Hannelore Putz: Bayerische Blicke Auf Den Römischen Kunstmarkt (1790–1815)
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Hannelore Putz: Bayerische Blicke auf den römischen Kunstmarkt (1790–1815). Bedingungen, Akteure, Mechanismen Zeitschrift Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken Band 97 (2017) Herausgegeben vom Deutschen Historischen Institut Rom DOI: 10.1515/qfiab-2017-0013 Copyright Das Digitalisat wird Ihnen von perspectivia.net, der Online-Publikationsplattform der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland, zur Verfügung gestellt. Bitte beachten Sie, dass das Digitalisat urheberrechtlich geschützt ist. Erlaubt ist aber das Lesen, das Ausdrucken des Textes, das Herunterladen, das Speichern der Daten auf einem eigenen Datenträger soweit die vorgenannten Handlungen ausschließlich zu privaten und nicht-kommerziellen Zwecken erfolgen. Eine darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil- als auch strafrechtlich verfolgt werden. Hannelore Putz Bayerische Blicke auf den römischen Kunstmarkt (1790–1815) Bedingungen, Akteure, Mechanismen Riassunto: A partire dal Rinascimento, Roma fu il centro europeo del mercato delle antichità e delle opere d’arte, nonché dell’attività artistica. L’importanza politica e culturale, assunta dalla città quasi senza soluzione di continuità fin dai tempi antichi, aveva fatto nascere, nel corso dei secoli, straordinarie collezioni di opere d’arte. Al contempo gli artisti producevano nuove opere, e giovani artisti confluivano in questa „metropoli europea dell’arte“ per studiare, per imparare dai grandi, per raccoglierne gli impulsi in maniera creativa, per riportare in patria le cognizioni acquisite. I rivol- gimenti e le crisi politiche, economiche e belliche, che verso la fine del XVIII secolo scuotevano tutta l’Europa, ebbero dirette consequenze sul delicatissimo mercato d’arte romano, cambiandone radicalmente le condizioni complessive che sarebbero rimaste critiche fino al riordinamento dell’Europa dopo le guerre napoleoniche. Nel 1810 il principe ereditario bavarese, Lodovico, mandò a Roma lo scultore Johann Martin von Wagner che nella qualità di agente d’arte doveva rappresentare i suoi inte- ressi in loco. L’intensa corrispondenza tra i due, che durò fino alla morte di Wagner sopravvenuta nel 1858, getta una luce particolare sul mercato romano dalla prospet- tiva del committente e nell’ottica professionale dell’artista. Si apre così uno squarcio singolare sulle condizioni e sui meccanismi del mercato e i suoi attori durante gli ultimi anni dell’età napoleonica a Roma. Abstract: From the Renaissance onwards, Rome was the European hub for the market in antiquities and art works, and for artistic creation. The city’s political and cultural importance, almost uninterrupted since antiquity, led to the assembly over the cen- turies of extraordinary collections of art works. At the same time, artists created new works and young artists converged on this „European art metropolis“ to study, to learn from the greats, to draw creative inspiration from them and to take the knowl- edge they had acquired back home. The revolts and political crises, economic crashes and wars that towards the end of the 18th century shook the whole of Europe had direct consequences for the extremely delicate Roman art market, radically altering its overall conditions, which remained critical until the reorganization of Europe after the Napoleonic Wars. In 1810 Prince Ludwig of Bavaria, heir to the throne, sent the sculptor Johann Martin von Wagner to Rome; he was to represent his interests in loco as an art agent. The intensive correspondence between the two, which continued until Wagner’s death in 1858, sheds special light on the Roman market from the point of view of the patron and the professional perspective of the artist. This provides a QFIAB 97 (2017) DOI 10.1515/qfiab-2017-0013 Bayerische Blicke auf den römischen Kunstmarkt 265 unique insight into the conditions and mechanisms of the market and those involved in it during the last years of the Napoleonic period in Rome. Rom war seit der Renaissance ein schier unerschöpflicher Ort des Antiken- und Kunstmarktes und ein in ganz besonderer Weise inspirierendes Zentrum des Kunst- betriebs gewesen. Dies galt sowohl für den primären als auch für den sekundären Markt, also zum einen für den Handel mit neugeschaffenen Werken, zum anderen für den Kauf und Verkauf von Kunstobjekten aus früheren Zeiten. Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen vor allem in der seit der Antike weitgehend ungebrochen hohen politischen und kulturellen Bedeutung der Stadt. Diese bildete eine wichtige Grundlage für die kunstfördernden Ambitionen ihrer Bewohner. Die Kunstmetropole Europas hatte daher auch immer Kunstschaffende unterschiedlicher Provenienz und Ausprägung angezogen und die europäische Kunstszene geprägt. Hier studierten junge Maler, Bildhauer und Architekten antike und nachantike Kunstobjekte, bil- deten sich bei zeitgenössischen Künstlern fort, tauschten sich gegenseitig aus und erhielten vielerlei Anregungen, das Gelernte und Erfahrene in ihren Herkunftslän- dern oder an neuen Wirkungsorten fortzuentwickeln und umzusetzen. All dies gilt grundsätzlich zunächst einmal für die gesamte Neuzeit; allerdings zeichnen sich Kunstmarkt und Kunstbetrieb gleichermaßen dadurch aus, dass sie hochsensibel auf äußere Umstände und kulturelle Rahmenbedingungen reagieren – politische, öko- nomische, kulturelle und kommunikative Faktoren bestimmen ganz wesentlich das Marktgeschehen in seiner jeweiligen Eigenart. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zum Abschluss des Wiener Kon- gresses und zu der damit einhergehenden Neuordnung Europas ergab sich eine außergewöhnliche Konstellation für den Markt wie für den Kunstbetrieb in ganz Europa. Politische Umbrüche und sich daraus entwickelnde ökonomische Krisen, kriegerische Ereignisse und ein damit verbundenes gewandeltes Reiseverhalten der Kunstreisenden, eine Veränderung der Sehgewohnheiten und gleichzeitig einherge- hend die Entwicklung der archäologischen Fachdisziplin und die Sensibilisierung auf die Bewahrung des antiken Erbes, die voranschreitende Etablierung des freien Marktes und die parallel stattfindende allmähliche Lösung der Künstler aus alten kle- rikalen und herrschaftlichen Kaufkontexten, wobei weiterhin traditionelle Künstler- Auftraggeber-Beziehungen wirksam waren – alle diese äußeren Marktbedingungen bestimmten den Handel und Kunstbetrieb, sie schufen das konkret wirksame Umfeld für die Akteure und führten zu ganz spezifischen Praktiken und Logiken des Handels. Das Produzieren, Kaufen, Verkaufen und Sammeln erhielt in diesem Zeitraum von Rom und den hier eingeübten Gepflogenheiten weit hinausgehende entscheidende Impulse. Produzenten, Agenten und Käufer aus vielen europäischen Staaten traten gerade zu dieser Zeit in Rom in Handelsbeziehungen ein, viel freier als irgendwo sonst, vergleichsweise wenig beeinträchtigt von der päpstlichen Herrschaft. Die vor Ort entstandenen Kontakte und Bekanntschaften hielten häufig über den Romaufent- QFIAB 97 (2017) 266 Hannelore Putz halt hinaus und blieben auch in den weiteren Lebensstationen der Akteure wirksam. Sichtbar werden diese Bindungen nicht zuletzt auch in den in den Staaten des Deut- schen Bundes im 19. Jahrhundert entstandenen großen Sammlungen und Museen. Der römische und italienische Kunstmarkt sowie in Rom ausgebildete Künstler und Kunstgelehrte prägten die neuen Museen – beispielsweise in Berlin und München, aber natürlich auch darüber hinaus. Entsprechend der Sensibilität des Marktes zeichnete die Akteure eine besondere Art der Diskretion aus. Die innere Funktionsweise des Marktgeschehens wurde nicht öffentlich gemacht, sie blieb bewusst intransparent, die Kenntnis der Mechanismen sollte in ganz unterschiedlicher Ausprägung der Gruppe der Produzenten, Agenten und Käufer vorbehalten bleiben. In der Vergangenheit sind immer wieder Editionen von Textcorpora entstanden, die helfen, diesen eigentümlichen Markt aufzuschlüs- seln.1 Tagebücher und Briefwechsel von Akteuren des Marktes machen gerade im Zusammenwirken unterschiedlicher Perspektiven auf den Markt dessen komplexe Struktur und systematische Intransparenz sichtbar. Derzeit weiß man allerdings noch immer zu wenig Konkretes über die Funktionsweise des Marktes, auch wenn sich mehrere maßgebliche Arbeiten diesem Thema widmen.2 An der Universität München und der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wird aktuell der Briefwechsel zwischen dem bayerischen Kron- prinzen und späteren König Ludwig I. und seinem in Rom lebenden Kunstagenten Johann Martin von Wagner ediert. Die Arbeiten am ersten Teil der Korrespondenz, der 1 Sehr früh ist beispielsweise publiziert worden: J. M. Thiele, Thorvaldsen’s Leben nach den eigen- händigen nachgelassenen Papieren und dem Briefwechsel des Künstlers, 3 Bde., Leipzig 1852–1854. Erst vor wenigen Jahren ist dagegen erschienen A. Cipriani/G. Fusconi/C. Gasparri u. a. (Hg.), Roma 1771–1819. I Giornali di Vincenzo Pacetti, Pozzuoli 2011. Mit Einschränkungen sind hier auch die folgenden zwei Editionen zu nennen, die vor allem aus der bayerischen Perspektive immer wieder auch Blicke auf den römischen Kunstmarkt der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts werfen: R. Messe- rer (Bearb.), Briefwechsel zwischen Ludwig I. von Bayern und Georg von Dillis 1807–1841, München 1966 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 65); H. Glaser (Hg.), König Ludwig I. von Bayern und Leo von Klenze. Der Briefwechsel. Teile I–III, 9 Bde., bearb.