Planetenwanderweg zum Bachlauf talabwärts fort. Die Auma Am Marktplatz beginnend sollten wir uns ist an diesem Abschnitt vor vielen Jahren die Zahlen der Kursächsischen Postmei- zwar begradigt, aber glücklicherweise lensäule ansehen. Dabei wird deutlich, nicht mit Betonplatten ausgebaut wor- dass man früher entscheidend mehr den. Heute haben sich inzwischen Prall- Zeit brauchte und wahrscheinlich auch wände und eine vielgestaltige Vegetation hatte. Wir sollten uns für diese Wande- herausgebildet. Im weiteren Verlauf der rung auch genügend Zeit nehmen, denn weiträumigen Talaue prägen mehrere viele Dinge am Wegesrand werden beim Feldgehölze mit vornehmlich Birken die schnellen Schritt übersehen. Wir gehen Landschaft und geben ihr ein etwas an

29 Aus dem Ei schlüpfende Ringelnatter nordische Länder erinnerndes Bild. Der datal sowie in der Ferne Zeulenroda. Am Weg führt nun von der Auma weg und Doggenteich treffen wir auf den 1. Thü- trifft auf die Straße Tischendorf - Wie- ringer Planetenwanderweg und rechter belsdorf. Im idyllischen Dörfchen Wie- Hand am Teich zeigt der Stein für den belsdorf biegen wir rechts auf die Straße Saturn anschaulich, worum es bei dem nach Wöhlsdorf ab. Das markanteste Ge- Weg geht. Der Planetenwanderweg führt bäude in Wöhlsdorf ist die Kirche, deren über 13,3 km von Auma nach Zeulenro- unterer Teil des Langhauses aus dem 11. da und verdeutlicht anhand maßstäblich Jahrhundert stammen soll. Ab der Spät- exakter Modelle die Größen und Entfer- gotik wurde sie über die Jahrhunderte nungen unseres Planetensystems. Vor- mehrfach umgebaut. So stammt die De- bei am fischereiwirtschaftlich genutz- cke des Langhauses aus dem 17. Jahr- ten Doggenteich – oberhalb des Teiches hundert. An der Gaststätte „Goldener liegen wertvolle Feuchtwiesen – folgen Löwe“ gehen wir die Straße nach Pie- wir dem Planetenwanderweg durch das sigitz weiter und kommen an einer klei- Waldgebiet des „Pockel“ nach Auma. nen Teichkette vorbei. In dieser U-Kurve Am Ausgang des Waldes gelangen wir queren jedes Frühjahr über 1000 Am- auf die große Agrarsteppe vor Auma. phibien die Fahrbahn auf dem Weg aus Rechter Hand zieht sich eine alte wert- ihrem Winterquartier im Laubwald zu volle Schlehenhecke ins Tal. Am Ende ei- den Laichplätzen. Hier wäre eine statio- nes kleinen Eichenwaldes steht der Stein näre Amphibienschutzeinrichtung drin- für den Jupiter. gend geboten. Nach gut 500 m biegen Entlang unseres Weges haben Aumaer wir von der Straße wieder nach rechts Naturfreunde über Jahre hinweg Gehöl- ab auf den Weg zum 2,5 km entfernten ze angepflanzt, um diese große Flur zu Doggenteich. Von der Anhöhe aus bieten gliedern und einen Biotopverbundstrei- sich einige hervorragende Ausblicke auf fen zu schaffen. Der Wanderer wird die- das Triebabachtal mit Piesigitz, auf Mer- se mühevolle Arbeit zu schätzen wissen, kendorf und das dahinter liegende Wei- und es wäre für viele Wanderwege wün-

30 Blutrote Heidelibelle schenswert, würden mehr Feldgehölz- Auf unserem Weg sahen wir nicht nur streifen angelegt. Allein der Gesang der intakte Natur, sondern auch eine ganze unterschiedlichen Vogelarten wird den Reihe erst in den letzten Jahrzehnten zer- aufmerksamen Naturliebhaber erfreuen. störte und verödete Flächen. Eigentlich Vorbei am Mars kommen wir geradeaus sollte man nun endlich ernsthaft über die wieder nach Auma oder folgen dem Pla- Erhaltung der Vielfalt auf unserem Plane- netenwanderweg bis zur Schulsternwar- ten nachdenken, die Sonne allein reicht te, deren Kuppel die Sonne als Garant des dazu schon lange nicht mehr aus. Lebens auf unserem Planeten darstellt.

Moorfrosch-Männchen in Balzfärbung

31 11 10 6 7 8 12 9 N

32 1. Teil 2. Teil 9 17 1 10 bis bis 2 3 1 17 14 5 16 4 7 15 13 Übersichtskarte

33 Piesigitz Piesigitz Merkendorf Wöhlsdorf Tränksmühle Kühnsdorf Untere Mühle Untere - Eisenschmidt mühle Auma N

34 14. Oberland bei Hohndorf Ein Streifzug durch das thüringische Vogtland

Das Gebiet kennenlernen „Durcheinander“ gibt es zu entdecken. An der südlichen Grenze des Landkrei- Zahlreiche Wassermühlen existierten ses Greiz zum Freistaat Sachsen, in der einst an den vielen Bachläufen. Geblie- Nachbarschaft zu Elsterberg, liegt die ben sind nur wenige, z. B. die Steiner- Gemeinde Hohndorf mit ihren Ortsteilen mühle, am Triebitzbach gelegen. Tremnitz, Pansdorf, Gablau und Leinin- So wechselvoll wie das lebhafte Auf und gen. Ab der mittelvogtländischen Kuppen- Charakteristisch für die reizvolle Land- landschaft stellt sich auch die Geschich- schaft ist ihre vielfältige, abwechs- te dieser Region bis in die heutige Zeit lungsreiche Strukturierung. Bewaldete dar. Während Hohndorf, Leiningen und Höhenzüge und Pöhle, bachführende Gablau zum früheren Herrschaftsbereich Taleinschnitte, eingestreute landwirt- der Greizer Reußen (Fürstentum Reuß schaftlich genutzte Flächen, Feldgehölz- ältere Linie) und mit der Gründung des inseln, kleine Teiche, Feldscheunen, Freistaates Thüringen ab 1920 zu die- Hohlwege, Reste alter und neu gepflanz- sem gehörten, bildeten Pansdorf und te Alleen, Feldraine u. a. m. vermitteln Tremnitz einen auch geografisch auffäl- einen guten Eindruck von unserer histo- ligen Ausläufer des Königreiches, später risch gewachsenen, extensiv genutzten des Freistaates Sachsen. Alte reußische Kulturlandschaft. Grenzsteine existieren u. a. noch im Ver- Geradezu idyllisch schmiegen sich die lauf des Loosbaches. Mit der Wiederher- kleinen Dörfer in die Umgebung. Se- stellung des Länderstatus 1990 blieben henswert auch die Ortsbilder selbst: die ehemals sächsischen Orte Pansdorf Nicht wenige Häuser präsentieren sich und Tremnitz entsprechend des Votums noch im ursprünglichen Fachwerk, ihrer Einwohner beim Landkreis Greiz bäuerliche Gehöftanlagen sind erhal- und damit bei Thüringen. ten geblieben, selten gewordene Bau- erngärten mit ihrem gewollten bunten 35 Erlebnis Natur lästiges Unkraut und zu beseitigendes Aussehen und Struktur der Dörfer und Ungeziefer. der sie umgebenden Kulturlandschaft Glücklicherweise zeigt sich heute eine unterlagen insbesondere in den letzten Trendwende. Bewusstes Erkennen, Be- Jahrzehnten als Folge der Intensivierung wahren und Wiederherstellen dorftypi- der Landwirtschaft, aber auch durch ver- scher Biotope und Habitate gewinnt wie- änderte Wertevorstellungen, technische der an Bedeutung, traditionelle Bau- und Entwicklungen und die Verwendung Nutzungsformen leben auf. Eine Hoff- neuer Baustoffe und Bauweisen gravie- nung also auch, dass in ihrem Bestand renden Veränderungen. Die früher do- bedrohte dorfbewohnende Tier- und minierenden kleinbäuerlichen Nutzungs- Pflanzenarten wieder eine Chance be- weisen führten ganz selbstverständlich kommen. auch zum Entstehen zahlreicher Lebens- Hohndorf und die kleinen umliegenden räume für Tiere und Pflanzen. Anders die Dörfer bieten gute Beispiele für das Ken- Situation in der jüngeren Vergangenheit: nenlernen dorftypischer Lebensräume. Neue, besiedlungsfeindliche Bauweisen, Die Dorfeichen, mächtige alte, land- vielerorts ein Trend zur Verstädterung schafts- und ortsbildprägende Einzel- der Dorfstruktur, intensive, technisierte bäume, kennzeichnen auch heute noch Großraumwirtschaft beherrschten das in Hohndorf, Pansdorf und Tremnitz den Bild. Das Resultat: Lebensräume im Dorf Mittelpunkt des Ortes. Inzwischen sind und in der freien Landschaft gingen in diese alten Baumsolitäre auch in die Lis- Größenordnungen verloren, kleinbäuerli- te der Baumdenkmäler des Landkreises che Gartenkultur wurde von monotonen, aufgenommen worden, unterliegen da- ökologisch toten Kurzrasenflächen und mit gesetzlichem Schutz und werden mit in Reih und Glied gepflanzten exotischen teilweise erheblichem Aufwand gepflegt Koniferen abgelöst, viele Arten galten als und erhalten.

Schleiereulen benötigen Einflugöffnungen in Dachgiebeln, Kirchtürmen und Scheunen

36 Rauchschwalbe Mehlschwalbe

Extensiv genutzte Obstgärten bieten ver- den den Fledermäusen die Einrichtung schiedenen Vogelarten wie Grünspecht, eines Nistplatzes und der Wochenstu- Kleiber, Feldsperling, Gartenrotschwanz, be. Zu beobachten sind Fledermäuse gut aber auch dem Braunen Langohr, ei- in der späten Dämmerung an warmen ner Fledermausart, oder Insekten (Hor- Sommerabenden im Bereich blühender nissen, Ohrwürmer u. a.) Lebensraum. Bäume oder Strauchgruppen. Faszinie- Gerade die oft aus Unkenntnis als „ge- rend der geräuschlose, ständigen ab- fährlich“ oder lästig eingestuften Insek- rupten Richtungswechseln unterworfene tenarten wie Wildbienen, Hornissen und Flug dieser stark gefährdeten Säuger. Hummeln spielen eine sehr wichtige Rol- Landschaftsästhetisch und als Nah- le im Naturhaushalt, z. B. als Bestäuber rungs- und Lebensraum bedeutungsvoll von Nutz- und Wildpflanzen. sind unverbaute Wege mit einer leben- Rauch- und Mehlschwalben – die leider digen, reich blühenden Kräuterflora am auch seltener geworden sind – brüten an Wegesrand sowie Garten- und Trocken- bzw. in Viehställen, sofern ständig offene mauern mit ihrem extremen Mikroklima. Einflugmöglichkeiten gegeben sind und Der Reisighaufen im Garten für Igel, Lehm (z. B. von unversiegelten lehmigen der Holzstapel hinter der Scheune oder Wegen) als Baumaterial für das halbku- die Versteckmöglichkeiten eines alten gelförmige, direkt an die Wand gebaute Schuppens für Mäuse, Steinmarder und Nest, verfügbar ist. gelegentlich Iltis, saubere Dorfteiche als Einfluglöcher im Dachgiebel ermöglichen Laichplatz für Frösche, Kröten und Mol- der Schleiereule und dem Turmfalken, che sollen als Beispiele für dörfliche Le- Dachunterzüge oder Spalten an Gebäu- bensräume vieler Tierarten genannt sein, 37 Hohndorf – das war auch die Wirkungsstätte des Malers Friedrich Degenkolb (1914– 1993). Zauberhafte Aquarelle schuf der viele Jahre an der Hohndorfer Schule tätige Künstler, und immer wieder waren es Motive um sein Heimatdorf, die ihm Anregung und Reiz boten, genau wie dem Betrachter heute. die leider allzu oft in ihrem Bestand be- Punkten unseres Wandervorschlages droht sind. kann man ihren höchsten und schönsten Auch Allerweltspflanzen (Löwenzahn) Turm einer Dorfkirche im Greizer Um- gehören zum typischen und natürlichen land immer wieder entdecken und be- Spektrum der Dorfflora und nehmen wundern. eine wichtige Funktion im Kreislauf der Nach einem kurzen Stück auf dem Sträß- Natur ein. Wer staunt nicht über die Tat- chen nach Pansdorf, dann, einem über- sache, dass selbst die Brennessel für dachten Wegweiser gen Gablau links viele Insektenarten, darunter mehr als folgend, weiter eine alte, lückenhafte 25 Schmetterlinge, die Nahrungsquelle Pappelallee entlang, gelangt man zu ei- bietet? nem ersten von mehreren Aussichts- Unbedingt zu erwähnen ist der Bauern- punkten. In Waldrandnähe, an einer garten: Eine kluge Mischung vieler ver- schattigen Bank der rot-grünen Markie- schiedener Zier- und Nutzpflanzen, die rung folgend, geht es dann links abwärts die biologische Schädlingsabwehr aus- nach Gablau. Der Spurweg ist etwas ver- nutzt und damit auf natürlichem Wege wachsen, aber sicher, zweigt nach 3 Mi- eine gesunde Pflanzenentwicklung nuten im Wald nach rechts ab und geht stützt. kurzzeitig in einen Pfad über, der etwas Trittsicherheit erfordert. Unterwegs, Wanderungen von Hohndorf aus ins nach Umgehen einer Teichanlage, trifft vogtländische Kuppenland man auf einen Wappenstein von 1734, Eine kleinere Runde (ca. 7 km) startet der den Torbogen des hier ehemals be- an der Hohndorfer Kirche (Weg mit Rot- findlichen Gutes zierte. Auf nunmehr ro- Strich-Markierung) gen Nordwest, linker ter Markierung erreichen wir Gablau. Hand vorbei am Sportplatz. Von vielen Ab Gablau, dessen Ersterwähnung auf 38 Die einst malerische Kulturlandschaft um Hohndorf aus annähernd gleicher Perspek- tive vom Fotografen festgehalten, hat heute etwas an Vielfalt eingebüßt.

das Jahr 1290 zurückgeht, führt die den, selten gewordenen Trockenhang- Wanderroute weiter, rot markiert, auf flora und -fauna unter Schutz gestellten der schmalen Straße zum Steinermüh- Landschaftsbestandteil „Am Berge“ führt lenteich. Kurz zuvor zweigt rechts die der Weg bald durch kleine, extensiv ge- Straße nach Leiningen ab, einem klei- nutzte Wiesenflächen mit wegbegleiten- nen Dorf mit weit im offenen Wiesental den Hecken. Hinzu kommt ein herrlicher verstreuten Einzelgehöften. Der Lyriker Blick auf die gegenüberliegenden Hö- Reiner Kunze arbeitete in den siebziger henzüge und weit über die vogtländische Jahren hier in einem gemieteten klei- Kuppenlandschaft. Nach der Agrarge- nen Haus – selbst in dieser Idylle voll nossenschaft erreichen wir in Hohndorf im Visier der ihn zum Zermürben und uns nach links wendend wieder unseren Schweigen bringen wollenden DDR- Ausgangspunkt. Staatssicherheit. Eine zweite Wanderroute (ca. 10 km) Vom Steinermühlenteich ist es nur ein führt, der Rot-Strich-Markierung nach kurzes Stück auf der Straße nach Els- Nord ab der Hohndorfer Kirche nach terberg bis zu einem Elektromast mit Tremnitz folgend, ab dort grünpunktmar- Gelbmarkierung linksweisend, welcher kiert zum „Tremnitzstau“. Dort verliert wir bergan auf einem Fahrweg durch sich die Markierung, wir überqueren den ein Waldstück folgen. Nach einem kur- Staudamm durch einen Durchlass für zen weglosen Stück am Feldrain entlang, Wanderer, passieren den Stau nordöst- später durch einen verwachsenen He- lich und steigen weglos über eine Wie- ckentunnel, erreicht der Weg eine Teich- se auf, oberhalb derer wir unseren grün kette, wo vielleicht Fischreiher bei der markierten Fahrweg nach links finden. Jagd zu beobachten sind. Steil bergauf Weiter geht es über die „Schwalbenbrü- durch den wegen seiner wärmelieben- cke“ nach Pansdorf, einem 60-Seelen- 39 MEDITIEREN Was das sei, tochter? Gegen morgen noch am schreibtisch sitzen, am hosenbein einen nachtfalter der schläft Und keiner weiß vom anderen

Reiner Kunze

Dorf, das mit dem unmittelbar benach- längeren Verweilen ein, bevor die rest- barten Leitenberg (451 m) zugleich den liche Strecke nach Hohndorf zurück in höchsten Punkt der gesamten Wande- Angriff genommen wird. Für etwa 20 Mi- rung markiert. Ein phantastischer Rund- nuten wird der Waldpfad etwas abenteu- blick nach Greiz und Westsachsen mit erlich, ist aber sicher markiert durch grü- freundlichem Rastplatz, Wegweiser und ne Punkte. Schließlich geht es auf klarem Windrose, von dem wir unsere bisherige Fahrweg stetig bergab nach Hohndorf, Route nachvollziehen können, lädt zum den Kirchturm dabei stets im Blick.

Hornisse

40 Braunes Langohr

N Erbengrün

Pansdorf

Tremnitz

Hohndorf

Hohengrün

Gablau

Landesgrenze

Leiningen Steinermühle

41 15. Oberes Weidatal Ein naturnahes Bachtal zwischen idyllischen Dörfern

Das Gebiet kennenlernen Erlebnis Natur Im äußersten Südwesten des Landkreises Nicht nur die Weida sondern auch zahl- Greiz präsentiert sich dem Betrachter eine reiche Nebenbäche und ihre Quellen ha- abwechslungsreiche Hügellandschaft mit ben diese Landschaft über Jahrtausen- malerischen Bachtälern. Das Weidatal, de geprägt. Leider sind viele Bäche im geformt durch den gleichnamigen Bach, Zuge landwirtschaftlicher Intensivierung bietet dem Wanderer bis heute unge- verbaut und Quellgebiete durch Meli- störte Landschaft und Natur. Bis 2012 orationsmaßnahmen zerstört worden. bestand für das Einzugsgebiet der Trink- Wasser hat als lebensnotwendiges Ele- wasserschutz, wodurch Veränderungen ment stets eine hohe Anziehungskraft weitestgehend ausgeschlossen blieben. auf uns Menschen ausgeübt. Ein unbe- Die Dörfer entlang des Weidatals konn- denkliches Trinken an Bächen und Quel- ten ebenfalls ihre typische Struktur be- len ist aber inzwischen nur noch selten wahren und weisen aufgrund des Fleißes möglich. In unserer Region bietet nur ihrer Anwohner ein durchweg attraktives, noch die Waldquelle bei Langenwol- aber auch traditionelles Erscheinungs- schendorf dieses Erlebnis. Sind Quellen bild auf. Meist sind es Angerdörfer mit einmal zerstört, ist eine Neuschaffung kleiner Kirche, Dorfteich und den für die nicht möglich, d. h. man kann Quellen Region charakteristischen Vierseithöfen. nicht irgendwo anlegen. Quellen sind Statt Einheitsgrün findet man hier noch ein wichtiger Rückzugsraum für Arten typische Bauerngärten, große, das Dorf- nährstoffarmer Gewässer. In Europas bild prägende Laubbäume und das Dorf Fauna wurden 1.500 Quell-Spezialisten, harmonisch in die Landschaft einbettende hauptsächlich Insekten, nachgewiesen. Ringe aus Streuobstbäumen. In fast allen Kleine Quellbäche sind für Köcher-, Ein- Dörfern bieten kleine Pensionen Möglich- tags- und Steinfliegen, aber auch für keiten zur Übernachtung bzw. für Ferien Feuersalamanderlarven überlebensnot- auf dem Bauernhof an. wendig. Diesen Bereich eines Flusses 42 Bachforelle bezeichnet man als Forellenregion, be- Kiesbänke, Prall- und Gleithänge, schnell nannt nach der Leitart Bachforelle, die und langsam fließende, tiefe und extrem zusammen mit Groppe, Schmerle und flache Wasserströmungen bieten vielfäl- Elritze hier den natürlichen Fischbesatz tige ökologische Nischen. Hier finden wir bildet. Durch die Verschmutzung und die seltene, nur an Bächen vorkommen- den Verbau vieler Gewässer musste die de, Blauflügel-Prachtlibelle. Auf den ers- Groppe in die Kategorie 3 (gefährdet) der ten Blick mag dieser fliegende Edelstein Roten Liste Thüringens aufgenommen wie ein Schmetterling wirken, sieht man werden. Wird der Bach dann breiter, die die schillernden Männchen entlang son- sogenannte Äschenregion, erhöht sich niger Bachufer ihre Balzflüge vollführen. die Artenvielfalt noch aufgrund seiner Der obere Weidaabschnitt beherbergt Vielgestaltigkeit. Sand-, Schlamm- und ein größeres Vorkommen im Landkreis.

Westgroppe

43 Gebänderte Prachtlibelle

Leider ist ein erheblicher Teil des schö- denn viele Vogelarten reagieren in der nen Weidatales dem Bau der Zeulenro- Brutzeit empfindlicher, als es der arglose daer Talsperre zum Opfer gefallen. Wenn Beobachter vermutet. Talsperren auch wichtige Funktionen wie Trinkwasserreservat oder Erholungsge- Wanderung um das obere Weidatal biet erfüllen, ökologisch sind sie stets Unsere Wanderung (ca. 11 km) beginnt negativ zu bewerten, da die Talaue zer- in vor dem Ge- stört, die Durchlässigkeit des Flusses meindeamt, dem ehemaligen Gutsge- völlig unterbrochen und die Wasser- bäude. Der Vorplatz ist 1997 neu gestal- chemie verändert werden. Die Bedeu- tet worden und bildet das Zentrum dieses tung für Tierarten ist meist geringer als geteilten Straßendorfes. Der Platz gehört man vermutet. Im Gegensatz zu natürli- zum oberen Dorf, welches stark durch chen Seen haben Talsperren kaum aus- die Bundesstraße geprägt wird und auch gedehnte Vegetationszonen (Bruchwäl- durch die Bebauung in weiten Teilen eher der, Schilfgürtel u. ä.) und bieten selbst städtischen Charakter besitzt, während für Wasservogelarten nur geringe Brut- das untere Dorf, unterhalb der B 94, im möglichkeiten. Der große Teil der Was- Kontrast dazu seinen ruhigen, dörflichen servögel rastet nur für einige Zeit auf Charakter mit vielen Kleinstrukturen und einer Talsperre. Positive Entwicklungen Biotopen bewahrt hat. Wir gehen nun stellen sich meist nur an den Einläufen halblinks gegenüber die Straße „Am der Vorsperren ein. Hier bilden sich über Schulberg“ bergauf, vorbei an der Kirche längere Zeitläufe ausgedehnte Flachwas- und dem Friedhof mit seinem schönen serzonen mit Verlandungsbereichen aus, Baumbestand. Von der Höhe aus sehen wie an der Vorsperre vor Läwitz ersicht- wir an der Straße eine Winterlinde mit lich. Dort kann man auch gut verschie- Bank und Gelb-Wegweiser gen Pahren/ dene Entenarten und Haubentaucher Waldquelle. Hier biegen wir taleinwärts beobachten. Die Verlandungszone aus links ab, auf einen Feldweg, der zunächst Rohrglanzgras bietet Schilfbrütern Brut- noch asphaltiert ist. Dabei genießen wir möglichkeiten. Abstand ist hier geboten, den schönen Ausblick über die Land- 44 Blauflügel-Prachtlibelle schaft bis zur Talsperre Zeulenroda. An Schild, gelbmarkiert „Poetenweg“, nach der Straße nach Kleinwolschendorf wur- links auf die ca. 500 m entfernte Wald- de 1992 eine Benjeshecke aufgeschich- quelle hin. Dieser Richtung folgen wir tet und bepflanzt, wodurch die ansonsten nun in den Wald. An der nächsten Ga- öde Agrarsteppe angenehm gegliedert belung (gelber Wegweiser) biegen wir wird und ein Biotopverbundstreifen zwi- links ein und erreichen kurz danach die schen den Dörfern entstanden ist. Lei- Quelle. Ihr gutes Wasser ist mit 25 Li- der fehlt die wichtige Querverbindung ter/Minute und 8 °C Temperatur ein er- zum Wald. Folgt man dem Weg ins Tal frischendes Labsal für jeden Wanderer. bis zur Waldkante (drei Linksabzweige Eine überdachte Schutzhütte bietet gute unterwegs ignorierend), weist dort ein Gelegenheit zur Rast. Der Weg geht wei-

Edelkrebs

45 Eisvogel ter abwärts bis ins Tal, wo man rechts entlang der Vorsperre, nun auf dem blau ab, vorbei an einer alten hohen Lärche markierten Talsperren-Rundweg, zur mit gelber Markierung, zur Vorsperre ca. 1,5 km entfernten Kesselmühle vor der Zeulenrodaer Talsperre gelangt. Wir Läwitz. Nach Überquerung der die Weida passieren dann linker Hand die Arten- überspannenden denkmalgeschützten schutzhütte Langenwolschendorf, und Steinbrücke gelangt man zum 1237 erst- die Route führt weiter an einer artenrei- mals urkundlich erwähnten Ort Läwitz, chen, heute eher selten gewordenen Tal- und auf einer überdachten Bank am wiese und einigen eindrucksvollen alten Sportplatz ortseingangs links lässt sich Stieleichen entlang; zuweilen etwas un- gut eine Brotzeit einnehmen. Die Straße deutlich im Verlauf werdend. Übrigens führt, nun rot markiert, bergan Richtung ist die Eiche ein Baum voller Leben und Förthen, auf den durch große Laubbäu- damit von entsprechend hohem Wert für me geprägten Dorfanger von Läwitz. Die den Naturhaushalt. Etwa 300 Insektenar- beiden typischen Angerdörfer Läwitz und ten sind an die Eiche gebunden, an die Förthen haben eine gemeinsame Ge- beispielsweise aus dem Süden einge- schichte. Über Jahrhunderte waren sie führte Rosskastanie nur 4 Arten. Enklaven (erst Königreich Sachsen, spä- An der Vorsperre Riedelmühle (erbaut in ter Großherzogtum Sachsen-Weimar-Ei- den Jahren 1970 bis 1973) lädt eine Bank senach) inmitten des reußischen Landes. zur besinnlichen Rast ein. Weiter geht es So war die Schule in Läwitz und die Kir-

46 Denkmalgeschützte Steinbogenbrücke bei Läwitz che in Förthen. Beruhigende Rundblicke hoch zum Kirchplatz und dem dahinter über die kuppige Feld- und Waldland- stehenden Bürgermeisterhaus Nr. 17 mit schaft entschädigen uns für 1 Kilome- seinem reich verzierten Fachwerkgiebel. ter Marsch entlang der zum Glück wenig Dorf- und weidaaufwärts gelangen wir befahrenen Dorfverbindungsstraße. Am schließlich zur Bundesstraße 94. Diese Förthener Dorfanger biegen wir nun, der überqueren wir und setzen unsere Wan- Rotmarkierung des Weidatalwegs fol- derung auf der schmalen Straße Richtung gend, auf ein Fahrsträßchen ab, hinunter Leitlitz fort. Von rechts mündet sobald der in das Tal des Güldebaches. Der Wegrand verbaute Waldbach in die Weida ein. 15 ist linksseitig durch eine große Schle- Minuten nach dem Ortsausgangsschild henhecke und artenreiche Krautsäume biegen wir an einer markanten großen Ei- ökologisch äußerst wertvoll. Hinter der che links ab in die Talaue, überqueren die Fritschenmühle queren wir die Gülde, Weida und folgen dem Weg, eine baldige welche einige hundert Meter unterhalb in Linkskehre ignorierend, immer gerade- die Weida mündet und folgen dem Weg aus und stets ansteigend, wieder in Rich- in den Wald Richtung Weckersdorf. Am tung Langenwolschendorf. Achtung! Der Ende des Waldes, rechts, kann man von Weg ist ab jetzt nicht mehr beschildert, einer kleinen Bank aus den Blick über wesentlich bleibt einzig unsere generelle das Weidatal und das darin eingebette- Wegrichtung Nordost und der stete Ab- te Weckersdorf schweifen lassen, bevor stand zum Wald und zum Bachlauf rech- man den Weg weiter zum Ort fortsetzt. ter Hand. Nach Querung eines Hauptwe- Ein letzter alter Birnbaum am Weg zeigt ges (an einem verborgenen Grundstück mit seiner Baumhöhle deutlich die hohe mit Haus) verläuft der Weg, kaum noch Bedeutung solcher Streuobstbäume als als Fahrspur sichtbar, durch eintönige Ag- Niststätte für Vögel und Kleinsäuger. rarflur sich leicht links wendend bergan. Sehenswert am Ortseingang sind das Hier würden Heckenpflanzungen nicht nur weitgehend erhaltene Kleinbauernanwe- erosionshemmende, sondern auch land- sen Nr. 38 oder die große aus Naturstei- schaftsgliedernde Wirkungen hervorbrin- nen erbaute Wand eines Gehöftes an der gen, Lebensräume für Tierarten schaffen Weida. Nicht versäumen sollte man ei- und auch für den Wanderer Abwechslung nen Abstecher von der Dorfstraße rechts und Schutz vor Wind und Regen bieten. 47 Wir unterqueren 2 Überland-Stromleitun- Schritten kommt das Ortseingangsschild gen, eine kleine Bank an der Straße Lan- ins Bild. Hier biegen wir rechts ein und genwolschendorf-Leitlitz kommt in Sicht, wandeln zwischen majestätischen alten und hier biegen wir links auf diese Straße Eichen aus der Reußenzeit sowie Neu- ein. Mit etwas Übung können wir von hier anpflanzungen unserer Tage wieder zum oben unsere gesamte Route erspähen. Dorfplatz, unserem Ausgangspunkt. Nach dieser Übung steigen wir ab gen Langenwolschendorf, und nach wenigen

Reiherenten

Haubentaucher

48 Langen- wolschendorf Reisigsmühle Weckersdorf Kesselmühle Läwitz N Fritzschenmühle Förthen

49 16. Oberland zwischen Bernsgrün und Syrau Ruhe und Entspannung im sächsisch-thüringischen Vogtland

Das Gebiet kennenlernen Jahrzehnte ihre Spuren hinterlassen. So Der Begriff Vogtland umschreibt eine fielen ganze Bachläufe, Teiche und Feld- Landschaft, welche sich über die Bun- gehölze der maschinengerechten Groß- desländer Bayern, Thüringen, Sachsen raumwirtschaft zum Opfer. Dennoch bie- und auch Teile Tschechiens erstreckt. tet unsere Rundwanderung im äußersten Politisch nie einheitlich, erfolgt diese Südzipfel des Landkreises Greiz dem Bezeichnung bisher nur aus kulturhis- aufmerksamen Wanderer neben Ruhe torischer oder geobotanischer Sicht. Bei und Entspannung auch noch manches letzterer Betrachtungsweise wird das Ge- Naturerlebnis. biet in vier geobotanische Hauptbezirke eingeteilt. Das Obere Vogtland, das Ost- Erlebnis Natur vogtland, das Mittelvogtländische Kup- Auf unserer Wanderung durchqueren wir penland – hier ist unsere Route einzu- das größere Waldgebiet zwischen Berns- ordnen – und das Untere Vogtland. Die grün und Syrau. Obwohl in dieser Land- Höhenlage unserer Wanderung wird schaft keine naturnahen Wälder, sondern dem oberen Hügelland zugeordnet (300 fast ausschließlich Nadelholz-Monokul- bis 500 m). Die höchste Erhebung west- turen vorherrschen, bietet sich vor allem lich von Bernsgrün, der Allrichberg, ist im Spätsommer und Herbst im Wald Ge- mit 533 m auch der höchste Punkt des legenheit zum Sammeln von Pilzen. Da- Landkreises. Die Landschaft weist eine bei machen wir uns über die Pilzpfanne bewegte Morphologie auf, die gekenn- hinaus meist wenig Gedanken über die zeichnet ist durch den häufigen Wechsel Bedeutung dieser eigenartigen Gewäch- von Wald, Grünland und Ackerflächen. se für den Naturhaushalt. In Thüringen Damit sind gute Voraussetzungen für ein schätzt man die Arten sogenannter Groß- abwechslungsreiches Landschaftsbild pilze auf ca. 4.500. Etwa fünfmal größer gegeben. Leider hat auch hier die Inten- ist die Zahl der oft nur mikroskopisch er- sivierung der Landwirtschaft der letzten kennbaren Formen wie Schimmel-, Hefe-, 50 Kuckuck Rost-, Brand- und Schleimpilze, über de- dert Jahre alt werden und, wie man in ren Gefährdung man fast gar nichts weiß. den USA herausbekommen hat, eine Flä- Bei den Großpilzen sind mittlerweile che bis 600 ha Größe einnehmen. Pilze etwa ein Viertel in ihrem Bestand gefähr- haben eine Schlüsselstellung im Natur- det. In Thüringen stehen 1148 Arten auf haushalt durch den Abbau organischer der Roten Liste. Dabei ist das, was wir Substanzen (Laub, Nadeln, Holz) und als Pilz bezeichnen nur der Fruchtkörper, deren Umwandlung in Mineralien zur Er- wie der Apfel am Baum. Der eigentliche nährung der Bäume. Solche Pilze nennt Pilz ist das Geflecht im Boden, und der man Saprophyten. Andere Pilze, Para- kann bei manchen Arten mehrere hun- siten, entziehen den Pflanzen wiederum

Sperber

51 Nährstoffe und können zu großen Prob- Ohne Pilze kein Wald! Auch außerhalb lemen in der Forstwirtschaft führen. So der Pilzsaison bietet die Natur dem auf- kann der Hallimasch als weltweit größ- merksamen Beobachter immer neue Er- ter Wurzelzersetzer ganze Tee-, Kaffee- lebnisse. Wer sich leise verhält, sieht oder Zitronenplantagen zerstören. My- in dieser ruhigen Gegend durchaus be- korrhizapilze wiederum treten mit den kannte Waldtiere wie Fuchs, Reh und Bäumen in Symbiose und erhalten im Feldhase. Vor allem im Frühjahr sind Austausch gegen Nährsalze organische viele Vögel zu hören. Zu den häufigsten Stoffe von lebenden Wurzeln. Sie erhö- Arten der Fichtenwälder gehören Buch- hen damit das Feinwurzelsystem auf das fink, verschiedene Meisenarten und 100–1.000fache, wodurch sich die Was- Fichtenkreuzschnabel. Mit etwas Glück serzufuhr verbessert. Auch bilden sie hört man auch den schon selten gewor- einen Schutzwall gegen Parasiten und denen Ruf des Kuckucks. Am Tag jagen Schwermetalle, was zur Stressminde- in diesen Wäldern die Greife Habicht und rung des Baumes und damit zu erhöh- Sperber. Letzterer brütet mit Vorliebe in ter Vitalität führt. Ein einziger Baum kann Fichtenstangenhölzern. Hervorragende gleichzeitig mit bis zu hundert höheren Bruträume für Singvögel sind die gro- und niederen Pilzarten in Wurzelsymbio- ßen Hecken um Frotschau. Hier kann se leben. Obwohl manche Pilze bezüglich man mühelos Gartengrasmücke, Gold- ihrer Baumpartnerschaft sehr variabel ammer und Neuntöter beobachten. Von sind und oft lange Pausen beim Fruch- den Amphibien begegnet uns im Wald ten einlegen, ist ihr Rückgang, man den- vor allen bei feuchtem Wetter der brau- ke beispielsweise an die verschiedenen ne Grasfrosch. Die Erdkröte zieht in die Rotkappenarten, ein alarmierendes Zei- Teiche im Tal unterhalb Frotschau all- chen. Mit dem Umbau monotoner Na- jährlich zum Ablaichen, was ihr hier wie delholzforste in Laubmischwälder, dem an vielen Stellen im Landkreis aufgrund Anbau einheimischer Baumarten und des erhöhten Fahrzeugaufkommens oft dem Belassen von Totholz und alten zum Verhängnis wird. In warmen, feuch- absterbenden Bäumen kann dieser Ent- ten Märznächten sitzen oft hunderte von wicklung gegengesteuert werden. Aber Tieren auf den Straßen. Hier ist auch ein auch Bodenversauerung durch Luftver- Ausweichen mit dem Fahrzeug nicht schmutzung und der Biozideintrag müs- möglich. Wer wirklich helfen will, sollte sen zukünftig stark zurückgehen, denn: anhalten und die Tiere zur Seite des Tei- 52 ches hin ablesen. Auf diese Weise kann rechts wendend, auf einem Schotterweg man in 3 bis 5 Minuten viele Leben ret- durch Agrarflur allmählich in das Tal der ten. Triebitz. Leider erinnert nur noch der Name an diesen Bach, der einstmals hier Durch Berg und Tal nach Kleinamerika die Landschaft gestaltete. Im Zuge sinn- Wir beginnen die etwa 7 km lange Wan- loser landwirtschaftlicher Intensivierung derung am neu gestalteten Dorfplatz wurde er völlig verrohrt. Betonschächte („Am Hirtenberg“, Bushaltestelle, klei- zeigen uns an, wo das Gewässer heute, ner Parkplatz) in Bernsgrün und folgen unterirdisch eingezwängt, sein Dasein in südlicher Richtung den gelben Mar- fristet. Erst auf sächsischem Gebiet ca. kierungen. Der Weg führt zunächst links 2 km unterhalb kann man den Bach in abbiegend am südöstlichen Dorfrand seinem naturnahen Verlauf wieder erbli- entlang und 3 Minuten später, sich nach cken. Auf der anderen Seite des Tales,

Goldammer oben: Farbenvielfalt bei Pilzen

53 nach Querung des von Südwesten ein- oder die malerische Drachenhöhle be- laufenden, ebenfalls verrohrten Haupt- suchen. Von der Brücke aus sieht man armes der Triebitz, bleiben wir bei der in südwestlicher Richtung die Siedlung Weggabelung auf dem linken Weg (gelbe Kleinamerika. Auf der Brücke setzen wir Markierung an stattlicher Eiche!). Nach unseren Weg (gelb markiert) nach Nord weiteren 2 Minuten überqueren wir weg- talwärts auf einem schattigen, ruhigen los eine kleine Hangwiese, um die Wan- Sträßchen in Richtung Frotschau fort. derung im Wald fortzusetzen. Unseren Am Waldende rechter Hand bietet sich Einschlupf in diesen erkennen wir schräg von einer Bank aus ein schöner Blick gegenüber, deutlich gelb markiert, un- über das Land. Wir gehen hinunter durch terhalb eines jagdlichen Hochsitzes. Wir das Tal nach Frotschau und biegen oben kommen an mehreren großen Waldamei- im Dorf an einer Trafostation nach rechts sen-Hügeln vorbei, und es lohnt sich, ei- ab und folgen zunächst der gelben Aus- nige Minuten die rege Tätigkeit dieser schilderung gen Arnsgrün. Bald kann Nützlinge des Waldes zu beobachten. man die verschiedenen großen Feldhe- Schließlich mündet der stets gelb mar- cken sehen, welche zu den wertvolls- kierte Waldweg unmittelbar neben der ten Biotopen in diesem Gebiet zählen. Brücke über die Bahnlinie auf die Straße Vom Höhenkamm des Weges aus hat Frotschau – Syrau. Wer sich einen gan- man wieder eine sehr schöne Fernsicht zen Tag Zeit nimmt, kann von hier aus über das obere Vogtland. An der nächs- auch einen Abstecher nach Syrau unter- ten Wegkreuzung, an einem überdach- nehmen und die historische Windmühle ten Rastplatz neben einem Schilderpfahl,

Neuntöter

54 Grasfrosch mit Laich biegen wir nach links auf den Mühlweg Bernsgrüner Kirche, in der noch verschie- in Richtung Bernsgrün ab. Nach ca. 1,3 dene Baustile zu erkennen sind. So sind km gelangen wir vor Bernsgrün wieder der Chorraum aus der Romanik, verschie- auf die Straße und schließen, uns nach dene Figuren darin aus der Gotik und die rechts zur Ortsmitte damit unserem Aus- Kanzel aus dem Barock. Außerdem zieren gangspunkt zuwendend, unsere Wan- den Ort noch einige gut restaurierte Fach- derung ab. Ein interessanter Bau ist die werkhäuser.

N

Buchberg

Frotschau Bernsgrün

Kleinamerika

55 17. Steinicht Ein wild-romantisches Felsental

Das Gebiet kennenlernen Dörfer wie Görschnitz und Cossengrün Zwischen der sächsischen Stadt Elster- auf der einen, Scholas, Losa, Rupperts- berg und der Bahnstation Rentzschmüh- grün und Liebau auf der anderen Seite le liegt ein etwa 3 km langes und bis zu sind Höhenorte, von denen aus man, die 70 m tief eingeschnittenes, felsenreiches Schlucht kaum ahnend, über das Tal hin- Kerbtal – das Steinicht. Es gilt mit Recht wegsehen kann. Das wilde und unweg- als die eindrucksvollste Talstrecke des same Tal aber war unseren Vorfahren gesamten Elsterlaufes. Die vielfach fast unheimlich. Dort hatte der Teufel seine senkrecht aufragenden Talwände spre- Kanzel, und die Nixen stiegen an den chen für die Härte des Diabases (auch Steinen aus der Flut und tanzten auf der Grünstein genannt), in den sich der Fluss Wiese“. im Verlaufe der Erdgeschichte eingetieft Heute gehört das Steinicht zu einem län- hat. Bereits der Naturforscher Emil Adolf derübergreifenden europäischen Schutz- Roßmäßler (1806–1867) machte auf die gebiet, mit einer Kernzone als Natur- Einzigartigkeit des Steinichts aufmerk- schutzgebiet. Weiterhin ist das kleine sam: „Schon oft hatte ich von dem ma- Naturdenkmal „Nelkenstein“ zu nennen, lerischen Elstertale und zwar von dem das bereits seit 1943 diesen Schutzsta- Theile desselben unweit Elsterberg ge- tus genießt. hört, welches wegen seiner felsigen Ufer das Steinicht heißt. Ein Besuch daselbst Erlebnis Natur sollte mir zum glücklichsten meines jun- Die Vielfalt der Pflanzengesellschaften gen Naturforscherlebens werden“. Und und -arten des Steinichts ist u. a. auch fast einhundert Jahre später schreibt der auf die klimatischen Einflüsse und die bekannte Greizer Geologe und Lehrer Dr. bodengeologischen Verhältnisse zurück- Erich Martin über das Steinicht: „Lange zuführen. Gerade im Steinicht mit seinen haben die Menschen das siedlungs- und Steilhängen und seinen vorstehenden verkehrsfeindliche Tal gemieden. Die Felskanzeln gibt es alle möglichen Über- 56 gänge von feucht-schattigen bis zu ex- dessen Grund sich teilweise viel Geröll trem trocken-sonnigen Standorten. Auch und Gesteinsschutt abgelagert hat. Wir die Exposition, die Lage in Bezug auf die wollen uns nun aber den extremsten, Richtung der Sonneneinstrahlung, ist sonnenexponierten Standorten und den von entscheidender Bedeutung. Auf den hier vorkommenden Pflanzenarten zu- steinigen Bergkuppen und an den Fels- wenden. steilhängen der Weißen Elster stocken Auf den trockenwarmen, flachgründi- noch heute artenreiche Laubmischwäl- gen und von Felsen durchragten Böden der. Diese Wälder sind mitbestimmend stocken heidekrautreiche Eichen-Bir- für die Schönheit des Gebietes. Auf den ken-Kiefernmischwälder mit Traubenei- sonnenseitigen Hängen herrschen Trau- che, Stieleiche, Hängebirke und Gemei- beneiche, Winterlinde und verschiedene ner Kiefer, die hier in einer gedrungenen Ginsterarten vor. Sie wachsen hier am Wuchsform mit breit ausladender Krone Steilhang, aus dem stellenweise mäch- vorkommt. In der Krautschicht fallen be- tige Diabasklippen herausragen und an sonders das Heidekraut und der Schaf-

Pfingst-Nelke

57 Wildkatze

Schwingel (eine Grasart), Fetthenne, Uhu, der jahrzehntelang hier verschwun- Kleines Habichtskraut und Nickendes den war und heute erfreulicherweise Leimkraut auf. Leitart der Felsspalten- wieder regelmäßiger Brutvogel ist. Aber und Felsstrauchgesellschaften ist die auch Eisvogel und Wasseramsel sind Echte Zwergmispel. Hier finden wir in der Raritäten, die Sie mit ein bisschen Glück Krautschicht Färber-Hundskamille, Dürr- beobachten können. Neuerdings wurden wurz-Alant und Nickende Distel; dazu auch die Wildkatze und der Fischotter noch zwei geschützte Arten, die im Vogt- nachgewiesen – ein weiteres Naturhigh- land nur im Steinicht vorkommen: die light des Steinichts. Pfingst-Nelke und der Rasen-Steinbrech. Und während Sie mit dem Fernglas Während die Nelke nur auf einem sehr durch die Landschaft schweifen, fal- schwer zugänglichen Felssims in weni- len Ihnen vielleicht an einer Felswand gen Exemplaren wächst, kommt der arkti- Klettersportler auf? Die Ausübung sche Steinbrech an zahlreichen Felswän- dieser Sportart im Steinicht wurde in Na- den vor. In den Felsspalten siedeln u. a. turschutzkreisen oft kontrovers disku- Farne aus der Gattung der Streifenfarne. tiert, ob z. B. durch das Klettern der Na- Weitere bemerkenswerte Pflanzenarten, tur Schaden zugefügt werden kann. Für die im Steinicht vorkommen, sind: Wei- das Steinicht zeichnet sich wohl eher ein ße Schwalbenwurz, Großblütiger Finger- positives Bild ab, d. h. organisierter Klet- hut, Leberblümchen (beide geschützt!), tersport kann auch in Schutzgebieten mit Katzenpfötchen, Wolliger Hahnenfuß, Einschränkungen zugelassen werden, Berghartheu, Wilder Dost, Frühlings- wenn er räumlich (nur an bestimmten Platterbse. Dies ist nur eine kleine Aus- Felswänden), zeitlich* (z. B. außerhalb wahl stellvertretend für eine Vielzahl wei- der Uhu-Brutzeit) und quantitativ (nur terer Arten, die Sie im Steinicht finden eine bestimmte Anzahl) begrenzt wird. und mit einem guten Bestimmungsbuch Dies setzt voraus, dass die Klettersport- identifizieren können. Zu den interessan- ler ausreichend über die naturschutz- testen Vögeln des Steinichts gehört der rechtlichen Bestimmungen informiert 58 Fischotter sind und danach handeln sowie Verstö- Wanderung durch das imposante Fel- ße von rücksichtslosen Kletterern der zu- sental des Steinichts ständigen Naturschutzbehörde melden. Wir beginnen unsere Wanderung fluss- Denn die Gefahr, dass z. B. der äußerst aufwärts über den Reitsteig, einen mittel- störungsempfindliche Uhu durch Klette- alterlichen Weg, der wohl die Verbindung rer seine Brut aufgibt, ist nicht zu unter- zwischen den beiden Burgen Elsterberg schätzen. und Liebau herstellte. Nahe des ehe-

Wasseramsel beim Nestbau

59 Fetthennenbläuling maligen Kunstseidenwerkes Elsterberg Nun führt ein sanft abfallender Waldweg zweigt am Scholasweg in halber Höhe zur Gippenschenke, wo der „Schlüssel der Reitsteig ab. Vom Prallhang, etwa 40 zum Steinicht“ aufbewahrt sein soll. Von m über dem Fluß, beginnt ein pilzreicher der Gaststätte ist es nur noch ein knapper Eichenhangwald (z. B. Erdsterne). Unten Kilometer bis ins Stadtzentrum von Els- im Tal liegt die Franzmühle. Aus den öst- terberg. Wem die Tour (ca. 11 km) nicht lich angrenzenden Hangwäldern führen reicht, sollte ab Rentzschmühle einen Ab- zwei Bachtälchen zur Weißen Elster, der stecher über Liebau-Jocketa ins Triebtal Öltzschbach (auch Gänsemühlenbach) unternehmen, ein ebenfalls landschaftlich und der Ruppertsgrüner Bach (Klepper- sehr reizvolles Flusstal. Von Barthmühle grund). Etwas abseits des Weges kann kann man dann mit dem Zug eine Station man prähistorische Spuren des Men- nach Rentzschmühle zurückfahren oder schen entdecken, die Reste bronzezeitli- weiter bis zum Haltepunkt Elsterberg- cher Grabstätten und einer „Fluchtburg“. Kunstseide. Wir wandern weiter auf dem Hauptweg in Richtung Bahnhof Rentzschmühle. Un- * Ausübung des Klettersports im thü- terwegs erwarten uns schöne Ausblicke ringer Teil am „Nelkenstein“, an zum gegenüberliegenden „Nelkenstein“ der „Plattenwand“ sowie am „Or- und „Uhustein“. Von der Rentzschmüh- bisfelsen“ nur im Zeitraum vom le geht es über die Ortsverbindungs- 1. August bis zum 31. Oktober straße vorbei an den Lochhäusern nach eines jeden Jahres. Cossengrün. An der ersten Kreuzung hal- ten wir uns rechts, Richtung Ortsmitte, und ca. 50 m nach dem Dorfteich wieder rechts, Richtung Steinicht/„Orbisgraben“. 60 Hohengrün Hallo Geocacher! Die Wanderroute durch das Steinicht bietet folgende Caches an:

Landesgrenze Elsterberg

Franzmühle Gippe

Görschnitz

Cossengrün

Nelkenstein

Lochhäuser N

Bahnhof Rentzschmühle

61 62 PD Dr.-Ing. habil. Hartmut Sänger Dipl.-Biologe Dipl.-Biologe

Büro für Umweltgutachten Tel.: (0 37 62) 94 72 35 Berggasse 6 E-mail: [email protected] 08451 Crimmitschau www.bios-bfu.de

Naturschutzbund Deutschland (NABU) Kreisverband Gera-Greiz e.V. NABU Johannes-R.-Becher-Straße 66 Kreisverband Gera-Greiz 07546 Gera

Tel.: (03 65) 4 20 43 17 E-Mail: [email protected]

www.fokus-natur.de Die Online-Naturbilddatenbank von Frank Leo und Torsten Pröhl

63 Auf Wiedersehen im

64 Landkreis Greiz!