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Staatskanzlei Staatsarchiv

Unterwalden, und Ein kurzer Überblick

Ob- und Nidwalden als Halbkantone lassen sich nachweisen. Auch die sogenannten gemeinsamen Bis zur Annahme der neuen Bundesverfassung 1999 gal- Landsgemeinden taugen nicht als Beweis. In Wisserlen fan- ten Ob- und Nidwalden als Halbkantone, die offizielle den insgesamt nur vier Gemeinden statt. Diese waren je- Bezeichnung lautete " ob und nid dem doch keine Landsgemeinden, sondern Schiedsgerichte, die Wald". In der neuen Bundesverfassung taucht der Be- auf eidgenössische Vermittlung zur Lösung von Streitigkeiten griff der Halbkantone nicht mehr auf. Ob- und Nidwal- stattfanden. den gelten heute offiziell zwar als Kantone, sie können jedoch nach wie vor nur je einen Ständerat wählen. Die Entstehung Unterwaldens im Spätmittelalter Unterwalden taucht erst 1304 in den Quellen auf – als Teil Neben Unterwalden waren auch und in der Reichsvogtei Waldstätte. Vorher gehörten die beiden Halbkantone geteilt. Während sich diese jedoch erst Täler zu verschiedenen Herrschaften von Adligen und Klös- 1597 (Appenzell) bzw. 1833 (Basel) trennten, erschei- tern. Bereits 1291 erwarb der Habsburger König Rudolf I. nen Ob- und Nidwalden bereits seit dem Mittelalter als viele dieser Herrschaftsrechte, womit diese Besitzungen selbständige Orte – und gleichzeitig gemeinsam als Un- reichsfrei wurden. 1309 bestätigte König Heinrich VII. die terwalden. Wie kam es dazu? Reichsfreiheit und schlug die Gebiete als Unterwalden zur neuen Reichsvogtei Waldstätte unter dem Wer- Ältere Vorstellungen zum Ursprung Unterwal- ner von Homberg. Unterwalden war also der rechtstopo- dens graphische Begriff für einen Teil der Reichsvogtei Wald- Die ältere Forschung bot zwei Theorien zum Ursprung stätte, es war keine autonome Gemeinde und kein Unterwaldens. Entweder wurde angenommen, Unter- autonomer "Kanton" der . walden wäre eine uralte Einheit, die aus einem frühmit- telalterlichen karolingischen Gerichtsbezirk stammte Die Reichsvogtei Waldstätte existierte jedoch nicht lange. und um 1330 auseinanderbrach. Oder man vermutete, Bereits ab den 1320er Jahren zerfiel sie langsam wieder, weil Ob- und Nidwalden wären ursprünglich unabhängige sich die überregionalen Adelsgeschlechter aus der Inner- Talgemeinden gewesen, die sich 1291 auf Druck der schweiz zurückzogen und die entstehenden eidgenössischen Eidgenossen zu Unterwalden zusammenschlossen, je- Orte die Landesherrschaft übernahmen. Im Verlauf dieser doch bald wieder auseinanderbrachen. Beide Theorien Entwicklung während des 14. Jh. zerfiel der Ort Unterwal- führten die sogenannten gemeinsamen Landsgemeinden den und in den beiden Tälern entstanden die Landorte Ob- von Ob- und Nidwalden, die im 14. und 15. Jahrhun- und Nidwalden. dert in Wisserlen (bei ) stattfanden, als Beleg an. Auch Ob- und Nidwalden entwickelten sich im 14. Jahrhun- Diese Vorstellungen, die auf entkräfteten Gemein- dert zu je eigenständigen Orten. In den eidgenössischen freien- bzw. Markgenossenschaftstheorien des 19. Jh. Bündnissen zählten sie jedoch weiterhin als Unterwalden zu beruhen, sind heute widerlegt: Weder ein karolingi- den Waldstätten. scher Gerichtsbezirk noch unabhängige Talgemeinden Ungleiche Rechte zwischen Ob- und Nidwalden an den eidgenössischen Bünden aufgeteilt – vielleicht nach Im eidgenössischen Bündnissystem galten die beiden der Lage dieser Klosterhöfe in den beiden Tälern: Obwalden Landorte Ob- und Nidwalden jedoch weiterhin als ein mit den Höfen und erhielt zwei, Nidwalden Ort. Dies vor allem deshalb, weil die alten Bündnisse mit dem Hof einen Drittel der Rechte. mit den Orten der Reichsvogtei – Uri, und Un- terwalden – geschlossen wurden. Ob- und Nidwalden Schlichtungsversuche und Gleichstellung mussten sich die überkommenen Rechte Unterwaldens Mehrere Schiedsgerichte eidgenössischer und katholischer teilen. Genauso wie später auch die Appenzeller und Orte zur Beilegung der Streitigkeiten schlugen fehl. Verglei- Basler Halbkantone die ererbten Rechte aufteilen muss- che von 1548 und 1589 und der sogenannte Kapuzinerfrie- ten und als Halbkantone galten. den von 1618 regelten zwar die wichtigsten Fragen und brachten eine Besserstellung Nidwaldens. Ob- und Nidwal- Dies führte zu langen Streitigkeiten. Obwalden bean- den hielten sich jedoch kaum an die Vergleiche und bis 1798 spruchte spätestens seit dem 15. Jahrhundert zwei flammten die Streitigkeiten immer wieder auf. Erst in der Drittel der Rechte Unterwaldens. Streitpunkte waren Neuzeit nahmen die Streitigkeiten ein Ende. Während der etwa der Besuch der , der Wortlaut der Helvetik gehörten Obwalden und Nidwalden zunächst als Amtseide und insbesondere die Frage, welche Familien Distrikte bzw. Stans zum Kanton Waldstätte. In der zu den alten Landleuten mit Rechten in beiden Landes- Mediation 1803 wurde dann die Souveränität wiederherge- teilen zählten. stellt, und Ob- und Nidwalden erhielten nun aber die glei- chen Rechte zugesprochen, nämlich je eine Hälfte. Im Bun- desvertrag 1815 und in der Bundesgründung 1848 wurde dieses Stimmengewicht schliesslich übernommen.

Emil Weber Dezember 2014

Literatur • Weber, Emil: "Unterwalden", in: Historisches Le- xikon der Schweiz (HLS), Version vom 05.03.2013, online: https://hls-dhs-dss.ch/de/artic- les/007409/2013-03-05/, konsultiert am 30.07.2021. • Weber, Emil: Ein neues Selbstverständnis. Die Nidwaldner schaffen ihre Geschichte, in: Steiner, Peter, Achermann, Hansjakob, Schleifer-Stöckli Karin, Weber Emil (Red.): Geschichte des Kan- Karte Unterwaldens mit den Landesteilen Ob- und Nidwalden (1767) tons Nidwalden, Stans 2014, Bd. 1, S. 94-101.

Die Frage, wie das ungleiche Stimmengewicht zustande gekommen war, ist kaum zu beantworten, weil keine Quellen Auskunft geben. Ein Zusammenhang mit der Reichsvogtei Waldstätte scheint wahrscheinlich. Wie erwähnt erwarb König Rudolf I. Besitz in Unterwalden: insbesondere den Grundbesitz an drei Höfen des Klos- ters Murbach-Luzern in Stans, Alpnach und Giswil. Als die Reichsvogtei zerfiel, und die beiden Täler im 14. Jh. eigene Wege gingen, wurden die Rechte Unterwaldens

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