Gemeinde Wald-Michelbach

Landkreis Bergstraße

Errichtung eines Drogeriemarkts

Auswirkungsanalyse nach § 11 BauNVO

Bearbeitet von Dr. Angelika Brendel Brendel Standort Consult Am Steinern Kreuz 28 64297 Tel. 06151-9518788 E-Mail: [email protected]

Stand 25. Mai 2019

Wald-Michelbach Drogeriemarkt 2019

Gliederung:

Abbildungen: ...... 3 Tabellen: ...... 3 Abkürzungen: ...... 3 1. Einleitung ...... 5 1.1. Aufgabenstellung...... 5 1.2. § 11 Abs. 3 BauNVO ...... 5 2. Das Vorhaben und sein Standort ...... 6 2.1. Regionalplanung, Bauleitplanung ...... 6 2.2. Standort Gemeinde Wald-Michelbach ...... 8 2.3. Standort Drogeriemarkt ...... 11 2.4. Drogeriemarkt – Verkaufsfläche, Umsatz ...... 14 3. Bestandsanalyse Drogeriesortimente ...... 14 3.1. Angebot: Verkaufsflächen und Umsätze ...... 15 3.2. Einzugsgebiet, Einkaufsziele ...... 16 3.3. Nachfrage: Kaufkraftpotenzial ...... 18 4. Auswirkungen des Vorhabens ...... 19 4.1. Quantitative Dimension ...... 19 4.2. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO – potenzielle Auswirkungen ...... 21 4.2.1. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche ...... 22 4.2.2. Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung...... 27 4.3. Verkehrsaufkommen ...... 29 4.4. Vereinbarkeit mit den Zielen von Raumordnung und Landesplanung ...... 30 5. Ergebnis Prüfung § 11 BauNVO ...... 32 5.1. Synopse...... 32 5.2. Ergebnisse und Empfehlungen ...... 34

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Abbildungen: Abbildung 1: Lage von Wald-Michelbach ...... 4 Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung bis 2030 ...... 10 Abbildung 3: Standort Drogeriemarkt ...... 12 Abbildung 4: Lage des Drogeriemarkts neben ALDI...... 13 Abbildung 5: Zentrale Standorte Wald-Michelbach ...... 23 Abbildung 6: Nahversorgungsfilialisten in Wald-Michelbach ...... 28

Tabellen: Tabelle 1: Entfernungen ...... 9 Tabelle 2: Einwohner von Wald-Michelbach ...... 9 Tabelle 3: Bestand Nahversorgung...... 15 Tabelle 4: Nahversorgung - Einwohner, VK, Umsatz, Kaufkraft ...... 18 Tabelle 5: Veränderungen ...... 19 Tabelle 6: Verlagerung von Umsatz ...... 20

Abkürzungen: BauNVO Baunutzungsverordnung BVerwG Bundesverwaltungsgericht ERP Einheitlicher Regionalplan Rhein- IFH Institut für Handelsforschung, Köln OT Ortsteil ÖPNV öffentlicher Personennahverkehr RPS Regionalplan Südhessen/Regionaler Flächennutzungsplan 2010 VGG Verkehrsgesellschaft Gersprenztal VRN Verkehrsverbund Rhein-Neckar

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Abbildung 1: Lage von Wald-Michelbach

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Wald-Michelbach Drogeriemarkt 2019

1. Einleitung

1.1. Aufgabenstellung

Im Unterzentrum Wald-Michelbach im Landkreis Bergstraße soll ein Drogeriemarkt mit einer Verkaufsfläche von maximal 740 m² errichtet werden. Das Sortiment des Drogerie- markts zählt zur Grund- oder Nahversorgung, wie auch die Lebensmittel. Mit seiner Ver- kaufsfläche liegt der Markt unterhalb der Schwelle zur Großflächigkeit nach § 11 Abs. 3 BauNVO; jedoch im Hinblick auf den Standort und seiner Nähe zu den anderen Nahver- sorgungsbetrieben werden im Folgenden seine Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 BauNVO untersucht.

Der Standort befindet sich innerhalb des bebauten Siedlungszusammenhangs in integrierter Lage im Süden der Kerngemeinde Wald-Michelbach im Bereich des Bebauungsplans „Am Bahndamm – Wetzkeil“. Der Standort des Drogeriemarkts liegt neben dem Lebensmittel- discounter ALDI und dem Lebensmittelvollsortimenter EDEKA (siehe Abschnitt 2.3.).

Im Bebauungsplan sind Teile des Plangebiets bereits als Sondergebiet nach § 11 Abs. 3 BauNVO mit der Zweckbestimmung „großflächiger Einzelhandel/Nahversorgung“ fest- gesetzt. Die Fläche des Drogeriemarkts soll in die Festsetzung Sondergebiet einbezogen werden; dazu muss der Bebauungsplan geändert werden. Zur Begründung des Sonderge- biets ist eine Untersuchung der Auswirkungen des Drogeriemarkts erforderlich; es erübrigt sich daher die Untersuchung der Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO.

Der Drogeriemarkt ist zwar für sich alleine nicht großflächig, aber er befindet sich an sei- nem Standort im Verbund mit den anderen Märkten; daher sind gemäß den raumordneri- schen Vorgaben zu Agglomerationen die Auswirkungen analog zu großflächigen Märkten zu untersuchen. Großflächige Einzelhandelsvorhaben sind nach § 11 Abs. 3 BauNVO auf ihre Raumverträglichkeit zu prüfen. Dazu werden im Folgenden die voraussichtlichen Aus- wirkungen des Drogeriemarkts nach § 11 Abs. 3 BauNVO untersucht und eine Prognose über die ökonomischen, raumordnungspolitischen und städtebaulichen Auswirkungen er- arbeitet. In diesem Rahmen werden die planungsrechtlichen Voraussetzungen dargestellt, das Einzugsgebiet und dessen Potenziale ermittelt, das Vorhaben ihnen gegenübergestellt und dessen voraussichtliche Auswirkungen geprüft.

Die Untersuchung erfolgt im Auftrag von ALDI Ketsch aus der Unternehmensgruppe ALDI SÜD.

1.2. § 11 Abs. 3 BauNVO

§ 11 Abs. 3 BauNVO verweist Einzelhandelsbetriebe auf Kerngebiete oder für sie ausge- wiesene Sondergebiete, sofern sie großflächig sind und sich nach Art, Lage und Umfang nicht nur unwesentlich auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landespla- nung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auswirken können.

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Für das Merkmal Großflächigkeit gilt gemäß § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO, dass mit Über- schreiten einer Geschoßfläche von 1.200 m² in der Regel Auswirkungen gemäß Satz 2 ein- treten. Großflächigkeit wird zwar ab einer Geschossfläche von 1.200 m² vermutet, die BauNVO stellt also einen Zusammenhang zwischen Großflächigkeit und Geschossfläche her. Die Auswirkungen i.S. von § 11 Abs. 3 BauNVO hingegen hängen eher ab von der Größe der Verkaufsfläche und dem Umsatz, der auf ihr erzielt werden kann. Die Verkaufs- fläche ist daher in der Praxis der Maßstab für Großflächigkeit. In seiner Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht bestimmt: „Einzelhandelsbetriebe sind großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m² überschreiten“1. Diese Aussage wird relativiert durch § 11 Abs. 3 Satz 4, nach dem gegebenenfalls Auswirkungen bereits bei weniger als 1.200 m² Geschoßfläche eintreten bzw. bei mehr als 1.200 m² Ge- schoßfläche ausbleiben können.

In Rahmen der vorliegenden Untersuchung werden:

 das Vorhaben und sein Standort vorgestellt (Abschnitt 2),  das Einzelhandelsumfeld analysiert (Abschnitt 3),  die Auswirkungen gemäß den Kriterien von § 11 Abs. 3 BauNVO geprüft (Ab- schnitt 4) und  die Schlüsse gezogen (Abschnitt 5).

2. Das Vorhaben und sein Standort

2.1. Regionalplanung, Bauleitplanung Regionalplan Südhessen 2010

Im Regionalplan Südhessen/Regionaler Flächennutzungsplan 2010 (RPS) ist die Gemeinde Wald-Michelbach als Grundzentrum in der Ausprägung Unterzentrum ausgewiesen. Nach dem RPS sollen im Unterzentrum die Einrichtungen der überörtlichen Grundversorgung in vollem Umfang angeboten werden2 .

Für den Einzelhandel nennt der RPS folgende Zielsetzungen (Z3.4.3-2)3:

1. Die Ausweisung, Errichtung oder Erweiterung von großflächigen Einzelhandels- vorhaben ist grundsätzlich nur in den Ober- und Mittelzentren zulässig. In begrün- deten Ausnahmefällen und zur Gewährleistung der örtlichen verbrauchernahen Grundversorgung kommen auch Standorte in den zentralen Ortsteilen von Klein- und Unterzentren in Betracht.

1 BVerwG 4 C 10.04 vom 24. November 2005, Rn 12. 2 RPS, Abschnitt 3.2.3. 3 Vgl. a.a.O., Abschnitt 3.4.3. © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 6

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2. Von einer verbrauchernahen örtlichen Grundversorgung ist regelmäßig auszugehen, wenn, a. das Vorhaben städtebaulich integriert ist, b. die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des tägli- chen Bedarfs in zumutbarer Entfernung und c. auch für in ihrer Mobilität eingeschränkte Bevölkerungsgruppen sicherge- stellt ist.

Unter einer verbrauchernahen örtlichen Grundversorgung ist die regelmäßige Nah- versorgung mit Grund- und Nahversorgungsgütern, insbesondere mit Lebensmit- teln, in unmittelbarer Wohnnähe zu verstehen4. Um eine flächendeckende Versor- gung der Bevölkerung mit einem differenzierten und bedarfsgerechten Warenange- bot in zumutbarer Erreichbarkeit sicherstellen zu können, sind Vorhaben an städte- baulich integrierten Standorten auszuweisen. Städtebaulich integriert sind Standorte in einem insbesondere baulich verdichteten Siedlungszusammenhang mit überwie- gendem Wohnanteil. … Städtebaulich integrierte Lagen zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie an den ÖPNV angebunden sind und fußläufig maximal 700 m von Wohnstandorten entfernt liegen5. 3. Von großflächigen Einzelhandelsvorhaben dürfen nach Art, Lage und Größe keine schädlichen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit von integrierten Ge- schäftszentren (zentralen Versorgungsbereichen) in der Gemeinde und in anderen Gemeinden sowie auf die verbrauchernahe Versorgung in der Gemeinde zu erwar- ten sein6.

Der Standort des Vorhabens ist in der Karte zum RPS als Vorranggebiet Siedlung/Bestand dargestellt. Einzelhandel ist im Vorranggebiet Siedlung grundsätzlich zulässig. Einheitlicher Regionalplan Rhein-Neckar

Der Einheitliche Regionalplan Rhein-Neckar (ERP)7 enthält ebenfalls die Ausnahme von der Regel, dass großflächiger Einzelhandel nur in Ober- und Mittelzentren zulässig ist, wenn dies ausschließlich zur Sicherung der Nahversorgung geboten ist und keine negativen Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung zu erwarten sind8. Flächennutzungsplan

Im Flächennutzungsplan (FNP) der Gemeinde Wald-Michelbach ist der betroffene Be- reich als Sonderbaufläche (S) dargestellt.

4 Vgl. zu G3.4.3-1. 5 A.a.O., zu Z3.4.3-2. 6 Vgl. a.a.O., Abschnitt 3.4.3 Z3.4.3-3. 7 Seit Dezember 2014 verbindlich für die zu Verbandsgebiet gehörenden Teile von Baden-Württemberg und Rhein- land-Pfalz 8 ERP, Abschnitt 1.7.2.2. © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 7

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Bebauungsplan Der Bebauungsplan „Am Bahndamm – Wetzkeil“ wird im Wege von § 13a BauGB geän- dert; die Fläche des Drogeriemarkts wird in das Sondergebiet/Nahversorgung einbezo- gen9.

2.2. Standort Gemeinde Wald-Michelbach Lage und Struktur

Die Gemeinde Wald-Michelbach liegt im Süden Hessens, an der Grenze zum Bundesland Baden-Württemberg. Sie gehört zum Landkreis Bergstraße und damit zum Regierungsbe- zirk Darmstadt. Im Landkreis Bergstraße überschneiden sich die Ausläufer der beiden Met- ropolregionen Rhein-Main im Norden und Rhein-Neckar im Süden. Die Kerngemeinde und die neun Ortsteile machen durch ihre Verschiedenartigkeit den besonderen Reiz von Wald-Michelbach aus. Dazu trägt die abwechslungsreiche Landschaft mit waldreichen Hö- henzügen und von kleinen Bachläufen durchzogenen Tälern bei. Die Landschaft gibt der Gemeinde ihren besonderen Reiz, setzt aber der räumlichen Entwicklung auch Grenzen, da ebene Flächen selten sind.

Die Kommunen Wald-Michelbach, Grasellenbach und Abtsteinach bilden zusammen den interkommunalen Verbund „Überwald“. Gemeinsam sind den 3 Gemeinden die Heraus- forderungen, die sich aus der Lage im ländlich hügeligen dünn besiedelten Teil des Kreises Bergstraße ergeben. Anliegergemeinden von Wald-Michelbach sind in Hessen Rothenberg, , Grasellenbach, Rimbach, Mörlenbach und Abtsteinach. In Baden-Württem- berg Heiligkreuzsteinach und Heddesbach im Rhein-Neckar-Kreis.

Im Straßenverkehr wird Wald-Michelbach durch die L 3105 in Nord-Süd-Richtung und die L 3120 in Ost-West-Richtung erschlossen; beide Straßen kreuzen sich in der Kerngemein- de. Der Straßenzug L 3409/L 535 führt im Westen an Wald-Michelbach vorbei und ver- bindet Wald-Michelbach mit dem Ortsteil Siedelsbrunn und der Gemeinde Abtsteinach.

Einen Bahnanschluss gibt es nicht mehr. Im Busverkehr wird die Gemeinde vom VRN (Verkehrsverbund Rhein-Neckar) bzw. der VGG (Verkehrsgesellschaft Gersprenztal) mit den Linien 681, 683, 685 und 687 bedient; die Buslinien stellen Verbindungen im öffentli- chen Verkehr (ÖPNV) innerhalb von Wald-Michelbach und mit allen Nachbarkommunen her.

Wald-Michelbach liegt abseits des großen Verkehrsgeschehens. Die Entfernungen zwi- schen Wald-Michelbach und den Nachbargemeinden sind relativ groß. Zur Zahl der Kilo- meter kommt die Qualität der Straßen. Sie sind topografisch bedingt kurvenreich und teil- weise steil. Im Winter muss mit Behinderungen gerechnet werden. Eine gute Nahversor- gung vor Ort ist daher unabdingbar.

9 BauGB § 13a Abs. 2, Nr. 2 © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 8

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Tabelle 1: Entfernungen

zwischen Wald-Michelbach und … km (ca.) Grasellenbach 4-8 Abtsteinach-Oberabtsteinach 7 Mossautal-Güttersbach 13 Heiligkreuzsteinach, Rathaus 15 Mörlenbach-Mitte 12 Birkenau 13 Heppenheim 25 Weinheim 21

Ortsteile, Bevölkerung

Wald-Michelbach besteht aus 10 Ortsteilen. Tabelle 2 zeigt sie mit ihren Einwohnern:

Tabelle 2: Einwohner von Wald-Michelbach

Stadtteil Hauptwohnung Nebenwohnung ∑ Wald-Michelbach 4.485 135 4.620 Affolterbach 1.135 43 1.178 Aschbach 1.191 24 1.215 Gadern 468 12 480 Hartenrod 231 12 243 Kocherbach 227 18 245 Kreidach 442 9 451 Ober-Schönmattenwag 573 24 597 Siedelsbrunn 1062 59 1.121 Unter-Schönmattenwag 937 37 974 ∑ 10.751 373 11.124

Nach Tabelle 2 hat die Kerngemeinde Wald-Michelbach die größte Bevölkerung; 41,7% der Einwohner wohnen hier. Die 373 Einwohner mit Nebenwohnung werden separat auf- geführt, da sie wahrscheinlich nur mit einem Teil ihrer Kaufkraft zum Nachfragepotenzial in Wald-Michelbach beitragen.

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Die Prognose zum demografischen Wandel im Regionalplan Südhessen 2010 stellt für den Landkreis Bergstraße im Zeitraum zwischen 2006 und 2020 einen Bevölkerungsrückgang von 1.444 gegenüber dem Ausgangswert von 264.985 = -0,545% in Aussicht. Für die Pla- nungsregion Südhessen liegt die Prognose günstiger, bei +0,098%10. Die Bevölkerungs- entwicklung ist im Landkreis Bergstraße also voraussichtlich etwas ungünstiger als in der Planungsregion. Für Wald-Michelbach ist die Prognose noch ungünstiger, folgt man der in Abbildung 2 dargestellten aktuellen Prognose der Hessen Agentur für den längeren Zeit- raum bis 203011:

Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung bis 2030

Die Hessen Agentur rechnet für 2030 in Wald-Michelbach mit etwa 400 oder 3,7% Ein- wohnern weniger als heute. Positiver ist die erwartete Entwicklung im Landkreis Berg- straße, im Darmstadt und in Hessen. Auf die Alterung bzw. auf den wach- senden Anteil der Älteren an der Bevölkerung sei hingewiesen; bei ihnen ist der Bedarf nach einer wohnortnahen Versorgung besonders ausgeprägt.

Statistiken, Wirtschaft

Die Hessische Gemeindestatistik verzeichnet per 30.06.2016 in Wald-Michelbach 3.825 so- zialversicherungspflichtig beschäftigte Einwohner. Von ihnen pendeln 2.768 über die Ge- meindegrenzen aus. Ihnen stehen 879 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Einpendler gegenüber. Der Pendlersaldo liegt bei -1.889. Die Zahlen zeigen, dass viele Einwohner au- ßerhalb der Gemeinde beschäftigt sind und die Bevölkerung hinsichtlich des Arbeitsplatzes

10 Errechnet aus den Angaben aus Regionalplan Südhessen 2010, Tabelle 2, S. 37. 11 Vgl. Hessen Agentur GmbH, Hessisches Gemeindelexikon, Gemeindedatenblatt Wald-Michelbach (431021) © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 10

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mobil ist. Die Mobilität hat für die Nahversorgung zur Folge, dass dort eingekauft werden kann, wo das Angebot stimmt und es sich bequem erreichen lässt - am Wohnort, am Ar- beitsort oder unterwegs.

Zentrale Einrichtungen, die potenziell Kunden für den Einzelhandel nach Wald-Michel- bach bringen, sind das Forstamt, die Polizeistation, das Postamt und die Schulen. Die Ge- meinde besitzt zwei Grundschulen, eine Sonderschule, eine Haupt- und Realschule sowie ein Gymnasium sowie eine freie Schule in privater Trägerschaft. Durch die Schulen kom- men Schüler aus der weiteren Umgebung in die Gemeinde.

In der Funktion als Unterzentrum hat Wald-Michelbach Anziehungskraft auf die Einwoh- ner der Kommunen im Umfeld. Im Ortskern befinden sich alle Funktionen eines Unter- zentrums, wie Verwaltungseinrichtungen, Versorgungsinfrastruktur, kulturelle und soziale Hauptstellen.

Bedingt durch die schöne Lage im ist der Tourismus ein nicht zu vernachlässi- gender Wirtschaftsfaktor. Die Gemeinde Wald-Michelbach liegt im Herzen des Naturparks Bergstraße-Odenwald, der als nationaler, europäischer und UNESCO-Geopark ausgewie- sen ist. Das durchschnittliche Bettenangebot in Übernachtungsbetrieben mit mehr als 9 Betten lag im Jahre 2016 gemäß der Hessische Gemeindestatistik bei 504 mit 41.586 Über- nachtungen. Hinzu kommen Übernachtungen in privaten Quartieren, in Ferienwohnungen und auf dem Campingplatz sowie Betten eines Schullandheims. Besucher der Gemeinde, sei es als Touristen, sei es als Berufseinpendler, Besucher der Unternehmen oder andere Besucher sind potenziell Kunden der Nahversorgungsbetriebe wie Drogeriemarkt und ver- mehren das Nachfragepotenzial.

2.3. Standort Drogeriemarkt

Das Plangrundstück liegt Am Bahndamm 8, an der Trasse der ehemaligen Überwaldbahn, die heute nur noch touristische Funktionen (Draisinen) hat. Das Grundstück wird von der Ludwigstraße, der regionalen Erschließungsstraße L3120 und Hauptstraße von Wald-Mi- chelbach, optisch durch den erhöhten ehemaligen Bahndamm getrennt. Der Bahndamm verliert im Verlauf des Grundstücks an Höhe bis er im Einfahrtsbereich ebenerdig ist. Trotz Bahndamm ist der Standort von der Ludwigstraße her sichtbar, ohne weiteres erkennbar und auffindbar. Die Verbindung mit dem Gemeindegebiet ist wegen einer Unterführung und einer plangleichen Querung der Geleise unproblematisch.

Abbildung 3 auf der nächsten Seite zeigt die Lage des Standorts in Wald-Michelbach:

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Abbildung 3: Standort Drogeriemarkt

In Abbildung 3 ist die Innerortsituation der Kerngemeinde von Wald-Michelbach zu sehen. Der mit einem roten Ring gekennzeichnete Standort des Drogeriemarkts befindet sich im Dreieck, gebildet aus den Straßen Am Bahndamm und Wetzkeil. Die Gemeindeverwaltung hat ihren Standort in der Straße In der Gass.

Im Straßendreieck zwischen Am Bahndamm und Wetzkeil befinden sich der Lebensmit- teldiscounter Aldi, der Lebensmittelvollsortimenter Edeka sowie eine Bäckerei. Sie sind das Nahversorgungszentrum für die Gesamtgemeinde. Das Straßendreieck ist umgeben von der Wohnbebauung Wald-Michelbachs.

Die Planung bzw. die bauliche Organisation des Vorhabens am Standort sind in Abbildung 4 auf der nächsten Seite dargestellt:

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Abbildung 4: Lage des Drogeriemarkts neben ALDI

Der fußläufige Einzugsbereich des Drogeriemarkts bzw. des Nahversorgungsstandorts reicht tief in die Ortsbebauung hinein und umfasst den gesamten Bereich südlich der L3120.

Die nächste Bushaltestelle „Einkaufszentrum“ liegt an der L3120 nahe der Einmündung der Straße Am Bahndamm. Die Haltestelle wird von den VRN/VGG-Buslinien 681, 683 und 685 bedient: sie liegt etwa 200 bis 300 m entfernt.

Im Ergebnis befindet sich der Standort des Drogeriemarkts innerhalb der Ortslage. Er ent- spricht den Integrationskriterien des RPS – baulich verdichteter Siedlungszusammenhang mit überwiegendem Wohnanteil, Erschließung im ÖPNV und kurze fußläufige Entfernung von den Wohnstandorten -12 ; er ist daher als städtebaulich integriert zu werten.

12 Vgl. RPS Begründung zu Abschnitt 3.4.3 © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 13

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2.4. Drogeriemarkt – Verkaufsfläche, Umsatz

Das Sortiment eines Drogeriemarkts enthält die Warengruppen Haushaltsartikel, Hygiene- artikel, Körperpflege, Kosmetik, Baby-Artikel, freiverkäufliche Arzneimittel, Tierfutter so- wie Wasch- und Putzmittel.

Obwohl es im Einzugsgebiet von Wald-Michelbach nur wenige Drogeriemärkte gibt – die nächsten sind in Fürth, Mörlenbach und Rimbach -, trifft der Drogeriemarkt auf ein Um- feld, das mit Drogeriewaren, jedenfalls teilweise, versorgt ist. Denn seit der Schließung der Drogeriemarkt-Kette Schlecker im Jahre 2012 haben alle Lebensmittelfilialisten ihr Ange- bot an Drogeriewaren erweitert, zum Teil sogar erheblich.

Nach der Studie von IFH/BBE im Auftrag des Bayrischen Staatsministeriums „Struktur- und Marktdaten des Einzelhandels 2017“ erwirtschaften Drogeriefachmärkte Jahresum- sätze zwischen € 5.000 und € 6.000 pro qm Verkaufsfläche (Flächenproduktivität). Am ländlichen Standort Wald-Michelbach mit eher niedriger Kaufkraft wird von der Flächen- produktivität von € 5.000/m² ausgegangen. Diese Annahme wird betreiberunabhängig im Sinne einer worst-case-Annahme getroffen, weil mehr als € 5.000/m² in Wald-Michelbach kaum zu erzielen sind.

Die Verkaufsfläche von maximal 740 m² lässt demnach einen Jahresumsatz von maximal € 3,7 Mio. erwarten.

Vom Umsatz von € 3,7 Mio. wird im Folgenden ausgegangen.

3. Bestandsanalyse Drogeriesortimente

Drogeriemarktartikel zählen zur Warengruppe „überwiegend kurzfristiger Bedarf“ gemäß IFH bzw. zur Nahversorgung, die in Drogeriefachgeschäften, Drogeriemärkten, Parfüme- rien, Apotheken, Reformhäusern und im Lebensmitteleinzelhandel angeboten werden. In Wald-Michelbach gibt es weder einen Drogeriemarkt, noch ein Drogeriefachgeschäft noch eine Parfümerie; Drogeriewaren gibt es nur im Lebensmittelhandel und bedingt in Apothe- ken. Die Sortimente der Drogeriemärkte überschneiden sich regelmäßig mit denen anderer Nahversorger – so führen Drogeriemärkte u.a. Lebensmittel und Lebensmittelmärkte Dro- geriewaren -; deshalb werden im Folgenden die Nahversorger vor Ort in ihrer Gesamtheit betrachtet.

Die Bestandsanalyse erfolgt auf der Grundlage der Totalerhebung der Nahversorgungsbe- triebe im Untersuchungsgebiet im April 2019. Erfasst werden die Anbieter von Drogerie- waren, die Lebensmittelfilialisten und die anderen Nahversorgungsbetriebe bzw. nach der Terminologie des Instituts für Handelsforschung Köln (IFH) Betriebe, die Warengruppen des „überwiegend kurzfristigen Bedarfs“. Hierzu gehören Nahrungs- und Genussmittel,

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Bäcker/Metzger, Pflanzen, Heimtierbedarf, Drogeriewaren, pharmazeutische und medizi- nische Artikel sowie PBS (Papier, Bücher, Schreibwaren).

3.1. Angebot: Verkaufsflächen und Umsätze

Die Totalerhebung zeigt, dass sich der Einzelhandel auf den zentralen Ortsteil Wald-Mi- chelbach konzentriert. Von den 10 Ortsteilen haben 6 keine Versorgung: Aschbach, Har- tenrod, Gadern, Kocherbach, Kreidach und Ober-Schönmattenwag. Im Ortsteil Siedels- brunn beschränkt sich die Nahversorgung auf eine Bäckerei und im Ortsteil Unter-Schön- mattenwag auf eine Bäckerei mit einem kleinen ergänzenden Nahrungsmittelangebot und eine Metzgerei. Einzig im Ortsteil Affolterbach gibt es einen etwas größeren Nahversorger, 2 Bäckereien und einen Getränkehandel. Alle Lebensmittelfilialisten in Wald-Michelbach haben Drogeriewaren im Nebensortiment: Edeka, Aldi und Treff 3000 in der Kernge- meinde, und nah und gut in Affolterbach. Der Bestand ist in Tabelle 3 zusammengestellt.

Tabelle 3: Bestand Nahversorgung

Wald-Michelbach Anzahl Verkaufsfl. Jahresumsatz/m² Jahresumsatz (in m²) (in €) (in Mio. €)

Drogerieartikel 4 900 4.500 4,1

1. Lebensmittelfilialisten 4 3.980 4.300 17,1 2.Apotheken 2 90 21.000 1,9 3. Lebensmittelhandwerk 11 300 5.500 1,7 4.Getränke 2 300 1.100 0,3 5.Blumen 2 100 1.000 0,1

Summen 21 4.770 21,1

Zu Tabelle 3:

 In Zeilen 1 bis 5 sind die Branchen aufgeführt, die zur Nahversorgung gehören. Die Sortimente sind so verwoben, dass fast alle genannten Branchen Artikel der anderen im Sortiment haben. Alle stehen in Konkurrenz zum Drogeriemarkt um die Kauf- kraft der Einwohner von Wald-Michelbach für den „überwiegend kurzfristigen Be- darf“.  Die Flächenproduktivitäten sind der oben genannten Veröffentlichung von IFH/BBE „Struktur- und Marktdaten des Einzelhandels 2017“ entnommen.  Die Drogeriewaren sind in den Zahlen der Lebensmittelfilialisten enthalten, d.h. so- wohl Verkaufsflächen wie Umsätze/Drogeriewaren sind Bestandteil der Zeilen 1 bis 5.

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 Um den Bestand zu ermitteln wurden die Drogeriewaren aus den Gesamtzahlen herausgerechnet. Die Verkaufsflächen für Drogeriemarktartikel bei den Filialisten summieren sich auf 900 m²; im Verhältnis zur Gesamtverkaufsfläche von 4.770 m² sind das rund 19%.  Der bestehende Umsatz mit Drogeriewaren errechnet sich auf € 4,1 Mio.

3.2. Einzugsgebiet, Einkaufsziele

Das Einzugsgebiet ist der räumliche Bereich, aus dem Kunden regelmäßig zum Einkaufen kommen. Im Grundzentrum erstreckt sich das Einzugsgebiet i.d.R. auf den Nahbereich. In Wald-Michelbach sind das insbesondere die 10 Ortsteile. Natürliche Austauschbeziehun- gen sind zunächst zwischen Wald-Michelbach und den Anrainergemeinden zu erwarten. Wald-Michelbach grenzt im Osten an die Gemeinde Mossautal, die Stadt Beerfelden und die Gemeinde Rothenberg (alle drei im ), im Süden an die Stadt (Stadtteil Brombach) und die Gemeinden Heddesbach und Heiligkreuzsteinach (alle drei Rhein-Neckar-Kreis in Baden-Württemberg) sowie im Norden an die Gemeinde Grasel- lenbach, im Westen an die Gemeinden Abtsteinach, Mörlenbach und Rimbach alle im Landkreis Bergstraße.

Von praktischer Relevanz sind vorwiegend die Überwaldgemeinden, Wald-Michelbach, Abtsteinach und Grasellenbach sowie die schlecht versorgten Gemeinden Mossautal und Heddesbach/Heiligkreuzsteinach in Baden-Württemberg und allenfalls die Gemeinde Rot- henberg und der Ortsteil Olfen der Gemeinde Beerfelden.

Die geographische Lage dieses Einzugsgebiets ist in Abbildung 5 auf der nächsten Seite dargestellt:

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Abbildung 5: Einzugsgebiet von Wald-Michelbach

Zwischen den Überwaldgemeinden besteht Kooperation und ein enges Zusammengehö- rigkeitsempfinden. Wald-Michelbach ist der zentrale Ort unter ihnen mit der besten Aus- stattung mit Einzelhandel allgemein und speziell in der Nahversorgung.

Mit Ausnahme von Abtsteinach sind die anderen Gemeinden des Einzugsgebiets kaum mit Einzelhandel ausgestattet, so dass sich die Bevölkerung im Wesentlichen außerhalb versor- gen muss. Ändern wird sich das in Grasellenbach, wo erstmals ein kleiner Lebensmitteldis- counter in Vorbereitung ist. Die Einwohner der anderen Gemeinden sind nicht so stark nach Wald-Michelbach ausgerichtet wie die Überwaldgemeinden, sondern versorgen sich in einem weiten Umfeld, wo immer ihre Berufswege und ihre sonstigen Wege sie hinführen. Zu ihren Einkaufzielen gehört aber u.a. Wald-Michelbach.

Die wichtigsten Einkaufsziele für die Einwohner von Wald-Michelbach sind Fürth und Mörlenbach; nachrangig gehört Rimbach dazu. Alle sind im RPS wie Wald-Michelbach als Unterzentren eingestuft. Alle sind gut mit Lebensmittelfilialisten, weiteren Nahversorgern und sonstigem Einzelhandel ausgestattet. In allen 3 Gemeinden gibt es je einen Drogerie- markt.

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Wald-Michelbach Drogeriemarkt 2019

3.3. Nachfrage: Kaufkraftpotenzial

Das Nachfragepotenzial wird durch das Einzugsgebiet, aus dem die Kunden kommen, und die Kaufkraft der Einwohner dieses Gebiets bestimmt. Die Höhe der Kaufkraft wird durch den einzelhandelsrelevanten Kaufkraftindex in Prozent ausgedrückt. Dieser liegt 2018, aus- gehend vom Bundesdurchschnitt von 100% in Wald-Michelbach bei 96,85%, in Grasellen- bach 95,94, in Abtsteinach bei 110,99%. Die Kaufkraft stammt von IFH Retail Consultants, Köln.

Das einzelhandelsrelevante Kaufkraftpotenzial in Wald-Michelbach ist in Tabelle 4 und für den überwiegend kurzfristigen Bedarf bzw. die Nahversorgung zusammengestellt. Die Nahversorgung setzt sich zusammen aus den Warengruppen Nahrungs- und Genussmittel, Bäcker/Metzger, Grün Indoor, Zoo- und Heimtierbedarf, Drogerie, PBS (Papier, Bücher Schreibwaren).

Tabelle 4: Nahversorgung - Einwohner, VK, Umsatz, Kaufkraft

1 234 5 Kommune Einwohner Verkaufsfläche Umsatz Kaufkraft Kaufkraftbind. (in m²) (in Mio. €) (in %)

Wald-Michelbach 10.619 4.380 21,0 38,807 54,1 Grasellenbach 3.966 1.340 4,7 14,385 32,7 Abtsteinach 2.357 1.200 4,5 9,628 46,7 ∑ Überwald 16.942 6.920 30,2 62,820 48,1

Mossautal 2.434 350 1,3 9,042 14,4 Olfen 326 0 0,0 1,182 0,0 Rothenberg 2.246 200 1,0 8,268 12,1 Heiligkreuzsteinach 2.585 800 3,0 10,181 29,5 Heddesbach 466 0 0,0 1,835 0,0 ∑ restl. Einzugsgebiet 24.999 8.270 35,5 93,328 38,0

Zu Tabelle 4:

 Die Zahlen zeigen die Dominanz von Wald-Michelbach in der Nahversorgung im Einzugsgebiet im Hinblick auf Einwohnerzahl, Verkaufsfläche, Umsatz und Kauf- kraft.  Die Kaufkraftbindung (Spalte 5) ist der Quotient aus Umsatz und Kaufkraft (in Pro- zent); sie ist Maß für die Bedarfs- bzw. Nachfragedeckung durch örtliche Anbieter. Entspricht der Umsatz der Kaufkraft, bedeutet das eine Kaufkraftbindung von

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Wald-Michelbach Drogeriemarkt 2019

100%; Werte darunter drücken Kaufkraftabfluss aus, Werte darüber Kaufkraftzu- fluss.  Die Kaufkraftbindung in der Nahversorgung in Wald-Michelbach von 54,1% ist zwar die höchste in Tabelle 5, aber sie ist doch sehr niedrig, denn sie zeigt an, dass wenig mehr als die Hälfte der Kaufkraft vor Ort gebunden wird.  Im Überwald ist gar nur 48,1% der Kaufkraft gebunden, wobei der künftige Lebens- mitteldiscounter in Grasellenbach hier als vorhanden berücksichtigt ist.  In keiner der Kommunen in Tabelle 5 befindet sich ein Drogeriemarkt. Auch wenn der Lebensmittelhandel Drogerieartikel anbietet, hat ein auf Drogeriewaren spezia- lisierter Anbieter ein breiteres und tieferes Sortiment.

Tabelle 4 zeigt, dass Kaufkraft reichlich vorhanden ist. In Wald-Michelbach alleine liegt der Überschuss der Kaufkraft für Waren aus dem überwiegend kurzfristigen Bedarf von rund € 39 Mio. bei fast € 18 Mio. über den lokalen Umsätzen.

4. Auswirkungen des Vorhabens

4.1. Quantitative Dimension Mit dem Drogeriemarkt wächst die Verkaufsfläche/Nahversorgung in Wald-Michelbach von ca. 4.770 m² um 740 m² auf 5.510 m². Der örtliche Umsatz in der Nahversorgung wächst von € 21,1 Mio. um € 3,7 Mio. auf € 24,8 Mio. Tabelle 5 gibt den heutigen Bestand in der Nahversorgung wieder und die Veränderungen durch den Drogeriemarkt:

Tabelle 5: Veränderungen

Wald-Michelbach Nahversorgung heute mit Drogeriemarkt Verkaufsfläche (in m²) 4.770 m² 5.510 m² Umsatz (in Mio. €) € 21,1 Mio. € 24,8 Mio. Kaufkraft/Nahversorgung € 38,8 Mio.

Kaufkraftbindung 54,1% 63,7%

Der Drogeriemarkt führt zur stärkeren Bindung von Kaufkraft der Einwohner von Wald- Michelbach: Die Kaufkraftbindung steigt von 54,1% auf 63,7%. Auch aus dem Überwald und den anderen Gemeinden im Einzugsgebiet ist zusätzliche Nachfrage in Wald-Michel- bach zu erwarten. Insgesamt ist mit der Verbesserung der Versorgung mit Drogeriewaren im Überwald zu rechnen. Der Standort Am Bahndamm/Wetzkeil wird durch die Agglo- meration mit einem weiteren Nahversorger an Attraktivität gewinnen. Davon werden dann auch die anderen Anbieter profitieren. Mehr hierzu in Abschnitt 4.2.1. © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 19

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Der Drogeriemarkt erzielt voraussichtlich einen Umsatz von € 3,7 Mio. Bei als gleich blei- bend angenommener Kaufkraft kommt der Umsatz durch die Verlagerung von Nachfrage von bisherigen Einkaufzielen zustande.

Von wo und in welcher Höhe Umsatz potenziell zum Drogeriemarkt verlagert wird, ist in Tabelle 6 quantifiziert. Die Quantifizierung erfolgt mittels eines Iterationsverfahrens, ba- sierend auf Entfernungen, Verkehrswegen, Betriebsformen, Synergien, Einkaufsgewohn- heiten, Einkaufsalternativen und Stellplatzausstattung am jeweiligen Standort.

Tabelle 6: Verlagerung von Umsatz

1 2 3 4 Gemeindeumsatz Umsatzverlagerung Anteil am Umsatz Herkunft Umsatz Drogeriemarkt (in Mio. €) 3,7 (in%) 1. Wald-Michelbach 21,0 1,1 30% 2. restlicher Überwald 9,2 0,3 8% 3.Fürth 34,0 0,6 16% 4. Mörlenbach 28,0 0,5 14% 5. Rimbach 19,0 0,3 8% 6. übriges Einzugsgebiet 0,4 11% 7.Streuumsätze 0,5 14% Summen 3,7

Zu Tabelle 6:  Spalte 2 zeigt die Gemeindeumsätze nach Tabelle 4. In Spalte 3 erscheint der vo- raussichtliche Verlagerungsbetrag aus der betreffenden Gemeinde zum Drogerie- markt. Die Gemeindeumsätze für Fürth, Mörlenbach und Rimbach sind aus den Verkaufsflächen ihrer Lebensmittelfilialisten errechnet. In Spalte 4 ist der Anteil ver- zeichnet, den der Verlagerungsbetrag aus dem betreffenden Herkunftsort zum Um- satz des Drogeriemarkts beiträgt.  Das größte Verlagerungspotenzial besteht in Wald-Michelbach. Betroffene sind die Lebensmittelfilialisten in der Gemeinde. Der Verlagerungsbetrag entspricht ca. 5% des Gemeindeumsatzes in der Nahversorgung.  Nachfrage wird außerdem von den Drogeriemärkten in den Unterzentren Mörlen- bach und Fürth sowie von weiteren für die Einwohner von Wald-Michelbach er- reichbaren Drogeriemärkten, die weiter entfernt sind, verlagert. Es handelt sich we- niger um Nachfrage der Einwohner dieser Gemeinden, sondern vorwiegend um Nachfrage von Einwohnern von Wald-Michelbach und des Überwalds, die heute mangels Angebots vor Ort außerhalb gedeckt werden muss.

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 Es wird darauf verwiesen, dass die Entfernungen im Odenwald ziemlich groß sind (Vgl. Tabelle 1); der Drogeriemarkt in Wald-Michelbach führt folglich zur Einspa- rung von Fahrtkilometern.  Unter Streuumsätzen sind zusammengefasst o die 373 Einwohner von Wald-Michelbach mit Nebenwohnung; veranschlagt man ihre vor Ort wirksame Kaufkraft/Nahversorgung auf die Hälfte der der Einwohner mit Hauptwohnung ergibt das rund € 0,7 Mio. im Jahr o Umsatzverlagerung von Einkaufszielen außerhalb des Untersuchungsge- biets, z.B. aus Heppenheim, dem Raum Rhein-Neckar oder aus dem Neckar- tal. o Vorbeifahrende auf der L3120 oder der L3105, die ohnehin die Straße be- nutzen und ihre Fahrt im Vorbeifahren zum Einkaufen unterbrechen o Ausgaben von Besuchern von Wald-Michelbach, insbesondere von Touris- ten.  Die Streuumsätze, die in ihrer Gesamtheit 14% zum Umsatz des Drogeriemarkts beitragen, werden aus vielen und diffusen Quellen verlagert; für einzelne betroffene Anbieter ist das Verlagerungspotenzial als sehr gering einzuschätzen.

Damit ist die Situation rund um den Drogeriemarkt beschrieben als Grundlage für die Prü- fung der Auswirkungen des Vorhabens nach § 11 Abs. 3 BauNVO.

4.2. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO – potenzielle Auswirkungen

§ 11 Abs. 3 BauNVO stellt in typisierender Weise auf Betriebe ab, die großflächig gemäß Satz 3 sind und die Auswirkungen gemäß Satz 2 erwarten lassen. Betriebe, auf die beide Merkmale zutreffen, werden auf Kern- oder Sondergebiete verwiesen. Für das Sondergebiet ist auf jeden Fall eine Prüfung der Auswirkungen des Marktes erforderlich, so dass die Prü- fung von § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO entfällt.

§ 11 Abs. 3 BauNVO stellt ab auf großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können. Die städtebauliche Entwicklung und Ordnung wird am Standort Wald-Michelbach im Flächennutzungsplan dargestellt und im Bebauungsplan „Am Bahndamm – Wetzkeil“ festgesetzt. Die Ziele der Raumordnungs- und Landesplanung sind im RPS enthalten (vgl. Abschnitt 2.1.).

In § 11 Abs. 3 BauNVO Satz 2 sind potenzielle Auswirkungen von großflächigen Einzel- handelsbetrieben beispielhaft aufgezählt:  Auswirkungen auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden,  Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich,  Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung und den Verkehr,  Auswirkungen auf das Orts- und Landschaftsbild sowie den Naturhaushalt,

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 Schädliche Umwelteinwirkungen.

Die ersten beiden potenziellen Auswirkungen und das Verkehrsaufkommen durch den Drogeriemarkt werden im Folgenden untersucht. Für die anderen Punkte wird auf den Be- bauungsplan „Am Bahndamm – Wetzkeil“ des Planungsbüros Piske in Ludwigshafen und die ihn begleitenden Gutachten verwiesen.

4.2.1. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche

Zentrale Versorgungsbereiche sind „... räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastro- nomische Angebote – eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt“- so das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seinem Urteil vom 11.10.2007 13. Und:

„Innenstädte sind, wenn nicht stets, so doch in der Regel als Versorgungsbereiche zentral, weil sie nach Lage, Art und Zweckbestimmung nicht nur der Versorgung ihrer Bewohner dienen, sondern auf einen Kundenkreis aus einem größeren Einzugsbereich ausgerichtet sind. Für Innenstädte ist typisch, dass in ihnen ein breites Spektrum von Waren für den lang-, mittel und kurzfristigen Bedarf angeboten wird“ 14.

Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche würden dann eintreten, wenn dort vor- handene Anbieter vom Vorhaben beeinträchtigt und gegebenenfalls vom Markt verdrängt würden. Potenzielle Folge davon wären leerstehende Geschäfte, die die Attraktivität des zentralen Versorgungsbereichs mindern und ihn so in seiner Funktion schädigen. Im Un- tersuchungsgebiet sind folglich die zu schützenden zentralen Versorgungsbereiche zu loka- lisieren und die Auswirkungen des Drogeriemarkts dort zu prüfen.

Wald-Michelbach

Der Ortskern der Kerngemeinde Wald-Michelbach hat infolge der Schließung des größten Arbeitgebers, der Coronet-Werke, mit dem daraus resultierenden Verlust an Arbeitsplätzen in den vergangenen Jahren eine ungünstige Entwicklung erfahren; Anzeichen dafür sind die Leerstände in der Ludwigstraße. Früher war der Ortskern mit dem Einkaufsbereich entlang der Ludwigstraße und der Straße In der Gass durchgehend mit Geschäften besetzt und lebendig und anziehend. Die verdichteten Nutzungen durch Administration, Einzelhandel und Dienstleistern, entsprachen der Definition des zentralen Versorgungsbereichs nach BVerwG. Die Ludwigstraße hat aber in den letzten Jahren so viele Geschäfte verloren, dass heute nur noch 2 verdichtete Bereiche übriggeblieben sind, der Bereich „In der Gass“ und das Versorgungszentrum Am Bahndamm/Wetzkeil. Im Bereich In der Gass befindet sich die Gemeindeverwaltung und dazu ganz kleine Strukturen: eine Bäckerei+Café, eine Apo- theke, ein Reformhaus, ein Gemüsegeschäft, ein Juwelier. Die Summe der Verkaufsflächen

13 BVerwG4 C 7.07 vom 11.10.2007, Nr. 11. 14 ebenda © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 22

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liegt unter 200 m². Mit Blumen, einem Brunnen in der Mitte und ihrer anziehenden Gestal- tung hat die kleine Straße ausgeprägte Verweilqualität und gibt der Gemeinde ein gewisses Flair.

Abbildung 5 zeigt die beiden verdichteten Bereiche im Ortskern von Wald-Michelbach:

Abbildung 5: Zentrale Standorte Wald-Michelbach

Das Versorgungszentrum Am Bahndamm/Wetzkeil ist das eigentliche Einzelhandelszent- rum der Gemeinde mit hoher Anziehungskraft auf Wald-Michelbach und die Umgebung. Ursache ist die Kombination von Aldi, Edeka sowie einer Bäckerei. Die in Abschnitt 2.2. angesprochene Problematik von nicht genügend ebenen Flächen in Wald-Michelbach be- lastet hier alle Betriebe, da Erweiterungsmöglichkeiten kaum vorhanden sind und auf jeden Fall Erdbewegungen erforderlich machen. Der Drogeriemarkt eröffnet Edeka die Möglich- keit, auf Teile des Drogeriewaren-Sortiments zu verzichten und die freiwerdende Verkaufs- fläche anders zu nutzen; damit könnte der Druck auf die Verkaufsfläche gemindert und eine schwierige Erweiterung erst einmal hinausgeschoben werden.

Alle Beteiligten, Einzelhandel wie Einwohner, wünschen sich den Drogeriemarkt, denn er schließt eine Lücke im Angebot. Allerdings wird der Drogeriemarkt Teile seines Umsatzes zulasten der benachbarten Lebensmittelmärkte erzielen (Tabelle 6). Davon ist insbesondere Edeka betroffen, in abgeschwächter Form auch Aldi. Der Freiraum, der sich für Edeka aus der Umsatzverlagerung ergibt, kann zur Umstrukturierung des eigenen Sortiments genutzt © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 23

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werden, um diesen Verlust zu kompensieren. Ob die Kompensation allerdings vollständig den Umsatzverlust ausgleicht, lässt sich schwer voraussagen; sie wird wesentlich beeinflusst von der Geschicklichkeit von Edeka bei der Umstrukturierung des Sortiments.

Ein weiterer Effekt des Drogeriemarkts ist die Aufwertung des Standorts mittels der durch ihn ausgelösten Agglomerationseffekte. Das Nahversorgungsangebot wird breiter und zieht mehr Nachfrage an den Standort. Das kommt auch Aldi und Edeka zugute. Zu erwarten ist, dass sich die Umsatzverluste der Lebensmittelfilialisten an den Drogeriemarkt und die Umsatzgewinne durch die Steigerung der Attraktivität des Einkaufsstandorts ausgleichen; eventuell liegt der Umsatzgewinn sogar etwas darüber. Ein eventueller Netto-Umsatzzu- wachs dürfte angesichts der geringen Kaufkraftbindung im Raum Wald-Michelbach kaum zu spürbaren Auswirkungen an anderer Stelle führen.

Die Ludwigstraße, auch wenn sie an Attraktivität verloren hat, ist auch heute nicht ohne Einzelhandel; so gibt es eine Apotheke, den Lebensmitteldiscounter Treff 3000, ein Blu- mengeschäft und einen modernen Baumarkt. Sie hat jedoch stark an Aufenthaltsqualität verloren, nachdem Geschäftsaufgaben zu Leerständen sowie gehäuft auftretende Billiglä- den und Kümmernutzungen führten. Die Studie „Aktive Kernbereiche“ von NH Projekt- Stadt setzt sich mit der Problematik auseinander und macht eine Fülle von Vorschlägen zur Verbesserung der Situation, wobei auch Förderungsmaßnahmen angesprochen werden.

In der Ludwigstraße ist Treff 3000 der einzige, der vom neuen Drogeriemarkt betroffen ist. Treff 3000 gehört zur Betriebsform Lebensmitteldiscounter. Das Sortiment umfasst etwa 4.000 Artikel mit einer breiten Auswahl an Markenprodukten. Sein Drogeriesortiment und die Verkaufsfläche, auf der es angeboten wird, sind klein. Mit seiner Lage in der Ortsmitte ist Treff 3000 näher an den Wohngebieten im Norden der Kerngemeinde, die außerhalb des fußläufigen Einzugsgebiets der Märkte Am Bahndamm liegen; der Markt hat daher eine ergänzende Versorgungsfunktion einerseits von seiner Lage her, andererseits vonseiten sei- nes Sortiments. Diese Funktionen bleiben ihm auch mit dem Drogeriemarkt erhalten. Im Ergebnis wird Treff 3000 eher von der allgemeinen Steigerung der Attraktivität von Wald- Michelbach als Einkaufsort profitieren, als durch den Drogeriemarkt beeinträchtigt werden. Ebenso, wie die Lebensmittelfilialisten nach der Schließung der Drogeriemarktkette Schle- cker ihre betreffenden Sortimente verstärkt haben, können sie es gegebenenfalls auch um- gekehrt tun. Die Gefährdung der Existenz von Treff 3000 stellt der Drogeriemarkt daher nicht dar.

Für die kleinen Einzelhändler In der Gass stellt der Drogeriemarkt kaum eine Gefahr dar, denn, wenn auch Sortimentsüberschneidungen mit Apotheke und das Reformhaus eventu- ell stattfinden, unterscheiden sich die Betriebskonzepte, sind doch die Grundausrichtungen der Sortimente sehr unterschiedlich. Das gilt auch für die Apotheke in der Ludwigstraße. Für sie birgt der Drogeriemarkt wenig Gefahr.

Die anderen Ortsteile von Wald-Michelbach weisen keine Strukturen auf, die als zentraler Versorgungsbereich zu deuten wären. Einzig im Ortsteil Affolterbach befindet sich am Standort Hofwiese (L3120) ein Lebensmittelversorger (nah und gut) nebst einer Bäckerei- filiale. Zudem gibt es in disperser Lage einen Anbieter von Getränken, und eine Bäcke- rei/Café an der Hauptstraße. Als zu schützender zentraler Versorgungsbereich lässt sich

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diese Ausstattung mit wenigen Einzelhandelsbetrieben an unzusammenhängenden Stand- orten nicht deuten. Wald-Michelbach hat folglich nur einen zentralen Versorgungsbereich, die Ortsmitte der Kerngemeinde.

Im Ergebnis gewinnt Wald-Michelbach an Attraktivität und an Zentralität, wenn durch den Drogeriemarkt mehr Nachfrage aus Wald-Michelbach selbst und den umliegenden Ge- meinden kommt. Davon profitieren alle Anbieter. Auch wenn Wald-Michelbach künftig mehr Nachfrage anzieht, sind negative Auswirkungen auf das Einzugsgebiet nicht zu er- warten, denn die geringe Kaufkraftbindung in der Region (Tabelle 4) zeigt, dass nur Teile der Nachfrage durch den Einzelhandel vor Ort gebunden werden. Wird mehr Kaufkraft gebunden, geht das nicht zulasten anderer Anbieter in Wald-Michelbach oder den umlie- genden Gemeinden, sondern zulasten entfernterer Einkaufziele mit Drogeriemärkten. Aus dem folgt, dass eine Gefährdung von zentralen Versorgungsbereichen in Wald-Michelbach durch den Drogeriemarkt nicht zu erwarten ist. Fazit Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich von Wald-Michel- bach: Eine Schwächung oder gar Gefährdung der beiden Einzelhandelsstandorte mit ver- dichteter Nutzung im Ortskern, dem zentralen Versorgungsbereich von Wald-Michelbach, durch den Drogeriemarkt ist nicht zu erwarten.

Fürth

Das Unterzentrum Fürth hat einen ausgeprägten zentralen Versorgungsbereich, der sich fast von einem Ende des zentralen Ortsteils bis zum anderen entlang der B 47/B38 er- streckt und auch Teile der Nebenstraßen einschließt. Er ist mit kleinen Fachgeschäften, Gastronomiebetrieben sowie den gängigen Lebensmittelfilialisten ausgestattet und enthält die Komponenten, die einen zentralen Versorgungsbereich bilden. Der Umsatz in der Nah- versorgung wird auf mindestens € 34 Mio. geschätzt. Die Einwohner von Fürth sind mit Lebensmittelfilialisten bestens versorgt und haben einen eigenen Drogeriemarkt. Von Fürth aus ist also kaum Nachfrage beim Drogeriemarkt in Wald-Michelbach zu erwarten.

In der umgekehrten Richtung wird Fürth insofern vom Drogeriemarkt in Wald-Michelbach betroffen, dass künftig weniger Nachfrage aus dem Raum Wald-Michelbach zu erwarten ist, nachdem die Einwohner von Wald-Michelbach und des Einzugsbereichs vor Ort ver- sorgt sind. Die 7 vorhandenen Filialisten in Fürth - Lebensmittel wie Drogeriewaren – sind Fluktuation in der Nachfrage und Konkurrenz gewohnt. Wenn sie in ihrer Gesamtheit ei- nem Umsatzverlust von etwa € 0,6 Mio. ausgesetzt werden, sind das weniger als 2% ihres Umsatzes.

In den Einzelhandelserlassen verschiedener Bundesländer15 und von den Gerichten wird eine Verlagerung von 10% des Umsatzes im Allgemeinen als Schwelle angesehen, ab der der Verlust von Umsatz vorhandene Existenzen gefährdet. Dem folgend, ist in Fürth nicht mit der Gefährdung von Existenzen im Einzelhandel infolge des Drogeriemarkts in Wald- Michelbach zu rechnen.

15 ZB. von Hessen und Baden-Württemberg. © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 25

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In der Heppenheimer Straße, der Haupteinkaufsstraße von Fürth, gibt es 3 Apotheken, die im Nebensortiment Drogeriewaren anbieten. Die Apotheken sprechen eine andere Nach- frage an als Drogeriemärkte; es dürfte daher kaum zu Überschneidungen in den Sortimen- ten kommen und damit auch kaum zu einer Nachfrageverlagerung. Eine Schließung ist allerdings 2019 in Fürth festzustellen: Die klassische Drogerie in der Hauptstraße ist zu einem Café geworden.

Fazit: Im zentralen Versorgungsbereich von Fürth sind keine Gefährdungen durch den Drogeriemarkt in Wald-Michelbach zu erwarten.

Mörlenbach

In der Gemeinde sind die meisten Lebensmittelfilialisten sowie ein Drogeriemarkt vertre- ten. Die verkehrsreiche Ortsmitte von Mörlenbach mit ihren Geschäften, Gastronomiebe- trieben und anderen Dienstleistern entspricht der Definition eines zentralen Versorgungs- bereichs nach dem BVerwG.

Im zentralen Versorgungsbereich befindet sich nur der Lebensmitteldiscounter Treff 3000 mit Drogeriewaren im Nebensortiment. Treff 3000 ist sehr zentral gelegen an der Kreuzung von B38 (Weinheimer/Fürther Straße) und der L3120 (Weiherer Straße) nach Wald-Mi- chelbach. Die leistungsfähigen Lebensmittelversorger, die von den Einwohnern der umlie- genden Odenwaldgemeinden für ihre Versorgung aufgesucht werden, liegen hingegen au- ßerhalb der Ortsmitte.

Das Verlagerungspotenzial von Treff 3000 nach Wald-Michelbach dürfte wegen des gerin- gen Umsatzes/Drogeriewaren von Treff 3000 und wegen der Entfernung zu Wald-Michel- bach relativ gering sein; eher wiegt für Treff der Wettbewerb des lokalen Drogeriemarkts. Eine Existenzgefährdung durch den Drogeriemarkt in Wald-Michelbach ist daher auszu- schließen. Gleiches gilt auch für die beiden Apotheken in der Weinheimer Straße.

Fazit: Gefährdungen des zentralen Versorgungsbereichs von Mörlenbach sind durch den Drogeriemarkt nicht zu erwarten.

Rimbach

Rimbach grenzt an Wald-Michelbach und ist mit der Gemeinde durch die L3409 verbun- den. Neben 3 Lebensmittelfilialisten beherbergt Rimbach auch einen Drogeriemarkt in zentraler Lage an der B38. Rimbach hat eine kleine, attraktive Ortsmitte mit Verweilqualität. Mangels Drogeriemarkt in Wald-Michelbach gehört Rimbach zu den Einkaufzielen für Drogeriewaren. Soweit die Einwohner von Wald-Michelbach den Drogeriemarkt in Rim- bach aufsuchen, wird auch er etwas Umsatz an den neuen Drogeriemarkt verlieren. Der Gemeindeumsatz/Nahversorgung wird auf etwa € 19 Mio. geschätzt. Wird Umsatz/Dro- gerieartikel in Höhe von € 0,3 Mio. verlagert, sind das weniger als 2%. Die davon Betroffe- nen werden den Verlust von Umsatz zwar nicht mögen, aber Gefährdungen gehen davon nicht aus.

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Fazit: Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der geplante Drogeriemarkt den zentralen Versorgungsbereich von Rimbach nicht gefährdet.

Fazit Analyse Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche

Die zentralen Versorgungsbereiche von Wald-Michelbach, Fürth, Mörlenbach und Rim- bach werden zwar Umsatz an den Drogeriemarkt abgeben, aber Existenzgefährdungen die- ser schützenswerten Bereiche werden daraus voraussichtlich nicht resultieren. Die Beein- trächtigung der zentralen Versorgungsbereiche ist daher nicht zu erwarten.

4.2.2. Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung

Die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung wird beeinträchtigt, wenn großflächige Einzelhandelsvorhaben anderen Betrieben, die der wohnungsnahen Versorgung der Bevöl- kerung dienen, Kaufkraft und damit die Existenzgrundlage entziehen. Durch die Ausdün- nung des Netzes von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben in der Nahversorgung könnte dann eine Unterversorgung insbesondere der nicht motorisierten Bevölkerung ein- treten.

Der Größte Teil der Umsatzverlagerung zum Drogeriemarkt erfolgt innerhalb der Ge- meinde Wald-Michelbach zulasten der Lebensmittelfilialisten, die allesamt Drogeriewaren im Sortiment haben. Alle Lebensmittelfilialisten werden den Drogeriemarkt zwar spüren, jedoch ist insbesondere Edeka betroffen. Diese Betroffenheit ist gewollt, denn in den be- engten Räumlichkeiten schafft die Auslagerung von Drogeriewaren Spielräume für die Sor- timentsgestaltung in anderen Bereichen. In Wald-Michelbach sind nur geringe Auswirkun- gen des Drogeriemarkts zu erwarten, da ein Teil der Umsatzverlagerung erwünscht ist und ein großer Teil auf die Rückführung von jetzt abwandernder Kaufkraft zurückzuführen ist.

Der potenzielle Verlagerungseffekt bei nah und gut in Affolterbach ist gering, denn das Drogeriesortiment ist klein und der Standort ist ca. 5 km von Wald-Michelbach entfernt. Umgekehrt ist zu erwarten, dass Wald-Michelbach vom Drogeriemarkt durch Attraktivi- tätsgewinn und einer Steigerung der Zentralität profitiert. Mit dem Drogeriemarkt ist zu erwarten, dass die Versorgungslage in Wald-Michelbach besser wird und die Einkaufwege kürzer werden. Das zu erwartende Ergebnis: Die Versorgung der Bevölkerung von Wald- Michelbach wird nicht gefährdet, sondern sie wird besser.

Der Drogeriemarkt, der eine wichtige Funktion in der wohnnahen Versorgung hat, ist im Hinblick auf die Alterung der Bevölkerung und dem damit verbundenen Verlust an Mobi- lität positiv zu werten. Auch findet seit Langem wieder eine neue Entwicklung im Ortskern statt. Vielleicht werden die Immobilienbesitzer in der Ludwigstraße ermutigt, in ihren Standort zu investieren. Die Studie „Aktive Kernbereiche“ empfiehlt denn auch, die Be- stände „zukunftsgerecht weiterzuentwickeln“16.

16 Vgl. a.a.O., S. 186. © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 27

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Auch wenn keine Gefahren für die Versorgung der Einwohner zu erkennen ist, ist dennoch auf die grundsätzliche Gefahr hinzuweisen, dass der Drogeriemarkt geeignet ist, die ge- spannte Ertragslage kleiner Anbieter in den Ortsteilen und in Nachbar-Gemeinden zu ver- schlechtern, auch wenn diese sich nicht in einem zentralen Versorgungsbereich befinden. Viele von ihnen werden einen Generationenwechsel ohnehin nicht überstehen, aber der Drogeriemarkt könnte das beschleunigen.

Abbildung 6 zeigt den Bestand an Lebensmittelfilialisten und den Drogeriemarkt in Wald- Michelbach:

Abbildung 6: Nahversorgungsfilialisten in Wald-Michelbach

Für Fürth gelten dieselben Überlegungen wie in Abschnitt 4.2.1. Die Verlagerung von Dro- gerieumsatz aus Fürth nach Wald-Michelbach wiegt in dem dort herrschenden umsatzstar- ken Umfeld wenig; die zu erwartende Umsatzverlagerung von € 0,6 Mio. entspricht 1,8 % des Gemeindeumsatzes in der Nahversorgung von etwa € 34 Mio. Beeinträchtigungen der Versorgung der Bevölkerung hat das nicht zur Folge, auch wenn sich der Verlust von Um- satz nicht gleichmäßig auf alle Nahversorgungsanbieter verteilt. © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 28

Wald-Michelbach Drogeriemarkt 2019

Der Umsatz in der Nahversorgung liegt in Mörlenbach bei etwa € 28 Mio. Die Verlagerung von etwa € 0,5 Mio. ist weniger als 2% des Gemeindeumsatzes. Dies entspricht etwa den natürlichen Schwankungen, denen Umsätze ganz normal unterliegen. Auf die Nahversorger in Mörlenbach durfte der Drogeriemarkt keine mehr als geringfügigen Auswirkungen ha- ben.

Auch die 3 Lebensmittelmärkte und der Drogeriemarkt in Rimbach werden voraussicht- lich mit der Verlagerung von Umsatz nach Wald-Michelbach umgehen können. Wenn hier von einem Verlagerungsbetrag von ca. € 0,3 Mio. ausgegangen wird, ist das 1,6% des Ge- meindeumsatzes/Nahversorgung von etwa € 19 Mio.

Fazit Analyse der Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche und auf die Ver- sorgung der Bevölkerung: Die Einpassung des neuen Anbieters in sein Umfeld wird so- wohl bei den Lebensmittelfilialisten in Wald-Michelbach wie den Nachbargemeinden sowie den Drogeriemärkten in Rimbach, Fürth und Mörlenbach zu spüren sein, weil bisherige Nachfrage zum Drogeriemarkt verlagert wird. Die Auswirkungen lassen aber kein Ausmaß erkennen, das mehr als unwesentlich nach § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO ist.

4.3. Verkehrsaufkommen

Einkaufen ist mit Verkehr verbunden. Das Verkehrsgeschehen am Standort des Drogerie- markts in Wald-Michelbach wird durch folgende Verkehrsmittel bestimmt:  Kfz: Das Kfz ist im ländlichen Raum das wichtigste Verkehrsmittel zum Einkaufen wegen Gewicht/Sperrigkeit vieler Lebensmittel sowie größerer Einkaufsentfernun- gen.  Zu Fuß: Die Wohnbebauung in Wald-Michelbach beginnt direkt am Vorhabens- standort. Die fußläufige Einkaufs-Entfernung von 700 m reicht etwa bis zur Straße In der Gass und umfasst einen großen Teil der Wohnbebauung von Wald-Michel- bach.  Die Topographie lässt hier bedingt das Fahrrad zum Einkaufen zu.  Im ÖPNV ist der Standort mit der Bushaltestelle „Einkaufszentrum“ in der Lud- wigstraße nahe der Grundstückseinfahrt erschlossen, siehe Abschnitt 2.3.

Zur Schätzung des durch den Drogeriemarkt verursachten Verkehrsaufkommens wird das Prognoseverfahren nach Bosserhoff angewandt, das von der Verkaufsfläche ausgeht und der Annahme eines Kundenaufkommens von 0,3 bis 0,8 Kunden pro m² 17. Bei der Ver- kaufsfläche von 740 m² liegt das Kundenaufkommen demgemäß zwischen 222 und 592 Kunden pro Tag. Der Tagesmittelwert, mit dem im Folgenden gerechnet wird, liegt bei 407 Kunden.

Unter der Annahme, dass wegen der sehr integrierten Lage 20% der Kunden (= 81) zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem ÖPNV kommen, bleiben 326 Kunden, die das Kfz benut- zen. Im Einkaufsverkehr mit dem Kfz kommt nicht jeder Kunde alleine, sondern man

17 Vgl. Bosserhoff, Dietmar: Integration von Verkehrsplanung und räumlicher Planung. Teil 2, Wiesbaden 2000, S. 44 ff. © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 29

Wald-Michelbach Drogeriemarkt 2019

rechnet mit 1,2 Kunden pro Fahrzeug18. Das führt zu rund 272 Kfz im Tagesdurchschnitt; bei 12 Öffnungsstunden sind das 23 Kfz im Stundendurchschnitt mit jeweils zwei Fahr- zeugbewegungen. Zwar verteilt sich der Verkehr nicht gleichmäßig auf den Tag, die Woche oder das Jahr, sondern es gibt Stoßzeiten und ruhige Stunden, die Durchschnittsrechnung liefert aber einen Anhaltspunkt für die Verkehrsbelastung, die durch den Drogeriemarkt prinzipiell möglich ist.

Allerdings ist der zusätzliche Verkehr durch den Drogeriemarkt geringer als der errechnete. Der meiste Verkehr ist schon heute am Standort, denn Edeka und Aldi sind vielgefragte Anziehungspunkte in Wald-Michelbach. Die meisten Kunden dürften den Drogeriemarkt anlässlich eines Besuchs der Lebensmittelfilialisten aufsuchen. Der Drogeriemarkt wird also wenig eigenen Verkehr verursachen.

Zwar läuft ein großer Teil des Kfz-Verkehrs von/zum Drogeriemarkt über die L3105, aber es kommt auch Verkehr über andere Ortsstraßen. Der Verkehr auf der L3105 ist der Ver- kehrsmengenkarte/Straßenverkehrszählung 2015 zu entnehmen. Am Zählpunkt am nörd- lichen Ortseingang von Wald-Michelbach zeigt die Verkehrsmengenkarte 5.858 Pkw, 192 LKW, 14 Fahrräder19. Die Zählung zeigt, die L3105 ist zwar belebt, aber Kapazität und Ausbauzustand am Standort des Drogeriemarkts dürften die zusätzliche Belastung durch das relativ geringe Kundenaufkommen ohne Weiteres zulassen.

Zum Kundenverkehr kommen der Mitarbeiterverkehr, der teilweise außerhalb der Laden- öffnungszeiten stattfindet, und der Andienungsverkehr, der sich auf wenige Lkw in der Woche beschränkt.

Der Drogeriemarkt wird nur wenige zusätzlich Parkplätze benötigen, denn fast jeder Kfz- Kunde besucht auch mindestens einen der Lebensmittelmärkte am Standort. Die Stellplatz- satzung der Gemeinde Wald-Michelbach von 2003 schreibt für großflächige Einzelhandels- betriebe ab 800 m² Verkaufsfläche einen Kfz-Stellplatz pro 30 m² Verkaufs-fläche vor. Die für den Drogeriemarkt geplante Ausstattung ist satzungskonform und ausreichend.

4.4. Vereinbarkeit mit den Zielen von Raumordnung und Landespla- nung

Die Errichtung oder Erweiterung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben ist nach dem RPS grundsätzlich nur in den Ober- und Mittelzentren zulässig. Der Standort des Droge- riemarkts befindet sich im Unterzentrum, entspricht also nicht dieser Bestimmung. Nach RPS kommen jedoch in begründeten Ausnahmefällen auch Standorte im Unterzentrum in Betracht, wenn damit die verbrauchernahe Grundversorgung gewährleistet wird. Von einer verbrauchernahen örtlichen Grundversorgung ist regelmäßig auszugehen, wenn:

 Die Verkaufsfläche für einen Lebensmitteldiscounter überschreitet nicht 1.200 m², die für einen Vollsortimenter nicht 2.000 m²

18 Vgl. Bosserhoff, Dietmar - Errechnet aus Tabelle 3.3-8, S. 52. 19 Vgl. https://mobil.hessen.de/%C3%BCber-uns/downloads-formulare/stra%C3%9Fenverkehrsz%C3%A4hlung- 2015 © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 30

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In diesen Rahmen fügt sich auch die Verkaufsfläche des Drogeriemarkts mit 740 m² im Plangebiet „Am Bahndamm/Wetzkeil“ ein.

 Das Vorhaben städtebaulich integriert ist

„Städtebaulich integriert sind Standorte in einem insbesondere baulich verdichteten Siedlungszu- sammenhang mit überwiegendem Wohnanteil oder in dessen unmittelbarem Anschluss … Städte- baulich integrierte Lagen zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie an den ÖPNV angebunden sind und fußläufig maximal 700 m von Wohnstandorten liegen“ – so der Regionalplan20.

Die Lage des Standorts wird oben in Abschnitt 2.3 in Abbildung 3 dargestellt, be- schrieben und bewertet: „… der Standort des Drogeriemarkts … entspricht den Integrationskriterien des RPS – o baulich verdichteter Siedlungszusammenhang mit überwiegendem Wohnan- teil, o Erschließung im ÖPNV und o kurze fußläufige Entfernung von den Wohnstandorten - 21; Die nächste Bushaltestelle liegt in einer Entfernung von etwa 200 m bis 300 m; die Anbindung im ÖPNV ist also vorhanden. Der Standort ist folglich städtebaulich integriert.

 Die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täg- lichen Bedarfs sich in zumutbarer Entfernung befindet

Der Drogeriemarkt befindet sich mitten im bebauten Siedlungszusammenhang und ist von Wohnbebauung umgeben. Er liegt daher in zumutbarer Entfernung zu sei- nen Abnehmern. Der fußläufige Radius reicht bis mitten in den Ortskern hinein.

 Die Versorgung auch für in ihrer Mobilität eingeschränkte Bevölkerungs- gruppen sichergestellt ist

Gemeint sind in erster Linie die älteren und nicht motorisierten Einwohner. Der Drogeriemarkt befindet sich an einem Standort, der sowohl ein nicht geringes fuß- läufiges Einzugsgebiet hat wie auch mit dem Kfz gut erreichbar ist. Bei den Kunden sind die benachbarten Märkte von aldi und Edeka gut eingeführt; sie sorgen für Frequenz. Nachbarschaftshilfe oder Mitfahrgelegenheiten sind im ländlichen Raum verbreitet, so dass die Versorgung beim Drogeriemarkt auch für viele Einwohner, die sich nicht selber zu Fuß oder mit einem Kfz dahin bewegen können, gewährleis- tet ist.

 Von großflächigen Einzelhandelsvorhaben dürfen nach Art, Lage und Größe keine schädlichen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit von integrierten

20 Begründung zu Z3.4.3-2. 21 RPS, zu Z3.4.3-2 © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 31

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Geschäftszentren (zentralen Versorgungsbereichen) in der Gemeinde und in anderen Gemeinden sowie auf die verbrauchernahe Versorgung in der Ge- meinde zu erwarten sein22.

Diese Frage ist das zentrale Anliegen der vorliegenden Untersuchung. Sie führt zu dem Ergebnis, dass der Drogeriemarkt nicht das „Beeinträchtigungsverbot“ ver- letzt, die Ansiedelung des Drogeriemarkts also verantwortet werden kann.

Im Einheitlichen Regionalplan der Region Rhein-Neckar (ERP) ist ebenfalls die Aus- nahme von der Regel vorgesehen, dass großflächiger Einzelhandel nur in Ober- und Mit- telzentren zulässig ist, wenn dies ausschließlich zur Sicherung der Nahversorgung geboten ist und keine negativen Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung zu erwarten sind23.

Fazit: Im Ergebnis stellt der Drogeriemarkt in Wald-Michelbach keinen Verstoß gegen die Ziele für den Einzelhandel im Regionalplan Südhessen 2010 und im ERP dar.

5. Ergebnis Prüfung § 11 BauNVO

5.1. Synopse Anlass und Zweck der Untersuchung

 Anlass dieser Untersuchung ist die Ansiedlung eines Drogeriemarkts in Wald-Mi- chelbach.  Genehmigungsgrundlage für die Erweiterung ist die Änderung des Bebauungsplans „Am Bahndamm/Wetzkeil“ und die Einbeziehung des Vorhabengrundstücks in die Festsetzung Sondergebiet nach § 11 BauNVO mit der Zweckbestimmung „Einzel- handel Nahversorgung“. Die Verkaufsfläche des Drogeriemarkts wird auf maximal 740 m² festgesetzt.  Der Jahresumsatz des Marktes wird mit 3,7 Mio. € angenommen. Standort

 Der Drogeriemarkt liegt verkehrsgünstig in der Kerngemeinde innerhalb der Orts- bebauung neben den Lebensmittelfilialisten Aldi und Edeka.  Die Lage entspricht den Integrationskriterien des RPS: baulich verdichteter Sied- lungszusammenhang mit überwiegendem Wohnanteil, Erschließung im ÖPNV und kurze fußläufige Entfernung von den Wohnstandorten - 24; er ist daher städtebaulich integriert.

22 RPS Z3.4.3-2 23 ERP, Abschnitt 1.7.2.2. 24 RPS vgl. Begründung zu Abschnitt 3.4.3 © Dr. Angelika Brendel, Am Steinern Kreuz 28, 64297 Darmstadt, 06151-9518788, [email protected] 32

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 Im Regionalplan ist Wald-Michelbach als Unterzentrum ausgewiesen. Zur Sicherung der Grundversorgung ist hier auch großflächiger Einzelhandel zulässig. Einzelhandelsbestand

 Einzelhandel gibt es in Wald-Michelbach fast nur im zentralen Ortsteil. Ausnahme ist ein kleiner Markt im Ortsteil Affolterbach  Der Bestand an Verkaufsflächen in der Nahversorgung liegt bei 4.770 m², der Ge- meindeumsatz bei € 21,1 Mio.  Die Kaufkraft/Nahversorgung liegt in Wald-Michelbach bei € 38,807 Mio., die Kaufkraftbindung bei 54,1%.  Das Einzugsgebiet des Marktes besteht aus den Einwohnern des Überwalds (Wald-Michelbach, Abtsteinbach, Grasellenbach) sowie der schlecht versorgten Gemeinden Mossautal, Rothenberg, des Ortsteils Olfen der Gemeinde Beerfelden und Heddesbach/Heiligkreuzsteinach in Baden-Württemberg.  Im Einzugsgebiet summieren sich die Verkaufsflächen/Nahversorgung auf 8.270 m², die Umsätze auf € 35,5 Mio. Die Kaufkraft für die Warengruppen des überwiegend kurzfristigen Bedarfs liegt bei € 93,328 Mio. die Kaufkraftbindung bei 38,0%.

Auswirkungen des Drogeriemarkts

 Die Zuwachsfläche bewirkt den Anstieg des Umsatzes/Nahversorgung in Wald- Michelbach um 3,7 Mio. € auf € 24,8 Mio. und der Kaufkraftbindung auf 63,7%.  Die potenzielle Umsatzverlagerung zum Drogeriemarkt trifft vorwiegend die 3 Le- bensmittelfilialisten in Wald-Michelbach. Der Verlagerungsbetrag ist im Verhältnis zu ihren Umsätzen so mäßig, dass der Umsatzverlust bei allen weit unter den kriti- schen 10% bleibt. Einen guten Teil der Verlagerung von Umsatz betrifft den be- nachbarten Edeka aktiv Markt. Für ihn ist dieser Effekt positiv, denn durch die Aus- lagerung von Drogeriewaren erzielt er mehr Raum für seine anderen Sortimentsteile.  Der Verlust von Umsatz an den Drogeriemarkt durch die Lebensmittelfilialisten in Wald-Michelbach dürfte durch die Agglomerationsvorteile und die dadurch erzielte Aufwertung des Standorts zumindest ausgeglichen werden.  An den anderen Standorten des Einzugsgebiets bleiben die voraussichtlichen Ver- lagerungsbeträge so gering, dass mit keinen Gefährdungen zu rechnen ist.  Die Auswirkungen des Drogeriemarkts sind gemäß den Untersuchungskriterien von § 11 Abs. 3 BauNVO im Ergebnis unwesentlich. Eine Gefährdung der Nahversor- gung in Wald-Michelbach oder im Einzugsgebiet kann ausgeschlossen werden.  Die Ziele im RPS und ERP für den Einzelhandel im Unterzentrum werden durch den Drogeriemarkt nicht verletzt.

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5.2. Ergebnisse und Empfehlungen

Die Untersuchung nach § 11 BauNVO zeigt im Ergebnis, dass der Drogeriemarkt in Wald- Michelbach mit einer Verkaufsfläche von maximal 740 m² potenziell weder zur Gefährdung eines zentralen Versorgungsbereichs, noch der wohnortnahen Versorgung mit Lebensmit- teln im Einzugsgebiet führt. Im Gegenteil, er verbessert die lokale Versorgung mit Droge- riewaren.

Gutachterlicherseits wird empfohlen, den Drogeriemarkt im Rahmen der Änderung des Bebauungsplans „Am Bahndamm – Wetzkeil“ der Gemeinde Wald-Michel- bach zu genehmigen.

Darmstadt, den 25. Mai 2019 Dr. Angelika Brendel

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