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Chronologie 2014

Dezember 2014

31.12.2014: Am frühen Morgen verpasst der von der palästinensischen Autonomiebehörde eingebrachte Entwurf für eine Resolution zur Beendigung der israelischen Besatzung und zur Gründung des Staates Palästina bis Ende 2017, der nach Gesprächen leicht verändert wurde, im UN-Sicherheitsrat die erforderliche Mehrheit von 9 Stimmen, bevor die USA ihr Veto einlegen. 5 Mitglieder (Großbritannien – das Unterhaus hatte am 13. Oktober mit großer Mehrheit die Regierung aufgefordert hatte, die Initiative zu unterstützen –, Nigeria , Süd-Korea , Ruanda und Litauen ) enthalten sich der Stimme. Für eine Resolution entscheiden sich Russland , die Volksrepublik China , Frankreich , Luxemburg , Jordanien , Argentinien , Chile und Tschad . Mit den USA stimmt Australien gegen den Entwurf.

Vor der Abstimmung erklärte der britische UN-Botschafter, dass auch seine Regierung den Resolutionsentwurf nicht mittragen werde. Der Botschafter hatte den Zeitpunkt der Vorlage und die Aussage zur Regelung des palästinensischen Flüchtlingsproblems kritisiert.

Das US-State Department kritisiert in scharfen Worten den palästinensischen Resolutionsentwurf. Der Schritt sei „nicht konstruktiv ‟, schaffe „willkürliche Termingrenzen und nimmt Israels Sicherheitsbedürfnisse nicht in Betracht ‟. Deutschland, Frankreich und Großbritannien, so heißt es, würden sich um einen neuen Resolutionsentwurf bemühen. Dennoch wiederholt die US- amerikanische Botschafterin wieder einmal und ungerührt, dass die Administration an der Zwei-Staaten-Lösung auf www.reiner-bernstein.de 2 – Chronologie 2014

der Grundlage der „Grünen Linie“ vor dem Junikrieg 1967 mit geringfügigen „land swaps“ festhalte, warnt aber die Regierung Israels vor der Fortsetzung des „unhaltbaren Status quo“ .

Der israelische UN-Geschäftsträger zeigt sich erfreut, dass die palästinensische „Provokation“ gescheitert sei.

Am Abend des 17. Dezember hatte Jordanien im Namen der Palästinensischen Autonomiebehörde den Entwurf eingereicht. Die Initiative des gegenwärtig nicht-ständigen Mitglieds in diesem Gremium war mit anderen Staaten der Weltorganisation – darunter mit Frankreich – und mit der Arabischen Liga abgesprochen. Der palästinensische Botschafter Riyad Mansour bekräftigte, dass damit kein Schlussstrich unter neue Verhandlungen gesetzt sei.

In den Entwurf heißt es:

– „that the negotiated solution will be based on the following parameters: borders based on 4 June 1967 lines with mutually agreed, limited, equivalent land swaps;

– security arrangements, including through a third-party presence, that guarantee and respect the sovereignty of a State of Palestine, including through a full and phased withdrawal of Israeli security forces which will end the occupation that began in 1967 over an agreed transition period in a reasonable timeframe, not to exceed the end of 2016, and that ensure the security of both and Palestine through effective border security and the preventing the resurgence of terrorism and effectively addressing security threats, including emerging and vital threats in the region;

– a just and agreed solution to the Palestine refugee question on the basis of [the] Arab Peace Initiative, international law and relevant resolutions, including resolution 194 (III);

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as the shared capital of the two States which fulfils the legitimate aspirations of both parties and protects freedom of worship;

– an agreed settlement of other outstanding issues, including water”.

Weiter fordert der Entwurf

„the urgent need to attain, no later than 12 months after the adoption of this resolution, a just, lasting and comprehensive peaceful solution that brings an end to the Israeli occupation since 1967 and fulfils the vision of two independent, democratic and prosperous states, Israel and a sovereign, contiguous and viable State of Palestine living side by side in peace and security within mutually and international resigned borders”.

Ein Repräsentant der palästinensischen Autonomiebehörde hatte am 29. Dezember angekündigt, dass diese um die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen nachsuchen werde, so beim Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag, sollte die Resolution scheitern und nicht die erforderliche Mehrheit von 9 der 15 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates erhalten. Da für den Fall, dass im Zuge der palästinensischen Mitgliedschaft, die Machmud Abbas am 31. Dezember beauftragte, der ICC tätig wird, müssten auch Repräsentanten der „Hamas“ mit Ermittlungen und anschließenden Fahndungsbefehlen rechnen – was der politischen Autorität Ramallahs international zugutekäme.

Das-Internet Forum von „Yediot Achronot“ (Letzte Nachrichten)“ meldet am 31. Dezember aus Washington, dass selbst diejenigen Delegationen, die gegen den jordanisch-palästinensischen Entwurf stimmten, keinen Zweifel an ihrem Unmut über die israelische Politik haben aufkommen lassen. ^

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Aus bislang unklaren Gründen distanziert sich der jordanische König am 05. Januar 2015 von der Entscheidung der Autonomiebehörde, den Entwurf in den UN-Sicherheitsrat einzubringen.

Nach Mitteilung des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen befinden sich Ende des Jahres 46 Millionen Menschen auf der Flucht, davon 3 Millionen aus Syrien . Deren Hauptaufnahmeländer sind die Türkei , Libanon und Jordanien .

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind in Syrien im abgelaufenen Jahr 2014 nicht weniger als 76.000 Menschen ums Leben gekommen. Im Irak sollen im selben Zeitraum rund 17.000 Menschen durch die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ getötet worden sein. In einem langen Analysebeitrag schreibt Rainer Hermann am 03. Januar 2015, dass Syrien zu einem Drittel von den Terrormilizen des „Islamischen Staates“, zu einem Zehntel von den Kurden und weitere Teile im Norden von der „Al-Nusra“-Front beherrscht würden. Inzwischen habe die russische Regierung Vermittlungen zwischen den Oppositionsgruppen und Damaskus angeboten sowie weitere Hilfszahlungen für das Regime von Präsident Bashar Assad von dessen Bereitschaft zum Dialog mit der Opposition abhängig gemacht 1.

Die parteiinternen Wahlen für den Vorsitz des „“ gewinnt Benjamin Netanjahu mit rund 80 Prozent vor seinem einzigen Herausforderer, dem Vorsitzenden des Zentralkomitees der Partei . Die Wahlbeteiligung liegt bei rund 55 Prozent 2. Bei der Aufstellung der Kandidatenliste der Partei stehen die folgenden Kandidaten auf den ersten 18 Plätzen nach Netanjahu: 2. (bisher Minister für Kommunikation und „Home Front

1 Rainer Hermann: Syrische Kriegsfragmente, in FAZ 03.01.2015, S. 8.

2 Vgl. die Eintragung am 21.12.2014 in dieser Zeitleiste.

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Security“), 3. (bisher Parlamentspräsident), 4. (bisher Verkehrsminister), 5. (bisher Vorsitzende des Innenausschusses), 6. Silvan Shalom (bisher Minister für Energie und Wasser) , 7. Moshe Ya'alon (bisher Verteidigungsminister), 8. , 9. , 10. Ze’ev Elkin (bisher stellvertretender Außenminister), 11. Der Platz bleibt der Besetzung durch Netanjahu vorbehalten, 12. , 13. (bisher Minister für Strategie, Geheimdienste und internationale Beziehungen), 14. Danny Danon (bis zu seiner Entlassung durch Netanjahu stellvertretender Verteidigungsminister), 15. Tzipi Hotevely, 16. Der Platz bleibt einem Kandidaten der Region „Shfela“ nordwestlich und südwestlich von Jerusalem, vorbehalten, 17. Ophir Akunis (bisher im Amt des Ministerpräsidenten für die Beziehungen zur zuständig), 18. Jacki Levy (Sohn des früheren Außenministers David Levy als Kandidat aus Galiläa), 19. Der Platz bleibt einem Kandidaten aus der Region vorbehalten, 20. (ehemals Chef des Inlandsgeheimdienstes „Shin Bet“). Die Liste zeigt die politische Nähe zu Netanjahu mit eindeutiger Rechtslastigkeit, wofür allein die Kandidaten Regev, Danon, Levin und Elkin sorgen, so dass die Aussage des Netanjahu-Lagers substanzlos ist, wonach die Liste „ausgezeichnet“ , „verantwortungsbewusst“ , „gemäßigt“ und „ausgewogen“ sei. Am 05. Januar 2015 verzichtet der ultranationalistische Abgeordnete im „Likud“ Moshe Feiglin, der bei der Nominierung der Kandidaten keine Absicherung erhalten hat, die Gründung einer eigenen Partei.

Nitzan Horowitz, einer der führenden Repräsentanten der linksliberalen Partei „ (Stärke, Kraft)“, verzichtet auf eine neue Kandidatur für die Knesset-Wahlen am 17. März 2015.

Nach offiziellen Angaben belief sich die Zahl der Touristen in Israel, die länger als einen Tag blieben, im abgelaufenen Jahr auf 2,9 Millionen Personen. Davon reisten 2,5 Millionen per Flugzeug an. An der Spitze lagen die USA mit 626.000 Touristen, gefolgt von www.reiner-bernstein.de 6 – Chronologie 2014

Russland mit 567.000 (ein Rückgang um 6 Prozent), Frankreich mit 301.000 (ein Rückgang um 5 Prozent), Deutschland mit 196.000 (ein Rückgang um 23 Prozent), dem Vereinigten Königreich mit 179.000 (ein Rückgang um 18 Prozent) und Italien mit 12.000 (ein Rückgang um 29 Prozent).

29.12.2014: Ein Repräsentant der palästinensischen Autonomiebehörde kündigt an, dass sie sich bis zum 31. Dezember mit Konsultationen die Zeit nehmen wolle, den Entwurf für eine Resolution zur Beendigung der israelischen Besatzung und der Entstehung des Staates Palästina im UN-Sicherheitsrat einzureichen, und zwar unabhängig davon, ob bei der Abstimmung mit einem Veto der USA zu rechnen sei. Sollte die Resolution scheitern und nicht die erforderliche Mehrheit von 9 der 15 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrates erhalten, werde die Autonomiebehörde um die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen nachsuchen, so im Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Am 27. Dezember hatte der „Hamas“-Führer Machmud Zahhar die Anstrengungen aus Ramallah als „eine Katastrophe“ abgelehnt, weil sie sich mit dem Rückzug Israels auf die „Grüne Linie“ vor dem Junikrieg 1967 begnügten und nicht ganz Palästina forderten3. Der Londoner „Guardian“ berichtete am 28. Dezember, dass „Hamas“ 37 palästinensischen Kindern aus dem Gazastreifen, die ihre Eltern im Sommer während der israelischen Militäroperation „Schutzschild“ verloren haben, den Besuch bei israelischen Partnern und bei Präsident Machmud Abbas in Ramallah verboten habe 4.

In scharfen Worten kritisiert das US-State Department den palästinensischen Resolutionsentwurf. Der Schritt sei „nicht

3 Vgl. zuletzt die Eintragungen am 20.12.2014 in dieser Zeitleiste.

4 Hamas bars Gaza children bereaved in war from visiting Israel, in „The Guardian“ 28.12.2014.

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konstruktiv ‟, schaffe „willkürliche Termingrenzen und nimmt Israels Sicherheitsbedürfnisse nicht in Betracht ‟. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu fordert die „verantwortungsbewussten Mitglieder der internationalen Völkergemeinschaft ‟ auf, dieses „Diktat an die Adresse der UNO und an den Sicherheitsrat ‟ entschieden zurückzuweisen. „Was wir brauchen, sind Direktverhandlungen und nicht diktierte Bedingungen ‟, betont Netanjahu. Israel werde alle Bedingungen zurückweisen, die seine Sicherheit gefährden würden.

Am 30. Dezember verkündet der britische UN-Botschafter, dass seine Regierung den Resolutionsentwurf nicht mittrage, weil der Zeitpunkt verkehrt sei und die Aussage zur Regelung des palästinensischen Flüchtlingsproblems Fragen aufwerfe.

Am 31. Dezember unterzeichnet der palästinensische Präsident Machmud Abbas in Ramallah das „Rome Statute“ zur Mitgliedschaft im Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag 5. Als der französische Botschafter in Israel am 02. Januar 2015 wegen der französischen Zustimmung zum jordanisch-palästinensischen Resolutionsentwurf ins Jerusalemer Auswärtige Amt einbestellt wird, weist Patrick Maissonave 6 darauf hin, dass Paris zugestimmt habe, um die Autonomiebehörde davon abzuhalten, die Mitgliedschaft beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu beantragen.

Der von der israelischen Regierung nach den sozialen Protesten im Sommer 2011 eingesetzte Wirtschaftswissenschaftler Manuel Trajtenberg schließt sich der „Arbeitspartei“ an 7.

5 Vgl. zuletzt die Eintragung am 15.09.2014 und zum „Rome Statute“ die Eintragung 03.11.2013 in dieser Zeitleiste.

6 Vgl. die Eintragung am 03.10.2014 in dieser Zeitleiste.

7 Vgl. die Eintragungen am 26.09.2011 und 13.08.2011 in dieser Zeitleiste.

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Der Vorsitzende der Partei der „Sefardischen Thorawächter ()“ Arye Deri bietet dem „Rat der Thora-Weisen“ seinen Rücktritt an, nachdem schwere Vorwürfe des am 07. Oktober 2013 verstorbenen früheren sefardischen Oberrabbiners Ovadia Yosef bekanntgeworden sind. Sie richten sich vor allem gegen die Partei, die einen verurteilten „Dieb“ und wegen „passiver Bestechung“ zum Vorsitzenden gemacht habe. Deri war dafür zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden, von denen er zwei absitzen musste und sieben Jahre kein öffentliches Amt ausüben durfte 8. Am 30. Dezember zieht sich Deri aus der Politik zurück. Am 11. Januar 2015 bestätigt Deri, dass er Vorsitzender von „Shas“ bleibe.

Nach Angaben des palästinensischen Statistikamtes werden im Jahr 2016 in der Westbank 4,62 Millionen und im Gazastreifen 1,48 Millionen Palästinenser leben, insgesamt also 6,10 Millionen.

28.12.2014: Die „Jewish Identity Administration“ des früheren Wirtschaftsministers – er war gleichzeitig Minister für religiöse Dienstleistungen – hat vor kurzem zusätzliche Haushaltsmittel bis zu 1,48 Millionen US-Dollar für die Errichtung einer religiösen Akademie für 1.200 Schüler mit Stipendien erhalten. Mit der Einrichtung, die von einer orthodoxen NGO unter Leitung von Militärrabbiners i.R. im Range eines Brigadegenerals Avichai Rontzki verwaltet wird, sollen fast ausschließlich Elitegruppen der säkularen Gesellschaft vor allem in Tel Aviv gewonnen werden, weil von dort der säkulare Einfluss komme. Nach Angaben Rontzkis gegenüber der Zeitschrift „Kleine Welt (Olam katan“) ist es das Ziel, die jüdische Identität tausendmal mehr als bisher zu verankern. Statt der bisher

8 Vgl. die Eintragungen am 11.12.2014 in dieser Zeitleiste.

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50 sollen 5.000 Schulen entstehen. Jetzt erhalten 800 Schüler einen monatlichen Betrag von 4.000 Neuen Shekel ( ≈ 1.500 US-Dollar) 9.

“ berichtet, dass Diskussion im Generalstab im Gange seien, die Streitkräfte von einer Volksarmee in eine Berufsarmee umzuwandeln, weil schon heute die Grundschüler entweder Araber oder Ultraorthodoxe seien, die von der Wehrpflicht freigestellt sind oder einen verkürzten Wehrdienst leisten, wie beim System der „Yeshivot “, das über den Verlauf von fünf Jahren ein zweijähriges religiöses Studium mit einem dreijährigen Militärdienst verbindet 10 .

In einem Brief an den Vorsitzenden der Arbeitspartei Isaac (Yitzhak) Herzog fordern und Dan Jabobson im Namen des „Israeli Peace NGO Forum“, dass die Listenverbindung mit Tsipi Livnis Partei „ha-Tnuah (Die Bewegung)“ auf den vorläufigen Namen „Zionistisches Lager“ verzichtet, weil es die Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit ausschließe. „Eine Botschaft an die arabische (und jüdische) Bevölkerung ist dringend erforderlich, damit alle israelischen Staatsbürger als völlig ebenbürtig angesehen werden und legitime Partner [im Kampf gegen] eine Blockade der Mehrheit gelten 11 .“ In einem Positionspapier des „Israeli Peace NGO Forum“ vom selben Tage heißt es an die Adresse der internationalen Diplomatie: „Zu diesem entscheidenden Zeitpunkt wollen wir Zeugen der Anerkennung des Staates Palästina werden – nicht als Ergebnis von Friedensverhandlungen, sondern als ein notwendiger Vorbote

9 Or Kashti: Jewish Identity Administration gets increased budget for new project, in „Haaretz“ 28.12.2014. Vgl. die Eintragung am 11.11.2014 in dieser Zeitleiste.

10 Amos Harel: Internal IDF Report: Army must prepare to cancel mandatory draft, in „Haaretz“ 28.12.2014.

11 Vgl. die Eintragung am 04.12.2014 in dieser Zeitleiste.

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für einen nachhaltigen Friedensprozess auf der Grundlage zweier souveräner Staaten. Wir glauben, dass der übliche Ansatz von Friedensverhandlungen, der sich dem [von der israelischen Politik bevorzugten] Bilateralismus mit den USA als einzigem Wegbereiter anschließt, einen palästinensischen Staat an der Seite Israels auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung zu schaffen, fehlgeschlagen ist. Entgegen dem Diktat eines solchen Ansatzes haben die vergangenen fünf Jahre das beständige und konzentrierte israelische Bemühen bewiesen, den Parteien irgendeinen Fortschritt auf dem Weg zum Frieden zu verwehren, während eine expansionistische Siedlungspolitik vor Ort entschlossen vorangetrieben wurde. Das soll nicht heißen, dass die Vereinigten Staaten keine Rolle spielen sollen. Im Gegenteil: Die USA können und sollen eine wichtige proaktive Rolle bei der Förderung des Prozesses spielen. Aber die traditionelle Rolle, den Weg zu ebnen („facilitation“), sollte entweder von einem multilateralen Ansatz der Vermittlung oder [des Verständnisses] als Schiedsrichter oder durch eine dafür eigens beauftragte UN-Körperschaft ersetzt werden.“ Weiter heißt es: „Es ist unsere Überzeugung, dass jeder nachhaltige Friedensprozess auf der Basis der Beendigung der Besatzung und einer vereinbarten Teilung des Lande entlang der Linien vom 04. Juni 1967 mit einem gegenseitig vereinbarten Gebietsaustausch geschehen muss.“ Abschließend tragen die Autoren vor: „Wir schlagen vor, dass das Quartett [USA, EU, Russland und UN-Generalsekretariat] oder die UN- Vollversammlung im Benehmen mit dem Weißen Haus und mit der EU gemeinsam mit den Autoren der Arabischen Friedensinitiative die Idee einer internationalen Friedenskonferenz diskutiert, an der die Konfliktparteien ebenso wie die wichtigsten arabischen, so Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien und die Golfstaaten, beteiligt sind 12 .“

12 Peace NGOs Forum Policy Committee on the Palestinian Initiative in www.reiner-bernstein.de 11 – Chronologie 2014

Der Oberste Gerichtshof tritt zu einer Anhörung zusammen, in der es um das Gesetz zur Erhöhung der Sperrklausel für die Knesset- Wahlen auf 3,25 Prozent geht 13 .

27.12.2014: Yoel Marcus, Alt-Chefredakteur von „Haaretz“, befasst sich mit der zweimaligen Regierungszeit Benjamin Netanjahus zwischen 1996 und 1999 sowie seit 2009 und schreibt, dass sich der Ministerpräsident ständig mit der Gefahr eines neuen Holocaust, mit der iranischen Atombombe und mit dem Antisemitismus befasse, statt innenpolitisch auf die Probleme der Armut, der Kranken und der alten Menschen einzugehen. Das Versagen schreibt Marcus jedoch nicht Netanjahu zu, sondern „uns allen“ , den Wählern 14 .

26.12.2014: Das israelische Finanzministerium, das nach der Entlassung von von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geführt wird, verkauft große Wohnmobile („caravans“) mit einem 40-prozentigen Rabatt an Siedlungen und Außenlager in der Westbank, darunter auch an Amona 15 .

25.12.2014: Ari Shavit beklagt, dass 2014 das Scheitern der Verhandlungen unter Leitung von US-Außenminister John Kerry, die Vertiefung der the UNSC on the Termination of Occupation and Launch of Palestinian Statehood. December 28, 2014.

13 Vgl. zuletzt die Eintragung am 02.12.2014 in dieser Zeitleiste.

14 Yoel Marcus: Wir alle sind schuld, in „Haaretz“ 27.12.2014 (Hebr.).

15 Vgl. zuletzt die Eintragung am 26.12.2014 in dieser Zeitleiste.

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Besatzung und der Schrecken des Gaza-Krieges mit mehr als 70 israelischen und mehr als 2.000 palästinensischen Toten die Zwei- Staaten-Lösung begraben hätten. Die Unfähigkeit israelischer und palästinensischer Gemäßigter, ernsthaft und praktisch zusammenzuarbeiten, hätte in die Hände der Extremisten auf beiden Seiten gespielt. Statt einen neuen kreativen und realistischen Prozess zugunsten der Zwei-Staaten-Lösung in die Wege zu leiten, würde das Land weiter in den Sumpf der binationalen Feindschaft sinken. Der wirtschaftliche Erfolg, die Luftwaffe, die Trennungsmauer, der Inlandsgeheimdienst, der Schutzschild des „Iron Dome“, die Hightech-Blase, die Naturgas-Funde und das Bodeneigentum hätten den Eindruck vermittelt, dass es keine arabische Welt, keine Palästinenser, keine Siedlungen und keine Besatzung um Israel herum gebe. Der Wohlstand reite auf dünnem Eis. 2015 sei eine tiefe, scharfe politische Wende bei den Wahlen vonnöten. Das furchteinflößende Phänomen aus Netanjahu, Lapid, Bennett und Lieberman dürfe sich nicht wiederholen, auch wenn die Auswechslung des Personals nicht ausreiche. Die israelische Republik müsse neu definiert und neu geschaffen und die Heimat neu aufgebaut werden 16 .

Der frühere stellvertretende Verteidigungsminister Israels Danny Danon schlägt eine „regionale Lösung“ für den Konflikt mit den Palästinensern vor. Auf Nachfrage, was er damit meine, schlägt Danon vor, dass die „Araber von Judäa und Samaria in ihren Städten und Dörfern bleiben“ und dass ihre „nationalen politischen Aspirationen von Ägypten oder Jordanien anerkannt“ werden.

Der Präsident des Obersten Gerichtshofs Israels Asher Grunis ordnet die vollständige Auflösung des größten Außenlagers Amona in der Nähe der Siedlung Ofra innerhalb von zwei Jahren an. In Amona, das 1997 auf privatem palästinensischem Grund und Boden

16 Ari Shavit: The failed promise of Israel 2014, in „Haaretz“ 25.12.2014.

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errichtet wurde, leben heute rund 50 Familien. In seiner Anordnung führt Grunis bemerkenswerterweise aus, dass der private Ankauf von Böden nicht den Weg in eine Bautätigkeit ohne staatliche Erlaubnis ebne 17 . Die israelische Regierung hatte bislang regelmäßig darauf hingewiesen, dass ihr in solchen Fällen privater Investitionen politisch die Hände gebunden seien.

Eine am Straßenrand abgelegte Bombe bei El-Arish auf der Sinai- Halbinsel tötet zwei ägyptische Soldaten.

24.12.2014: In Anwesenheit des palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas fordert der Lateinische Patriarch von Jerusalem Fuad Twal bei der Weihnachtsmesse in der Geburtskirche von Bethlehem den schnellen Wiederaufbau des Gazastreifens und die Verbesserung der dortigen Lebensbedingungen. All die Opfer des letzten Krieges seien wohl umsonst gewesen, beklagt Twal, denn an den Wurzeln des Problems habe sich bisher nichts geändert. „Dieser Krieg hat den Hass und das Misstrauen zwischen den beiden Völkern vertieft und eine Spirale der Gewalt und der Repressalien gebracht." Viele junge jüdische Israelis besonders aus Tel Aviv nehmen an der Messe Anteil.

In „Haaretz“ kommentiert Zvi Bar’el Washingtons Illusion, dass der Druck auf die Palästinensische Autonomiebehörde, beim UN-Sicherheitsrat den in blauer Farbe eingereichten Entwurf („put in blue“) eines Antrags auf das Ende der Besatzung bis Ende 2017 zu verzögern, auf die Alternative hinauslaufe, dass aus den Knesset-Wahlen am 17. März 2015 entweder eine neue, weniger rechtsorientierte, weniger extremistische, weniger

17 Chaim Levinson: High Court orders demolition of largest outpost within two years, in „Haaretz“ 25.12.2014.

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rassistische und mehr dem Frieden zuneigende Regierung hervorgehen könnte oder dass Benjamin Netanjahu mit einer neuen Koalition bei Verhandlungen mehr flexibel auftreten werde. Doch wenn Netanjahu, so der Kommentator, wiedergewählt wird, werde er seine bisherige Politik nicht ändern. Die Vorstellung Washingtons so sei logisch wie die Erwartung, dass Netanjahu zu Ehren der Pessach-Feiertage Palästina anerkennen werde. Selbst wenn die Listenverbindung aus Arbeitspartei und „Ha-Tnuah (Die Bewegung)“ mit Isaac (Itzhak) Herzog und Tsipi Livni siegreich aus den Wahlen hervorgehe, sei kein Wunder zu erwarten. Livni habe schon am 21. Dezember angekündigt, dass der Verzicht auf die Klagemauer in der Altstadt keinesfalls nicht in Frage komme 18 .

23.12.2014: Unter Verweis auf Russland beschuldigt Israels Außenminister Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der „Heiligsprechung“ des Status quo. Ohne die Europäische Union expliziert zu nennen, würden ohne eine diplomatische Initiative Sanktionen greifen und die israelische Wirtschaft schwer treffen 19 . Für die Militärhilfe aus den USA in Höhe von gegenwärtig 3,7 Milliarden US-Dollar gebe es keinen Ersatz.

In einem Gastbeitrag fordert Uri Avnery die linksbürgerliche Partei „Meretz (Stärke, Kraft)“ unter Führung von 20 auf, sich dem

18 Zvi Bar’el: Abbas, verschieben Sie das Votum bei den Vereinten Nationen, in „Haaretz“ 24.12.2014 (Hebr.). Livni: „… dieser Ort, mit dem wir aus tiefster Seele verbunden sind, wird in alle Ewigkeit unter Israels Souveränität bleiben“.

19 Vgl. zuletzt die Eintragung am 17.12.2014 in dieser Zeitleiste.

20 Gili Cohen: Number of Gazans trying to enter Israel rose after Operation Protective Edge, in „Haaretz“ 22.12.2014.

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Wahlbündnis von Arbeitspartei und „Ha-Tnuah (Die Bewegung)“ anzuschließen 21 .

Nach einer Studie der Hilfsorganisation „Latet (Geben)“ leben rund 2,5 Millionen israelische Staatsbürger und damit mehr als 30 Prozent der Gesamtbevölkerung unterhalb der Armutsgrenze; besonders stark seien Kinder betroffen. 50 Prozent seien von staatlichen Transferleistungen abhängig, viele gehörten einstmals zur sozialen Mittelschicht. Nach offiziellen Angaben leben lediglich reichlich 20 Prozent der Israelis unterhalb der Armutsgrenze. Am 25. Dezember teilt das „Israel National Council for the Child“ mit, dass Ende 2013 von den 2.682.160 Kindern in Israel nicht weniger als 826.105 (32,9 Prozent der Gesamtbevölkerung) unterhalb der Armutsgrenze leben mussten; davon waren 20 Prozent jüdische und 66,4 Prozent nicht- jüdische Kinder. Gegenüber dem Jahr 1998 sei dies ein Zuwachs von 55 Prozent. Seit 1980 habe sich die Armut unter Kindern sogar verdreifacht 22 .

22.12.2014: Das Friedensgericht in Jerusalem entscheidet, dass Juden, denen von Seiten der israelischen Militärverwaltung der Zutritt zur Zone A der Westbank – sie steht, wenn auch nur theoretisch seit den Osloer Vereinbarungen, unter der vollen Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde – die Geltung der Prinzipien der Gerechtigkeit und der Ebenbürtigkeit verwehrt würde. Ein Siedler aus Beit El nördlich von Ramallah hatte sich diskriminiert gefühlt, weil er auf dem Nachhauseweg an einem Checkpoint aufgefordert wurde, einen 20 Minuten langen

21 Uri Avneri: Meretz, schließt euch dem Block an, in „Haaretz“ 23.12.2014 (Hebr.).

22 Yarden Skop: Report: One-third of Israeli children are poor – 55% percent in 15 years, in „Haaretz” 25.12.2014. Vgl. die Eintragung am 18.04.2010 in dieser Zeitleiste.

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Umweg zu fahren. Sein Anwalt führte vor Gericht auf, dass das Verbot rassistisch und diskriminierend sei. Seit Ausbruch der zweiten Intifada im Herbst 2000 war es nur Touristen, Palästinensern und israelischen Staatsbürgern arabischer Volkszugehörigkeit gestattet, in die Zone A einzureisen, zu der die Städte Hebron (mit Ausnahme des Gebiets H2, in dem Juden wohnen), Bethlehem, Jericho, Ramallah, Kalkilya, Tulkarem und Jenin gehören 23 .

Nach einem Bericht in „Haaretz“ haben im laufenden Jahr 2014 mehr denn je junge, unbewaffnete und nach Angaben des israelischen Militärs „verzweifelte“ Palästinenser wegen der desaströsen Lebensbedingungen den Versuch unternommen, aus dem Gazastreifen nach Israel überzuwechseln. Im Allgemeinen werden sie zurückgeschickt, wenn die Sicherheitskräfte sie ergreifen. Die am Gazastreifen liegenden israelischen Ortschaften verlangen die weitere Verstärkung von Sicherheitsanlagen 24 .

Nach Medienberichten haben Kämpfer des „Islamischen Staates“ weit mehr als hundert Angehörige ermordet, weil sie den Angriffen der kurdischen „Peschmerga (Die dem Tod ins Auge zu sehen Bereiten)“ nicht standhielten oder desertieren wollten.

In Kairo muss der arabische Fernsensender „Al-Jazeera“ sein Programm einstellen, nachdem ihm eine politisch feindselige Berichterstattung vorgeworfen wurde 25 . Am 01. Januar 2015 verfügt das Kassationsgericht die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen drei Journalisten von „Al-Djazeera“, die im Juni 2014 zu zwischen 7

23 Chaim Levinson: Das Gericht: Wenn Juden der Zutritt zur Zone A verboten wird, handelt es sich um eine Diskriminierung, in „Haaretz“ 22.12.2014 (Hebr.).

24 Gili Cohen: Number of Gazans trying to enter Israel rose after Operation Protective Edge, in „Haaretz“ 22.12.2014.

25 Vgl. die Eintragung am 22.06.2014 in dieser Zeitleiste.

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und 10 Jahren Haft verurteilt wurden, weil sie als Angestellte des von Qatar aus betriebenen Senders durch Falschinformationen zugunsten der Moslembrüder die nationale Sicherheit Ägyptens gefährdet hätten. Den Beschuldigten wird bis zum endgültigen Urteil keine Haftverschonung gewährt. Viele andere Journalisten sitzen weiterhin im Gefängnis.

21.12.2014: Ägypten öffnet vorübergehend die Grenze zum Gazastreifen bei Rafah, um kranke Palästinenser in die Sinai-Halbinsel einreisen zu lassen.

Für die parteiinternen Wahlen des „Likud“ am 31. Dezember, zu denen 96.651 Mitglieder aufgerufen sind, zur Wahl des Vorsitzenden hat Benjamin Netanjahu bislang 137.000 US-Dollar von 15 Spendern aus dem Ausland erhalten, von denen 14 in den USA und 1 in Spanien leben. Die höchstzulässige Summe für jeden Kandidaten beträgt 520.000 US-Dollar. Am 23. Dezember disqualifiziert der Rechnungsprüfer den „Likud“ Netanjahus von der Teilnahme an den Wahlen, weil er sich in erheblicher Weise parteigebundener Finanzen für seine Werbekampagnen bedient habe. Netanjahus Rechtsberater David Shomron spricht dem Rechnungsprüfer das Recht zu diesem Verbot ab. Am selben Tag werden 30 hochrangige Verdächtige festgenommen, weil sie ein ausgedehntes, in die Millionen gehendes und von öffentlichen Mitteln gefüttertes Korruptionsnetz zugunsten der Partei „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel)“ von Außenminister Avigdor Lieberman zur Beeinflussung von Entscheidungsträgern unterhalten hätten. Auch gegen Verteidigungsminister Moshe Ya’alon werden Vorwürfe laut, dass er sich der Parteikasse des „Likud“ bedient habe. Am 26. Dezember bemerkt , dass die Partei der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ die Korruption in eine Kultur verwandelt habe: 7 frühere Minister und Knesset-Abgeordnete seien wegen dieser Verbrechen www.reiner-bernstein.de 18 – Chronologie 2014

verurteilt worden, und ihr ehemaliger Vorsitzender sei ihr Anführer gewesen. Nur Avigdor Lieberman könne sich mit ihm messen 26 . Am 30. Dezember zieht der Rechnungsprüfer des „Likud“ seine Anordnung zurück, Netanjahus Kandidatur bei den Vorwahlen zu disqualifizieren, weil sie der Partei schweren politischen und finanziellen Schaden zufügen würde. Am 01. Januar 2015 lässt der Richter am Bezirksgericht Rishon Le-Zion wissen, dass sich aufgrund der Prüfung von Dokumenten die Korruptionsaffäre um die Partei „Unser Haus Israel“ eine „dramatische Entwicklung“ nehmen könnte. Zu den Beschuldigten gehören Abgeordnete der Knesset, die bisherige stellvertretende Innenministerin Faina Kirshenbaum sowie der ehemalige Tourismusminister . Am 02. Januar 2015 verzichtet Kirshenbaum auf eine Kandidatur für die Wahlen.

In Jordanien werden elf Personen hingerichtet, die wegen Mordes verurteilt wurden. Die Vollstreckung der Todesstrafe ist die erste seit März 2006. Die Bundesregierung protestiert scharf.

In Tunesien finden erstmals demokratische Präsidentschaftswahlen seit dem Umsturz Anfang 2011 statt. Wahlberechtigt sind 5,3 Millionen Menschen. In der Stichwahl stehen der 88 Jahre alte Beji Sa ϊd Essebsi und der bisherige Übergangspräsident, der 69 Jahre alte Moncef Marzouki., der sich – ohne sich der Unterstützung von Islamisten zu versichern – davon überzeugt ist, dass das Land ohne ihre Mitwirkung nicht zu regieren sei. Essebsi siegt mit knapp 56 Prozent bei einer Wahlbeteiligung von reichlich 59 Prozent 27 . Er legt am 31. Dezember im Parlament seinen Amtseid ab.

20.12.2014:

26 Yossi Sarid: Shas, get out!, in „Haaretz“ 26.12.2014.

27 Vgl. die Eintragung am 26.10.2014 in dieser Zeitleiste.

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Aufgrund des internationalen Drucks, der vor allem aus den USA kommt, zeigt der palästinensische Präsident Machmud Abbas keine Eile, den Entwurf einer Resolution zur Anerkennung Palästinas dem UN-Sicherheitsrat vorzulegen. Vor allem das Einvernehmen mit Europa sei wichtig 28 .

In seinem regelmäßigen Gastbeitrag für „Haaretz“ weist Shaul Arieli, der als politischer Geograph im israelischen Team bei der Formulierung der „Genfer Initiative“ dabei war, darauf hin, dass es bei einer UN-Resolution nicht nur um eine allgemeine Erklärung zum Ende der Besatzung und zu territorialen Aspekten gehen dürfe, sondern das dort die künftige Grenzziehung von 1967 mit der Option eines Gebietsaustauschs, die Entmilitarisierung des Staates Palästina, israelische Sicherheitsbedürfnisse mit Nutzung des palästinensischen Luftraums, die Doppelhauptstadt Jerusalem mit besonderen Regelungen für das „heilige Bassin“ (bestehend aus der Altstadt, dem Zionsberg, dem Ölberg und dem Garten Gethsemane), Kompensationen für die palästinensischen Flüchtlinge und ihre Aufnahme in den Staat Palästina, die Normalisierung der Beziehungen zwischen den arabischen Staaten und Israel und Palästina sowie die Anerkennung Israels als nationale Heimstätte des jüdischen Volkes und Palästinas als nationale Heimstätte des palästinensischen Volkes angesprochen werden müssten 29 .

Im Interview mit der „International Times“ befürchtet Amos Oz, dass in Israel das Gefühl wachse, zu einem „isolierten Ghetto“ zu werden, das „genau das ist, was die Gründungsväter und -mütter für immer hinter sich zu lassen hofften, als sie einen liberalen und anti-

28 Vgl. die Eintragung am 14.12.2014 in dieser Zeitleiste.

29 Shaul Arieli: Europe, don’t repeat Kerry’s UN resolution failure, in „Haaretz“ 21.12.2014.

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messianischen Staat Israel schufen“ . Wenn es keine zwei Staaten gebe – Israel an der Seite Palästinas –, werde es bald einen Staat geben. Oz fährt fort. „Wenn es einen Staat gibt, wird es ein arabischer Staat sein. Die andere Option ist eine israelische Diktatur, wahrscheinlich eine religiös-nationalistische Diktatur, welche die Palästinenser unterdrückt und die jüdische Opposition unterdrückt.“ Der erste Schritt sei die Unterzeichnung des Friedens „mit zusammengebissenen Zähnen“ und danach ein Vertrag, der langsam und schrittweise auf die Deeskalation beider Seiten hinarbeite. Der Politologe Shlomo Avineri wird mit dem Satz zitiert: „Wir wachen jeden Morgen mit irgendeiner neuen Drohung auf, die er [Benjamin Netanjahu] gefunden hat. Wir haben genug davon.“ Abschließend zitiert das Blatt Machmud Zahhar, einen der politischen Wortführer von „Hamas“, mit den Worten: „Israel wird ausgelöscht werden, weil es ein Fremdkörper ist, der nicht in unser Gebiet gehört, weder geschichtlich noch religiös 30 .“

19.12.2014: „Haaretz“ stellt in einem Porträt den palästinensischen High-tech- Unternehmer Hani Alami aus Ost-Jerusalem vor, der junge Palästinenser und Israelis in der geteilten Stadt zusammenbringen und zusammenarbeiten lassen will. Alami entstammt einer der großen arabischen Familien in Jerusalem 31 .

18.12.2014: Auf der zweiten internationalen Syrien-Konferenz, die diesmal im Berliner Auswärtigen Amt stattfindet, beklagt Außenminister Frank-

30 Roger Cohen: What Will Israel Become?, in „International New York Times” 20.12.2014.

31 Iban Orpaz: Palestinian intrepreneur seeks to turn Jerusalem into startup-city – together with Jews, in „Haaretz“ 19.12.2014.

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Walter Steinmeier die „größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit“ . Die Vereinten Nationen beziffern die notwendige Hilfe für die syrischen Flüchtlinge im Lande selbst sowie in den Nachbarstaaten auf gegenwärtig 8,4 Milliarden US-Dollar. Am 24. Dezember berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ unter Berufung auf das UN- Flüchtlingswerk, dass 13,6 Millionen Menschen aus Syrien und aus dem Irak geflohen seien 32 .

17.12.2014: Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg fordert die Europäische Union auf, „Hamas“ von der Liste der Terrororganisationen zu nehmen. Die bisherige Praxis stütze sich nur auf Presse- und andere offene Quellen. Der Gerichtshof räumt der EU-Kommission und jedem EU-Mitgliedsstaat das Recht auf Widerspruch innerhalb von drei Monaten ein. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verwahrt sich scharf gegen die Aufforderung aus Luxemburg. Europa habe nichts aus dem Holocaust gelernt. Die Entscheidung beinhaltet nicht die Aufhebung von Sanktionen.

Das Europäische Parlament spricht sich mit großer Mehrheit „im Prinzip“ für die Anerkennung einer Staatlichkeit („statehood“) Palästina mit dem Ziel eines unabhängigen, demokratischen, territorial zusammenhängenden und lebensfähigen Staates Palästina in Frieden und Sicherheit auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts und des vollen Respekts für das internationale Recht an der Seite Israels aus. Der Text begründet die Anerkennung mit dem Siedlungsbau in der Westbank, der gegen internationales Recht verstoße, und hält an der als zwingend bezeichneten Zwei-Staaten-Lösung mit einer palästinensischen Hauptstadt in Jerusalem auf der Grundlage der „Grünen Linie“ vor dem Junikrieg 1967 fest. Dazu

32 Rainer Hermann: Eine Krippe gesucht, in FAZ 23.12.2014, S. 10.

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müssten die Konfliktparteien in bedeutungsvolle Friedensgespräche in einem Umfeld des Vertrauens eintreten. Abschließend kündigt die Resolution eine Initiative „Parlamentarier für den Frieden“ mit europäischen, israelischen und palästinensischen Abgeordneten an. In der Abstimmung votieren 498 Abgeordnete für die Anerkennung, 88 dagegen, und 111 enthalten sich der Stimme. Als Vorbedingung für einen palästinensischen Staat bezeichnet der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments Elmar Brok die palästinensische Anerkennung des Existenzrechts Israels – eine israelische Anerkennung des nationalen Rechts der Palästinenser kommt in Broks Erklärung nicht vor. Am 17. Dezember schreibt Gershon Baskin in seiner wöchentlichen Kolumne: „The international community is getting closer to the point where it will put down the terms of reference for an Israeli- Palestinian peace treaty. Whether it is in the form of a Palestinian-Jordanian proposal, a French-German-British proposal, an American proposal or any combination of the above, it will include the same basic formula and will require Israel and Palestine to sit down once again at the negotiating table to try to reach an agreement. There can be no end of the occupation, recognition of a Palestinian state next to Israel, and peace, without an Israeli-Palestinian agreement. There will be and cannot bean impose peace. Likewise, there cannot be another round of Israeli-Palestinian negotiations without clear terms of reference that can lead to an agreement 33 .” Am nächsten Tag fügt Barak Ravid in „Haaretz“ hinzu, dass das Treffen der Signatarstaaten der Genfer Konventionen, das die israelische Regierung kritisiert hat 34 , die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs und nunmehr die Resolution des

33 Gershon Baskin: The missed opportunities, in „ “ 17.12.2014.

34 Vgl. die Eintragung am 14.12.2014 in dieser Zeitleiste.

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Europäischen Parlaments für Israel schmelzenden Gletschern gleichkomme. Seit den europäischen Sanktionen gegen Produkte aus den jüdischen Siedlungen im Juli 2013 35 erodiere Israels internationaler Status von Tag zu Tag 36 .

Am Abend reicht Jordanien im Namen der Palästinensischen Autonomiebehörde den Entwurf einer Resolution im UN- Sicherheitsrat ein, die das Ende der israelischen Besatzung bis Ende 2016 verlangt. Die Initiative des gegenwärtig nicht-ständigen Mitglieds in diesem Gremium ist mit anderen Staaten der Weltorganisation – darunter mit Frankreich 37 – und mit der Arabischen Liga abgesprochen. Der palästinensische Botschafter Riyad Mansour bekräftigt, dass damit kein Schlussstrich unter neue Verhandlungen gesetzt sei 38 . Israels Außenminister Avigdor

35 Vgl. die Eintragung am 16.07.2013 in dieser Zeitleiste.

36 Barak Ravid: Netanyahu: Weak against Hamas, strong against Europa, in „Haaretz“ 18.12.2014.

37 Vgl. die Eintragung am 14.12.2014 in dieser Zeitleiste.

38 Im politisch operativen Teil des Entwurfs wird bestätigt „the urgent need to attain, no later than 12 months after the adoption of this resolution, a just, lasting and comprehensive peaceful solution that brings an end to the Israeli occupation since 1967 and fulfils the vision of two independent, democratic and prosperous states, Israel and a sovereign, contiguous and viable State of Palestine living side by side in peace and security within mutually and international resigned borders”. Weiter fordert der Entwurf – „that the negotiated solution will be based on the following parameters: borders based on 4 June 1967 lines with mutually agreed, limited, equivalent land swaps; – security arrangements, including through a third-party presence, that guarantee and respect the sovereignty of a State of Palestine, including through a full and phased withdrawal of Israeli security forces which will end the occupation that began in 1967 over an agreed transition period in a reasonable timeframe, not to exceed the end of 2016, and that ensure the security of both Israel and Palestine through effective border security and the preventing the resurgence of terrorism and effectively addressing security threats, including emerging and vital threats in the region; – a just and agreed solution to the Palestine refugee question on the basis of [the] Arab Peace Initiative, international law and relevant United Nations resolutions, including resolution 194 (III); – Jerusalem as the shared capital of the two States which fulfils the legitimate aspirations of both parties and protects freedom of worship; www.reiner-bernstein.de 24 – Chronologie 2014

Lieberman bezeichnet den Antrag als einen „neuen Akt der Aggression“ .

Durch Massaker der Terrormilizen des „islamischen Staates“ in der syrischen Provinz Deir Al-Zor sollen mehr als 230 Menschen umgebracht worden sein, wie jetzt bei der Entdeckung von Massengräbern hervorgeht.

15.12.2014: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, dass die „Friedrich- Naumann-Stiftung für die Freiheit“ ab sofort ihre zivilgesellschaftlich orientierte Arbeit in Ägypten einstellen müsse. Dies sei ihr Anfang Dezember von Seiten des Außenministeriums in Kairo mitgeteilt worden. Die der FDP nahestehende Stiftung solle sich dem restriktiv gehandhabten Gesetz zur Registrierung von ausländischen NGO’s unterwerfen, heißt es. Im Gegensatz zur Friedrich-Ebert-Stiftung und der Hanns-Seidel-Stiftung ist sie trotz aller Bemühungen bisher nicht Teil des deutsch-ägyptischen Kulturabkommens. Hinter der Verfügung soll die Sicherheitsberaterin im ägyptischen Präsidialamt Faisal Abul Naga stehen, die im Dezember 2011 als Ministerin für internationale Zusammenarbeit für das Verbot der Konrad-Adenauer- Stiftung sorgte 39 . Am 17. Dezember wird der ägyptische Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt, wobei ihm die umgehende Klärung des Vorgangs mit auf den Weg gegeben wird. Auch das

– an agreed settlement of other outstanding issues, including water”. Es fällt viererlei auf: 1. Der Entwurf wird von Jordanien im Namen der Palästinensischen Autonomiebehörde eingebracht und bestätigt damit Absprachen zwischen Ramallah und Amman. 2. Er verweigert sich keinen weiteren Verhandlungen und kommt damit US-amerikanischen und europäischen Wünschen nach. 3. Er fordert nicht die Auflösung der jüdischen Siedlungen. 4. In ihm rangiert die in Diskussionen interessengeleitete, immer wieder unvollständig zitierte Flüchtlingsresolution 194 vom November 1948 als letzten Referenzpunkt.

39 Markus Bickel: Angriff auf die Freiheit, in FAZ 16.12.2014, S. 3. Vgl. die Eintragung am 29.12.2011.

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Bundeskanzleramt schaltet sich ein. Während die Friedrich-Ebert- Stiftung über einen Vertrag abgesichert ist, fällt die Hanns-Seidel- Stiftung unter das Kulturabkommen mit Ägypten. In einem Telefonat am 18. Dezember mit US-Präsident versichert Staatspräsident Abdel Fatah Al-Sisi, dass Ägypten weiterhin den Weg der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit gehen werde.

14.12.2014: Nach hektischen Gesprächen vor allem mit britischen, französischen und deutschen Diplomaten in New York will die Palästinensische Autonomiebehörde heute den Entwurf einer Resolution für den UN- Sicherheitsrat mit dem Ziel vorlegen, dass die israelische Besatzung in den palästinensischen Gebieten innerhalb eines vereinbarten Zeitrahmens beendet und der Staat Palästina in den Grenzen vor dem Junikrieg 1967 geschaffen wird. Mit einer UN-Resolution würden dem israelischen Wahlvolk Optionen für eine Friedenslösung präsentiert werden, ergänzt der palästinensische Botschafter bei den Vereinten Nationen Riyad Mansour. Vor seinem Abflug nach Rom zu Gesprächen mit US-Außenminister John Kerry am 15. Dezember verwahrt sich Benjamin Netanjahu gegen Versuche, Israels Sicherheit durch ein „Diktat“ , auf die Grenzen vor dem Junikrieg 1967 zurückzukehren, mittels des UN-Sicherheitsrates zu gefährden. Dann würden die islamischen Extremisten im Herzen und in den Vororten Tel Avivs stehen. Nach Presseberichten will Kerry durch Treffen mit seinen russischen und französischen Amtskollegen Sergej Lawrow und Laurent Fabius, mit den Außenministern der Arabischen Liga in London und mit EU-Außenministern eine Konfrontation zwischen Israel und den Palästinensern verhindern oder sie so lange wie möglich hinauszögern. Das Internet-Forum der Tageszeitung „Yediot Achronot (Letzte Nachrichten)“ berichtet unter Bezugnahme auf den palästinensischen Chefunterhändler Saeb Erakat, dass sich die Autonomiebehörde am 25. Dezember an den UN-Sicherheitsrat wenden werde. Das Gespräch zwischen Kerry und www.reiner-bernstein.de 26 – Chronologie 2014

Netanjahu am 15. Dezember in Rom dauert drei Stunden. Aus der anschließenden Bemerkungen Netanjahus geht nicht hervor, ob die USA im UN-Sicherheitsrat ein Veto gegen die palästinensische Initiative einlegen werden. Würde sich Washington dazu entschließen, könnte sie der Vorwurf erreichen, keine Alternative präsentieren zu können. Am 20. Dezember meldet „Haaretz“, dass nach Berichten europäischer Diplomaten Kerry angekündigt habe, dass die USA eine Resolution im UN-Sicherheitsrat verhindern würden, wenn sie vor den Wahlen in Israel am 17. März 2015 zur Abstimmung gestellt würde. Die Vorsitzender der Partei „ha-Tnuah (Die Bewegung)“ Tsipi Livni und der frühere Staatspräsident hätten ihm erklärt, dass eine jetzt verabschiedete UN- Resolution Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dem Vorsitzenden der Partei „ha-Bait ha-Yehudi (Das jüdische Haus)“ Naftali Bennett sowie palästinensischen „Hardlinern“ politisch in die Hände spielen würde. Livni bestehe überdies auf „korrekter Diplomatie“ – auf israelisch-palästinensischen Verhandlungen 40 .

Auf der Sitzung in Ramallah spricht sich die palästinensische Regierung unter Leitung von Präsident Machmud Abbas für die Fortsetzung der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit mit Israel aus.

Der frühere israelische Staatspräsident Shimon Peres trifft in Paris mit dem französischen Außenminister Laurent Fabius zusammen, wobei er ihn auffordert, die Unterstützung für den palästinensischen Antrag im UN-Sicherheitsrat fallenzulassen. Es gebe einen breiten Konsens in Israel zugunsten der Zwei-Staaten-Lösung, begründet Peres die Bitte. Eine politische Lösung müsse in ein bilaterales Abkommen eingebunden sein und dürfe nicht durch einen einseitigen Schritt erfolgen.

40 Barak Ravid: Kerry: Peres and Livni told me UN vote on Palestine would help Netanyahu, in „Haaretz“ 20.12.2014.

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Im Gespräch mit der „Times of Israel“ kritisiert Efraim Halevy, der zwischen 1998 und 2002 Chef des Auslandsgeheimdienstes „Mossad (Institut)“ war, die israelische Politik für ihre herablassende Haltung gegenüber den Palästinensern, „wie wir die andere Seite behandeln“ . Sicherheit sei keine Politik, wie Halevy am Beispiel der Militäroperation „Schutzschild“ im Sommer 2014 ausführt: „Wir wollten nichts Politisches suchen, weil wir nichts mit ihnen zu tun haben wollen.“ Zu Jerusalem beschuldigt er die Regierung, die Siedlungspolitik im Ostteil der Stadt voranzutreiben. Halevy vermeidet es, seine eigenen Vorstellungen für den Frieden darzulegen, betont aber, dass die Zwei-Staaten-Lösung die wünschenswerteste Option, aber die unwahrscheinlichste sei. Dagegen sei die Ein-Staat-Lösung am wenigstens wünschenswert, aber am wahrscheinlichsten. Wie vor ihm Staatspräsident Reuven Rivlin plädiert er für die Ebenbürtigkeit der Palästinenser. Die Parlamentswahlen am 17. März 2015 seien die letzte Chance, eine Führung zu wählen, die für Frieden und Versöhnung stehe 41 .

Der Sprecher des Jerusalemer Außenministeriums reagiert scharf auf die Einladung der Schweiz, am 17. Dezember die Signatarstaaten der 4. Genfer Konvention, zu denen auch Israel gehört, zu einer Tagung nach Genf zu bitten. Mit der Einladung, so der Sprecher, verletze die Schweiz ihre Verpflichtung zur Neutralität, zumal da die Zusammenkunft auf Veranlassung der Palästinensischen Autonomiebehörde stattfinde. Auch die USA nehmen nicht teil. Die Konferenz endet mit einer 10-Punkte- Erklärung.

41 Raphael Ahren: Ex-Mossad chief: Peace will elude us until we treat Palestinians with dignity, in „“ 14.12.2014. Vgl. die Eintragungen seit dem 20.11.2014 in dieser Zeitleiste und meinen Kommentar „Reuven Rivlins Appell an die politische Seele Israels“ in der Menüleiste „Berichte aus Nahost“ dieser Homepage.

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Nach israelischen Medienberichten ist die jüdische Bevölkerung in der Westbank zwischen Anfang 2009 und Anfang 2014 um 23 Prozent auf fast 356.000 gestiegen.

Auf der wöchentlichen Sitzung wird der 54 Jahre alte Gadi Eisenkot zum Nachfolger von als neuer Generalstabschef Israels ernannt. Eisenkot, der in Tiberias als Sohn aus Marokko eingewanderter Juden geboren wurde, gilt im Gegensatz zu Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als Gegner eines Militärschlages gegen den Iran, solange Israel nicht akut bedroht ist.

Regierungssprecher Steffen Seibert teilt in Berlin mit, dass Israel vier Korvetten aufgrund der unveränderten historischen deutschen Verantwortung erhalte. Die Lieferung der U-Boote, die zum Schutz der Öl- und Gasfelder vor der israelischen Küste eingesetzt werden sollen, soll mit 115 Millionen Euro, mehr als einem Viertel des Gesamtpreises, unterstützt werden.

13.12.2014: In einem langen Interview mit „Haaretz“ kündigt der Vorsitzende der arabisch-jüdischen Partei „Chadash (Demokratische Front für Frieden und Gleichheit)“ Mohamed Barakeh an, dass er nicht erneut für die Wahlen am 17. März 2015 kandidieren werde.

12.12.2014: US-Außenminister John Kerry trifft in Lima (Peru) mit seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius zusammen. Fabius hatten am 02. Dezember das Votum der Nationalversammlung zugunsten der Anerkennung Palästinas unterstützt 42 . Am 15. Dezember will Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu

42 Vgl. die Eintragungen am 02.12. und am 07.12.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 29 – Chronologie 2014

Gesprächen mit Kerry nach Rom reisen. Dabei soll es um die Verhinderung einer Resolution der Palästinensischen Autonomiebehörde im UN-Sicherheitsrat gehen.

Ein Drittel der palästinensischen Busfahrer der israelischen Betreibergesellschaft „Egged“ in Jerusalem – insgesamt 100 Männer – quittieren ihren Dienst, weil sie immer wieder gewalttätigen Angriffen seitens radikaler jüdischer Israelis ausgesetzt sind. Der letzte Vorfall dieser Art, bei dem die Windschutzscheibe des Busses eingeschlagen werden sollte, geschah am 10. Dezember in der Siedlung Gilo im Süden der Stadt 43 .

Eine Ministerrunde in Berlin verständigt sich auf die Entsendung von einhundert deutschen Soldaten in den Irak , um dort Soldaten im Kampf gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ auszubilden. Die Partei „DIE LINKE“ kritisiert eine Entsendung, weil ihr ein Mandat der Vereinten Nationen oder der NATO fehle.

In Athen wird die israelische Botschaft von Unbekannten beschossen. Das israelische Außenministerium beschuldigt die Palästinensische Autonomiebehörde und pro-palästinensische Organisationen, für den Anschlag verantwortlich zu sein.

11.12.2014: Der vor einigen Monaten aus dem „Likud“ ausgeschiedene , der zur äußersten rechten Flanke der Partei gehörte, lässt eine neue Partei unter dem Namen „ (Wir alle)“ registrieren; angeblich will sich ihr der frühere israelische Botschafter in Washington anschließen; am 24. Dezember bestätigt er seinen Beitritt. Am 12. Dezember berichten israelische Medien,

43 Nir Hasson: Fearing Jewish attacks, 100 Arab bus drivers in Jerusalem quit their job, in „Haaretz“ 12.12.2014.

www.reiner-bernstein.de 30 – Chronologie 2014

dass aufgrund der Rivalität zwischen den Abgeordneten Aryeh Deri und Eli Yishai um die Spitzenposition der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ bei der Kandidatenaufstellung für die Wahlen am 17. Mai 2015 die Partei auseinanderfallen könnte. Damit geht der Erosionsprozess in der israelischen Parteienlandschaft weiter, die mehr denn je eine „Rechts-Links“-Zuordnung und die Bereitschaft zum Eintritt in eine Koalitionsregierung, vor allem was das Verhältnis zu den Palästinensern angeht, ausschließt. Am 15. Dezember verlässt Yishai „Shas“ und kündigt eine eigene Partei unter dem Namen „Ha‘am Itanu (Das Volk ist mit uns)“ an. Am 30. Dezember schreibt Kahlon in einer Presseerklärung, dass ein palästinensischer Antrag in New York zur Beendigung der Besatzung und Schaffung des Staates Palästina bis Ende 2017 „die Möglichkeit einer diplomatischen Vereinbarung“ beseitige. Am 06. Januar 2015 kündigt David Rotem von der Partei „Unser Haus Israel (Israel Beiteinu)“ an, nicht erneut für die Knesset zu kandidieren; Rotem leitete den Rechtsausschuss der Knesset. Bis zum 29. Januar 2015 müssen alle Parteien ihre Kandidatenlisten geschlossen haben. Am 09. Januar 2015 kündigt („Likud Beiteinu“), Minister für öffentliche Sicherheit, seinen Rückzug aus der Politik an.

Der Kommentator von „Haaretz“ fragt, was nach der Parlamentswahl am 17. März 2015 von der Vorsitzenden der Partei „ha-Tnuah (Die Bewegung)“ Tsipi Livni politisch erwartet werden könne, nachdem sie nach eigenem Bekunden die Regierung, der sie bislang aus Justizministerin angehörte, als „extremistisch, provokativ und paranoid“ abgestempelt hat, aber kein eigenes Profil bei den Verhandlungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde gezeigt habe 44 .

44 Asher Schechter: Israel’s falsest promise: Tsipi Livni is mnot the hope of the Israeli left, in „Haaretz“ 11.12.2014. Vgl. die Eintragung am 04.12.2014 in dieser Zeitliste.

www.reiner-bernstein.de 31 – Chronologie 2014

09.12.2014: Angesichts ungünstiger Umfragen verspricht Benjamin Netanjahu den Wählern und unter ihnen besonders den Ultraorthodoxen mit ihren großen Familien „null Prozent Mehrwertsteuer“ auf Grundnahrungsmittel, wenn er am 17. März 2015 erneut zum Ministerpräsidenten gewählt würde. Die Zusage steht im Widerspruch zu seiner früheren Ablehnung, die zur Entlassung von Finanzminister Yair Lapid geführt hatte 45 .

Das UN-Welternährungsprogramm kann die Hilfslieferungen für kurdische Flüchtlinge, die vom Hunger und vor dem Kälteeinbruch im Irak und in Syrien gedroht sind, zumindest vorübergehend wieder aufnehmen 46 .

Der für die Beobachtung der israelischen Siedlungspolitik und die Annexionsabsichten zuständige palästinensische 55 Jahre alte palästinensische Minister Ziad Abu Ein stirbt in Ramallah an den Folgen von Schlägen israelischer Soldaten, die eine Protestdemonstration zu unterdrücken suchten. Die Vereinten Nationen und die Europäische Union verlangen eine vollständige Aufklärung. Am 11. Dezember begleiten ihn Tausende Trauergäste zu seiner letzten Ruhestätte. Das israelische Militär weist Vorwürfe zurück, dass es für seinen Tod verantwortlich sei, und verweist auf seinen schlechten Gesundheitszustand.

Eine Gruppe US-amerikanisch-jüdischer Wissenschaftler, unter ihnen der in Princeton lehrende Michael Walzer, legen eine Erklärung vor, in der sie gezielte Sanktionen gegen israelische Repräsentanten der politischen Rechten und der Siedlerbewegung verlangen: gegen Wirtschaftsminister Naftali Bennett, gegen Wohnungsbauminister Uri Ariel, gegen den stellvertretenden

45 Vgl. die Eintragung am 02.12.2014 in dieser Zeitleiste.

46 Vgl. die Eintragung am 02.12.2014 in dieser Zeitleiste.

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Präsidenten der Knesset Moshe Feiglin sowie gegen den langjährigen Vorsitzenden des Verbandes der Siedlungen Zeev („Zambish“) Hever. Die Autoren verzichten darauf, die von ihnen verlangten Sanktionen zu benennen 47 .

07.12.1014: Rund 800 prominente Israelis veröffentlichen einen Appell, in dem die bislang unentschlossenen europäischen Parlamente, darunter den deutschen Bundestag, zur symbolischen Anerkennung des Staates Palästina auffordern. Zu den Unterzeichnern gehören Uri Avnery, Amos Oz, David Grossman, A.B. Yehoshua, Sobol, Avraham Burg und Yossi Sarid. In Brüssel, Kopenhagen und in Dublin stehen gegenwärtig Entscheidungen auf der Tagesordnung.

Vor dem „Saban Forum“ der „Brookings Institution“ in Washington, D.C., unterstreicht US-Außenminister John Kerry die unverbrüchlichen Beziehungen, so die politische und sicherheitsstrategische Zusammenarbeit, mit Israel und bezeichnet die Differenzen in der Bewertung der israelischen Siedlungspolitik als taktischer Natur, auch wenn sie die Aussichten des Friedens und die Zugehörigkeit Israels zur internationalen Gemeinschaft unterminieren würde. Diese Unterschiede müssten direkt und respektvoll angesprochen werden. Die Zwei-Staaten-Lösung sei weiterhin die einzige Option. Israel müsse stark sein, den Frieden herzustellen, aber der Frieden werde Israel stärker machen. Washington werde nach den vorgezogenen Knesset-Wahlen am 17. März 2015 mit jeder Regierung zusammenarbeiten.

47 Scholars for Israel and Palestine (SIP): Pro-Israel, Pro-Palestine, Pro- Peace: A Time for Personal Sanctions. December 09, 2014.

www.reiner-bernstein.de 33 – Chronologie 2014

Mutmaßlich israelische Kampfflugzeuge greifen am Abend Ziele in der Nähe des Damaszener Flughafens an. Die Angriffe sollen Nachschubwegen der libanesischen „Hisbollah“ zugunsten des Regimes von Präsident Bashar Assad gelten. Personenschäden werden nicht gemeldet. Das israelische Militär gibt keine Stellungnahme zu den Berichten ab.

06.12.2014: In seinem Bericht aus Tel Aviv zitiert der Korrespondent des „Deutschlandfunks“ Christian Wagner die Gesundheitsministerin von der Partei „ (Es gibt eine Zukunft)“ – sie ist mit 19 Sitzen in der Knesset vertreten – mit dem Satz: „Wenn das Gesetz [das Israel zum Nationalstaat des jüdischen Volkes proklamieren soll] durchgeht, dann wird es ein anderes Israel sein. Dann können wir uns nicht mehr die einzige Demokratie im Nahen Osten nennen.“ Falls Israel die Westbank annektiere, würden die Juden im Lande Israel zur Minderheitsbevölkerung werden, so dass den arabischen Staatsbürgern das Recht auf einen Autonomiestatus verweigert werden müsse, so Innenminister Gil’ad Erdan.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet aus Paris, dass im Zuge der brutalen Überfälle auf Franzosen jüdischen Glaubens in diesem Jahr bislang 400 jüdische Familien nach Israel ausgewandert sind. Nur noch ein Drittel der jüdischen Kinder besuche aus Angst vor Anfeindungen staatliche Schulen 48 .

04.12.2014: Nach einem Bericht erwägen die USA harte Maßnahmen gegen die israelische Siedlungspolitik. Darüber sei, völlig

48 Michaela Wiegel: Von dumpfem Hass getrieben, in FAZ 06.12.2014, S. 4.

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außergewöhnlich, im inneren Kreis des Weißen Hauses darüber beraten worden, nachdem kritische Äußerungen allein erfolglos geblieben seien, heißt es 49 .

Der erste Versuch, die oppositionellen Kräfte bei den bevorstehenden Knesset-Wahlen am 17. März 2015 zu bündeln, ist gescheitert: Die Arbeitspartei mit dem 54 Jahre alten Isaac (Yitzhak) Herzog an der Spitze erteilt einer gemeinsamen Kandidatenliste mit „Meretz (Stärke)“ mit Zahava Gal’on eine Absage, weil sie befürchtet, als linke Partei wahrgenommen zu werden, und will mit „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ mit Yair Lapid, „ha-Tnuah (Die Bewegung)“ mit Tsipi Livni und „Kadima (Vorwärts)“ mit Shaul Mofaz zusammengehen; die Entscheidung soll in der kommenden Woche fallen. „Meretz“ glaubt, allein erfolgreich sein zu können. Die Partei will jedoch versuchen, unter ihrem Banner „Jeder statt Bibi [Netanjahu]“ in Wahlveranstaltungen mit den genannten Parteien aufzutreten. Während Herzog der Nachfrage ausweicht, ob er auch mit Avigdor Liebermans „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel)“ zusammengehen würden, schließen er und Lapid nicht aus, in einer neuen Regierung unter Führung von Benjamin Netanjahu zu sitzen. Am 06. Dezember wird gemeldet, dass Herzog und Livni nahe vor einer Übereinkunft stünden, bei den Wahlen mit einer gemeinsamen Liste aufzutreten. Während Herzog die Liste anführen solle, würde Livni den zweiten Platz einnehmen. Unter den ersten acht Listenplätzen würden sich die „ha-Tnuah“-Mitglieder Amir Peretz und befinden; Amram Mitzna, ein früherer Vorsitzender der Arbeitspartei, hat seine Unterstützung angemeldet. Außerdem wird erwartet, dass sich der Vorsitzende von „Kadima (Vorwärts)“ Shaul Mofaz und der frühere Chef des Inlandsgeheimdienstes „Shin Bet“ Yuval Diskin der Listenverbindung anschließen. Um die Herausforderung um die Spitzenkandidatur im „Likud“ durch den im

49 Barak Ravid: U.S. mulls harsher action against settlement construction, in „Haaretz“ 04.12.2014.

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November zurückgetretenen Innenminister Gideon Sa’ar abzuwehren 50 , soll Benjamin Netanjahu vorgezogene Parteiwahlen erwägen. Am Abend des 08. Dezember bestätigt die Knesset mit 93 Stimmen ohne Gegenvoten ihre Auflösung und macht damit den Weg für Neuwahlen frei. Am 11. Dezember bekräftigen Herzog und Livni die Aufstellung einer gemeinsamen Kandidatenliste, wobei sie die Rotation des Spitzenplatzes vereinbaren, indem Herzog in den ersten zwei der vier Jahre dauernden Legislaturperiode das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen solle. Zuvor hatten Umfragen ermittelt, dass Livnis Partei „ha-Tnuah“, auf sich allein gestellt, die Wiederwahl kaum schaffen werde, während Herzogs Arbeitspartei nur mehr auf 13 Mandate – bisher 16 Abgeordnete – käme. Beieiner Wahlveranstaltung am 23. Dezember bezeichnet Livni die Regierung Netanjahus als „Israels Albtraum“ – ohne darauf einzugehen, dass sie jahrelang als Justizministerin dabei gewesen ist. Da die gemeinsame Kandidatenliste von Arbeitspartei und „Ha-Tnuah“ noch keinen Namen hat, firmiert sie unter der Bezeichnung „Das zionistische Lager“.

02.12.2014: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu entlässt Finanzminister Yair Lapid, den Vorsitzenden der Partei „Es gibt eine Zukunft (Yesh Atid)“, und Justizministerin Tsipi Livni, die Vorsitzende der Partei „Die Bewegung (ha-Tnuah)“ mit der Begründung, er lasse sich Widerstände im Kabinett nicht länger bieten. Lapid verwahrt sich gegen die Blockade einer gerechten Sozialpolitik sowie gegen die Erhöhung des Militärhaushaltes und soll für eine weichere Haltung gegenüber dem Iran plädieren, während für Livni zur Wahl steht, ob Israel ein zionistischer oder ein extremistisches Land werde. Sie habe sich, so Netanjahu, hinter seinem Rücken mit dem

50 Vgl. zuletzt die Eintragung am 09.11.2014 in dieser Zeitleiste.

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palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas getroffen. Beide hatten gegen den Entwurf für das Gesetz zur Proklamation Israels als „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ gestimmt und die Erweiterung des Siedlungsbaus in Ost- Jerusalem kritisiert. Netanjahu kündigt die Auflösung der Knesset und Neuwahlen an, die zwischen März und Mai 2015 stattfinden könnten. Er soll auf einen schnellen Wahltermin setzen, weil die Meinungsumfragen zu seinen Gunsten sprechen; im Gespräch ist Dienstag, der 17. März. Die Entscheidung soll am 08. Dezember in der Knesset fallen. Die Arbeitspartei und „Meretz (Stärke)“ begrüßen Neuwahlen, während die Partei von Avigdor Lieberman „Unser Haus Israel (Israel Beiteinu)“ und von Wirtschaftsminister Naftali Bennett „Das Jüdische Haus (Ha-Bait ha-Yehudi)“ ankündigen, Netanjahu nicht zu unterstützen und die Extremisten in der Partei „Likud (Zusammenfassung)“ den Ministerpräsidenten auffordern, hart zu bleiben. Ein führender Abgeordneter der Ultraorthodoxie betont, dass sich seine Partei „“ nicht in das Spiel der säkularen Parteien einmischen werde 51 . Uzi Bar‘am schreibt am 01. Dezember in „Haaretz“, dass das Jahr 2014 das schlimmste Jahr in der Geschichte Israels sei 52 . Die arabischen Parteien in der diskutieren über einen Zusammenschluss, zumal da die Sperrklausel von 2,0 auf 3,25 Prozent heraufgesetzt wurde 53 . Auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv am 03. Dezember beschuldigt Lapid den Ministerpräsidenten, die strategischen Beziehungen zu den USA, „unsere besten Freunde auf der Welt“ , zu beschädigen. Netanjahu sei noch immer in den 1980er Jahren verfangen (zwischen 1982 und 1984 war dieser in der israelischen

51 Vgl. zuletzt die Eintragung am 22.03.2014 in dieser Zeitleiste.

52 Uzi Bar’am: The moment Israel turned right on the road to oblivion, in „Haaretz“ 02.12.2014.

53 Vgl. die Eintragung am 23.11.2014 in dieser Zeitleiste.

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Botschaft in Washington stationiert), obwohl sich Amerika gewandelt habe. Durch die bevorstehende Auflösung der Knesset ist die Abstimmung über Israel als Nationalstaat des jüdischen Volkes auf unbestimmte Zeit verschoben.

Auf Antrag der regierenden Sozialistischen Partei unterstützt die französische Nationalversammlung die Anerkennung Palästinas mit 339 zu 151 Stimmen. Sie fordert gleichzeitig die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Sein besonderes Gewicht erhält das Ergebnis der Abstimmung durch zustimmende Äußerungen von Außenminister Laurent Fabius, der hinzufügt, dass beim Scheitern der Verhandlungen die Pariser Regierung aktiv und Palästina anerkennen werde 54 . Die konservative Opposition befürchtet, dass die Resolution die französische Gesellschaft weiter spalten und die Beziehungen zwischen jüdischen uns muslimischen Staatsbürgern weiter beschädigen werde, während der israelische Botschafter in Paris Yossi Gal, sie als „falsches Signal“ kritisiert. Jordanien sowie Frankreich , Deutschland und Großbritannien – letztere gemeinsam – bringen Entwürfe für eine Resolution in den UN-Sicherheitsrat zur Beendigung der israelischen Besatzung und der Schaffung eines Staates Palästina ein.

Nach Angaben des UN-Welternährungsprogramms fehlen im kommenden Winter etwa 64 Millionen US-Dollar, um rund 1,7 Millionen syrische Flüchtlinge in Jordanien , Libanon , Irak und Ägypten vor dem Hunger zu bewahren. Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in der Nähe Londons sind seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges Mitte März 2011 mehr als 202.000 Syrer ums Leben gekommen, darunter mehr als 10.000 Kinder. Das Berliner Auswärtige Amt stockt seine Hilfe am

54 Vgl. zuletzt die Eintragung am 28.11.2014 in dieser Zeitleiste.

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03. Dezember um 1,7 Millionen Euro auf, um eine Hungernot zu verhindern.

November 2014

30.11.2014: Bei Demonstrationen in Jerusalem wird Staatspräsident Reuven Rivlin in SS-Uniform abgebildet – wie im Oktober 1995 kurz vor seiner Ermordung 55 .

Angesichts der vielfältigen Proteste und Widerstände ist die für den 02. Dezember vorgesehene Abstimmung in der Knesset über den Entwurf eines Gesetzes, Israel zum „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ zu proklamieren, verschoben worden. Finanzminister Yair Lapid beschuldigt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, sich mit „Kleinzeug“ zu befassen, statt Entscheidungen zur Sozial- und Wohnungsbaupolitik zu treffen sowie sich der wachsenden internationalen Isolierung Israels zu stellen. Netanjahu betont, dass er trotz der Kontoversen um das Gesetz zur Definition Israels kein Interesse am Zusammenbruch der gegenwärtigen Koalition habe, droht aber mit Neuwahlen, für die er jedoch von Seiten der Partei der „Sefardischen Thorawächter (Shas)“ keine Zusage ihrer Unterstützung für den Fall erhält, dass er erneut für das Amt des Ministerpräsidenten kandidiert.

29.11.2014:

55 Vgl. zuletzt die Eintragung am 20.11.2014 in dieser Zeitleiste sowie „Reuven Rivlins Rede an die politische Seele Israels“ in der Menüleiste „Berichte aus Nahost“.

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Vor den Außenministern der Arabischen Liga in Kairo droht der palästinensische Präsident Machmud Abbas, die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Israel einzustellen. Die Außenminister beschließen, den palästinensischen Antrag beim UN-Sicherheitsrat zu unterstützen, dass bis November 2016 der Staat Palästina in den Grenzen von 1967 entsteht 56 . In einem Interview fordert Abbas die USA auf, sich im Sicherheitsrat zumindest der Stimme zu enthalten, und kritisiert Mitglieder des Kongresses, welche die Finanzhilfe für die Autonomiebehörde kürzen wollen, wenn sie sich an den UN- Menschenrechtsrat in Genf wendet.

Am Abend wird findet vor der Residenz des Ministerpräsidenten eine Demonstration mit vielen tausend Teilnehmern gegen ein Gesetz zur Proklamation Israels als „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ statt. Zur selben Zeit wird ein Brandanschlag auf die größte bilinguale hebräisch-arabische Schule in Israel, die seit 1998 arbeitende „Max Rayne Hand in Hand Jerusalem School“, verübt. Auf die Mauern werden Parolen wie „Es gibt keine Koexistenz mit dem Krebsgeschwür“, „Genug der Koexistenz“ und „Genug der Assimilation“ gesprüht. Bürgermeister , mehrere Minister wie Justizministerin Tsipi Livni und Bildungsminister Shai Piron sowie Abgeordnete der Arbeitspartei, von „Meretz“ und arabischer Parteien distanzieren sich mit Nachdruck von dem Anschlag. Am 02. Dezember setzt Shaham Samit in „Haaretz“ seinen Beitrag unter den Titel „Das Land brennt“. Am 03. Dezember empfängt Staatspräsident Reuven Rivlin Schüler und Lehrer der Schule in seiner Jerusalemer Residenz. In seiner Ansprache betont Rivlin, dass „der arabische Sektor seit Jahren unter Diskriminierungen leidet“ und dass „viele Araber in Israel von Seiten mancher Juden dem Rassismus ausgesetzt“ seien. Am 04. Dezember solidarisieren sich viele hundert andere Schüler und Angehörige von Jugendorganisationen mit den

56 Vgl. die Eintragung am 03.11.2014 in dieser Zeitleiste.

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Attackierten. Am 07. Dezember verhaftet die Polizei zwei Männer, die des Brandanschlags verdächtig sind.

Der frühere Staatspräsident Hosni Mubarak, dem die Verantwortung für den Tod zahlreicher Demonstranten gegen sein Regime 2011zur Last gelegt worden ist – er wurde dafür 2012 zu lebenslanger Haft verurteilt –, sein damaliger Innenminister Habib Al-Adly und die beiden Söhne Mubaraks werden von einem Gericht in Kairo freigesprochen 57 . Gegen den Freispruch haben Rechtsanwälte der betroffenen Familien Revision angekündigt. Mubarak bleibt in Haft, weil noch andere Verfahren gegen ihn anhängig sind. Am Wochenende kommen bei Demonstrationen gegen die Freisprüche in Kairo zwei Menschen ums Leben.

28.11.2011: Israels Außenminister Avigdor Lieberman legt im Namen seiner Partei „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel)“ eine „Friedensplattform“ vor, in der er mit „ökonomischen Anreizen“ seinerseits erneut den Transfer der israelischen Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit in die Westbank, wenn sie sich nicht mit dem Staat Israel identifizieren, aus dem Wadi Ara 58 , aus Akko und aus Jaffa in einen palästinensischen Staat anregt – den er ablehnt. Solche Pläne wurden bereits während der britischen Mandatszeit ventiliert, bevor sie im April 1976 vom damaligen Gouverneur Israel Koenig für Galiläa in einem nach ihm benannten „Memorandum“ zusammengefasst wurden 59 .

57 Vgl. zuletzt die Eintragung am 13.04.2013 in dieser Zeitleiste.

58 Vgl. die Eintragung am 25.03.2014 in dieser Zeitleiste.

59 Barak Ravid: Lieberman’s ‚peace plan‘: Pay Israeli Arabs to move to Palestinian state, in „Haaretz” 28.11.2014.

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„Haaretz“ berichtet, dass der oberste Militärrabbiner Israels, Brigadegeneral , vor kurzem erklärt habe, der Jerusalemer Tempelberg habe für die Muslime keine religiöse Bedeutung, weil das Gelände nicht im Koran erwähnt worden sei 60 .

Die französische Nationalversammlung debattiert über die Anerkennung des Staates Palästina. Bei der Gelegenheit legt Außenminister Laurent Fabius eine diplomatische Initiative vor, die – in Anlehnung an Vorstellungen der Autonomiebehörde – eine Resolution des UN-Sicherheitsrates – eine auf zwei Jahre begrenzte Zeittafel mit detaillierten Parametern für das Ziel des Endstatus- Vertrages und einer internationalen Friedenskonferenz in Paris unter aktiver europäischer Beteiligung und gemeinsam mit den übrigen vier UN-Vetomächten USA, Russland, China und Großbritannien beinhaltet. Er, Fabius, unterstütze den vorliegenden Entwurf für die Anerkennung des Staates Palästina. Die Abstimmung in der Nationalversammlung soll am 02. Dezember stattfinden. Es fällt auf, dass in der medialen Berichterstattung über die Äußerungen des Außenministers ein Hinweis auf die Zwei-Staaten-Lösung fehlt.

In Kairo werden zwei hohe Armeeoffiziere bei dem Versuch der Streitkräfte getötet, rund 100 Islamisten an der Teilnahme an einer gegen die Regierung gerichteten Demonstration zu hindern. Dazu berichtet Markus Bickel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ von den unerträglichen Repressionen gegen jede Form des Protestes mit der Folge überfüllter Gefängnisse. Während allein in den vergangenen 12 Monaten die Bevölkerung Ägyptens um rund 3 Millionen gewachsen sei, würde der Mindestlohn bei monatlich umgerechnet 150 Euro verharren, obwohl die Preise für Gemüse,

60 Chaim Levinson: Chief IDF Rabbi: Temple Mount not for Muslims, in „Haaretz“ 28.11.2014.

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Fleisch und Milchprodukte seit dem Sommer kontinuierlich gestiegen seien 61 .

Die „New York Times“ berichtet aus den Beiruter Flüchtlingslagern Sabra und Shatila, die für Flüchtlinge aus Syrien immer mehr zur permanenten Wohnstätte würden, weil sie nicht mehr an ihre Rückkehr glauben 62 .

27.11.2014: Ari Shavit, einer der bekanntesten israelischen Kommentatoren, der zuletzt das Buch „My “ (2012) vorgelegt hat, bezeichnet in einmalig scharfer Form den von der Regierung am 23. November verabschiedeten Entwurf eines Gesetzes, wonach Israel zum „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ erklärt werden soll. Ein solches Gesetz, schreibt Shavit, sei antizionistisch, weil es „die komplexe, delikate, vitale Idee eines jüdisch- demokratischen Staates“ unterhöhle. Während neue muslimische Fanatiker den Versuch unternähmen, den Islam ins Mittelalter zu stoßen, würden die neuen jüdischen Chauvinisten den jüdischen Nationalismus in das Dunkel früherer Jahrhunderte zu stoßen versuchen. „Sie haben sich von ihren Sinnen beurlaubt. Seit seinen Anfängen hat der Zionismus nie solche bitteren, gefährlichen Feinde wie die Zeloten in Jerusalem von heute gehabt, die alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Tempel [?] zu zerstören.“ Auch die Siedlungen seien ein antizionistisches Projekt 63 .

61 Markus Bickel: Vierzig Stunden Angst und Schrecken, in FAZ 28.11.2014, S. 3.

62 Anne Barnard: Palestinian Refuge for 6 Decades, Now Flooded from Syria, in NYT 28.11.2014.

63 Ari Shavit: The new anti-Zionists are trying to destroy Israel, in „Haaretz“ 27.11.2014.

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26.11.2014: Im Windschatten der Angriffe auf die Bastionen des „Islamischen Staates“ töteten syrische Kampfjets mindestens 95 Menschen in der nordsyrischen Stadt Raqqa 64 .

Das Europäische Parlament verschiebt eine Entscheidung über die Anerkennung Palästinas auf die zweite Hälfte des Monats Dezember. Damit solle den Parlamentariern mehr Zeit zur Diskussion eingeräumt worden, heißt es zur Begründung. Die Verschiebung geht vor allem auf die Abgeordneten der deutschen SPD zurück. In Berlin soll eine Anerkennung Palästinas nicht auf der Tagesordnung stehen 65 .

24.11.2014: In Wien enden die Atomgespräche der 5+1-Delegationen mit Irans Außenminister Javad Zarif ergebnislos. Nunmehr sollen bis zum Sommer 2015 die Verhandlungen abgeschlossen werden 66 . Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu droht unter Berufung auf das „Recht auf Selbstverteidigung“ erneut Iran einen Militärschlag an.

Nach einem UN-Bericht haben die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ 45 Millionen US-Dollar Lösegeld erpresst.

Bei den Präsidentschaftswahlen in Tunesien , an denen sich 64,6 Prozent der Wahlberechtigten beteiligen, kommt es zu einer

64 Vgl. die Eintragung am 24.08.2014 in dieser Zeitleiste.

65 Vgl. die Eintragung am 23.11.2014 in dieser Zeitleiste.

66 Vgl. die Eintragung am 17.11.2014 in dieser Zeitleiste.

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Stichwahl, weil keiner der beiden Hauptkandidaten die absolute Mehrheit erreicht hat.

In einem Interview führt der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdo ğan aus, dass die Gleichstellung der Frau mit dem Mann ihrer „Natur“ widerspreche. Die weibliche Priorität liege in der Mutterschaft nach den Regeln des Islam.

23.11.2014: Entgegen dem scharfen Einspruch von Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein, der eine „Bedrohung der Demokratie“ befürchtet, beschließt das israelische Kabinett den Entwurf eines 14 Grundsätze umfassenden Gesetzes, wonach Israel der „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ sei. Arabisch soll demnach nicht mehr als amtliche Zweitsprache anerkannt sein. 14 Minister stimmen der Vorlage zu, 6 lehnen sie ab, unter ihnen Justizministerin Tsipi Livni und Finanzminister Yair Lapid. Der arabische Knesset-Abgeordnete Achmed Tibi von der „ – Ta’al“ sieht in dem Gesetzentwurf einen weiteren Beleg für die Diskriminierung und Unterdrückung der arabischen Bevölkerung Israels. Der Vorsitzende der Regierungskoalition in der Knesset Yariv Levin beschuldigt den Obersten Gerichtshof, die zionistischen Wurzeln des Staates untergraben zu haben. Dagegen verwahrt sich die Vorsitzender der oppositionellen Partei „Meretz (Stärke)“ Zahava Gal‘on gegen „das Verbrechen gegen die israelische Demokratie“ . Jüdische Abgeordnete regen an, die Abstimmung im Parlament am 02. Dezember freizugeben. Am 24. November drückt das „State Department“ seine Hoffnung aus, dass Israel an seinen demokratischen Prinzipien festhalten werde. Wirtschaftsminister Naftali Bennett verwahrt sich gegen die US- amerikanische Einmischung, während der Direktor der „Anti- www.reiner-bernstein.de 45 – Chronologie 2014

Defamation League“ die Vorlage zwar als nachvollziehbar, aber überflüssig bezeichnet.

Der palästinensische Außenminister Riad Al-Malki verwahrt sich gegen Gerüchte, dass die Autonomiebehörde auf die Vorlage eines Antrags beim UN-Sicherheitsrat zur Anerkennung Palästinas in den Grenzen von 1967 verzichten wolle 67 . Das russische Außenministerium kündigt an, für die palästinensische Vorlage zu stimmen, der mindestens 9 der 15 Mitglieder des Rates zustimmen müssen.

Nach internationalen Medienberichten wird das Europäische Parlament, dem Beispiel Irlands , Schwedens , Großbritanniens und Spaniens folgend, noch in dieser Woche über die Anerkennung Palästinas abstimmen. Eine Entscheidung in der französischen Nationalversammlung soll am 02. Dezember fallen. Die israelische Regierung fürchtet, dass auch das französische Parlament kurz vor einer entsprechenden Abstimmung steht. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sie vorsorglich bereits als „unverantwortlich“ kritisiert 68 .

20.11.2014: Der Bürgermeister von Ashkelon ordnet an, dass bis auf weiteres arabische Arbeitskräfte während des Betriebs nicht länger in Schulen und Kindergärten arbeiten sollen. Staatspräsident Reuven Rivlin widerspricht dem Ansinnen unter Verweis auf das Prinzip der Rechtsgleichheit aller Staatsbürger Israels. Nach ersten Pressemeldungen plant Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, auf der wöchentlichen Kabinettssitzung am 23. November den Entwurf für ein Gesetz vorzulegen, in dem Israel als jüdischer Staat definiert und Hebräisch als einzige

67 Vgl. zuletzt die Eintragung am 03.11.2014 in dieser Zeitleiste.

68 Vgl. die Eintragung am 29.10.2014 in dieser Zeitleiste.

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Landessprache ausgewiesen wird. Das Innenministerium fordert die Aufhebung der Anordnung.

Die Botschafter Deutschlands , Frankreichs , Großbritanniens , Italiens und Spaniens warnen im Jerusalemer Auswärtigen Amt vor einer Zunahme der Spannungen durch den Abriss von Wohnhäusern, in denen palästinensische Attentäter gelebt haben sollen. Zuvor hatte sich das State Department in Washington im selben Sinne geäußert, nachdem in Ramallah die für wirtschaftliche Angelegenheiten zuständigen europäischen Konsuln gegen Terrorakte vorstellig geworden waren und zur rhetorischen Mäßigung aufgerufen hatten 69 .

Ari Shavit beklagt in „Haaretz“ die vollständige und tödliche „diplomatische Leere“ in der israelischen Politik und fragt, wo die politische Führung bleibt. Jerusalem stehe im Zentrum des Sturms. Israel sehe sich nicht nur einem nationalen Kampf mit religiösen Fallstricken gegenüber, sondern befinde sich in einem religiösen Kampf, einem „Heiligen Krieg um die Heilige Stadt“ . Denn es sei kein Zufall, dass am 18. November der Terrorangriff einer Synagoge in „Har Nof (Aussichtsberg)“ gegolten habe. Die barbarischen Taktiken des „Islamischen Staates“ sickerten allmählich in den israelisch- palästinensischen Konflikt ein, befürchtet Shavit 70 .

Die israelische Regierung plant, am symbolischen 29. November ihren Botschafter nach Stockholm zurückzuschicken. Er war nach dem Beschluss der schwedischen Regierung zur Anerkennung Palästinas zurückgerufen worden. Am 29. November 1947 wurde von der UN-Vollversammlung der Teilungsplan für Palästina mit zwei

69 Barak Ravid und Revital Chuval: Fünf große Staaten in Europa an Israel: Der Abriss von Häusern wird die Lage eskalieren lassen, in „Haaretz” 20.11.2014 (Hebr.).

70 Ari Shavit: The diplomatic void is deadly, in „Haaretz” 20.11.2014. Der hebräischsprachige Titel des Beitrags lautet „ISIS ist (fast) hier”.

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Staaten und einem „Corpus separatum“ für Jerusalem und Bethlehem beschlossen 71 .

19.11.2014: Als Antwort auf das Attentat am Vortag genehmigt die israelische Regierung den Bau von weiteren 78 Wohneinheiten in „Har Homa (Mauerberg)“. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ruft die israelische Bevölkerung zum „Kampf um Jerusalem“ auf. Das Auswärtige Amt in Berlin verschärft seine Reisewarnungen für Israel.

Die ägyptische Staatsanwaltschaft fordert für den im Sommer 2012 abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi und weitere Führungsmitglieder der Moslembruderschaft wegen Spionage die Todesstrafe.

Die Europäische Union stockt ihre Hilfe für die syrischen Flüchtlinge in Jordanien um 66 Millionen Euro auf. Nach den Worten der EU- Botschafterin in Amman Joanna Wronecka seien die Europäer mit rund 3 Milliarden Euro die weltweit größten Geldgeber.

In der abendlichen Diskussionsrunde der Hamburger „Koerber- Stiftung“ über das Verhältnis von Migration und Sprache, die vom „Deutschlandfunk“ übertragen wird, berichtet die türkisch-deutsche Teilnehmerin, dass in der Türkei ein neues Unterrichtsfach „Osmanisch“ eingeführt werden solle, bestehend aus Türkisch, Arabisch und Persisch. Der Prozess des arabischen Islam im Alltag sei auch in den türkischen Großstädten spürbar.

18.11.2014:

71 Vgl. zuletzt die Eintragung am 29.10.2014 in dieser Zeitleiste.

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Im West-Jerusalemer Stadtteil „Har Nof (Aussichtsberg)“dringen am frühen Morgen zwei palästinensische junge Männer mit dem Ruf „Gott ist groß (Allahu akbar)“ in die Synagoge „Gemeinde der Thora- Söhne (Kehilat Bnei Thora)“ ein und töten vier Gläubige, bevor sie von Polizisten erschossen werden; am 19. November stirbt ein verletzter drusischer Polizist. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weist dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas eine Mitschuld zu und kündigt hartes Vorgehen nach dem Motto „Gewalt lässt sich nur mit noch mehr Gewalt“ eindämmen. In einem Fernsehauftritt bezeichnet Netanjahu die palästinensische Führung der „wilden Blutschuldlüge“ – eine Verleumdung, die im hohen Mittelalter Europas den Juden galt. Oppositionsführer Isaac (Yitzhak) Herzog (Arbeitspartei) pflichtet Netanjahus politischen Aussagen bei. Außenminister Avigdor Lieberman befürchtet einen jüdisch- islamischen Religionskrieg. Wirtschaftsminister Naftali Bennett bezeichnet Abbas als einen der größten Terroristen aus den Reihen des palästinensischen Volkes. Sicherheitsminister Yitzhak Aronovitch fördert die Bürger auf, Waffen zu tragen, ohne Selbstjustiz zu üben, will aber die Ausgabe von Waffenscheinen erleichtern. Der Vorsitzende der Partei der „Sefardischen Thora-Wächter (Shas)“ Aryeh Deri befürchtet, dass „wir im Krieg stehen“ . Der Chef des Inlandsgeheimdienstes „Shin Bet“ Yoram Cohen weist im Auswärtigen und Sicherheitsausschuss der Knesset die Behauptung zurück, dass Abbas und die palästinensische Führung für den Terroranschlag verantwortlich seien, vielmehr sei die Ermordung des jungen Palästinensern Mohamed Abu Khdeir ein entscheidendes Ereignis für den Ausbruch der Gewalt gewesen 72 . Cohen wird daraufhin von Abgeordneten zum Rücktritt aufgefordert.

Abbas distanziert sich von dem Anschlag, gefolgt von den arabischen Abgeordneten der Knesset. US-Außenminister John Kerry bezeichnet den Anschlag als „puren Terror“ . Die „Volksfront für

72 Vgl. die Eintragungen ab dem 15.09.2014 in dieser Zeitleiste.

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die Befreiung Palästinas (PFLP)“ bekennt sich zu der Bluttat, was von israelischer Seite bestritten wird, weil der Organisation die dafür notwendige Logistik fehle. „Hamas“, unterstützt von Straßendemonstranten mit Rufen „Für dich, Al-Aqza“ , begrüßt den Terrorakt als Vergeltungsschlag, nachdem am 16. November ein palästinensischer Busfahrer in seinem Fahrzeug erhängt aufgefunden worden ist. In Ost-Jerusalem und in der Westbank kommt es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Palästinensern, der israelischen Polizei und Siedlern 73 . Am 19. November beginnen israelische Bautrupps im Stadtteil Silwan mit dem Abriss des Wohnhauses des palästinensischen Attentäters, der am 22. Oktober ein Baby und eine junge Frau zu Tode gefahren hatte74 . Arabische Stadtteile werden abgeriegelt. Jüdische Schulen und Einrichtungen erhalten einen besonderen Schutz.

Für die „Süddeutsche Zeitung“ erfährt der israelisch-palästinensische Konflikt eine „brandgefährliche religiöse Aufladung“ und liefere „Zutaten für einen Religionskrieg“ . Im Kommentar der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ heißt es: „Die Auseinandersetzungen nehmen immer stärker religiöse Züge an, auch wenn der Konflikt schon in der Vergangenheit nie ein rein politischer war.“ Der Kommentator der Welt“ kommt zum Urteil, dass die europäischen Außenminister ihre Schwäche „durch reges Reisen“ verbergen, aber „rein gar nichts bewegen“ . „Überdies“ , so heißt es weiter: „Es gibt wichtigere Probleme, mit denen sich die Europäer und Amerikaner herumschlagen müssen: die Europäer mit der Russlandkrise, die Amerikaner mit dem Terror des IS und beide mit dem Iran, dessen Lust auf die Atombombe nicht wirklich befriedigt ist“ – bevor er zu dem bemerkenswerten Urteil greift: „Die jüngsten Terrorschläge gegen Israelis in Jerusalem sind kein Ergebnis der israelischen Politik. Sie reihen sich in die Geschichte des Extremismus vor Ort

73 Vgl. die Eintragung am 10.11.2014 in dieser Zeitleiste.

74 Vgl. die Eintragung am 22.10.2014 in dieser Zeitleiste.

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ein…“ Nur nach der Erschöpfung beider Konfliktparteien könne es Frieden geben, heißt es abschließend. Für die „International New York Times“ bewegt sich der Konflikt auf einen „ vollkommenen religiösen Konflikt“ („a full-throated religious war“) zu. Die Korrespondentin des Blattes zitiert den an der Hebräischen Universität Philosophie lehrenden Moshe Halbertal (er ist religiös orthodox) mit dem Satz: „Wenn du die religiöse Dimension einbringst, wird der Konflikt verabsolutiert – du kannst das Land teilen, du kannst die Sicherheit teilen, aber das Heilige ist unteilbar. Und es globalisiert den Konflikt, weil er jeden Moslem angeht und damit nicht länger ein israelisch-palästinensischer Konflikt ist.“ Zakaria Al-Qaq, der an der „Al-Quds“-Universität Professor für nationale Sicherheit ist, fügt hinzu, dass „wir von derselben Krankheit in der Region infiziert worden sind.“ Der israelische Publizist Yossi Klein Halevi wird mit der Einschätzung zitiert: dass es bei dem Attentat nicht um etwas Unpersönliches gehe, sondern um „einen Krieg unter Nachbarn“ . Am 20. November kommentiert der Israel- Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ Peter Münch: „Es ist genau geplant. Das Dynamit liegt bereit. Die Angreifer sind fest entschlossen: Ihr Plan, den muslimischen Felsendom auf dem Tempelberg in Jerusalem zu sprengen. Ihr Ziel: einen Religionskrieg zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn zu entfesseln.“ Der Konflikt im Heiligen Land gehe „zuvörderst um Grenzen“ , sei aber „immer schon religiös aufgeladen“ gewesen 75 .

17.11.2014:

75 Barak Ravid: Netanyahu: Palestinian blood libel led to Jerusalem terror attack, in „Haaretz2 18.11.2014; Peter Münch: Stunde der Mörder, in SZ 19.1.2014; S. 2; ders.: Pyromanen am Werk, in SZ 19.11.2014, S. 4. Nikolas Busse: Ferner denn je, in FAZ 19.11.2014, S. 1. Jacques Schuster: Frieden? Den will in Israel doch keiner, in „Die Welt“ 19.11.2014; Jodi Rudoren: In Jerusalem’s ‚War of Neighbors,‘ the Differences Are Not Negotiable, in „The International Herald Tribune“ 19.11.2014; Peter Münch: Jenseits der Vernunft, in SZ 20.11.2014, S. 4.

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Beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel kommen die Anwesenden in ihrer Abschlusserklärung nicht über umständliche Andeutungen hinaus: „Die Europäische Union erinnert daran, dass die künftige Entwicklung der Beziehungen mit sowohl den israelischen als auch den palästinensischen Partnern auch von deren Engagement für einen dauerhaften Frieden auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung abhängt.“

In Wien beginnt eine neue Verhandlungsrunde zwischen den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland und dem Iran über dessen Nuklearprogramm.

Die ägyptischen Behörden kündigen die Erweiterung der Sperrzone auf der Sinai-Halbinsel zum Gazastreifen von 500 auf 1.000 Meter an, wobei auch Häuser niedergerissen werden. Grund sei die Entdeckung von Tunnelanlagen.

Saudi-Arabien , Bahrein und die Vereinigten Arabischen Emirate nehmen die diplomatischen Beziehungen zu Qatar wieder auf. Wegen der Unterstützung der ägyptischen Moslembrüder waren die Botschafter im März zurückgezogen worden.

16.11.2014: Nach einem Bericht von „Haaretz“ lässt der „EU European Action Service (EEAS)“ mit seinem österreichischen Direktor Christian Berger an der Spitze ein vertrauliches Papier unter den 28 EU-Mitgliedern kursieren. Danach soll Israel detailliert mit Sanktionen gedroht werden, sollte es weiterhin in den palästinensischen Gebieten die Zwei-Staaten-Lösung unmöglich machen: durch den Ausbau der E1-Strecke zwischen Jerusalem und der Vorstadt Maaleh Adumim im Osten mit über 40.000 Einwohnern auf dem Weg zum Toten Meer; durch den Bau neuer Wohneinheiten in den Anlagen „Har Homa (Mauerberg)“ www.reiner-bernstein.de 52 – Chronologie 2014

und „Givat ha-Matos“; durch das Verbot des Verkaufs von Produkten aus den jüdischen Siedlungen in europäischen Kaufhäusern; durch Einschränkungen im Freihandelsabkommen. Der volle Wortlaut des Papiers, das mit „Zuckerbrot und Peitsche“ – zunächst mit „Zuckerbrot“ – argumentiere, liege bislang dem Auswärtigen Amt in Jerusalem nicht vor. Bei seiner Begegnung mit der neuen EU- Außenbeauftragten Federica Mogherini habe Außenminister Avigdor Lieberman darauf bestanden, dass Beschlussfassungen ihrer Zustimmung bedürfen müssten 76 . Nunmehr weist er jeden Zusammenhang zwischen dem „Friedensprozess“ und den Beziehungen zu Europa zurück und verwahrt sich auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier gegen Einwände gegen die Siedlungspolitik in Ost-Jerusalem. Auf der EU-Außenministerkonferenz am 17. November wird das „hypothetische Papier“ – so Mogherini – nicht systematisch diskutiert, auch wenn die Außenminister die israelische Siedlungspolitik jenseits der „Grünen Linie“ verurteilen und Strafmaßnahmen andeuten. Am selben Tag veröffentlicht „Haaretz“ die vollständige Fassung der Ideensammlung des EEAS 77 .

Der Rechtsausschuss der Regierung berät über eine Gesetzesvorlage mit dem Ziel, Israel als Nationalstaat des jüdischen Volkes zu definieren. Die Vorlage ist vom Fraktionsvorsitzenden des „Likud“ Ze‘ev Elkin eingebracht worden und gilt als die extremste Vorlage in diesem Jahr, weil das jüdische Religionsgesetz als „Inspiration“ für neue Gesetze und für die Rechtsprechung gelten

76 Barak Ravid: Secret EU draft outlines sanctions against Israel, in „Haaretz“ 16.11.2014, S. 1 f. Vgl. die Eintragung am 03.11.2014 in dieser Zeitleiste.

77 Barak Ravid: Haaretz obtains full document of EU-sponsored sanctions against Israel, in „Haaretz” 17.11.2014.

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soll. An der Klausel, dass das Arabische die offizielle Zweitsprache ist, soll entgegen früheren Absichten festgehalten werden. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Justizministerin Tsipi Livni seien um einen Kompromiss bemüht, heißt es 78 . Am Nachmittag erreicht Livni mit Hilfe von Finanzminister Yair Lapid und gegen den heftigen Widerstand nationalistischer Ausschussmitglieder die Vertagung einer Beschlussfassung 79 .

15.11.2014: Beim Besuch des palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas in Ramallah warnt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier im Blick auf die Konfrontation in der Jerusalemer Altstadt davor, dass „dieser politische Konflikt zu einem religiösen Konflikt“ werde 80 .

Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ verkündet die Enthauptung des fünften Ausländers, des 26 Jahre alten Peter Kassig. Kassig, der zum Islam übergetreten war, arbeitete bis zu seiner Entführung Anfang Oktober 2013 als Entwicklungshelfer in Syrien . Außerdem wird die Enthauptung von 14 syrischen Soldaten gemeldet. Europäische Sicherheitsbehörden glauben, hinter den Mordtaten französische, britische und/oder dänische Staatsbürger erkannt zu haben.

14.11.2014:

78 Jonathan Lis: Israeli ministers to vote on ‘Jewish nation-state’ bill, in „Haaretz“ 16.11.2014; Jonathan Lis: Netanyahu: Just as Israel is democratic, it must also be recognized as Jewish, in „Haaretz” 16.11.2014.

79 Jonathan Lis: Livni shuttles ministerial vote on bill to enshrine Israel as Jewish nation-state, in „Haaretz” 16.11.2014.

80 dpa: German foreign minister in West Bank: Conflict mustn’t become religious, in „Haaretz“ 16.11.2014.

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Aus Anlass der heutigen Erstverleihung des Siegfried-Lenz-Preises in Hamburg erklärt der israelische Schriftsteller Amos Oz im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“: „Es ist für einen israelischen Linken schwer, den Mann auf der Straße davon zu überzeugen, dass wir nur aus dem Westjordanland abziehen müssen, und alles wäre in Ordnung 81 .“

13.11.2014: Beim Treffen zwischen König Abdullah II., Benjamin Netanjahu und John Kerry in Amman, zu dem der ägyptische Präsident Abdel Fatah Al-Sisi zeitweise elektronisch zugeschaltet wird, verständigen sich alle Parteien darauf, für eine Beruhigung der Spannungen auf dem Jerusalemer Tempelberg / Erhabenem Heiligtum zu sorgen. Nach den Worten des jordanischen Außenministers Nasser Judeh wolle Netanjahu dafür sorgen, dass der Sonderstatus Jordaniens auf dem Erhabenen Heiligtum nicht angetastet werde. Für Kerry, der auch mit Machmud Abbas zusammentrifft, ist „ es nicht der richtige Moment für beide Seiten, sich jetzt [zu neuen Verhandlungen] zusammenzusetzen“ . Am 14. November erlaubt die israelische Polizei Moslems den ungehinderten Zugang zum Erhabenen Heiligtum.

Der Kommentator von „Haaretz“ verwahrt sich dagegen, dass in den säkularen Schulcurricula die religiösen Themen und Programme unter dem Titel „Vision jüdischer Erneuerung“ überhand nehmen, und fordert die Einbeziehung von mehr liberalen und demokratischen Werten 82 .

81 „Auf Rassismus reagiere ich wie ein Rauchmelder” (Interview), in SZ 14.11.2024, S. 14.

82 Misguided school priorities, in „Haaretz“ 13.11.2014, S. 5.

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12.11.2014: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erteilt der Zusammenarbeit mit dem Genfer UN-Ausschuss zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen im Gaza-Krieg eine Absage. Der Ausschuss habe schon vor Beginn seiner Arbeit sein Votum gegen Israel abgegeben 83 .

Der Planungs- und Bauausschuss für Jerusalem genehmigt die Errichtung von bis zu 600 neuen Einheiten im Vorort Ramot. Die Sprecherin des State Department Jen Psaki zeigt sich erneut „tief besorgt“ über die Entscheidung. Die Jerusalemer Stadtverwaltung mit Bürgermeister Nir Barkat weist die Kritik mit der Bemerkung zurück, das Vorhaben werde von einer privaten Baufirma entwickelt. Außerdem seien 176 Wohneinheiten für Palästinenser in Ost- Jerusalem geplant.

In der Nähe von Ramallah wird eine Moschee in Brand gesetzt. In Galiläa wird eine alte Synagoge angegriffen.

11.11.2014: Nehemia Shtrasler räumt in „Haaretz“ mit der Vorstellung auf, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der politisch Getriebene in seiner Koalition sei. Er selbst sei vom Kaliber von Wirtschaftsminister Naftali Bennett und anderen radikalen Abgeordneten der Knesset, die einen Staat Israel zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan haben wollen: noch ein Haus, noch ein Baum, noch mehr Straßen und noch mehr Siedler in den palästinensischen Gebieten, um jede Möglichkeit einer Vereinbarung mit den Palästinensern und jeden Rückzug zu verhindern. Alle anderen Aussagen wie seine Rede vor der Bar-

83 Vgl. die Eintragung am 23.07.2014 in dieser Zeitleiste.

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Ilan University im Juni 2009, als er sich zur Zwei-Staaten- Lösung bekannte, seien pure Taktik, um Zeit zu gewinnen 84 .

Nach Medienberichten soll das Budget der „Jewish Identity Administration“, die zum Ministerium für religiöse Dienstleistungen unter Leitung von Naftali Bennett gehört, massiv aufgestockt werden, und zwar von 14 Millionen Neuen Shekel (NIS) im Jahr 2013 auf nunmehr 21 Millionen Neue Shekel ( ≈ 4,4 Millionen Euro). Mit dem Geld sollen die Bindungen zwischen Israel und der jüdischen „Diaspora“ vertieft werden.

In Ramallah wird bei einer großen Gedenkveranstaltung an den 10. Todestag des PLO-Vorsitzenden erinnert. Planungen, die Feier im Gazastreifen abzuhalten, scheiterten an Widerständen der „Hamas“.

„Haaretz“ berichtet über die Feldforschungen des an der University of North Carolina religiöse Studien lehrenden Yaakov Ariel, dass nach seinen Beobachtungen in den Synagogen und Gemeinden im Süden der USA die spirituelle, religiöse und intellektuelle Ausstrahlung des Judentums eine immer größere Anzahl von Nichtjuden anspreche. Sie gehörten überwiegend der Mittelklasse, der oberen Mittelklasse und den freien Berufen an, wobei auch die Zahl der Interessierten mit asiatischem, schwarzem und hispanischem Hintergrund zunehme 85 .

Nach Pressemeldungen soll der IS-Führer und selbsternannte „Kalif des Kalifats“ Abu Bakr Al-Bagdadi am 08. November in der Nähe von Mossul von irakischen Spezialeinheiten getötet worden sein.

84 Nehemia Shtrasler: Niemand ist rechter als Netanjahu, in „Haaretz“ 11.11.2014 (Hebr.).

85 Judy Maltz: Non-Jews gaining ground in U.S. synagogues, new research shows, in „Haaretz“ 11.11.2014.

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10.11.2014: Auf dem Weg in die dritte „Intifada“? In Tel Aviv erlag ein 20 Jahre alter Soldat aus Modiin seinen Verletzungen, als er einem Palästinenser aus Hebron das Gewehr entreißen wollte. Der Palästinenser ist festgenommen worden. Wenig später versucht ein anderer Palästinenser am Eingang der Siedlung Alon Shvut im Süden der Westbank, mit seinem Auto eine Gruppe wartender Menschen zu überfahren. Als dies nicht gelingt, verletzt er zwei Juden, wobei eine Frau stirbt. Der Attentäter wird von einem Wächter der Siedlung erschossen. Am 11. November wird ein Palästinenser von israelischen Soldaten zwischen Bethlehem und Hebron getötet. Am Nachmittag des 11. November berät das israelische Sicherheitskabinett Antworten auf die palästinensischen Unruhen in der Westbank, in Ost-Jerusalem und unter den Staatsbürgern arabischer Volkszugehörigkeit. Zuvor war die israelische Truppenpräsenz in der Westbank erhöht worden. Am 12. November kündigt der palästinensische Präsident Machmud Abbas eine Petition an die Adresse des UN-Sicherheitsrats an, gegen die israelische Gewalt Stellung zu beziehen – auch um die innenpolitische Kritik, so auch von „Hamas“, an seiner hinhaltenden Taktik gegenüber der israelischen Regierung zu entkräften. Am selben Tag schreibt Amira Hass in „Haaretz“, dass eine allgemeine „Intifada“ nicht zu erwarten sei, jedoch die Fortsetzung von individuellen Angriffen.

US-Vizepräsident Joe Biden versichert in seiner Rede vor der „Jewish Federations‘ General Assembly“ in Maryland Israel der unverbrüchlichen Garantie für seine Sicherheit, ohne die Kritik an der Politik von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auszusparen. Biden verweist darauf, dass die USA täglich 8,5 Millionen US-Dollar zur Verfügung stellen.

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09.11.2014: Nach einem Bericht von „Haaretz“ hat sich der Einfluss religiöser Kräfte im israelischen Militär besonders während der Operation „Schutzschild“ im Gazastreifen erhöht 86 .

Umweltminister Amir Peretz von der Partei „Die Bewegung (ha- Tnuah)“ verkündet nach schweren Angriffen auf Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen Rücktritt. Peretz folgt damit dem Beispiel von Innenminister Gideon Sa’ar 87 .

08./09.11.2014: In einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ mahnt Daniel Barenboim mehr internationale Verantwortung der Bundesregierung an, nachdem der Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg nur durch internationale Hilfe möglich gewesen sei. Aus der „demokratische(n) Erfolgsgeschichte“ erwachse „eine Pflicht, anderen Ländern und Menschen einen ähnlichen Wiederaufbau zu ermöglichen“. Barenboim fährt fort: „Als Jude lebe ich seit 23 Jahren in Berlin, und dies wäre für mich nicht möglich, hätte ich nicht das Gefühl, dass die Deutschen eine tiefe und ehrliche Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit hinter sich haben. Ich bin voller Bewunderung hierfür, denn kein anderes Volk hat etwas Vergleichbares geleistet. Aber diese Phase der Selbstreflexion sollte nicht folgenlos für die Außenpolitik bleiben. Im israelisch-palästinensischen Konflikt hält sich Deutschland zurück, um das deutsche Verhältnis zu Israel nicht zu belasten. Eine Lösung dieses Konflikts ist aber ohne eine

86 Coby Ben-Simhon: The holy war being fought within the Israeli army, in „Haaretz“ 09.11.2014, S. 7.

87 Vgl. die Eintragung am 18.09.2014 in dieser Zeitleiste.

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deutsche Einflussnahme auf die israelische Politik nicht denkbar. Deutschland kann und müsste Druck auf Israel ausüben, denn letztlich geht es um die geistige und politische Zukunft des Staates Israel. Die Logik ist einfach: Deutschland hat sich der Sicherheit des Staates Israel verpflichtet. Langfristig kann es diese aber nur geben, wenn dem palästinensischen Volk eine gerechte Zukunft in einem eigenen Staat gesichert wird 88 .“

08.11.2014: Am Abend findet aus Anlass des 19. Jahrestages der Ermordung von Yitzhak Rabin auf dem nach ihm benannten Platz vor dem Rathaus in Tel Aviv eine Kundgebung gegen Rassismus und für Demokratie statt, zu der unter Führung von Jugendorganisationen mehrere Gruppen aufgerufen haben. Hauptredner der Veranstaltung, zu der viele zehntausend Menschen erwartet werden, ist Staatspräsident Reuven Rivlin. Zu den weiteren Rednern gehört Ali Zahalka, der Leiter einer Schule in Kafr Qassem 89 .

„Hamas“ kündigt die Rekrutierung von 1.500 militanten Islamisten an, um die „Al-Aqza“-Moschee in der Jerusalemer Altstadt „zu befreien“ und die Autorität der Palästinensischen Autonomiebehörde in der Westbank zu unterminieren.

In der Nacht wird in der galiläischen Ortschaft Kafr Qana ein 22 Jahre alter Palästinenser von der Polizei erschossen. Khayr Hamdan hatte nach einem Nachbarschaftsstreit, zu dessen Schlichtung die

88 Daniel Barenboim: Deutschlands Verantwortung, in SZ 08/09.11.2014, S. 4. Vgl. den „Gegenentwurf“ des außenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion im Bundestag Philipp Mißfelder in der Zusammenfassung „Philipp Mißfelders letztes Wort“ in der Menüleiste „Berichte…“ dieser Homepage.

89 Vgl. die Eintragung am 25.10.2014 in dieser Zeitleiste.

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Polizei gerufen worden war, mit einem Messer auf das Polizeiauto getrommelt, worauf sich ein Polizist bedroht sieht und ihn ohne Vorwarnung tötet. In Kfar Qana gehen aus Protest 5.000 Menschen auf die Straße. In der Kabinettssitzung am 09. November kündigt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an, mit aller Härte alle Unruhestifter bestrafen zu wollen, wozu auch der Entzug der Staatsbürgerschaft gehören könne.

US-Außenminister John Kerry verwahrt sich gegen Gerüchte, dass es eine Verbindung zwischen den Nukleargespräche mit dem Iran und anderen Krisenherden im Nahen und Mittleren Osten gebe. Hintergrund des Dementis ist ein Bericht des „Wall Street Journal“ am 04. Oktober, wonach Präsident Barack Obama einen Brief an den geistlichen Führer Ali Khamenei geschrieben und darin gemeinsame Interessen bei der Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts betont habe. Am 09. November bezieht sich „Haaretz“ auf eine offizielle Regierungsquelle, wonach sich die israelische Regierung „indirekt“ das Schreiben Obamas besorgt habe. Nach einem Medienbericht will Washington die diplomatischen Beziehungen zu Teheran wieder aufnehmen.

07.11.2014: Das Pentagon teilt mit, dass Washington seine Militärberater im Kampf gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ um weitere 1.500 Personen aufstocken werde. Die Beteiligung an Kampfeinsätzen sei nicht vorgesehen, heißt es.

Der sefardische Oberrabbiner Israels Yitzhak Yosef hat in scharfer Form das Betreten des Tempelbergs (Erhabenes Heiligtum) in der Jerusalemer Altstadt abgelehnt, weil zu befürchten sei, dass jüdisches Blut vergossen werde.

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In Amman demonstrieren Zehntausende für die Kündigung des Friedensvertrages zwischen Jordanien und Israel. Rufe „Tod den Juden“ werden laut, während die israelische Botschaft geschlossen bleibt, nachdem die jordanische Regierung am 05. November ihren Botschafter zurückgezogen hatte.

06.11.2014: In Syrien soll in Kürze mit der Zerstörung von Anlagen zur Produktion von Chemiewaffe begonnen werden. Innerhalb der kommenden sechs Monate soll sie abgeschlossen sein.

Nach einer Meldung von „Associated Press“, die von der „Süddeutschen Zeitung“ übernommen wird, wollen Ägypten und Saudi-Arabien ein Militärbündnis mit dem Ziel schließen, dem Vormarsch von Djihadisten in Libyen und im Jemen Einhalt zu gebieten. Algerien und Jordanien seien zur Mitwirkung eingeladen, heißt es 90 .

In der Nacht zum 07. November wird in der galiläischen Ortschaft Kafr Qana ein 22 Jahre alter Palästinenser von der Polizei erschossen. Kheir Hamdan hatte nach einem Nachbarschaftsstreit, zu dessen Schlichtung die Polizei gerufen wurde, mit einem Messer auf das Polizeiauto getrommelt, worauf sich die Polizisten bedroht sahen und ihn ohne Vorwarnung töteten. In Kfar Qana gehen aus Protest 5.000 Menschen auf die Straße.

05.11.2014: In der Ost-Jerusalemer Shimon-haTzadik-Straße gegenüber Sheikh Jerrach, wo ultrareligiöse Juden die Häuser palästinensischer Familien besetzt haben, wird von einem palästinensischen Attentäter

90 Militärbündnis Nummer zwei, in SZ 06.11.2014, S. 7

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ein drusischer Grenzpolizist getötet, als er mit seinem Lastwagen in eine Menschenmenge hineinfährt. Seit Jahren finden an der Straße jeden Freitagnachmittag Mahnwachen von Israelis und Palästinensern gegen die Vertreibung der Familien statt. Die Baubehörde sichert die Haltestellen der den Ost- und Westteil der Stadt verbindenden Straßenbahn („Leichte Eisenbahn“) mit Betonblöcken.

Die Knesset debattiert den Entwurf eines „Gesetzes zur Förderung und zum Schutz der gedruckten Presse“. Es zielt faktisch auf das Massenblatt „Israel ha-Yom (Israel heute)“, das mit einer Auflage von 320.000 Exemplaren kostenlos verteilt wird und die Politik von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unterstützt. Finanziert wird das Blatt durch den US-amerikanischen Milliardär Sheldon Adelson, der in Las Vegas Spielhallen unterhält und zu den Förderern der Republikanischen Partei gehört. Wie Peter Münch aus Tel Aviv berichtet, behauptet „Yediot Achronot (Letzte Nachrichten)“ am Zeitungsmarkt mühsam einen Anteil von 36 Prozent, während sich „Maariv (Abend“) mit 10 und „Haaretz“ mit 6 Prozent wirtschaftlich über Wasser zu halten suchen. Die Chancen für die Abgabe von „Israel ha-Yom“ zum Nulltarif würden günstig eingeschätzt, weil auch unter den Koalitionspartnern Netanjahus der Unmut über das Blatt nicht zu übersehen sei, schreibt Münch 91 .

In einem Gastbeitrag für die „International New York Times“ plädiert Israels Wirtschaftsminister Naftali Bennett für die Übertragung der israelischen Gesetzgebung auf die Zone C der Westbank, wobei den dort lebenden Palästinensern [die Angaben schwanken zwischen 50.000 und 150.000] die volle israelische Staatsbürgerschaft angeboten würde. Bennett begründet seine Forderung mit dem Aufstieg der Terrormilizen des „Islamischen Staates“ im Irak , in Syrien und im Libanon . Im

91 Peter Münch: Ein Markt der Mächtigen, in SZ 05.11.2014, S. 31.

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Gegenzug würde Israel den Palästinensern erlauben, die Autonomie in den Zonen A und B anzuheben, dort Wahlen abzuhalten, Schulen zu unterhalten, soziale Dienste anzubieten und eigene Baugenehmigungen zu erteilen, damit die palästinensische Entität so etwas wie ein Staat werde, auch wenn sie nicht ihre eigenen Grenzen kontrollieren dürfe und ihr kein Militär erlaubt werden könne. Gaza funktioniere schon jetzt wie ein Staat. In der Westbank würden Straßen gebaut, die Infrastruktur entwickelt sowie die Straßensperren und die Checkpoints aufgehoben werden, damit alle Bewohner, Palästinenser und Israelis, von der vollen Bewegungsfreiheit Gebrauch machen könnten 92 .

Im Süden Kairos kommen bei einer Bombenexplosion, zu der sich Djihadisten bekennen, zwei Sicherheitsleute ums Leben. Am 06. November folgen zwei weitere Anschläge in der Innenstadt der ägyptischen Metropole.

04.11.2014: In einer Bewertung der deutschen Außenpolitik unter Leitung von Frank-Walter Steinmeier schreibt Stefan Braun in der „Süddeutschen Zeitung“: Deutschland „hat inzwischen selbst im israelisch- palästinensischen Konflikt eine wichtige Rolle. Seit sich immer mehr Länder im Ärger über Israels Regierung vom jüdischen Staat abwenden und Amerikas Einfluss durch nie dagewesene Streitereien mit Jerusalem schwindet, gehört die deutsche Regierung zu den ganz wenigen, die auf beiden Seiten noch Gehör finden. Was für eine Entwicklung! Trotzdem sollte man nichts übertreiben: Deutschland ist nicht zu einem besseren Amerika geworden 93 .“

92 Naftali Bennett: For Israel, Two-State Is No Solution, in „International New York Times“ 05.11.2014.

93 Stefan Braun: Vermittler auf Bewährung, in SZ 04.11.2014, S. 4.

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„Amnesty international“ beschuldigt die israelische Politik schwerer Menschenrechtsverletzungen während der Operation „Schutzschild“ im Gazastreifen.

Bei den Zwischenwahlen zum Kongress wählen 69 Prozent der Juden für die Demokraten und 28 Prozent für die Republikaner. Sie sind die einzige religiöse Gruppe, die derart geschlossen für die Kandidaten der Demokratischen Partei votiert. Die Gesamtwahlbeteiligung liegt bei nur 36,3 Prozent.

03.11.2014: Der palästinensische Chefdiplomat Saeb Erakat trifft in Washington mit US-Außenminister John Kerry zusammen. Das Treffen soll auf Veranlassung Kerrys zustande gekommen sein, um die Autonomiebehörde davon abzubringen, Ende November oder Anfang Dezember im UN-Sicherheitsrat eine Resolution zur Schaffung des Staates Palästina in den Grenzen von 1967 zu verabschieden. Die Sprecherin des State Department Jen Psaki bezeichnet die israelischen Baupläne für den Jerusalemer Stadtteil Ramat Shlomo als „unglücklich“ 94 . Da die Gespräche im US-State Department ergebnislos bleiben, kündigt die Autonomiebehörde an, einen Resolutionsentwurf in den Sicherheitsrat einzubringen.

Im Interview mit der französischen Tageszeitung „Le Monde“ kündigt die neue Außenbeauftragte der Europäischen Union Federica Mogherini an, die europäischen Bemühungen um die Schaffung des Staates Palästina in den kommenden fünf Jahren zu verstärken. Während ihres Besuchs in Gaza-City, in Ramallah und in Jerusalem, wo sie im Namen der Europäischen Union für die Zwei-Staaten- Lösung als ihre „top priority“ wirbt, trifft sich Mogherini am 07.

94 Vgl. die Eintragung am 22.und 27.10.2014 in dieser Zeitleiste.

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November in Tel Aviv mit dem israelisch-palästinensischen Leitungsgremium der „Genfer Initiative“.

Ein 23 Jahre alter arabischer Staatsbürger Israels wird zu einer Gefängnisstrafe von 22 Monaten verurteilt, weil er sich den Milizen des „Islamischen Staates“ anschloss. Der Mann habe die Sicherheit Israels gefährdet, heißt es in dem Urteil.

In Kairo hat der neue israelische Botschafter in Ägypten Yaacov Amitai sein Amt angetreten. Sein Vorgänger Yitzhak Levanon verließ nach Ablauf seiner fünfjährigen Amtszeit im November die ägyptische Hauptstadt. Beide Diplomaten sprechen fließend Arabisch.

02.11.2014: Auf seiner wöchentlichen Sitzung beschließt das israelische Kabinett eine Verordnung, wonach Palästinenser, die in Jerusalem Steine oder Molotow-Cocktails werfen, mit bis zu 20 Jahren Haft verurteilt werden können. Die Verordnung sagt nichts über ein vorgeschaltetes Gerichtsverfahren aus. Außerdem wird der Bau einer neuen arabischen Stadt im Westen Galiläas für 40.000 Einwohner genehmigt.

01.11.2014: Bei der zentralen Kundgebung mit vielen tausend Teilnehmern zur Erinnerung an die Ermordung von Yitzhak Rabin am 04. November 1995 richtet der frühere israelische Staatspräsident Shimon Peres die Frage an die Regierung in Jerusalem, wo denn ihre Friedensinitiative bleibe.

Nach Presseberichten sind Jordaniens König Abdullah II. und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu einem geheimen Treffen in www.reiner-bernstein.de 66 – Chronologie 2014

Amman zusammengekommen. Dabei soll es vor allem darum gegangen sein, die Koordination zwischen beiden Regierungen auf dem Erhabenen Heiligtum („Tempelberg“) enger zu verzahnen. Am 05. Oktober beruft Jordanien seinen Botschafter in Israel ab.

Oktober 2014

31.10.2014: Nach dem Attentat auf den 49 Jahre alten Rabbiner Yehuda Glick am 29.Oktober, der das Recht des Zugangs zum Erhabenen Heiligtum („Tempelberg“) erkämpfen will, wobei der palästinensische Attentäter von israelischen Sicherheitskräften getötet wird, kommt es erneut im Zusammenhang mit dem moslemischen Freitagsgebet zu heftigen Demonstrationen in der Altstadt und am Checkpoint Kalandia auf dem Weg nach Ramallah. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verteidigt erstmals öffentlich das Recht religiöser Juden, auf dem Tempelberg zu beten, und stellt damit den von ihm noch vor wenigen Tagen beschworenen „Status quo“ in Frage, bevor er am 02. November einen Rückzieher macht. US-Außenminister John Kerry „verurteilt entschieden“ die Ermordung Glicks und spricht der Familie sein Beileid aus. Der in New York geborene Rabbiner, der aus Protest gegen den Rückzug aus dem Gazastreifen 2005 als Sprecher der Einwanderungsbehörde zurücktrat und vor seiner Ermordung eine Ansprache am Jerusalemer „Zentrum für das Erbe Menachem Begins“ gegenüber der Cinemathek hielt, war einer der zentralen Figuren der Tempelberg-Bewegung und zwischen 1987 und 2010 Direktor des Tempel-Instituts, das sich der Finanzierung durch www.reiner-bernstein.de 67 – Chronologie 2014

mehrere Ministerin erfreut 95 . Die israelische Polizei verbietet ihm den weiteren Besuch des Tempelbergs.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündet in Templin (Mark Brandenburg), die Bundesregierung würde, wenn sie gefragt würde, wie die USA, Kanada, Australien und Norwegen auch sunnitische Soldaten und nicht nur Kurden im Kampf gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ ausbilden.

29.10.2014: Auch unter dem Eindruck der fortgesetzten israelischen Siedlungstätigkeit in Ost-Jerusalem erkennt Schweden den Staat Palästina völkerrechtlich an 96 .

Nachdem ein hoher Repräsentant der US-Administration Ministerpräsident Benjamin Netanjahus politisches Auftreten als „Hühnerkacke“ kritisiert hat, entschuldigt sich Außenminister John Kerry am 30. Oktober telefonisch bei Netanjahu.

27.10.2014: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ordnet bei der Eröffnung der Winter-Sitzungsperiode die Beschleunigung von Plänen zum Bau weiterer 1060 Wohneinheiten in den Jerusalemer Satrapenbezirken Ramat Shlomo (660 Einheiten) – im Norden nahe von Beit Chanina – und in Har Homa (400 Wohneinheiten) im Süden an. Außerdem sollen in der Westbank aus Sicherheitsgründen weitere 12 Straßen gebaut werden. Weiter kündigt Netanjahu an, dass sich seine Regierung weder

95 Dazu Joseph Croitoru: Warum Yehuda Glick zum Ziel des Mordanschlags wurde, in FAZ 03.11.2014, S. 12.

96 Vgl. zuletzt die Eintragung am 22.10.2014 in dieser Zeitleiste.

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innen- noch außenpolitischem Druck beugen werde, wenn es um seine Sicherheit gehe. Der palästinensischen Autonomiebehörde wirft er vor, lediglich Forderungen zu erheben, ohne Garantien für den Frieden zu liefern. Über die Aufhebung weiterer, bislang eingefrorener Baupläne in der Westbank sei bisher keine Entscheidung gefallen, heißt es. In einem dringenden Schreiben an die US-Administration fordert der palästinensische Präsident Machmud Abbas die USA auf, gegen die Baupläne einzuschreiten. Außerdem appelliert Abbas an den UN-Sicherheitsrat, eine Dringlichkeitssitzung einzuberufen. Am 28. Oktober kündigt Netanjahu an, dass er in allen Teilen Judäas und Samarias bauen wolle. Ebenfalls an diesem Tag schließt sich die jordanische Regierung der palästinensischen Forderung an. Am 03. November bestätigt der Jerusalemer Bezirksausschuss für Planung und Bautätigkeit die Errichtung von 640 Wohneinheiten in Ramat Shlomo. Die Straße zu dem ultraorthodoxen Viertel führt durch palästinensisches Gelände.

Die Zahl der aus Syrien stammenden Flüchtlinge hat im Libanon und in der Türkei – darunter fast 200.000 aus Kobane – die Grenze von je 1 Million überschritten und bald 1,5 Millionen erreichen. In Jordanien sollen inzwischen mehr als 600.000 leben, heißt es beim Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). Auf der internationalen Flüchtlingskonferenz in Berlin unter Vorsitz von Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Entwicklungsminister Peter Müller (CSU) am 28. Oktober sagt die Bundesregierung den arabischen Aufnahmeländern 500 Millionen Euro für die kommenden 3 Jahre zu. Bei der Verabschiedung des Ratspräsidenten der Evangelischen Kirche in Deutschland Nikolaus Schneider in Dresden am 09. November warnt Bundesinnenminister Thomas de Maizière in seinem Grußwort davor, die Aufnahmebereitschaft der Deutschen zu strapazieren, nachdem Schneider die deutsche Flüchtlingspolitik nachdrücklich kritisiert hatte. www.reiner-bernstein.de 69 – Chronologie 2014

Die Tageszeitung „Yediot Achronot (Letzte Nachrichten)“ meldet, dass das international tätige Unternehmen „Africa Israel Investment“ entschieden habe, seine Bautätigkeit in der Westbank und in Ost- Jerusalem aufzugeben, weil es sein internationales Renommee beschädige.

26.10.2014: Israels Staatspräsident Reuven Rivlin, der sich jenseits seiner Ablehnung eines palästinensischen Staates während seiner Amtszeit als Knesset-Präsident als Hüter des Rechtsstaates hervorgetan hat, besucht die arabische Ortschaft Kafr Qassem östlich von Tel Aviv. Dort waren am 29. Oktober 1956, einen Tag vor Beginn des israelischen Suezfeldzugs mit der „Operation Kadesh“, 48 Bewohner erschossen worden, die meisten bei ihrer Rückkehr am Abend von der Feldarbeit. Über das Dorf war eine Ausgangssperre verhängt worden, um die Ruhe angesichts des Einmarsches in den Sinai sicherzustellen. Rivlin bezeichnet das Massaker als ein „abscheuliches Verbrechen“ und mahnt, dass „der arabische Bevölkerungsteil immer Teil des Fleisches und des Blutes des jüdischen Staates sein“ werde. Jack Khoury zitiert am 27. Oktober in „Haaretz“ Bewohner des Dorfes mit der Forderung, der Präsident solle sich nicht entschuldigen, sondern für eine bessere Zukunft der 1,7 Millionen Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit sorgen.

Auf Druck von Siedlern hat der israelische Verteidigungsminister Moshe Ya‘alon eine Direktive erlassen, wonach palästinensische Arbeiter nicht länger israelische Busse in der Westbank benutzen dürfen.

Bei den Parlamentswahlen in Tunesien , zu denen sich 5,2 Millionen der rund 11 Millionen Staatsbürger haben eintragen lassen, www.reiner-bernstein.de 70 – Chronologie 2014

gewinnen die säkulare Partei „Nida‘s Tounes (Ruf Tunesiens)“ von den 217 Sitzen 80 und die islamische „Ennahda“-Partei 67 Mandate. Die Wahlbeteiligung liegt bei 61,8 Prozent.

Bei einem Kommandoeinsatz werden in der südlibanesischen Stadt Tripoli 42 militante Islamisten getötet.

25.10.2014: Nach zwei weiteren Anschlägen, bei denen 31 Soldaten getötet wurden, verhängt die ägyptische Regierung einen dreimonatigen Ausnahmezustand über das Zentrum des Landes und über den Norden der Sinai-Halbinsel und sperrt den Übergang in den Gazastreifen bei Rafach, weil die „Tunnelwirtschaft“ wieder an Fahrt aufgenommen haben soll, berichten Korrespondenten. Außerdem legt die Regierung einen Gesetzentwurf vor, der die Macht der Militärgerichte stärken soll, aber auch die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Initiativen und ausländischen NGO’s erschweren dürfte. Staatspräsident Abdel Fatah Al-Sisi beschuldigt ausländische Mächte, die Anschläge finanziert zu haben. Es wird vermutet, dass damit Djihadisten aus Libyen , Tunesien und dem Irak gemeint sein könnten. Bei Angriffen ägyptischer Kampfflugzeuge sollen 31 Djihadisten im Sinai getötet worden sein.

Trotz monatelanger scharfer Proteste und des Einsatzes westlicher Regierungen wird die Iranerin Reyhaneh Jabbari gehenkt. Ihr wurde die Tötung eines Angehörigen der Sicherheitsdienste vorgeworfen. Jabbari bestritt die Tat nicht, machte aber geltend, dass der Mann sie habe vergewaltigen wollen.

24.10.2014: Nach einem Bericht der „Washington Post“ haben die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ Giftgas eingesetzt, so auch bei der www.reiner-bernstein.de 71 – Chronologie 2014

Belagerung der syrischen Grenzstadt Kobane; dort sollen inzwischen über 80 Tote zu beklagen sein. Die zu Damaskus in Opposition stehende „Freie Syrische Armee“ sagt den Kurden ihren militärischen Beistand zu.

Israelische Medien berichten, dass am kommenden 28. Oktober über den Bau von weiteren 10.000 Wohneinheiten im ultraorthodoxen Ortsteil Ramat Shlomo in Ost-Jerusalem gebaut werden sollen. Bei der ersten Planung erhoben die USA im März 2010 heftigen Einspruch.

Bei den Kommunalwahlen in Jerusalem beteiligt sich weniger als 1 Prozent der arabischen Bevölkerung, obwohl sie rund 39 Prozent aller etwa 800.000 Einwohner ausmacht.

22.10.2014: „Haaretz“ berichtet über Brüsseler Diskussionen mit dem Ergebnis, dass die europäischen Botschafter mit Lars-Faaborg- Andersen an der Spitze dem Auswärtigen Amt in Jerusalem „rote Linien“ präsentiert haben, um die Zwei-Staaten-Lösung zu retten. Sie betreffen die Siedlungstätigkeit in und um Jerusalem, die Verletzung des Status quo auf dem Tempelberg/Erhabenem Heiligtum in der Altstadt und den Transfer von 12.000 Beduinen im Osten Jerusalems ins Jordantal. Das Blatt zitiert französische Absichten, im Falle der Nichtbeachtung der „roten Linien“ mit „spezifischen Sanktionen“ reagieren zu wollen. Ein Beamter des Auswärtigen Amtes wird mit dem Satz zitiert: „Die von der EU in Gang gesetzten Verhandlungen entsprechen der Beweisaufnahme vor dem Urteil 97 .“ Das Auswärtige Amt in Berlin hat aus Anlass der 50. Wiederkehr der Aufnahme der

97 Barak Ravid: EU seeks talks with Israel over ‘red lines’ in West Bank, in „Haaretz“ 22.10.2014.

www.reiner-bernstein.de 72 – Chronologie 2014

diplomatischen Beziehungen zwischen Bonn und Tel Aviv einen Link https://www.de50il.org/en/topic/politics mit Angela Merkel, Benjamin Netanjahu und Avigdor Lieberman – beide eindeutige Gegner eines palästinensischen Staates – neben Frank-Walter Steinmeier im Zentrum der Aufmerksamkeit...

Beim Gespräch mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sollen Wirtschaftsminister Naftali Bennett und Wohnungsbauminister Uri Ariel gedroht haben, dass sich die Abgeordneten ihrer Partei „Unser jüdisches Haus (ha-Bait ha-Yehudi)“ in der bevorstehenden Sitzung der Knesset am 27. Oktober beim Misstrauensvotum der Opposition der Stimme enthalten könnten, wenn die seit Juni beschlossenen Planungen für den Bau von rund 1.000 Wohneinheiten in Siedlungen der Westbank weiter verzögert würden.

Nachdem im arabischen Ortsteil Silwan 34 neue Wohneinheiten von jüdischen Israelis bezogen worden sind, wird am Abend ein drei Monate altes jüdisches Baby getötet, als ein 20 Jahre alter arabischer Amokfahrer aus Silwan am „Ammunition Hill“ in Ost- Jerusalem in eine Menschenmenge rast; der Attentäter stirbt. Damit erhöht sich die Zahl der gewalttätigen Zwischenfälle weiter, so dass Kommentatoren vor einer dritten „Intifada“ warnen. Die deutsche Botschaft warnt am 23. Oktober deutsche Touristen, in Jerusalem die öffentlichen Verkehrsmittel wie Straßenbahn und Busse zu benutzen. Einen Tag später untersagt auch die US-amerikanische Botschaft ihren Mitarbeitern die Nutzung. Am 24. Oktober kommentiert Barak Ravid in „Haaretz“, dass trotz des „pompösen Geredes“ von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Stadt mit 550.000 jüdischen Israelis und knapp 300.000 arabischen Palästinensern geteilt sei. Jerusalem bleibe der „Fokus eines nationalen Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern“ . Jenseits palästinensischer Gewalttaten, unterfüttert von „religiöser Inbrunst und purem Hass auf Juden“ , sei die vornehmliche www.reiner-bernstein.de 73 – Chronologie 2014

Quelle der „Intifada“ in der Hauptstadt „der Wunsch von Hunderttausenden Palästinensern nach einem Ende der Besatzung und einem Leben in rechtschaffener Unabhängigkeit“ 98 .

In einem 77 Seiten langen Bericht für die Palästinensische Autonomiebehörde soll ihr Chefunterhändler Saeb Erakat die Beendigung der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit mit Israel verlangt haben. Stattdessen empfehle er die verstärkte Zusammenarbeit mit den arabischen Staaten und der internationalen Gemeinschaft im Hinblick auf ein Votum des UN-Sicherheitsrates für einen Zeitplan für die Errichtung des Staates Palästina in den Grenzen von 1967 bis November 2016 99 . Außerdem solle die Autonomiebehörde die Mitgliedschaft in 533 UN-Organisationen suchen und die Staaten der Europäischen Union auffordern, dem Beispiel Schwedens bei der Anerkennung Palästinas zu folgen 100 .

Ab Dezember 2015 wird Indien 262 in Kriegsschiffen zu installierende Raketen vom Typ „Barak 1“ von Israel beziehen, teilt das Verteidigungsministerium in New Delhi mit.

20.10.2014: Auf vor allem US-amerikanischen Druck hin teilt der türkische Außenminister Mavlüt Čavu şoğlu eine Kehrtwendung in der Konfrontation mit den Terrormilizen des „Islamischen Staates“ mit ihren geschätzten 31.000 Kämpfern mit: Die Türkei werde Kämpfer der irakisch-kurdischen „Peschmerga (Die dem Tod ins Auge zu sehen Bereiten)“ die Einreise in die heftig umkämpfte nordsyrische

98 Barak Ravid: Jerusalem is divided and MP disconnected, in „Haaretz“ 24.10.2014, S. 1 f.

99 Vgl. die Eintragung am 01.10.2014 in dieser Zeitleiste.

100 Vgl. die Eintragung am 03.10.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 74 – Chronologie 2014

Stadt Kobane genehmigen, weil es Ankara nicht gleichgültig sein könne, dass die Terrormilizen an der türkischen Grenze operierten. Die mit Syrien verbundene kurdische „Partei der Demokratischen Union (PYD)“, die weiterhin als terroristische Vereinigung gilt, soll mit ihren „Einheiten der Volksverteidigung“ jedoch nicht unterstützt werden 101 . Die US-Luftwaffe wirft erstmals panzerbrechendes und Versorgungsmaterial über Kobane ab. Vermutlich als Antwort auf die türkischen Absichten soll die Regierung in Damaskus der PYD Waffen im Kampf gegen die Terroristen des „Islamischen Staates“ um Kobane geliefert haben.

Nach einer Mitteilung der Weltbank leben gegenwärtig 620.000 Flüchtlinge aus Syrien in Jordanien . Deshalb wolle sie 200 Millionen US-Dollar an Krediten und Zuschüssen für die Versorgung der Flüchtlinge bereitstellen, um den jordanischen Haushalt zu entlasten.

Der palästinensische Präsident Machmud Abbas unterzeichnet die Ergänzung eines jordanischen Strafgesetzes, wonach Palästinenser mit lebenslangem Arbeitslager rechnen müssen, wenn sie an einen fremden Staat oder an Ausländer Grund und Boden verpachten oder verkaufen.

Nach seiner bisherigen Abhängigkeit vom Import von Steinkohle, Öl und Gas befindet sich Israel auf dem Weg zur Autarkie. In einer Absichtserklärung wird mit Ägypten eine Vereinbarung paraphiert, wonach Israel in den kommenden sieben Jahren über den Sinai Erdgas nach Ägypten exportieren soll.

19.10.2014: Nach einem Bericht in „Haaretz“ verständigen sich die deutsche und die israelische Regierung darauf, dass Berlin bei der Lieferung eines

101 Vgl. zuletzt die Eintragung am 31.08.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 75 – Chronologie 2014

raketenbestückten U-Bootes an Israel zum Schutz seiner Ölgasfelder vor der Küste einen Nachlass von 30 Prozent – in Zahlen: 382 Millionen US-Dollar – einräumt 102 .

15.10.2014: Nach einer internen Studie der „Central Intelligence Agency (CIA)“ haben geheime US-amerikanische Waffenlieferungen an Rebellengruppen in aller Welt keine nachhaltige Wirkung erzielt. Die Arbeit habe im Weißen Haus heftige Debatten um die Unterstützung der syrischen Opposition gegen das Regime von Bashar Assad ausgelöst 103 . Der Chef einer Untersuchungskommission habe in einem früheren Bericht beklagt, dass rund 90 große Oppositionsgruppen ohne jegliche Koordination und ohne Loyalität untereinander am Kampf gegen den „Islamischen Staat“ beteiligt seien 104 .

Die „New York Times“ berichtet über heftige Kontroversen um die Aufführung der Oper „The Death of Klinghoffer“ in der New Yorker „Metropolitan Opera“. Kritiker werfen ihr vor, die Terroristen zu romantisieren, die 1985 den gelähmten jüdischen Passagier Leon Klinghoffer von Kreuzfahrtschiff „Achille Lauro“ ins Meer geworfen haben 105 .

102 Barak Ravid: Submarine crisis ends as Germany offers discount, in „Haaretz“ 19.10.2014, S. 2. Vgl. die Eintragung am 28.08.2014 in dieser Zeitleiste.

103 Mark Mazzetti: C.I.A. Study Says Arming Rebels Seldom Works, in NYT 15.10.2014, S. A1 + 3.

104 Marlise Simons: Investigators in Syria Seek Paper Trails That Could Prove War Crimes, in NYT 08.10.2014, S. A10.

105 Michael Cooper: Met’s ‚Death of Klinghoffer‘ Remains a Lightning Rod, in NYT 15.10.2014, S. C1 + 5.

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14.10.2014: US-Präsident Barack Obama kündigt vor hohen Offizieren aus den USA , Ägypten , Australien , Bahrain , Belgien , Dänemark , Deutschland , Frankreich , Großbritannien , dem Irak , Italien , Jordanien , Kuwait , dem Libanon , den Niederlanden , Neuseelands , Qatars , Spanien , der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten im Kampf gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ eine „Periode von Erfolgen und Rückschlägen“ an. Gleichzeitig betont er, dass für ihn eine Bodenoffensive US- amerikanischer Soldaten nicht in Frage komme, er jedoch die Ausbildung von arabischen Einheiten auch gegen das Regime von Bashar Assad in Syrien unterstütze.

Die Internetausgabe der Tageszeitung „Yediot Ahronot (Letzte Naschrichten)“ berichtet, dass die Europäische Union prüfen wolle, ob nach Europa einreisende israelische Siedler sich Verbrechen gegen die Palästinenser in der Westbank schuldig gemacht haben 106 .

Nehemia Shtrasler übt scharfe Kritik an der Haushaltsführung der israelischen Regierung. Im kommenden Jahr werde das Defizit nicht weniger als 13 Milliarden Neue Shekel ( ≈ 3,7 Milliarden Euro) ausmachen. Nur der Militärhaushalt werde nach oben explodieren. Wenn die Agentur „Standard & Poor“ ernsthafte Arbeit leisten würde, müsste sich Israel den Standard AAA aberkennen 107 .

106 Europa prüft: Einreiseverbot für Siedler, die der Verbrechen beschuldigt worden sind, in „.co.il“ 14.10.2014 (Hebr.).

107 Nehemia Shtrasler: Israel’s budgetary situation is so hopeless, one may laugh in utter despair, in „Haaretz“ 14.10.2014.

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Die „New York Times“ zitiert den früheren israelischen Botschafter in Brüssel und Berlin Avi Primor, dass Israel dramatisch an Unterstützung in der öffentlichen Meinung der Welt verliere 108 .

13.10.2014: Das britische Unterhaus fordert in einer fast fünf Stunden langen und überwiegend ernsthaft geführten Debatte von der Regierung mit 274 gegen 12 Stimmen die Anerkennung des Staates Palästina. Fast 90 Prozent der konservativen Abgeordneten nehmen an der Abstimmung nicht teil, ein Viertel der Abgeordneten der „Labour Party“ enthält sich der Stimme. Der zur Konservativen Partei gehörende jüdische Abgeordnete Robert Halfon stimmt gegen den Antrag, während der zur „Labour Party“ gehörende Abgeordnete Robert Kaufman ihn unterstützt. Ersterer ruft die Formel „Jordanien ist Palästina“ in Erinnerung, während Kaufmann Israel beschuldigt, das „Abbild des Judentums zu beschädigen“ . Anshel Pfeffer berichtet aus London, dass der konservative Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Richard Ottoway, der sich der Stimme enthält, in seiner Rede bekannt habe, bisher „durch dick und dünn, in guten und in schlechten Jahren zu Israel gestanden“ zu haben, doch hätten ihn die jüngsten Enteignungen in der Westbank so wütend gemacht, dass sein bisheriges Eintreten für Israel ihn wie einen Dummkopf aussehen lassen würden. Der Konservative Nicholas Soame, der Enkel von Winston Churchill, stimmt für den Antrag, der keine politisch bindende Wirkung für die Regierung David Camerons hat 109 .

108 Stephen Castle and Jodi Rudoren: A Symbolic Vote in Britain Recognizes a Palestinian State, in NYT 14.10.2014, S. A1 + 8.

109 Anshel Pfeffer: U.K. vote: A symbolic gesture to the PaIestinians – a red warning light to Israel, in „Haaretz“ 14.10.2014; Anshel Pfeffer and Haaretz: U.K. parliament passes non-binding motion to recognize Palestinian state, in „Haaretz” 14.10.2014.

www.reiner-bernstein.de 78 – Chronologie 2014

Um einen neuen Antrag der Palästinensischen Autonomiebehörde in den Vereinten Nationen zu verhindern, schlägt US-Außenminister John Kerry vor, dass die israelische Regierung mit der Gegenseite Verhandlungen auf der Grundlage der Linien vor 1967 aufnimmt 110 .

Der Sprecher des französischen Außenministeriums kündigt die Anerkennung Palästinas zu gegebener Zeit an 111 .

12.10.2014: Die unter Leitung Ägyptens und Norwegens tagende internationale Geberkonferenz in Kairo sagt für den Wiederaufbau der Zerstörungen im Gazastreifen und das notorische Haushaltsdefizit der Palästinensischen Autonomiebehörde Mittel in Höhe von 5,4 Milliarden US-Dollar zu. Davon sollen 1 Milliarden US-Dollar von Qatar , 500 Milliarden Dollar von Saudi-Arabien , 300 Millionen US- Dollar von den Vereinigten Arabischen Emiraten , 212 Millionen US- Dollar von den USA , 50,5 Millionen US-Dollar von Frankreich , 63 Millionen Dollar von Deutschland und 32 Millionen US-Dollar von Großbritannien kommen 112 . Auf der Konferenz führt US- Außenminister John Kerry warnend aus: „This is the third time in less than six years [2008/2009] that together with the people of Gaza, we have been forced to confront a reconstruction effort. This is the third time in less than six years that we’ve seen war break out and Gaza left in rubble. This is the third time in less than six years that we’ve had to rely on a ceasefire, a temporary measure, to halt the violence. Now, I don’t think there’s any person here who wants to come yet again to rebuild Gaza only, to think that two years from now or less

110 Barak Ravid: Kerry urges PM to hold talks on ’67 lines to block Palestinian UN bid, in „Haaretz“ 14.10.2014.

111 Vgl. dazu die Eintragung am 03.10.2014 in dieser Zeitleiste.

112 Vgl. die Eintragung am 04.10.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 79 – Chronologie 2014

we’re going to be back at the same table talking about rebuilding Gaza again because the fundamental issues have not been dealt with. A ceasefire it not peace, and we’ve got to find a way back to the table and help people make tough choices, real choices. Choices that everybody in this room and outside of it understands have been on the table for too long. Choices about more than just a ceasefire. Because even the most durable ceasefire is not a substitute for peace. Even the most durable of ceasefire is not a substitute of security for Israel and a state and dignity for the Palestinians 113 .” Die „New York Times” fragte dazu in einem Kommentar schon am 11.Oktober: „What is the point of raising and spending many millions of dollars (the Palestinians say $4 billion is required) to rebuild the Gaza Strip just so it can be destroyed in the next war? It’s a harsh question. Given the region’s tragic history, it is also inevitable 114 .”

09.10.2014: Die palästinensische Einheitsregierung kommt – ohne Beteiligung von Präsident Machmud Abbas – ihre erste Sitzung unter Leitung von Ministerpräsident Rami Hamdallah in Gaza-Stadt zusammen.

Kampfflugzeuge Australiens bombardieren erstmals Stellungen des „Islamischen Staats“ im Norden Iraks 115 .

08.10.2014: Internationale Flüchtlingsorganisationen beklagen, dass Jordanien keine weiteren Flüchtlinge aus Syrien die Einreise erlaube.

113 John Kerry: Remarks at the Gaza Donors conference. Cairo, October 12, 2014.

114 Having to Rebuild Gaza, Again, in NYT 11.10.2014, S. A22.

115 Vgl. zuletzt die Eintragung am 18.09.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 80 – Chronologie 2014

Inzwischen sollen mehr als 3 Millionen Syrer in den arabischen Nachbarländern und in der Türkei Zuflucht gesucht haben.

Auf dem Tempelberg in Jerusalem kommt es erneut zu schweren Zusammenstößen zwischen moslemischen Jugendlichen und der israelischen Polizei, als jüdische Betende anlässlich des Laubhüttenfestes („Sukkot“) das Gelände betreten wollen.

In seinen politischen Memoiren als CIA-Chef, als Nationaler Sicherheitsberater und als Verteidigungsminister berichtet Leon Panetta, dass er 2012 nach Gesprächen mit dem damaligen Verteidigungsminister und mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu befürchtet habe, dass Israel den Iran wegen seines Atomwaffenprogramms angreifen werde 116 . An einer andere Stelle bezeichnet Panetta Präsident Barack Obama als einen brillanten, wenn auch schwankenden Mann, der „ eher der Logik eines Rechtsprofessors folgt als die Passion eines Führers“ habe.

07.10.2014: Gegenüber dem Vorjahr sind die Militärexporte Israels um 1 Milliarde US-Dollar von 7,4 auf 6,54 Milliarden gefallen.

06.10.2014: Ein Untersuchungsbericht kommt zum Ergebnis, dass große Teile der Bewaffnung der Terrormilizen des „Islamischen Staates“ aus erbeutetem und gekauftem Material aus den USA und anderen Ländern wie China stammen 117 .

116 Leon Panetta with Jim Newton: Worthy Fights. A Memoir of Leadership in War and Peace. New York 2014, S. 405 f.

117 C.J. Chivers: ISIS’Ammunition Is Shown to have Origins in U.S. and China, in NYT 06.10.2014, S. A6.

www.reiner-bernstein.de 81 – Chronologie 2014

03.10.2014: Schwedens neue Regierung unter Führung von Ministerpräsident Stefan Lofven kündigt, ohne ein festes Datum zu nennen, die Anerkennung Palästinas an.

01.10.2014: Gegenüber Journalisten droht der palästinensische Präsident Machmud Abbas mit der vollständigen Überprüfung aller Beziehungen zu Israel, solle der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bis November 2016 einen Zeitplan für die Errichtung des Staates Palästina in den Grenzen von 1967 beschließen.

Einen Tag nach Benjamin Netanjahus Rede vor der UN- Vollversammlung in New York kündigt Israel den Bau von weiteren 2.610 Wohneinheiten für jüdische Siedler in Ost-Jerusalem an.

Die ägyptischen Zensurbehörden beschlagnahmen die Tagesausgabe der Zeitung „Al-Masri Al-Youm (Der Ägypter heute)“ nach der Veröffentlichung eines Interviews, in dem behauptet worden war, dass Ägypten keine israelischen Spione hingerichtet, sondern sie ausgetauscht habe.

September 2014

29.09.2014: Die „New York Times“ berichtet, dass von den rund 30.000 irakischen Soldaten, die einst zur Terrororganisation „Islamischer Staat“ geflohen sind, mittlerweile 11.000 zurückgekehrt seien. www.reiner-bernstein.de 82 – Chronologie 2014

28.09.2014: Die regelmäßig von „Haaretz“ aus Ramallah berichtende israelische Journalistin Amira Hass trägt vor, dass sie vor einigen Tagen von der „Bir-Zeit“ University daran gehindert worden sei, an einer Konferenz über die neo-liberale Wirtschaftsordnung in der Westbank teilzunehmen, die unter anderen von der „Rosa-Luxemburg-Stiftung“ organisiert wurde.

US-Präsident Barack Obama räumt ein, dass er die Stärke und die Gefahr unterschätzt habe, die von den Terrormilizen des „Islamischen Staates“ ausgehen.

26.09.2014: Der palästinensische Präsident Machmud Abbas beschuldigt Israel in seiner Ansprache vor der UN-Vollversammlung, vertrauensvoll zu verhandeln, und fordert den UN-Sicherheitsrat auf, einen genauen Zeitpunkt für den israelischen Rückzug aus den palästinensischen Gebieten festzulegen.

25.09.2014: In einem Gespräch mit ausgewählten Journalisten deutet der irakische Ministerpräsident Haidar Al-Abadi die Bereitschaft an, die politische Regionalisierung seines Landes fördern zu wollen.

22.09.2014: Die USA und ihre Alliierten beginnen mit massiven Luftschlägen gegen Stützpunkte der Terrormilizen „Islamischer Staat“ in Syrien . Syriens Außenminister Walid Muallem bezeichnet sie als „in Ordnung“ . www.reiner-bernstein.de 83 – Chronologie 2014

Der Sprecher des israelischen Militärs verkündet, dass zwei Palästinenser, die an der Ermordung der drei Talmud-Schüler beteiligt gewesen seien, getötet wurden 118 .

19.09.2014: Der UN-Sicherheitsrat fordert mit seinen 15 Mitgliedern die internationale Staatengemeinschaft zur Unterstützung der irakischen Regierung gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ auf.

Die großen islamischen Verbände in Deutschland demonstrieren in Berlin, Hannover und München gegen Islam-Feindschaft und gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“.

Frankreichs Staatspräsident François Hollande kündigt auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas an, dass er in den UN- Sicherheitsrat eine Resolution zur Lösung des israelisch- palästinensischen Konflikts auf der Grundlage der Grenzen vor dem Junikrieg 1967 einbringen werde.

Nach einem Bericht von „Haaretz“ erwägt die israelische Regierung die Vorlage eines Gesetzes, wonach für den Transit von Waren in die Westbank und in den Gazastreifen Gebühren erhoben werden sollen, um die Kosten für die Unterhaltung der Übergänge zu finanzieren. Sie soll jährlich 54,7 Millionen US- Dollar ausmachen 119 .

118 Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.08.2014 in dieser Zeitleiste.

119 Tali Heruti-Sover: Israel mulling fee at Palestinian crossings, in „Haaretz“ 19.09.2014.

www.reiner-bernstein.de 84 – Chronologie 2014

Dem Vernehmen nach will die israelische Regierung am kommenden 21. September erneut den Bau einer Sperrmauer unterhalb des palästinensischen Dorfes Battir bei Bethlehem billigen. Gegen ihre Errichtung haben die Dorfbewohner, die um ihre jahrhundertealte landwirtschaftliche Terrassenwirtschaft fürchten, und die jüdischen Siedler im „Gush Etzion (Etzion- Block)“ Einspruch erhoben, letztere aus Sorge, von den übrigen Siedlungen in der Westbank abgeschnitten zu werden 120 .

Die israelische Regierung überlegt, die Verschuldungsgrenze von 2,9 auf 3,5 Prozent des Bruttosozialprodukts zu erhöhen, um den Verteidigungshaushalt nach der Militäroperation „Schutzschild“ um weitere 1,64 Milliarden US-Dollar zu erweitern 121 .

18.09.2014: Das US-Repräsentantenhaus und der Senat billigen auf Bitten von Präsident Barack Obama Waffenlieferungen an die Kurden im Irak zum Kampf gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“. Iran schließt die Zusammenarbeit mit den USA auf diesem Felde aus, verlautet aus Teheran. Frankreich kündigt Luftschläge gegen die Terrormilizen an. Die Regierung Australiens führt nach Enthauptungsdrohungen die bisher intensivsten Razzien gegen Staatsbürger durch, die der Zugehörigkeit zu den Terrormilizen verdächtig sind. Die meisten sollen aus Afghanistan stammen.

Israel bestätigt, dass es wie die USA Geheimdienstinformationen an die Kurden im Irak geliefert habe 122 .

120 Vgl. die Eintragung am 19.06.2014 in dieser Zeitleiste.

121 Vgl. die zuletzt Eintragung am 08.09.2014 in dieser Zeitleiste.

122 Vgl. die zuletzt Eintragung am 15.09.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 85 – Chronologie 2014

Israels Innenminister Gideon Sa’ar kündigt seinen Rücktritt für Oktober an. Damit wäre seine „Likud“-Partei mit nunmehr 18 Mandaten lediglich die zweistärkste Partei nach der Partei „Yesh Atid (Es gibt eine Zukunft)“ von Finanzminister Yair Lapid. Sa’ar fährt als Grund für seinen Verzicht private Gründe an, doch verweisen Beobachter auf sein großes Unbehagen am politischen Stillstand der Regierung. Außerdem soll wieder einmal die Ehefrau Sarah von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu für Sa’ars Frust mitverantwortlich sein. Nach dem Ausscheiden Sa’ars wird ein weiterer Rechtsruck der Regierung befürchtet. Am 19. September bestätigt er die Zwistigkeiten mit Netanjahu. Dieser soll Kommunikationsminister Gil‘ad Erdan das Innenministerium erhalten. Wenn dieser lieber UN-Botschafter werden wolle, heißt es, wolle der Regierungschef den Posten seinem Vertrauten, Sicherheitsminister Yuval Steinitz, anbieten.

Der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah kündigt die Bereitschaft Saudi-Arabiens an, für den Wiederaufbau des Gazastreifens 500 Millionen US-Dollar zur Verfügung zu stellen 123 .

Die Haifer Hochschullehrer Arnon Soffer und Anton Berkovsky befürchten, dass durch die Infiltration arabischer Flüchtlinge auf israelisches Territorium Israels Existenz gefährdet werden könnte. Jordanien könnte das nächste arabische Land sein, dessen Stabilität in Frage stehe.

17.09.2014: Beim Besuch des Herrschers von Qatar Sheikh Tamim Bin Hamad Al-Thani in Berlin weist dieser deutsche und internationale Vorhaltungen entschieden zurück, sein Land würde die Terrormilizen

123 Vgl. die zuletzt Eintragung am 08.09.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 86 – Chronologie 2014

des „Islamischen Staates“ im Irak und in Syrien finanziell unterstützen; nachdem Bundesentwicklungsminister Gerd Müller eine entsprechende Andeutung gemacht hatte, war der deutsche Botschafter in Qatar ins dortige Außenministerium eingestellt worden. Auf Syrien angesprochen, führt Al-Thani aus, dass die dortige Bevölkerung die „Wahl zwischen Terrorismus und Tyrannei“ habe. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet die Distanzierung Al-Thanis als glaubwürdig. Bei der Begegnung habe es um ein „sehr intensives, sehr konstruktives, ja sehr freundschaftliche, offenes Gespräch“ gegeben, erklärt sie in der gemeinsamen Pressekonferenz. Begegnungen wie diese seien geeignet, „Fehleinschätzungen zu korrigieren“ . Allein im ersten Halbjahr 2013 sollen aus der Bundesrepublik Waffen im Wert von 635 Millionen Euro nach Qatar genehmigt worden sein. Zum israelisch- palästinensischen Konflikt gebe es „differenzierte Sichtweisen“ , räumt Merkel ein. Während des jüngsten Krieges in und um den Gazastreifen hatte Merkel Qatar aufgefordert, „Hamas“ zu einer Waffenruhe zu veranlassen.

Die USA zeigen sich irritiert, dass Iraks nationaler Sicherheitsberater Faleh Al-Fayyad zu Gesprächen mit der syrischen Regierung nach Damaskus gereist ist.

16.09.2014: Die israelische „Zivilverwaltung“ in der Westbank plant nach einem Bericht die Umsiedlung von 12.500 Beduinen aus dem hügligen Weidegelände östlich Jerusalems und ihre städtische Ansiedlung im Jordantal. Den Betroffenen werden 60 Tage für einen Widerspruch vor dem Obersten Gerichtshof eingeräumt – der in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit erfolglos blieb 124 .

124 Amira Hass: Gov’t plans to forcibly relocate 12,500 Bedouin, in „Haaretz“ 16.09.2014, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 87 – Chronologie 2014

Der UN-Koordinator für den Nahen Osten Robert Serry , den Israels Außenminister Avigdor Lieberman wegen dessen Hilfe für die notleidende Bevölkerung des Gazastreifens zur „persona non grate“ bezeichnet hatte, teilt dem UN-Sicherheitsrat mit, dass sich die Palästinensische Autonomiebehörde, Israel und die Vereinten Nationen darauf verständigt haben, den Wiederaufbau des Gazastreifens zu erlauben – wobei der israelische „Koordinator für die Aktivitäten in den Gebieten (COGAT)“ darauf besteht, dass Israel dabei seine Sicherheitsinteressen wahren werde.

15.09.2014: Nach der Entführung von Soldaten der „UN Disengagement Observer Force (UNDOF)“auf den Golanhöhen werden vier Standorte aufgegeben und ein Lager auf der syrischen Seite zugunsten neuer Positionen aufgegeben 125 .

In Paris verständigen sich auf der „Internationalen Konferenz für Frieden und Sicherheit im Irak“ die Außenminister von 29 Staaten, unter ihnen die der UN-Vetomächte USA, Russlands und Chinas – auf „alle notwendigen Mittel einschließlich der angemessenen militärischen Hilfe“ den Kampf der irakischen Regierung gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ zu unterstützen. Auf Druck Saudi-Arabien waren Syrien und Iran nicht eingeladen. Die Türkei hält sich bedeckt wegen der 49 in Mossul gefangengehaltenen türkischen Geiseln 126 und wegen der Gefahr, dass Ankara mit Kräften kooperieren müsste, die auf der Antiterrorliste der USA und Frankreichs stehen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier schließt erneut die Entsendung deutscher Bodentruppen in den Irak

125 Vgl. die zuletzt Eintragung am 11.09.2014 in dieser Zeitleiste.

126 Vgl. die Eintragung am 12.09.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 88 – Chronologie 2014

aus. Doch liefert die Bundesregierung am Parlamentsvorbehalt vorbei 127 via Bagdad 30 „Milan“-Raketensysteme, 16.000 Sturmgewehre und 10.000 Handgranaten für die kurdischen Kämpfer. In Paris debattiert die Nationalversammlung über einen Gesetzentwurf, mit dem mutmaßlichen Islamisten die Ausreise aus Frankreich durch den Entzug der Reisepässe verwehrt werden soll.

Die Palästinensische Autonomiebehörde bereitet für den kommenden 22. September auf der Grundlage der Anerkennung Palästinas als ein „Non-member Observer State“ durch die Vereinten Nationen am 29. November 2012 an die Adresse des UN- Sicherheitsrates einen Zeitplan vor für den Rückzug Israels auf die Grenzen von 1967 vor. Sollte er wegen eines Vetos der USA dort scheitern, würde der Gang zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag in Aussicht genommen 128 .

In einem Bericht verlangen die Vereinten Nationen die politische Geltung der palästinensischen Einheitsregierung als Voraussetzung für den Wiederaufbau des Gazastreifens.

„Haaretz berichtet, dass seit der Eröffnung der Straßenbahnlinie im Juli 2012 zwischen dem Herzl-Berg im Westen bis French Hill, Pisgat Ze’ev, Shoafat und Beit Hanina im Norden Jerusalems über 100 Attacken seit der Nacht vom 1. auf den 2. Juli 2014 (einen Tag nach der Ermordung des Palästinensers Mohamed Abu Khdeir) auf sie verübt worden seien und diese damit das „Symbol der Vereinigung“ der Stadt ad absurdum geführt hätten. Durch das Ausbleiben der üblichen Fahrgäste –

127 Vgl. die Eintragung am 31.08.2014 in dieser Zeitleiste.

128 Jack Khoury: PA to submit ’67 borders resolution at UN, in „Haaretz“ 15.09.2014, S. 1; Ronen Steinke: Abzug oder Prozess, in SZ 15.09.2014, S. 9; Fatou Bensouda: Fatou Bensouda: the truth about the ICC and Gaza, in „The Guardian” 29.09.2014 (die Autorin ist die Chefanklägerin in Den Haag).

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nach Schätzungen würden 70 Prozent die Bahn nicht mehr aus Furcht vor Sicherheitsrisiken benutzen – seien Einnahmeverluste und durch die Beseitigung der Schäden Kosten von vielen Millionen „Neue Shekel (NIS)“ entstanden. Allein die Reparatur zerbrochener Fensterscheiben hätten bisher 138.000 US-Dollar gekostet. Außerdem hätten jüdische Israelis, die in Ost-Jerusalem wohnen, seit langem damit aufgehört, die Beschädigungen ihrer Wohnungen und Autos zu zählen. Der Hotelbelegungen seien in diesem Sommer um 25 bis 30 Prozent gesunken 129 .

Nach Medienberichten, die von Diplomaten bestätigt worden seien, haben die USA Geheimdienstinformationen über die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ an die syrische Regierung weitergegeben.

Nach einem weiteren Bericht der Zeitung ist erstmals mit Einat Shlain eine Frau zur Botschafterin Israels in einem arabischen Land, in Jordanien, ernannt worden.

Die „Internationale Organisation für Migration“ teilt mit, dass seit dem 11. September nicht weniger als 500 Flüchtlinge aus Afrika und aus dem arabischen Raum von Schlepperbanden vor Malta am 06. März mit ihrem Schiff versenkt wurden, nur 9 hätten überlebt. Am 17. September bestätigt „Haaretz“, dass Tausende Palästinenser aus dem Gazastreifen auf der Flucht über das Mittelmeer nach Europa und dabei auf die Hilfe von Schleppern angewiesen seien 130 .

14.09.2014:

129 Nir Hasson: Costs of Jerusalem economy mount as east side unrest derails illusion of unification, in „Haaretz“ 15.09.2014, S. 2.

130 Jack Khoury: Thousands of Gazans fleeing via tunnels, in „Haaretz“ 17.09.2014, S. 1.

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Berichte von Nachrichtenagenturen bestätigen sich, dass ein dritter Ausländer durch einen IS-Terroristen – wiederum jener mit britischem Akzent – enthauptet worden ist. Diesmal handelt es sich um den 44 Jahre alten britischen Entwicklungshelfer David Haines. Die Terroristen kündigen die Tötung einer weiteren britischen Geisel an 131 . Premierminister David Cameron verurteilt die Mörder als „Monster“ und kündigt ihre Vernichtung an. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnet den Mord als „abscheulich“ . Hohe sunnitische Würdenträger nennen die Mörder „unislamisch“ . Der UN-Sicherheitsrat verurteilt einstimmig mit den Voten seiner 15 Mitglieder die Enthauptung in aller Schärfe.

Die Kolumnistin Amira Hass richtet 18 kritische Fragen an „Hamas“ unter der Leitfrage, warum die Bewegung glaube, aus dem Krieg gegen Israel als Siegerin hervorgegangen sei.

1. Ihr politisches Prestige sei gesunken. 43 Prozent der Bewohner des Gazastreifens würden jetzt emigrieren wollen.

2. Die Blockade des Küstenstreifens sei und werde von Israel nicht aufgehoben werden. Israels Militärhaushalt stehe vor einer Erhöhung zulasten der Bildungsaufgaben.

3. Die internationale Staatengemeinschaft werde wie üblich die Kosten für den Wiederaufbau übernehmen.

4. Was biete „Hamas“ anstelle von Verhandlungen zu einer Zeit an, an der Israel die Westbank durch Landraub und die Tötung von Jugendlichen weiter beherrsche und Ost-Jerusalem zu einem riesigen Slum verkommen sei 132 ?

131 Vgl. zuletzt die Eintragung am 02.09.2014 in dieser Zeitleiste.

132 Amira Hass: 18 questions for Hamas leaders in wake of , in „Haaretz“ 14.09.2014.

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In Gazastreifen gehen erstmals 700.000 Kinder wieder zur Schule.

12.09.2014: Der stellvertretende Chef des Politischen Büros der „Hamas“ Moussa Abu Marzouq schließt aufgrund des Drucks aus der palästinensischen Bevölkerung Gespräche mit Israel nicht aus. Mit der Ankündigung belegt er die Spannungen innerhalb der Führung der „Islamischen Widerstandsbewegung“ und das Eingeständnis, „Fehler“ beim Beschuss Israels begangen zu haben 133 . In einer Presseerklärung distanziert sich „Hamas“ von Abu Marzouk.

Der ARD-Korrespondent Torsten Teichmann berichtet im „Deutschlandfunk“ aus dem Gazastreifen, dass dort zur Linderung der Not 47 lokale und internationale Hilfsorganisationen tätig sind.

Die US-amerikanisch-israelische Kolumnistin Carolina Landsman verlangt vom jüdischen liberaldemokratischen Lager in Israel und in anderen Teilen der Welt, mit ihren erheblichen finanziellen Mitteln endlich den politischen Kampf gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Wirtschaftsminister Naftali Bennett aufzunehmen und sich nicht – soweit Israelis – mit dem regelmäßigen Gang zu den Wahlurnen zu begnügen. Dabei sollten die Linken und Liberalen von dem US-amerikanischen Casino-Mogul Sheldon Adelson und dessen gewaltiger Unterstützung der politischen Rechten in Israel lernen. „Der linke Flügel hat keine andere Berechtigung für seinen Kampf, bis das Ende der Unterdrückung der Palästinenser beendet ist. Geht

133 Jack Khoury: Reversing long-held policy, Hamas opens door to direct negotiations with Hamas, in „Haaretz“ 11.09.2014, S. 2.

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hin und lernt von den Siedlern, was es mit politischem Engagement auf sich hat 134 .“

Gemäß einem Bericht hat das Jerusalemer Bezirksgericht das israelische Militär aufgefordert, seine Archive zu öffnen, um der Beschwerde des Palästinensers Machmud Awas aus der Westbank nachzugehen, der im März 2011 von einem Siedler schwer verletzt wurde. Nach den Worten des Awas-Rechtsanwalts Itai Mack hätte das Militär im umgekehrten Fall keinen Stein auf den anderen gelassen, um einen palästinensischen Angreifer auf einen Juden sofort festzunehmen oder ihn bis zu seiner Festnahme zu verfolgen 135 .

Bundesinnenminister Thomas de Maizière verbietet das Auftreten und jegliche Unterstützung des „Islamischen Staates“, etwa durch Werbung und Geldsammlungen, in Deutschland. Auch das öffentliche Tragen von Symbolen der Terrormilizen sei fortan verboten. Nach seinen Schätzungen leben rund 400 ausgebildete Djihadisten in der Bundesrepublik. Die Initiative des Ministers wird von allen Parteien und von der Gewerkschaft der Polizei begrüßt. Die Einstufung des „Islamischen Staates“ als Terrororganisation bedarf jedoch eines gerichtlichen Urteils.

Von Ankara aus kündigt US-Außenminister John Kerry die Bereitstellung von 500 Millionen US-Dollar als Hilfen für die Opfer des Bürgerkrieges in Syrien und in den Nachbarländern an, die syrische Flüchtlinge aufgenommen haben. Die türkische Regierung selbst befleißigt sich äußerster Zurückhaltung, weil sich 49 eigene Staatsbürger in den Händen der Terroristen befinden.

134 Carolina Landsman: Bringing liberal Israelis back home, in „Haaretz“ 11.09.2014, S. 8.

135 Amira Hass: Judge orders IDF to reveal protocol for arresting Jews who attack Palestinians, in „Haaretz“ 12.09.2014.

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Der französische Staatspräsident François Hollande sagt bei seinem Besuch in Bagdad dem irakischen Ministerpräsidenten Haidar al- Abadi die Lieferung von Waffen zum Kampf gegen die Milizen des „Islamischen Staates“ zu. Al-Abadi selbst schließt den Einsatz von internationalen Bodentruppen in seinem Land aus.

11.09.2014: Nach übereinstimmenden Meldungen sind die von sunnitischen Milizen der „Al-Nusra“, dem regionalen Ableger von „Al-Qaeda“, entführten 45 UN-Blauhelmsoldaten von den Fidschi-Inseln auf den Golanhöhen freigekommen. Unklar bleibt, ob die Vereinten Nationen im Gegenzug „Al-Nusra“ von der Liste der Terrororganisationen streichen, wie von ihr verlangt 136 .

Ein israelisches Militärgericht erhebt Anklage gegen Soldaten, die während der Militäroperation „Schutzschild“ für den Tod von 4 palästinensischen Kindern am Strand von Gaza-Stadt 137 und für Angriffe auf eine von der UNRWA betriebene Schule in Beit Hanoun verantwortlich sein sollen 138 . Insgesamt sollen weit mehr Verfahren anhängig sein.

10.09.2014: Der EU-Botschafter in Israel Lars Faaborg-Andersen äußert gegenüber Journalisten in Jerusalem, dass die Gewalt in und um den Gazastreifen wiederaufleben werde, wenn die Probleme der Palästinenser in diesem Gebiet nicht angegangen würden.

136 Vgl. die Eintragung am 27.08.2014 in dieser Zeitleiste.

137 Vgl. die Eintragung am 16.07.2014 in dieser Zeitleiste.

138 Vgl. die Eintragung am 24.07.2014 in dieser Zeitleiste.

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Außerdem fordert er die Regierung in Jerusalem auf, die Enteignung von 400 Hektar in der Westbank rückgängig zu machen139 . Die Europäische Union werde jedoch „gegenwärtig“ keine Sanktionen gegen Israel verhängen.

In einer Ministerrunde unter Leitung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu werden Maßnahmen gegen Komplizen des „Islamischen Staates“ in Israel und in der Westbank diskutiert. Justizministerin Tsipi Livni kündigt dazu einen Gesetzentwurf zur Verfolgung von „israelischen Staatsbürgern“ an und verlangt Verhandlungen mit arabischen Staaten, die von der Terrororganisation bedroht würden.

In seiner mit Spannung erwarteten 10 Minuten langen Ansprache an die Bevölkerung kündigt US-Präsident Barack Obama den Kampf gegen die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ im Irak und in Syrien an, um sie zu vernichten. Mit der Entsendung weiterer 475 US-Soldaten werde sich Amerika nicht in einen neuen Bodenkrieg hineinziehen lassen, sondern die Ausbildung einheimischer Kräfte. Im Gegensatz zu Andeutungen des außenpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion Philipp Missfelder im „Deutschlandfunk“ schließt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier eine Beteiligung Deutschlands an Luftschlägen gegen die Terroristen weiter aus. Eine Entscheidung Großbritanniens und Frankreichs steht aus, auch wenn sie von beiden Regierungen ins Gespräch gebracht wurde. Saudi- Arabien stellt Trainingslager für die als moderat eingestuften Kräfte der syrischen Opposition bereit. Im saudischen Jeddah reklamiert der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry einen eigenen nationalen Kurs gegen die Islamisten. Jeder Staat kämpfe auf seine Weise gegen den gemeinsamen Feind.

Die israelische Polizei leitet ein Verfahren gegen einen israelischen Offizier ein, der am 06. Juli in Ost-Jerusalem 25 Jahre daran beteiligt

139 Vgl. die Eintragung am 31.08.2014 in dieser Zeitleiste.

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gewesen sein soll, dass der 25 Jahre alte Tariq Al-Khdeir aus dem US-Bundesstaat Florida geschlagen wurde. Er nahm an der Demonstration gegen die Tötung seines Cousins Mohamed Al- Kheidr teil 140 .

09.09.2014: Nicht zuletzt unter dem Eindruck von mehr als 2.100 palästinensischen Toten während der israelischen Operation „Schutzschild“ im Gazastreifen 141 kündigen 43 Offiziere und Mannschaftsangehörige des militärischen Geheimdienstes aus der Sondereinheit 8200, darunter einige Reservisten, in einem Offenen Brief an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Generalstabschef Benny Gantz und den Chef des Geheimdienstes Aviv Kokhavi an, dass sie künftig die Einberufung zum Militärdienst in den palästinensischen Gebieten verweigern würden. Sie seien nicht länger bereit, heißt es in ihrer Begründung, sich an der seit 47 Jahren anhaltenden Unterdrückung der dortigen Bevölkerung und an der Verweigerung grundlegender Rechte zu beteiligen. „Wir weigern uns, ein Werkzeug zu sein, das die militärische Kontrolle der besetzten Gebiete vertieft“ , heißt es in dem Brief weiter. Zur Rekrutierung von Kollaborateuren sei jedes Mittel der Erpressung recht: die sexuelle Orientierung, eheliche Seitensprünge oder die Dringlichkeit einer medizinischen Behandlung, wird ein Soldat zitiert, der seinen Namen nicht nennen darf. Die Siedlungen würden nicht der Verteidigung Israels dienen. Am 18. September verurteilt das Mitglied des PLO-Exekutivkomitees Hanan Ashrawi die Exekutionen mit scharfen Worten. Sie würden dem palästinensischen Grundgesetz und internationalem Recht widersprechen. Am 27.

140 Vgl. die Eintragung am 06.07.2014 in dieser Zeitleiste.

141 Nach UN-Angaben starben 2.205 Palästinenser, darunter 1.483 Zivilisten, und 71 Israelis, darunter vier Zivilisten. Über 10.000 Menschen seien im Gazastreifen verletzt worden, eine halbe Million wurde vertrieben. 140.000 Häuser seien teilweise oder vollständig zerstört worden.

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Januar 2015 werden 43 Reservesoldaten aus der Sondereinheit 8200 entlassen.

Das Militär weist am 10. September die Vorwürfe als unbegründet zurück, macht aber auf die Einzigartigkeit und den „sorgfältigen Auswahlprozess“ der Sondereinheit aufmerksam, wobei „ethische, moralische und Arbeitsverfahren“ eine große Rolle spielen würden. Dafür seien ihre Angehörigen immer wieder ausgezeichnet worden. Isaac (Yitzhak) Herzog, für die Arbeitspartei Oppositionsführer in der Knesset und ehemals selbst Angehöriger der Eliteeinheit 8200, kritisiert am 13. September die Absender des Briefes für ihren „Aufruf zur Insubordination“ , während Verteidigungsminister Moshe Ya’alon sich gegen die „Delegitimierung Israels“ verwahrt. Der Sprecher des Militärs Brigadegeneral Motti Almoz unterstreicht am 14. September, dass im Militär kein Platz zur Verweigerungen gebe und dass der Dienst im Militär für die Verbreitung politischer Standpunkte missbraucht werde. Im Rundfunk fordert Sicherheitsminister Yuval Steinitz am selben Tag die harte Bestrafung der Verweigerer. Justizministerin Tsipi Livni schreibt, es sei weder rechts noch links erlaubt, den Dienst im Militär zu verweigern.

Vor einer Konferenz an der Universität Tel Aviv führt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ebenfalls am 14. September aus, dass die Klagen der Autoren des Offenen Briefes eine „haltlose Verleumdung“ seien, die juristisch geahndet werden müssten. „Die IDF [das Militär] sind die moralischste Armee der Welt und führt die Missionen aus, die unsere Sicherheit bewahren.“ Am 15. September weist Anshel Pfeffer in „Haaretz“ darauf hin, dass die 43 Unterzeichner der Einheit unter dem Codenamen SIGINT („Signal intelligence or communications eaves-dropping“) nicht die ersten Verweigerer seien; so hätten etwa Piloten und Angehörige von Eliteneinheiten schon früher gegen den Dienst in den palästinensischen Gebieten protestiert. Der Offene Brief breche jedoch erstmals die sakrosankte Barriere zwischen Angehörigen von www.reiner-bernstein.de 97 – Chronologie 2014

Kampfeinheiten und jenen auf, die hinter Computern und anderem technischen Aufklärungsgerät klinisch sauber arbeiten würden. Im Gegensatz zu Edward Snowden jedoch würden sie von innen heraus argumentieren und hätten nicht das Land verlassen.

Am 15. September ermutigt Staatspräsident Reuven Rivlin die Angehörigen des militärischen Abschirmdienstes, ihrer Arbeit ungeachtet der Vorwürfe der 43 Verweigerer nachzugehen, während Parlamentspräsident Yuli Edelstein den Autoren vorwirft, denen einen Dienst zu erweisen, die Israel hasse. Verteidigungsminister Moshe Ya’alon bescheinigt dem Dienst eine „heilige Arbeit“ zum Schutz israelischer Menschenleben. Am 16. September bezeichnet der frühere Parlamentspräsident Avraham Burg die Autoren des Offenen Briefes als „Helden“ . Die Autoren des Offenen Briefes müssen mit Haftstrafen bis zu 3 Jahren rechnen 142 .

Im Kommentar für „Haaretz“ kommt Kobi Niv zum Ergebnis, dass die Fortsetzung der Herrschaft von „Hamas“ im Gazastreifen die Regierung in Jerusalem davon befreie, erneut Verhandlungen aufzunehmen, indem sie sich mit dem Argument verstecke, die Organisation würde Israel, den Frieden im Rahmen zweier Staaten und die Siedlungen in der Westbank zerstören wollen. „Wir reden und wollen Frieden, doch

142 Elior Levy: Brief der Verweigerung von 8200: „Wir werden nicht die Besatzung unterstützen“, in „Yediot Achronot“ 09.09.2014 (Hebr.); Gili Cohen: Reservists from elite IDF intel[ligence] unit refuse to serve over Palestinian ‚persecution,‘, in „Haaretz“ 12.09.2014; hcr.: Elitesoldaten verweigern Einsätze gegen Palästinenser, und Hans-Christian Rößler: Widerstand im innersten Kreis, in FAZ 13.09.2014, S. 1 + 5; Elior Levy: „Wir waren dort, wir haben es getan, und wir wollen das nicht weiter tun“. Die Verweigerer von 8200 sprechen, in „Ynet News“ 12.09.2014 (Hebr.); Gili Cohen and Jonathan Lis: Herzog rebukes ‚call for insubordination‘ by intel reservists, in „Haaretz“ 13.09.2014, S. 2; IDF spokesperson: Discipline of Unit 8200 refuseniks will be sharp and clear, in „Haaretz” 14.09.2014; Barak Ravid: Netanyahu: 8200 letter was ‘baseless slander,’ in „Haaretz“ 15.09.2014, S. 1; Anshel Pfeffer: Unit 8200 refuseniks shed light on ethics of Israel’s intel gathering, in „Haaretz” 15.09.2014; Avraham Burg: The dissenters are heroes, in „Haaretz” 16.09.2014, S. 5.

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tatsächlich tun wir alles, damit er nicht entsteht.“ Deshalb lasse die Regierung dem Militär freie Hand 143 .

08.09.2014: Nach einem Bericht des israelischen Militärrundfunks hat der ägyptische Staatspräsident Abdel Fatah Al-Sisi dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas die Überlassung eines 1.600 Quadratkilometer großen Territoriums zusätzlich zum Gazastreifen zur Gründung eines Staates Palästina vorgeschlagen. Im Gegenzug solle die Autonomiebehörde auf die Westbank als Staatsgebiet außerhalb der großen autonomen Städte verzichten. Abbas weist das Angebot zurück. Dagegen wird es von einigen israelischen Abgeordneten begrüßt. Am 09. September weist das Kairoer Außenministerium den israelischen Bericht zurück, Al-Sisi habe ein entsprechendes Angebot unterbreitet – wobei offenbleibt, warum sich Abbas von ihm distanziert hat.

Das israelische Außenministerium soll entschieden haben, dass der gleichzeitig in der Türkei und in Jordanien akkreditierte neue Botschafter Neuseelands Jonathan Curr in Jerusalem sein Beglaubigungsschreiben überreicht, zumal da Curr als Diplomat sein Land auch in Ramallah vertreten will.

Für den Wiederaufbau des Gazastreifens verlangt der palästinensische Präsident Machmud Abbas von der internationalen Staatengemeinschaft 5,5 Milliarden US-Dollar. Peter Münch berichtet am 19. September in der „Süddeutschen Zeitung“, dass in Ramallah für den Wiederaufbau 7,8 Milliarden

143 Kobi Niv: Ist Hamas gut für die Juden?, in „Haaretz“ 09.09.2014 (Hebr.).

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US-Dollar veranschlagt würden. Israels Kriegskosten würden sich auf schätzungsweise knapp 2 Milliarden Euro belaufen 144 .

Der frühere israelische Staatspräsident Shimon Peres fordert bei der Eröffnung der 14. Jahrestagung der „International Conference of the Institute for Counter Terrorism” in Herzliya die internationale Gemeinschaft auf, Israel im Kampf gegen den Terrorismus im Jemen, in Libyen und im Irak in ihren Kreis aufzunehmen und Qatar sowie die Türkei zu bestrafen.

07.09.2014: Der palästinensische Präsident Machmud Abbas droht „Hamas“ mit dem Bruch im Rahmen der Regierung der nationalen Einheit, sollte diese an ihrer Sezessionspolitik im Gazastreifen festhalten und einen gemeinsamen Staat mit einer einzigen Regierung unter seiner Führung verhindern wollen.

„Hamas“ weist Vorstellungen zurück, im Gazastreifen internationale Kontingente zu stationieren, um die Wiederbewaffnung zu verhindern und die Hilfsgüter zu überwachen 145 .

Nach israelischen Geheimdienstinformationen soll „Hamas“ weiterhin Tunnelanlagen im Süden des Gazastreifens benutzen, die vom israelischen Militär während der Operation „Schutzschild“ nicht zerstört werden konnten.

Die Außenminister der Arabischen Liga verständigen sich in Kairo darauf, „notwendige Maßnahmen gegen terroristische

144 Peter Münch: Der nächste Krieg kommt bestimmt, in SZ 19.09.2014, S. 2.

145 Vgl. die Eintragung am 21.08.2014 in dieser Zeitleiste.

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Organisationen wie den ‚Islamischen Staat‘ zu ergreifen“, wobei auf Betreiben Saudi-Arabiens aufgrund des Misstrauens gegenüber dem Iran keine militärische Komponente des Kampfes erwähnt wird. Obwohl das Regime in Damaskus einen solchen Schritt bisher ablehnt, fordern die Außenminister alle Parteien in Syrien zu einer „Regierung der nationalen Einheit“ auf. Der Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil Al-Arabi bekräftigt, dass die palästinensische Frage auch künftig für die gesamte arabische Welt ein zentrales Thema bleiben werde.

In der „Welt am Sonntag“ stellt der stellvertretende SPD- Bürgermeister Ralf Stegner deutsche Waffenlieferungen in „Spannungsgebiete“ und an „Diktatoren“ in Frage. Als Beispielländer nennt Stegner Saudi-Arabien, Qatar und Israel.

05.09.2014: Gegenüber dem Oppositionsführer in der Knesset Isaac (Yitzhak) Herzog von der Arbeitspartei lässt der palästinensische Präsident Machmud Abbas erkennen, dass er weitere Schritte im September bei den Vereinten Nationen plane, sollten seine Vorstellungen vom Ende des Konflikts von Israel abgelehnt werden. Herzog selbst warnt Abbas davor, dass einseitige Schritte „die Chancen für eine Vereinbarung beeinträchtigen“ würden.

04.09.2014: Die US-Administration weist den Plan des palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas als „einseitig“ zurück, den der Chefunterhändler Saeb Erakat am Vortag in Washington vorgelegt hat. Danach sollten gemäß den dreistufigen und insgesamt neun Monate dauernden Verhandlungen zunächst über die künftigen Grenzen des Staates Palästina, in der zweiten www.reiner-bernstein.de 101 – Chronologie 2014

Runde die zentralen Themen „Flüchtlinge”, „Jerusalem“, „Siedlungen“, „Sicherheit” und „Wasser“ verhandelt werden, bevor sich Israel auf die Grenzen von 1967 zurückziehe. Abbas will seine Vorstellungen am 07. September der Arabischen Liga präsentieren.

Nach einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ hat eine Expertenkommission der Palästinensischen Autonomiebehörde am Vortag die Kosten für den Wiederaufbau des Gazastreifens nach den israelischen Bombardements auf 4,6 Milliarden Euro beziffert. Von Kairo aus, wo er sich zum Treffen mit der Arabischen Liga aufhält, nennt der palästinensische Präsident Machmud Abbas am 07. September die Ziffer von 7 Milliarden US-Dollar.

Aus Deutschland geht gemäß der Entscheidung der kleinen Runde im Bundeskanzleramt am 31. August der erste Transport von Hilfsgütern in die kurdische Stadt Erbil im Norden des Iraks ab. Die ersten Waffenlieferungen sollen in einigen Tagen folgen. In Mossul soll Abu Hadjir Al-Suri, ein enger Vertrauter des IS-Führers Abu Bakr Al-Bagdadi, getötet werden sein. Bei dem Gefecht seien außerdem 50 IS-Kämpfer getötet worden. Nach Angaben des britischen Premierministers David Cameron befindet sich ein 44 Jahre alter britischer Entwicklungshelfer in den Händen der Terroristen. Lösegeldzahlungen für dessen Freilassung schloss Cameron aus. Die Unterstützung der rund einhundert US-amerikanischen Luftschläge gegen die IS-Terroristen schloss er nicht aus. Der scheidende Generalsekretär der NATO, der Däne Anders Fogh Rasmussen, schließt sogar ein Engagement der Organisation nicht aus, wenn eine entsprechende Bitte seitens der irakischen Regierung eintreffe. Irak gehört nicht der NATO an. Auf der NATO- Gipfelkonferenz in Newton (Wales) am 05. September spricht sich US-Außenminister John Kerry für eine für eine „Kernkoalition“ aus bestehend aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, www.reiner-bernstein.de 102 – Chronologie 2014

Italien, Dänemark, Polen, der Türkei, Kanada und Australien. Dagegen plädiert Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gegen Auslandseinsätze und schlägt vor, „diejenigen zusammenzubekommen, die man dringend braucht, um einen politischen Prozess mit einiger Glaubwürdigkeit tatsächlich zu starten“ . Es wird erwartet, dass Näheres auf der am 16. September in New York beginnenden Herbsttagung der Vereinten Nationen geklärt werden kann.

In Bagdad sterben bei einem Sprengstoffanschlag 12 Menschen.

Das Internet-Portal „EurActiv“ zitiert einen EU-Beamten in Brüssel mit der Befürchtung, dass die Materialien zum Wiederaufbau des Gazastreifens „zwangsläufig von israelischen Anbietern“ kämen, weil Israel die aus dem Ausland kommenden Importe kontrolliere. Hinzu komme, dass in der Vergangenheit viele „Güter, die für ein Wiederaufbauprojekt des Privatsektors in Gaza bestimmt waren, (…) im Hafen von Ashdod über einen längeren Zeitraum – Monate, wenn nicht Jahre – zurückgehalten (wurden), also gab es faktisch keine Alternative zu den israelischen Anbietern“ . Diese Politik sei beabsichtigt, habe der Beamte hinzugefügt. Internationale Agenturen würden diese Behauptungen stützen, und ein am 02. September veröffentlichter Bericht der „UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD)“ sei zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt. Mark Regev, Sprecher des Büros des israelischen Ministerpräsidenten, habe gegenüber „EurActiv“ die Behauptungen zurückgewiesen, die von dritter Seite jedoch nochmals bestätigt worden seien.

Die Jerusalemer Planungsbehörde billigt den Entwicklungsplan für den arabischen Vorort Al-Sawahra östlich vom Djebal Mukaber für 2.200 Wohneinheiten für die dortigen Einwohner, später solle das Baugelände erweitert werden. Bürgermeister Nir Barkat entlässt das www.reiner-bernstein.de 103 – Chronologie 2014

Stadtratsmitglied Aryeh King aus der kommunalen Verantwortung, nachdem dieser als Sprecher der Partei „Vereintes Jerusalem“ die Entwicklung für Al-Sawahra als „faktische Teilung Jerusalems“ kritisiert hat 146 .

Gegen Marwan Qawasmeh und Abu Aisheh, die beiden Entführer und Mörder der drei israelischen Talmudschüler am 12. Juni, wird vor dem Militärgericht in Ofer (Westbank) Anklage erhoben.

In Bremerhaven landet ein Schiff mit den verarbeiteten Resten des Giftgases aus syrischen Beständen. Sie sollen nach Munster weitertransportiert und dort endlich entsorgt werden.

03.09.2014: Ungeachtet der europäischen Kritik an der jüngsten Aktion der Landeignung in der Westbank 147 gelingt es der israelischen Regierung, die Sanktionen gegen Ausfuhren von Geflügel, Eiern und Milcherzeugnissen aus den Siedlungen der Westbank um zunächst einen Monat verschieben zu lassen. Gleichzeitig wird Israel aufgefordert, ein System zur Unterscheidung von Produkten aus Israel und der Westbank zu entwickeln. Nach Angaben des „Israel Export Institute“ sind 2013 landwirtschaftliche Produkte im Wert von 87 Millionen US-Dollar nach Europa exportiert worden, die gesamte Nahrungsmittel- Ausfuhr habe einen Wert von 365 Millionen Euro aus Einrichtungen diesseits und jenseits der einstigen Grünen Linie gehabt 148 .

146 Vgl. zuletzt die Eintragung am 23.08.2014 in dieser Zeitleiste.

147 Vgl. die Eintragung am 31.08.2014 in dieser Zeitleiste.

148 Jan Bielicki, Christian Zaschke: Fatwa gegen Terroristen, in SZ 03.09.2014, S. 6.

www.reiner-bernstein.de 104 – Chronologie 2014

Israelische und jordanische Medien kündigen für den November die Unterzeichnung eines Vertrages an, wonach Jordanien ab dem Ende 2917 fünfzehn Jahre Naturgas aus Israel kauft.

02.09.2014: IS-Terroristen, wird in vielen Medien berichtet, haben nach James Foley am 24. August erneut einen US-amerikanischen Journalisten mit Namen Steven Yoel Sotloff aus Florida vor laufender Kamera enthauptet. Sotloff, der auch eine israelische Staatsbürgerschaft besitzt, galt seit August 2013 als vermisst. Die Auswertung des Video lässt erkennen, dass der Mord an Foley und Scotloff von demselben Gewalttäter verübt wurde: Ihm wird ein für London typischen britischen Akzent nachgewiesen.

Sechs Professoren deutscher Zentren für islammische Theologie äußern sich in Frankfurt am Main „zutiefst bestürzt“ über den IS- Terrorismus. „Die ungeheuerliche Gewalt, die von den Anhängern des IS ausgeht, negiert alle Regeln der Menschlichkeit und zivilisatorischen Normen, für deren Herausbildung auch der Islam eine wichtige Rolle gespielt hat“ , schreiben sie in ihrer Erklärung. „Solche Deutungen des Islam, die ihn zu einer archaischen Ideologie des Hasses und der Gewalt pervertieren, lehnen wir strikt ab und verurteilen diese aufs schärfste.“ In der von über 50 Islam-Theologen unterzeichneten Erklärung werben die Autoren für einen Islam, „aus dem sich Humanität, Gewaltfreiheit, Wertschätzung der Pluralität und Respekt für Menschen ungeachtet ihrer Zugehörigkeiten schöpfen lassen“ 149 . Am 03. September kündigen sechs Islam-Verbände an, am 19. September in Berlin, Bielefeld und Mölln große Veranstaltungen und Mahnwachen gegen den IS-Terror zu organisieren.

149 Ora Cohen: : EU gives Israel extra month to prepare for ban on settlement farm products, in „Haaretz“ 03.09.2014.

www.reiner-bernstein.de 105 – Chronologie 2014

Bei einem Anschlag von Terroristen auf der Sinai-Halbinsel sterben 11 ägyptische Soldaten.

Nach israelischen Militärangaben befindet sich das vierte U-Boot der Klasse „Dolphin“ auf dem Seeweg von Deutschland nach Israel.

01.09.2014: Der jordanische Prinz Said Raad Said Al-Hussein, ein Cousin von König Abdullah II., tritt in Genf als Nachfolger von Navi Pillay das Amt als neuer UN-Hochkommissar für Menschenrechte an; Pillay hatte sich wegen ihrer scharfen Kritik an der israelischen Politik den Zorn der USA zugezogen. Auch der 50 Jahre alte Al-Hussein hat mit seiner Ablehnung nicht hinter dem Berg gehalten. Der Diplomat diente früher als Botschafter in Washington, in Mexiko sowie bei den Vereinten Nationen und setzte sich im UN-Sicherheitsrat dafür ein, den syrischen Diktator Bashar Assad vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu ziehen.

Bei Zusammenstößen zwischen Islamisten und rivalisierenden Milizen werden in Benghazi im östlichen Teil Libyens 31 Personen getötet.

August 2014

31.08.2014: Die Bundesregierung beschließt in kleiner Runde unter Beteiligung von Angela Merkel, Frank-Walter Steinmeier, Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble und Gerd Müller die Lieferung von panzerbrechenden Waffen, Panzerfäusten, Maschinengewehren, Pistolen, Munition, Schutzhelme, Westen und gepanzerten Fahrzeugen an die rund 10.000 kurdischen Peschmerga-Kämpfer (anderen Angaben zufolge geht es um 4.000 der „Dem Tod ins Auge www.reiner-bernstein.de 106 – Chronologie 2014

zu sehen Bereiten“ im Norden Iraks . Die Auslieferung im Wert von 70 Millionen Euro an die Zentralregierung in Bagdad und von dort nach Erbil soll in drei Tranchen erfolgen, um möglichst zu gewährleisten, dass das Gerät unter Kontrolle bleiben kann und nicht in unbefugte Hände fällt. Von kurdischer Seiter wird befürchtet, dass die Regierung in Bagdad die Auslieferung verzögert und sich selbst aus ihr bedient. Am 01. September begründet die Bundeskanzlerin in einer Regierungserklärung die Entscheidung im Parlament. Die Große Koalition bringt dazu einen Antrag in die Debatte ein, der jedoch nichts an der Entscheidung ändert, weil die Bundesregierung den Standpunkt vertritt, dass der Parlamentsvorbehalt bei Waffenlieferungen hierfür nicht gilt. Angela Merkel gesteht ein Restrisiko ein, dass Waffen in die falschen Hände fallen könnten, verteidigt ihre Position mit dem Hinweis, dass in der Abwägung die Rettung von Menschenleben heute wichtiger sei. Der Vorsitzende der LINKS-Fraktion Gregor Gysi bezeichnet es in der Debatte als „stillos“ , ausgerechnet am Weltfriedenstag des 01. September über die Lieferung zu entscheiden zu müssen, und kritisiert die mangelnde Einbindung der Vereinten Nationen. Der Fraktionsvorsitzende der SPD Thomas Oppermann betont, dass die humanitären Hilfen unvermindert und in großem Umfang fortgesetzt würden; sie belaufen sich gegenwärtig auf 50 Millionen Euro.

Die israelische Regierung erklärt 400 Hektar Land von 5 palästinensischen Dörfern zwischen Bethlehem und Hebron zu „Staatsland“ für den Ausbau der Siedlung („Anhöhen“) für Zehntausende Bewohner. Sie sei die größte Enteignungsaktion in den vergangenen 30 Jahren, rügt die Organisation „Frieden Jetzt“. Die Entscheidung stößt auch in Washington und London auf scharfe Kritik. „Wir bedauern die Entscheidung der israelischen Militärverwaltung“ , erklärt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am 02. September. Der Beschluss „wäre ein flaches Signal zur falschen Zeit“ und diene nicht „dem Fortgang des Friedensprozesses www.reiner-bernstein.de 107 – Chronologie 2014

und der Zwei-Staaten-Lösung“ . Am 03. September verwahrt sich US-Außenminister John Kerry im Telefonat mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gegen die Enteignung – sie sei „gegen das von Israel proklamierte Ziel der Zwei-Staaten- Lösung“ – und verlangt wie sein Amtskollege Steinmeier die Rücknahme der Entscheidung. Auch die Europäische Union protestiert. Nach den Berechnungen von Dror Etkes von „Frieden Jetzt“ liegen 18 Prozent des jetzt enteigneten Landes westlich der „Trennungsmauer“ und grenzt an die Zone B der Westbank, die gemäß der Osloer Vereinbarung von 1995 unter palästinensischer Verwaltung stehen soll 150 . Am 05. September behauptet Netanjahu, von der Enteignung nichts gewusst zu haben. Hintergrund dürften Berichte sein, dass die US- Administration mit Gegenmaßnahmen drohen will.

Das israelische Militär schießt nördlich von Kuneitra auf den Golanhöhen eine unbemannte Drohne mit einer Boden-Luft-Rakete vom Typ „Patriot“ ab. Es wird vermutet, dass sie unbeabsichtigt in den von Israel kontrollierten Luftraum eingedrungen ist 151 .

30.08.2014: Bei ihrem informellen Treffen in Mailand beraten die 28 EU- Außenminister auch über die Lage im Gazastreifen und die Zukunft der israelisch-palästinensischen Beziehungen 152 .

150 Chaim Levinson: Peace Now: Land grab means to link Israel with West Bank, not just expand settlements, in „Haaretz“ 03.09.2014.

151 Vgl. zuletzt dazu die Eintragung am 26.08.2014 in dieser Zeitleiste.

152 Vgl. dazu den Artikel von Judith & Reiner Bernstein, Ulrich Kusche und Tilman Spengler „Den Status quo im israelisch-palästinensischen Konflikt überwinden: Ein Appell an die westliche Diplomatie“ in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage.

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Gemäß einem Bericht von „Agence France Press“ äußert der saudi- arabische König Abdullah bei der Begrüßung neuer Botschafter in Riyadh die Warnung, dass der „Islamische Staat“ in einem Monat die Küsten Amerikas erreichen werde, wenn ihm nicht in Syrien – der Keimzelle der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ – und dem Irak Einhalt geboten werde. Von der Absicht einer eigenen Gegenwehr berichtet die Nachrichtenagentur nichts. Bislang wurde Saudi- Arabien neben Qatar zu den Finanziers der Terrormilizen gerechnet.

In der „Jerusalem Post“ wird Yaacov Amidror, der frühere Sicherheitsberater von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, mit den Worten zitiert, das nach dem Ende der 50 Tage langen Militäroperation „Schutzschild“ die Israelis darüber klagen, dass das Glas nur zu drei Vierteln voll sei, während die Palästinenser schon mit einem Viertel ihr Überleben als Sieg feiern würden 153 .

29.08.2014: Nach Angaben des UN-Flüchtlingsrats (UNHCR) und ihres Chefs Antonio Guterres sind 3 Millionen Syrer auf der Flucht außer Landes. Außerdem seien 6,5 Millionen im eigenen Land entwurzelt worden. Im Libanon seien 1,14 Millionen, in der Türkei 815.000 und in Jordanien 608.000 Flüchtlinge aus Syrien gestrandet.

Der Vorsitzende des Politischen Büros von „Hamas“ Khaled Meshal droht mit der Wiederaufnahme des Raketenbeschusses, sollten die Verhandlungen mit Israel scheitern.

Die USA liefern auf Bitten der Regierung in Beirut ein erstes Kontingent Waffen an den Libanon im Kampf gegen Terroristen aus Syrien und dem Irak aus.

153 Herb Keinon: Searching for the middle ground between war and peace, in „The Jerusalem Post” 30.08.2014.

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Der neue türkische Ministerpräsident Ahmet Davuto ğlu stellt sein Kabinett vor. Danach übernimmt der Karrierediplomat Mevlüt Čavu şoğlu das Außenministerium, während er enge Vertraute von Staatspräsident Recep Tayyip Erdo ğan, Yalçin Akdo ğan, stellvertretender Ministerpräsident wird. Wirtschaftsminister bleibt Ali Babacan, der auch einer der stellvertretenden Regierungschefs wird.

28.08.2014: Der palästinensische Chefdiplomat Saeb Erakat kündigt an, dass sich die Autonomiebehörde am 15. September an den UN- Sicherheitsrat mit der Aufforderung wenden werde, für den Rückzug Israels auf die Grenze von 1967 ein Datum zu setzen. Sollte das nicht geschehen, werde man sich an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wenden. Am 24. August hatte Präsident Machmud Abbas im ägyptischen Fernsehen einen „politischen Durchbruch“ für die kommende Woche mit breiter arabischer Unterstützung angekündigt, wenn US-Außenminister John Kerry erneut in den Nahen Osten komme.

Efi Eitam, Siedlerrepräsentant und Politiker der äußersten Rechten mit erheblichem Einfluss in die Politik hinein, spricht sich im Gespräch mit dem Internet-Forum „972mag.com“ für die Annexion der Westbank („Judäa und Samaria“) aus. Er habe keine Angst vor einem binationalen Staat und plädiere dafür, allen Palästinensern die vollen Rechte einschließlich des Rechts, an den Wahlen zur Knesset teilzunehmen, einzuräumen. „Wer wirklich Frieden will, sollte bereit sein, mehr arabische Staatsbürger als Teil des Staates Israel zu akzeptieren, dessen www.reiner-bernstein.de 110 – Chronologie 2014

Grenzen aus vielen Gründen zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer liegen müssen“ , führt Eitan aus 154 .

Nach Angaben des Pentagon sollen die US-amerikanischen Einsätze gegen die IS-Terroristen im Norden des Irak seit Mitte Juni nicht weniger als 560 Millionen US-Dollar gekostet haben.

27.08.2014: Die sunnitischen „Al-Nusra“-Milizen, die mit einigen Dutzend islamistischen Organisationen wie der „Syrischen Revolutionären Front“ im Rahmen der „Freien Syrischen Armee“ zusammenarbeiten und bis nach Kuneitra vorgedrungen sind, nehmen 44 Soldaten von den Fidschi-Inseln, die zur 1.223 Mann starken „UN Disengagement Observer Force (UNDOF)“ gehören, in der Pufferzone auf den Golanhöhen fest . Weitere 81 philippinische Soldaten sind eingeschlossen, während 75 Philippinos zwei belagerte UN-Posten verteidigen. Am 30. August liefern sich UNDOF-Soldaten nach einem 7 Stunden langen Kampf mit syrischen Rebellen. Kurz nach Mitternacht des 30. August können 40 Philippinos befreit werden, wobei die Operation gemeinsam mit israelischen Soldaten und Angehörigen der regulären syrischen Armee erfolgt sein soll. Das Schicksal der 44 verschleppten Soldaten von den Fidschi-Inseln bleibt ungewiss. „Al-Nusra“, der regionale Ableger von „Al- Qaeda“, verlangt für ihre Freilassung als Gegenleistung, von der UN-Liste als Terrororganisation gestrichen zu werden. UNDOF, zu der Angehörige von 6 Staaten (Philippinen, Fidschi-Inseln, Österreich, Japan, Kroatien und Liberia) gehören, wurde vom UN-Sicherheitsrat am 31. Mai 1974 mit der Resolution 350 im Zuge des israelisch-syrischen Entflechtungsabkommens unter Vermittlung von US-Außenminister Henry Kissinger etabliert.

154 Ami Kaufman: Israel’s right-wing politician: ‚Annex territories, grant Palestinians citizenship‘ (Gespräch mit Efi Eitam), in www.972mag.com . Vgl. den Bericht von Chaim Levinson/Reiner Bernstein „Bestens vernetzt – Erzählung aus Israels Rechtsstaatsnarrativ“ vom 26.05.2013 in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage.

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Jordaniens Sicherheitsbehörden nehmen mehr als 40 Personen fest, die zur syrisch-sunnitischen „AL-Nusra“-Front oder zum IS gehören sollen. Hans-Christian Rößler berichtet in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 28. August, dass der „Islamische Staat“ Jordanien gefährlich nahe kommt. An der Grenze zu Israel seien Kämpfer der Terrorgruppe schon vor Monaten gesichtet worden. Auch im Inland fänden sie immer mehr Unterstützer, so in der im Norden Jordaniens gelegenen Stadt Zarqa 155 .

Der militante Gruppe auf der Sinai-Halbinsel bekennt sich zur Enthauptung von 4 Ägyptern, die der Zusammenarbeit mit Israel beschuldigt wurden.

26.08.2014: Unter ägyptischer Vermittlung einigen sich Israel und „Hamas“ auf eine zeitlich unbegrenzte Waffenruhe. Beide Seiten verständigen sich auf die Lockerung der Blockade des Gazastreifens für Hilfsgüter, Nahrungsmittel sowie auf Baustoffe zum Wiederaufbau des Küstenstreifens. Den Übergang in Rafah zur Sinai-Halbinsel sollen die Sicherheitskräfte der Autonomiebehörde übernehmen, während die Kontrolle in Kerem Shalom in den Gazastreifen hinein in israelischen Händen bleiben soll. Außerdem soll die Fischereizone vor dem Gazastreifen von 3 auf 6 Seemeilen erweitert werden. Die Diskussionen über weitere Forderungen, so den Bau eines Flug- und eines Seehafens, die Demilitarisierung des Gazastreifens, die Freilassung palästinensischer Gefangener und die Rückführung der Leichen gefallener israelischer Soldaten, sollen in vier Wochen beginnen. Eine Abstimmung darüber im israelischen Kabinett vermeidet Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

155 Hans-Christian Rößler: An der Grenze, in FAZ 28.08.2014, S. 8.

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Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßt die Waffenruhe, fordert aber eine Perspektive für die Wiederaufnahme der Verhandlungen zugunsten der Zwei- Staaten-Lösung. In seiner Erklärung betont US-Außenminister John Kerry, dass die für den Wiederaufbau des Gazastreifens notwendigen Hilfen nicht „Hamas und anderen Terrororganisationen“ zugutekommen sollen, sondern dass sie eng mit Machmud Abbas und der Autonomiebehörde abgestimmt würden.

Vor Eintritt der Waffenruhe sterben noch einmal durch israelische Angriffe 9 Palästinenser, während durch eine Rakete aus dem Gazastreifen 2 Israelis aus dem Nirim sterben. Die Gesamtzahl der Toten soll unter den Palästinensern bei 2.129 Personen liegen, auf israelischer Seite seien 64 Soldaten und 6 Zivilisten ums Leben gekommen. Am 29. August stirbt ein weiterer israelischer Soldat an seinen Verletzungen.

In Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) teilt die Bundesregierung mit, dass durch die israelischen Bombardierungen im Gazastreifen eine Pumpstation für Abwässer und zwei Klärwerke mit deutschen Steuermitteln in Höhe von 20 Millionen Euro beschädigt worden seien, außerdem Schulen sowie Projekte für den lokalen Arbeitsmarkt und zur Unterstützung von Familien. Eine abschließende Schadensbilanz liege jedoch noch nicht vor, heißt es in der Antwort des Entwicklungsministeriums.

Ohne Absprache mit der Regierung in Damaskus kündigt US- Präsident Barack Obama Aufklärungsflüge über den von IS- Terroristen kontrollierten Nordosten Syriens 156 an. In einer gemeinsamen Erklärung aus Washington, London, Paris, Rom und

156 Vgl. die Eintragung am 24.08.2014 in dieser Zeitleiste.

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Berlin wird „Einmischungen von außen“ eine Absage erteilt und eine sofortige Waffenruhe verlangt.

Nach offiziellen israelischen Angaben wollen die USA in den kommenden Tagen ihre bedingten Waffenlieferungen an Israel wieder aufnehmen. Sie waren am 14. August aus Ärger über die israelische Politik unterbrochen worden.

Nach irakischen Angaben stürzt eine israelische Drohne über Bagdad ab 157 .

25.08.2014: Nach Angaben des Israelischen Industriellenverbandes sollen gegenwärtig etwa 22.500 Palästinenser in Siedlungen der Westbank tätig sein, wovon rund 6.000 in 600 Fabriken und der Rest im Bauwesen und in der Landwirtschaft arbeiten würden. Insgesamt würden etwa 28.250 Palästinenser legal in Israel arbeiten, während weitere rund 40.000 illegal in Israel beschäftigt seien.

In seinem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ plädiert der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet für eine politische Initiative unter Führung der Vereinten Nationen zum „Überleben der religiösen Minderheiten“ im arabischen Raum 158 .

24.08.2014: Raketen landen aus dem Gazastreifen, 7 von Syrien aus auf den Golanhöhen und 5 auf den Norden Israels aus dem Libanon . Nach Einschätzung des israelischen Geheimdienstes verfügt die

157 Vgl. die Eintragung am 22.08.2014 in dieser Zeitleiste.

158 Armin Laschet: Der „Islamische Staat“ würde heute in Damaskus sitzen, in FAZ 26.08.2014, S. 8.

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„Hisbollah“ über mehr als 60.000 Raketen, die viel zielsicherer seien als jene der „Hamas“. Außerdem werde befürchtet, dass die „Partei Gottes“ vom Süden Libanons aus Tunnel auf israelisches Territorium gegraben haben könnte 159 . Die israelische Luftwaffe reagiert mit massiven Gegenangriffen. Auch am 25. August gehen auf den Golanhöhen Raketen aus Syrien nieder.

In einer Sondersitzung des Kabinetts betont Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unter Zustimmung von Außenminister Avigdor Lieberman und Finanzminister Yair Lapid, dass die Militäroffensive gegen den Gazastreifen so lange fortgesetzt werde, bis keine Geschosse mehr in Israel einschlagen. Die Zahl der palästinensischen Toten soll mittlerweile über 2.100 liegen.

Im ARD-Sommerinterview lehnt Bundeskanzlerin Angela Merkel direkte Waffenlieferungen an die „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – auch unter Rücksichtnahme auf den NATO-Partner Türkei – im Kampf gegen die IS-Terroristen ab; in Frage komme indes als Adressat die Regierung der autonomen Provinz Kurdistan in Abstimmung mit der Zentralregierung in Bagdad. Die Entsendung deutscher Kampftruppen komme nicht in Frage, jedoch sei die Entsendung von Ausbildern und Militärberatern möglich. Gegenüber dem „Deutschlandfunk“ hatte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Norbert Röttgen (CDU) am Mittag Waffenlieferungen abgelehnt, weil nicht klar sei, in welche Hände sie fallen könnten. In ähnlich ablehnender Weise äußern sich der stellvertretende SPD- Vorsitzende Ralf Stegner am Nachmittag und am 25. August der Fraktionsvorsitzende der LINKEN Gregor Gysi.

159 Hans-Christian Rößler: Raketen von allen Seiten, in FAZ 25.08.2014, S. 2.

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Nach der Ermordung des US-amerikanischen Fotografen James Foley am 21. August durch IS-Terroristen ist, so berichtet die „Welt am Sonntag“, ein 27 Jahre alter Mann aus Brandenburg, der im Sommer 2013 über die Türkei in Syrien eingereist war, um syrischen Flüchtlingen zu helfen, von der Bundesregierung gegen eine „substantielle Gegenleistung“ freigekommen. Das Auswärtige Amt lehnt eine Stellungnahme dazu ab, distanziert sich aber gegenüber Vermutungen zu offiziellen „Lösegeldzahlungen in irgendeiner Form“ . Nach Ansicht deutscher Medien könnten auch die Eltern des jungen Mannes Lösegeld gezahlt haben. Nach einem Bericht der „New York Times“, aus dem die „Süddeutsche Zeitung“ am 27. August zitiert, sollen die IS-Terroristen in den vergangenen fünf Jahren Lösegelder in Höhe von nicht weniger als 125 Millionen US-Dollar im Nahen Osten und in Nordafrika erpresst haben. Durch die Eroberung Mossuls und der syrischen Stadt Raqqa, dem zur Hauptstadt des Islamischen Kalifats erhobenen Zentrum, seien ihnen eine halbe Milliarde US-Dollar in die Hände gefallen 160 .

Bei der Eroberung der letzten Bastion des Assad-Regimes im Nordosten Syriens , des Luftwaffenstützpunkts Tabqa in der Provinz Raqqa, durch IS-Milizen sollen 500 Menschen ums Leben gekommen sein, darunter 350 IS-Angehörige. Daraufhin bietet Syriens Außenminister Walid Muallem am 25. August den USA und Großbritannien, wenn sie die nationale Souveränität des Landes beachten würden, die Zusammenarbeit im Kampf gegen die Terroristen an, was in Washington und London unter Verweis auf die schweren Menschenrechtsverstöße des Regimes umgehend zurückgewiesen wird. Am selben Tag weist die Bundesregierung Spekulationen zurück, Waffen an Syrien zu liefern. Rainer Hermann macht in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 26. August darauf

160 Tomas Avenarius: Geld oder Leben, in SZ 27.08.2014, S. 2.

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aufmerksam, dass in Syrien jeden Tag noch immer mehr Menschen getötet würden als im Irak, mittlerweile 200.000 161 .

Die Behörden des Iran melden den Abschuss einer unbemannten Aufklärungsdrohne vom Typ „Hermes“ über der Atomanlage in Natans. Da sie nur eine Reichweite von 800 Kilometern habe, könne sie nicht aus Israel abgefeuert worden sein, heißt es. Die Regierung in Jerusalem lehnt eine Stellungnahme ab.

23.08.2014: Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ wirft die Grünen- Abgeordnete Claudia Roth nach einem dreitägigen Besuch in Kurdistan der Bundesregierung vor, dass die deutsche Debatte über Waffenlieferungen „zum Teil geführt wird, nicht um den in Not geratenen Kurden etwas Gutes zu tun, sondern um eine Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik zu erreichen“ . Der Irak sei „eigentlich“ voller Waffen. Andererseits verteidigt Roth die US- amerikanischen Luftschläge als „in der Tat wichtig, um das Allerschlimmste zu verhüten“ . Die Grundlage einer politischen Lösung seien die Geldquellen – das Geld als Qatar und aus den Ölfeldern. Man müsse eine klare Politik gegen die machen, die den „Islamischen Staat“ unterstützen. Das sei zum Beispiel Qatar, „ein wichtiger Player in der Finanzwelt des Westens“ . Auch auf die Kämpfer aus der Türkei müsse „man genau hinschauen“ . Alle Akteure müssten an einen Tisch: Saudi-Arabien, Qatar, Iran, Russland, die USA und „auch“ Europa 162 . Der Außenminister Qatars Mohamed Al-Attiyah distanziert sich am selben Tag unter Verweis auf die Kritik eines deutschen „Ministers“ , gemeint ist Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU), von der „barbarischen

161 Rainer Hermann: Kein Aufschrei mehr, in FAZ 26.08.2014, S. 8.

162 „Die deutsche Debatte ist mehr als befremdlich“ (Interview), in SZ 23./24.08.2014, S. 5.

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Ermordung“ des US-amerikanischen Journalisten James Foley am 21. August durch IS-Terroristen. Im „Handelsblatt“ verlangt der Außenminister am 25. August koordinierte politische Maßnahmen gegen den „Islamischen Staat“.

Im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ verlangt der Ko-Vorsitzende des politischen Arms der „Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)“, den syrisch-kurdischen „Volksverteidigungseinheiten (YPG)“, Cemil Bayik, von der Bundesregierung Waffenlieferungen zum Kampf gegen den „Islamischen Staat (IS)“; bis jetzt wird die PKK von den USA und den Europäern als Terrororganisation eingestuft. Außerdem solle Berlin Druck auf die Türkei ausüben, damit IS- Kämpfer nicht länger von dort in den Irak und nach Syrien einsickern könnten. Bayik sei nach dem in der Türkei inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan ihre wichtigste Führungspersönlichkeit, heißt es in dem Bericht 163 .

Auf eine Anfrage des Abgeordneten der LINKEN Jan van Aken bestätigt die Bundesregierung die Genehmigung für „Rheinmetall“, eine Fertigungsstraße zur Montage von Radpanzern des Typs „Fuchs“ und andere Teile im Gesamtwert von 28 Millionen Euro an Algerien zu liefern.

Die Milizen des islamistischen Widerstandes „Libysche Morgenröte (Fadj Libia)“, die mit der im Osten des Landes operierenden Organisation „Ansar Al-Sharia“ zusammenarbeitet, besetzen nach eigenen Angaben den Flughafen der Hauptstadt Tripolis. Dabei sollen über 200 Menschen getötet worden sein. Beide Organisationen werden vom ersatzweise in Tobruk tagenden Parlament als Terrorgruppen eingestuft. Bei ihrer Flucht über das Mittelmeer kommen 200 Libyer ums Leben. Der engste Verbündete

163 Jetzt will auch die PKK Waffen aus Deutschland, Markus Bickel: Kurde gegen Kurde, in FAZ 23.08.2014, S. 1 + S. 5.

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der USA, die Vereinigten Arabischen Emirate , fliegen am 26. August Luftangriffe gegen Ziele der Islamisten in Libyen. Am 29. August tritt Ministerpräsident Abdullah Al-Thinni zurück.

Der Chef des Politischen Büros der „Hamas“ Khaled Meshal bestätigt, dass die drei -Schüler Naftali Fraenkel, Gilad Sha‘ar und Eyal Yifrach ohne Kenntnis der politischen Führung durch „Hamas“-Angehörige entführt und ermordet worden seien 164 .

22.08.2014: In der Nacht legen Frankreich, Großbritannien und Deutschland dem US-Sicherheitsrat eine Initiative „Elemente“ für eine Resolution für eine anhaltende Waffenruhe und neue Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern vor, ohne die Gespräche beider Seiten in Kairo zu ersetzen. Die „Elemente“ sollen die Zustimmung der USA erhalten haben, heißt es. Die Initiative versandet, weil – wie der „Deutschlandfunk“ anlässlich des Besuchs von Außenminister Frank- Walter Steinmeier am 15./16. November in Ramallah und Jerusalem berichtet – die israelische Regierung kein Interesse an ihr habe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel plant bei der Sondersitzung des Bundestages am 01. September eine Regierungserklärung zur deutschen Politik im Irak .

In Gaza-Stadt werden 18 Palästinenser zum Teil, davon 7 öffentlich, erschossen, denen Kollaboration mit Israel vorgeworfen wurde. Bereits am 06. August sollen drei Informanten hingerichtet. Am 23. August werden drei weitere Palästinenser im Flüchtlingslager Djebalyah erschossen.

164 Vgl. die Eintragungen am 23.06.2014 und am 24.07.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 119 – Chronologie 2014

Beim Granatenbeschuss aus dem Gazastreifen stirbt im Kibbutz Nahal Oz im Süden Israels ein vier Jahre alter Junge. Er ist das fünfte zivile Opfer auf israelischer Seite. Bei israelischen Angriffen starben 15 Palästinenser.

Die Hochkommissarin des UN-Menschenrechtsausschusses Navi Pillay beziffert die Zahl der Toten im syrischen Bürgerkrieg auf mindestens 190.000. Die Kämpfe um Aleppo halten an.

In Bakuba nordöstlich von Bagdad sterben bei einem Terroranschlag mindestens 70 Sunniten.

21.08.2014: Wie „Haaretz“ am 07. September berichtet, hat das israelische Außenministerium dem Sicherheitskabinett eine zweiseitige Empfehlung unter dem Titel „Principles and Parameters für Deployment of an International Force in Gaza“ vorgelegt. Darin wird die Stationierung einer internationalen Truppe auf der palästinensischen Seite vorgeschlagen, um die Wiederbewaffnung der „Hamas“ und anderer Terrorgruppen zu verhindern und die Sicherheit Israels zu gewährleisten 165 . Das Dokument ähnelt im Prinzip einem Papier der europäischen Außenministerien zur Wiederbelebung der „European Union Border Assistance Mission (Eubam)“ 166 .

20.08. 2014: Die am 19. August um 24 Stunden vereinbarte Waffenruhe hält nicht; beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, sie

165 Barak Ravid: Foreign Ministry proposes international force in Gaza, favors EU troops, in „Haaretz“ 07.09.2014.

166 Vgl. zuletzt die Eintragung am 07.08.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 120 – Chronologie 2014

gebrochen zu haben. Jerusalem ruft seine Delegation zurück. Auf israelischem Territorium landen über 175 Raketen, ohne große Schäden anzurichten. Die israelische Luftwaffe reagiert mit Vergeltungsschlägen. Die Zahl der palästinensischen Toten steigt mittlerweile auf über 2.000. Internationalen Medienberichten zufolge setzt „Hamas“ auf einen Abnutzungskrieg gegen Israel.

Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ führt Israels Finanzminister Yair Lapid, der heute zu Gesprächen in Berlin erwartet wird, aus, dass er persönlich für den Gazastreifen nicht nur eine Demilitarisierung, sondern eine Entwaffnung verlange – wie, so behauptet Lapid, es „in etwa“ in den Osloer Vereinbarungen vorgesehen sei. Er wünsche sich die Rückkehr der Autonomiebehörde in den Gazastreifen (sie wurde dort 2007 von „Hamas“ vertrieben). Außerdem schlägt Lapid eine Regionalkonferenz unter Beteiligung der USA, von Russland, der EU, Ägyptens, Saudi-Arabiens und Jordaniens vor. Da Deutschland „heute (die) wichtigste Kraft in Europa“ sei, könne es „eine positive Rolle spielen“ . Deutschland habe „sich sehr, sehr häufig als enger Freund (Israels) erwiesen 167 .“ Am 21. August unterzeichnet Lapid in Berlin mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble das überarbeitete Doppelbesteuerungsabkommen aus dem Jahr 1977. Nach der Entscheidung der Bundesregierung im Oktober 2014, Israel einen Nachlass von 30 Prozent des Preises für die Lieferung eines raketenbestückten US-Bootes zu gewähren, der auf Gespräche zwischen den Außenministern Frank-Walter Steinmeier und Avigdor Lieberman zurückgehen soll, scheint es beim Besuch Lapids in Berlin auch um dieses Problem gegangen zu sein, das von Angela Merkels außenpolitischem

167 Majid Sattar: Für die Hamas ist Politik Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln“ (Interview), in FAZ 20.08.2014, S.2.

www.reiner-bernstein.de 121 – Chronologie 2014

Sicherheitsberater Christoph Heusgen nach dem Scheitern der Kerry-Initiative in Frage gestellt worden war 168 .

Der französische Botschafter als derzeitiger Präsident des UN- Sicherheitsrates fordert Israel und „Hamas“ dringend zur Waffenruhe und zu weiteren Verhandlungen auf.

Die türkische Regierungspartei AKP nominiert als Nachfolger des zum Staatspräsidenten gewählten Recep Tayyip Erdo ğan den bisherigen Außenminister Ahmet Davuto ğlu als nächsten Ministerpräsidenten. Nach dem Amtseinführung Erdo ğans am 28. August dürfte Davuto ğlu – ein enger Gefolgsmann Erdo ğans – mit der Regierungsbildung beauftragt werden 169 .

19.08.2014: Die Bundesregierung entscheidet positiv über deutsche Waffenlieferungen aus Beständen der Bundeswehr an die Kurden im Norden des Irak . Durch diese Klausel will sie die Richtlinien des Kriegswaffenkontrollgesetzes umgehen. Bundestagspräsident Norbert Lammert fordert eine angemessene Beteiligung des Bundestages bei endgültigen Entscheidungen an und wird dabei von der LINKEN und „Bündnis 90/Die Grünen“ unterstützt 170 .

Bei dem israelischen Versuch, den Chef der „Ezzedin Al-Qassem“- Brigaden Mohamed Deif zu töten, kommen seine Frau und zwei seiner Kinder ums Leben. Am 20. August werden Raed Al-Attar und Abu Shamala, die als Kommandeure im Süden des Gazastreifens tätig waren, Mohamed Barhum, der für den Waffenschmuggel über

168 Barak Ravid: Submarine crisis ends as Germany offers discount, in „Haaretz“ 19.10.2014, S. 2.

169 Vgl. die Eintragung am 10.08.2014 in dieser Zeitleiste.

170 Vgl. die Eintragung am 13.08.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 122 – Chronologie 2014

die Grenze nach Ägypten verantwortlich gemacht wird, sowie der Leiter der palästinensischen Menschenrechtsorganisation „Al-Mezan“ Issam Younis getötet.

18.08.2014: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet aus Israel, dass gegenüber dem Juli 2013 der Tourismus in diesem Juli um 26 Prozent eingebrochen sei und die Hotels erste Entlassungen vorgenommen haben. Die Raketen aus dem Gazastreifen hätten nach ersten Schätzungen Schäden in Höhe von umgerechnet 10 Millionen Euro angerichtet, während sich die indirekten Kosten für Unternehmer und Bauern im Süden Israels auf mehr als 200 Millionen Euro belaufen würden. In den ersten 30 Tagen habe die Militäroperatíon „Schutzschild“ Kosten von rund 1,5 Milliarden Euro verschlungen. Vor wenigen Tagen habe der Finanzausschuss der Knesset dem Militär mehr als 700 Millionen Euro bewilligt. Eine Abwehrrakete vom Typ „Eiserne Kuppel“ koste 50.000 US-Dollar. Der frühere Chef des Auslandsgeheimdienstes „Mossad (Institut)“ Danny Yatom sehe gute Chance für den Export von Rüstungsgütern, die sich im letzten Krieg bewährt hätten 171 . Im Haushaltsjahr 2013 beläuft sich der Verteidigungshaushalt auf 61,7 Milliarden Neue Shekel ( ≈ 22,2 Milliarden US-Dollar).

In Kairo setzen die israelische und die palästinensische Delegation ihre Verhandlungen unter Vermittlung Ägyptens fort. Um Mitternacht zum 19. August läuft die auf 5 Tage vereinbarte Feuerpause aus. Justizministerin Tsipi Livni warnt „Hamas“ vor der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten. Sie würden von Israel beantwortet werden. Die Parteien verständigen sich auf die Verlängerung der Feuerpause um weitere 24 Stunden.

171 Hans-Christian Rößler: Der Krieg hat seinen Preis, in FAZ 18.08.2014, S. 5.

www.reiner-bernstein.de 123 – Chronologie 2014

16.08.2014: Einstimmig verabschiedet der UN-Sicherheitsrat eine Resolution, in der die Terrormilizen des „Islamischen Staates“ verurteilt, ihre Auslandskonten gesperrt und Einreiseverbote verhängt werden.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hält sich zu einem eintägigen Besuch in Irak auf, um sich bei Gesprächen in Bagdad mit dem designierten Ministerpräsidenten Haidar Al-Abadi und in Erbil mit dem Präsidenten der kurdischen Autonomieregierung Massud Barsani ein eigenes Bild von der Lage im Krisengebiet zu verschaffen. Steinmeier vermeidet es, den Kurden militärische Unterstützung zuzusagen, während Barsani einen eigenen kurdischen Staat thematisiert. Innerhalb der schwarz-roten Bundesregierung mehren sich die Stimmen für und gegen eine deutsche Militärhilfe. Während Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im „Spiegel“ ausführt, dass die Bundesregierung dem Tod Tausender unschuldiger Menschen durch die „ bis an die Zähne bewaffneten Fanatiker“ nicht tatenlos zuschauen könne, will sich der Fraktionsvorsitzende der Union Volker Kauder „vor allem auf humanitäre und logistische Hilfe“ konzentrieren.

Am Abend findet auf dem Yitzhak-Rabin-Platz eine Kundgebung unter dem Titel „Changing Direction: Towards Peace, Away from War“ mit über 10.000 Teilnehmern statt. Zu den Versammelten sprach auch der Schriftsteller David Grossman.

15.08.2014: Die Bundeswehr liefert mit fünf Transall-Transportflugzeugen erstmals Lebensmittel, medizinische Hilfsgüter und Feldbetten für die Flüchtlinge im Umfang von 36 Tonnen nach Erbil im Norden des Irak .

www.reiner-bernstein.de 124 – Chronologie 2014

In einem Kommentar empfiehlt die „Berliner Zeitung“, das regionale Umfeld der Kämpfe im Norden Iraks in die politische Diplomatie einzubeziehen, nämlich Iran , Saudi-Arabien , die Türkei und sogar Syrien . „Eine weitere Baustelle ist das Israel/Palästina-Problem, wo die USA und der Westen auf diplomatischem Wege etwas gegen die IS-Banden tun könnten. Der Langzeit-Konflikt vergiftet die Atmosphäre in der Region, dient Diktatoren als Vorwand für Repressionen, lassen die UN und ihre Resolutionen als nutzlos erscheinen. Der Konflikt produziert Flüchtlinge und Hass, eskaliert immer wieder zu Kriegen. Würde dieser Konflikt gelöst, wäre eine Brutstätte für Extremismus und eine Quelle propagandistischer Hassparolen verschwunden. Dafür aber bedarf es des Drucks von USA und Europa auf beide Seiten und ein ehrliches, unparteiisches Engagement 172 .“ Im Interview mit dem Blatt regt der Parteichef der LINKEN Bernd Riexinger „eine große Nahost-Konferenz ... unter Beteiligung von Syrien, Iran und den Palästinensern“ an – also ohne Israel – „um gemeinsam einen Weg zur Eindämmung der Bedrohung durch die Terrorbanden zu finden und tragfähige Friedenslösungen herbeizuführen“ 173 .

14.08.2014: Die palästinensische Delegation in Kairo bietet die Verlängerung der Feuerpause auf fünf Tage an. Am 17. August sollen die Gespräche fortgesetzt werden.

Am Nachmittag gehen fünf Raketen auf Israel nieder, ohne Schäden anzurichten. Das israelische Militär antwortet umgehend mit Gegenschlägen.

172 Martina Doering: Diplomatie hilft, in „Berliner Zeitung“15.08.2014, S. 4.

173 „Wir brauchen eine neue Friedenspolitik“ (Interview), in „Berliner Zeitung“ 15.08.2014, S.7.

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Der seit 2006 amtierende irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki räumt seine Niederlage gegen seinen nominierten Amtsnachfolger Haider Al-Abadi ein. Er wolle auf eine dritte Amtszeit verzichten. Bundeskanzlerin Angela Merkel betont in einem Interview mit der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“, dass beim Kampf gegen die IS-Terrormilizen, deren Operationsradius bis vor das syrische Aleppo reichen soll, auch deutsche Sicherheitsinteressen von Belang seien. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bekräftigt seine Aussage gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am 23. August, dass die Bunderegierung mit ihrer Hilfe „bis an die Grenze des rechtlich und politisch Machbaren“ gehen wolle. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ betont der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages Norbert Röttgen, dass die „Absicht, in einer akuten Kriegssituation Waffen zu liefern, (...) eine Abkehr von den bisherigen außenpolitischen Grundsätzen“ sei und einer „mittelbaren Konfliktbeteiligung“ gleichkomme 174 . Gegenüber dem „Deutschlandfunk“ wiederholt Röttgen am 15. August seine Bedenken, „ dass Waffenlieferungen in akute Krisengebiete (...) eigentlich mit fas Problematischste (sind), was man tun kann“ . Nach UN-Angaben befinden sich 1,2 Menschen auf der Flucht.

13.08.2014: Um Mitternacht läuft die auf 72 Stunden bemessene Feuerpause zwischen Israel und der „Hamas“ aus, wird aber nochmals für denselben Zeitraum verlängert, ohne dass es trotz konkreter ägyptischer Vermittlungsangebote eine Annäherung der Positionen gibt. Die israelische Delegation reist mehrmals aus Kairo ab, kehrt aber regelmäßig zurück. Unter den palästinensischen Beteiligten zeichnen sich Rivalitäten zwischen Mohamed Deif, den Chef der

174 Majid Sattar: Erklären und kritisieren, in FAZ 15.08.2014, S. 2.

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„Ezzedin Al-Qassem-Brigaden“, Ismail Haniyeh und Khaled Meshal ab.

Zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Präsident Barack Obama soll es am Telefon zu einem heftigen Schlagabtausch gekommen sein. Die Regierung in Jerusalem verhalte sich rücksichtlos und sei unglaubwürdig, werde in Washington kolportiert. Eine Lieferung von Raketen vom Typ „Hellfire“ an Israel soll gestoppt worden sein. Am 16. August bestätigt die US-Administration den Stopp der Lieferung von „Hellfire“-Raketen.

Der israelischen Menschenrechtsorganisation B’tselem („Im Angesicht“) wird die Rekrutierung von Mitarbeitern aus dem Reservoir des Ersatzdienstes untersagt, weil sie „gegen den Staat arbeitet“ .

In Gaza-Stadt kommen zwei Journalisten, darunter eine 35 Jahre alte italienische Korrespondentin, und vier Bomben-Entschärfer durch einen israelischen Blindgänger ums Leben.

12.08.2014: Im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ kündigt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier an, „bis an die Grenze des politisch und rechtlich Machbaren“ deutsche Waffenlieferungen an die Kurden für den Einsatz gegen die IS- Terroristen prüfen zu wollen. Mit dieser Ankündigung kann sich Steinmeier auf die Zustimmung von Bundeskanzlerin Angela Merkel berufen. Am 13. August lehnt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages Norbert Röttgen Waffenlieferungen ab, weil die Lage im Norden des Iraks unübersichtlich sei und sich rasch ändere, während sich der außenpolitische Sprecher von „Bündnis 90/Die Grünen“ Omid Nouripour dafür ausspricht, dass www.reiner-bernstein.de 127 – Chronologie 2014

deutsche Kampfflugzeuge die US-amerikanische Streitkräfte bei Einsätzen unterstützen sollen.

11.08.2014: Ein bewaffneter Palästinenser wird am Morgen in der Nähe von Nablus getötet, als er auf eine in Verkleidung auftretende israelische Einheit der israelischen Grenzpolizei schießt.

Mehr als 20.000 Jeziden gelingt es mit internationaler Hilfe, sich über syrisches Gebiet in Norden des Irak in Sicherheit zu flüchten. Die USA bestätigen, dass sie die kurdischen „Peschmerga (Die dem Tod ins Auge zu sehen Bereiten)“ militärisch aufrüsten wollen. In Bagdad beauftragt Präsident Fuad Massum gegen den Protest von Nuri Al- Maliki den 1952 in Bagdad geborenen Elektroingenieur und von Maliki installierten stellvertretenden Parlamentspräsidenten Haidar Al-Abadi, ebenfalls ein Schiit, mit der Bildung einer Regierung innerhalb der nächsten 30 Tage 175 . In einer Erklärung kündigt der Iran am 12. August Maliki die politische Gefolgschaft auf und begrüßt die Nominierung Al-Abadis.

Die deutsche Bundesregierung will die Lieferung von militärischen Ausrüstungen wie Schutzwesten, Helme, Schutzfahrzeuge, Nachtsichtgeräte und Minensuchgeräte nicht ausschließen. Offen ist, ob dafür die Zustimmung des Bundestages erforderlich ist. In der Partei „DIE LINKE“ bricht ein heftiger Streit aus, nachdem Gregor Gysi in einem Interview ausgeführt hat, dass „wir dann vielleicht mal einen Waffenexport genehmigen“ müssen. Der Abgeordnete Jan van Aken befürchtet, dass darüber „die Linke aufhören (könnte) zu existieren“. Frankreichs Präsident François Hollande kündigt am 13. August Waffenlieferungen an die Kurden an, ohne Art, Menge und

175 Zur Wahl Massums vgl. die Eintragung am 24.07.2014 in dieser Zeitleiste.

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Qualität zu spezifizieren. Auch Italien und Tschechien bekunden ihre Bereitschaft, mit militärischem Gerät zu helfen.

Der Londoner Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Jochen Buchsteiner berichtet über den wachsenden Unmut in der Konservativen Partei, dass Premierminister David Cameron mit der Kritik an der Politik Israels zurückhaltend sei. Das Missbehagen könne sich auf eine breite Öffentlichkeit stützen 176 .

10.08.2014: Der Leiter der palästinensischen Verhandlungsdelegation in Kairo Assam Achmed erklärt, dass sie die ägyptische Hauptstadt heute verlassen werde, wenn Israel nicht, ohne Vorbedingungen zu stellen, zurückkehre. Entgegen dieser Ankündigung zeigt sich die palästinensische Delegation doch bereit, in Kairo zu bleiben und einer weiteren dreitägigen Waffenruhe zuzustimmen. Am Abend stimmt Israel dem ägyptischen Vorschlag zu. Die Waffenruhe soll um Mitternacht beginnen. Hält sie, will die israelische Delegation am 11. August nach Kairo zurückkehren. Neben der Öffnung der Grenze zu Israel besteht „Hamas“ auf dem Bau eines Seehafens.

In 14 Jahre alter Palästinenser wird im Flüchtlingslager Deir Al- Balah im Gazastreifen getötet.

In der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem verlangt Außenminister Avigdor Lieberman die Niederringung von „Hamas“ und die „Säuberung der Gegend“ , während Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen langen Kampf ankündigt.

176 Jochen Buchsteiner: Der einsame Regierungschef, in FAZ 11.08.2014, S. 8.

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Die „Jerusalem Post“ berichtet exklusiv über ein 7 Seiten umfassendes Dokument des Außenministeriums, in dem die Stationierung einer internationalen Truppe mit einem „Mandat“ für den Süden des Gazastreifens – also nicht für die Grenze zu Israel – vorgeschlagen wird. Zu den Optionen würde eine Resolution des UN-Sicherheitsrates gemäß Kapitel VII der UN-Charta gehören, in der die Anwendung von Gewalt über das Recht auf Selbstverteidigung (Kapitel VI) hinaus gestattet ist, um Waffen zu neutralisieren und die Grenzübergänge für die Kontrolle von Transporten und Personen sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens zu übernehmen. Die genannte Option würde die Zustimmung Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde sowie die stillschweigende Zustimmung von „Hamas“ voraussetzen 177 .

Im Osten Syriens haben IS-Terroristen aus den Norden Iraks drei Ortschaften zurückerobert. Die Bundesregierung stockt nach Auskunft von Außenminister Frank-Walter Steinmeier ihre humanitäre Soforthilfe für den Norden Iraks auf 11,5 Millionen Euro auf. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius mahnt bei seinem Besuch in Bagdad indirekt den Rückzug von Ministerpräsident Nuri Al-Maliki an. Die Wahl eines Nachfolgers Al-Malikis scheitert erneut. Gemäß der Verfassung ist der 11. August der letzte Termin, einen neuen Ministerpräsidenten zu installieren. Das Vorschlagsrecht liegt dazu beim Staatspräsidenten.

Bei den Präsidentschaftswahlen in der Türkei wird, wie erwartet, der 60 Jahre alte bisherige Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo ğan bereits im ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit von knapp 52 Prozent gewählt. Auf Ekmeleddin Ihsanoglu, den 71 Jahre alten

177 Herb Keinon: Exclusive: Foreign Ministry document offers options to international force in Gaza, in „The Jerusalem Post“ 10.08.2014.

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Historiker und früheren Generalsekretär der oppositionellen „Organisation für islamische Zusammenarbeit“, entfallen knapp 38,5 Prozent der Stimmen, während der 41 Jahre alte Kandidat Selahattin Demirtas, der vor allem die Kurden vertreten will, aber auch bei anderen Wählergruppen Anklang fand, auf knapp 10 Prozent kommt. Trotz Wahlpflicht liegt die Wahlbeteiligung bei etwas über 72 Prozent. Der bisherige Staatspräsident Abdullah Gül, dessen Amtszeit am 28. August endet, kündigt am 11. August an, in die aktive Politik zurückzukehren.

Die „Welt am Sonntag“ zitiert aus einem Brief des Inspekteurs des Heeres Bruno Kastorf vom 11. Juli an den Verteidigungsausschuss des Bundestages das Interesse, deutsche Soldaten „zeitnah israelische Ausbildungseinrichtungen“ zur Ausbildung in urbanen Zentren nutzen, um Einsatzerfahrungen und bei der Ausbildung und in Übungen gemeinsam zu nutzen. Das Verteidigungsministerium habe den Bericht bestätigt.

09.08.2014: Eine für den Abend in Tel Aviv angekündigte Demonstration gegen die Fortsetzung des Krieges gegen die Menschen im Gazastreifen, die von der linksbürgerlichen Partei „Meretz (Kraft, Stärke)“, „Chadash (Demokratische Front für Frieden und Gleichheit)“, dem Forum von Eltern, die ihre Kinder bei Terrorangriffen verloren haben („Parents Circle of Bereaved Families“), „Frieden Jetzt“, den „Peace NO Forum“, den „Combattants for Peace“ sowie der jungen Garde der Arbeitspartei („haMishmeret haZe ϊra“) organisiert worden ist, ist von der Polizei mit der Begründung verboten worden, dass dazu mehr als tausend Personen erwartet würden. Die Vorsitzende von „Meretz“ Zahava Gal’on verwahrt sich gegen das Verbot und kündigt an, dass die Demonstration dennoch stattfinden werde. Bei der ersten Demonstration am 26. Juli war es zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei gekommen, bei der mehrere www.reiner-bernstein.de 131 – Chronologie 2014

Teilnehmer zum Teil schwer verletzt wurden. Dagegen zog die Kundgebung am 02. August nur wenige Teilnehmer an. Die Demonstration findet im kleinen Maßstab statt.

Israel und die „Hamas“ setzen ihre Angriffe fort. In Gaza-Stadt sollen fünf Moscheen getroffen worden sein. Im Flüchtlingslager Al-Fawar bei Hebron wird ein Junge getötet.

Ein Berater von Präsident Machmud Abbas kritisiert „Hamas“, dass sie statt der Forderung nach der Unabhängigkeit Palästinas den Bau eines Hafens und eines Flugplatzes verlange.

Der deutsche, französische und britische Außenminister fordern in einer gemeinsamen Erklärung Israelis und Palästinenser auf, an den Verhandlungstisch in Kairo zurückzukehren, um einen dauerhaften Waffenstillstand zu erreichen. Er müsse den israelischen Sicherheitssorgen und den palästinensischen Bedürfnissen nach Aufhebung der „Restriktionen“ gegen den Gazastreifen Rechnung tragen. Am Ende müsse eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung stehen, weil nur sie den Konflikt lösen und die menschlichen Katastrophen beenden könne.

Im Kampf gegen die Terroristen des „Islamischen Staates (IS)“ melden die US-Einsatzkräfte mit Drohnen und F-18-Kampfjets im Norden Iraks Erfolge. US-Präsident Barack Obama würdigt die Erfolge, macht aber darauf aufmerksam, dass die Krise im Irak selbst gelöst werden müsse. Er kündigt an, dass die Bekämpfung der Terroristen bis auf weiteres fortgesetzt werde; ein Kalifat in Syrien und im Irak sei für ihn undenkbar. Neben den USA beteiligt sich Großbritannien am Abwurf von Nahrungsmitteln und Hilfsgütern.

In der Bundesrepublik fordert der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet „Härte des Staates“ gegen zurückkehrende islamistische Kämpfer, während der bayerische Innenminister www.reiner-bernstein.de 132 – Chronologie 2014

Joachim Hermann ihre Ausweisung verlangt. Dagegen reicht für den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner das vorliegende Strafrecht. In Bielefeld demonstrieren Tausende kurdische Jeziden gegen die Verbrechen der IS-Terroristen.

Bei einer Demonstration von Moslembrüdern in Kairo , bei der die Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Mohamed Mursi im Juni 2013 verlangt wird, wird ein Demonstrant von der Polizei erschossen. Das Verwaltungsgericht verbietet den politischen Arm der Moslembruderschaft, die „Partei für Frieden und Gerechtigkeit“.

08.08.2014: Schon bevor die Waffenruhe um 8 Uhr Ortszeit ausläuft, landen Raketen vom Gazastreifen in Israel. Die israelische Luftwaffe reagiert seit dem frühen Vormittag mit empfindlichen Schlägen. Berichten zufolge sind bis zum Abend 51 Raketen in Israel eingeschlagen, während das israelische Militär 47 Ziele angegriffen habe. Dabei seien ein 10 Jahre alter Junge und vier weitere Palästinenser getötet worden.

„Hamas“ begründet die Wiederaufnahme der Angriffe damit, dass keine Ergebnisse in Kairo erzielt worden seien. Die israelische Regierung bricht die Gespräche ab, nachdem sie eine Verlängerung der Feuerpause bis zum 11. August angeboten hatte. Die ägyptische Regierung appelliert an beide Parteien, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Nach Angaben der Behörden im Gazastreifen sind im Krieg mit Israel bisher 1.880 Palästinenser ums Leben gekommen. Etwa 11.000 Häuser und Wohnungen seien zerstört worden, heißt es von Seiten der Vereinten Nationen.

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In einem mit der „New York Times“ mit Thomas Friedman drückt US- Präsident Barack Obama seine Überzeugung aus, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu stark und der palästinensische Präsident Machmud Abbas zu schwach seien. Eine es für Netanjahu keinen Druck von innen gebe, so Obama, sei es schwer, ihn zu schmerhaften Kompromissen zu bewegen wie die Auflösung der Siedlungen und die Achtung des Friedensvertrags [?] mit den Palästinensern.

Als am Abend rund 50 Palästinenser aus dem Flüchtlingslager Al-Amari südlich von Ramallah Steine auf die jüdische Siedlung Psagot werfen, wird ein 22 Jahre alter Palästinenser von den israelischen Sicherheitskräften getötet. Israel kündigt die Untersuchung des Falles an.

Mehr als 15.000 jordanische Moslembrüder demonstrieren am Abend in Amman für „Hamas“ und gegen den israelischen Militäreinsatz. Dabei kommt es zu Rufen wie „Tod für Israel“.

Auf Anordnung von US-Präsident Barack Obama bombardieren Kampfflugzeuge Stellungen der IS-Terroristen im Norden Iraks und werfen Lebensmittel für die Flüchtlinge ab. Obama spricht von einer zeitlichen Befristung und begründet die Aktionen mit dem Schutz amerikanischer Militärberater in Erbil und zur Verhinderung eines zu befürchtenden „Völkermords“ . Eine Bodenoffensive sei nicht geplant, erklärt er. Aus den benachbarten Staaten Syrien , Türkei und Iran wechseln bewaffnete Kurden über die irakische Grenze.

07.08.2014: Palästinenser graben ein Baby in Gaza lebendig aus. Die Vertreter von „Hamas“ und „Islamischem Djihad“ bei den Gesprächen in Kairo drohen mit der Wiederaufnahme der Gewalt, weil greifbare Ergebnisse bislang ausgeblieben sind. Im www.reiner-bernstein.de 134 – Chronologie 2014

Interview mit dem ZDF warnt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass neue Kampfhandlungen von Israel militärisch beantwortet würden. Die Feuerpause endet offiziell am 08. August um 8 Uhr Ortszeit.

In seinem Kommentar berichtet Ari Shavit, dass bis zum Eintritt der Feuerpause am 05. August 3.356 Geschosse auf Israel niedergegangen seien, doch das 3.357 Geschoss habe für Israel den größten Schaden verursacht: die Bilder der Zerstörungen und der toten Kinder im Gazastreifen, die um die Welt gegangen seien. Für den Autor bleibt der Krieg dennoch gerechtfertigt, weil er gegen eine faschistische Organisation geführt worden sei, die ungerecht die benachbarte Demokratie angegriffen habe. Dabei habe sich Israel darum bemüht, ein Minimum an Schaden anzurichten178 .

Israels Finanzminister Yaiv Lapid teilt mit, dass die Kosten für die Militäroperation „Schutzschild“ im Staatshaushalt 2014 aufgefangen werden können, so dass keine Steuererhöhungen notwendig seien. Am 10. August wird gemeldet, dass das Verteidigungsministerium die Steigerung seines Etats um 3,2 Milliarden US-Dollar auf nunmehr 29 Milliarden US-Dollar erbitten werde – eine Steigerung um 17 Prozent .

Der deutsche, französische und britische Außenminister befürworten gegenüber Israel die Aktivierung der Grenzmission „European Union Border Assistance Mission (Eubam)“ an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten. Außerdem sollen eine künftige Vereinbarung zur Wiederbewaffnung von „Hamas“ und radikaler Gruppen im Gazastreifen sowie die Zerstörung von Tunnelanlagen international überwacht werden. Im Gegenzug wolle sich die Staatengemeinschaft in Zusammenarbeit mit der Autonomiebehörde

178 Ari Shavit: Das geheime Geschoss von Hamas, in „Haaretz“ 07.08.2014 (Hebr.).

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am Wiederaufbau im Gazastreifen beteiligen. „Eubam“ war seit dem 25. November 2005 im Einsatz und wurde nach der Machtübernahme des Gazastreifens durch „Hamas“ im Juni 2007 zeitweilig abgebrochen 179 . In der „Bild“-Zeitung begrüßt Israels Außenminister Avigdor Lieberman die deutsche Beteiligung im Gazastreifen zur Abwehr der „Hamas“.

Die radikal-sunnitische Terrorarmee „Islamischer Staat (IS)“ rückt im Norden Iraks weiter vor. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mittlerweile 1,2 Millionen Menschen auf der Flucht, vor allem Jeziden und Christen. Auch Kirkuk ist wegen seiner riesigen Erdöl- und Gasvorkommen umkämpft. Der UN-Sicherheitsrat verlangt die sofortige Einstellung der Angriffe der IS-Terroristen. Bei zwei Anschlägen in schiitischen Wohnvierteln in Bagdad werden 51 Menschen getötet. Erneut scheitert in der Hauptstadt die Wahl eines Ministerpräsidenten als Nachfolger des Amtsinhabers Nuri Al-Maliki. Der nächste Versuch soll am 10. August stattfinden.

06.08.2014: Die Terrorbanden des „Islamischen Staates“ erobern die nordirakische Stadt Mossul.

In seiner ersten Pressekonferenz nach dem Beginn der Feuerpause rechtfertigt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gegenüber ausländischen Journalisten noch einmal die „Operation Schutzschild“ und bezeichnet sie als angemessen. „Hamas“ vergleicht er mit dem „Islamischen Staat (IS)“ im Irak und „Boko Haram“ in Nigeria. „Hamas“ müsse ebenso von der Weltgemeinschaft geächtet werden.

179 EU bietet Hilfe zur Stabilisierung von Gaza an, in FAZ 07.08.2014, S. 1; Barak Ravid: EU powers propose: Gaza reconstruction in exchange for Hamas disarmament, in „Haaretz“ 07.08.2014.

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Die israelische Armee zieht 27.000 ihrer über 80.000 Soldaten aus dem Gazastreifen ab.

In Kairo tragen die palästinensische und die israelische Delegation ihre Forderung unter Einschaltung von Gesprächsvermittlern vor, zu den der Beauftragte des Nahost- Quartetts Tony Blair und der Sonderkoordinator der Vereinten Nationen für den Nahen Osten Robert Serry gehören.

Dazu drückt der Leitartikel von „Haaretz“ die Erwartung aus, dass Israel, Ägypten, die USA und die europäischen Staaten sich zusammenfinden müssten, um nach den Zerstörungen die wirtschaftliche Basis für die Bewohner des Gazastreifens zu schaffen. Zu den Voraussetzungen würden das Ende der Blockade, die Öffnung der Grenzübergänge, die Finanzmittel für den Bau eines Hafens gehören, die jedoch ohne einen politischen Horizont nicht vorankommen würden. Von Seiten Israels sei dafür zuerst die Anerkennung der palästinensischen Regierung der nationalen Einheit vonnöten und in ihr die gemeinsame Führung für die Verhandlungen zu sehen 180 .

Nach einer Umfrage vom 05. August, aus der „Haaretz“ heute berichtet, glauben 51 Prozent der Israelis, dass keine Seite den Krieg gewonnen habe, während 56 Prozent die Auffassung vertreten, dass die Tunnelanlagen im Gazastreifen nicht vollständig zerstört worden seien. 86 Prozent würden in Benny Gantz den besten Generalstabschef sehen, während Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Moshe Ya’alon von 77 Prozent unterstützt würden. Eine klare Mehrheit, heißt es in dem Bericht weiter, spreche

180 Mit den Nachbarn zusammenarbeiten, in „Haaretz“ 06.08.2014 (Hebr.).

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sie für die Wiederaufnahme der Gespräche mit dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas aus 181 .

Nach Medienberichten hat Saudi-Arabien der Armee des Libanon für den Kampf gegen die Djihadisten eine Milliarde US-Dollar zur Verfügung gestellt 182 .

In Kairo werden die Todesurteile gegen 12 Moslembrüder bestätigt, die im Sommer 2013 ergangen waren.

05.08.2014: Gemäß dem ägyptischen Vorschlag tritt am 8 Uhr Ortszeit eine auf 72 Stunden ausgelegte Waffenruhe im Gazastreifen ein. Nach der Zerstörung der letzten 32 Tunnelanlagen verlässt der letzte israelische Soldat den Gazastreifen. Seit dem 08. Juli, dem Beginn des Krieges, sind fast 1.900 Palästinenser sowie 64 Soldaten und drei Zivilisten aus Israel ums Leben gekommen. Die durch den krieg angerichteten Schäden im Gazastreifen sollen sich nach palästinensischen Schätzungen auf umgerechnet drei bis 4,5 Milliarden Euro belaufen.

Die israelische Regierung entsendet zu Gesprächen mit der PLO und mit „Hamas“ eine Verhandlungsdelegation nach Kairo.

Beim Besuch des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag trägt der palästinensische Außenminister Riad Al-Malki namens der Autonomiebehörde die Bitte vor, gegen Israel wegen Kriegsverbrechen im Gazastreifen ein Verfahren einzuleiten. Es

181 Yossi Verter: Haaretz survey: Israelis think neither side won conflict, but approve of PM’s decisions, in „Haaretz“ 06.08.2014.

182 Vgl. die Eintragung am 03.08.2014 in dieser Zeitleiste.

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würde eine Entscheidung des UN-Sicherheitsrates voraussetzen.

Nach Großbritannien unterbricht auch Spanien Waffenlieferungen nach Israel.

04.08.2014: Im Interview mit dem Morgenmagazin des „Deutschlandfunks“ führt der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn aus, dass sich Israel mit seinem militärischen Vorgehen im Gazastreifen nicht auf das Recht der Selbstverteidigung berufen könne. Die wiederholten Bombardierungen von UNRWA-Schulen seien „abstoßend“ , „unmenschlich“ und „ein Verbrechen“. Mit westlichen Waffen würde auf Menschen geschossen. Israels Armee maße „sich Rechte an, die gegen jede internationale Standards verstoßen“ . Ohne die „UN Relief and Works Agency“ wäre Israel nicht in der Lage, den Gazastreifen seit sieben Jahren im Belagerungszustand zu belassen. Jetzt werde der Küstenstreifen „zum Friedhof, wo die elementarsten Menschenwürden begraben werden“ . Asselborn fordert die Regierung in Jerusalem zu einem radikalen Umdenken auf: Palästina brauche einen Staat, sonst lebt Israel ja nicht in Sicherheit.

Israel beendet nach eigenen Angaben die Zerstörung der Tunnelanlagen und erklärt eine einseitige Waffenruhe für sieben Stunden zwischen 10 und 17 Uhr Ortszeit. Davon ausgenommen seien die Operationen des Militärs im Osten von Rafah. Außenminister Avigdor Lieberman schlägt vor, den Gazastreifen unter UN-Kontrolle zu stellen. Am selben Tag verwahrt er sich vor dem Außen- und Sicherheitspolitischen Ausschuss der Knesset gegen die Einbeziehung der Autonomiebehörde in politischen Regelungen für den Gazastreifen.

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Nach einer neuen Umfrage, sprechen sich 56 Prozent der jüdischen Israelis gegen einen Waffenstillstand mit „Hamas“ aus 183 .

Bei einem Luftangriff vor Beginn der ausgerufenen Feuerpause auf ein Flüchtlingslager bei Khan Younis stirbt ein 8 Jahre altes Mädchen. Israel beschuldigt die „Hamas“ des vereinzelten Bruchs der Waffenruhe durch 50-fachen Raketen- und Granatenbeschuss. In verschiedenen israelischen Städten werden die Alarmsirenen eingeschaltet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigt die Fortsetzung des Kampfes an, bis die Bürgers Israel sicher seien.

Die Zahl der palästinensischen Toten steigt über die Marke von 1.800. Am Nachmittag rammt in Jerusalem ein von einem Palästinenser gesteuerter Bagger einen Bus, tötet eine Person und wird von der Polizei erschossen. Ein Palästinenser auf dem Scopus-Berg, der auf einem Moped einen Anschlag verüben will, verletzt einen israelischen Soldaten. Nach dem Attentäter wird gefahndet.

Nach einem Bericht der hebräisch-sprachigen Internet-Ausgabe von „Haaretz“ bleiben die näheren Umstände des Todes von Hadar Goldin ungeklärt 184 . Der Kommentator weist in „Haaretz“ am 05. August darauf hin, dass den erweiterten Angriffen der „Operation Hannibal“ auf die Wohnbezirke in und um Rafah mit 130 bis 150 Toten zum Opfer gefallen seien, nachdem klar war, dass Goldin tot ist, also nicht als Geisel genommen wurde. Was haben der Generalstabschef und die Regierung gewusst, als sie

183 Vgl. die Eintragung am 27.07.2014 in dieser Zeitleiste.

184 Gili Cohen: Dutzende Unschuldige wurden bei der „Operation Hannibal” in der Region von Rafah getroffen, in „Haaretz“ 04.08.2014 (Hebr.).

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den Einsatzbefehl gaben? fragt der Kommentator 185 . In einem weiteren Beitrag führt Zvi Bar’el am 06. August in „Haaretz“ aus, dass nach den gültigen Standards der Verlust eines lebenden Menschen eher hinzunehmen sei, als ihn vom Feind gefangen nehmen zu lassen. Die „Operation Hannibal“ sei außerdem angeordnet worden, um internationale Einwände gegen die Militäroperation zu konterkarieren 186 . Am 20. August melden israelische Medien, dass Israel den Leichnam von Goldin verlange.

Die ägyptische Regierung fordert „Hamas“ und die anderen palästinensischen Fraktionen zu einem dreitägigen Waffenstilstand auf. Der Druck auf die israelische Regierung steigt, an den Vermittlungsgesprächen in Kairo teilzunehmen 187 .

Im Interview mit dem „Spiegel“ betont die an der Hebräischen Universität in Jerusalem lehrende Soziologin Eva Illouz, dass sie noch nie so viele Menschen getroffen habe, „die sich derart befremdet über ihr Land äußern. Säkulare Tel Aviver haben heute mit ihren religiösen Landsleuten in Jerusalem weniger gemein als mit jenen aus Berlin“ . Die Angst sei tief verwurzelt: „Angst vor der Schoah, Angst vor Antisemitismus, Angst vor dem Islam, Angst vor Terror, Angst vor Auslöschung. Egal wie stark oder wie wohlhabend Israel ist, diese Angst ist immer da.“ Jetzt würden diese Ängste von Politikern wie Benjamin Netanjahu zynisch instrumentalisiert. „Sie machen uns glauben, alle wollten uns zerstören: die Hamas, die Uno, Iran.“ Das Jüdische habe das Demokratische des Staates überlagert und die universellen Werte in Geiselhaft genommen. „Die einzige Antwort darauf wäre der Zusammenschluss derer, die die

185 Was geschah in Rafah?, in „Haaretz“ 05.08.2014 (Hebr.).

186 Zvi Bar’el: Albtraum und sein Name „Operation Hannibal“, in „Haaretz“ 06.08.2014 (Hebr.).

187 Vgl. die Eintragung am 02.08.2014 in dieser Zeitleiste.

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Demokratie verteidigen wollen. Denn es geht nicht mehr allein um rechts oder links, sondern um etwas viel Wichtigeres: um den Erhalt der Demokratie in Israel.“ Die rassistischen und faschistischen Elemente würden für Israel eine genauso große Gefahr wie die äußeren Feinde bedeuten. Illouz verhehlt nicht ihre Kritik an internationalen Protesten gegen den Krieg in und um Gaza, weil sie an Israel andere Maßstäbe anlegen würden als an Syrien, Irak und Nigeria. Auch die USA hätten eine recht verheerende Menschenrechtsbilanz außerhalb der eigenen Grenzen vorzuweisen 188 .

Die Machtkämpfe in Libyen steuern auf einen neuen Höhepunkt zu, wobei sie sich besonders auf die Beherrschung von Bengha żi, Tobruk und Misrata konzentrieren.

Die Behörden Ägyptens melden die Tötung von elf angeblichen Terroristen auf der Sinai-Halbinsel. Außerdem seien mehrere Autos und Motorräder ohne amtliches Kennzeichen sowie drei Tunnel zerstört worden.

Die Regierung des schiitischen Iran zeigt sich über die militärischen Erfolge des sunnitisch-extremistischen „Islamischen Staates (IS)“ im Norden Iraks zunehmend besorgt.

03.08.2014: Bei beim dritten Luftangriff auf eine UN-Schule bei Rafah sterben mindestens zehn Palästinenser. Die Sprecherin des „State Department“ Jen Psaki äußert sich empört und bezeichnet die „Bombardierung“ als „schändlich“ . Die

188 Julia Amalia Heyer: „Wir sind abgestumpft“ (Interview), in „Der Spiegel“ 04.08.2014, 84 ff.

www.reiner-bernstein.de 142 – Chronologie 2014

amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power nennt sie „erschreckend“ .

Die Zahl der palästinensischen Toten steigt auf 1.730, der der israelischen Soldaten auf 64. Die Raketen aus dem Gazastreifen werden in Israel vom Schutzschirm „Iron Dome“ abgefangen. Medien berichten, dass sich israelische Kampfeinheiten aus Teilen des Gazastreifens zurückgezogen haben, um sich als schnelle Eingreiftruppen neu zu gruppieren. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bedankt sich bei US-Präsident Barack Obama für dessen „sagenhafte Unterstützung“ („terrific support“).

Die „Jerusalem Post“ berichtet, dass sich alle palästinensischen Fraktionen auf die Bedingungen für einen Waffenstillstand geeinigt hätten:

1. Abzug des israelischen Militärs, Ende der Blockade, Freilassung der 56 Gefangenen 189 ,

2. Beginn des Wiederaufbauprozesses in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen im Rahmen einer internationalen Geberkonferenz,

3. Öffnung eines Verbindungskorridors zwischen dem Gazastreifen und der Westbank und

4. Gewährleistung einer 12 Seemeilen breiten Fischereizone vor der Küste des Gazastreifens 190 .

189 Vgl. zuletzt die Eintragung am 27.05.2014 in dieser Zeitleiste.

190 Reuters/Khaled Abu Toameh: Palestinian factions unanimously agree on main points of cease-fire deal, says official, in „The Jerusalem Post” 03.08.2014.

www.reiner-bernstein.de 143 – Chronologie 2014

Der Sprecher des israelischen Militärs erklärt am Morgen, dass der am 01. August bei einem Kampfeinsatz im Gazastreifen verschwundene 23 Jahre alte nunmehr Leutnant ernannte Hadar Goldin – Verteidigungsminister Moshe Ya’alon verwandt – tot sei. Nach einer DNA-Analyse unter religionsgesetzlicher Aufsicht werden Teile seines Leichnams am Nachmittag in Kfar Saba begraben. Netanjahu erklärt zuvor, dass Goldin „im Kampfeinsatz“ gefallen sei, und rückt damit indirekt von seiner Anklage ab, Goldin sei lebend „entführt“ worden. Diese Behauptung war die Begründung für die „Operation Geiselbefreiung“ in und um Rafah.

In einem Brief an die jüdischen Gemeinden in aller Welt dankt Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu allen für die „Unterstützung unseres gerechtfertigten Kampfes, um nachhaltig Frieden und Sicherheit für alle Israelis zu schaffen. Ich bitte Sie, weiterhin Ihre Stimme laut vernehmlich gegen Lügen und Hetze gegen den Jüdischen Staat zu erheben.“

In einem Beitrag für die „Welt am Sonntag“ fordert Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier eine langfristige Lösung für den Gazastreifen. „Dauerhaft wird der Waffenstillstand nur sein, wenn Gaza nicht länger Waffenlager für die Hamas ist und wenn die Lebensbedingungen der Menschen im Gazastreifen nachhaltig verbessert werden. Nachhaltig wird der Waffenstillstand nur sein, wenn die Palästinensische Autonomiebehörde die Regierungsgewalt auch im Gazastreifen übernimmt und die Grenzkontrolle wieder in ihre Hände zurückgegeben wird.“ Der Präsident der Europäischen Union José Manuel Barroso und der EU- Ratspräsident Herman Van Rompuy verlangen das sofortige Ende des „Blutvergießens“ und betonen die Bereitschaft, die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern und den www.reiner-bernstein.de 144 – Chronologie 2014

Wiederaufbau im Gazastreifen zu unterstützen. Der Nahost- Beauftragte des Nahost-Quartetts Tony Blair und der stellvertretende US-Außenminister Robert Burns treffen in Kairo ein.

Am Abend passieren 186 Lastwagen den Übergang von Kerem Shalom in den Gazastreifen mit Nahrungsmitteln, Wassertanks, Pumpen, Arzneimitteln und Kleidung. Außerdem liegen Genehmigungen für die Lieferung 180.000 Liter Benzin und 87,8 Tonnen Gas vor. Am Kontrollpunkt Ere ż wird 24 Palästinensern die Einreise nach Israel zu medizinischer Behandlung genehmigt.

Ein großes Polizeiaufgebot bricht die gegen den Krieg gerichtete Kundgebung auf dem „Habimah“-Platz in Tel Aviv ab, weil sie illegal sei. Es drängt die Demonstranten in eine Nebenstraße ab und nimmt 14 Personen vorübergehend fest. Die Demonstranten können auf dem Meir-Park ihre Kundgebung fortsetzen.

„Spiegel online“ berichtet, dass die Telefongespräche von US- Außenminister John Kerry während der neun Monate andauernden Verhandlungen um ein Rahmenabkommen vom israelischen Geheimdienst abgehört worden seien. Aus Washington liegt zunächst keine Stellungnahme vor 191 .

Rebellen von der sunnitischen „Al-Nusra-Front“ in Syrien dringen über die Grenze Libanons in die Stadt Arsal in der Beka’a-Ebene vor, nachdem einer ihrer Kommandeure dort festgenommen wurde. Bei den Kämpfen sollen inzwischen 20 libanesische Soldaten getötet worden sein.

191 Israel hörte Telefonate von Außenminister Kerry ab, in „Spiegel online“ 03.08.2014.

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02.08.2014: Bei Angriffen des israelischen Militärs in der Nacht zum 02. August auf das Umfeld von Rafah am Grenzübergang zu Ägypten sollen mindestens 75 Palästinenser ums Leben gekommen sein. Tagsüber landen 86 Raketen in Israel, ohne nennenswerten Schaden anzurichten.

Die israelische Regierung entscheidet, keine Delegation zu weiteren Gesprächen nach Kairo zu entsenden, sondern selbst darüber zu befinden, wann sie den Waffengang einstellen will. Am Abend erklärt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass Israel um Schutz seiner Bürger die Militäraktion über das Datum der Zerstörung der Tunnelanlagen, die in den kommenden 24 Stunden abgeschlossen werden solle, fortsetzen werde. Alle Optionen würden auf dem Tisch liegen, fügt Netanjahu hinzu, der sich zuvor Ratschläge aus Washington verbeten hatte. Auch „Hamas“ kündigt die Fortsetzung des Krieges an.

Yossi Verter schreibt in „Haaretz“, dass Benjamin Netanjahu im Kabinett vor allem durch Wirtschaftsminister Naftali Bennett und Außenminister Avigdor Lieberman heftig kritisiert werde, weil er im Kampf gegen „Hamas“ zu zögerlich sei und wiederholt von einer „humanitären Feuerpause“ gefaselt habe. Beide Minister könnten sich mit ihren Vorhaltungen auf die Stadtverwaltungen im Süden Israels, auf den Kommandeur des südlichen Frontabschnitts und auf die überwältigende Mehrheit der Öffentlichkeit berufen. Vor allem Bennetts Partei „Das jüdische Haus“ sei für Netanjahu und seinen „Likud“ zur größten Herausforderung geworden 192 .

192 Yossi Verter: Without a resounding Gaza ‘victory,’ Netanyahu faces political disaster, in „Haaretz “ 01.08.2014.

www.reiner-bernstein.de 146 – Chronologie 2014

In der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Renzi in Kairo wirbt Staatspräsident Abdel Fatah Al-Sisi für den ägyptischen Entwurf einer Waffenruhe zwischen Israel und der „Hamas“ 193 .

Unter dem bezeichneten Titel „Am Ende der Fähigkeiten“ berichtet Eckart Lohse in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, es habe auf der Kabinettssitzung der Bundesregierung am 30. Juli unter Leitung von SPD-Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel einen kurzen Lagebericht über die Lage im Gazastreifen ohne politische Schlussfolgerungen gegeben. Nach den Worten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier müsse alles getan werden, um zivile Opfer zu vermeiden und das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Bei seinen kürzlichen Gesprächen in der Region habe er deutlich gemacht, dass er „Deutschland nicht in einer Vermittlerposition“ sehe. In Berlin halte man den deutschen Einfluss für nicht allzu groß, schreibt Lohse weiter, doch solle man nach Auskunft von regierungsnahen Kreisen nicht unterschätzen, „was wir da tun und auch tun können“ 194 . Politische Konsequenzen werden in den Bericht nicht angedeutet.

Ägyptische Journalisten und Autoren bekunden in einer Erklärung „Die Verteidigung der Freiheit des Gazastreifens ist die unsere“ ihre Solidarität mit den Palästinensern und rufen alle Parteien des Landes auf, den Widerstand mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen. Zu den auch in Deutschland bekannten Autoren gehört George Isaac, der zu den Gründern der Bewegung „Kefaya! (Genug!)“ gegen Hosni Mubarak gehörte.

01.08.2014:

193 Vgl. zuletzt die Eintragung am 27.07.2014 in dieser Zeitleiste.

194 Eckart Lohse: Am Ende der Fähigkeiten, in FAZ 02.08.2014, S. 8.

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Die zwischen Israel und „Hamas“ vereinbarte 72-stündige Feuerpause scheitert. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig für den Bruch. Die Regierung in Jerusalem hatte sich nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu das Recht vorbehalten, die Zerstörung der Tunnelanlagen fortzusetzen. Sollte das Militär dabei angegriffen werden, werde es zurückschießen.

Bei der vergeblichen Befreiung eines israelischen Soldaten aus einem Tunnel im Kampfeinsatz kommen zwei Israelis zu Tode. Israel setzt alle militärischen und diplomatischen Hebel in Bewegung, um den 23 Jahre alten Hadar Goldin aufzufinden. Der militärische Arm von „Hamas“, die „Ezzedin Al-Qassem- Brigaden“, bestreiten, Kenntnis von der Entführung zu haben. Amir Oren in „Haaretz“ vermutet, dass Netanjahu nichts anderes übrigbleiben werde, als – wie in früheren Fällen – palästinensische Gefangene freizulassen, um an Goldin heranzukommen 195 . Nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 02. August liegt der Knesset ein Gesetzentwurf vor, der es der Regierung einen Austausch sehr schwach machen solle 196 .

Die Zahl der palästinensischen Toten steigt auf über 1.500; allein an diesem Tag sollen 40 Palästinenser ums Leben gekommen sein. Nach internationalen Medienberichten ist in den Krankenhäusern das totale Chaos ausgebrochen. Tote können nicht beerdigt werden, Tierkadaver bleiben auf den Straßen und Feldern liegen. In einigen Gegenden bricht die ansteckende Krätze aus.

195 Amir Oren: Goldin in Captivity: Third act of Gaza op begins, in „Haaretz“ 31.07.2014.

196 Hans-Christian Rößler: Ein folgenschwerer Angriff, in FAZ 02.08.2014, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 148 – Chronologie 2014

US-Außenminister John Kerry hatte am frühen Morgen die Erwartungen an die Einhaltung der Feuerpause gedämpft. Sie sei keine Lösung, sondern eine Chance, um eine Lösung zu finden. In einer gemeinsamen Erklärung mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und dem Sonderkoordinator der Vereinten Nationen für den Nahen Osten Robert Serry wurden die Parteien zur Einhaltung der Vereinbarung und zu größter Zurückhaltung während der kommenden 72 Stunden aufgefordert. Kerry macht „Hamas“ für die Fortsetzung des Krieges verantwortlich. Nach seinen Worten hat sie sich einer „empörenden Verletzung der Waffenruhe“ schuldig gemacht.

Die ägyptischen Grenzbehörden weigern sich, bei Rafah Flüchtlinge aus dem Gazastreifen in die Sinai-Halbinsel überwechseln zu lassen.

Die Vermittlungsgespräche in Kairo sollen am Abend des 02. August fortgesetzt werden. Der palästinensische Präsident Machmud Abbas will auf alle Fälle daran teilnehmen.

Am Abend billigt nach dem US-Senat auch das Repräsentantenhaus eine Soforthilfe über 225 Millionen US- Dollar für Israel zur Anschaffung des Raketen-Abwehrsystems „Iron Dome“. Die Entscheidung fällt mit 395 zu 8 Stimmen.

In einem ausführlichen Interview mit Christoph Heinemann betont der Mitbegründer der israelischen Gruppe „Breaking the Silence“ Yehuda Shaul im „Deutschlandfunk“, dass über der Vereinbarung das Große und Ganze nicht vergessen werden dürfe. Natürlich sei „Hamas“ eine Terrororganisation, doch laute die Frage, wie Israel darauf antworten solle. Israel habe das Recht auf Selbstverteidigung, aber nicht um den Preis, „Häuser in die Luft zu sprengen, in denen sich ganze Familien aufhalten“ . Auf die Frage, ob die Menschen in Israel die www.reiner-bernstein.de 149 – Chronologie 2014

Wahrheit erfahren wollen, antwortet Shaul, dass es eine gewalttägige und düstere Atmosphäre gebe: „Leute, die gegen den [Militär]- Einsatz protestieren, werden verprügelt. Das verdeutlicht den moralischen Tiefstand, den wir erreicht haben. Und dies sind nicht nur ein paar Verrückte. So ereifert man sich ganz oben in der Regierung. Minister fordern, wir müssten ganze Stadtviertel in Gaza ausradieren. Eine Aufwiegelung von oben.“ Das Wort „Frieden“ habe seine Bedeutung verloren. „Bibi Netanjahu möchte Frieden, Naftali Bennett möchte Frieden. Hamas möchte Frieden. Die Frage lautet nicht, ob wir Frieden wollen. Die Frage lautet, ob wir die Besatzung beenden wollen. Ob wir unseren Nachbarn, den Palästinensern, dieselben Rechte einräumen wollen, die wir für uns beanspruchen. Nicht einen Millimeter mehr und nicht einen Millimeter weniger.“ http://www.deutschlandfunk.de/gaza-krieg-wir-brauchen-das-ende- der-besatzung-und-einen.694.de.print?dram:article_id=293273

Die Nachrichtenagentur „Agence France Press“ meldet aus Paris, dass das Innenministerium den Ableger der „Jewish Defense League“ verbieten will. Sie war von dem aus New York stammenden Meir Kahane gegründet worden, dessen Partei „Kach! (So!)“ vom Obersten Gerichtshof in Israel mit einem Verbot belegt worden war, nach einer Legislativperiode wegen ihres rassistischen Programms erneut für die Knesset zu kandidieren. Im November 1990 wurde Kahane in New York von einem arabischen Schützen getötet. Wenige Stunden später wurden daraufhin zwei unbeteiligte Palästinenser, eine Frau und ein Mann, in einem Dorf bei Nablus von „Kach“-Mitgliedern ermordet.

Juli 2014

31.07.2014: www.reiner-bernstein.de 150 – Chronologie 2014

Israel beruft weitete 16.000 Reservisten ein, so dass sich die Gesamtzahl der im Einsatz befindlichen Soldaten auf 86.000 erhöht.

Die Zahl der palästinensischen Toten steigt auf 1.442. Auf israelischer Seite werden fünf Soldaten an der Grenze zum Gazastreifen durch Mörsergranaten getötet.

Ungeachtet der zahlreichen Appelle zu einer sofortigen humanitären Waffenruhe erklärt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass Israel die Militäroffensive bis zur vollständigen Zerstörung der Tunnelanlagen fortsetzen werde, mit und ohne Waffenstillstand. Im Telefonat mit Verteidigungsminister Moshe Ya’alon wiederholt sein US-amerikanischer Amtskollege Chuck Hagel, dass die Vereinigten Staat nach wie vor „die Sicherheit Israels unterstützen und sein Recht auf Verteidigung“ . Gleichzeitig äußert Hagel die „anhaltende Sorge“ über die steigende Zahl der Toten unter der palästinensischen Zivilbevölkerung und über die Verluste in Israel. Der UN- Sicherheitsrat kommt zu einer nichtöffentlichen Sitzung zusammen. Die Hochkommissarin des UN- Menschenrechtsausschusses Navi Pillay beschuldigt beide Seiten der Kriegsverbrechen.

Mit Zustimmung Washingtons bedient sich die Regierung in Jerusalem der in Israel lagernden Waffenarsenale mit Panzergranaten und Leuchtmunition für Bodeneinsätze im Gazastreifen. Der Kongress genehmigt eine dreistellige US- Milliarden-Hilfe für Israel. Im Blick auf die Sanktionen gegenüber Russland hat Präsident Barack Obama am späten 29. Juli in Washington erklärt, dass die USA „meinen, was sie sagen und die internationale Gemeinschaft weiter antreiben werden, für die www.reiner-bernstein.de 151 – Chronologie 2014

Rechte und Freiheiten der Völker auf der ganzen Welt einzustehen“ 197 .

30.07.2014: Das israelische Militär kündigt eine 4-stündige Waffenruhe an, die im 15 Uhr beginnen solle. „Hamas“ weist sie zurück, weil sie nicht in den Zonen gelte, in denen israelische Soldaten operieren. Am Nachmittag kommen 15 Menschen bei einer israelischen Artilleriesalve auf einem Markt bei Gaza-Stadt ums Leben. Palästinensischen Angaben zufolge sterben am heutigen Tag 80 Menschen, so dass sich die Gesamtzahl auf etwa 1.400 erhöhe. Außerdem werden drei israelische Soldaten durch Sprengfallen bei Khan Yunis im Süden des Gazastreifens getötet, so dass die Zahl ihrer Toten sich auf 56 erhöht.

Der palästinensische Präsident Machmud Abbas betont, dass niemand aus Ramallah zu neuen Vermittlungsgesprächen nach Kairo fahren werde, solange kein Waffenstilstand erreicht sei. Er ruft für den Gazastreifen den Katastrophennotstand aus.

Unter Verweis auf den Generaldirektor Nissim Ben Shetrit berichtet „Haaretz“, dass das Jerusalemer Außenministerium Ministerpräsident Benjamin Netanjahu empfohlen habe, eine Resolution in den UN-Sicherheitsrat einzubringen, um die israelischen Interessen zu stärken und die Legitimität von „Hamas“ zu schwächen.

Das Deutsche Rote Kreuz beschuldigt Israel und „Hamas“ der Verletzung von Menschenrechten.

197 David Hesse: Anführer der Welt, in „Süddeutsche Zeitung“ 31.07.2014, S. 7.

www.reiner-bernstein.de 152 – Chronologie 2014

Die US-amerikanische Botschaft in Tel Aviv gibt nach Medienberichten seit dem 11. Juli nur noch in dringenden Fällen Einreisevisa für israelische Staatsbürger aus. In der Begründung heißt es, dass eingehende Überprüfungen der Anträge aufgrund der personellen Verknappungen nicht möglich seien. Bisherige Antragsteller, die Verabredungen in den USA eingegangen seien, sollten diese verschieben und um einen neuen Termin bitten 198 .

29.07.2014: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigt die Fortsetzung der Militäraktion „Fels in der Brandung“ an und erklärt gegenüber US-Außenminister John Kerry, dass das Militär zum Schutz der eigenen Bevölkerung und zur „Neutralisierung“ der Tunnelanlagen im Gazastreifen seine Mission zu Ende bringen werde.

Bei den bisher schwersten Angriffen zerstört das Militär das einzige Kraftwerk im Gazastreifen, das ein Drittel der Stromversorgung liefert – der Rest wird aus Israel bombardiert – es bombardiert den TV-Sender „Al-Aqza“ und Regierungsgebäude sowie das leere Haus des „Hamas“- Ministerpräsidenten Ismail Haniyeh. Nach dem Tod von 23 Palästinensern – nach Angaben von „Hamas“ sind es über 100 – steigt die Zahl auf über 1.200. In den vergangenen 24 Stunden werden zehn israelische Soldaten im Gazastreifen und im Grenzgebiet getötet. Raketen landen bis knapp vor Haifa.

Am Nachmittag weist „Hamas“ die Erklärung des Generalsekretärs der PLO Yasser Abed Rabbo für eine 24- stündige Waffenpause zurück. Die Regierung in Jerusalem lässt

198 Michal Ramati and Ora Coren: U.S. embassy issuing virtually no visas to wartime short staff, in „Haaretz“ 30.07.2014, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 153 – Chronologie 2014

erklären, dass sie nur ein direktes Angebot der „Hamas“ zu einer Feuerpause akzeptieren werde. Netanjahu telefoniert mit mehreren westlichen Staats- und Regierungschefs, um sie – wie es in Korrespondentenberichten heißt – auf eine Besetzung des Gazastreifens vorzubereiten.

In der Nacht zum 30. Juli wird erneut eine UNRWA-Schule im Flüchtlingslager Jebalya bombardiert, wobei mindestens 15 Menschen getötet werden, darunter fünf UN-Mitarbeiter. Das Weiße Haus in Washington verurteilt am 30. Juli den Angriff auf die Schule. Das Weiße Haus bezeichnet die Bombardierung am 01. August als „völlig inakzeptabel und völlig daneben”. Die „UN Relief and Works Agency“ unterhält im Gazastreifen 245 Schulen und 22 Gesundheitsdienste.

In der Homepage seines Ministeriums wird Außenminister Frank- Walter Steinmeier mit den Prognosen zitiert: „Dauerhaft wird der Waffenstillstand nur sein, wenn Gaza nicht länger Waffenlager für die Hamas ist und wenn die Lebensbedingungen der Menschen im Gazastreifen nachhaltig verbessert werden. Nachhaltig wird der Waffenstillstand nur sein, wenn die Palästinensische Autonomiebehörde die Regierungsgewalt auch im Gazastreifen übernimmt und die Grenzkontrolle wieder in ihre Hände zurückgegeben wird.“ Bei seinem letzten Besuch bei israelischen Soldaten als Staatspräsident vertritt Shimon Peres, dass der Gazastreifen der Autonomiebehörde zurückgegeben werden müsse, nachdem er ihr 2005 von „Hamas“ weggenommen worden sei.

Der Ethik-Ausschuss der Knesset untersagt der arabischen Abgeordneten Hanin Zuabi für sechs Monate das Rederecht und die Mitwirkung in Ausschüssen des Parlaments 199 .

199 Vgl. die Eintragung am 25.07.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 154 – Chronologie 2014

Auf eine Synagoge in Wuppertal werden in der Nacht zum 29. Juli Brandsätze geschleudert. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion der LINKEN geht hervor, dass die Polizei 37 Delikte gegen Moscheen und islamische Einrichtungen im Jahr 2013 registrierte.

28.07.2014: Die Nacht im Gazastreifen verläuft erstmals relativ ruhig. In der Nähe von Ashkelon landet eine Rakete. In Khan Younis im Süden des Gazastreifens sterben bei israelischen Angriffen drei Palästinenser. Beim Beschuss seitens eines israelischen Panzers stirbt ein vierjähriger Palästinenser im Norden des Gazastreifens. Bislang sind 1.072 Palästinenser und 53 Israelis – darunter drei Zivilisten – getötet worden.

Am frühen Morgen verlangt eine präsidentielle Erklärung des UN-Sicherheitsrates unter Leitung des polnischen Botschafters die sofortige und bedingungslose Einstellung der Gewalt und fordert einen umfassenden Frieden im Rahmen zweier Staaten. Die zur Sitzung eingeladenen Botschafter Palästinas und Israels zeigen sich unzufrieden. Der italienische Botschafter kritisiert im Namen der Europäischen Union, dass die Erklärung die Verantwortung der „Hamas“ und das Recht Israels auf Selbstverteidigung nicht erwähne.

Die Sprecherin des State Department Jen Psaki verwahrt sich gegen die israelische Kritik, dass sich US-Außenminister John Kerry um eine Waffenruhe bemühe. Der israelische Botschafter in Washington versucht die Wogen zu glätten. Am 26. Oktober wird gemeldet, dass die schlechten Beziehungen zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Präsident www.reiner-bernstein.de 155 – Chronologie 2014

Barack Obama für Dermer zur Folge haben, dass ihm der Zugang zur US-Administration versperrt sei 200 .

In einem Kommentar bezeichnet Ari Shavit in „Haaretz“ Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Moshe Ya’alon als „territoriale Fakten“ und „operative Tauben“ 201 .

27.07.2014: Nach den Raketensalven aus dem Gazastreifen nimmt das israelische Militär seine Offensive um 12 Uhr wieder auf. Für 13 Uhr kündigt „Hamas“ die Einstellung ihrer Angriffe für 24 Stunden an. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weist die Ankündigung zurück und erklärt, dass der ägyptische Entwurf für eine Waffenruhe 202 das einzige gültige Angebot sei. Dass die Sprengung von Tunnelanlagen fortgesetzt wird, wird mit Raketen auf israelisches Territorium beantwortet. Die Zahl der israelischen Toten steigt auf 40.

In einem Telefonat mit Benjamin Netanjahu verlangt US- Präsident Barack Obama das Ende der Gewalt 203 .

Nach einer Blitzumfrage unter der hebräisch-sprachigen Bevölkerung Israels lehnen 86,5 Prozent einen Waffenstillstand ab.

200 Barak Ravid: White House humiliates Ya’alon as visit ends, in „Haaretz“ 26.10.2014, S. 1.

201 Ari Shavit: Reckless Kerry risks causing an escalation, in „Haaretz“ 28.07.2014, S. 1 f.

202 Vgl. die zuletzt die Eintragung am 15.07.2014 in dieser Zeitleiste.

203 Barak Ravid:Obama to Netanyahu: Cease fire now, in „Haaretz“ 28.07.2014, S. 1.

www.reiner-bernstein.de 156 – Chronologie 2014

Im Gegensatz zu dem arabischen Schriftsteller Sayed Kashua 204 kann sich sein jüdischer Kollege Etgar Keret nicht vorstellen, außerhalb Israels zu leben 205 .

26.07.2014: Israel und „Hamas“ stimmen einer 12-stündigen Feuerpause zu. Sie soll am Morgen um 8 Uhr in Kraft treten. Zumindest bis zum Mittag hält sie an. Nach palästinensischen Angaben werden aus den Trümmern im Gazastreifen 150 Leichen geborgen, so dass sich die Zahl der Toten auf über 1.000 erhöht. Auf israelischer Seite werden bislang 37 Tote gemeldet, am Nachmittag wird die Zahl auf 46 – darunter drei Zivilisten – korrigiert. Während „Hamas“ nach der Verlängerung der Feuerpause um 24 Uhr den Raketenbeschuss wiederaufnimmt, verlängert sie Israel einseitig bis 23 Uhr am 27. Juli. „Hamas“ beschuldigt Israel, seine Soldaten der Bodenoffensive nicht aus dem Gazastreifen zurückzuziehen und dort weiterhin Tunnelanlagen zu zerstören.

Ohne israelische, palästinensische, ägyptische und jordanische Beteiligung treffen in Paris die Außenminister aus Frankreich , Deutschland , Italien , Spanien , der Türkei , aus Qatar , den USA sowie der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton zusammen, um über den Konflikt in und um den Gazastreifen zu beraten. Sie kommen über den Appell zugunsten einer Waffenruhe nicht hinaus. Der diplomatische Korrespondent von „Haaretz“ Barak Ravid bezeichnet die Zusammenkunft als surreal 206 und fügt am 29. Juli hinzu, US-Außenminister John Kerry habe

204 Vgl. die Eintragung am 04.07.2014 in dieser Zeitleiste.

205 Etgar Keret: ‘It’s hard to even consider the idea of not living here’, in „Haaretz“ 27.07.2014, S. 6.

206 Barak Ravid: Kerry’s latest cease-fire plan: What is he thinking?, in „Haaretz“ 27.07.2014.

www.reiner-bernstein.de 157 – Chronologie 2014

eingestanden, dass die Beiziehung der „Hamas“- Sympathisanten Türkei und Qatar zu der Sitzung ein Fehler gewesen sei 207 .

Unter der organisatorischen Leitung von „Chadash – Demokratische Front für Frieden und Gleichheit“, dem Forum von Eltern („Parents Circle Bereaved Families“), die ihre Kinder bei Terrorangriffen verloren haben, und der „Combattants for Peace“ sprechen bei der bisher größten Demonstration gegen den Krieg am Abend auf dem Yitzhak-Rabin-Platz Habimah-Theater in Tel Aviv mit knapp 7.000 Teilnehmern von den auch im Ausland bekannten Persönlichkeiten („Chadash“) und die Soziologin Eva Illouz zu den Versammelten. Nach dem Ende der Kundgebung werden die Teilnehmer von Extremisten mit Pfefferspray und mit dem Knauf von Israel-Fahnen unter den Rufen „Tod den Arabern und den Linken“ angegriffen.

Die Spannungen zwischen Ägypten und der Türkei halten an, nachdem Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo ğan den ägyptischen Staatspräsidenten Abdel Fatah Al-Sisi als Diktator bezeichnet hat. Ankara zieht seinen Botschafter aus Kairo ab.

Angesichts der dramatischen Zuspitzungen fordert die Bundesrepublik alle deutschen Staatsbürger auf, Libyen zu verlassen.

„Turkish Airlines“ nimmt die Flüge nach Israel wieder auf.

25.07.2014:

207 Barak Ravid: Kerry made as huge mistake – but he got the message, in „Haaretz“ 29.07.2014.

www.reiner-bernstein.de 158 – Chronologie 2014

Bei schweren Demonstrationen mit 10.000 Menschen werden auf dem Marsch nach Jerusalem in der Nähe des Checkpoints Qalandia zwei Palästinenser getötet, zwei weitere in Huwara und drei in Beit Omar. Im Gazastreifen steigt die Zahl der palästinensischen Toten auf über 200, die der israelischen Soldaten auf 136, wovon einer wahrscheinlich durch „friendly fire“ getötet wurde. Der als vermisst gemeldete Soldat Shaul Oron wird für tot erklärt; der Ort seines Leichnams ist unbekannt208 . „Hamas“ setzt seine Angriffe auf den Raum Tel Aviv fort. Der israelische Abwehrschirm „Iron Dome“ soll über 160 Raketen abgefangen haben.

Die „Hamas“-Führung übermittelt den USA, der Arabischen Liga und ausgewählten anderen Staaten einen Vorschlag für eine Waffenruhe mit den Forderungen der Öffnung der Grenzen des Gazastreifen nach Israel und Ägypten, der Bewegungsfreiheit für seine Bewohner, die Freilassung der 56 Gefangenen, die für den israelischen Soldaten Gilad Shalit ausgetauscht und dann erneut festgenommen wurden 209 , der Genehmigung des Fischfangs innerhalb der international üblichen 12 Seemeilen sowie der Öffnung einer Verbindungslinie zwischen dem Gazastreifen und der Westbank. „Fatah“ und andere palästinensische Fraktionen rufen zu einem „Tag des Zorns“ in der Westbank und in Ost-Jerusalem auf, „Hamas“ verlangt die Auslösung einer dritten „Intifada“. In Israel werden Stimmen laut, dass eine neue „Intifada“ ohne politische Fortschritte unausweichlich sei 210 .

208 Vgl. dazu die Eintragung am 21.07.2014 in dieser Zeitleiste.

209 Vgl. dazu die letzte Eintragung am 17.07.2014 in dieser Zeitleiste.

210 Anshel Pfeffer. A Third Intifada? Perhaps, but not quite yet, in „Haaretz“ 25.07.2014, S. 5.

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US-Außenminister John Kerry bemüht sich nach wie verzweifelt um eine zumindest vorübergehende Waffenruhe, wobei er dem Vernehmen nach einer Feuerpause für eine israelische Präsident im Gazastreifen plädiert, damit die dortigen Tunnelanlagen zerstört werden könnten. Dennoch lehnt das israelische Sicherheitskabinett am frühen Abend Kerrys Vorstellungen ab. Die palästinensische Seite äußert sich offiziell bisher nicht.

Bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte proklamiert der Generalsekretär der libanesischen „Hisbollah“ Hassan Nasrallah die Solidarität mit dem palästinensischen Kampf gegen Israel. Unter Beteiligung von Staatspräsident Hassan Rouhani demonstrieren in Teheran Hunderttausende am 1979 von Ayatollah Khomeini eingeführten „Al-Quds-Tag“ gegen Israel. Auch in Istanbul und Ankara kommt es zu Kundgebungen gegen Israel. In Paris verbietet die Polizei unter Verweis auf frühere Erfahrungen eine Israel-feindliche Demonstration.

Demonstranten in Tel Aviv gegen den Krieg im Gazastreifen besorgen sich Tränengas, weil sie bei den Kundgebungen am 26. Juli Zusammenstöße mit Rechtsextremisten befürchten.

Die israelische Armee nimmt die Untersuchungen gegen die arabische Knesset-Abgeordnete Hanin Zuabi („Balad – Nationaldemokratische Liste“) auf, der die Aufwiegelung zur Gewalt vorgeworfen wird. Es ist nicht bekannt, dass gegen jüdische Israelis nach ihren Rufen „Tod den Arabern!“ Verfahren eingeleitet wurden. Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein stellt kurz darauf das Verfahren ein.

Die deutsche „Lufthansa“ mit ihren Tochtergesellschaften „Germanwings“, „Austrian Airlines“ und „Swiss“ sowie „Air Berlin“ www.reiner-bernstein.de 160 – Chronologie 2014

kündigen für den 26. Juli die Wiederaufnahme der Flüge nach Tel Aviv an.

24.07.2014: Israel bestätigt den Angriff auf eine UNWRA-Schule in Beit Hanoun (Gazastreifen), bei dem 15 Palästinenser, überwiegend Frauen und Kinder, getötet wurden. Es macht geltend, dass er angekündigt worden sei, so dass das Gebäude vorher hätte geräumt werden können.

Untersuchungen ergeben, dass die drei am 12. Juni entführten Yeshiva-Schüler Naftali Fraenkel, Gilad Sha‘ar und Eyal Yifrach nicht von „Hamas“ umgebracht wurden. Nach ihrer Ermordung hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gedroht, dass „Hamas“ dafür schwer bestraft werde.

Nach einem Bericht in „Spiegel-online“ hat der beamtete Staatssekretär im Berliner Auswärtigen Amt Markus Ederer auf der Sitzung des Auswärtigen Amtes des Bundestages die israelischen Luftschläge als „unverhältnismäßig“ kritisiert. Einige Abgeordnete zeigten sich erstaunt über die Distanzierung, nachdem die Bundesregierung bislang vor allem die Position des Rechts Israels auf Selbstverteidigung vorbehaltlos unterstützt hatte.

Mit einer kleinen Zeremonie in der Knesset wird Reuven Rivlin („Likud“) am Abend als 10. Staatspräsident Israels vereidigt. Er übernimmt in der Nachfolge von Shimon Peres am 28. Juli die Amtsgeschäfte. In seiner Ansprache betont er, dass er der Präsident für „Juden, Araber, Drusen, Religiöse und Nichtreligiöse“ sein wolle.

Das Parlament des Irak wählt in Bagdad mit großer Mehrheit den kurdischen Politiker Fuad Massum zum neuen Staatspräsidenten. Massum tritt die Nachfolge von Djalal Talabani an. Nach Angaben www.reiner-bernstein.de 161 – Chronologie 2014

der UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe Jacqueline Badcock hat die Terrororganisation „Islamischer Staat (IS)“ damit mit der Genitalverstümmelung aller Mädchen und Frauen zwischen 11 und 46 Jahre gedroht.

23.07.2014: Im Leitartikel warnt „Haaretz“ vor einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen zwischen Juden und Arabern in Israel auf dem Hintergrund des Konflikts in und um den Gazastreifen, nachdem Außenminister Avigdor Lieberman zum Boykott arabischer Geschäfte aufgerufen hat und von rechtsextremistischer jüdischer Seite Aufforderungen zur Gewalt lautgeworden sind. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die dunklen Kräfte die Kluft vertieft und die wichtige Partnerschaft in Stücke reißt, welche die Grundlage des Lebens in Israel ist“ , lautet die Quintessenz des Kommentars 211 .

Staatspräsident Shimon Peres beschwert sich über die Einstellung der Flüge internationaler Linien nach Tel Aviv und fordert, dass stattdessen die Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel gestoppt werden sollten.

Brasilien ruft seinen Botschafter aus Israel zurück und verurteilt den unangemessenen Einsatz von Gewalt im Gazastreifen.

Die Hochkommissarin des UN-Menschenrechtsausschusses Navi Pillay äußert in einem Brief an die Mitgliedsstaaten die Befürchtung von Kriegsverbrechen des israelischen Militärs im Gazastreifen und fordert eine internationale Untersuchung 212 .

211 The deepest scar, in „Haaretz“ 24.07.2014, S. 5.

212 Letter from High Commissioner of UN Human Rights Council: Human Rights Situation in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem, 23 July 2014. www.reiner-bernstein.de 162 – Chronologie 2014

UN-Angehörige bestätigen, dass Raketen in einer Schule der UNRWA in Gaza-Stadt gefunden worden seien. Der UN- Sicherheitsrat entscheidet, eine Untersuchungskommission unter Vorsitz des Kanadiers William Schabas zu beauftragen, den Vorwurf der Menschenrechtsverletzungen in den palästinensischen Gebieten einschließlich Ost-Jerusalem zu prüfen. Mit der Entscheidung reagierte der Rat auf die hohen Opferzahlen unter Zivilisten im Gazastreifen.

Nach der US-amerikanischen FAA nimmt auf die „European Agency for Flight Safety (EASA)“ ihre Warnung zurück, den Flughafen Tel Aviv anzusteuern 213 .

Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ macht der Direktor des Jüdischen Museums in Frankfurt Gabriel Gross auf den Zusammenhang zwischen dem historischen Antisemitismus und der heutigen „Kampagne des Hasses“ gegen Israel aufmerksam. „Weder die extremen Gewalttaten in Syrien, im Irak, in Nigeria oder auch in der scheinen geeignet, solch eindeutig negative Gefühle auf sich zu ziehen, wie es bei den kriegerischen Handlungen Israels der Fall ist. Die Demonstranten treten historisch in vorgestanzte Muster.“ Im selben Sinne äußert sich der Chef des innenpolitischen Ressorts der „Süddeutschen Zeitung“ Heribert Prantl, wenn er schreibt: „Der neue Antisemitismus, über den jetzt so viel diskutiert wird, ist nicht neu; es ist der immer wieder aufgekochte Sud aus uralten Gehässigkeiten; es ist der ideologische Giftmüll, dessen toxische Wirkung lebensgefährlich ist.“ Prantl fordert dagegen vor allem „pädagogische Konzepte“ für die schulische und außerschulische Bildung. Abschließend bemerkt er: „Die Juden in Deutschland brauchen die Solidarität der Mehrheitsgesellschaft. Diese Solidarität verlangt aber nicht ein Ja und Amen zu Israels Politik in toto. Einen

213 Vgl. die Eintragung am 22.07.2014 in dieser Zeitleiste.

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solchen Solidaritätszuschlag kann es nicht geben. Die Siedlungspolitik in Israel kann, darf und muss kritisiert werden. Der Gaza-Krieg kann, darf und muss kritisiert werden 214 .“ Nach Demonstrationen in französischen Städten mit antisemitischen Parolen betont Ministerpräsident Manuel Valls am 24. Juli, dass der Antisemitismus keine Meinung, sondern ein Delikt sei.

Das Fußball-Testspiel im österreichischen Bischofshofen zwischen dem französischen OSC Lille und Maccabi Haifa wird abgebrochen, nachdem rund 20 Demonstranten mit türkischem Hintergrund auf dem Platz die israelischen Spieler tätlich angreifen.

Beim Überfall auf einen Häftlingstransport nördlich von Bagdad sterben 61 Personen.

23.07.2014: Der diplomatische Korrespondent von „Haaretz“ Barak Ravid appelliert an die Vereinten Nationen, folgende Prinzipien in eine Resolution zur Beendigung des Kriegsgeschehens einzuarbeiten:

1. Die rechtmäßige Regierung im Gazastreifen ist jene der Palästinensischen Autonomiebehörde unter Führung von Machmud Abbas. Israel ist verpflichtet, mit der palästinensischen Einheitsregierung zusammenzuarbeiten;

214 Die Demonstranten folgen historischen Mustern (Interview), in FAZ 24.07.2014, S. 9; Heribert Prantl: Nahost in Deutschland, in SZ 24.07.2014, S. 4. Vgl. auch die Eintragung am 22.07.2014 in dieser Zeitleiste sowie meinen Kommentar „Antisemitismus, Besatzung und doppelte Staatsräson“ in der Menüleiste „Veröffentlichungen“.

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2. Stationierung der Militärkräfte der Autonomiebehörde entlang der Grenzen des Gazastreifens und der Grenzen zu Israel und Ägypten;

3. Erarbeitung eines Mechanismus, der für die Eliminierung von Raketen, Tunneln und schweren Waffen sorgt, sowie die Entsendung von UN-Inspektoren, die dem UN-Sicherheitsrat alle drei bis sechs Monate Bericht erstatten.

4. Eine bedeutsame Änderung der israelischen Politik gegenüber den Grenzübergängen für den Personen- und den Güterverkehr zwischen dem Gazastreifen und der Westbank;

5. Aufhebung der Seeblockade des Gazastreifens durch Israel und Bau eines Tiefseehafens unter Aufsicht der Autonomiebehörde sowie Stationierung einer internationalen Truppe;

6. Wiederaufbau der Wirtschaft und der Infrastruktur des Gazastreifens unter internationaler Aufsicht, die dafür sorgt, dass das Baumaterial nicht für Bunker und Tunnel von Terrororganisationen Verwendung findet 215 .

Jordanien unterbreitet dem UN-Sicherheitsrat den Entwurf einer Resolution, in dem der sofortige Waffenstillstand, der Schutz der Zivilbevölkerung, das Ende der israelischen Blockade des Gazastreifens und die Durchsetzung der Zwei-Staaten-Lösung gefordert werden.

Im Interview mit CNN betont die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright in den Jahren 1997 bis 2001, dass Israel das

215 Barak Ravid: Israel looks to Lebanon model for Gaza endgame, in „Haaretz“ 23.07.2014.

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Recht auf Selbstverteidigung, wenn auch in angemessener Form habe, nachdem zahlreiche unschuldige Palästinenser getötet worden seien. Ansonsten verletze es seine moralische Autorität. Albright wiederholt die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand, dem die Zwei-Staaten-Lösung folgen müsse.

Am Abend bricht US-Außenminister John Kerry seine Pendelmission zwischen Kairo, Tel Aviv und Ramallah ergebnislos ab und kehrt nach Kairo zurück. Die Zahl der palästinensischen Toten steigt auf 718, während weitere drei israelische Soldaten getötet werden. Außerdem kommt ein Gastarbeiter aus Thailand ums Leben, der in einem Gewächshaus an der Grenze zum Gazastreifen arbeitete. Das thailändische Außenministerium fordert alle in der Nähe arbeitenden 4.200 Arbeiter auf, das Gebiet zu verlassen.

Die Europäische Union friert die Einlagen von zwei Erdölfirmen mit Sitz in Beirut ein, die verdächtigt werden, ihre Produkte am Embargo vorbei nach Syrien zu liefern.

Bei einem Bombenanschlag in Bagdad kommen 30 Menschen ums Leben.

22.07.2014: Bei der Begegnung mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verlangt UN-Generalsekretär Ban Ki-moon von Israel äußerste Zurückhaltung im Gazastreifen. Netanjahu lehnt eine aus humanitären Gründen vorgeschlagene Feuerpause ab und macht auf der Pressekonferenz mit Ban in Jerusalem „Hamas“ für die Eskalation verantwortlich. Auch „Hamas“- Ministerpräsident Ismail Haniyeh demonstriert öffentlich Kampfbereitschaft. Die Zahl der palästinensischen Toten steigt www.reiner-bernstein.de 166 – Chronologie 2014

auf 630, die der Israelis auf 31. Trotz des israelischen Abwehrschirms „Iron Dome“ schlägt eine Rakete südlich von Tel Aviv ein. Die Vermittlungsbemühungen von US- Außenminister John Kerry in Kairo bleiben ohne erkennbaren Erfolg.

Die Europäische Union verlangt in einer Erklärung ihrer 28 Außenminister die Entwaffnung aller Terrororganisationen im Gazastreifen; wer dafür sorgen soll, wird nicht verraten. Die deutschen und britischen Außenminister Frank-Walter Steinmeier sowie William Hague und sein Amtsnachfolger Philip Hammond sorgen dafür, dass israelkritische Formulierungen aus der Erklärung gestrichen werden, fordern aber Israel auf, dass seine Militäroperationen angemessen sein und im Einklang mit internationalem Menschenrecht stehen müssten. An die israelische und palästinensische Seite bekennt sich die Europäische Union zu folgenden „Parametern“ künftiger Verhandlungen:

1. Zwei-Staaten-Lösung auf der Grundlage der Linien vom 04. Juni 1967 mit der Option eines gleichwertigen Gebietsaustauschs;

2. Sicherheitsarrangements, welche für die Palästinenser die Souveränität gewährleisten und zeigen, dass die Besatzung vorüber ist, sowie für Israel Schutz seiner Sicherheit, Verhinderung eines neuerlichen Terrorismus sowie Abwehr von Sicherheitsbedrohungen, die auch aus der Region kommen;

3. Eine gerechte, faire, vereinbarte und realistische Lösung der Flüchtlingsfrage;

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4. Erfüllung der Bestrebungen beider Parteien im Blick auf Jerusalem;

5. Ende der fortgesetzten Siedlungserweiterung, welche die Zwei-Staaten-Lösung gefährdet 216 .

In einer Erklärung kündigen die dem Exekutivausschuss der PLO angehörigen Hanan Ashrawi und Yasser Abed Rabbo – er Generalsekretär des Exekutivausschusses – gegenüber Diplomaten an, dass die Palästinenser nach dem Ende der Gewalt nicht zum Status quo zurückkehren würden. Abed Rabbo ergänzt, dass die Bedingungen von „Hamas“ und „Islamischem Djihad“ für einen Waffenstillstand den kollektiven Willen der Palästinenser und den nationalen Konsens repräsentieren, während für Ashrawi Israel keinen Krieg zur Selbstverteidigung, sondern einen Krieg gegen eine gefangengenommene und schutzlose Bevölkerung unter Besatzung führen würde und damit einen Akt des Staatsterrors begehe. Die palästinensische Führung in Ramallah unter Führung von Machmud Abbas preist die „energische Standhaftigkeit des großen palästinensischen Volkes und der Kräfte des heroischen Widerstandes gegen die Besatzungsarmee, die gegen unsere Mitbürger Verbrechen begeht und sie dahinschlachtet“ .

22 nationale Fluggesellschaften wie „Air France-KLM“, „Alitalia“, „Air Canada“, „Turkish Airlines“, Royal Jordanian Airles, Brussels Airlines“ und „Easyjet“ stellen ihre Flüge nach und von Tel Aviv auf unbestimmte Zeit ein. Die US-„American Aviation Administration (FAA)“ verbietet alle Flüge zumindest für die nächsten 24 Stunden, nachdem eine Rakete in Yahud – 1

216 Barak Ravid: European Union: Hamas, other Gaza terror groups must disarm, in „Haaretz“ 22.07.2014.

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Kilometer vom Ben-Gurion-Airport – niedergegangen ist. „Air Berlin“ sowie die „Lufthansa“ mit ihren Töchtern „Germanwings“, „Swiss“ und „Austrian Airlines“ folgen. „ElAl“ will seinen Flugdienst fortsetzen, gleiches gilt für „British Airways“. Nach israelischen Medienberichten steigen die Ticketpreise bei „ElAl“ um 150 Prozent, wobei viele Piloten durch den Militärdienst im Gazastreifen gebunden sind. Israel will den Militärflughafen Ovda in der Nähe von Eilat für den internationalen Flugverkehr öffnen. Abgesehen davon, dass Raketen aus dem Gazastreifen ihn erreichen können, zeigt sich der Flughafen durch die An- und Abflüge überfordert. Auf israelischen Druck nimmt die FAA am 24. Juli die Warnung zurück, wobei die ersten Maschinen am 25. Juli wieder in Tel Aviv landen sollen. Sofort gehen fünf Raketen in der Nähe des Flughafens nieder. In einem Bericht vermutet Amos Harel am 25. Juli in „Haaretz“, dass die Weisung der FAA nicht ohne politisches Zutun Washingtons erfolgt sei. Dort würde man Ministerpräsident Benjamin Netanjahu übelnehmen, dass er die Bemühungen von Außenminister John Kerry um eine Rahmenvereinbarung torpediert habe 217 .

In einer gemeinsamen Erklärung verurteilen die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Italiens antisemitische Hetze und Angriffe auf Angehörige jüdischen Glaubens. In Berlin schließt sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel der Kritik an, die sich gegen Demonstranten richtet, die mit antisemitischen Hassparolen auftreten. Justizminister Heiko Maas, Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel schließen sich dem Urteil an.

217 Amos Harel: U.S. sends Netanyahu a Gaza message via flight ban, in „Haaretz“ 25.07.2014.

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21.07.2014: UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon und der US-amerikanische Außenminister John Kerry – dieser auf die dringliche Veranlassung von Präsident Barack Obama – treffen zu Vermittlungsgesprächen in Kairo ein, ihrer ersten Station. „Wir wollen keine palästinensischen Zivilisten mehr getötet sehen“, erklärt Obama. Vor einem Interview mit dem politisch äußerst rechts stehenden TV-Sender „Fox“ beschwert sich Kerry über die „mörderisch gezielte Operation“ des israelischen Militärs, als die Mikrofone noch ausgeschaltet sind. Eine vereinbarte kurze Waffenruhe wird nicht eingehalten. Washington sagt der Bevölkerung im Gazastreifen humanitäre Hilfe in Höhe von 47 Millionen US-Dollar zu. In Doha, der Hauptstadt des Emirats Qatar, geht das Gespräch zwischen dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas und dem Chef von „Hamas“ Khaled Meshal jenseits rhetorischer Formeln des Einverständnisses ohne Ergebnis zu Ende. Die Zahl der Toten ist auf palästinensischer Seite auf 580 angestiegen (darunter ist eine siebenköpfige Familie Kilani mit deutscher Staatsangehörigkeit, die beim Zusammenstoß eines Hochhauses ums Leben kommt), auf israelischer Seite sind zwei Zivilisten und 27 Soldaten – darunter zwei US-amerikanische Staatsbürger, die sich freiwillig gemeldet haben – ums Leben gekommen, wobei das israelische Armee jede Anstrengung unternehme, den Bewohnern Gazas keinen Schaden zuzufügen. Der militärische Arm von „Hamas“, die „Ezzedin Al-Qassem- Brigaden“ unter dem Kommando von Mohamed Deif, behauptet, einen israelischen Soldaten entführt zu haben, der nach israelischen Angaben als vermisst gilt. „Hamas“ berichtet, dass das israelische Militär ein Krankenhaus in Gaza-Stadt angegriffen habe, wobei fünf Palästinenser getötet worden seien. In der Westbank nehmen die Sympathien für den Widerstand der „Hamas“ zu. Die PLO ruft zu einem Generalstreik auf, der in Ramallah und im arabischen Teil www.reiner-bernstein.de 170 – Chronologie 2014

Jerusalems weitgehend befolgt wird. Der Vorsitzende der Partei „Der dritte Weg“ Mustafa Barghouti sieht eine dritte „Intifada“ voraus, deren Dimension sich nicht mehr stoppen lasse.

In seinem Gastbeitrag für den Berliner „Tagesspiegel“ mit dem Titel beschäftigt sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit den Herausforderungen, denen sich die internationale und europäische Diplomatie durch die schweren Krisen in Syrien und im Irak gegenübersieht. Steinmeier schreibt: „Nachdenken sollten wir über eine neue Ordnung für den Nahen und Mittleren Osten, die die Sicherheitsinteressen der Akteure neu definiert und gewährleisten könnte.“ Dem israelisch-palästinensischen Konflikt und aktuell dem Krieg zwischen „Hamas“ und Israel widmet Steinmeier keine gesonderte Aufmerksamkeit 218 .

Nach der Meldung einer arabischen Zeitung hat Israel am 18. Juli ein Bombenlager im Norden der sudanesischen Hauptstadt Khartum zerstört.

20.07.2014: Im Gazastreifen ist der Häuserkampf zwischen israelischen Soldaten und „Hamas“-Kämpfern im vollen Gange. In einer Stellungnahme im Verteidigungsministerium in Tel Aviv erklärt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass „kein Krieg als dieser“ gerechter sei, der ihm aufgezwungen worden sei. Israel werde die Ruhe und die Sicherheit in allen Teilen des Landes wiederherstellen. Dazu würden die Infrastrukturen von „Hamas“ und den anderen Terrororganisationen im Gazastreifen mit massiven Schlägen angegriffen werden. Die Regierung habe von den USA, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich

218 Frank-Walter Steinmeier: Nahost: Auf der Suche nach einer neuen Ordnung, in „Der Tagesspiegel“ 21.07.2014.

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und vielen anderen wichtigen Ländern die Anerkennung seines „Rechts auf Selbstverteidigung und des Rechts auf Wiederherstellung von Ruhe und Sicherheit für unsere Gemeinschaften und unsere Bürger“ erhalten; in fast gleichlautender Weise äußert sich der US-amerikanische Botschafter in Israel Dan Shapiro. Die Juden, schließt Netanjahu seine Erklärung ab, kennten eine einfache Wahrheit: „Das ewige Volk fürchtet keinen langen Weg.“ Strategieminister Yuval Steinitz droht am 21. Juli damit, dass Israel „den ganzen Gazastreifen übernehmen“ werde. Die Zahl der gegen Israel gerichteten Demonstrationen in vielen Städten Europas mit schweren antisemitischen Parolen häuft sich.

Der UN-Sicherheitsrat fordert „Hamas“ und Israel zum sofortigen Ende der Feindseligkeiten auf.

Nach einer Meldung der syrischen Beobachtungstellung für Menschrechte in London sind in Syrien am 17. und 18. Juli mehr als 700 Menschen ums Leben gekommen.

Aus der im Norden Iraks gelegenen zweitgrößten Stadt Mossul – dem einstigen Ninive – fliehen die letzten Christen in panischer Angst, nachdem sie von den Rebellen des „Islamischen Staates (IS)“ aufgefordert worden sind, zum Islam überzutreten oder den „Tod durch das Schwert“ hinzunehmen. In ganz Irak, wo es einstmals die mit bis zu 1,5 Millionen Angehörigen größte christliche Gemeinschaft gab, sollen heute noch 300.000 unterschiedlicher Richtungen leben.

18.07.2014: Da die Waffenruhe vom Gazastreifen aus gebrochen wird, startet Israel am Abend auf Anweisung Benjamin Netanjahus eine erweiterte Offensive vom Boden, aus der Luft und vom Meer aus, um die Tunnelsysteme zu zerstören. Warum dafür www.reiner-bernstein.de 172 – Chronologie 2014

außer den bereits 50.000 Soldaten weitere 18.000 aus der Reserve eingezogen werden, bleibt unklar. Bei der Offensive wird der erste israelische Soldat getötet. Am Mittag bestätigt Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin, angesichts „der völlig neuen Qualität der Bewaffnung der Hamas“ an der Seite Israels zu stehen, fordert aber beide Seiten zu „schweren Kompromissen“ auf. Zur selben Zeit verfügt das israelische Außenministerium die Rückkehr von Kindern israelischer Diplomaten aus der Türkei, die dort an Demonstrationen gegen Israel teilgenommen haben sollen.

17.07.2014: Unter Berufung auf eine hochrangige israelische Quelle meldet BBC, dass am Freitag, den 18. Juli, morgens um 6.00 Uhr ein Waffenstillstand zwischen Israel und der „Hamas“ in Kraft treten soll. Derweil gehen die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen und die israelischen Gegenangriffe weiter. Dazu zitiert „Haaretz“ aus einem Positionspapier der „Hamas“ fünf Forderungen:

1. Öffnung aller Grenzübergänge nach Israel;

2. Öffnung des Grenzübergangs Rafach nach Ägypten mit internationalen Garantien;

3. Freier Zugang vom Mittelmeer nach Gaza;

4. Genehmigung für Gebete von Bewohnern des Gazastreifens an den heiligen islamischen Stätten in Ost-Jerusalem;

5. Freilassung der 56 palästinensischen Gefangenen, die im Zuge des Austauschs für Gilad Shalit entlassen 219 und später

219 Vgl. zuletzt die Eintragung am 12.06.2014 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 173 – Chronologie 2014

von Israel erneut festgenommen wurden, sowie Verbesserung der Haftbedingungen für in Israel einsitzende Häftlinge 220 .

Die Gruppe der sozialistischen und sozialdemokratischen Abgeordneten im Europäischen Parlament verurteilen in einer Erklärung den Tod von Zivilisten, besonders von Kindern, fordern „die sofortiges Deeskalation des Konflikts“ sowie die Wiederaufnahme der israelisch-palästinensischen Verhandlungen. Die Zurückweisung des ägyptischen Entwurfs für eine Waffenruhe durch „Hamas“ wird kritisiert und eine wichtige Rolle („major role“) der Europäischen Union bei Friedensinitiativen angemahnt. Der stellvertretende britische Premierminister Nick Clark von der Liberalen Partei verurteilt das israelische Vorgehen im Gazastreifen als „bewusst unangemessen“ . US-Außenminister John Kerry fordert Israel auf, mehr für den Schutz der Zivilisten zu tun und die Bodenoffensive über die Zerstörung von Tunnelanlagen nicht auszuweiten.

An der Grenze zu Algerien werden bei Angriffen 14 tunesische Soldaten getötet.

Im Irak setzen die Terroreinheiten des „Islamischen Staates“ ihren Vormarsch fort.

16.07.2014: Nach der deutschen Zentrale storniert auch „TUI Nederland“ alle Touristenflüge nach Israel für die kommenden drei Wochen. Am 17. Juli entscheidet die Europäische Fußballunion (UEFA), dass wegen des Krieges im Gazastreifen bis auf weiteres keine Spiele der

220 Jack Khoury and Barak Ravid: Hamas to present terms of cease-fire with Israel, in „Haaretz“ 17.07.2014.

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„Champions League“ und der „Europe League“ auf israelischem Boden ausgetragen werden.

Am Abend kommt Israel der Aufforderung des UN- Sonderkoordinators für den Nahen Osten Robert Serry nach, für humanitäre Zwecke die Angriffe auf den Gazastreifen ab 10.00 Uhr morgens für fünf Stunden zu unterbrechen. Zuvor waren vier palästinensische Kinder der Familie Bakr am Strand von Gaza-Stadt durch Beschuss vom Meer aus getötet worden – „ein tragischer Zwischenfall“ , bedauert Israel. Der Beschuss aus dem Gazastreifen geht trotz der israelischen Zusage weiter. Im Kibbutz Sufa nahe der Grenze zum Gazastreifen wird ein Terrorakt in letzter Minute verhindern. Die Angreifer werden getötet.

Syriens Staatspräsident Bashar Assad wird in Damaskus vereidigt 221 .

15.07.2014: Das israelische Sicherheitskabinett billigt den ägyptischen Vorschlag für einen Waffenstillstand, Außenminister Avigdor Lieberman und Wirtschaftsminister Naftali Bennett lehnen ihn ab. Gleiches gilt für „Hamas“. Der Vorschlag umfasst folgende Punkte:

1. Die Eskalation und die gegenseitige Gewalt dienen nicht den Interessen beider Seiten. Israel und „Hamas“ werden aufgefordert, alle feindseligen Akte einzustellen sowie von einseitigen Aktionen Abstand zu nehmen, welche die Stabilität beeinträchtigen.

221 Vgl. zuletzt die Eintragung am 03.06.2014 in dieser Zeitleiste.

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2. Die Übergänge von Israel in den Gazastreifen sollen für den Personenverkehr und den Gütertransport erleichtert werden, wenn es die Sicherheitsbedingungen zulassen.

3. Die Waffenruhe soll am Morgen des 15. Juli um 9 Uhr in Kraft treten. Repräsentanten aus Israel und aus dem Gazastreifen sollen sich in den kommenden 48 Stunden in Kairo zu weiteren Gesprächen zusammenfinden.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu droht mit der Fortsetzung der Angriffe, sollten weiterhin Ziele in Israel aus dem Gazastreifen beschossen werden 222 . Da sie nicht aufhören, nimmt die israelische Luftwaffe ihre Operationen wieder auf. „Hamas“ begründet die Ablehnung damit, dass der Entwurf mit ihr nicht diskutiert worden sei, sondern auf Absprachen zwischen Netanjahu und den ägyptischen Präsidenten Abdel Fatah Al-Sisi zurückgehe. Beim Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas in Ramallah sagt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Nachmittag 500.000 Euro für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu, nachdem er in Tel Aviv auf der Pressekonferenz mit Netanjahu das Recht des israelischen Volkes auf Sicherheit betont und sich „fest zur deutsch- israelischen Freundschaft, gerade ich diesen schweren Zeiten“ , bekannt hat. Am Abend entlässt Netanjahu den stellvertretenden Verteidigungsminister Danny Danon, nachdem dieser öffentlich die Entscheidung des Sicherheitskabinetts für eine Waffenruhe kritisiert hatte. Am 16. Juli wird bekannt, dass die Bundesregierung die Lieferung eines weiteren U-Bootes an Israel genehmigt hat. Der frühere Knesset-Abgeordnete Azmi Bishara, der heute das „Arab Center for Research and Policy” in Doha, leitet, bezichtigt Israel und Ägypten, der „Hamas“ kein angemessenes Angebot gemacht zu haben, um sie zur Einstellung des Raketenbeschusses zu ermutigen.

222 The full text of the Egyptian cease-fire proposal, in „Haaretz“ 15.07.2014.

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14.07.2014: Erstmals wird vom Gazastreifen eine unbenannte Drohne auf israelisches Territorium gestartet. Sie wird in der Nähe von Ashdod abgeschossen. Einige Rakete aus Syrien und aus dem Libanon schlagen auf den Golanhöhen und im Norden Israels ein. Am Abend kommen die Außenminister der Arabischen Liga zusammen und verlangen von der internationalen Staatengemeinschaft, die israelischen Militäroperationen zu stoppen und die palästinensische Bevölkerung zu schützen. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon fordert in New York den sofortigen Waffenstillstand. Nach einem Bericht des UN- Flüchtlingswerks (UNRWA) haben rund 17.000 Palästinenser in ihren Einrichtungen Zuflucht gefunden. Der UN-Sicherheitsrat will heute erneut zusammentreten. Er beschließt einstimmig ein humanitäres Hilfsprogramm für Syrien.

Das Appellationsgericht für dringende Fälle in Kairo genehmigt die Kandidatur von Kandidaten der „Nationaldemokratischen Partei“ des entmachteten Präsidenten Hosni Mubarak für die Parlamentswahlen im Herbst des Jahres.

12.07.2014: Der gegenseitige Beschuss von Israel und den Palästinensern im Gazastreifen geht weiter. Inzwischen gibt es auch auf israelischer Seite Tote. Die Appelle von Regierungen und Parteien aus aller Welt spiegeln die politische Hilflosigkeit wider. Der UN-Sicherheitsrat beschließt eine Presseerklärung – keine Resolution! –, in der die Parteien zu einer sofortigen Waffenruhe aufgefordert werden. Am 13. Juli wird bekannt, dass Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am 14. Juli in Amman sowie am 15. Juli in Jerusalem und in Ramallah mit www.reiner-bernstein.de 177 – Chronologie 2014

Avigdor Lieberman, Benjamin Netanjahu und Machmud Abbas zusammenkommen will.

Bei einer Demonstration von Gegnern der israelischen Gaza- Offensive in Tel Aviv werden am Abend mehrere Teilnehmer von Rechtsradikalen mit Schlagstöcken angegriffen. Die Polizei nimmt keine Festnahmen vor und behauptet, die Lage unter Kontrolle zu haben.

In Antwerpen versammeln sich rund 500 Demonstranten, wobei ein Redner über den Lautsprecher auf Arabisch „Schlachtet die Juden ab” ruft.

11.07.2014: Im Norden Israels landen mindestens drei Raketen aus dem Süden Libanons. Die israelische Luftwaffe reagiert mit einem Vergeltungsschlag. Außerdem gehen Raketen-Bruchstücke aus dem Gazastreifen im Herzen Tel Avivs und in anderen Orten nieder. US-Präsident Barack Obama bietet seine Vermittlung an, nachdem sein Außenminister John Kerry am Vortag wiederholt hat, dass die USA Israel vollständig unterstützen. Im selben Sinne äußert sich die Sprecherin des britischen Premiers David Cameron. Immer deutlicher zeichnet sich die Gefahr einer israelischen Bodenoffensive ab. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betont, dass sich seine Regierung vom internationalen Druck nicht beeinflussen lasse, „mit aller Kraft gegen eine Terrororganisation vorzugehen, die zu unserer Zerstörung aufruft“ . Auch Außenminister Avigdor Lieberman verlangt in einem Interview, das „Hamas“-Regime auszulöschen. Die Vorsitzende des UN-Menschenrechtsrates Navi Pillay zeigt sich tief verstört über die hohe Zahl ziviler Opfer im Gazastreifen und vermutet einen bevorstehenden Völkermord. In Haifa stirbt eine 70 Jahre alte Frau nach einer www.reiner-bernstein.de 178 – Chronologie 2014

leichten Verwundung an Herzversagen auf dem Weg in einen Schutzbunker. Bei israelischen Luftangriffen sterben allein in der Nacht zum 12. Juli 14 Palästinenser, palästinensische Quellen sprechen von 16 Toten. Die Zahl der insgesamt getöteten Palästinenser steigt auf 120.

Sonja Zekri, Nahost-Korrespondentin der „Süddeutschen Zeitung“ schreibt: „Vielleicht kommt ja eines Tages der Moment, an dem sich alle die Hamas zurückwünschen. Israel, weil ein Haufen noch radikalerer, frömmelnder Grüppchen im Gazastreifen die Oberhand gewinnt – unkontrollierbar, möglicherweise gar nicht mehr ansprechbar. Ägypten, weil die Gaza-Extremisten auch die Dschihadisten auf dem Sinai erstarken lassen, dabei ist die Halbinsel schon jetzt eine Brutstätte für Folter und Entführungen, ein Ort absoluter Staatslosigkeit. Vielleicht wünschen sich dann sogar die Palästinenser die Hamas zurück – immerhin eine Organisation, eine Regierung. Was nach ihr kommen könnte, ist ungewiss. Selten hat der Sturz einer Regierung zu ruhigen Verhältnissen in der Region geführt 223 .“

10.07.2014: Vor dem Auswärtigen und Sicherheitsausschuss der Knesset lehnt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Gespräche über eine Waffenruhe mit „Hamas“ rundheraus ab. Weitere Sanktionen gegen den Gazastreifen stünden nicht auf der Tagesordnung. Ari Shavit befürchtet in „Haaretz“, dass die Palästinenser, ohne Zukunft, fanatisch und verhungernd, den Versuch unternehmen, die selbstgefällige israelische Demokratie in ihr Leid hineinzuziehen. Die Verbindung aus Fanatismus, Verzweiflung und Raketentechnik seien nur ein Vorbote, was Israel in den kommenden Jahren und Jahrzehnten

223 Sonja Zekri: Zwerge aus Gaza, in SZ 11.07.2014, S. 4.

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zu erwarten habe. An die Adresse Tel Avivs gerichtet, fährt Shavit fort, könne die spirituelle, wertezentrierte Blase nicht überleben, ohne die tragische Realität darum herum zu erkennen. Netanjahu habe sich getäuscht, als er die Stabilität ohne einen Friedensprozess und ohne die Allianz mit gemäßigten Palästinensern aufrechterhalten wollte. Im regionalen Umfeld sei an die Stelle der alten Feinde das Chaos getreten 224 . Präsident Machmud Abbas befürchtet eine israelische Bodenoffensive. Bis zum Abend sollen mehr als 80 Palästinenser ums Leben gekommen sein, aus Israel werden keine Toten, aber Verwundete gemeldet.

Der bekannteste arabisch-israelische Schauspieler und Filmemacher Mohammad Bakri richtet einen dramatischen Appell an Juden und Arabern, der Regierung in Jerusalem die rote Karte zu zeigen 225 .

In seiner wöchentlichen Gastkolumne in der „Jerusalem Post“ bezeichnet der Vorsitzende der „Israel Palestine Creative Regional Initiatives (IPCRI)“ Gershon Baskin nicht die 1,7 Millionen Menschen im Gazastreifen, sondern „Hamas“ als Feind. Er könne mit Gewissheit sagen, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Eskalation nicht gewollt habe.

Nach einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien ist der Terrororganisation „Islamischer Staat“ – vormals „Islamischer Staat im Irak und Großsyrien (ISIS)“ – gering angereichertes Nuklearmaterial aus der Universität Mossul in die Hände gefallen. Von ihm soll keine Gefahr ausgehen, heißt es.

224 Ari Shavit: Israel’s years of calm are over, in „Haaretz“ 10.07.2014.

225 Mohammad Bakri: Juden und Araber, steht auf und macht Frieden, in „Haaretz“ 10.07.2014. Text der Übertragung ins Deutsche in der Menüleiste „Erklärungen“ dieser Homepage.

www.reiner-bernstein.de 180 – Chronologie 2014

In der Nachfolge von Lakhdar Brahimi, der am 31. Mai von seinem Amt zurücktrat, ernennen die Vereinten Nationen Staffan de Mistura zum neuen Syrien-Beauftragten.

09.07.2014: In seinem regelmäßigen Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt Joschka Fischer zu den gewaltbehafteten Umbrüchen im Nahen Osten: „Eine der zentralen Fragen der Zukunft ist, ob Jordanien diese geopolitischen Veränderungen unbeschadet überstehen wird. Das Land hat mehrere hunderttausend Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, die radikalen Islamisten versuchen auch hier, ihren Einfluss auszuweiten. Für die Statik der Region spielt das Königreich eine Schlüsselrolle. Bricht Jordanien zusammen, droht die gesamte Machtbalance im klassischen Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern zu kollabieren – mit schwer absehbaren Folgen 226 .“

Israels Verteidigungsminister Moshe Ya’alon kündigt die Ausweitung der Angriffe im Gazastreifen an, gefolgt von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die palästinensischen Angriffe reichen bis nach Hadera (mit einer der beiden größten Kraftwerke und einer Meeresentsalzungsanlage) im Norden und Dimona (wo sich das israelische Atomzentrum befindet) im Osten. Die Behörden im Gazastreifen melden den Tod von über 50 Menschen. Zvi Bar’el schreibt in „Haaretz“, dass die militärische Konfrontation nicht im Interesse von „Hamas“ liege. Denn sie habe die Kontrolle über rivalisierende Gruppen verloren, und die Abhängigkeit von den arabischen Hilfsgeldern sei groß genug 227 . Der palästinensische Präsident Machmud Abbas beschuldigt Israel, einen Krieg gegen das ganze

226 Joschka Fischer: Der neue Nahe Osten, in SZ 09.07.2014, S. 2.

227 Zvi Bar’el: Hamas is looking for a way out, in „Haaretz“ 09.07.2014.

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palästinensische Volk zu führen. Netanjahu telefoniert mit UN- Generalsekretär Ban Ki-moon, mit dem französischen Präsidenten François Hollande, mit dem US-Außenminister John Kerry , mit dem britischen Premier David Cameron und mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Aufforderung, „Hamas“ zu verurteilen. Merkel habe ihm vergeblich die Ingangsetzung eines diplomatischen Prozesses empfohlen. Barak Ravid, diplomatischer Korrespondent von „Haaretz“, schreibt, dass Israel verzweifelt nach einer Exit-Strategie suche 228 . Am 10. Juli protestieren viele hundert Menschen vor der israelischen Botschaft in Amman und fordern den Abbruch der diplomatischen Beziehungen. In New York tritt der UN- Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, wo die USA und Israel versuchen, eine Verurteilung der israelischen Luftangriffe zu verhindern. Israels Botschafter verlangt, dass der Sicherheitsrat verpflichtet sei, „Hamas“ unmissverständlich zu verurteilen, bevor es zu spät sei.

In einer Erklärung belässt es die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton dabei, „das willkürliche Feuer auf Israel durch militante Gruppen im Gazastreifen scharf" zu verurteilen und die wachsende Zahl ziviler Opfer auch durch das israelische Militär zu beklagen. Alle Seiten fordert Ashton zu „äußerster Zurückhaltung" auf und eine sofortige Waffenruhe zu verlangen.

Der palästinensische Präsident Machmud Abbas kündigt die Unterschrift unter Dokumente für die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen wie dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag an 229 .

228 Barak Ravid: Needed: Exist strategy, in „Haaretz“ 10.07.2014, S. 1.

229 Vgl. zuletzt die Eintragung am 01.04.2014 in dieser Zeitleiste.

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08.07.2014: Am Morgen beginnt im Tel Aviver unter Leitung des „Haaretz“- Herausgebers Amos Schocken und dem früheren Leitenden Redakteur der Zeitung Akiva Eldar, der für die Organisation der Tagung verantwortlich ist, die „Konferenz für den Frieden“. Während seiner Ansprache führt Staatspräsident Shimon Peres aus, dass Abbas sein Leben für den Frieden riskiere. Er sehe keinen besseren Partner für Israel. In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ zur Konferenz betont US-Präsident Barack Obama, dass trotz aller Rückschläge und Frustrationen Frieden möglich sei, und wiederholt die Formel „Zwei Staaten für zwei Völker“ 230 . Während der Konferenz wird Wirtschaftsminister Naftali Bennett bei seiner Ansprache mehrfach von wütenden Protesten unterbrochen, so als er an die Einheit der israelischen Bevölkerung appelliert.

Am Mittag beginnt das israelische Militär mit der „Operation Schutzlinie“ (englische Fassung „Protective Edge“, Gideon Levy bezeichnet den Namen in „Haaretz“ angesichts der schweren Verwüstungen als „kindisch“) mit mehr als 50 Zielen im Gazastreifen, nachdem am Vortag mehr als 30 Raketen auf Teile Israels abgefeuert wurden, für die „Hamas“ die Verantwortung übernahm. „Hamas“ und andere Gruppen sollen über mindestens 10.000 Raketen unterschiedlicher Qualität und Reichweite verfügen. Israel mobilisiert 40.000 Soldaten der Reserve. Am Nachmittag und am Abend wird in Tel Aviv und in Jerusalem Sirenenalarm gegeben. Die Raketen wurden vom israelischen Abwehrsystem „Eiserne Kuppel (Iron Dome)“ abgefangen. Internationale Appelle für einen Waffenstilstand und die Vermittlungsbemühungen des ägyptischen Präsidenten Abdel Fatah Al-Sisi verhallen; am 11. Juli erklärt Ägypten sie für gescheitert. Gerüchten zufolge plant die israelische Regierung

230 Barack Obama: Peace is the only path to true security for Israel and the Palestinians, in „Haaretz“ 08.07.2014.

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die physische Ausschaltung der „Hamas“-Führung. Nachdem Benjamin Netanjahu sich am Vortag gegen Terrorismus und Aufhetzung zur Gewalt geäußert hat, stellt Nehemia Shtrasler in „Haaretz“ fest, dass der Ministerpräsident selbst der „König der Hetzer“ sei. „Day after day, month after month, throughout the years of his government, Netanyahu has never missed an opportunity to speak of Palestinians as monsters, lacking morals and infinitely brutal.” Nicht vergessen sei, dass er zwar den Mord an Yitzhak Rabin am 04. November 1995 verurteilt habe, wenige Tage zuvor aber auf dem Zionsplatz in Jerusalem auf dem Balkon jener Demonstration gestanden, die auf Plakaten Rabin in SS-Uniform verunglimpften 231 . Das israelische Militär entschuldigt sich für den Tod einer achtköpfigen palästinensischen Familie in Khan Younis, die bei einem Luftangriff getötet wurde.

07.07.2014: In einem Gastbeitrag drückt der palästinensische Präsident Machmud Abbas seine Hoffnung aus, die israelischen Nachbarn dürften vom palästinensischen Volk nicht erwarten, dass es unter einem System der Apartheid leben wolle. Das Streben einer friedliebenden und freiheitsliebenden Nation nach Unabhängigkeit könne nicht durch Gewalt aus dem Weg geräumt werden. Zumindest im Blick auf Palästina teile die Regierung Israels nicht dieselben Ziele und Parameter wie der Rest der Welt. Es sei an der Zeit, dass die Welt es akzeptiere, dass die Politik der gegenwärtigen Regierung Israels mit der Zwei-Staaten-Lösung nicht vereinbar sei. Es spreche für sich, dass in den vergangenen neun Monaten der Verhandlungen, die von den Vereinigten Staaten gefördert worden seien, Israel Wohneinheiten für 55.000 neue Siedler in besetzten

231 Nehemia Shtrasler: And Netanyahu says he’s against incitement, in „Haaretz“ 08.07.2014.

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Gebieten in Angriff genommen habe. Die Autonomiebehörde fordere die internationale Gemeinschaft auf, sich nicht hinter Rufen nach einer „Wiederaufnahme von Gesprächen“ zu verstecken, ohne die israelische Regierung auf ihre Verbindlichkeiten zu verpflichten. In einer Zeit, in der Siedler nach wie vor palästinensische Häuser, Moscheen und Kirchen angriffen, in der Gefangene nach wie vor in illegalen Gefängnissen misshandelt würden, in der nach wie vor Siedlungen expandierten, in der mehr als die Hälfte des palästinensischen Volkes im Exil bleibe und in der die Aussicht auf eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung fast vollständig von der israelischen Regierung unterminiert worden sei, richte das tapfere palästinensische Volk nach wie vor eine Botschaft des Friedens und der Gerechtigkeit an Israel und den Rest der Welt. Sein – Abbas‘ – Volk wolle Frieden, und deshalb sei es ermutigt, dass die „Haaretz“- Konferenz für den Frieden am 08. Juli in Tel Aviv denselben Wunsch vieler Israelis nach einem historischen Kompromiss widerspiegele 232 . Am selben Tag fordern 14 jüdische und arabische Bürgermeister von der israelischen Regierung Zurückhaltung, um zu verhindern, damit Extremisten „Jahre des respektvollen und demokratischen Koexistenz nicht zerstören“ .

Israels Außenminister Avigdor Lieberman, Vorsitzender der Partei „Israel Beiteinu (Unser Haus Israel)“, kündigt das förmliche Ende der 31 Mitglieder starken Fraktionsgemeinschaft (davon 11 der Partei Liebermans) mit dem „Likud“ an, weil er an gemeinsamen Grundüberzeugungen mit Benjamin Netanjahu fehle. Die Beteiligung seiner Partei an der Koalitionsregierung sei damit nicht tangiert. Netanjahu reagiert verärgert. Beide Parteien hatten sich im Vorfeld der Knesset-Wahlen im Januar 2013 zusammengeschlossen.

232 Mahmoud Abbas: Palestine’s vision of peace is clear, in „Haaretz“ 07.07.2014.

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06.07.2014: Während Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sich gegen den Widerstand in einer Regierungskoalition darum bemüht, die Militäroperationen gegen den Gazastreifen unter Kontrolle zu halten, warnt er die israelischen Staatsbürger arabischer Volkszugehörigkeit davor, sich an den Protesten zu beteiligen. Ansonsten müssten sie die Streichung von Kinderzulagen und von Leistungen des Sozialen Sicherungssystems gewärtigen 233 . Die Gewalt im Teilen Israels eskaliert gleichwohl, so in Nazareth und im Kleinen Dreieck (Taibeh, Tira, Um El-Fahm). Sechs namentlich nicht genannte jüdische Extremisten werden von den Sicherheitsbehörden festgenommen, weil sie den Palästinenser Mohamed Abu Khdeir ermordet haben. Drei von ihnen sollen sich zu der Tat bekannt haben. In einer Pressemitteilung des „State Department“ zeigt sich seine Sprecherin Jen Psaki empört darüber, dass der Cousin von Abu Khdeir, der 25 Jahre alte Tariq Al-Khdeir aus dem US- Bundesstaat Florida, von israelischen Grenzpolizisten am 06. Juli verprügelt und zu neun Tagen Hausarrest im arabischen Jerusalemer Vorort Beit Chanina verurteilt worden ist 234 . In einer Erklärung betont Netanjahu, dass er keinen Unterschied zwischen arabischem und jüdischem Terrorismus mache. Ähnlich äußern sich Wirtschaftsminister Naftali Bennett und der israelische Botschafter in Washington Ron Dermer. In einer gemeinsamen Erklärung in der Tageszeitung „Yediot Achronot (Letzte Nachrichten)“ schreiben Staatspräsident Shimon Peres und sein designierter Amtsnachfolger Reuven Rivlin, dass es „keinen Unterschied zwischen Blut und Blut“ gebe. Justizministerin Tsipi Livni fügt hinzu, dass der Mord an Abu Khdeir „bei uns den Glauben genommen hat, dass so etwas bei uns nicht geschehen kann“ – eine Erwiderung auf die

233 Vgl. die Eintragung am 30.06.2014 in dieser Zeitleiste.

234 Vgl. die Eintragung am 30.06.2014 in dieser Zeitleiste.

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gegenteilige Äußerung Netanjahus. Der Rabbiner der Talmud- Thora-Schule („Yeshiva“) in der Siedlung Elon Moreh Elyakim Levanon fordert für die Täter die Todesstrafe. Sie ist zuletzt 1961 an Adolf Eichmann vollzogen worden. Am 10. Juli werden drei der sechs Festgenommenen aus der Untersuchungshaft entlassen, denen die Ermordung Abu Khdeirs vorgeworfen wurde. Sie seien an der Tat nur indirekt beteiligt gewesen, heißt es zur Begründung. Am 14. Juli gestehen die drei anderen Verdächtigen, Abu Khdeir entführt, brutal geschlagen und dann bei lebendigem Leibe verbrannt zu haben. Gegen sie wird am 17. Juli Anklage erhoben.

In einem Gastbeitrag führt der EU-Botschafter in Israel Lars Faaborg- Andersen in „Haaretz“ an die israelische und palästinensische Adresse aus, dass von der Zwei-Staaten-Lösung und der gegenseitigen Anerkennung Israelis und Palästinenser gleichermaßen profitieren würden. Der Frieden zwischen beiden Völkern würde außerdem zur regionalen Stabilität beitragen sowie den bislang ungenutzten Ressourcen für die Entwicklung im Nahen Osten den Weg bahnen. Die vielen Millionen Euros, die jedes Jahr an die Palästinensische Autonomiebehörde gezahlt würden, seien kein humanitärer Scheck, sondern dienten dem Aufbau eines funktionierenden palästinensischen Staates als Partner Israels 235 .

In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ plädiert der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag Rainer Arnold dafür, israelische Drohnen vom Typ „Heron-TP“ zu mieten, um die Abhängigkeit von den USA zu mindern. Schon jetzt setzt die Bundeswehr diesen Typ in Afghanistan ein.

235 Lars Faaborg-Andersen: Europe’s key message to Israel, the Palestinians: Make peace, we’ll support you, in „Haaretz“ 06.07.2014. Vgl. die Eintragungen am 24.06. und am 03.01.2014 in dieser Menüleiste.

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04.07.2014: Der arabisch-israelische Schriftsteller und Autor Sayed Kashua , der seine Bücher und Kolumnen bisher in hebräischer Sprache geschrieben hat, kündigt in aufgewühlter Stimmung unter dem Eindruck der öffentlichen Stimmung seinen endgültigen Abschied aus Jerusalem und zunächst die Rückkehr in den Wohnort seiner Geburt, nach Tira im Kleinen Dreieck, an, bevor er möglicherweise auf Dauer nach Chicago übersiedeln wolle. Von nun an werde er nur noch in englischer Sprache publizieren. Zur Begründung schreibt Kashua, dass die Zeit vorüber sei, in der es möglich sei, dass Araber und Juden gemeinsam in diesem Land auf Augenhöhe leben können 236 . Am 06. Juli wird gemeldet, dass Kashuas Buch „Tanzende Araber“ am 10. Juli als Aufmacher des Jerusalemer Filmfestivals im „Sultan’s Pool“ nahe dem Jaffator gezeigt werden soll 237 .

03.07.2014: Am ersten Jahrestag der Absetzung des ägyptischen Präsidenten Mohamed Mursi kommt es in Kairo zu schweren Zusammenstößen, bei denen 5 Menschen den Tod finden.

02.07.2014: Saudi-Arabien zieht an der 800 Kilometer langen Grenze zum Irak 30.000 Soldaten zusammen.

01.07.2014:

236 Sayed Kashua: Why Sayed Kashua is leaving Jerusalem and never coming back, in „Haaretz“ 04.07.2014.

237 Nirit Anderman: ‘Dancing Arab’ to launch Jerusalem Film Festival, in „Haaretz“ 06.07.2014.

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Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo ğan kündigt seine Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten an. Die Wahl findet am 10. August statt. An ihr können auch die in der Bundesrepublik lebenden Türken mit türkischer Staatsbürgerschaft teilnehmen. Die Vereidigung des neuen Präsidenten soll am 28. August stattfinden. Für einen zweiten Wahlgang, den Beobachter aufgrund der Stimmung im Lande ausschließen, ist der 24. August vorgesehen.

Juni 2014

30.06.2014: Am Abend werden die drei am 12. Juni entführten Yeshiva- Schüler Naftali Fraenkel, Gilad Sha‘ar und Eyal Yifrach nördlich von Hebron, in Halhul, gefunden. Sie sind offensichtlich in dem Auto erschossen worden, das sie aufgenommen hatte. Die Regierung beruft das Sicherheitskabinett ein. Zum Gedenken an die drei Toten ruft Verteidigungsminister Moshe Ya’alon zur „Stärkung der Siedlungen“ und zum Bau weiterer Wohneinheiten auf „Staatsböden“ in der Westbank und dazu auf, sie nach den Toten zu benennen. Justizministerin Tsipi Livni spricht sich dagegen aus, weil eine solche Entscheidung die Legitimität Israels in der Welt weiter untergraben würde. Wirtschaftsminister Naftali Bennett befürwortet die Vernichtung von „Hamas“. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vertagt eine Entscheidung auf den 01. Juli; sie wird verschoben. Das israelische Militär operiert unter dem Codenamen „Hüter des Bruders“ in allen Teilen der Westbank, wobei in der Nacht zum 01. Juli ein weiterer palästinensischer Jugendlicher, das sechste Opfer seit dem 12. Juni, getötet wird. Die Infrastruktur von „Hamas“ in der Westbank wird dabei weitgehend zerstört. Netanjahu erklärt bei der Beerdigung in Modiin, an der rund hunderttausend Menschen teilnehmen, einen „Tag der www.reiner-bernstein.de 189 – Chronologie 2014

nationalen Trauer“ . Dov Lior, Rabbiner in Kiryat Arba, der jüdischen Trabantenstadt Hebrons, macht die israelische Regierung für den Tod verantwortlich, weil sie eine antireligiöse Gesetzgebung betreibe und die Öffentlichkeit die religiösen Gebote nicht einhalte 238 . Der „European Jewish Congress“ fordert die Europäische Union auf, sofort alle Hilfen und Kontakte zur neuen Regierung der Palästinensischen Autonomiebehörde einzustellen, bis sie die Vereinbarung mit „Hamas“ zugunsten einer Regierung der nationalen Einheit aufkündigt. Bei der Begegnung mit seinem Amtskollegen Avigdor Lieberman in Berlin betont Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, dass beide Staaten „eng verbunden miteinander“ seien. Auf die israelisch-palästinensischen Beziehungen angesprochen, so Steinmeier weiter, gebe es am Ende „keine Alternative“ zu einer „Lösung am Verhandlungstisch“ und zur Zwei-Staaten-Lösung. „Mit Vorfreude“ , heißt es in der Homepage des Auswärtigen Amtes, würden beide Länder auf das 50. Jubiläum der diplomatischen Beziehungen blicken 239 . Am frühen Morgen des 02. Juli wird die übel zugerichtete und dann verbrannte Leiche des 16 Jahre alten Palästinensers Mohamed Abu Khdeir in einem Waldstück bei Jerusalem aufgefunden; die Obduktion der Leiche lässt auf einen Racheakt schließen. Wie die drei jungen Israelis soll auch er, und zwar von Shuafat – einem Flüchtlingslager innerhalb der Stadtgrenzen – aus, in einem Auto aus dem Vorort Pisgat Ze’ev verschleppt worden sein. Netanjahu ordnet eine schnelle und gründliche Untersuchung an. Der palästinensische Präsident Machmud Abbas beruft das Sicherheitskabinett in Ramallah ein, macht die israelische Regierung für den Tod des Teenagers verantwortlich und appelliert an die internationale

238 Niva Lanir: Wenn Tel Aviv fällt, in „Haaretz“ 30.06.2014 (Hebr.).

239 Auswärtiges Amt: Deutschland und Israel: Eng miteinander verbunden, Berlin, 30.06.2014.

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Staatengemeinschaft, das israelische Militär zur Zurückhaltung zu bewegen. Susan Rice, die nationale Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, verurteilt die Ermordung des Palästinensers in scharfen Worten und fordert die israelische Regierung vor, auf Repressalien zu verzichten. Außenminister John Kerry findet „keine angemessenen Worte, um dem palästinensischen Volk unsere Anteilnahme auszusprechen” . In Jerusalem kommt es zu schweren Auseinandersetzungen und Straßenkämpfen zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei. Extremistische jüdische Demonstranten skandieren „Tod den Arabern“ und „Rache“ . Im Gazastreifen demolieren Demonstranten die Bankautomaten, damit Angestellte der „Fatah“ kein Geld abheben können. In Jerusalem ruft auf einer Friedensdemonstration, an der nicht mehr als tausend Menschen teilnehmen, der Vorsitzende der Arbeitspartei Isaac (Yitzhak) Herzog in Erinnerung, dass beide Völker in diesem Land zusammenleben müssen. Die Zahl der palästinensischen Toten steigt bis zum Abend des 02. Juli auf 7. Beobachter fürchten einen Flächenbrand. Gegenüber einem TV-Sender verwahrt sich der „Hamas“-Repräsentant Khaled Meshal gegen am 03. Juli die Behauptung, dass seine Organisation hinter der Entführung und Ermordung der drei Israelis stecke. Der britische Premier David Cameron äußert sich am 03. Juli empört über den Tod Abu Khdeirs. Die Europäische Union verurteilt am 056. Juli „aufs Schärfeste“ den Tod. Von Seiten der Bundesregierung liegt bis dato keine öffentlich verwertbare Stellungnahme vor. Auf der Berliner Homepage des Auswärtigen Amtes ist weiterhin der Bericht „Deutschland und Israel: Miteinander eng verbunden“ nachzulesen. Nach mehrfachem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Sderot im Süden Israel und vier Kilometer von der Grenze entfernt verstärkt die israelische Armee am 03. Juli ihre Präsenz an der Grenze. Am 05. Juli zitiert Yossi Verter in „Haaretz“ www.reiner-bernstein.de 191 – Chronologie 2014

Repräsentanten des Regierungslagers, das Liebermans Haltung „für gewöhnliche Sterbliche unverständlich“ sei.

Nach einem israelischen Pressebericht haben sich bei einer Umfrage des „Washington Institute for Near East Policy“ 60,3 Prozent der Palästinenser für einen Staat zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan ausgesprochen, wobei eine große Mehrheit sich für den Volkswiderstand und gegen den Einsatz von Gewalt ausgesprochen habe 240 .

In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ zeigt sich der frühere US- Botschafter in Israel Daniel C. Kurtzer 241 darüber verwundert, dass unter den israelischen Politikern niemand mehr die Zwei-Staaten- Lösung als Ziel der Verhandlungen mit den Palästinensern nenne. Deshalb fordert er die USA auf, Israelis und Palästinensern zu „harten, aber notwendigen Entscheidungen“ zu veranlassen, um der Zwei-Staaten-Lösung zum Erfolg zu verhelfen. Einen Hinweis auf eine politische Rolle Europas fehlt in der Aufforderung Kurtzers 242 .

29.06.2014: In einem Gastbeitrag vertritt der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erakat in „Haaretz“ die These, dass ohne eine Zwei-Staaten-Lösung ein langer Kampf für bürgerliche Rechte beginnen werde, „um die israelische Apartheid im historischen Palästina zu besiegen“ . Dagegen helfe nur die internationale Gemeinschaft. Über die „Guidelines“

240 Poll: Palestinians overwhelmingly reject two-state solution, want Palestine ‘from river to sea’, in „Haaretz” 30.06.2014.

241 Vgl. zuletzt die Eintragung am 05.06.2014 in dieser Zeitleiste.

242 Daniel Kurtzer: The U.S. must inject life into a moribund peace process, in „Haaretz” 30.06.2014.

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der Europäischen Union 243 hinaus müsse sie, wenn sie an die Zwei-Staaten-Lösung glaube, den Staat Palästina anerkennen, den Zugang Palästina zu internationalen Verträgen unterstützen und die Visumspflicht für israelische Siedler einführen. Die Realität vom „Ende der Zwei-Staaten-Lösung“ lasse sich in allen internationalen Dokumenten nachlesen, was jedoch fehle, sei die operative Politik 244 .

In die wöchentliche Kabinettssitzung bringt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Vorschlag ein, den nördlichen Zweig der Islamischen Bewegung in Israel unter Führung von Sheikh Raed Saleh als illegale Organisation verbieten zu lassen, weil sie sich mit Terrororganisationen wie „Hamas“ identifiziere. Die Regierung billigt einen Plan, in den kommenden fünf Jahren 86 Millionen US-Dollar in Ost-Jerusalem zu investieren, um einer Teilung der Stadt vorzubeugen und die Bindungen zur Westbank zu schwächen 245 . Am „Institute for National Security Studies“ an der Universität Tel Aviv verlangt Netanjahu am Abend die militärische Kontrolle über die gesamte Westbank über die Entmilitarisierung eines Staates Palästina hinaus und verweist darauf auf die alliierten Truppenstationierungen in Deutschland, Japan und Südkorea nach dem Zweiten Weltkrieg – wobei jene die dortigen Bevölkerungen vor einem Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion schützen sollten, ohne in deren Souveränitätsrechte einzugreifen. Außerdem spricht sich Netanjahu im Widerspruch zu den USA, die für einen ungeteilten Staat Irak plädieren, für einen kurdischen Staat im bisher autonomen Norden des Landes aus und sichert der dortigen Bevölkerung die israelische Hilfe zu.

243 Vgl. zuletzt die Eintragung am 07.03.2014 in dieser Zeitleiste.

244 Saeb Erakat: Mideast Peace impossible without international action, in „Haaretz” 29.06.2014.

245 Barak Ravid: Cabinet approves plan to tighten control over East Jerusalem, in „Haaretz” 29.06.2014.

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Im Irak sollen mehr als 1,2 Millionen Menschen auf der Flucht sein. In einer Videobotschaft ruft ISIS für Syrien und den Irak das Kalifat „Islamischer Staat“ aus mit Abu Bakr Al-Bagdadi an der Spitze. Russland liefert der irakischen Regierung neue und gebrauchte Kampfflugzeuge zum Einsatz gegen die ISIS-Terroristen. Sie sollen in der Nähe der syrischen Metropole Aleppo neun Männer ermordet und anschließend gekreuzigt haben, weil sie für andere Rebellengruppen gekämpft hätten. Nach einer Meldung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 30. Juni haben sich ISIS und die syrisch-sunnitische „Al-Nusra“-Front versöhnt haben. Weiter berichtet das Blatt, dass die libanesische „Hisbollah“ über 295 Millionen Euro aufgrund „ihrer Schmuggelimperien in Westafrika und Südamerika“ verfügen soll 246 . Andere Beobachter bezweifeln, ob die Gemeinsamkeiten angesichts der Rivalitäten untereinander von Dauer sind.

Die israelische Regierung genehmigt die Arbeitserlaubnis für weitere 1.500 Jordanier im Badeort Eilat, um die dortigen personellen Engpässe in den Hotels zu überbrücken. Bisher waren für 300 Jordanien Genehmigungen erteilt worden. Die Arbeitskräfte müssen nach Beendigung ihrer Schichte nach Jordanien zurückkehren.

26.06.2014: In einer Erklärung warnt das französische Außenministerium vor finanziellen Aktivitäten und Investitionen in den Siedlungen der Westbank, Ost-Jerusalems und auf den Golanhöhen. Nach internationalem Recht seien die Siedlungen illegal 247 .

246 Markus Bickel: Wiedervereinigung der Terroristen, in „Haaretz” 30.06.2014, S. 3.

247 Barak Ravid: France warns: Don’t invest in W. Bank, Golan, in „Haaretz” 26.06.2014, S. 1.

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Der US-Sondergesandte Martin Indyk, der Außenminister John Kerry auf seiner Vermittlungstour nach Jerusalem und Ramallah begleitete 248 , tritt von seiner Berufung zurück und kehrt an die „Brookings Institutions“ zurück. Nach dem Scheitern einer Rahmenvereinbarung bis zum 29. März hatte sich Indyk deutlich kritisch zur Verweigerung Benjamin Netanjahus geäußert.

Amram Mitzna, ehemals Bürgermeister von Haifa, später Kandidat der Arbeitspartei für das Amt des Ministerpräsidenten und heute Abgeordneter der Partei „Die Bewegung (ha-Tnuah)“, vergleicht die Partei „Das jüdische Haus (ha-Bait ha-Yehudi)“ von Wirtschaftsminister Naftali Bennett mit „Hamas“. Beide hätten dieselben Ziele. Der palästinensische Präsident Machmud Abbas sei der beste Partner, den Israel je gehabt habe 249 .

Judy Maltz berichtet in „Haaretz“ von der durch die israelische Regierung geförderten Führung jüdischer Journalisten aus den USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Russland, Belgien, Frankreich und Holland, bei der ihnen ein harmonisches Bild des Zusammenlebens von jüdischen Siedlern und arabischen Palästinensern vermittelt werden soll. Nach dem Bericht der Reporterin werde den Medienleuten nur das gezeigt, was politisch genehm sei. Zu ihren Gesprächspartnern gehörten die Abgeordnete der Partei „Das jüdische Haus (ha-Bait ha-Yehudi)“ Shuli Moalem, der Vorsitzende des Auswärtigen und Sicherheitsausschusses der Knesset Ze‘ev Elkin („Likud“), der frühere stellvertretende Generalstabschef und nationale Sicherheitsberater Uzi Dayan – er erklärt den Journalisten die strategische Bedeutung des Jordantals und wird von der Begleitung des Informationsamtes der Regierung für seine

248 Vgl. die Eintragung am 17.04.2014 in dieser Zeitleiste.

249 Mitzna: Bayit Yehudi working toward the same goals as Hamas, in „The Jerusalem Post” 26.06.2014.

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Bemerkungen zu „Judäa und Samaria“ zurechtgewiesen – und der Vorsitzende des Rates der Siedlungen im „Gush Etzion“ Davidi Perl. Dieser räumt ein, dass er nicht gerade glücklich darüber sei, wenn seine Kinder mit palästinensischen Gleichaltrigen Fußball spielen und zum Schwimmen gehen. „Wir haben unterschiedliche Kulturen. Wir wollen keine Mischehe“ , wird Perl zitiert. Gleichsam aus Gründen der Ausgewogenheit, so Maltz weiter, seien die bei Ramallah entstehende palästinensische Wohnsiedlung Rabawi und ein Gespräch mit dem Baulöwen Bashar Masri eingeplant worden, die nur mit israelischer Genehmigung gebaut werden könne 250 .

In den Waldstücken um Ein Kerem und Kiryat Yuvel bei Jerusalem wüten Brände. Das Hadassah-Krankenhaus ist ebenfalls bedroht. Erst nach mehreren Stunden können die Brände unter Kontrolle gebracht werden.

25.06.2014: In Libyen finden Parlamentswahlen um die 200 Sitze im Repräsentantenhaus statt. Die Auszählung soll eine Woche dauern.

Israels Staatspräsident Shimon Peres trifft bei seinem Abschiedsbesuch mit US-Präsident Barack Obama in Washington zusammen. Dabei nennt er den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas einen „mutigen Partner des Friedens“ . Zuvor hatte ihn Wirtschaftsminister Naftali Bennett in einem Rundfunkinterview als einen „Mega-Terroristen“ beschimpft. Peres fordert die US- Administration auf, im irakischen Bürgerkrieg nicht Partei zu ergreifen. Dafür habe die Arabische Liga Mittel und Kräfte, ihn zu beenden. Im Anschluss wird Peres im Kongress geehrt. Seine Amtszeit endet am 27. Juli.

250 Judith Maltz: Explaining the occupation to polite Jewish journalists, in „Haaretz” 26.06.2014.

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24.06.2014: Das Pariser Außenministerium warnt französische Firmen vor wirtschaftlichen Aktivitäten und finanziellen Investitionen in der Westbank, in Ost-Jerusalem und auf den Golanhöhen. Am 27. Juni folgen Spanien und Italien. In ihrer Erklärung weisen sie darauf hin, dass damit nicht die Beeinträchtigung des Handels und der Zusammenarbeit mit Israel in den international anerkannten Grenzen vor 1967 gemeint sei. Bei einer Veranstaltung der „Genfer Initiative“ erklärt der EU-Botschafter in Israel Lars Faaborg-Andersen am 27. Juni, dass die Geduld der Europäer mit der israelischen Siedlungspolitik am Ende sei 251 . Am 02. Juli schließt sich Portugal dem französischen und italienischen Aufruf an.

Jordaniens König Abdullah II. trifft zu einem Arbeitsbesuch in Berlin ein und wird von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen.

23.06.2014: Nach der Blockade der sunnitischen ISIS-Einheiten im Irak des den einzig übriggebliebenen Grenzübergangs verstärkt Jordaniens Armee die Grenzbefestigungen zum Nachbarstaat. Nach Gesprächen in Kairo und Amman trifft US-Außenminister John Kerry in Bagdad ein, wo er sich dem Vernehmen nach um die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit unter Beteiligung aller politischen Kräfte bemühen will252 . Am 24. Juni lässt Syriens Staatschef Bashar Assad Stellungen der ISIS im Grenzbereich zum Irak angreifen. Am 25. Juni lehnt Ministerpräsident Nuri Al-Maliki eine „Regierung der

251 Barak Ravid: Der Botschafter der Union in Israel: Europa verliert die Geduld für die Politik Israels, in „Haaretz” 27.06.2014 (Hebr.).

252 Vgl. zuletzt die Eintragung am 17.06.2014 in dieser Zeitleiste.

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nationalen Rettung“ ab. Auch Teile der schiitischen Bevölkerung, die er repräsentieren will, wenden sich gegen ihn, weil sie sich vom Vormarsch der ISIS-Einheiten bedroht fühlen.

Nach Angaben der internationalen Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) haben die letzten Reste chemischer Kampfstoffe Syrien verlassen 253 .

Etwa 500 jüdische Israelis und arabische Palästinenser demonstrieren gemeinsam in der Altstadt zur Umarmung Jerusalems („Jerusalem Hug“).

22.06.2014: In Kairo bestätigt ein Gericht das Todesurteil gegen 182 Angehörige der Moslembruderschaft, darunter gegen ihren Vorsitzenden Mohamed Baradei 254 . Am selben Tag werden drei TV-Journalisten des in Qatar ansässigen Senders Al-Djazeera, darunter ein australischer Reporter, wegen „falscher Berichterstattung“ und angeblicher Nähe zu den Moslembrüdern zu je sieben Jahren Gefängnis verurteilt. 16 weitere Journalisten erhalten Gefängnisstrafen. Staatspräsident Abdel Fatah Al-Sisi unterstreicht die Unabhängigkeit der Gerichte. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ sind von dem neuen Militärregime seit dem Sturz des islamischen Präsidenten Mohamed Mursi im Sommer 2012 nicht weniger als 40.000 Menschen ins Gefängnis geworfen worden 255 .

253 Vgl. zuletzt die Eintragung am 27.05.2014 in dieser Zeitleiste.

254 Vgl. zuletzt die Eintragung am 07.06.2014 in dieser Zeitleiste.

255 Tomas Avenarius: Justiz der Generäle, in SZ 24.06.2014, S. 4.

www.reiner-bernstein.de 198 – Chronologie 2014

Erstmals seit vielen Jahren kommt beim Beschuss der Golanhöhen von Syrien aus ein Israeli ums Leben, ein 15 Jahre alter arabischer Junge. Das israelische Militär reagiert mit Luftangriffen. Dabei sterben 10 Menschen.

19.06.2014: Nach offiziellen Angaben ist die Zahl der syrischen Flüchtlinge in der Türkei auf über 1 Million gestiegen. In Jordanien leben nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks (UNHCR) vom 20. Juni über 640.000 Flüchtlinge aus Syrien. Nach zwei Bombenanschlägen in Beirut am 24. Juni und im Zuge der schwindenden Kontrolle der „Hisbollah“ in den von ihr beherrschten Gebieten droht Libanon mehr denn je in den Sog des Bürgerkriegs in Syrien zu geraten.

In Berlin kündigt Bundeskanzlerin Angela Merkel gegenüber ihrem tunesischen Amtskollegen Mehdi Yomaa eine verstärkte deutsche Ausbildungshilfe für die Polizei und die Lieferung von schusssicheren Westen an, damit die Grenzen Tunesiens besser kontrolliert werden können.

Die UNESCO nimmt das palästinensische Dorf Battir, das sich durch seine jahrhundertealte Terrassenkultur auszeichnet, in das Weltkulturerbe auf. Damit ist der Bau der israelischen Sperrmauer im Tal zwischen dem Dorf und seinen Feldern, die dem Schutz der Eisenbahnstrecke zwischen Jerusalem und Tel Aviv dienen sollte, zunächst abgewendet. Unterstützung findet die Entscheidung bei der jüdischen Kfar Etzion School, die durch die Sperrmauer schwere ökologische Probleme erwartet. Beobachter weisen außerdem darauf hin, dass der Verzicht ein weiterer Schritt auf dem Weg in die Annexion der Zone C in der Westbank sei 256 .

256 Vgl. die Eintragung am 23.02.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 199 – Chronologie 2014

18.06.2014: In einem letzten Schritt genehmigt die Jerusalemer Stadtverwaltung den Bau von 175 neuen Wohneinheiten in Har Homa im Süden der Stadt 257 . Am 19. Juni beschließt die Regierung die Zuweisung von weiteren fünf Millionen Neuen Shekel ( ≈ 1,06 Millionen Euro) für die Siedlungen.

17.06.2014: Der britische Außenminister William Hague kündigt die Wiedereröffnung der Botschaft in Teheran an. London hatte im Herbst 2011 seinen Botschafter abgezogen. Hintergrund der Entscheidung dürfte die Bedrohung der territorialen Integrität des Iraks durch die sunnitische Extremistenorganisation „Islamischer Staat im Irak und Großsyrien (ISIS – Syriak)“ sein 258 . Jordanien verstärkt seine Sicherheitsvorkehrungen an der 180 Kilometer langen Grenze zum Irak; der Iran folgt dieser Entscheidung. Amman befürchtet eine neue Flüchtlingswelle, nachdem es nach dem zweiten Golfkrieg 1991 schon einmal knapp 800.000 Iraker aufnehmen musste. Am 19. Juni rückt US- Präsident Barack Obama indirekt vom irakischen Regierungschef Nuri Al-Maliki ab, weil er als Repräsentant der schiitischen Bevölkerungsmehrheit zur religiös-ethnischen Spaltung des Landes beigetragen habe, und kündigt die Entsendung bis zu 300 Militärberatern in den Irak an. Sie sollen bei der Ausbildung der Soldaten helfen und Ziele der ISIS- Terroristen identifizieren. Den Einsatz von amerikanischen Bodentruppen lehnt Obama erneut ab. Der ehemalige Ministerpräsident Iyyad Alawi spricht sich für eine Regierung der nationalen Einheit aus.

257 Vgl. die Eintragung am 26.05.2014 in dieser Zeitleiste.

258 Vgl. die Eintragung am 09.06.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 200 – Chronologie 2014

Der erste Botschafter Israels in Bonn Asher Ben-Natan stirbt im Alter von 93. Jahren in Tel Aviv.

12.06.2014: Am Abend werden die drei Naftali Fraenkel, Gilad Sha‘ar und Eyal Yifrach der Yeshiva „Shavei Hebron („Rückkehrer nach Hebron)“ entführt. Die israelische Regierung macht dafür „Hamas“ verantwortlich, obwohl diese sich von der Entführung distanziert. Über Hebron wird der Ausnahmezustand verhängt, das israelische Militär nimmt über 250 Palästinenser fest, unter ihnen den Vorsitzenden des „Palestinian Legislative Council (PLC)“ Aziz Dweik. Die in den Hungerstreik getretenen rund hundert palästinensischen „Verwaltungshäftlingen“ sollen künstlich ernährt werden. Außerdem werden erneut Palästinenser festgenommen, die im Zuge der Verhandlungen von Israel freigelassen wurden 259 .

Am 15. Juni demonstrieren unter Beteiligung des aschkenasischen Oberrabbiners David Lau rund 25.000 Israelis vor der „Klagemauer“ in der Jerusalemer Altstadt für die Freilassung der drei Entführten. Der palästinensische Präsident Machmud Abbas fordert am 17. Juni die Entführer zur sofortigen Freilassung der drei jungen Israelis auf. In den frühen Morgenstunden des 18. Juni stürmt die israelische Armee das Büro der palästinensischen TV-Produktionsgesellschaft „Transmedia“ in Hebron, die für mehrere internationale Anstalten arbeitet, so auch für die Deutsche Welle. Die Verhaftungswelle und die Razzien in der Westbank werden fortgesetzt. Am 20. Juni wird ein palästinensischer Junge von israelischen Soldaten erschossen. In einem Interview mit

259 Vgl. zuletzt die Eintragung am 01.04.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 201 – Chronologie 2014

„Haaretz“ verlangt Abbas am 22. Juni von Benjamin Netanjahu, dass sich dieser vom Tod von drei palästinensischen Jugendlichen entschuldige, so wie er – Abbas – die Entführung der Religionsschüler verurteilt habe 260 . Am Abend des 22. Juni wird das Kulturmagazin „This Week in Palestine“ in Ramallah von israelischen Soldaten gestürmt und geschlossen. Bis zum 23. Juni sterben fünf Palästinenser. Die Zahl der Festnahmen erhöht sich auf 340 Palästinenser. Die Bildung der vereinbarten Regierung der nationalen Einheit liegt vorerst auf Eis. Am 24. Juni erinnert der israelisch-arabische Kolumnist Oudeh Basharat daran, dass nach der Entführung des Korporals Gilad Shalit im Sommer 2006 die israelische Armee im Zuge der „Operation Sommerregen“ 394 Palästinenser im Gazastreifen getötet habe 261 . In- und ausländische Beobachter befürchten eine Explosion der Lage, die sich auch gegen Abbas richten könnte, weil er die Aktionen der israelischen Armee nicht protestiert habe. In- und ausländische Beobachter befürchten eine Explosion der Lage, die sich auch gegen Abbas richten könnte, weil er gegen die Aktionen der israelischen Armee nicht protestiert habe. Von den drei israelischen Entführten fehlt weiterhin jede Spur. Am Morgen des 25. Juni beenden die Palästinenser ihren Hungerstreik, nachdem die Knesset eine Entschließung verschoben hatte, sie künstlich zu ernähren. Am 26. Juni teilt der israelische Inlandsgeheimdienst „Shin Bet“ mit, zwei Entführer der jungen Israelis identifiziert zu haben. Sie sollen zu „Hamas“ gehören.

10.06.2014:

260 Elias Khoury and Barak Ravid: Abbas to Haaretz: Netanyahu: should denounce deaths of three Palestinian teenagers, in „Haaretz” 22.06.2014.

261 Oudeh Basharat: As Israel overturns the West Bank, who will protect the Palestinians?, in „Haaretz” 24.06.2014.

www.reiner-bernstein.de 202 – Chronologie 2014

Der 1939 in Jerusalem geborene Reuven Rivlin wird im zweiten Wahlgang zum zehnten Staatspräsidenten Israels gewählt und tritt sein Amt Anfang August in der Nachfolge von Shimon Peres an. Rivlins Familie lebt in der achten Generation in Jerusalem. Er erhält 63 der 120 Stimmen (davon lediglich 13 der 20 „Likud“- Abgeordneten), sein Konkurrent Meir Sheetrit 53 Stimmen. Im ersten Wahlgang entfielen auf Rivlin 53 Stimmen, auf Sheetrit 31, auf Dalia Itzik 28, auf Dalia Dorner 13 und auf Dan Shechtman eine Stimme 262 . Shechtman wird das Interesse an der Gründung einer eigenen Partei nachgesagt. Während sich Rivlin einen Namen für die individuellen Rechte der arabisch-palästinensischen Bevölkerung diesseits und jenseits der einstigen Grünen Linie gemacht hat, lehnt er die Zwei- Staaten-Lösung ab. 2005 trat er gegen den von Ministerpräsident durchgesetzten Rückzug aus dem Gazastreifen auf. In der Nachfolge Rivlins als Parlamentspräsident wird am 11. Juni erstmals eine Frau gewählt, Carmel Shama-Hacohen.

Auf Veranlassung der in Israel stationierten Botschafter Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Spaniens und Deutschlands verschiebt die israelische Zivilverwaltung für die Westbank den Bau von 1.800 Wohneinheiten, so in Ariel, Har Bracha, Alfei Menashe, Oranit und anderen Siedlungen. Die Pläne zum Bau von 381 Wohneinheiten in Givat Ze‘ev im metropolitanen Jerusalem werden aufrechterhalten 263 .

Vor der Knesset verteidigt der stellvertretende Verteidigungsminister Danny Danon die Vertreibung von weiteren Palästinensern aus Landstrichen in der Zone C der Westbank, die für militärische Übungszwecke bestimmt sind 264 .

262 Vgl. die Eintragung am 27.05.2014 in dieser Zeitleiste.

263 Vgl. die Eintragung am 04.06.2014 in dieser Zeitleiste.

264 Jonathan Lis: Defense Ministry: Army to keep expelling Palestinian residents from firing zones, in „Haaretz” 12.06.2014, S. 2. www.reiner-bernstein.de 203 – Chronologie 2014

09.06.2014: Beginn der militärischen Offensive der bis zu 12.000 Kämpfer zählenden Extremistenorganisation „Islamischer Staat im Irak und Großsyrien (ISIS)“ im Norden des Irak mit der Einnahme Mossuls, Kirkuks und anderer Städte. In Mossul wird das türkische Generalkonsulat gestürmt, 47 Mitarbeiter werden gefangengenommen, darunter der Generalkonsul. Am 10. Juni tritt der UN-Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Die USA bieten der Regierung in Bagdad Hilfe im Kampf gegen die Extremisten an. Zum Schutz ihrer Botschaft und US-amerikanischer Einrichtungen schickt Washington zusätzlich zur Entsendung zweier Kriegsschiffe in den Persischen Golf am 17. Juni 275 Soldaten – nach anderen Angaben sind es 500 Soldaten – nach Bagdad.

08.06.2014: Nach seinem Wahlsieg am 29. Mai wird Abdel Fatah Al-Sisi als neuer Staatspräsident Ägyptens in sein Amt eingeführt.

In den Vatikanischen Gärten Roms beten Papst Franziskus, der israelische Staatspräsident Shimon Peres und der palästinensische Präsident Machmud Abbas getrennt für den Frieden von Israelis und Palästinensern 265 . Gemeinsam pflanzen sie anschließend einen Olivenbaum.

Ungeachtet der „Pause“ in den israelisch-palästinensischen Verhandlungen unterzeichnet der Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso in Jerusalem im Beisein mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Vertrag über die

265 Vgl. die Eintragung am 24.-26.05.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 204 – Chronologie 2014

wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen Europa und Israel, das „Horizon 2020“-Programm; im November 2013 hatte sich die israelische Regierung verpflichtet, die ihr durch den Fonds zugänglichen Mittel nicht in den palästinensischen Gebieten einzusetzen. Mit dem EU- Forschungs- und Innovationsprogramm, das seit 1996 läuft und von dem Israel wie die EU-Mitgliedsstaaten und assoziierte Staaten im Rahmen der „Strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Mittelmeerregion und dem Nahen Osten“ profitieren, sind seither 780 Millionen Euro an Israel gegangen, während Israel selbst 530 Millionen Euro investiert hat. In einem Beitrag für „Haaretz“ will Barroso klarstellen, dass die Anerkennung einer neuen palästinensischen Regierung davon abhängt, dass sie Israels legitimes Recht auf Existenz anerkennt, sich der Zwei-Staaten- Regelung verpflichtet fühlt und frühere Vereinbarungen und Verträge einhält. Barroso übergeht die Frage, ob die israelische Politik diese Prinzipien akzeptiert 266 .

Der ministerielle Rechtsausschuss der israelischen Regierung diskutiert unter der Leitung von Justizministerin Tsipi Livni eine Vorlage zur Verabschiedung eines „Nationalen Grundgesetzes“, das Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Anfang Mai angekündigt hatte. Die Definition „Staat des jüdischen Volkes“ soll Israel als „jüdisch und demokratisch“ definieren. Das Recht auf nationale Selbstbestimmung soll nur dem jüdischen Volk vorbehalten sein. Den nicht-jüdischen Staatsbürgern würden persönliche Rechte eingeräumt 267 .

266 José Manuel Barroso: Israel must engage with, not withdraw from, peace, in „Haaretz” 08.06.2014. Zum „Horizon 2020”-Programm s. zuletzt die Eintragung am 07.03.2014 in dieser Zeitleiste.

267 Dazu die Untersuchung von Reiner Bernstein: Die Vollendung des Neo-Zionismus“ in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage. Eintragung am 24.-26.05.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 205 – Chronologie 2014

07.06.2014: In Vorabmeldungen berichten internationale Medien, dass es die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton, die zwischen 2009 und 2013 das „State Department“ führte, in ihrer Autobiographie „Hard Choices“, die 10. Juni erscheinen soll, als Fehler Washingtons bezeichnet habe, von Israel 2009 einen Siedlungsstopp zu verlangen. Das habe zur Verhärtung der israelischen Politik geführt und sei von der Palästinensischen Autonomiebehörde nicht honoriert worden. Das Buch wird allgemein als ein Schritt auf dem Weg in die Bewertung als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gewertet, obwohl Clinton mitteilen lässt, dass sie sich noch nicht entschieden habe.

In Ägypten werden in Abwesenheit der Angeklagten 10 Moslembrüder zum Tode verurteilt 268 .

05.06.2014: „Haaretz“ berichtet über die am 07./08. Juni in bevorstehende Konferenz der friedensorientierten US- amerikanischen Lobby-Organisation „“, zu der der ehemalige palästinensische Ministerpräsident Salam Fayyad, der frühere US- amerikanische Botschafter in Israel Daniel Kutzer sowie die frühere israelische UN-Botschafterin Gabriela Shalev eingeladen sind; aus Israel kommt u.a. die Abgeordnete der Arbeitspartei . Der Reporter schreibt, dass „J Street“ wie keine andere Organisation von Seiten der jüdischer Verbände als israelische „Hisbollah“, als „Nazi-Kollaborateure“ und als Anhänger von „Jews for Jesus“

268 Vgl. zuletzt die Eintragung am 28.04.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 206 – Chronologie 2014

dämonisiert worden sei 269 . In seiner Eröffnungsansprache bezeichnet Kurtzer am 07. Juni das Verhältnis zwischen Präsident Barack Obama und Benjamin Netanjahu so schlecht wie nie zwischen zwei Spitzenpolitkern. Wenn sich die USA in die inneren Angelegenheiten Israels so eingemischt hätten wie umgekehrt, hätte es in Israel einen Sturm der Entrüstung gegeben, begründet er die Entfremdung. Die israelische Politik müsse endlich verstehen, dass auch die USA ein souveränes Land seien 270 .

Aus der jüngsten Umfrage des „Israel Democracy Institute“ und der Universität Tel Aviv geht hervor, dass 49 Prozent der jüdischen und 72 Prozent der arabischen Israelis die Idee einer Annexion großer Teile der Westbank ablehnen, während 43 Prozent der jüdischen und 18 Prozent der arabischen Israelis ihr zustimmen würden. Gleichzeitig lehnen 60 Prozent der jüdischen Israelis einen einseitigen Rückzug aus großen Teilen der Westbank ab, 25 Prozent stimmen ihm zu.

Ari Shavit warnt in „Haaretz“ vor der Wahl von Reuven Rivlin als Nachfolger von Staatspräsident Shimon Peres. Rivlin sei ein Befürworter von Groß-Israel und werde versuchen, die Siedlungspolitik in der Westbank zu fördern, weil er an die Zukunft eines einzigen Staates zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan glaube 271 .

Die australische Regierung zieht die Bezeichnung „besetzt“ im Zusammenhang mit Ost-Jerusalem zurück, weil dieser Stadtteil zur Verhandlungsmasse mit den Palästinensern gehöre.

269 Bradley Burston: In post-Kerry reboot, J Street to open conference with ex-Palestinian PM, in „Haaretz” 05.06.2014.

270 Bradley Burston: Ex-envy: U.S.-Israel ties have never been so bad, in „Haaretz” 09.06.2014.

271 Ari Shavit: Rivlin as president is a recipe for disaster, in „Haaretz” 06.06.2014.

www.reiner-bernstein.de 207 – Chronologie 2014

Als humanitäre Hilfen stellt China den syrischen Flüchtlingen vor allem in Jordanien und im Libanon 16 Millionen US-Dollar zur Verfügung.

04.06.2013: Israel Wohnungsbauminister Uri Ariel kündigt Ausschreibungen für 1.500 neue Wohneinheiten in der Westbank (in Efrat, Beitar Illit und Adam) und in Ost-Jerusalem (400 Wohneinheiten in Givat Ze‘ev) als „angemessene zionistische Antwort“ auf die palästinensische Einheitsregierung an. In einem Interview mit dem israelischen Armeerundfunk kritisiert der US-amerikanische Botschafter in Israel Dan Shapiro den Siedlungsbau. Der niederländische Botschafter in Israel Casper Veldkamp äußert sich namens seiner Regierung „enttäuscht“ . Die „Jerusalem Post“ berichtet von Äußerungen John Kerrys am 03. Juni in Beirut, dass die USA „keine Regierung in Bezug auf Palästina anerkennen, weil das die Anerkennung eines Staates bedeutet würde, den es nicht gibt“ . Mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stehe er im täglichen Telefonkontakt, und zwar „als ein Freund wie als Ministerpräsident des Landes“ . Kerry fügt hinzu: „Israel ist unser Freund, unser starker Alliierter 272 .“ Im Nachgang zur Ankündigung Uri Ariels gibt Netanjahu am 05. Juni den Planungsprozess für weitere 1.850 Wohneinheiten frei, und zwar in Alei Zahav (683 Einheiten), in Bruchin (510 Einheiten), in Givat Ze‘ev (381 Einheiten), in Alon Shvut (60 Einheiten), in Beitar Illit (48 Einheiten), in Maale Adumim (46 Einheiten), in Kochav Yaacov (26 Einheiten), in Alfei Menashe (23 Einheiten), in Oranit und in Maale Shomron (je 18 Einheiten), in Kiryat Netafim (11 Einheiten), in Ariel und in Chalamish (je 10 Einheiten) und in Beit Arieh (6 Einheiten). Am 06. Juni berichtet „Haaretz“ vom Bau einer israelischen Farm auf

272 Herb Keinon: US envoy pans Israeli approval of settlements in response to Palestinian unity gov’t, in „The Jerusalem Post“ 05.06.2014.

www.reiner-bernstein.de 208 – Chronologie 2014

dem Gelände von Bruchin, das Palästinensern gehört 273 . Am selben Tag weist die israelische Regierung die Kritik der EU an den neuen Bauplänen zurück. Die Europäer sollten sich besser mit dem arabischen Terror und dem Blutbad in Syrien befassen. Ebenfalls am 06. Juli verurteilt die Bundesregierung die neuen Siedlungspläne.

03.06.2014: In Syrien finden in zwei Fünfteln des vom Regime kontrollierten Staatsterritoriums, so auch in Damaskus, Latakia, Tartus und Homs, Präsidentschaftswahlen statt. Die zwei zugelassenen Kandidaten gelten als regimenahe. Dem Vernehmen nach stammen die Wahlbeobachter aus Russland, dem Iran, Nordkorea, Kuba und China. Die Opposition bezeichnet die Wahl als Farce. Nach Auszählung der Stimmen wird mitgeteilt, dass bei einer Wahlbeteiligung von 73,42 Prozent – womit 11,63 Millionen Syrer zu den Urnen gingen – 88,7 Prozent für Assad, 4,3 Prozent für Hassan Al-Nouri und 3,2 Prozent für Maher Hajjar stimmten. Bisher sollen über 160.000 Syrer seit Beginn des Bürgerkrieges im März 2011 getötet worden sein, Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht.

02.06.2014: Fristgerecht vereidigt der palästinensische Präsident Machmud Abbas die neue Übergangsregierung der nationalen Einheit unter Führung von Rami Hamdallah in Ramallah. Ihm gehören 17 Mitglieder an, darunter 3 Frauen. Drei Minister können an der Vereidigung nicht teilnehmen, weil Israel ihnen die Ausreise aus dem Gazastreifen verwehrt 274 . Die Regierung des Gazastreifens unter

273 Amira Hass: Israel building on Palestinian land, in „Haaretz” 06.06.2014, S. 3.

274 Vgl. die Eintragung am 26.05.2014 in dieser Zeitleiste.

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Führung von Ismail Haniyeh tritt zurück. Nachdem US-Außenminister John Kerry kurz zuvor mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu telefoniert hat, kündigt die Sprecherin des „State Department“ an, dass Washington gewillt sei, mit der neuen Regierung zusammenzuarbeiten, aber ihre Politik genau beobachten werde; „Hamas“ steht in Europa und in den USA auf der Liste von Terrororganisationen. Das „State Department“ weist die israelische Kritik als unbegründet zurück. In einer ersten Reaktion zeigen sich israelische Regierungsmitglieder „tief enttäuscht“ über die Bereitschaft Washingtons, die Zusammenarbeit mit der neuen palästinensischen Regierung fortzusetzen. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zitiert am 03. Juni einen Politikwissenschaftler an der Al-Azhar University in Gaza-Stadt mit der Einschätzung, dass „Hamas“ weiterhin mit ihren Sicherheitskräften den Gazastreifen kontrollieren werde 275 . Der „Koordinator für die Aktivitäten in den Gebieten (COGAT)“ General Yoav Mordechai teilt mit, dass die israelische „Zivilverwaltung“ nur nach eingehender Prüfung die Genehmigung für Reisen zwischen dem Gazastreifen und der Westbank genehmigen werde. Nach einem palästinensischen Pressebericht will Israel mit Ausnahme von Abbas sämtliche VIP- Ausweise für ungültig erklären. Ebenfalls am 03. Juni bezeichnet die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton die neue Regierung als einen „wichtigen Schritt“ , während Russland die Zusammenarbeit mit ihr ankündigt. Die Vereinten Nationen, Großbritannien, China, die Türkei und Indien würdigen die Entscheidung in Ramallah und Gaza- Stadt.

Der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah begrüßt in Ramallah den niedersächsischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden des Bundesrates Stephan Weil.

275 Hans-Christian Rößler: Zwänge einer Zweckehe, in FAZ 03.06.2014, S. 5.

www.reiner-bernstein.de 210 – Chronologie 2014

Mai 2014

31.05.2014: Die israelische Regierung informiert die Palästinensische Autonomiebehörde, dass sie endgültig alle Kontakte zu ihr abbrechen werde, wenn die palästinensische Regierung der nationalen Einheit vereidigt werde.

Der US-amerikanische Historiker Gareth Porter behauptet in seinem neuen Buch „Manufactured Crisis: The Untold Story of the Nuclear Scare“ (2014) auf der Grundlage des Aktenstudiums der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien, von Gesprächen mit Washingtoner Experten und Kongressmitarbeitern, dass die USA unter Führung von Präsident Ronald Reagan den Irak Saddam Husseins im Krieg der 1980er Jahre gegen den Iran des Ayatollah Khomeini wegen der massiven atomaren Aufwertungsbemühungen unterstützt hätten, wobei mit Israel zusammengearbeitet worden sei, obwohl der IAEA keine Beweise für den Bau von Atombomben vorgelegen hätten. 2003 hätte der Iran unter Leitung von Präsident Hassan Rouhani sein entsprechendes Programm eingestellt, weil es mit dem Islam nicht vereinbar sei – was gegen die Interessen der USA und Israels gegangen sei. Der israelische Geheimdienst habe Dokumente fabriziert sie diese Mitte 2004 mittels einer militanten iranischen Oppositionsgruppe an die Bundesrepublik Deutschland weitergereicht 276 .

Am ersten Jahrestag der Demonstrationen am Istanbuler Tanzim- Platz gegen den autoritären Führungsstil von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdo ğan protestieren erneut 25.000 Menschen. Sie

276 Shemuel Meir May: Was the Iranian threat fabricated by Israel and the U.S.?, in „Haaretz“ 31.05.2014. Der Autor ist ein früherer Mitarbeiter des „Jaffee Center for Strategic Studies” an der Universität Tel Aviv.

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werden von Polizeikräften mit Tränengas und Wasserwerfern auseinandergetrieben. Am 01. Juni gehen die Demonstrationen in Ankara weiter, als eines Toten gedacht wird. Auch hier geht die Polizei brutal vor.

29.05.2014: Aus den Präsidentschaftswahlen in Ägypten geht, wie erwartet, der zurückgetretene Feldmarschall Abdel Fatah Al-Sisi als Sieger hervor. Von den abgegebenen gültigen Stimmen erhält der 59 Jahre alte Al- Sisi nach der vorläufigen Auszählung 23,9 Millionen Stimmen (96,57 Prozent), sein Herausforderer Hamdeen Sabahi nur 756.619 Stimmen (3,43 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei reichlich 47 Prozent; wahlberechtigt waren 54 Millionen der rund 90 Millionen zählenden Bevölkerung. Die Moslembruderschaft hatte zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Kritiker bemängeln, dass nach Hosni Mubarak erneut ein Militär die Regentschaft übernehmen werde, und bezweifeln die Unabhängigkeit der Wahlprüfungskommission. Gemäß der endgültigen Auszählung erhält Al-Sisi 96,91 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen.

28.05.2014: Die Knesset-Abgeordneten Ayelet Sheked („Das jüdische Haus“), Robert Ilatov („Unser Haus Israel“) und der Vorsitzende der Koalitionsfraktion Yariv Levin haben nach Medienberichten einen Gesetzentwurf eingebracht, wonach israelische Einzelpersonen, Menschenrechtsgruppen und Organisationen, die aus dem Ausland Finanzhilfen erhalten, ausdrücklich bestätigen müssen, dass sie „ausländische Agenten“ seien. Außerdem richtet sich der Entwurf allein gegen linke und liberale Personen und Organisationen, nicht jedoch gegen die Siedlungsabteilung der Zionistischen Weltorganisation, die gemäß dem Entwurf ihren steuerbegünstigten Status behalten. Zusätzlich müssen sie in regelmäßigen Abständen www.reiner-bernstein.de 212 – Chronologie 2014

den Behörden über ihre Tätigkeit berichten. Der Vorschlag komme, so heißt es in den Berichten weiter, genau zwei Jahre nach dem novellierten Gesetz, das die Steuerbegünstigung jenen Israelis einräumte, die für die Siedlungen der Westbank spenden oder Zuwendungen an solche Organisationen überweisen, die die Siedlungen unterstützen 277 .

27.05.2014: Am Vorabend des „Jerusalem-Tages“ zur Erinnerung an die förmliche Entscheidung der Regierung von Ministerpräsident im Juni 1967 betont Wohnungsbauminister Uri Ariel in Anwesenheit von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass künftig kein Baustopp für Jerusalem und für die Westbank mehr gelte. „Jerusalem wird nie wieder geteilt. Zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer gibt es nur einen Staat – den Staat Israel 278 .“ Am selben Tag wird von einer Anordnung berichtet, dass die Palästinenser daran gehindert werden sollen, auf ihre von Siedlern besetzten Grundstücke zurückzukehren, selbst wenn ein gegenteiliges Urteil des israelischen Obersten Gerichtshofs vorliegt 279 . Am 28. Mai droht Justizministerin Tsipi Livni, mit ihrer Partei „Die Bewegung (ha-Tnuah“) aus der Regierung auszuscheiden, sollte die Westbank annektiert werden. Beim Treffen mit dem Siedlerrat (YESHA = Judäa, Samaria und Gaza) am 29. Mai erklärt Netanjahu, dass die Siedler „keinen größeren Schutzschild“ als ihn hätten und er für

277 Bradley Burston: Are you a foreign agent? Israel’s 10 Most Unwanted Laws, in „Haaretz“ 28.05.2014.

278 Jonathan Lis: Minister Ariel: Es wird keinen Baustopp mehr geben, zwischen dem Jordan und dem Meer wird es nur einen Staat geben, in „Haaretz“ 28.05.2014 (Hebr.).

279 Chaim Levinson: Der Staat erschwert den Palästinensern, die Siedler von ihren Böden zu entfernen, in „Haaretz“ 27.05.2014 (Hebr.).

www.reiner-bernstein.de 213 – Chronologie 2014

sie kämpfe, er sich aber „internationalen Zwängen“ ausgesetzt sehe 280 .

Am Ende der Bewerbungsfrist für die Nachfolge von Shimon Peres stehen Reuven Rivlin („Likud“), Benjamin Eliezer (Arbeitspartei), Dalia Itzik („Kadima“), Meir Sheetrit („ha-Tnuah – Die Bewegung“), der Nobelpreisträger für Chemie von 2011 Dan Shechtman aus Haifa und die frühere Richterin am Obersten Gerichtshof Dalia Dorner für das Amt des Staatspräsidenten zur Verfügung. Zuvor gab Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen monatelangen Widerstand gegen die Kandidatur Rivlins auf. Im Vorfeld des Fristen- Endes versucht Netanyahu verzweifelt, den Friedensnobelpreis Eli Wiesel für die Kandidatur zu gewinnen. Wiesel, der nicht die israelische Staatbürgerschaft besitzt und deshalb kein passives Wahlrecht hat, lehnt dankend ab. Am 07. Juni zieht Ben-Eliezer seine Kandidatur zurück, weil er unter dem Verdacht der passiven Korruption steht.

In einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat kündigt UN- Generalsekretär Ban Ki-Moon an, dass Syrien den Termin zum Abschluss der Vernichtung seines chemischen Waffenpotentials am 30. Juni nicht einhalten dürfte. Dann würden immer noch 7,2 Prozent dieses Potentials im Lande verbleiben.

26.05.2014: „Fatah“ und „Hamas“ verständigen sich auf eine „nationale Regierung“ aus Technokraten, die nach den Parlamentswahlen innerhalb der nächsten sechs Monate gebildet werden soll. Es wird erwartet, dass Präsident Machmud Abbas noch in dieser Woche eine entsprechende Ankündigung vornimmt. Am 29. Mai ernannt Abbas

280 Barak Ravid: Netanyahu to settlers: I’m fighting for you, but there are international constraints, in „Haaretz“ 29.05.2014.

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Ministerpräsident Rami Hamdallah als Chef und Innenminister der Übergangsregierung der nationalen Einheit. Nach jordanischen Pressemeldungen soll der Ministerpräsident des Gazastreifens Ismail Haniyeh den „Palestinian Legislative Council“ leiten, das Parlament.

Die Stadtverwaltung Jerusalems genehmigt den Bau von weiteren 50 Wohneinheiten in der Siedlung „Har Homa (Mauerberg)“ im Süden der Stadt.

24.-26.05.2014: Aus Amman kommend, stattet Papst Franziskus abweichend von seinem offiziellen Programm einen Höflichkeitsbesuch „beim Präsidenten des Staates Palästina“ Machmud Abbas ab, verharrt in Bethlehem betend vor der „Trennungsmauer“ und lädt Abbas und den israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres zu einem Besuch nach Rom ein, „um von Gott das Geschenk des Friedens zu erflehen“ ; es soll am 06. Juni stattfinden. Beide Präsidenten nehmen die Einladung an. Auf dem Platz des islamischen Felsendoms und der Al-Aqza-Moschee in Jerusalem begrüßen sich Franziskus, der argentinische Rabbiner Abraham Skorka und der Großmufti. Auf dem Herzl-Berg legt der Papst einen Kranz für den Gründer des politischen Zionismus Theodor Herzl nieder. In der Gedenkstätte „Yad vaShem“ betet er im Gedenken an die Opfer der „Shoah“ und hört bewegt den Berichten von sechs Überlebenden zu. Die Begegnung mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu fällt kühl aus. Kurz nach dem Besuch des Papstes in der Krypta der Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg legen Unbekannte hinter der Orgel im Chorraum Feuer.

21.05.2014: Der ehemalige ägyptische Präsident Hosni Mubarak wird in Kairo wegen des Diebstahls öffentlicher Mittel in Höhe von fast 3 Millionen www.reiner-bernstein.de 215 – Chronologie 2014

US-Dollar zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Seine beiden Söhne müssen wegen desselben Delikts je vier Jahre ins Gefängnis.

18.05.2014: Im Interview mit „Haaretz“ distanziert sich der Historiker Shaul Friedlaender vom politischen Zionismus mit den Worten: „Ich bin mit diesem Land verbunden. Mein ältester Sohn und Enkel leben hier, aber ich kann mich selbst nicht als Zionist bezeichnen. Nicht weil ich mich Israel entfremdet habe, sondern weil der Zionismus von der äußersten Rechten eingenommen und sogar gekidnappt worden ist.“ Die Verbindung aus Religion und extremem Nationalismus gleicht den Hauptkomponenten extremer europäischer Bewegungen 281 .

17.05.2014: Rund 62 Prozent der Christen in Jerusalem würden gerne auswandern. Das sei das Ergebnis einer aktuellen Umfrage unter 300 Christen aller Konfessionen der katholischen Universität in Betlehem. Wie die Katholische Presseagentur „Kipa“ berichtet, seien die Hauptgründe für den Auswanderungswunsch vor allem die begrenzten Arbeitsmöglichkeiten, schwierige politische sowie wirtschaftliche Lage und israelische Maßnahmen, die den Alltag der palästinensischen Christen erschweren. Die Befragten äußerten sich laut palästinensischen Soziologen und Demografie-Experten der Universität in Betlehem, Bernard Sabella, eher pessimistisch bezüglich einer Verbesserung der politischen Lage durch den Besuch des Papstes. 47 Prozent gaben an, der bevorstehende Besuch von Papst Franziskus vom 24. bis 26. Mai werde keinerlei Auswirkungen haben. Demgegenüber äußerten 25 Prozent die

281 Anshel Pfeffer: ‘ has been kidnapped by the far right,’ say Holocaust historian Friedlaender (interview), in „Haaretz“ 18.05.2014.

www.reiner-bernstein.de 216 – Chronologie 2014

Hoffnung, Derzeit leben rund 50.000 Christen in der Westbank, dem Gazastreifen und in Ost-Jerusalem. Eine leichte Mehrheit sei griechisch-orthodox, gefolgt von Katholiken verschiedener Riten. Protestanten stellen rund 5 Prozent der palästinensischen Christen. In Israel leben zwischen 120.000 und 125.000 indigene arabischsprachige Christen, mehrheitlich griechisch-katholischer und griechisch-orthodoxer Glaubensrichtung. Zusätzlich dazu gibt es rund 30.000 russisch-orthodoxe Christen sowie 30.000 ausländische Katholiken.

16.05.2014: Nach israelischen und deutschen Medienberichten hat Berlin die von Bundeskanzlerin Angela Merkel zugesagte Bezuschussung von drei weiteren mit Raketen zu bestückenden U-Booten an die israelische Marine in Frage gestellt – ohne die Lieferungen zu verbieten, die in ein Krisengebiet gehen sollen. Grund sollen die Siedlungspolitik und die gescheiterten Verhandlungen mit den Palästinensern sein, heißt es. Hinter der Zurückhaltung soll US-Präsident Barack Obama stecken. In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jan van Aken (DIE LINKE) führt die Bundesregierung aus, dass sie zwischen Januar und April 2014 Ausfuhrgenehmigungen für Waffen im Wert von 1,17 Milliarden Euro erteilt habe; im gesamten Jahr 2013 hätten die Ausfuhren den Wert von 1,5 Milliarden Euro erreicht. Zu den größten Empfängern gehörten damals Singapur, die USA, Südkorea, Saudi-Arabien und Algerien. Am 18. Mai betont Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gegenüber der „Bild am Sonntag“, dass die Rüstungsexporte kein Wirtschaftsfaktor sein dürften und reduziert würden. Bestehende Verträge seien jedoch einzuhalten.

Anlässlich der Erinnerung an die „Katastrophe (Nakba)“ der palästinensischen Flucht und Vertreibung 1948 kommen in Betunia www.reiner-bernstein.de 217 – Chronologie 2014

bei Ramallah bei Demonstrationen zwei junge Palästinenser ums Leben.

15.05.2014: Israels Justizministerin Tsipi Livni trifft in London mit dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas und US- Außenminister John Kerry zusammen, ohne sich auf den politischen Rückhalt von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berufen zu können.

14.05.2014: Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) leben in Syrien mehr als 7 Millionen Binnenflüchtlinge.

13.05.2014: Der frühere israelische Ministerpräsident (68) ist vom Bezirksgericht Tel Aviv zu einer Gefängnisstrafe von 6 Jahren und zur Zahlung einer Geldbuße von 1 Million Neuen Shekel (= 210.000 Euro) verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Olmert während seiner Amtszeit als Bürgermeister Jerusalems Bestechungsgelder im Zuge des Baus von sechs „Holyland“- Wohntürmen im Jerusalemer „Malcha“-Viertel angenommen hatte.

Die Verbrechen in Israel – zu denen Diebstahl, Raubüberfälle, Produktionsverluste durch Verletzungen oder Tod, Versicherungsschäden und Nachforschungen gezählt werden – kosteten nach Angaben des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit den Staat seit 2001 rund 62 Milliarden US-Dollar, davon allein 14,5 www.reiner-bernstein.de 218 – Chronologie 2014

Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr 2013, die 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (GDP) „auffraßen“ 282 .

09.05.2014: Yossi Verter berichtet, dass Präsident Shimon Peres vor drei Jahren nahe an einer Grundsatzvereinbarung mit seinem Amtskollegen Machmud Abbas gewesen sei. Dabei sollte der Streit über die Anerkennung Israels als jüdischen Staat dadurch beigelegt werden, dass ein Friedensvertrag von Abbas „im Namen des palästinensischen Volkes“ und von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu „im Namen des jüdischen Volkes“ unterschrieben werden sollte. Netanjahu habe dies strikt abgelehnt. Außerdem, so berichtet Verter weiter, sei Peres einst von Netanjahu gefragt worden, warum die USA keinen Verteidigungsvertrag mit Israel unterschreiben wollten, worauf Peres geantwortet habe, dass die USA mit niemandem einen solchen Vertrag unterschreiben, der keine förmlich verankerten offiziellen Grenzen habe 283 .

08.05.2014: „Amnesty International“ und „Human Rights Watch“ fordern gemeinsam mit 15 weiteren Menschenrechtsorganisationen den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas in einem Brief auf, sich an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag zu wenden und dort Verfahren wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzustrengen. Der frühere ICC-Chefankläger Luis Moreno-Ocambo, der gegenwärtig eine Gastprofessur an der Hebräischen Universität wahrnimmt, warnt

282 Report: Crime cost Israel 14,5b shekels in ‘13, in „Haaretz“ 13.05.2014, S. 2.

283 Yossi Verter: Swan song for the presidency?, in „Haaretz“ 09.05.2014, S. 5 f.

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davor, dass auch „Hamas“ solcher Verbrechen angeklagt werden könnte.

07.05.2014: Nachdem sich die US-Regierung nach dem Scheitern der Vermittlungsbemühungen von Außenminister John Kerry eine „Pause“ verordnet haben, unterstreicht Barack Obamas Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice in einer Erklärung nach dem Gespräch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Jerusalem, dass „the United States remains convinced that lasting peace can only be secured through direct negotiations that lead to two viable, independent states living side-by-side in peace and security“ 284 .

Der arabisch-palästinensische Rechtsanwalt Hussein Abu Hussein befürchtet die Übernahme des Hammurabi-Code „Auge um Auge“, sollten die israelischen Behörden weiterhin die Gewalt und die Hetze gegen die arabische Bevölkerung ignorieren und nicht für die Durchsetzung des Rechts sorgen 285 .

In einem Analysebericht weist Ravit Hecht darauf hin, dass sich 62 Prozent der Israelis um ihre künftigen Einkommensverhältnisse und der ihrer Kinder besorgt zeigen. 54 Prozent würden wahrscheinlich mit 9.000 Neuen Shekel ( ≈ 1.875 Euro) monatlich nicht auskommen. Während der Autor, der auf die hohe Verschuldung der Konsumenten durch billige Kredite und teure Anschaffungen dazu aufruft, den Gürtel enger zu schnallen, geißelt der Kommentator in derselben Ausgabe von „Haaretz“ die jüngste Entscheidung der

284 Barak Ravid: PM after meeting Rice: Israel fears ‚bad deal’ on Iran, in „Haaretz“ 08.05.2014, S. 1 f.

285 Hussein Abu Hussein: Don’t make Arabs take the law into their own hands, in „Haaretz“ 07.05.2014, S. 5.

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Regierung, dem Ministerpräsidenten ein großes Düsenflugzeug im Wert von 70 Millionen US-Dollar sowie eine Privatwohnung neben dem Amtssitz für 650 Millionen Neuen Shekel ( ≈ 135 Millionen Euro) zur Verfügung zu stellen 286 .

06.05.2014: Tausende Demonstranten versammeln sich in der arabischen Ortschaft Lubya in Unter-Galiläa zur Erinnerung an die palästinensische Flüchtlingskatastrophe von 1948 („Nakba“).

05.05.2014: Präsident Machmud Abbas und der Leiter des Politischen Büros von „Hamas“ Khaled Meshal bekräftigen in Doha, dass die Vereinbarung zwischen „Fatah“ und „Hamas“ schnell umgesetzt werden solle. Erstmals seit der Regierungsübernahme im Gazastreifen 2007 darf die Tageszeitung „Al-Quds (Die Heilige – Jerusalem)“ mit 1.500 Exemplaren verkauft werden. Die Genehmigung wird als ein Zeichen des Ausgleichs mit der Autonomiebehörde verstanden.

Auf der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem betont Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass Israel „is the nation- state of one people – the Jewish people“ .

April 2014

29.04.2014:

286 Ravit Hecht: Protest, but get your house in order, in „Haaretz” 07.05.2014, S. 5.

www.reiner-bernstein.de 221 – Chronologie 2014

Nach einem Bericht in „Haaretz“ hat die israelische Zivilverwaltung für die Westbank am 27. April bestätigt, dass im vergangenen Jahr 28.000 Dunam (= 2.800 Hektar) als Staatsland und für den Ausbau der Siedlungen und ihrer Außenlager vor allem in strategisch wichtigen Regionen ausgewiesen worden seien – mehr denn je: nämlich 56 Duman in Kedumim; 3.476 Dunam in West-Ariel; 462 Dunam in West-Shilo; 1.621 Dunam in Beit Arie; 988 Dunam in Tekoa-D; 2.303 Dunam in Maale Amos; 1.513 Dunam in Telem; 2.102 Dunam in West-Telem; 651 Dunam in Kiryat Arba („Ras Tawil“); 116 Dunam in Kiryat Arba („Nimra“);1.207 Dunam in Avnei Chefetz; 42 Dunam in Halamish; 212 Dunam in Maale Rechavam; 462 Dunam in Sla’it; 1.313 Dunam in Alfei Manashe; 110 Dunam in Givat Tal; 859 Dunam in Maale Shomron; 459 Dunam in Elkana; 138 Dunam in Alei Zahav; 166 Dunam in Karmei Tsur; 963 Dunam in Adura; 470 Dunam in Har Manuach(„Adura’im“) und 575 Dunam in Sansana 287 .

28.04.2014: In einem eintägigen Schnellverfahren werden in oberägyptischen Minya 683 Moslembrüder zum Tode verurteilt 288 .

Syriens Präsidenten Bashar Assad kündigt seine Kandidatur für die Wahlen am 03. Juni offiziell an 289 .

27.04.2014:

287 Chaim Levinson: Israel bestätigt 28.000 Dunam in der Westbank für den Bau in Siedlungen, in „Haaretz“ 28.04.2014, S. 1 + 3 (Hebr.).

288 Vgl. die Eintragung am 24.03.2014 in dieser Zeitleiste.

289 Vgl. die Eintragung am 21.04.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 222 – Chronologie 2014

Die Palästinensische Autonomiebehörde beschließt unter Vorsitz von Machmud Abbas die Vorbereitung von Mitgliedsanträgen in 60 UN- Organisationen.

25.04.2014: Laut Presseberichten warnt US-Außenminister John Kerry vor der Trilateralen Kommission in Washington, bestehend aus den USA, Europa, Russland und Japan, dass Israel ohne die Zwei-Staaten- Lösung auf dem Weg zu einem Apartheid-Staat zu werden drohe. Außerdem kritisiert Kerry, dass Israel in den vergangenen neun Monaten der Verhandlungen mit der Autonomiebehörde nicht weniger als 14.000 Wohneinheiten in den palästinensischen Gebieten ausgeschrieben oder gebaut habe.

Am 28. April sieht sich Kerry in einer Presseerklärung zu folgender „Klarstellung“ veranlasst, wobei er die Wortwahl vom Apartheid-Staat auf entsprechende Formulierungen Tsipi Livnis, Ehud Baraks und Ehud Olmerts zurückführt: „For more than thirty years in the United States Senate, I didn’t just speak words in support of Israel, I walked the walk when it came time to vote and when it came time to fight. As Secretary of State, I have spent countless hours working with Prime Minister Netanyahu and Justice Minister Livni because I believe in the kind of future that Israel not only wants, but Israel deserves. I want to see a two state solution that results in a secure Jewish state and a prosperous Palestinian state, and I’ve actually worked for it. I will not allow my commitment to Israel to be questioned by anyone, particularly for partisan, political purposes, so I want to be crystal clear about what I believe and what I don’t believe. First, Israel is a vibrant democracy and I do not believe, nor have I ever stated, publicly or privately, that Israel is an apartheid state or that it intends to become one. Anyone who knows anything about me knows that without a shred of doubt. Second, I have been around long enough to also know the power of words to create a misimpression, even when www.reiner-bernstein.de 223 – Chronologie 2014

unintentional, and if I could rewind the tape, I would have chosen a different word to describe my firm belief that the only way in the long term to have a Jewish state and two nations and two peoples living side by side in peace and security is through a two state solution. In the long term, a unitary, binational state cannot be the democratic Jewish state that Israel deserves or the prosperous state with full rights that the Palestinian people deserve. That’s what I said, and it’s also what Prime Minister Netanyahu has said. While Justice Minister Livni, former Prime Ministers Barak and Ohlmert have all invoked the specter of apartheid to underscore the dangers of a unitary state for the future, it is a word best left out of the debate here at home.“

Am 29. April wird Präsident Barack Obama von republikanischen Senatoren aufgefordert, Kerry zu entlassen, weil er mit seinen Äußerungen den amerikanisch-israelischen Beziehungen schwer geschadet habe.

23.04.2014: Die PLO und „Hamas“ verständigen sich erneut auf eine Versöhnung und die Bildung einer nationalen Regierung. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verlangt von Präsident Machmud Abbas, sich entweder für den Frieden oder für den Terror zu entscheiden. Die Europäische Union begrüßt den innerpalästinensischen Ausgleich „as an important element for the unity of the future Palestinian state and for reaching a two-state solution“ . Die USA nehmen zunächst eine abwartende Position ein.

21.04.2014: In einer vom staatlichen Fernsehen verbreiteten Mitteilung sollen am 03. Juni Präsidentschaftswahlen stattfinden. Es wird erwartet, dass der gegenwärtige Amtsinhaber Bashar Assad für die dritte siebenjährige Amtszeit kandidieren wird. Sprecher der Opposition www.reiner-bernstein.de 224 – Chronologie 2014

fordern die internationale Staatengemeinschaft auf, die Wahl nicht anzuerkennen, weil sie unter Bürgerkriegsbedingungen stattfinden werde und eigene Kandidaten um ihr Leben fürchten müssten. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig erneut des Einsatzes von tödlichem Chlorgas.

„Hamas“ und die PLO kündigen eine neue Runde von Versöhnungsgesprächen an. Die israelischen Behörden verweigern Mustafa Barghouti als Mitglied der PLO-Delegation am Checkpoint Erez die Einreise in den Gazastreifen. Andere Delegationsmitglieder aus der Westbank wollen über die ägyptische Sinai-Halbinsel anreisen.

20.04.2014: Beim Besuch des New Yorker Rabbiners Marc Schneier, dem Vorsitzenden der „Foundation of Ethnic Unterstandig“, in Ramallah bezeichnet Präsident Machmud Abbas den Holocaust als die größte Einzeltragödie in der modernen Geschichte.

18.04.2014: In einem Eintrag in seiner Facebook-Seite verwahrt sich Israels Außenminister Avigdor Lieberman gegen die Kritik der EU- Außenbeauftragten Catherine Ashton. Diese hatte die auf das Militär zurückgehende Umwandlung von 984 Dunam ( ≈ 100 Hektar) palästinensischen Bodens im Etzion-Block („Gush Etzion“) in israelisches Staatsland, die Niederreißung palästinensischer Häuser in der Zone C und in Ost-Jerusalem sowie die Errichtung des neuen Siedlerstützpunkts „Haus des Streits“ in Hebron kritisiert.

In der Jerusalemer Altstadt dauert die Gewalt zwischen vornehmlich jungen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften auf dem Tempelberg / dem Erhabenen Heiligtum unvermindert an. Das www.reiner-bernstein.de 225 – Chronologie 2014

jordanische Außenministerium bestellt am 21. April den israelischen Botschafter Daniel Nevo ein, weil das israelische Vorgehen auf dem „Erhabenen Heiligtum“ dem Friedensvertrag von 1994 widerspreche.

17.04.2014: In Begleitung des UN-amerikanischen Sondergesandten Martin Indyk setzen Israelis und Palästinenser ihre Gespräche fort. Das für den 29. April vorgesehene Enddatum für eine Rahmenvereinbarung lässt sich nicht halten, so dass weitere neun Monate zur Verfügung stehen sollen. Zum bisherigen Scheitern hat unter anderen die palästinensische Weigerung beigetragen, Israel als Staat des jüdischen Volkes anzuerkennen. David Landau, damals Chefredakteur der „Jerusalem Post“, erinnert sich in seinem Beitrag für „Haaretz“, daran, dass er gemeinsam mit Akiva Eldar im Jahr 2004 Yasser Arafat in Ramallah besucht habe. Dabei sei er – Landau, religiöser Jude, der aus Großbritannien einwanderte – von Arafat gefragt worden, warum der Erzvater Jacob nach Ägypten ausgewandert sei. Darauf habe er auf die damalige Hungersnot in Palästina hingewiesen – worauf Arafat mit den Worten reagiert habe „Ach ja. Doch die Palästinenser haben das Land nicht verlassen, oder 290 ?“

Als neuer spiritueller Leiter der „Sedardischen Thorawächter (Shas)“ in der Nachfolge des verstorbenen Ovadia Yosef wird der 83 Jahre alte Shalom Cohen in der ultraorthodoxen Stadt Bnei Brak eingeführt 291 .

16.04.2014:

290 David Landau: Arafat provided the analysis that lets a religious Jew accept the two-state solution, in „Haaretz” 17.04.2014.

291 Vgl. die Eintragung am 07.10.2013 in dieser Zeitleiste.

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Ein Gericht in Kairo verurteilt 119 Anhänger der Moslembruderschaft zu je drei Jahren Gefängnis, sechs weitere Angeklagte werden freigesprochen 292 .

Nachdem die israelischen Behörden einigen Juden aus Anlass des Pessach-Festes den Zugang zum Tempelberg in Jerusalem gewährt haben, wehren sich junge Palästinenser gegen deren „Besuch“ mit Steinwürfen, so dass die israelische Polizei mit Gewaltmitteln gegen sie vorgeht. Am 14. April hatten religiöse Juden versucht, gemäß der alten Opfertradition eine Ziege auf dem Tempelberg zu bringen, woran sie von der israelischen Polizei gehindert wurden.

13.04.2014: Auf Empfehlung von Wirtschaftsminister Dietmar Gabriel will die Bundesregierung die Lieferung von 88 Kampfpanzern des Typs „Leopard-2“ im Wert von 25 Milliarden US-Dollar an Saudi-Arabien zurückstellen.

03.04.2014: Nach einer Mitteilung des Schweizerischen Außenministeriums ist Palästina, vertreten durch die Autonomiebehörde, der Vierten Genfer Konvention beigetreten. Als Teil des humanitären Völkerrechts ist sie mit 15 Zusatzprotokollen dem Schutz der Zivilbevölkerung in Kriegsgebieten und in besetzten Gebieten verpflichtet.

01.04.2014: Nach Angaben aus Jerusalemer Regierungskreisen sollen US- Außenminister John Kerry und die israelische Regierung einer

292 Vgl. die Eintragung am 24.03.2014 in dieser Zeitleiste.

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Rahmenvereinbarung nahe sein. Danach würden sich beide Seiten auf fünf Punkte verständigen:

1. Die Palästinenser stimmender Verlängerung der Verhandlungen um ein Jahr bis in das Jahr 2015 hinein zu und unterlassen in diesem Zeitraum uniliberale Schritte in den Vereinten Nationen.

2. Die USA entlassen vor den Pessach-Feiertagen Mitte April ihren damaligen Staatsbürger Jonathan Pollard, der als Angehöriger der US-Marine 1987 wegen Spionage für Israel zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde und später die israelische Staatsbürgerschaft ehrenhalber erhielt.

3. Israel entlässt die vierte Gruppe palästinensischer Gefangener, darunter 14 israelische Staatsbürger.

4. Israel ist zur Freilassung weiterer 400 palästinensischer Häftlinge bereit, behält sich aber deren Auswahl vor.

5. Israel friert zu großen Teilen den Siedlungsbau außerhalb Ost- Jerusalems ein, stoppt öffentliche Ausschreibungen sowie die Planung und Vermarktung von Bodenflächen in der Westbank.

Die genannten Punkte bedürfen noch der palästinensischen Zustimmung 293 . Nachdem die israelische Regierung die zugesagte Entlassung der Gefangenen nicht einhält, gibt in Ramallah die PLO- Führung Präsident Machmud Abbas grünes Licht zur Beantragung des Beitritts zu 15 UN-Organisationen, so auch zur Genfer Konvention von 1949, um die palästinensischen Territorien als „besetzte Gebiete“ ausweisen zu lassen. Damit würden israelische Vorstöße als Kriegsverbrechen gelten können, und jedes Land und

293 Barak Ravid: Senior Israeli official: Deal on settlement freeze for Pollard’s release nearly sealed, in „Haaretz” 01.04.2014.

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jede Entität – so auch ein Wirtschaftsunternehmen, das in den „besetzten Gebieten“ tätig ist oder ohne palästinensische Genehmigung einreist – die palästinensische Souveränität verletzen und nunmehr dem internationalen Recht unterliegen. Den Verhandlungen solle eine letzte Chance bis zum 29. April – dem „D- Day“ – gegeben werden. Beim Scheitern wäre der Antrag beim Internationalen Strafgerichtshof nur eine Frage der Zeit. Kerry habe diese Auspizien als „nukleare Waffe“ bezeichnet, während israelische Rechtsexperten Außenminister Tsipi Livni geraten haben, nicht das Land zu verlassen. Ob das palästinensische Vorgehen eine Chance hat, werde von den Reaktionen der internationalen Diplomatie abhängen 294 . Abbas: „Ich bin jetzt 80 Jahre alt und will die Arena nicht als Verräter am palästinensischen Volk verlassen 295 .“

Am selben Tag gibt das israelische Wohnungsbauministerium unter Leitung von Uri Ariel („Likud“) die Ausschreibung für weitere 700 Wohneinheiten in Gilo (Ost-Jerusalem) bekannt 296 . Am 02. April bestätigen die UN den Eingang der palästinensischen Anträge. Am 03. April berät die israelische Regierung über Sanktionen gegen die Autonomiebehörde, weil diese 15 internationalen Konventionen beitreten wolle. Nach den Worten des ehemaligen palästinensischen Unterhändlers Mohamed Shtayyeh – sein Nachfolger ist Geheimdienstchef Majd Freij – steht die Klärung der künftigen Grenzen im Zentrum der palästinensischen Agenda, womit andere zentrale Probleme wie „Siedlungen“, „Jerusalem“ und „Wasser“ angegangen seien. Am 04. April berichten „Haaretz“ und die „Jerusalem Post“ gleichzeitig, dass ein hoher US-amerikanischer Repräsentant – vermutlich der stellvertretende Nationale

294 Bassim Khoury: Why Palestine is heading back to the UN, in „Haaretz“ 02.04.2014. Der Autor war früher Wirtschaftsminister in Ramallah.

295 Jack Khoury: In Renewing UN bid, Abbas sends message to the world – and his people, in „Haaretz“ 01.04.2014.

296 Nir Hasson and Barak Ravid: Amid talks, Israel issues 700 tenders beyond Green Line in J’lem, in „Haaretz“ 02.04.2014, S. 3.

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Sicherheitsberater Benjamin J. Rhodes – gegenüber der „Washington Post“ die Auffassung vertreten habe, dass Kerrys Bemühungen vergeblich sein könnten („may be reached its limits“) 297 . In der Pressekonferenz mit seinem marokkanischen Amtskollegen Mezouar in Rabat führt Kerry am 04. April aus, dass die Entwicklung gemeinsam mit Präsident Barack Obama sorgfältig ausgewertet werde, „was möglich und was nicht möglich“ sei. Barack Obamas Nationale Sicherheitsberaterin Susan Rice soll hinter Überlegungen stehen, Washingtons Engagement zu reduzieren. Hinter vorgehaltener Hand soll vor allem der israelischen Politik das Scheitern der Vermittlungsbemühungen zugesprochen werden 298 . Am 5. April sagen die EU-Außenminister auf ihrer Sitzung in Athen Kerry ihre Unterstützung zu. Nach Auffassung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier würden sich die Verhandlungen „ ohne Zweifel“ in einer kritischen Phase befinden. „Niemand hat mehr investiert als der US-Außenminister, um die Zwei-Staaten-Lösung zu realisieren. Sie ist unverändert notwendig für den Frieden im Nahen Osten“, betont Steinmeier. Doch auf beiden Seiten würden sich aber allmählich wieder Radikale durchzusetzen. Auf dem Hintergrund von kritischen Berichten über die Verhandlungsführung Kerrys, zitiert die „Jerusalem Post“ am 06. April den „most senior official“ in Washington – also den Präsidenten selbst – mit den Worten, dass nur Bewunderung für Kerry empfinde 299 . Dessen ungeachtet, treffen sich die Verhandlungsteams am 06. April erneut. Am 07. April werden Obama und Kerry ein erstes klärendes Gespräch führen.

297 Barak Ravid: ‘Obama thinks Kerry’s efforts reached their limit. Time to say enough,’ U.S., in „Haaretz“ 04.04.2014; US.: time may have come for Kerry to ‘lower the volume’ on peace talks, in „The Jerusalem Post” 04.04.2024.

298 Barak Ravid: U.S. preparing to scale back role in peace process, in „Haaretz“ 06.04.2014, S. 1.

299 EU backs Kerry’s efforts in Mideast peace process, in „The Jerusalem Post” 06.04.2014.

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März 2014

31.03.2014: Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert wird vom Tel Aviver Bezirksgericht wegen zweifacher Bestechlichkeit in seiner Amtszeit als Jerusalemer Bürgermeister schuldig gesprochen. Richter David Rosen führt aus, dass Olmert 560.000 Neue Shekel (= 160.000 US-Dollar) von den Entwicklungsbeauftragten des „Holyland“-Bauprojekt erhalten habe, und begründet das Urteil damit, dass Olmert den Namen des vom Staat aufgebotenen Zeugen beschmiert und das Gericht belogen habe. Die Höhe der Strafe soll am 28. April verkündet werden. 2008 war Olmert gezwungen, als Ministerpräsident zurückzutreten. In getrennten Verfahren werden der frühere Jerusalemer Bürgermeister Uri Lupolianski wegen passiver und 12 weitere Angeklagte aus dem „Holyland“-Komplex wegen aktiver Bestechung schuldig gesprochen. Zwei Angeklagte werden freigesprochen.

28.03.2014: „Haaretz“ berichtet aus einem Papier der EU-Diplomaten in Jerusalem und Ramallah, wonach bis zu 100.000 Palästinenser in Ost-Jerusalem ihr Wohnen aufgrund der restriktiven israelischen Baugenehmigungspraxis verlieren könnten. Außerdem sei ihre Bewegungsfreiheit bedroht. Der Bericht verweise außerdem auf die einmalige Siedlungstätigkeit im ehemaligen Ostteil der Stadt. So seien rund 53 Prozent des definierten Stadtgebiets in Ost-Jerusalem für palästinensische Entwicklungsprojekte unerreichbar, während 35 Prozent für Siedlungen vorgesehen seien. Im vergangenen Jahr 2013 seien 98 palästinensische Gebäude zerstört worden, fast das www.reiner-bernstein.de 231 – Chronologie 2014

Zweifache in den zwei Jahren zuvor. 80 Prozent der Palästinenser würden unterhalb der Armutsgrenze leben 300 .

In Teheran stirbt der frühere iranische Oberrabbiner Yousef Hamadani Cohen im Alter von 98 Jahren. Cohen amtierte zwischen 1993 und 2007. Seither leitet sein Nachfolger Mashallah Golestani die rund 25.000 Seelen zählende Gemeinde.

27.03.2014: Nach genau dreijähriger Unterbrechung nehmen die Türkei und Israel wieder diplomatische Beziehungen auf. Sie waren nach der Enterung der „Mavi Marmara (Blaues Mittelmeer)“ am 31. Mai 2010 in eine schwere Krise geraten, die ein Jahr später zum Rückzug der Botschafter führte, nachdem Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der türkischen Aufforderung nicht gefolgt war, sich für den Tod von 10 Mitreisenden zu entschuldigen.

26.03.2014: „Haaretz“ berichtet, dass die intensiven und demütigenden Sicherheitskontrollen für Palästinenser aus Israel, aus Ost-Jerusalem und aus der Westbank sowie für Träger ausländischer Pässe auf dem internationalen Flughafen Tel Aviv mit der Einführung von neuen Sicherheitsapparaturen ab dem 09. März aufgehoben seien. Künftig würden die Passagiere wie alle jüdischen Reisen kontrolliert werden 301 . US-Medien hatten mehrfach kritisch berichtet, dass Staatsbürgern palästinensischer Herkunft, die nach israelischer

300 Amira Hass: EU diplomats warn against ‘significant risk’ of regional conflagration over Temple Mount, in „Haaretz“ 28.03.2014, S. 2.

301 Amira Hass: After years of humiliation, Israeli Arabs say getting better treatment at airport, in „Haaretz“ 26.03.2014.

www.reiner-bernstein.de 232 – Chronologie 2014

Auffassung die Sicherheit bedrohen, die Einreise in Israel verwehrt worden sei.

US-Außenminister John Kerry trifft am Abend mit dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas in Amman zusammen, um das Scheitern der geplanten Rahmenvereinbarung zu verhindern. Außerdem wolle Kerry, heißt es in amerikanischen Kreisen, mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu telefonieren. Während Netanjahu sich weigert, weitere 104 palästinensische Gefangene – darunter 14 israelische Staatsbürger – freizulassen, sollte Abbas die Zustimmung zur Rahmenvereinbarung verweigern, verlangt Abbas seinerseits die Freilassung und kündigt im Falle der Verweigerung die Ablehnung der erwünschten Gesprächsverlängerung bis Ende April sowie den Gang zu den Vereinten Nationen an. Im Vorfeld haben in den vergangenen Tagen intensive Gespräche des amerikanischen Sondergesandten Martin Indyk in Jerusalem und in Ramallah stattgefunden. Am 28. März zitiert „Haaretz“ einen israelischen Vertreter mit den Worten, dass für den Abschluss der Rahmenvereinbarung der Ball bei den Palästinensern liege. Der palästinensische Minister für die in israelischer Haft sitzenden Gefangenen Issa Qaraqa behauptet am 30. März das Gegenteil.

Nach Medienberichten haben palästinensische Bewohner in Ost- Jerusalem das Oberste Gericht angerufen, nachdem sie seit drei Wochen von der regelmäßigen Wasserversorgung abgeschnitten waren.

Ägyptens Verteidigungsminister Abdel Fatah Al-Sisi tritt zurück und kündigt seine Präsidentschaftskandidatur an. Die Anmeldefrist läuft am 30. März aus. Andere potentielle Kandidaten kündigen an, dass sie nicht antreten würden, weil die Wahl, die spätestens im Juni stattfinden soll, in juristischer und demokratischer Hinsicht eine Farce sei. Am 27. März wird als Nachfolger Al-Sisis der ehemalige www.reiner-bernstein.de 233 – Chronologie 2014

Generalstabschef Sedki Sobhi von Interimspräsident Adli Mansour vereidigt.

25.03.2014: Schon vor einigen Wochen haben in einem Rechtsgutachten Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes in Jerusalem Avigdor Lieberman vorgeschlagen, berichtet „Haaretz“, im Falle eines Friedensvertrages das „Kleine Dreieck“ zwischen Hadera und Afula sowie Wadi Ara – südlich von Um El-Fahm gelegen und ebenfalls zum „Kleinen Dreieck“ gehörend – mit ihrer arabischen Bevölkerung im Zuge eines Gebietsaustauschs an den Staat Palästina abzugeben 302 .

Auf ihrer 25. Gipfelkonferenz in Kuwait ruft die Arabische Liga zur Bewaffnung der syrischen Opposition gegen das Assad-Regime auf. Generalsekretär Nabil Al-Arabi droht Israel einen arabischen Boykott an, sollten die Verhandlungen mit den Palästinensern scheitern. In ihrer Abschlusserklärung am 26. März stimmt die Arabische Liga der palästinensischen Weigerung zu, Israel als jüdischen ‚Staat anzuerkennen, und bringt ihre „volle Solidarität mit dem syrischen Volk“ zum Ausdruck. Dieses habe das legitime Recht auf Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit und Ebenbürtigkeit, heißt es weiter. Nach offiziellen Angaben aus Amman beherbergt Jordanien gegenwärtig fast 600.00 Flüchtlinge aus Syrien .

Der UN-Menschrechtsrat in Genf verurteilt die Behandlung der palästinensischen Bevölkerung in der Westbank, in Ost-Jerusalem und im Gazastreifen. Eine der zur Abstimmung vorgelegten fünf Erklärungen ermutigt die Staatengemeinschaft zum Boykott der jüdischen Siedlungen. Unter den 46 Mitgliedern stimmen Italien,

302 Barak Ravid: Foreign Ministry document allows population swap in future peace deal, in „Haaretz“ 25.03.2014, S. 1 f. Vgl. die Eintragung am 05.02.2014 in dieser Zeitleiste.

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Deutschland und Frankreich für die Resolutionen, 13 Delegationen enthalten der Stimme, allein die USA stimmen dagegen. Eine israelische Vertretung ist wegen des Personalstreiks im Jerusalemer Auswärtigen Amt nicht anwesend 303 .

Die USA verlangen von jedem israelischen Reisenden künftig die Vorlage eines Visums, solange Palästinenser und Araber mit amerikanischer Staatsbürgerschaft bei der Einreise nach Israel Diskriminierungen unterworfen werden.

24.03.2014: Ein Gericht Ägyptens verurteilt 529 Moslembrüder – davon 382 in Abwesenheit auf der Flucht – zum Tode, weil sie im August 2013 vor allem an der Ermordung des stellvertretenden Polizeichefs im oberägyptischen Gouvernement Minya beteiligt gewesen seien. 16 Angeklagte werden freigesprochen. Die Verteidigung spricht von einer Farce, weil alle Angeklagten im Gerichtssaal hätten anwesend sein müssen. Außerdem muss der Sheikh der Al-Azhar-Universität in Kairo bis Ende April die Urteile bestätigen. Es wird angenommen, dass die Urteile in Revisionsverfahren keinen Bestand haben werden. Am 25. März wird der Prozess gegen weitere 683 Angeklagte- ebenfalls in Abwesenheit, auf der Flucht oder mit Kaution auf freiem Fuß – fortgesetzt, unter ihnen ist der heute 70 Jahre alte frühere Führer („Murshed“) der Moslembruderschaft Mohamed Badei, dem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird – das Militär hatte die Moslembruderschaft am 27. Dezember 2013 als Terrororganisation verboten 304 – und der während der Präsidentschaft Hosni Mubaraks

303 Tovah Lazaroff: United nations Human rights Council debates 5 anti- Israeli resolutions, in „The Jerusalem Post” 24.03.2014; Tovah Lazaroff: Palestinians welcome almost unanimous UNHCR support, in „The Jerusalem Post” 30.03.2014.

304 Vgl. die Eintragung am 27.12.2013 in dieser Zeitleiste. www.reiner-bernstein.de 235 – Chronologie 2014

13 Jahre im Gefängnis saß. Mehrere Verteidiger boykottieren das Verfahren und verlangen die Absetzung des Richters wegen Befangenheit. Die Verhandlung wird bis zum 28. April ausgesetzt. In einer Erklärung kritisieren der UN-Menschenrechtsausschuss, die US-Regierung und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die Urteile vom 24. März, weil sie dem internationalen Recht widersprechen würden.

Nach einer Umfrage des „Palestinian Center for Policy and Survey Research” in Ramallah unter Leitung von Khalil Shikaki zwischen dem 20. und 22. März glauben 56 Prozent der 1.200 Befragten, dass Präsident Machmud Abbas die von den USA geplanten Rahmenvereinbarung unterschreiben werde, 32 Prozent lehnen ihn ab. Dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu das Dokument abzeichnen werde, glauben 47 Prozent, während 41 Prozent dies nicht tun. 62 Prozent der Palästinenser lehnen die Anerkennung Israels als jüdischen Staat innerhalb der Rahmenvereinbarung ab, 32 Prozent stimmen ihr zu. 42 Prozent halten den Rückzug Israel auf die Grenzen von 1967 für die wichtigste Priorität, 34 Prozent bezeichnen die Rückkehr der Flüchtlinge von 1948 in ihre heute in Israel liegenden Wohnorte als oberstes Ziel.

Die Hochkommissarin des UN-Menschenrechtsrates Navi Pillay kritisiert die israelische Politik gegenüber den Palästinensern. Der Siedlungsbau und die Gewalt der Siedler würden „das gesamte Spektrum der palästinensischen sozialen, kulturellen, bürgerlichen und politischen Rechte verletzen“. Auch für die Eskalation der Gewalt aus dem Gazastreifen sei Israel mitverantwortlich.

23.03.2014:

www.reiner-bernstein.de 236 – Chronologie 2014

Nach Recherchen der Abgeordneten Stav Shaffir hat die Regierung 172 Millionen US-Dollar für den Siedlungsbau umgeleitet. Davon würden 133 Millionen an die Siedlungsabteilung der „World Zionist Organization (WZO)“ gehen, 36 Millionen als Ausgleich für den Siedlungsstopp im Jahr 2009, 24 Millionen für „young settlements“ [Niederlassung junger Leute?] und 28 Millionen für die Fertigstellung der Siedlung Bet El 305 . Am 30. März stimmt der Finanzausschuss der Knesset mit 9 gegen 6 Stimmen für die Überweisung von 51 Millionen US-Dollar an WZO. Davon stehen 2,4 Millionen US-Dollar für den Distrikt „Hebron-Berge“, 16,3 Millionen US-Dollar für die Zentralverwaltung, 6,4 Millionen US-Dollar für den nördlichen und 18,4 Millionen US-Dollar für den zentralen Bezirk der Westbank zur Verfügung. Die Mittel stammen aus Mittelübertragungen aus dem Haushalt 2013 306 .

Rund 150 maronitische Christen mit israelischer Staatsbürgerschaft und jüdische Menschenrechtler protestieren vor der Botschaft der Europäischen Union in Ramat Gan, weil diese gegenüber der Diskriminierung und dem Tod von Christen in der Westbank, in Ost- Jerusalem, im Gazastreifen sowie in Ägypten, Syrien, dem Irak und im Libanon schweige.

Nach Pressemeldungen hat die Deutsche Bahn die Ausschreibung über den Bau eines rund hundert Kilometer langen Streckennetzes zwischen Haifa und Bet Shean sowie zwischen Kfar Saba und Herzliah im Wert von 167 Millionen Euro gewonnen.

21.03.2014:

305 Jonathan Lis: Shaffir: State gave extra NIS 600m to settlements, in „Haaretz“ 23.03.2014, S. 2.

306 Zvi Zrahiya: Knesset committee approves $51 million allocation to WZO’s settlement arm, in „Haaretz“ 31.03.2014, S. 2.

www.reiner-bernstein.de 237 – Chronologie 2014

Unter Berufung auf eine Untersuchung des in Ramallah ansässigen „Palestinian Center for Policy and Survey Research“ unter Leitung von Khalil Shikaki berichtet „Haaretz“, dass im Falle des Zusammenbruchs der Autonomiebehörde die Westbank in Gewalt, Chaos, Armut, Plünderungen und in eine Vertiefung der Kluft zum Gazastreifen versinken würde, sollten die palästinensischen Ansprüche auf Unabhängigkeit scheitern. Der Bericht nennt drei Gründe: 1) Die Autonomiebehörde löst sich freiwillig auf. 2) Sie bricht aufgrund der ökonomischen, militärischen und politischen Übermacht Israels zusammen. 3) Sie kann den innerpalästinensischen Unruhen und Widerständen nicht standhalten. Shikaki und die mehr als 200 Beiträger des Berichts aus Palästina und international gut vernetzten Persönlichkeiten lassen keinen Zweifel daran, dass die Autonomiebehörde eine wesentliche Verantwortung für ihren Zusammenbruch durch ihre seit langem bekannte Planungsschwäche, die mangelnde Transparenz ihrer Entscheidungsfindungen, die exzessive Zentralisierung des Machtapparats, die fehlende Einbindung von beratenden Einrichtungen sowie die unmittelbare Belohnung persönlicher und sektiererischer Interessen trage 307 .

Das griechische Parlament verabschiedet ein Gesetz, dass Juden die Staatsbürgerschaft anbietet, die vor dem Mai 1945 das Land verlassen haben. Bereits 2011 war heute in Israel lebenden Juden dies angeboten worden.

20.03.2014:

307 Amira Hass: Study: PA to collapse, W. Bank to turn hellish if statehood bid fails, in „Haaretz”21.03.2014, S. 1 f. Der Bericht vom 04.02.2014 trägt den Titel „The Likelihood, Consequences and Policy Implications of PA Collapse or Dissolution: The ‘Day After’ Final Report”.

www.reiner-bernstein.de 238 – Chronologie 2014

Tausende Palästinenser bereiten Präsident Machmud Abbas in Ramallah und anderen Städten der Westbank einen begeisterten Empfang, weil dieser beim Treffen mit US-Präsident Barack Obama am 17. März in Washington nicht nachgegeben habe.

In Gaza-Stadt wird von der Europäischen Union und vom UN- Kinderhilfswerk der Grundstein für eine große Entsalzungsanlage für Trinkwasser für 75.000 Palästinenser im Wert von 10 Millionen Euro gelegt. Die Anlage soll schon 2015 betriebsbreit sein.

19.03.2014: Berichten zufolge haben Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Moshe Ya‘alon die Vorbereitung auf einen Militärschlag gegen den Iran angeordnet. Dafür sollen in diesem Jahr 2,89 Milliarden US-Dollar bereitgestellt werden 308 .

In Berlin findet die dritte Runde des „German Palestinian Steering Committee“ statt, an dem unter anderen der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah teilnimmt, der bereits am 17. März in Berlin eingetroffen ist. Hamdallah unterzeichnet im Rahmen der technischen und finanziellen Zusammenarbeit zwei Vereinbarungen im Wert von 55 Millionen Euro, die auch in der von Israel vollständig kontrollierten Zone C der Westbank eingesetzt werden sollen.

Eine vier Personen umfassende Delegation des Europäischen Parlaments reist nach Israel, um sich einen Überblick über die Lage palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen zu verschaffen. Trotz ihres Mandats wird der Delegation der Zugang zu den Gefängnissen verwehrt, auch Bitten in israelischen Ministerien werden abgeschlagen. Insgesamt sollen fast 5.000 Palästinenser

308 Barak Ravid: Netanyahu orders IDF to prepare for possible strike on Iran during 2014, in „Haaretz”19.03.2014.

www.reiner-bernstein.de 239 – Chronologie 2014

festgehalten werden, darunter elf Abgeordnete des „Palestinian Legislative Council“, dem Parlament in Ramallah.

18.03.2014: Der Planungsausschuss des Jerusalemer Stadtrats billigt den Bau von weiteren 184 Wohneinheiten in den Vororten „Har Homa (Mauerberg)“im Süden und Pisgat Ze‘ev im Norden der Stadt. Andere Berichte sprechen von über 2.000 Wohneinheiten, die im Planungsstadium seien.

16.03.2014: Als Wohnungsbauminister Uri Ariel am Morgen in der Jerusalemer Altstadt das „Erhabene Heiligtum“ („Tempelberg“) betreten will, kommt es zu palästinensischen Ausschreitungen mit Steinwürfen. Die israelische Polizei reagiert mit dem Einsatz von Tränengas- Granaten und Gummigeschossen.

15.03.2014: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ruft aus Anlass des dritten Jahrestages seit Ausbruch des Bürgerkrieges alle Konfliktparteien in Syrien zur Einstellung der Gewalt auf.

Vier palästinensische Parteien, die zum Exekutivausschuss der PLO gehören, rufen im Vorfeld seines des Besuchs in Washington Präsident Machmud Abbas auf, sich aus den Verhandlungen mit Israel zurückzuziehen und sich an die Vereinten Nationen zu wenden. Der von US-Außenminister John Kerry erwartete Rahmenvorschlag komme dem nationalen Selbstmord gleich, heißt es in dem gemeinsamen Kommuniqué.

www.reiner-bernstein.de 240 – Chronologie 2014

14.03.2014: Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks (UNHCR) haben 40 Prozent der syrischen Bevölkerung ihre Wohnung verloren. Mehr als neun Millionen würden sich auf der Flucht befinden, davon würden 6,5 Millionen in Syrien umherirren, weitere 2,6 Millionen seien ins Ausland geflohen, so in die Türkei, nach Jordanien, in den Libanon, in den Irak und nach Ägypten. Wenn Deutschland so viele Flüchtlinge aufnehmen würde wie der Libanon, würden in der Bundesrepublik nicht weniger als 19 Millionen Syrer leben. 146.000 Syrer seien seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges im März 2011 getötet worden, fügt die syrische Beobachtungsstelle für humanitäre Angelegenheiten in London hinzu.

Die libanesische Regierung unter Führung von Tammam Salam spricht allen Bürgern das Recht auf Widerstand gegen die israelische Besatzung der Sheba-Farmen, der Anhöhen von Kafr Shouba und des besetzten Teils von Ghajar zu 309 .

13.03.2014: Vor dem Außenpolitischen Ausschuss des Repräsentantenhauses verwahrt sich US-Außenminister John Kerry gegen die wiederholte Forderung, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen. Die Angelegenheit habe sich mit der UN-Teilungsresolution 181 vom November 1947 erledigt.

12.03.2014: Die Knesset erhöht die Sperrklausel von 2,0 auf 3,25 Prozent mit 67 gegen 1 Stimme. Arbeitspartei, „Sefardische Thorawächter“ (Shas)“,

309 Vgl. die Eintragungen am 30.06.2011, 17.04.2009 und 13.08.2008 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 241 – Chronologie 2014

„United Torah Judaism“ und „United Arab List-Ta’al“ boykottieren die Abstimmung. Nach dem gegenwärtigen Stand der Sitzverteilung müssten die „United Arab List-Ta’al“, die „Demokratische Front für Frieden und Gleichheit-Chadash“ (je 4 Mandate), die „Nationaldemokratische Liste-Balad“ (3 Mandate) und „Kadima“ (2 Mandate) um den Wiedereinzug in das Parlament bangen.

11.03.2014: Nach einer Umfrage des „Israel Democracy Institute –The Guttman Center“ in Jerusalem und der Universität Tel Aviv würden 58,4 Prozent der politische rechts stehenden, 80,9 Prozent der in der Mitte stehenden und 92,2 Prozent der links stehenden Israelis einer Rahmenvereinbarung mit den Palästinensern zustimmen, wenn er von der Regierung und in einem Referendum gebilligt würde.

Die Knesset beschließt die Anhebung der Sperrklausel bei Wahlen von 2 auf 3,25 Prozent. Nach dem gegenwärtigen Stand der Mandatsverteilung würden damit 3 der 4 arabischen Parteien sowie die Partei „Kadima (Vorwärts)“ unter Führung von Shaul Mofaz nicht mehr im Parlament vertreten sein.

In Übernahme eines Berichts der US-amerikanisch-jüdischen Zeitung „Forward“ berichtet „Haaretz“, dass Israel allmählich die Sympathien evangelikaler Christen unter der nachgewachsenen Generation verliere und dass diese nach mehr Ausgewogenheit des Urteils zum israelisch-palästinensischen Konflikt verlange 310 .

09.03.2014:

310 Nathan Guttman: Israel losing its grip on evangelical Christians, in „Haaretz”11.03.2014.

www.reiner-bernstein.de 242 – Chronologie 2014

Auf Antrag des palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas bestätigt der Rat der Außenminister der Arabischen Liga die israelische Forderung, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen.

08.03.2014: In einem Schreiben an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigen etwa 50 junge Israelis die Ablehnung des Wehrdienstes in der Westbank aus Gewissensgründen an. Die anhaltende Besatzung und die Bedrückung des täglichen Lebens der palästinensischen Bevölkerung verstärke den Chauvinismus, den Militarismus, die Gewalt, die mangelnde Ebenbürtigkeit und den Rassismus im Lande, heißt es in dem Schreiben 311 .

07.03.2014: Nach einem Bericht der „Jerusalem Post“ haben EU-Beamte israelischen Journalisten versichert, dass gemäß den „Guidelines“ der EU-Kommission und dem „Horizon 2020“-Programmn keine Absicht bestehe, Israel wegen seiner Siedlungspolitik zu boykottieren. So habe Israel bis Ende 2013 im Rahmen des „Seventh Framework Program for Research and Technological Development (FP-7)“ durch die Beteiligung an 1.536 Projekten Mittel in Höhe von 782 Millionen US-Dollar erhalten. Das Blatt zitiert die für die „Grünen“ im Europäischen Parlament sitzende dänische Abgeordnete Margrete Auken mit den Worten, dass die Ablehnung der Siedlungspolitik nicht mit einem Boykott Israels verwechselt werden dürfe 312 .

311 Gili Cohen: Dozens of teens sign letter vowing not to serve in IDF, in „Haaretz” 09.03.2014, S. 2.

312 Tovah Lazaroff: EU reassures Israel over ties despite opposition to West Bank settlements, in „The Jerusalem Post” 07.03.2014.

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Gegenüber der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA kündigt Präsident Machmud Abbas an, dass er niemals Israel als jüdischen Staat anerkennen werde und auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt Palästina bestehe.

05.03.2014: Die israelische Marine bringt im Roten Meer ein unter panamesischer Flagge fahrendes Schiff auf, das Raketen aus dem Iran für „Hamas“ im Gazastreifen geladen haben soll. Die Raketen, die aus Syrien stammen sollen, hätten eine Reichweite von bis zu 160 Kilometern gehabt und damit viele Teile Israels erreichen können. Der Vorgang findet in einer Zeit statt, in der die israelische Regierung davor warnt, der Politik Irans in Sachen des Teheraner Nuklearprogramms Vertrauen zu schenken. Die iranische Führung weist die israelischen Vorwürfe als unbegründet zurück. Am 17. März soll in Wien das Abkommen über das iranische Nuklearprogramm unterzeichnet werden.

Die ägyptischen Behörden halten die irische Friedensnobelpreisträgerin von 1976 Meiread Maguire auf dem Flughafen Kairo fest, die sich einer Frauengruppe anschließen wollte, die den Gazastreifen besucht. Maguire wird nach Großbritannien ausgewiesen. Zuvor war der US-Amerikanerin Medea Benjamin Ähnliches zugestoßen.

Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ziehen ihre Botschafter aus Qatar zurück, weil dessen Regierung entgegen einem Beschluss des Golf-Kooperationsrates – zu dem auch Bahrain , Kuwait und Oman gehören – vom 23. Dezember 2013 nicht bereit sei, die Moslembrüder sowie Anhänger der „Hisbollah“ aus dem Land zu weisen. Der Rat war nach Ausbruch des iranisch- irakischen Krieges am 26. Mai 1981 gegründet worden.

www.reiner-bernstein.de 244 – Chronologie 2014

04.03.2014: Beim Treffen im Weißen Haus fragt US-Präsident Barack Obama seinen Gast Benjamin Netanjahu im Blick auf einen Friedenschluss mit den Palästinensern: „Wenn nicht Sie, Herr Ministerpräsident, wer dann?“ Obama bekennt sich zum Schutz der „vitalen Interessen“ Israels, verweist auf den Gewaltverzicht, für den der palästinensische Präsident Machmud Abbas eintrete, und lässt die Sorge anklingen, ob sich dessen Nachfolger daran halten werde. Nach dem Eindruck von Barak Ravid, dem diplomatischen Korrespondenten von „Haaretz“, sei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei seinem Auftritt vor den 15.000 Versammelten der Jahreskonferenz des „American Israel Public Affairs Committee (AIPAC)“ in Washington erstmals in die politische Mitte gerückt. Dabei habe er die positive Bedeutung eines Friedensschlusses mit den Palästinensern für die israelische Wirtschaft angesichts der BDS-Kampagnen, die Aufwertung des regionalen und internationalen Status Israels sowie die möglichen Allianzen mit den arabischen Emiraten hervorgehoben, die den Iran als ihre wahre Bedrohung betrachten 313 . Zu den israelischen Angeboten einer Verständigung mit den Palästinensern äußerte sich Netanjahu nur vage. Am 06. März schreibt Ari Shavit, dass die Botschaften des Premiers auch unter den Konferenzteilnehmern Langeweile ausgelöst hätten. Sie seien nicht mehr überzeugend und aufregend gewesen, denn auch dort würden neue Winde wehen. Es werde nach einer neuen Botschaft gehungert und nach einem anderen Israel gedürstet. Nach seinem Auftritt vor einem Dutzend führenden Universitäten in den USA in den vergangenen Monaten sei er – Shavit – zum Schluss gekommen, dass Israel seine Zukunft verliere. Die junge Generation unter den Juden sei vollständig gegen die Besatzung, gegen den

313 Barak Ravid: Netanyahu’s AIPAC speech: A red alert for settlers, in „Haaretz” 05.03.2014.

www.reiner-bernstein.de 245 – Chronologie 2014

Einsatz von Gewalt und für den Schutz der Menschenrechte 314 . Nach seinen Auftritten in Washington fliegt Netanjahu nach Kalifornien, um gemeinsam mit seiner Ehefrau Sara in Hollywood an der Premiere des Films „The Royal Tour“ teilzunehmen. In ihm spielt Netanjahu einen Reiseführer, der den Journalisten Peter Greenberg am Mittelmeer entlang führt, mit ihm auf dem See Genezareth Jet-Ski fährt und im Toten Meer badet. Der Ministerpräsident erhofft sich durch seine Werbung die Steigerung des Tourismus um weitere 200.000 Menschen.

In Kairo gibt Verteidigungsminister Abdel Fatah Al-Sisi seine Bereitschaft bekannt, für die Präsidentschaftswahlen zu kandidieren. Es wird daran erinnert, dass Al-Sisi Blut an den Händen habe, weil er nach dem Sturz von Präsident Mohamed Mursi Anfang Juli 2013 die Protestlager der Moslembrüder gewaltsam räumen ließ. Auch zahle Saudi-Arabien nach wie vor Milliardensummen „in ein Fass ohne Boden“, so dass die Kandidatur des Feldmarschalls auch auf Kritik stoße 315 .

02.03.2014: In Jerusalem demonstrieren zwischen 300.000 (Angaben der Polizei) und 600.000 (Angaben der Organisatoren) orthodoxe Juden gegen die von der Regierung angekündigte Reform der Wehrpflicht. Zu ihren Parolen gehören Aufrufe wie „Wir haben den Pharao überlebt, und deshalb werden wir auch Netanjahu, (Wirtschaftsminister) Naftali Bennett und (Finanzminister) Yair Lapid überleben“ .

In einem Interview stellt US-Präsident Barack Obama fest, dass er bislang kein überzeugendes Argument gehört habe, wie Israel

314 Ari Shavit: The America that Netanyahu ignores, in „Haaretz” 06.03.2014, S. 5.

315 Rainer Hermann: Die Massen rufen, in FAZ 06.03.2014, S. 8.

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als demokratischer und jüdischer Staat ohne eine ausgehandelte Zwei-Staaten-Lösung überleben könne 316 .

01.03.2014: In einem Gastbeitrag für „Haaretz“ weist Machmud Almadani, Mitglied des Zentralkomitees von „Fatah“ mit Sitz in Ramallah, darauf hin, dass die Palästinenser pro Jahr für mehr als vier Milliarden US- Dollar Waren aus Israel kaufen, weil ihnen die Entwicklung des eigenen Marktes in der Zone C mit 60 Prozent der Westbank aufgrund der Besetzung verboten sei 317 .

Februar 2014

28.02.2014: Unter Bezugnahme auf hohe US-amerikanische Gewährspersonen berichtet „Haaretz“, dass Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 03. März und Präsident Machmud Abbas am 17. März von Präsident Barack Obama im Weißen Haus empfangen werden. Dabei soll es um die fortwährende verhandlungstechnische Geltung der 2-Staaten-Lösung gehen und um die Freilassung weiterer 104 palästinensischer Häftlinge aus israelischer Haft. Dabei werde Obama entgegen dem Wunsch Netanjahus nicht Iran, sondern den Konflikt mit den Palästinensern in den Mittelpunkt rücken und beide Gesprächspartner fragen, wie sie sich nach dem Scheitern der Vermittlungsmission von Außenminister John Kerry verhalten würden. Dazu berichtet das Blatt, dass die gewünschte

316 Rainer Hermann: Die Massen rufen, in FAZ 06.03.2014, S. 8.

317 : Obama to Israel – Time Is Running Out, in „BloombergView” 02.03.2014.

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Rahmenvereinbarung – es soll bis Ende April vorliegen – detailliert die Grenzen des künftigen Staates Palästina einschließlich eines Gebietsaustauschs, für das Jordantal Sicherheitsvereinbarungen sowie die gegenseitige Anerkennung Israels als Nationalstaat des jüdischen Volkes und des Staates Palästina ansprechen werde, während die Probleme Ost-Jerusalem als palästinensische Hauptstadt und das Flüchtlingsproblem nur vage vorkommen würden. Nach dem Treffen am 19. Februar in Paris habe Abbas Kerry beschuldigt, dieser würde israelische Vorschläge als die seinen vorlegen. Sollte Abbas die Vorschläge Kerry ablehnen, sei die palästinensische Nationalbewegung am Ende und von der internationalen diplomatischen Tagesordnung getilgt. Netanjahu und die politische Rechte würden als Sieger dastehen 318 . „Haaretz“ berichtet am 02. März von einer dramatischen Intensivierung der Gespräche israelischer und palästinensischer Politiker, darunter von Justizministerin Tsipi Livni und dem Vorsitzenden der Arbeitspartei Yitzhak Herzog sowie dem palästinensischen Chefdiplomaten Saeb Erakat, in Washington, um den Zusammenbruch der Verhandlungen abzuwenden. Die US-Administration sei darum bemüht, Vorschläge zu erarbeiten, denen beide Seiten zustimmen könnten, wozu etwa statt einer schriftlichen Fixierung allgemeine verbale Aussagen gehören würden. Das Blatt zitiert einen hohen israelischen Repräsentanten dahingehend, dass die USA die Beteiligung am Friedensprozess solange aufgeben würden, so lange die Parteien ihre Zustimmung verweigern 319 .

318 Barak Ravid: Obama the inquisitor vs. Netanyahu, Abbas, in „Haaretz” 28.02.2014, S. 1.

319 Barak Ravid: Israeli officials: U.S. pessimistic over March deal, in „Haaretz” 02.03.2014, S. 1 f.

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Nach einer repräsentativen Meinungsumfrage unter 534 jüdischen und arabischen Israelis genießt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei weitem Abstand mit 40 Prozent die meiste Unterstützung, gefolgt von Itzhak Herzog von der Arbeitspartei (14 Prozent), Außenminister Avigdor Lieberman (10 Prozent) und Finanzminister Yair Lapid (5 Prozent). Weiter ergibt die Umfrage, dass sich 52 Prozent dagegen aussprechen, dass Israel die Siedlungstätigkeit einstellt, um die Verhandlungen mit den Palästinensern fortzusetzen (37 Prozent stimmen dieser Bedingung zu), und 65 Prozent einen Vertrag mit den Palästinensern ablehnen, wenn diese Israel nicht als jüdischen Staat anerkennen, aber in allen übrigen Fragen eine Vereinbarung erreicht werde (27 Prozent stimmen dieser Bedingung nicht zu).

Auf der 2. „Conference on Cooperation Among East Asian Countries for Palestinian Development“ in Djakarta (Indonesien) kündigt die japanische Regierung Hilfen für die Autonomiebehörde im Umfang von mehr als 200 Millionen US-Dollar an. Außerdem will Japan rund 4,76 Millionen Jordanische Dinar für den Bau eines neuen Museums in Petra (Jordanien) zur Verfügung stellen.

27.02.2014: Nach libanesischen Presseberichten hat Frankreich mit der Zedernrepublik ein Waffengeschäft über 3 Milliarden US-Dollar abgeschlossen, deren Bezahlung von Saudi-Arabien übernommen werde. Das Geschäft soll offiziell am 05. März auf der internationalen Geberkonferenz in Paris bekanntgemacht werden.

Nach einer „Gallup“-Umfrage unter US-Amerikanern glauben 64 Prozent nicht an einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern. 46 Prozent seien für und 36 Prozent gegen einen www.reiner-bernstein.de 249 – Chronologie 2014

Staat Palästina. 62 Prozent haben größere Sympathien für Israel, 18 Prozent für die Palästinenser 320 .

25.02.2014: In der Knesset wird ein Gesetzentwurf diskutiert, der die israelische Souveränität auf den Tempelberg in Jerusalem ausdehnen soll. Die Vorsitzende von „Meretz (Kraft, Stärke)“ Zahava Gal‘on spricht sich in einem Rundfunkinterview dafür aus, dass auch Juden künftig dort beten können, weist aber die Gesetzesinitiative zurück. Die Souveränität stehe allein Gott zu, wenn keine internationale Regelung gefunden werde. Als Reaktion unterzeichnen 47 Abgeordnete des jordanischen Unterhauses eine Resolution, in der die Regierung zur Aufkündigung des Friedensvertrages von 1994 aufgefordert wird. Einen Tag später, am 26. Februar, schließt sich die Regierung in Amman der Drohung an.

In einem Gespräch mit dem US-amerikanischen Botschafter Dan Shapiro in Tel Aviv verwahren sich 16 Abgeordnete der Knesset gegen den politischen Druck aus Washington. Die Sicherheitsgarantien seien uninteressant, weil das Land Israel den Juden gehöre, betont stellvertretende Ministerin für Transport, nationale Infrastruktur und Verkehrssicherheit Tsipi Hotovely („Likud“) 321 .

24.02.2014: Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft zur fünften Runde der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen in Jerusalem

320 www.gallup.com/poll/167657/americans-doubt-mideast-peace- cards.aspx .

321 Barak Ravid: Israeli lawmakers assail U.S. envoy: Kerry coercing Israel into a terrible deal, in „Haaretz” 26.02.2014.

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ein und erhält einen Tag später von Staatspräsident Shimon Peres den höchsten zivilen Orden des Landes, die „Presidential Medal of Distinction“, für ihren Einsatz für die Sicherheit Israels, gegen den Antisemitismus und für ihre moralische Führungskraft; die Auszeichnung haben vor ihr die Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama erhalten. In einem ausführlichen Exklusivbeitrag mit dem israelischen Massenblatt „Yediot Achronoth (Letzte Nachrichten)“ verweist Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier auf die einzigartig dichten Verbindungen zwischen der Bundesrepublik und Israel. Doch sei es auch an der Zeit, Verhandlungen zu führen, um diplomatische Lösungen zu finden. Wie Bundeskanzlerin Angela Merkel vor ihm betont Steinmeier die Unterstützung der Bemühungen von US-Außenminister John Kerry und fordert die israelische Regierung zu „harten, aber notwendigen Entscheidungen“ auf 322 . Hans-Christian Rößler zitiert in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ den früheren israelischen Botschafter in Berlin Yoram Ben-Ze‘ev, dass der Streit über die Siedlungspolitik wie eine „dunkle Wolke“ über den Beziehungen hänge, die alle anderen wichtigen Fragen in den Hintergrund dränge. Weiter schreibt Rößler unter Verweis auf israelische Regierungsmitarbeiter, dass die Bundesregierung die treibende Kraft in Europa sei, ohne die nichts geschehe 323 . Beide Seiten unterzeichnen unter anderen ein Konsularabkommen, in der die Bundesregierung konsularische Angelegenheiten für Israel in Staaten übernimmt, die keine diplomatischen Beziehungen zu Israel unterhalten, wie Indonesien und Malaysia. Außerdem können Israelis und Deutsche künftig bis zu sechs Monate lang

322 Frank-Walter Steinmeier: Ihr seid nicht allein, in „Yediot Achronot“ 24.02.2014.

323 Hans-Christian Rößler: Reparaturarbeiten an einer entgleisten Beziehung, in FAZ 24.02.2014, S. 5.

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im jeweils anderen Land eine Arbeitsstelle antreten, auch auf der Basis eines Touristenvisums 324 .

Nach sozialen Protesten tritt die ägyptische Übergangsregierung unter Ministerpräsident Hazem El-Beblawi zurück. Der heute 78 Jahre alte Beblawi hatte am 09. Juli 2013 sein Amt angetreten, zwei Tage nach der Absetzung von Präsident Mohamed Morsi. Am 25. Februar wird der bisherige Wohnungsbauminister Ibrahim Mehlab vom Übergangspräsidenten Adli Mansour zum Nachfolger Beblawis ernannt 325 . Am 01. März wird die neue Regierung vereidigt.

22.02.2014: Der UN-Sicherheitsrat verabschiedet einstimmig die von Jordanien, Australien und Luxemburg eingebrachte Resolution, in der der freie Zugang von Hilfsorganisationen für die syrische Bevölkerung gefordert wird. Bei Nichtbefolgung belässt es der Text bei der Ankündigung „weiterer Schritte“ 326 .

In ihrer wöchentlichen Videobotschaft fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel zwei Tage vor den neuen deutsch-israelischen Regierungskonsultationen in Jerusalem die Zwei-Staaten-Lösung ein, bekennt sich zur Existenz Israels als deutscher Staatsräson und verweist auf die gemeinsamen Werte zwischen beiden Ländern. Obwohl die Bemühungen von US-Außenminister John Kerry, eine Rahmenvereinbarung zu erreichen, nach bisherigen Erfahrungen aufgrund von Widerständen auf beiden Seiten erfolglos bleiben dürften, will Merkel dem Vernehmen nach in den Gesprächen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Einsatz unterstützen. Wie

324 Dazu Reiner Bernstein: Von Berlin nach Jerusalem und zurück, in der Menüleiste „Veröffentlichungen“ dieser Homepage.

325 Vgl. zuletzt die Eintragung am 27.10.2013 in dieser Zeitleiste.

326 Vgl. die Eintragung am 10.02.2014 in dieser Zeitleiste.

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nie zuvor gehören zur deutschen Delegation 15 Ministerinnen und Minister; Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel muss wegen Krankheit absagen, Kanzleramtsminister Peter Altmaier bleibt in Berlin.

Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ beklagt Israels Staatspräsident Shimon Peres, dass auswärtige „Ermunterungen“ an die Konfliktparteien zwar angenommen würden, aber bis zu ihrer Wirksamkeit es „vielleicht seine Zeit“ dauere. Früher seien die Staaten von Territorien abhängig gewesen, heute seien es wirtschaftlicher Fortschritt, Forschung und Wissen. Wenn Religion für die alte Ordnung stehe, komme es zum Zusammenprall, bemerkt Peres sybillinisch. Sanktionen seien das falsche Instrument. Die Finanzhilfe für die Palästinenser habe ihre Grenzen. „Geschichte ist eine Belastung. Ich bin an Geschichte nicht interessiert. Ich denke nur an morgen. Die ins Spiel verbrachte Verlängerung seiner Amtszeit lehnt Peres vehement ab 327 .“

Nach einem Bericht der „Jerusalem Post“ haben sich in diesem Jahr bereits 3.611 Angehörige der Arabisch sprechenden Bevölkerung Israels – davon 54 Prozent Moslems, 17 Prozent Drusen und 10 Prozent Christen, wobei die Frauen 90 Prozent stellen – zu einem 12 Monate dauernden Zivildienst in arabischen Gemeinden gemeldet. Dieser soll den drei Jahre langen Militärdienst ersetzen 328 .

21.02.2014: Nach einem Bericht des religiös-zionistischen Radiosenders „Arutz Sheva (Kanal 7)“ verhandele Israel mit dem Vatikan über die Kontrolle des Jerusalemer Zionsbergs. Es habe dazu ein geheimes Treffen zwischen Vertretern der Jerusalemer Stadtverwaltung, dem

327 „Wir leben in einem neuen Zeitalter”, in SZ 22./23.02.2014, S. 6.

328 Outcry against ‚Israelization,‘ in „The Jerusalem Post“ 22.02.2014.

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Büro des Ministerpräsidenten, dem Tourismusministerium und Offiziellen des Vatikans gegeben.

Nach den Worten des US-amerikanischen Botschafters in Tel Aviv Dan Shapiro soll in dem Entwurf für eine Rahmenvereinbarung zwischen Israel und den Palästinensern die Anerkennung Israels als jüdischen Staat vorgesehen sein. Außenminister John Kerry habe dagegen vermittelnd vorgeschlagen, dass die UNO und die Arabische Liga diese Anerkennung aussprechen, um den Palästinensern diese Entscheidung zu ersparen. Entgegen der Ablehnung durch Präsident Machmud Abbas erklärt ein führendes Mitglied von „Fatah“, dass die Anerkennung Israels als jüdischer Seite möglich sein, wenn sie von einem palästinensischen Referendum gebilligt werde 329 . Jordanische Medien berichten am selben Tag, dass König Abdullah II. während seines neulichen Treffens mit US-Präsidenten Barack Obama noch einmal klargestellt habe, dass er keinem israelisch- palästinensischen Friedensvertrag zustimmen werde, der die nationalen Interessen seines Landes nicht berücksichtige. „Jordan is a key player to any solution“ , so Abdullah II., ohne ins Detail zu gehen.

Am Vorabend des Shabbat zu Ehren der Erzmutter Sarah, der Ehefrau Abrahams, werden in Hebron sieben Juden aus Israel und aus der Diaspora festgenommen, die mit einem Spruchband „Trennung ist nicht unser Judentum“ . Das israelische Militär sperrt moslemischen Gläubigen den Zugang der Ibrahim-Moschee.

Nach israelischen Medienberichten will die Bar-Ilan University für moslemische Studenten einen Gebetsraum einrichten.

329 PLO official: Palestinian leadership could recognize Israel as Jewish state, in „The Jerusalem Post “ 21.02.2014.

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Im Kommentar zu den bevorstehenden deutsch-israelischen Regierungskonsultationen in Jerusalem beklagt Jacques Schuster die Heuchelei westlicher Unternehmen, angesichts weltweiter Menschenrechtsverletzungen allein israelische Produkte und Dienstleistungen zu boykottieren, bezichtigt den palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas der politischen Inflexibilität und bezeichnet die Siedlungspolitik als „ein Hindernis auf dem Weg zu einem Ausgleich“ , so dass US-amerikanischer und EU-Druck auf beide Seiten „durchaus“ berechtigt sei: „Nach einem Scheitern der Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern könnte Brüssel die Finanzhilfe für die Autonomiebehörde einfrieren, die 400 Millionen Euro beträgt. Das Ende des Geldflusses würde beide Streithähne schmerzen: die Palästinenser, weil sie über keinen Cent mehr verfügten, und die Israelis, weil sie als Besatzungsmacht alle Kosten der Palästinenser tragen müssten330 .“

20.02.2014: Ilan Gilon, Abgeordneter der Partei „Meretz (Kraft, Stärke)“, hat nach einem Bericht von „Haaretz“ einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Evakuierung der Siedler aus der Westbank vorsieht und ihnen dafür volle finanzielle Kompensation zusagt. „Die Zeit ist gekommen, die Siedler aus den Gebieten zu befreien und die Gebiete von den Siedlungen.“ Das Kabinett solle sich mit der Vorlage auf seiner regelmäßigen Sitzung am 23. Februar befassen. Es wird vermutet, dass sie keine Zustimmung findet, obwohl damit Milliarden Neue Shekel im Staatshaushalt eingespart würden, die für die Siedlungstätigkeit zur Verfügung gestellt würden, habe Gilon seinen Gesetzentwurf begründet 331 .

330 Jacques Schuster: Boykotte israelischer Waren sind heuchlerisch, in „Die Welt” 21.02.2014.

331 Jonathan Lis: Israel mulling compensation for West Bank settlers willing to move, in „Haaretz“ 20.02.2014. www.reiner-bernstein.de 255 – Chronologie 2014

19.02.2014: Bei einem Bombenattentat in der Nähe des Iranischen Kulturzentrums im Süden Beiruts sterben insgesamt elf Personen, zuletzt ein Hausangestellter aus Äthiopien.

US-Außenminister John Kerry und der palästinensische Präsident Machmud Abbas treffen in Paris zu einem Gespräch zusammen. Dabei beklagt Abbas, dass die israelische Regierung politische Fortschritte blockiere, auch wenn die Verhandlungen „äußerst ernsthaft“ seien.

Der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen Ron Pros‘or wird von den 18 Mitgliedern des UN-Menschenrechtsausschusses einstimmig zum Vorsitzenden gewählt.

18.02.2014: „Haaretz“ berichtet, dass Wirtschaftsminister Naftali Bennett, der auch für die Beziehungen zur jüdischen Diaspora zuständig ist, in der vergangenen Woche gegenüber der „Jewish Telegraphic Agency“ den dort lebenden Juden eine begrenzte Mitwirkung in der israelischen Politik und eine „Semi-Staatsbürgerschaft“ anbieten will. Israel wolle in den kommenden 5 Jahren 1,4 Milliarden US-Dollar in dieses Projekt investieren. Am 18. Februar kündigt Außenminister Avigdor Lieberman vor den Delegierten der „Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations“ in Jerusalem an, dass die israelische Regierung pro Jahr 365 Millionen US-Dollar

www.reiner-bernstein.de 256 – Chronologie 2014

einstellen wolle, damit die Assimilation in der Diaspora gestoppt werde 332 .

Die Deutsche Bank dementiert Berichte, wonach sie die israelische „ (Arbeiterbank)“ oder ein anderes israelisches Unternehmen boykottiere. Ob diese Richtigstellung auch Geschäfte der Bank in den palästinensischen Gebieten betrifft, bleibt unklar.

Die Zahl der Touristen in Jordanien ist gegenüber dem Jahr 2012 von 6.313.250 auf 5.388.917 gefallen, ein Minus von 14 Prozent, meldet die Statistikbehörde des Landes.

17./18.02.2014: Bei Attentaten in und um Bagdad kommen 75 Menschen ums Leben.

16.02.2014: Auf Einladung des palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas besuchen ihn 250 junge Israelis in Ramallah; die Anmeldungen lagen nach Auskunft von „One Voice Israel“ als Organisator bei über 1.000. Bei der 90 Minuten dauernden Begegnung wird einerseits deutlich, dass die Israelis gleichaltrige Palästinenser im günstigen Falle im Ausland, nicht jedoch vor Ort treffen, während Abbas andererseits die Behauptung als „Lüge“ zurückweist, die Autonomiebehörde wolle durch die Rückkehr von Millionen palästinensischer Flüchtlinge Israel „überschwemmen“ . Im Zuge eines Friedensvertrages solle Jerusalem zu einer offenen Stadt mit zwei Stadtverwaltungen und einer Koordinationsbehörde werden 333 .

332 Bennett: Diaspora Jews should be make ‘semi-citizens,’ in „Haaretz“ 18.02.2014; Herb Keinon: Liberman calls on Israel to contribute $365m. for Jewish education abroad, in „The Jerusalem Post” 18.02.2014.

333 Palestinians will not flood Israel with refugees – Abbas, in „The Jordan Times” 17.02.2014; Hans-Christian Rößler: Unter Feinden, in FAZ 18.02.2014, S. 6.

www.reiner-bernstein.de 257 – Chronologie 2014

Die israelische Regierung billigt eine Vorlage von Finanzminister Yair Lapid neue Kriterien für die Zuschüsse an Gemeinden ab 2015. Dazu gehören 35 isoliert liegende Siedlungen vorwiegend im Jordantal und in den Hebron-Bergen außerhalb der drei großen Siedlungsblöcke Gush Etzion im Süden, Maale Adumim im Osten und Ariel im Norden der Westbank, die im Zuge eines Friedensvertrags zur Masse eines Gebietsaustauschs gehören würden. Zur „Prioritätenliste“, berichtet Jonathan Lis in „Haaretz“, gehören Erleichterungen bei der Einkommensteuer sowie Zuschüsse für die Infrastruktur, die Bildung, die Sicherheit und die Kultur, davon allein bei der Einkommensteuer im Gesamtwert von 213,7 Millionen US-Dollar. In Israel selbst sollen 31 Städte im Norden und 13 im Süden zur Prioritätenliste gehören 334 .

Der Direktor des konservativ-liberalen „Re’ut Instituts“ in Jerusalem Gidi Grinstein unterstützt das offizielle Verlangen, dass Israel von den Palästinensern als jüdischer Staat anerkannt werde, macht aber darauf aufmerksam, dass ein Gesetz, das die jüdische Bevölkerungsmehrheit sichern solle, im gegenteiligen Fall nicht greifen würde 335 .

Die Bundesregierung stellt dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) 25 Millionen Euros für die Betreuung von syrischen Flüchtlingskindern in Jordanien zur Verfügung.

15.02.2014:

334 Jonathan Lis: Israeli plan would add 35 isolated Bank settlements to new ‚national priorities map‘, in „Haaretz“ 17.02.2014.

335 Gidi Grinstein: Being the Nation State of the Jewish People / The Flexibility perspective. „The Reut Institute” 16.02.2014.

www.reiner-bernstein.de 258 – Chronologie 2014

Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ führt der EU-Botschafter in Israel Lars Faaborg-Andersen aus, dass diejenige Seite mit Konsequenzen rechnen müsse, die die bilateralen Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern scheitern lasse. Es sei klar, zitiert das Blatt den Botschafter, „dass wir auf unsere Worte konkrete Taten folgen lassen werden“ . Nach Recherchen der Zeitung bieten die Unternehmen „Tengelmann“, „Kaiser’s“ und „Lidl“ keine Produkte aus der Westbank an 336 .

In Beirut tritt die neue libanesische Regierung unter Tamam Salam ihr Amt an. Ihr gehören 24 Minister an 337 .

14.02.2014: In Genf geht die nächste Runde der Syrien-Gespräche („Genf II“) zu Ende. Ein neuer Termin wird nicht vereinbart 338 .

12.02.2014: In seinem Kommentar „Das Schlachtfeld“ über die politisch- tektonischen Umbrüche in der arabischen und islamischen Welt schreibt Rainer Hermann: „Entstanden ist ein ‚schiitischer Halbmond‘ von Teheran über Bagdad und Damaskus, wo die alawitische Sekte der Schiiten die Herrscher stellt, bis zur Hizbullah im Libanon. Sollte Amerika mit Iran eine Übereinkunft erzielen, nähme die Furcht Saudi- Arabiens vor Iran weiter zu. Deswegen will Riad in Syrien den schiitischen Halbmond brechen. Und so wird sich der Religionskrieg zwischen Arabern und Persern, Sunniten und Schiiten auf dem

336 Europas verschärft seinen Druck auf Israel, in FAS 16.02.2014. Vgl. die Eintragung am 06.02.2014 in dieser Zeitleiste.

337 Vgl. die Eintragung am 10.07.2013 in dieser Zeitleiste.

338 Vgl. die Eintragung am 06.02.2014 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 259 – Chronologie 2014

Schlachtfeld Syrien entscheiden. Die Vereinten Nationen können den Konflikt nicht beenden 339 .“ Am 21. Februar berichtet Rudolph Chimelli in der „Süddeutschen Zeitung“ von der Entmachtung des langjährigen saudischen Botschafters in Washington, Prinz Bandar Bin Sultan 340 .

10.02.2014: Die russische Regierung hat den Entwurf einer UN-Resolution Jordaniens, Australiens und Luxemburgs zugunsten von Hilfslieferungen für die Opfer des Bürgerkriegs in Syrien als einseitig und völlig inakzeptabel zurückgehalten, weil er auch ein Ultimatum an das Assad-Regime enthalte, die Blockade der Lieferungen an die belagerte Altstadt von Homs aufzuheben.

09.02.2014: Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz reist zu einem dreitägigen Besuch zu politischen Gesprächen nach Amman, Ramallah und Jerusalem. Am 11. Februar erhält er die Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität. Am 12. Februar spricht er in der Knesset. Seine Rede löst heftigen Widerspruch aus 341 . Die „Süddeutsche Zeitung“ veröffentlicht dazu in ihrer „Außenansicht“ am 18. Februar einen Kommentar von Einat Wilf, die gemeinsam mit Alan Dershowitz, Elliott Abrams und Elie Wiesel zum „International Advisory Board“ der rechtskonservativen „International Development NGO Monitor“ unter Leitung des britisch-israelischen Doppelstaatsbürgers Gerald Steinberg gehört, das im Oktober 2013 alle deutschen

339 Rainer Hermann: Das Schlachtfeld, in FAZ 12.02.2014, S. 1.

340 Rudolph Chimelli: Still abserviert, in SZ 21.02.2014, S. 7.

341 Die Rede von Martin Schulz und eine Einordnung findet sich in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews“ dieser Homepage.

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politischen Stiftungen in Israel als „radikale Organisationen“ beschuldigte, „gegen den Frieden“ zu sein, „die Dämonisierung Israels“ zu betreiben sowie „die voreingenommenen Boykottbewegungen als Teil der politischen Kriegsführung“ zu unterstützen 342 . Wilf rückt in der „Süddeutschen Zeitung“ Schulz in die Nähe von Sympathisanten der Ritualmordlegende 343 .

Die Jerusalem Planungsbehörde genehmigt den Bau einer neun Stockwerke Hohen Talmud-Thora-Schule im Stadtteil Sheikh Jarrach. Bekannt ist außerdem die Planung eines siebenstöckigen Archäologie-Museums im Stadtteil Silwan („Davidsstadt“) seitens der nationalistischen Siedlerorganisation „Elad“.

06.02.2014: Die syrische Armee, die wochenlang das palästinensische Flüchtlingslager Yarmouk im Süden von Damaskus belagert hat, lockert ihren Zugriff, so dass einige Frauen, Kinder und alte Menschen das Lager, in dem noch 20.000 Menschen leben sollen, verlassen können 344 . Für die Stadt Homs sind im Rahmen einer drei Tage lang dauernden „humanitären Pause“ Hilfen für die notleidende Bevölkerung genehmigt worden, aber die Waffenruhe wird nicht eingehalten. Am 10. Februar beginnt in Genf die dritte internationale Verhandlungsrunde zu Syrien. Nach jüngsten Angaben sind seit Ausbruch des Bürgerkrieges Mitte März 2011 in Syrien fast 137.000 Menschen ums Leben gekommen.

342 NGO Monitor: German Funding for Political Advocacy NGOs Active in the Arab-Israeli Conflict, October 2013.

343 Einat Wilf: Faktencheck für Martin Schulz, in SZ 18.02.2014, S. 2.

344 Vgl. die Eintragung am 29.12.2013 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 261 – Chronologie 2014

Ulrike Putz berichtet aus Beirut, dass 58 hohe Repräsentanten der israelischen Wirtschaft Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer Zeitungsanzeige zum Frieden mit den Palästinensern aufgefordert haben, weil Israel nach internationalen Sanktionen gegen seine Siedlungspolitik nicht in der Lage sein werde, die Lebenshaltungskosten zu sichern. Der EU-Botschafter in Israel Lars Faaborg-Andersen habe klargestellt, dass alle Parteien einen Preis für das eventuelle Scheitern der bilateralen Verhandlungen zahlen müssten. Das Finanzministerium in Jerusalem habe seinerseits gewarnt, dass selbst ein partieller Boykott der Europäer pro Jahr über 4 Milliarden Euro und 10.000 Arbeitsplätze kosten würden 345 .

Die Jerusalemer Verwaltung genehmigt weitere 558 Wohneinheiten in den annektierten Stadtteilen Har Homa, Neve Ya‘akov und Pisgat Ze’ev. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton fordert Israel auf, die Entscheidung rückgängig zu machen.

Januar 2014

30.01.2014: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier betont im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“: „Wir können nicht mehr wie früher darauf setzen, dass die Amerikaner die Konflikte für uns schon richten werden.“ Außerdem äußert er die feste Überzeugung, dass „viel zu wenig darüber nachgedacht“ werde, „wie wir den Instrumentenkasten von Diplomatie angemessen ausstatten können“. Außerdem: „Viel wichtiger als die Debatte um Militärinterventionen ist aus meiner Sicht eine Verständigung darüber, welche politischen Instrumente, welche diplomatischen

345 Ulrike Putz, Beirut: Israels Elite zittert um Milliardengeschäfte, in „Spiegel online“ 06.02.2014. www.reiner-bernstein.de 262 – Chronologie 2014

Hebel wir jenseits der öffentlichen Kommentierung haben, um wirklich auf den Gang der Dinge einzuwirken.“ Weiter heißt es: „Ich befürchte, andere Vereinfachungen, die Geschichte, Tradition und Religion ausblenden, helfen nicht weiter. … Wir können nicht ignorieren, dass es Regionen auf der Welt gibt, die sich an anderen Prinzipien orientieren als denen der westlichen Demokratie. Dort erfordern Veränderungen Zeit. … Natürlich stehen wir an der Seite der Menschen, die gegen Unrecht und Unterdrückung kämpfen.“ „Wir müssen auch in der Außenpolitik unsere Arbeit sehr viel stärker erklären und uns nicht auf ein Selbstgespräch unter Diplomaten beschränken. Das gehört übrigens zu einem Projekt der Selbstüberprüfung, das ich gerade im Auswärtigen Amt angestoßen habe. Sind wir noch auf dem neuesten Stand – so wie wir denken und arbeiten? Sollten wir uns stärker fokussieren? Das Auswärtige Amt soll einen kritischen Blick auf sich selbst und seine Arbeit werfen 346 .“

27.01.2014: Zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau reisen Hunderte Überlebende und rund 60 Abgeordnete der Knesset und mehrere Minister an. Im deutschen Bundestag wird an den Zusammenhang zwischen der „Shoah“ und der deutschen Belagerung Leningrads 1943/44 gedacht, die eine Million Menschen das Leben gekostet hat.

In Kairo ermuntert das Militär Abdel Fatah Al-Sisi, den „starken Mann“ Ägyptens, zur Kandidatur als Staatspräsident.

346 Frank-Walter Steinmeier über Deutschland und die Welt, in SZ 30.01.2014, S. 14.

www.reiner-bernstein.de 263 – Chronologie 2014

26.01.2014: Im Gespräch mit dem „Spiegel“ kündigt die neue Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen vermehrte deutsche Militäreinsätze aus humanitären Gründen an. Dabei soll der Vorbehalt des Bundestages bei der Genehmigung voll gewahrt bleiben.

200 der 215 Abgeordneten der Verfassunggebenden Versammlung Tunesiens stimmen der neuen Verfassung zu. In der Präambel wird festgehalten, dass das tunesische Volk – zu 90 Prozent moslemisch – den Lehren des Islams folge, wobei ihm „Offenheit“ und „Toleranz“ zugeschrieben werden. Gleichzeitig verbürgt die Verfassung die Anerkennung der Prinzipien der universalen Menschenrechte, die Gewissensfreiheit und das Recht auf freie Religionsausübung.

24.01.2014: Die Ikone der israelischen Bürgerrechts- und Friedensbewegung stirbt im Alter von 86 Jahren 347 .

Die der Opposition nahestehende „Syrische Beobachtungsgruppe für Menschenrechte“ in der Nähe Londons berichtet über den Tod von 63 Personen in dem vom Assad-Regime abgeriegelten palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk – hier leben noch 40.000 Menschen, nachdem 2011 dort 160.000 gewohnt hatten – bei Damaskus. Grund seien der gravierende Mangel an Nahrungsmitteln und die fehlende medizinische Versorgung.

Am Rande des Weltwirtschaftsgipfels in Davos betont Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf einer Pressekonferenz, dass er keine Siedlung und kein Außenlager einer Siedlung auflösen

347 Dazu der Beitrag von Yossi Sarid: „Das Vermächtnis Shulamit Alonis, unserer furchtlosen Lehrerin“, in der Menüleiste „Berichte aus Nahost“ dieser Homepage.

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und ihre Bewohner evakuieren werde. Zuvor hatte der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erakat die diplomatischen Bemühungen von US-Außenminister John Kerry als sinnlos bezeichnet, weil Israel ihm die Tagesordnung aufgezwungen habe: die Definition Israels als jüdischer Staat und seine Sicherheitsinteressen im Jordantal.

In Ägypten kommen bei Demonstrationen mindestens 29 Menschen ums Leben.

23.01.2014: Barak Ravid berichtet als diplomatischer Korrespondent in „Haaretz“, dass die Bundesregierung in eigener Verantwortung und ohne auf die übrigen 27 EU-Staaten zu warten, die „Guidelines“ der EU-Kommission und das „Horizon 2020“- Programm gegenüber Israel umsetzen werde 348 . Nach Presseberichten sei es gelungen, eine Formel in der Territorialklausel zu finden, die die Verwendung europäischer Mittel in den palästinensischen Gebieten ausschließe.

Nach offiziellen Angaben beläuft sich die Zahl der syrischen Flüchtlinge in der Türke i auf über 700.000. Die Mehrzahl von ihnen ist in 22 Lagern untergebracht.

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos fordert der iranische Präsident Hassan Rouhani zur Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien freie demokratische Wahlen im Land und weist die Einmischung auswärtiger Mächte zurück.

348 Barak Ravid: Germany conditions high-tech, science grants on settlement funding ban, in „Haaretz“ 23.01.2014.

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22.01.2014: In Genf beginnt die zweite Runde der Verhandlungen über die politische Zukunft Syriens . Kurz zuvor hat UN-Generalsekretär Ban ki-Moon die Einladung an den Iran zurückgezogen, weil Teheran – das genauso wie Saudi-Arabien – an „Genf I“ am 30. Juni 2012 349 nicht teilgenommen hatte, das damalige Kommuniqué nicht mittragen will, das eine Übergangsregierung mit voller Exekutivgewalt vorsah. Obwohl 2012 auch die syrische Opposition nicht teilnahm, ist sie diesmal dabei.

21.01.2014: Die israelische Regierung billigt den Bau von 381 Wohneinheiten in Givat Ze‘ev bei Jerusalem.

17.01.2014: An 17. Januar bestellt Außenminister Avigdor Lieberman die Botschafter Frankreichs, Großbritanniens, Italien und Spanien ein.

14.01.2014: Nach einem Bericht der „Neuen Zürcher Zeitung“ hat das „Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)“ in Genf die israelische Regierung wegen der schwerwiegenden Verletzung der Vierten Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung in Kriegszeiten kritisiert. Öffentliche Rügen des IKRK sind unüblich, um das Prinzip der Vertraulichkeit zu wahren. Im Bericht seines Präsidenten Peter Maurer würden vor allem die Siedlungspolitik und die Sperranlagen – sie dienten eindeutig dem Schutz der Siedlungen – angesprochen, die die Entwicklung einer lebensfähigen Nation in der Westbank und in

349 Vgl. die Eintragung am 30.06.2012 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 266 – Chronologie 2014

Ost-Jerusalem verhindere. Maurer habe bedauert, dass es keinen „ernsthaften Dialog“ mit der israelischen Regierung gegeben habe. Für den früheren Rechtsberater des israelischen Außenministeriums Alan Baker sei die Konvention nicht anwendbar 350 .

12.01.2014: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier trifft zu einem zweitägigen Besuch in Israel ein. Am 12. Januar soll er mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und später mit dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas zusammentreffen. In Vorberichten äußert sich Steinmeier vorsichtig optimistisch. Die Bundesregierung und die Europäische Union würden tatkräftig die Umsetzung der Vorstellungen des US-Außenministers John Kerry unterstützen. Deutsche Medien haben Steinmeiers Visite als „Antrittsbesuch“ bezeichnet. In einem Medienbericht wird Steinmeier am Rande der Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Ariel Sharon mit den Worten zitiert, dass dieser von einem „Falken“ heute bestimmt zu einem Befürworter der Zwei-Staaten-Lösung geworden wäre. In der Knesset kommt es zu einer kurzen Begegnung mit Netanjahu.

11.01.2015: Hans-Christian Rößler berichtet in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ über das Leben der knapp 7.000 Israelis in 21 Orten des Jordantals. Sie würden das ganze Jahr über an der Ernte und dem Vertrieb von Oregano, Thymian, Paprika, Datteln, Trauben und anderen Gemüsesorten umgerechnet knapp 130 Millionen Euro verdienen. Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Exporte würden aus dem Jordantal stammen, rund 6.000

350 Martin Woker: Deutliche Worte im Palästinakonflikt, in NZZ 14.01.2014.

www.reiner-bernstein.de 267 – Chronologie 2014

Palästinenser würden als Arbeitskräfte eingesetzt. Weniger als 6 Prozent der Anbaufläche würden von palästinensischen Bauern genutzt werden können. Nach Schätzungen der Weltbank würde die palästinensische Wirtschaft jedes Jahr rund 3,4 Millionen US-Dollar an Einnahmen verlieren. Rößler zitiert den früheren Auslandsgeheimdienstchef („Mossad“) Meir Dagan, der die Kontrolle des Jordantals nicht entscheidend für die Sicherheit Israels hält. Denn von den arabischen Armeen, die Israel früher bedroht hätten, sei nichts übriggeblieben. Auch die früheren Ministerpräsidenten Ehud Barak und Ehud Olmert hätten nach den Worten des ehemaligen Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrates Giora Eiland eine israelische Präsenz im Jordantal nicht zur Bedingung eines Friedens mit den Palästinensern gemacht. Die Verhandlungsposition Benjamin Netanjahus sei schwer zu verwirklichen. Denn die Palästinenser würden das Jordantal, das mit 400 Quadratkilometern 7,5 Prozent der Westbank ausmacht, auf keinen Fall aufgeben 351 .

Ariel Sharon stirbt im Alter von 85 Jahren. Nach seinem Gehirnschlag am 04. Januar 2006 lag er im Koma 352 .

10.01.2014: Das Auswärtige Amt und das Bundesverteidigungsministerium teilen mit, dass sich die Bundesrepublik an der Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals beteiligen werde.

In Tunesien macht der bisherige Ministerpräsident Ali Larayedh seinem parteilosen 51 Jahre alten Nachfolger Mehdi Jomaa Platz, der das Industrieministerium bekleidete. Im Artikel 1 der neuen

351 Hans-Christian Rößler: Keine Kompromisse?, in FAZ 11.01.2014, S. 10.

352 Vgl. die Eintragung am 04.01.2006 in dieser Zeitleiste.

www.reiner-bernstein.de 268 – Chronologie 2014

Verfassung soll der Islam als Tunesiens Religion festgeschrieben werden. Gemäß Artikel 45 soll die Geschlechterparität auf lokaler und nationaler Ebene gewährleistet werden. Am 26. Januar stellte Präsident Moncef Marzouki das 21 Personen umfassende Kabinett vor. Am 27. Januar unterzeichnet Marzouki die neue Verfassung, die damit in Kraft tritt.

05.01.2014: In Jerusalem erklärt Außenminister Avigdor Lieberman, dass er keine Friedensvereinbarung ohne einen Land- und Bevölkerungsaustausch unterstützen werde. Außerdem sei die Rückkehr eines einzigen palästinensischen Flüchtlings ins heutige Israel ausgeschlossen. Seine Bemerkung zum Land- und Bevölkerungsaustausch bezieht Lieberman auf das arabisch bewohnte „Kleine Dreieck“ zwischen Hadera und Afula sowie auf Wadi Ara südlich von Um El-Fahm; der Ort war nach dem Rückzug irakischer Militäreinheiten im März 1949 am 03. Mai 1949 vom jordanischen König Abdullah I. an Israel übergeben worden 353 . Würde, so ist zu folgen, dieser arabische Ort einem Staat Palästina zugeschlagen werden, käme sofort die Frage nach der politischen Zukunft Galiläas auf die diplomatische Tagesordnung, die gegenwärtig mehrheitlich arabisch bewohnt ist 354 . Außerdem ist nach der Bereitschaft der arabischen Bevölkerung im „Kleinen Dreieck“ zu fragen, ob sie einem solchen Transfer zustimmt.

Über den Gesetzentwurf der Abgeordneten Merav Michaeli („Meretz“) soll das Kabinett in seiner wöchentlichen Sitzung am heutigen Sonntag entscheiden. Michaeli verlangt in ihrer Vorlage,

353 Barak Ravid: Lieberman: Land, population exchange must be basic condition for peace deal, in „Haaretz“ 05.01.2014.

354 Vgl. die Eintragung am 02.12.2013 in dieser Zeitleiste.

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dass weiteren Siedlungsbauten jenseits der „Grünen Linie“ mindestens 80 der 120 Knesset-Abgeordneten zustimmen müssen.

Seit Tagen demonstrieren rund 30.000 illegale Flüchtlinge aus Afrika im Süden und im Zentrum Tel Avivs gegen die israelische Politik, sie im Internierungslager Chulot im festzuhalten und ihre Abschiebung vorzubereiten 355 . Am 06. Januar protestieren die Flüchtlinge vor den europäischen Botschaften in Tel Aviv.

Papst Franziskus kündigt in Rom an, dass er Ende Mai nach Amman, Bethlehem und Jerusalem reisen werde, um den innerchristlichen Dialog zu fördern und die Verbundenheit mit den Christen im Nahen Osten zu unterstreichen.

04.01.2014: Bevor US-Außenminister John Kerry nach einer drei Tage in Anspruch nehmenden zehnten Pendeltour zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Präsident Machmud Abbas legt er den Entwurf einer Rahmenvereinbarung vor, für dessen Diskussion vor Ort bis über Ende April hinaus und sogar bis in den Januar 2015 hinein Zeit sein soll. Am 05. Januar reist Kerry nach Amman und Riyadh weiter, um dort mit den beiden Königen und dem „Follow-up Committee“ der „Arabischen Friedensinitiative“ die Ergebnisse seiner Bemühungen in Jerusalem und Ramallah um die Eckpunkte einer Rahmenvereinbarung, die bis Ende Februar erreicht werden soll, zu erläutern, wiederholt Abbas‘ Sprecher Nabil Abu Rudeineh, dass sich an der Forderung nach einem unabhängigen palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt entlang der Linien von 1967 nichts geändert habe und dass keine Übergangsregelungen akzeptiert würden. Im

355 Vgl. die Eintragung am 16.12.2013 in dieser Zeitleiste.

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Gegensatz dazu betont Chefdiplomat Saeb Erakat in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Kerry in Ramallah, dass das Scheitern der Verhandlungen keine Option sei. Den heftigen Gefühlsausbruch Netanjahu gegen Abbas, verstärkt durch den enormen Druck, dem er sich innenpolitisch und in der Koalition ausgesetzt sieht, habe Kerry so verstanden, heißt es in israelischen Berichten, dass der Ministerpräsident den Moment der Wahrheit vor sich sehe. Der Korrespondent des Berliner „Tagesspiegel“ berichtet am 01. Januar aus Israel, dass sich Kerry „[g]anz offensichtlich … auf den Druck von EU-Staaten auf beide Verhandlungsseiten (verlässt), um eine Einigung zu erreichen“ 356 . Für den Fortgang des amerikanischen Einsatzes sollen US-Diplomaten nicht weniger als 50 Hotelzimmer angemietet haben.

Die republikanischen Senatoren John McCain, Lindsey Graham und John Barrosso werden in Jerusalem von Staatspräsident Shimon Peres empfangen, der ihnen erläutert, dass nach seiner Überzeugung die „Zeit für Entscheidungen“ heranreife, bei der freilich keine Fehler unterlaufen dürften. Die US-amerikanischen Gäste begrüßen die „ großartigen Bemühungen“ von Außenminister John Kerry, zwischen Jerusalem und Ramallah eine Rahmenvereinbarung zu begründen.

Im Irak nimmt der Bürgerkrieg zwischen sunnitischen und schiitischen Extremisten immer gewalttätigere Formen an, woran auch „Al-Qaida“ und aus Syrien einsickernde Kräfte beteiligt sind; die islamistische Gruppe plant einen „Islamischen Staat im Irak und Großsyrien [Shams] – ISIS)“. Der Einsatz von regierungstreuen Militäreinheiten unter schiitischem Kommando heizt die Atmosphäre weiter an. Ohne dass die USA nach dem Abzug von 2011 mit

356 Charles A. Landsmann: Kerry verlässt sich auf Europa, in „Der Tagesspiegel“ 01.01.2014.

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Soldaten ins Land zurückkehren wollen, sind dazu übergegangen, an die irakischen Streitkräfte Boden-Luft-Raketen und ScanEagle- Aufklärungsdrohnen zu liefern.

03.01.2014: Der französische Botschafter in Israel Patrick Maisonnave fordert die israelische Politik in einem Gastbeitrag für „Haaretz“ auf, das Angebot der 28 EU-Außenminister für eine „besondere privilegierte Partnerschaft“ auf den Feldern Wirtschaft, Kultur, Handel, Wissenschaft und akademische Zusammenarbeit sowie für einen verbesserten politischen und Sicherheitsdialog ernst zu nehmen 357 . Maisonnave bedauert, dass die Regierung, das gesamte politische Establishment und Opposition nicht darauf geantwortet habe, nicht einmal eine Bestätigung des Angebots sei erfolgt. „Eine donnernde Stille und dies in einer Lage, in der so viele Menschen [in Israel] betonen, dass sie über die Wendungen und Hinweise der Absicht eines Boykotts Israels besorgt sind. Einen Boykott, den die Europäische Union ablehnt und verurteilt 358 .“ Barak Ravid, diplomatischer Korrespondent von „Haaretz“, lobt John Kerrys den beispiellosen Einsatz mit der Formulierung „to kill them with kindness“359 .

Eine der größten US-amerikanischen Universitäten, die „Texas A&M University“, will mit einem Kostenaufwand von 100 Millionen US- Dollar eine Universität mit Namen „Peace Campus“ im arabischen Nazareth errichten; die Fertigstellung soll 2015 erreicht sein. Die

357 Vgl. zuletzt die Eintragung am 16.12.2013 in dieser Zeitleiste.

358 Patrick Maisonnav: The EU’s offer still stands, despite the Israeli government’s resounding silence, in „Haaretz“ 03.01.2014. Der vollständige Text ist in der Menüleiste „Erklärungen und Interviews” dieser Homepage verfügbar.

359 Barak Ravid: Israeli Prime Minister Benja Netanyahu reaching point of no return, in „Haaretz“ 03.01.2014.

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Absicht mit Unterstützung kommt aus dem evangelikalen Lager christlicher Zionisten. Am 23. Oktober 2013 hatten der texanische Gouverneur Rick Perry und Staatspräsident Shimon Peres eine Vereinbarung unterzeichnet, um private Spender für das Projekt zu gewinnen. In Nazareth selbst, dessen Bevölkerung zu zwei Dritteln aus Moslems besteht, wird der Plan auch deshalb misstrauisch begleitet, weil er aus dem Ausland stammt und er die israelische Politik von der eigenen Verantwortung für das arabische Bildungssystem im Lande entlastet. Als Trojanisches Pferd werde das Projekt auf Israel in einer Zeit zurückschlagen, in der die arabische Bevölkerung um kulturelle und politische Autonomie kämpfe, heißt es in Stellungnahmen.

02.01.2014: Im südlichen Teil Beiruts , wo sich das Hauptquartier der „Hisbollah“ befindet, tötet eine Bombe mindestens 5 Personen.

Nach einer Mitteilung der israelischen Botschaft in Berlin haben 63 Prozent der Israelis und 53 Prozent der Palästinenser die Zwei- Staaten-Lösung befürwortet. Eine entsprechende Umfrage sei vom „Harry S. Truman Research Institute for the Advancement of Peace“ in Jerusalem gemeinsam mit dem „Center for Policy and Survey Research“ in Ramallah unter Beteiligung der „Konrad-Adenauer- Stiftung“ durchgeführt worden. Am selben Tag bezeichnet der stellvertretende Außenminister Ze‘ev Elkin im Beisein von Innenminister Gideon Sa’ar, von Parlamentariern und Vertretern der „Land of Israel“-Lobby „die 1967er Grenzen als Auschwitz- Grenzen 360 “ – eine Bewertung, die schon der damalige Außenminister nach dem Junikrieg vorgenommen hatte.

360 Barak Ravid: Deputy foreign minister: 1967 borders are Auschwitz borders, in „Haaretz“ 02.01.2014.

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01.01.2014: In der palästinensischen Botschaft in Prag fällt Botschafter Djamal al- Djamal einer Explosion zum Opfer, als er einen Tresor öffnen will. Aus dem ägyptischen Alexandria kommend, wo er das palästinensische Generalkonsulat leitete, trat Djamal im Oktober 2013 seinen Dienst in der tschechischen Hauptstadt an. Nach Untersuchungen der Polizei befanden sich der Botschaft Maschinenpistolen, deren Lagerung gemäß dem Status von diplomatischen Vertretungen nicht vertretbar ist.

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