Die Arbeitspartei Tritt Der Netanyahu-Regierung Bei : Mehr
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Die Arbeitspartei tritt der Netanyahu-Regierung bei - Mehr als ein linkes Feigenblatt für eine rechte Koalition? Von Dr. Ralf Hexel, FES Israel 2. April 2009 1. Bei den am 10. Februar 2009 erfolgten vorgezogenen Wahlen zur 18. Knesset er- rang das rechte/ultra-orthodoxe Lager einen Wahlsieg. Der Likud-Vorsitzende Benjamin Netanyahu wurde mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. 2. Tzipi Livni, mit 28 Sitzen die eigentliche Wahlsiegerin, lehnt eine Regierungskoali- tion mit Netanyahu ab und geht in die Opposition. Sie besteht auf der Zwei-Staa- ten-Lösung als Ziel für den Israelisch-Palästinensischen Friedensprozess. 3. Ehud Barak verhandelt an den Gremien seiner Partei vorbei mit Netanyahu ein Koalitionsabkommen und will dessen rechter Regierung beitreten. Nach heftigen Diskussionen bestätigt ein Sonderparteitag der Arbeitspartei den Regierungsbei- tritt. 4. Die Arbeitspartei ist tief gespalten. Die Befürworter des Regierungsbeitritts beto- nen die nationale Verantwortung der Partei und ihr Mitwirken bei der Bewälti- gung der Wirtschaftskrise. Die Gegner prophezeien den Ausverkauf ihrer sozial- demokratischen Werte und weiteren politischen Bedeutungsverlust. Sie fordern den Gang in die Opposition. 5. Die von Netanyahu gebildete Sechs-Parteien-Koalition aus Likud, Yisrael Beitenu, Arbeitspartei, Shas, Vereinigtes Torah-Judentum und Jüdisches Heim ist weltan- schaulich und ideologisch sehr heterogen zusammengesetzt. Eine erfolgreiche Bewältigung der Wirtschaftskrise und mutige Entscheidungen im Friedensprozess sind mit dieser Regierungskoalition nur schwer vorstellbar. Am 31. März wurde in Israel eine neue weltanschaulich weit auseinander lie- Regierung mit dem Likud-Vorsitzenden genden Parteien sind in Israel eher die Benjamin Netanyahu als Ministerpräsi- Regel als die Ausnahme. Trotzdem sorg- dent vereidigt. Neben dem rechten Li- te es für eine Überraschung, dass es kud gehören der Regierung fünf weitere Benjamin Netanyahu gelang, die von Parteien an: die rechts-nationalistische Ehud Barak geführte linke Arbeitspartei Partei Yisrael Beitenu, die sozialdemo- in sein ansonsten rechtes Regierungs- kratische Arbeitspartei, die ultra-ortho- bündnis zu holen. Es stellt sich die Frage, doxen Parteien Shas und Vereinigtes ob die Arbeitspartei, die aus den Wahlen Torah-Judentum sowie die rechts-religi- geschwächt hervorging, in dieser Kon- öse Partei Jüdisches Heim. Breite Regie- stellation eigene politische Ziele und rungskoalitionen von ideologisch und Inhalte umsetzen kann, oder ob sie vor allem als linkes Feigenblatt in einer an- glaubt, dass er die besten Chancen hat, sonsten rechten Koalition dienen soll. eine Regierung zu bilden.“ Da sowohl die rechten wie auch die ultra-orthodo- Wahlsieg der Rechten und Regie- xen Parteien sich für Benjamin Netany- rungsbildung durch Benjamin Neta- ahu als neuen Ministerpräsidenten aus- nyahu sprachen, erhielt dieser 10 Tage nach der Wahl von Shimon Peres den Auftrag Bei den am 10. Februar 2009 erfolgten zur Regierungsbildung. Laut Gesetz ste- vorgezogenen Wahlen zur 18. Knesset hen ihm dafür 28 Tage zur Verfügung. errang das rechte/ultra-orthodoxe Lager Wenn es in dieser Zeit nicht gelingt, eine einen Wahlsieg. Der von Benjamin Ne- Koalition zu bilden, kann er eine Verlän- tanyahu geführte Likud (27), die Partei gerung dieser Frist um weitere 14 Tage Yisrael Beitenu (15) des Rechtspopulis- beantragen. Netanyahu musste diese ten Avigdor Lieberman, der mit anti- Frist auch in Anspruch nehmen, da es arabischen Slogans den Wahlkampf be- ihm nach 28 Tagen nicht gelungen war, herrschte, die beiden ultra-orthodoxen eine regierungsfähige Koalition zu bil- Parteien Shas (11) und Vereinigtes To- den. rah-Judentum (5) sowie die rechts-religi- ösen Parteien Nationale Union (4) und Bereits vor der Wahl hatte Netanyahu Jüdisches Heim (3) errangen zusammen erkennen lassen, dass er einem Regie- 65 der insgesamt 120 Sitze in der Knes- rungsbündnis mit Kadima und der Ar- set. Dieses Ergebnis bestätigte den sich beitspartei, also einer Regierung der na- seit Monaten andeutenden Rechtsruck tionalen Einheit, den Vorzug geben in der israelischen Gesellschaft, der würde. Grund dafür sind seine Erfah- durch den Gaza-Krieg - mehr als 90% rungen als Ministerpräsident in der der jüdischen Bevölkerung unterstützte 1996-99 von ihm geführten rechten diesen Krieg - noch verstärkt wurde. Die Regierung. Mit ultimativen Forderungen linken Parteien erlitten eine dramatische besonders im Friedensprozess nahmen Niederlage, in der sich ein deutlicher ihm seine rechten Koalitionspartner den politischer Bedeutungsverlust manifes- für ein erfolgreiches Regieren notwendi- tiert. Die Arbeitspartei erreichte unter gen politischen Spielraum und führten Führung von Verteidigungsminister Ehud damit das vorzeitige Ende der Regierung Barak lediglich 13 Mandate, nachdem Netanyahu herbei. Die daraufhin ange- sie in der vorigen Knesset noch mit 19 setzten Neuwahlen führten zu einem Abgeordneten vertreten war. Die links- Sieg der Arbeitspartei und brachten liberale Meretz verschlechterte sich von Ehud Barak in das Amt des Ministerprä- 5 auf nun nur noch 3 Sitze. sidenten. Im Nachhinein bezeichnete Netanyahu die damals von ihm gebildete Sieger der Wahl waren Außenministerin rechts/ultra-orthodoxe Regierungskoali- Tzipi Livni und ihre Kadima-Partei mit 28 tion als den „größten Fehler meines Le- Mandaten. Trotzdem wurde sie von bens.“ Die Wiederholung einer solchen Staatspräsident Shimon Peres nicht mit Konstellation und der daraus resultie- der Regierungsbildung beauftragt. Das renden politischen Entwicklungen will er israelische Grundgesetz schreibt vor, diesmal unbedingt vermeiden. Unmittel- dass der Präsident nach den Wahlen die bar nach der Wahl machte er daher Ka- in der Knesset vertretenen politischen dima und der Arbeitspartei das Ange- Parteien konsultieren muss, um dann bot, einer von ihm geführten Koalition auf der Grundlage dieser Konsultationen beizutreten. In einem solchen breiten den Politiker mit der Bildung der neuen Bündnis, sah er die beste Voraussetzung Regierung zu beauftragen, „von dem er 2 für stabiles und handlungsfähiges Regie- Neuwahlen anstehen könnten, wird in ren. ihren Überlegungen ebenfalls eine wich- tige Rolle gespielt haben. In der eigenen Tzipi Livni gibt sich prinzipienfest Partei bekam Livni für ihre Entscheidung und geht in die Opposition nur begrenzt Unterstützung. Führende Kadima-Vertreter wie Ex-Verteidigungs- Netanyahu begann seine Koalitionsver- minister Shaul Mofaz und die bisherige handlungen mit starken Angeboten an Parlamentspräsidentin Dalia Itzig forder- Tzipi Livni und Kadima. Er bot ihr eine ten sie auf, ernsthaft mit Netanyahu volle Partnerschaft im zukünftigen Kabi- über eine Regierung der nationalen Ein- nett, das Amt der Außenministerin, eine heit zu verhandeln und Kadima nicht so weiteres Schlüsselministerium für ihre einfach in die Opposition zu führen. Vi- Partei - Verteidigung oder Finanzen - ze-Premier Haim Ramon sagte: „Kadima sowie weitere Ministerposten an. Es gab und Likud sind natürliche Partner, nicht in der Folge eine Reihe von persönlichen Shas und die extreme Rechte.“ Livni Treffen, aber Tzipi Livni lehnte Netanya- setzte sich mit ihrer Position jedoch hus Angebote ab. Sie macht die Ver- durch, was zeigt, dass sie in ihrer Partei pflichtung der neuen Regierung auf das derzeit unangefochten ist. Erreichen einer Zwei-Staaten-Lösung im Friedensprozess mit den Palästinensern Parallel zu den Bemühungen um Tzipi zur Bedingung ihres Eintritts in die Koali- Livni und Kadima verhandelte Netany- tion. Außerdem fordert sie, die sich als ahu mit den rechten und ultra-orthodo- die eigentliche Gewinnerin der Wahlen xen Parteien, die ihn in den Konsultatio- versteht, eine Rotation des Ministerprä- nen mit dem Staatspräsidenten als Mi- sidentenamtes. Danach würde zwei Jah- nisterpräsident empfohlen hatten. Das re Netanyahu als Premier agieren und erste Koalitionsabkommen schloss er mit zwei Jahre sie. Dieses Modell hatte es - Avigdor Lieberman und dessen Partei gekennzeichnet vor allem von politi- Yisrael Beitenu ab. Dieser erhält das Au- schem Stillstand - in Israel bereits 1984- ßenministerium und seine Partei vier 88 gegeben, als sich Yitzhak Shamir (Li- weitere Ministerposten. Mit seinen zent- kud) und Shimon Peres (Arbeitspartei) ralen inhaltlichen Forderungen aus dem das Amt teilten. Netanyahu lehnte diese Wahlkampf - der Einführung der Zivilehe Forderungen aber ab. Er weiß, dass er und einem Loyalitätstest für die Araber die Unterstützung der rechten Parteien in Israel - kann Lieberman sich jedoch verlieren würde, wenn er die Zwei-Staa- nicht durchsetzen. Gegen die Zivilehe ten-Lösung zum Ziel seiner Regierung kommt vehementer Protest von den ult- erklärt. Und das Amt des Ministerpräsi- ra-orthodoxen Parteien, die ebenfalls mit denten - mit zwei Jahren für jeden der Netanyahu verhandeln. Und auch der beiden - will er mit Livni auch nicht tei- von ihm geforderte anti-arabische Loya- len. Zu sehr könnte sie die politische litätstest („Ohne Loyalität keine Staats- Entwicklung dann in ihrem eigenen Sin- bürgerschaft“) findet in dieser Form im ne gestalten. Koalitionspapier keine Erwähnung. Tzipi Livni entschied sich, in die Opposi- Danach einigte sich Netanyahu mit Shas tion zu gehen und von dort ihre politi- auf ein Koalitionsabkommen. Die Partei schen Ziele zu verfolgen. Gewiss folgte erhielt vier Ministerposten, nämlich für sie damit ihren politischen Überzeugun- Inneres, Wohnungsbau, Religion und gen und Prinzipien, aber das Kalkül, dass einen Minister ohne Portfolio. Für