Die Orgeln der

katholischen Pfarrkirche Festschrift undFestprogramm Heiligste Dreifaltigkeit

Kolbermoor

€ 2,00 Festgottesdienst zur Orgelweihe Einweihungs-Orgelkonzert Sonntag, 16. Dezember 2018 10.00 Uhr Sonntag, 16. Dezember 2018 16.00 Uhr zum Einzug Bläser-Intrade (Gerhard Franke - Uraufführung) GL 360 „Macht weit die Pforten in der Welt“

- Segnung der Orgel durch H.H. Weihbischof Wolfgang Bischof - Sigfried Karg-Elert aus den Choral-Improvisationen op. 65: erstes Orgelstück Max Reger (1873-1916): Toccata d-moll op. 59/5 (1877 – 1933) - Macht hoch die Tür - Mit Ernst, o Menschenkinder Kyrie aus der „Festmesse“ von Moritz Brosig (1815-1887) (Kolbermoorer Uraufführung) -Bartholdy Orgelsonate d-moll op. 65/6 Gloria aus der „Festmesse“ von Moritz Brosig (1809 - 1847) - Choral 1. Lesung - - Andante sostenuto Antwortgesang - Allegro molto - Fuge: Sostenuto e legato - Finale: Andante

(Satz: Gerald Fischer) Sigfried Karg-Elert aus den Choral-Improvisationen op. 65: 2. Lesung - Halleluja - Wie schön leuchtet der Morgenstern (I) - Wie schön leuchtet der Morgenstern (II) Evangelium

Predigt Joseph Gabriel Rheinberger aus der 20. Orgelsonate op. 196: Credo aus der „Festmesse“ von Moritz Brosig (1839 -1901) - Pastorale Fürbittruf Moritz Brosig Nun komm der Heiden Heiland (1815 - 1887) zur Gabenbereitung GL 233 „O Herr, wenn du kommst“ (Satz: G. Franke)

Sanctus - Benedictus - Max Reger Fantasie und Fuge über den Choral Agnus Dei aus der „Festmesse“ von Moritz Brosig (1873 – 1916) „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ op. 52/2 zur Kommunion „Meine Seel ist stille“ von Moritz Hauptmann

Danklied GL 228 „Tochter Zion“ (Satz: G. Fr. Händel)

Auszug Moritz Brosig: Fantasie Es-Dur an der Orgel: Gerhard Franke

Chöre und Orchester von Hl. Dreifaltigkeit und Wiederkunft Christi Gerhard Franke, Orgel - DMD Gerald Fischer, Leitung Maurus Scheurenbrand Erwähnenswert finde ich, daß die unserer kirchlichen und bürgerlichen Pfarrer der Stadtkirche Arbeiterinnen und Arbeiter der ehe- Gemeinde wert ist, eine alte Orgel im maligen Spinnerei sich freiwillig von ursprünglichen Klang und ursprüngli- Das Besondere an Kolbermoor ihrem hart erarbeiteten Lohn einen chen Aussehen wiederherzustellen. Betrag für den Kirchenbau und spä- Damit denken wir Heutige an unsere Wer nicht von Anfang an in Kolber- ter für die Orgel abziehen ließen. Vorfahren, die wohl mit mehr Opfern moor lebt und dort aufgewachsen Das halte ich für etwas Besonderes, als wir den Grund für ihre Kirche ist, sondern später erst zugezogen denn damals mußten die Arbeiter hier und ihre Orgel gelegt haben. So ist ist, dem fällt schon einiges auf, neu Fuß fassen, mußten sich in eine und bleibt es für uns in Kolbermoor was dem Einheimischen vielleicht ganz neue Umgebung eingewöhnen ein großes Ereignis, die Weihe unse- längst selbstverständlich und nicht und waren ganz auf sich allein gestellt. rer Orgel in der Stadtpfarrkirche zur erwähnenswert ist. Etwas von dieser alten Energie spürte Heiligsten Dreifaltigkeit in Kolbermoor man bei dem aktuellen Vorhaben, feiern zu können. Auffallend für jeden sind bestimmt die alte Orgel in der Stadtkirche die Gebäude der ehemaligen Spin- Hl. Dreifaltigkeit zu renovieren, bzw. Schon unter meinem verehrten nerei und die Wohngebäude der vieles zu ergän- Vorgänger, Pfar- Werksangehörigen, verteilt in der zen und neu zu rer i.R. Blasius ganzen Stadt. Hinzu kommt dann frei- gestalten. Eine Die Orgel ist ohne Zweifel das größte, Wagner, wurde lich der alte Kern mit Stadtpfarrkirche Orgel zu res- das kühnste und das herrlichste aller das Projekt Orgel und renoviertem Pfarrhaus, mit dem taurieren von menschlichem Geist erschaffenen begonnen. Durch altem Rathaus und den Schulgebäu- neu zu bauen Instrumente, Sie ist ein ganzes Orchester, Schimmelbefall be- den. Kolbermoor verdankt seine Ent- ist immer ein von dem eine geschickte Hand alles schleunigt, war stehung und Identität der Spinnerei. großer finanzi- dann allen klar, verlangen, auf dem sie alles ausführen Diese bot vielen Arbeitern der näheren eller und ideel- Honoré de Balzac daß etwas getan und weiteren Umgebung ein sicheres ler Kraftakt der kann" werden muß. Die Auskommen und eine neue Heimat. Pfarrei vor Ort. Kirchenverwaltung Aus verschiedenen Gegenden kamen ließ sich bald überzeugen, daß die Menschen mit unterschiedli- So bin ich froh, daß wir so viel wir ein großes Denkmal der chen religiösen und politischen An- wie möglich von der alten Orgel „Kolbermoorer Frühzeit“ ha- schauungen, so entstand ein ganz retten konnten. Hierbei kam ben und daß dies unbe- neuer Ort, der später durch konti- uns die Orgelbaufirma Führer dingt zu erhalten ist. nuierliches Wachstum der Bevöl- in München sehr entgegen. Dies kerung sogar zur Stadt erhoben ist nicht selbstverständlich, da es Danke sei allen von Herzen gesagt, wurde. Der Bezug zur Kirche ist also manchmal weniger Aufwand die zur Restaurierung beigetragen in Kolbermoor, eben durch die ver- bedeutet, neue Orgelpfeifen her- haben. Ein besonderer Dank er- schiedenen politischen und religiösen zustellen, als alte Pfeifen mühe- geht an unseren Kirchenmusiker Auffassungen, nicht selbstverständ- voll zu restaurieren. Dies gilt auch Gerhard Franke und an die Mitar- lich und manchmal spürt man eher für das alte Orgelgehäuse. Auch beiter der Orgelbaufirma Johannes eine Distanz zur Kirche, die in traditi- hier konnte vieles gerettet werden Führer aus München, die sich liebe- onell bayrischeren Landgemeinden und der Rest wurde rekonstruiert. voll und mit großem Einsatz so eher nicht zu bemerken ist. Ich finde es etwas Besonderes, daß es unserer Orgel angenommen haben.

4 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 5 Intonateur, durch charakteristische Scheurenbrand, Gerhard Franke und Nun, am besten lässt sich die Aufgabe Pfeifenansprache, Mensurierung der Kirchenverwaltung ausgespro- eines Intonateurs wohl mit der eines (Maße der Pfeifen) und Intonation, chen wurde, hat uns begeistert, he- Koches vergleichen. Intonieren ist den Orgelklang lebendig, klar und rausgefordert und angespornt, ein gewissermaßen ein „Kochen mit Tö- plastisch zu gestalten. Unser firmen- neues „Meisterwerk“ zu schaffen. nen“. Genauso wie ein liebevoll zu- eigener und hervorragender Into- Für die überaus konstruktive Zusam- bereitetes Gericht aus vielen erlese- nateur, Andreas Pürtinger, hat seine menarbeit seitens der Vertreter der nen Zutaten besteht, setzt sich auch Aufgabe wieder vortrefflich bewältigt. Kirchengemeinde, aber auch für die der Orgelklang aus einer Vielzahl Kaum ein Handwerk verlangt ein engagierte Teamarbeit meiner Mit- einzelner Klangfarben zusammen, umfangreicheres Können als der Bau arbeiter möchte ich „danke“ sagen. die gefühlvoll und mit Geschmack einer Orgel: das Einordnen aller aufeinander abgestimmt werden technischen Funktionen, die Ein- Möge die neue Königin der Instru- müssen, so dass sich ein harmonisches haltung von gestalterischen Grund- mente immer tiefer zur Gemeinschaft und wohlklingendes Ganzes ergibt. sätzen, die Unterbringung aller des Glaubens führen im kollektiven Pfeifen bzw. Register, optisch eine Feiern vor Gott, mögen die Klänge Hierzu muss jede einzelne Pfeife von ideale Aussagekraft zu erreichen, der Orgel die Herzen der Menschen Hand bearbeitet, und mit ihrem ganz akustische Gegebeneiten des berühren und die zahlreichen Re- eigenen Ton in das musikalische Kirchenraumes zu beherrschen, um gister sowie die vielfältigen Pfeifen Klanggefüge eingepasst werden. Johannes Führer dann das Erlebnis des Klanges für Sinnbild sein fürdie Lebendigkeit des Kein Kirchenraum und keine Akustik Orgelbaumeister sich und den Zuhörer in all seinen Glaubens. gleichen sich! Jede Orgel ist ein Uni- Facetten zu kat und der klangliche Aufbau muss Die Orgel - Königin der Instrumente - erzielen. Das für jede Orgel völlig neu entwickelt ist das Tasteninstrument mit dem alles erfüllt Erhebend wirkte auf mich der Klang der und auf den Raum abgestimmt wer- größten Tastenumfang, dessen den Erbauer Orgel, und mit einem Entzücken, das kein den! Wie aber sieht unser Hauptgang mannigfaltiger Klang durch Pfeifen immer wieder Wort zu schildern vermag, flatterte und am Ende aus? Essen wir heute ita- erzeugt wird. Sie ist das vielseitigste mit Stolz und bebte mein ganzes Herz… lienisch, französisch oder bayrisch? und in ihren räumlichen Ausmaßen Freude. Nach Marie von Ebner-Eschenbach Kurz gesagt: wir essen deutsch- größte Instrument, das ein Mensch dreijähriger romantisch. Anders als noch vor spielen kann. Im kirchlichen Gebäude Planungs- und Bauzeit ist jetzt un- etwa zwanzig Jahren wenden wir nimmt sie den Menschen mit hinein ser Opus 51 entstanden, individuell, uns von dem Versuch ab, Universal- in den Lobpreis Gottes. Ob sie allein geprägt durch seine Optik und orgeln zu schaffen, auf denen im erklingt oder Chor und Gottes- Klangaussage: Ihre neue Orgel. Sie Grunde Musik aller Epochen passabel, dienstgemeinde begleitet, immer besitzt 33 Register mit 1.832 Pfeifen. Andreas Pürtinger aber nicht wirklich adäquat dar- steht sie im Dienst vor Gott. Sie Davon wurden gezielt Pfeifen von der Intonateur zustellen ist. Also gingen diesem hilft den Gläubigen Gott zu dan- alten Orgel wiederverwendet, was Projekt viele Überlegunen aller ken und alle Anliegen vorzubrin- sich bewährt hat. Die neue Orgel in Zur klanglichen Gestaltung Verantwortlichen voraus, welches gen. Mit ihren unterschiedlichen der Kirche Hl. Dreifaltigkeit in Kolber- der Orgeln in Hl. Dreifaltigkeit „Thema“ wir der neuen Orgel denn Registern kann sie die Stimmungen moor ist bereit zum Erklingen, Tosen geben würden. Aber die Entschei- der Freude und Dankbarkeit, aber und Säuseln, Rauschen und Flöten, Wie genau funktioniert eigentlich die dung lag von Anfang an auf der auch der Trauer und des Schmerzes ganz nach Ihrem Gusto! Das Ver- klangliche Gestaltung einer Kirchen- Hand - glücklicherweise: durch das zum Ausdruck bringen. Es liegt nun trauen, das meiner Firma von Pfarrer orgel und was ist ein Intonateur? Vorhandensein vieler schöner histori- am Erbauer der Orgel, speziell am

6 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 7 scher Register aus der ursprünglichen eine mächtige Gravität in den Orgel- Der Baugrund dafür war von der ersten Orgel der Pfarrkirche mit kla- klang bringen. Zudem verfügen beide Spinnerei geschenkt worden, die rer romantischer Färbung war klar, Manualwerke über eine voll ausgebau- Arbeiterinnen der Spinnerei ließen sich daß dies die Grundlage der klanglichen te 16´-Grundlage, um dem Klang Fülle – gleich ob katholisch oder evan- Konzeption sein wird. Aber es wer- und Tiefe zu geben. Mit seinen gelisch – je Zahltag zwei bis den dennoch auch die Werke ande- drei 16´-Registern gibt das Pedal- vier Kreuzer für die Kirchenbau- rer musikalischen Epochen darstellbar werk dem gesamten Instrument ein kasse vom Lohn abziehen. Nach sein. Anders als bei der klar und „steil“ wuchtiges und stabiles Fundament. ihrer Fertigstellung bekam die disponierten barocken Orgel be- In der Romantik nicht unüblich, aber Kirche im Jahr 1873 eine Orgel, da- sitzt die romantische Orgel eine Viel- heute eher selten, ist das Vorhanden- vor musste man sich mit einer kleinen zahl von dynamisch fein nuancierten sein eines sogenannten „Fernwerkes“ Leihorgel vier Jahre lang behelfen. Grundstimmen um ein lückenloses in Form der kleinen Chororgel im Im Pfarrarchiv finden sich einige inter- Crescendo zu ermöglichen. Chorraum der Kirche. Auch sie wurde essante alte Akten, so zum Beispiel ein Anders als im Barock, bei dem sich die überarbeitet und klanglich harmoni- Kostenvoranschlag des Orgelbauers Orgelliteratur als völlig eigenständige siert, um die Hauptorgel zu ergänzen Jakob Müller (1834 -1899) aus Rosen- Musikgattung entwickelt hatte, ver- und mit ihr zusammen ein stimmiges heim vom 2. September 1871, worin er suchte man nun in der Romantik den musikalisches En- die Kosten für die Orgel mit 12 Registern großen und reichen Klang der Sym- semble zu bilden. Wir horchten einige Augenblicke auf einem Manual und Pedal auf 1350 phonieorchester zu imitieren. Vorreiter Durch die neue Gulden beziffert. Gebaut wurde die lang, bis die Orgel schwieg und dann dieser Entwicklung waren der in elektronische Orgel dann „zu 2 Manual mit 16 Stim- wieder in höheren sanfteren Tönen Gerhard Franke wirkende Komponist Cesar Franck und Verbindung der Kirchenmusiker men“ für 2000 Gulden, wobei das erste in Deutschland Joseph Rheinberger Instrumente sind anhob, die wunderbar lieblich durch Manual eine mechanische Schleiflade, und natürlich Max Reger. Damit ist nun nun beide Orgeln die Gewölbe zu uns herabsanken… Zur Geschichte der Orgeln das zweite Manual und das Pedalwerk das Thema bzw. der musikalische Kern vom jeweils an- Wie doch die Musik wunderbar auf in Hl. Dreifaltigkeit eine mechanische Kegellade erhielten. der neuen Orgel festgelegt. Beim Blick deren Spieltisch Das Orgelgehäuse wurde farblich ge- unsere Seele wirkt! Adalbert Stifter auf die Disposition (Zusammensetzung aus in vollem Wenn man sich mit einer Orgelrestau- faßt (sandfarben/beige) und vergoldet der Klangfarben) zeigen sich neben Umfang zu spielen, was eine Unmenge rierung befaßt, gerät man unwillkürlich von Joseph in die Geschichte hinein. So erging es der großen Anzahl von Grundstimmen neuer und reizvoller klanglicher Osendorfer O Orgelton, o herrlichster von allen, aber noch mehr Besonderheiten: Zum Effekte möglich macht. Abschließend auch mir, als ich mich mit den Akten aus Aibling. Beispiel gibt es ganze fünf Streicher- möchte ich allen Verantwort- zur Orgel in Hl. Dreifaltigkeit ausein- (Interessant dein Klang ist uns ein Lied in höh´rem stimmen in dem Instrument, um den lichen für das mir entgegen- andergesetzt habe. Manches liest ist in diesem Chor. Wo du erklingst, da lauscht in Klang von Streichinstrumenten darzu- gebrachte Vertrauen danken, denn sich spannend wie ein Krimi, anderes Zusammen- Gottes Hallen der Zaubermacht der - wie das Lesen alter Dokumente - ist stellen. Es gibt im ersten Manual eine anders ist ein Projekt solcher Größe hang ein Töne unser Ohr. Hermann Klein zweifache(!) Konzertflöte, deren zweiter künstlerisch und menschlich nicht höchst interessant. Tauchen wir also Beschluß Chor (= zweite Pfeifenreihe) wie eine realisierbar! Ich wünsche der Pfarr- ein in die Historie von Kolbermoor. derKirchenverwaltung vom 14. April Querflöte überblasend angelegt ist, gemeinde von Kolbermoor, daß ihr 1878, in dem wegen Kosten- um eine große Solomelodie zu führen. das neue Instrument stets Begleiter Die Jakob-Müller-Orgel von 1873 steigerung beim Material und für Und wir haben im zweiten Manual, das sein möge in Freude und Trauer. Mehrarbeit beim Orgelbau dem in zwei großen Schwellkästen unter- Möge dieses Werk für viele Genera- Vor genau 150 Jahren wurde unter Orgelbauer eine zusätzliche Vergü- gebracht ist, drei Solozungenregister, tionen erklingen zur Erbauung der Pfarrer Stephan Rainer mit dem Bau tung von - inzwischen - 685 Mark und die mit Hilfe der Oktavierungskoppeln Seelen und zum Lobe des Herrn! der Kirche Hl. Dreifaltigkeit begonnen. 71 Pfennigen zugestanden wurde).

8 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 9 Kostenvoranschlag vom 2. September1871 Skizze: Aussehen der Orgel 1873

Folgende Disposition bekam die Orgel:

I. Manual (mechanische Schleiflade, 54 Töne)

1. Principal 8´ 2. Gamba 8´ 3. Principalflöte 8´ 4. Bordun 16´ 5. Oktav 4´ Revisions Bericht vom 27. Dezember 1873 6. Flöte 4´ 7. Quinte 2 2/3´ 8. Flautino 2´ 9. Mixtur 1 1/3´ 4fach

II. Manual (mechanische Kegellade, 54 Töne) 10. Geigenprincipal 8´ 11. Salicional 8´ 12. Gedeckt 8´ 13. Dolce 4´

Pedal (mechanische Kegellade, 22 Töne) 14. Subbaß 16´ 15. Oktavbaß 8´ 16. Quintbaß 5 1/3´ 17. Violon 16´ (1889, s.u.)

Der damalige Münchner Dom- organist Karl Ziegler un- terzog die neue Orgel am 20. Dezember 1873 einer ge- nauen Prüfung und schrieb am 27. Dezember 1873 in seinem „Revisions Bericht über die von Orgel bauer Jakob Müller in Kol- bermoor, Pfarrei Aibling, neu erbaute Orgel“, daß die Orgel „mit dem starken runden Klang der unteren und mittleren Oktaven und der vollen Frische

10 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 11 Kostenvoranschlag von 1917

der führenden Labialstimmen einen Kirchenverwaltung hervorgeht Gesamtton bildet, welcher die Räume – immer wieder behandelt. der Kirche ausfüllt und die Gemeinde Auch der 1. Weltkrieg hatte Einfluß zur Andacht und Freude stimmt... auf das Instrument, denn es mußten Überall wurde eine ziemlich gute im Jahre 1916 zu Kriegszwecken Intonation, sehr leichte Ansprache (wie übrigens bei insgesamt und der den Registern eigene 70.000 anderen Orgeln im Deut- Klang-Charakter gefun- schen Reich auch) die Prospekt- Vertrag vom 8. Juli 1889 den.“ Als im Jahr 1889 pfeifen aus Zinn des Registers die Kirche für die stark Principal 8´ abgeliefert werden. wachsende Gemein- Man erhielt dafür zwar eine finan- de zu klein geworden zielle Entschädigung von 444 Mark war und nach Westen und 40 Pfennigen, mit der von hin um zwei Fenster er- Pfarrer Josef Geoffroy ein „Orgel- weitert wurde, wurde pfeifenfond“ eingerichtet wurde, die Orgel ausgebaut, aber die Originalgestalt der Orgel im Pfarrhof eingelagert war nun nicht mehr vorhanden. und nach dem Kirchen- Gut dreißig Jahre nach Errichtung bau wieder aufgebaut der Orgel hatte in einem Kostenvor- und um ein Register im anschlag die Orgelbau-Anstalt Max Orgelpfeifenfond 1918 Pedal, einen Violon 16´ März aus München im Jahr 1906 aus Holz, vergrößert. eine Reparaturbedürf- Ein Vertrag zwischen tigkeit der Mechanik Orgeln sind wunderbare Tempel, dem „Baukomite für den festgestellt und so- An- und Ausbau der von Gottes Hand beseelt, Nach- wohl eine Reparatur kath. Kirche Kolbermoor“ klänge des Schöpfungsliedes! als auch einen voll- und Orgelbauer Müller Johann Gottfried Herder ständigen Umbau auf über diese Maßnahme pneumatische Traktur wurde am 8. Juli1889 angeboten. In einem Kostenvoran- unterzeichnet. Durch schlag des Firmennachfolgers von den jetzt vergrößerten Jakob Müller, Orgelbauer Joseph Kirchenraum aber ergab Hackl, im Jahr 1917 ist aber immer sich wohl, daß der Klang noch von „egalisieren der Me- der Orgel nicht mehr chanik und ergänzen der fehler- als ausreichend emp- haften Mechanikteile“ die Rede. funden wurde, denn Doch es sollte noch Jahre dauern, bis im Laufe der folgenden an die Orgel wieder Hand angelegt Jahre und Jahrzehnte und unter Pfarrer Joseph Mock eine wurde das Thema große Veränderung vorgenommen Orgel – wie aus alten wurde. Schließlich kam es dann in den Beschlussbüchern der 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts

12 | Dez. 2018 zum Umbau und zur Erweiterung der Wie man sich doch täuschen kann! 3.3.1921: Dem Kostenvoranschlag 5.1.1928 „Im Anschluß an den Be- Orgel. Dabei wurde ein gravierender des Orgelbaumeisters Hackl in schluß der Kirchenverwaltung vom Umstand nun auf negative Weise Die lange Diskussions- und Überle- Rosenheim wird zugestimmt und 22. Juni 1927 wird heute beschlos- bedeutsam: der Zeitgeschmack! gungsphase zur Erweiterung der Or- die Ergänzung der Orgelpfeifen sen, den Orgelumbau in Angriff zu gel, die letztlich 1929 durchgeführt sowie die Reinigung der Orgel nehmen und dem Orgelbauer Hackl Die Erweiterung von 1929 wurde, zeigt sich in den Protokollen dem J. Hackl in Auftrag gegeben.“ in Rosenheim in Auftrag zu geben. der Kirchenverwaltung (Auszüge): (Die im Ersten Weltkrieg abge- Rückdatiert auf den 1. Januar 1928 Zu allen Zeiten, da Orgeln gebaut lieferten Prospektpfeifen fehlten heißt esdann im Orgelbauvertrag: wurden, von der Gotik bis heute, also immer noch!) „Die Kirchenverwaltung Kolbermoor wurden und werden diese mit me- übergibt der Firma Jos. Hackl u. Sohn chanischer Traktur gebaut. Nur in der 13.4.1921: „Die Sammlung für die in Rosenheim Zeit vom Ende des 19. bis zur Mitte Orgelpfeifen soll durch das Kirchen- den Umbau des 20. Jahrhunderts wechselte man chorpersonal von Haus zu Haus vor- und die Ver- Orgelmusik: Vorstellung, es müßte zur damals neu erfundenen pneu- genommen werden mittels einer größerung doch etwas geben, das der Grund dieses matischen Traktur, d.h. die Verbin- vom Pfarramt signierten Liste.“ der Orgel in Klanges wäre; diese Musik kann nicht dung von Taste zu Orgelpfeife wurde der Pfarrkirche für sich, aus sich entstanden sein; sie nun eben nicht mehr mechanisch, 12.3.1926: „Der Antrag des H. Chor- in Kolbermoor erzeugt die Vorstellung eines höheren sondern per Luftdruck gesteuert. regenten auf Umbau, bzw. Um- genau nach Wesens, das ich mir sonst nicht denken Diese damals moderne und schein- bau und Vergrößerung der Orgel vorliegen- bar vorteilhaftere Art des Orgel- und die zu diesem Zwecke vorge- dem Kosten- kann. Peter Handke baues ist wegen ihrer hohen legten zwei Kostenvoranschläge voranschlag Reparaturanfälligkeit, Ungenauigkeit wurden durch den Pfarreivorstand um den Preis von 11.875 R.M.“ und zu geringer Lebensdauer inzwi- zur Kenntnis gebracht.“ Der Prospekt der Orgel von 1873 schen aus dem Orgelbau wieder war in drei Felder gegliedert, vollständig verschwunden. 22.6.1927: Es wurde mit 7:0 Stimmen beim Umbau von 1929 sollte er beschlossen, „die Orgel unserer Pfarr- rechts und links um je ein Feld erweitert Bezeichnend dazu ist ein Aufruf an kirche umbauen zu lassen. Die Arbei- und vergrößert werden. die Pfarrgemeinde vom 5.7.1927, ten sollen der Firma Hackl in Rosen- in dem es u.a. heißt: „Solche Or- heim oder der Firma Weise in Plattling Der Auftrag zum „Holzbau des Orgel- geln wie die unsrige mit ihrer vor- übertragen werden, worüber eigens gehäuses soll dem Schreinermeister sintflutlichen Mechanik wird man beschlossen werden wird. Herr Chor- Michael Tischner, in Kolbermoor, bald nur mehr im Deutschen Muse- regent Held wird beauftragt, mit Glückstraße, übergeben werden“, um sehen. Während alle umliegen- diesem Firmen in Verhandlung zu heißt es im Kirchenverwaltungs- den Orte moderne pneumatische treten bezüglich Kostenvoranschlä- protokoll vom 24. Januar 1928. Orgeln besitzen… schlägt in dem gen. Die Orgel entspricht nicht mehr Tischner war zur damaligen Zeit der modernen Fabrikort Kolbermoor 6.12.1920: „Die Kirchenverwal- Anforderungen der Neuzeit; sie ist Kirchenpfleger von Hl. Dreifaltigkeit. der Organist noch im Schweiße tungsmitglieder verhalten sich noch ein altes mechanisches Werk, Farblich wechselte der Anstrich seines Angesichts die alte Orgel, gegenüber den Bestrebungen für während die Orgeln aller umliegen- auf weiß und grau. Dann aber trat ein die ihrer Mechanik nach schon im die Reparatur und Erweiterung den Pfarrkirchen nach neuem pneu- sehr ungewöhnliches Ereignis ein. Mittelalter gebaut sein könnte.“ der Orgel wohlwollend.“ matischem System gebaut sind…

14 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 15 Im Protokoll vom 3. April 1929 heißt es: 1934 standen noch 2.700,00 Reichs- 15. Traversflöte 4´ „Die Fertigstellung der Orgel wird nach mark zur Rückzahlung offen, für wel- 16. Flautino 2´ dem bedauerlichen Versagen des che unter Pfarrer Korbinian Heinzin- 17. Mixtur 2 2/3´ Orgelbauers Hackl dessen Geschäfts- ger ein neuerliches Darlehen bei der 18. Trompete 8´ nachfolgern Schuster und Schmid, „Liga, Wirtsch. Verb. D. k.[atholischen] Pedal München, übertragen unter Guthei- Geistl.[ichen] Bayerns“ aufgenommen (pneumatische Kegellade, 30 Töne) ßung des vorgelegten Planes, der eine wurde. Man mußte also durch Samm- Erhöhung der Gestehungskosten um lungen und Benefizaktionen auch 19. Subbaß 16´ 3.000,- R.M. verursacht, aber nicht bloß damals schon das nötige Kleingeld 20. Cello 8´ (aus Quintbaß 5 1/3´) die Schäden der Mißarbeiten Hackls für die Orgel Schritt für Schritt einsam- 21. Oktavbaß 8´ behebt, sondern auch Verbesserun- meln, so gab es z.B. Anfang 1932 eine 22. Violon 16´ gen bringen wird, die im Kostenvoran- „Operettenaufführung zu Gunsten 23. Posaune 16´ schlag von Hackl nicht enthalten sind, der Orgel“, die eine „Einnahme von 24. Zartbaß 16´(Transmission v. Nr. 1)

insbesondern (sic!) die Intonation durch 477,80“ erbrachte. „Es wird den Mit- Subkoppel II-I; Superkoppel II-I und II; den bestens bekannten Intonateur wirkenden der Dank der Kirchen- Crescendo als Tritt Die Tür stand offen; die Lichter am Schuster. Die Orgel muß bis zur verwaltung ausgesprochen.“ (Proto- Altar brannten; die Orgel erklang. Firmung, 1. Juni d. Jahres fix und koll vom 28.2.1932). Nach der Erwei- fertig sein.“ (Die Einweihung war terung der Orgel und dem Umbau Der Umbau von 1967 Welche Musik!... Solche Töne kommen tatsächlich erst von mechanischer auf pneumatische aus der Tiefe des Herzens, aus allen am ersten Sonn- Traktur lautete die Disposition Knapp 40 Jahre durfte die Orgel nun Geschöpfen. Hans Christian Andersen Die Sonne ging bereits unter; tag im Oktober). dann wie folgt: so dastehen (Bilder rechts), ehe am da wurden wir still. Das währte Was da vorgefallen 10. August 1965 mit Josef Zeilhuber nicht lang, da hörten wir herr- war, läßt sich heu- I. Manual aus Bruckmühl, der offensichtlich vor- (pneumatische Kegellade, 54 Töne) lich auf der Orgel schlagen und te leider nirgends wiegend als Holzbildhauer arbeitete mehr herauslesen und nur noch in geringem Umfang als mehrere klare Stimmen dazu 1. Bordun 16´ oder ermitteln. Orgelbauer tätig war, ein Vertrag über 2. Dolce 8´ (aus Dolce 4´) singen… O, das war eine herrliche Allerdings war der die Errichtung einer Chororgel mit Musik! 3. Hohlflöte 8´(aus Principalflöte 8´) Clemens Brentano Orgelumbau – ver- 4. Gamba 8´ acht Registern und den Umbau der bunden mit einer 5. Principal 8´ Hauptorgel geschlossen und dieses Neuausmalung der 6. Rohrflöte 4´ dann unter Pfarrer Josef Moosleitner Pfarrkirche – ein finanzielles Wagnis, 7. Oktav 4´ durchgeführt wurde. Der Münch- das die Pfarrei noch länger beschäftigte. 8. Mixtur 2´ 4fach (mit Quinte 1873) ner Domorganist Heinrich Wismeyer hatte die Dispositionen für den Um- Die Gesamtkosten von fast 15.000,00 II. Schwellwerk bau der Hauptorgel und die neue (pneumatische Kegellade, 68 Töne) Reichsmark wurden zum Teil mit Chororgel konzipiert, er war auch einem bis 1934 befristeten Dar- der Organist bei der Einweihung 9. Quintade 16´ lehen von 8.000,00 Reichsmark 10. Vox coelestis 8´ der beiden Orgeln am 7.10.1967. beim „Darl. K. Ver. Kolbermoor… 11. Salicional 8´ Sicherlich war die pneumatische Trak- gegen Bürgschaft von 2 K.V. 12. Gedeckt 8´ tur nach fast 40 Jahren Benutzung Mitgliedern“ finanziert, wie es im 13. Hornprincipal 8´ schadhaft geworden. Warum aber die Protokoll vom 6. 12.1934 heißt. 14. Geigenprincipal 4´(aus Geigenprinc. 8´) komplette obere Gehäusehälfte mit

16 | Dez. 2018 den fünf Rundbögen entfernt und in Pfeifen an andere Stellen versetzt, Die Wiederherstellung 2018 den historischen Pfeifenbestand der umgearbeitet, verschnitten, die Orgel massiv eingegriffen wurde, ist Spieltechnik teilweise auf elektrisch Im Jahr 1992 wurde nach der Reno- und bleibt bis heute ein großes Rätsel. umgestellt, die Windversorgung völlig vierung der Pfarrkirche unter Pfarrer Wahrscheinlich war der unselige unzulänglich gearbeitet und so weiter Die Orgel hatte nun folgende Disposition: Karl Kwiatkowsky eine Reinigung und „Zeitgeschmack“ daran schuld – ein und so fort. Ein wohl als „modern“ an- Überholung der beiden Orgeln durch sensibler Umgang mit Rücksicht auf gesehener Freipfeifenprospekt wurde I. Manual die Fa. Deininger und Renner durchge- historisches Material war offenbar nun das Gesicht (pneumatisch/elektr.Kegellade, 56 Töne) führt. (Gesamtkosten 45.976,77 DM) nicht mehr gefragt – was man ja der Orgel. Als Orgelbauer Deininger bemerkte auch an der Tatsache erkennen kann, Farbe wählte Da hörte, schien´s, von Stimmen ich:“ 1. Stillgedeckt 16´ (aus Bordun 16´) dazu: „Die Spieltraktur ist nicht 2. Principal 8´ daß zur gleichen Zeit das Kirchen- man ein tauben- Te Deum Laudamus“, untermischt mit gerade präzise… Die Intonation ist innere durch Ausräumen von Altä- grau. Die Kos- 3. Principalflöte 8´ (tiefe Oktave nichtssagend und leblos. Diese Orgel ren oder Kanzeln grundlegend und ten für die neue süßem Klange, und solchen Eindruck abgeschnitten) macht weder dem Spieler, noch der 4. Oktav 4´ massiv „nach den Vorgaben des II: Chororgel und gab mir grade wieder, was ich vernahm, Gemeinde und schon gar nicht einem 5. Rohrflöte 4´ Vatikanischen Konzils“, wie es hieß den Umbau wie man ihn pflegt zu haben, wenn den Orgelbauer Freude, der nach geta- 6. Nasard 2 2/3´ (aus Quinte) (obwohl es solche Vorgaben nie- der Hauptorgel Gesang der Orgelton begleitet, daß man 7. Oktav 2` ner Arbeit mit gemischten Gefühlen mals gegeben hat!), verändert wurde. beliefen sich von diesem Instrument weggeht.“ bald hört und bald nicht hört die Worte. 8. Mixtur 1 1/3´2 - 4fach Es wurden also in der Orgel nun alte auf 37.991 DM. Dante: Göttliche Komödie II. Manual Ins gleiche Horn stieß der Orgelsach- (elektr. Kegellade, 56 Töne) verständige der Erzdiözese München und Freising, Prof. Friedemann 9. Quintade 16´ Winklhofer, am 7.3.1993: „Leider `ver- 10. Gedeckt 8´ goldet´ die gute Akustik der Kirche 11. Weidenpfeife 8´ (teils aus Gamba 8´) den unschönen Klang dieses Ins- 12. Prinzipal 4´ (aus Geigenprincipal 8´) truments, die Unzulänglichkeiten 13. Schweizerpfeife 4´ (aus Traversflöte 4´) 14. Gemsflöte 2´ kommen für den Hörer nicht zum 15. Flöte 1´ (aus Hornprincipal 8´) Ausdruck.“ 16. Scharff 2 2/3´ 17. Trompete 8´ In der Zeit ab 2001 wurde in der Zwischenzeit für die erste Orgel in der Pedal Pfarrkirche Wiederkunft Christi ge- (pneumatische Kegellade, 30 Töne) sammelt, wodurch eine Maßnahme an der Orgel Hl. Dreifaltigkeit nicht 18. Subbaß 16´ zu denken war. Freilich stellte schon 19. Stillgedeckt 16´ (Transm. v. Nr. 1) Pfarrer Wagner immer wieder Über- 20. Oktavbaß 8´ 21. Choralflöte 4` (aus Cello 8`) legungen an, wie und was an der Or- 22. Posaune 16´ gel gemacht werden könnte. Es wur- 23. Violon 16´ de schon an einen Förderkreis für die Orgel gedacht, um einmal – wenn „der Crescendo als Walze Fall“ eintreten sollte – wenigstens mit Disposition der Chororgel siehe S. 26/27 einem Grundstock ausgestattet zu

Dez. 2018 | 19 sein. Zudem gelang es Pfarrer Wagner, eine automatische Lüftungsanlage - das historische Pfeifenmaterial zu Pfarrer Scheurenbrand dieses Wagnis immer wieder einiges Geld auf „Rück- installiert, die - mit Außen- und Innen- restaurieren und zu ergänzen ein. Bestärkt wurde man - auch mit lagen Orgel“ zu buchen, so daß bei sensoren - die Luftfeuchtigkeit mißt, - das historische Gehäuse, von dem Blick auf Wiederkunft Christi - durch seiner Pensionierung tatsächlich ein Fenster selbsttätig öffnet und mittels nur noch die untere Hälfte vor die Erfahrung, welch großes und beachtlicher Betrag vorhanden war. eines Gebläses auf dem Kirchendach- handen war, zu rekonstruieren wertvolles Geschenk ein qualitätvolles Kurz vor der Orgel- boden die Raumluft in - die Spieltechnik der Orgel zu Instrument sein kann. Und: das Ver- weihe in Wieder- der Kirche innerhalb erneuern trauen in die Kolbermoorer wurde kunft Christi (Sep- Gott ist ein Organist, wir sind das einer Stunde komplett - die Verbindung zwischen Haupt- nicht enttäuscht! Allein durch Paten- tember 2012) trat Orgelwerk: Sein Geist bläst jedem umwälzen kann. Da- und Chororgel wiederherzustellen schaften für die Prospektpfeifen dann plötzlich und ein und gibt zum Ton die Stärk. mit wird die Luftfeuch- kamen 50.000,00 Euro zusammen, völlig unvermutet Angelus Silesius tigkeit in der Kirche Nach einer Ausschreibung unter drei auch die Mitglieder des „Orgelfonds“ „der Fall“ ein: reguliert, so daß sich verschiedenen Orgelbaufirmen ent- haben über Jahre hinweg einen wert- bei einer routinemäßigen Wartung kein Schimmel mehr bilden kann. schied man sich für die Fa. Münchner vollen Beitrag geleistet. Durch die Zu- wurde in der Hauptorgel großflächi- Die Orgel selbst wurde im Juli 2014 Orgelbau Johannes Führer, die man sammenarbeit aller Beteiligter, das ger Schimmelbefall festgestellt! Ein schließlich abgebaut, damit die histo- als die geeignetste ansah, das Projekt Können der Orgelbauer, den Sachver- mykologisches Gutachten von Um- rischen Pfeifen vom Schimmel befreit adäquat zu verwirklichen. Im April stand der Fachleute, die Begeisterung AnLab Malsfeld (Dr. Ulrich Schmelz) und restauriert werden konnten. In 2016 wurde der Orgelbauvertrag un- vieler Orgelfreunde und die Spenden- bescheinigte, daß ein „sehr hochgra- der Zwischenzeit war man sich dar- terzeichnet. Ein solches Orgelprojekt bereitschaft der Pfarrgemeinde ist diger Schimmelpilzbefall der Proben“ über einig geworden, daß das histo- stellt natürlich für die Pfarrei eine ge- nun ein wundervolles Instrument nachgewiesen wurde. „Es wurden rische Pfeifenmaterial, das als eines waltige finanzielle Herausforderung (wieder)entstanden, welches ein bausubstanztechnisch und innen- der wenigen noch übrigen Zeugnisse dar. Die Erfahrungen in Wiederkunft glänzendes raumhygienisch relevante Pilzgat- aus der „Gründerzeit“ Kolbermoors Christi haben gezeigt, daß die Weg- Pendant tungen nachgewiesen, die in die stammt, unbedingt erhalten werden strecke bis zur vollen Finanzierung zur Orgel in Die Tür stand offen; die Lichter am Altar Risikogruppe 1 nach der BioStoff- solle. Außer dem Kolbermoorer Bahn- lang und anstrengend werden kann. Wiederkunft brannten; die Orgel erklang. Welche Verordnung einzustufen sind... Eine hof, einigen Gebäuden der Spinnerei Doch nachdem im Jahr 2014 die Bau- Christi dar- Musik!... Solche Töne kommen aus der Sanierung sollte möglichst zeitnah und dem alten Rathaus (Musikschule) ordnung der Erzdiözese geändert stellt. Jede Tiefe des Herzens, aus allen Geschöpfen. erfolgen“. gibt es ja nur noch unsere Pfarr- wurde und damit Orgelprojekte erst- der beiden Hans Christian Andersen kirche (und damit die damalige malig mit 10% bezuschußt werden, Orgeln Die große Frage war nun: Was tun? Orgel) aus dem 19. Jahrhundert. Die Rücklagen vorhanden waren und zu- hat ihren Orgel ist also ein wichtiger Teil unse- sätzlich eine Erbschaft unerwartet für ganz eigenen Charakter, ihren Am 16.5.2012 wurde durch Orgel- rer Geschichte, Bestandteil unserer die Kirchenstiftung eintraf, die zum eigenen Charme. Das macht den bauer Roland Eder eine Bestands- Kultur und stellt einen Wert dar, der Teil für die Orgel verwendet wurde, Reiz aus in der „Orgelstadt Kolber- aufnahme an der Hauptorgel durch- schon unseren Vorfahren wichtig und war es leichter, sich für das Projekt zu moor“. So ist nun auch der schon geführt, die zutage brachte, daß ein wertvoll war. Außerdem bedeutet entscheiden, da bereits 2/3 des Geldes 1993 von Prof. Winklhofer geäußerte Gutteil des vorhandenen Pfeifenma- eine Orgel mit deutsch-romantischer beisammen waren. Trotzdem mußte Wunsch in Erfüllung gegangen: terials aus der Gründerzeit Kolber- Disposition (so wie sie 1873 gebaut ja noch eine ziemlich große Summe „Dieses schöne Gotteshaus sollte über moors - sprich aus der ursprünglichen wurde) ein Alleinstellungsmerkmal für durch Spenden finanziert werden. ein entsprechendes Orgelwerk ver- Orgel von 1873 - noch vorhanden Kolbermoor, da eine solche Orgel im Aber mit der Zuversicht und dem fügen, das allen liturgischen Anfor- war. Dann hat die Kirchenverwal- weiten Umkreis nicht mehr zu finden nötigen Gottvertrauen, daß es mit Hilfe derungen gerecht werden kann!“ tung schnell reagiert: zunächst wur- ist. Es wurde nach eingehen der Pfarrangehörigen zu realisieren sei, de die Empore gesperrt. Dann wurde den Diskussionen beschlossen: ging die Kirchenverwaltung mit Soli Deo Gloria

20 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 21

Der neue Spieltisch der Hauptorgel

DANKE

„Vollendet ist das große Werk“ hat in seiner „Schöpfung“ komponiert. Daß das große Werk Orgel in der Pfarrkirche Hl. Dreifaltigkeit nun vollendet ist, verdanken wir all denen, die mit ihrer Großherzigkeit dieses gewaltige Projekt unterstützt haben. Es waren letztlich so viele, daß eine namentliche Erwähnung hier leider nicht möglich ist!

Darum danken wir

€ allen „kleinen“ und „großen“ Spendern € allen Mitgliedern des „Orgelfonds“ Chororgel von 1967 € allen Pfeifenpaten € allen Besuchern unserer Veranstaltungen und Konzerte Orgelspielen heißt, einen mit dem Schauen € allen Künstlern und Musikern der Ewigkeit erfüllten Willen manifestieren. € allen Helfern Charles-Marie Widor € allen Firmen, der Stadt und der Erzdiözese, die uns unterstützt haben

und sagen ganz einfach und von Herzen Der umgebaute Spieltisch der Chororgel VERGELTS GOTT!

Besonders gedenken wir an dieser Stelle all derer, die uns im Laufe der Jahre großzügig unterstützt haben, die aber den Tag der Orgel- weihe nicht mehr hier unter uns erleben dürfen.

Die Kirchenverwaltung

24 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 25 Disposition der Orgel und ihre Zusammensetzung Pedal C-f´

HAUPTORGEL (1873 - 1929 - 2018) 26. Principalbaß 16‘ C-H neu, Fichte offen, Mensur Walcker, 1. Manual - Hauptwerk C-g´´´ ab c Extension mit Nr. 28 27. Subbaß 16‘ 1873, durchgehend Holz 1. Boudun 16‘ 1873, durchgehend Holz 28. Octavbaß 8‘ 1873, C-h Holz offen, ab c´ Sn 2. Principal 8‘ neu, (Zinn/Sn 80 %), Mensur Walcker, im Prospekt 29. Schilpbaß 8‘ Transmission von Nr. 4 3. Konzertflöte 8‘ 1873, Holz C-g´´, ab gs´´ Sn konisch. 2. Chor ab c´ Sn 60 % 30. Cello 8‘ Transmission von Nr. 5 aus Werkstattbeständen, überblasend ab f´ 31. Blasiusflöte 4‘ neu, Sn 80% 4. Gedeckt 8‘ 1873, Holz C-g´´, ab gs´´ Sn mit Schiebedeckeln 32. Posaune 16‘ 1929, Becher und Stiefel Holz, volle Länge, überarbeitet 5. Viola da Gamba 8‘ 1873, C-f neu, Sn 80% , ab fs 1873, Mensur angepasst 33. Trompete 8‘ Transmission von Nr. 12 6. Octave 4‘ neu, Sn 80% Mensur Walcker 7. Hornflöte 4‘ C-H Sn 40% gedeckt, ab c 1929 Sn konisch CHORORGEL (1967) 8. Quinte 2 2/3 1873, Sn, prinzipalisch 1. Manual - Hauptwerk C-g´´´ 9. Superoctave 2‘ neu Sn 80% Mensur Walcker 10. Mixtur 2‘ 4f. neu Sn 80%, Mensur neu erstellt 33. Gedeckt 8‘ C-H Zink gedeckt, ab c Sn mit Schiebedeckeln 11. Terzmixtur 2‘ repetierender Terzchor zu Nr. 10, neu Sn 80% 34. Praestant 4‘* C-H Zink, ab c Sn 12. Trompete 8‘ neu, Sn 80%, Bauart deutsch, Mensur Walcker, 35. Mixtur 2 2/3‘ 2-3f. überarbeitet und neu zusammengesetzt nicht überblasend 2. Manual - Positiv C-g´´´ 2. Manual - Schwellwerk C-g´´´ 36. Spitzflöte 8‘ C-H Zink, gedeckt, ab c Sn offen konisch 13. Quintatön 16‘ 1929, (aus Quintade), hohe Aufschnitte, C-H Holz, 37. Rohrflöte 4‘* Sn mit Schiebedeckeln c-h Zink, dann Sn 38. Sifflöte 2‘ Sn, konisch 14. Geigenprincipal 8‘ meist 1873, C-H aus Principal HW, dann aus Octave 4´ HW 15. Rohrflöte 8‘ 1929, umgearbeitet, C-H Zink, ab c Sn mit Schiebedeckeln Pedal C-f 16. Salicional 8‘ neu, Sn 80%, Mensur Voight, C-H Zink vermutlich 1929 39. Untersatz 16‘ Holz gedeckt, enge Mensur 17. Vox coelestis 8‘ ab c – neu, Mensur und Material wie Nr.16, jedoch zwei 40. Gemshorn 8‘ C-H Zink konisch offen, ab c in Sn Halbtöne enger, „freundlich“ überschwebend * Diese beiden Register waren 1967 manualweise vertauscht. 18. Reginadolce 8‘ 1873/1929, C-H Zink, dann Sn, leicht trichterförmig mit Expressionen Sub-Koppel II (elektrisch); Sub-Koppel II-I (elektrisch); 19. Fugara 4‘ 1873 (aus Geigenprincipal), ab gs´´ aus Werkstatt- Mechanische Spieltraktur, elektrische Registertraktur, Setzeranlage, Sequenzer, beständen ergänzt Registerschweller 20. Traversflöte 4‘ 1929, C-h´ Holz offen, ab c´´ Sn überblasend Elektronische Verbindung zwischen den Spieltischen der Haupt- und Chororgel 21. Flautino 2‘ neu, Sn 40% konisch basierend auf Salicionalmensur mit jeweils komplett unabhängiger Register- und Setzerbedienung 22. Kornettmixtur 2 2/3‘ 3f. neu, Sn 80%, Mensur prinzipalisch Winddruck: 75 mmWS (Hauptwerk), 85 mmWS (Schwellwerk), 95 mmWS (Pedal) 23. Clarinette 8‘ ca. 1964, aus Werkstattbeständen (vormals Dulcian 16´) Farbfassung: Josef Eichler, Bruckmühl umgearbeitet und ergänzt Anzahl der Orgelpfeifen: 1832 (Hauptorgel), 484 (Chororgel) 24. Oboe 8’ neu, Sn 80%, Bauart deutsch-romantisch mit Drehdeckeln, Gewicht der Hauptorgel: ca. 6,5 to Mensur Walcker Arbeitsstunden: ca. 7.500 25. Harmonietrompete 8‘ 1929, überarbeitet, z.T. neue Zungenblätter, Preis der Orgel: EUR 482.000,00 überblasend ab c´´ Farbfassung und Vergoldung EUR 17.500,00 Stella Mauri (Zimbelstern) Elektroinstallation EUR 15.000,00 Tremulant Dez. 2018 | 27 Hauptorgel machte eine Überprüfung Einkragsystem) ein wesentlich höheres Aktion durch die Mitglieder des vorhandenen Tragsystems der Gewicht durch die erneuerte der Kirchenverwaltung. Orgelempore auf der Grundlage einer Orgel aufnehmen muß. Dabei gilt statischen Berechnung erforderlich. für historische Bauwerke eine sta- - Anfang April 2017 konnten die tische Ertüchtigung auf p = 5,00 über längere Zeit vorgetrockneten Chronologische Abfolge der Arbeiten: kN/m². Dazu hatten wir die Lastan- Fichtendielen von 36 mm Stärke ge- gaben des Orgelbauers über Lage liefert und als Boden in die Empore - Als erste Maßnahme mußten die und Gewicht der einzelnen Orgel- eingebaut werden. Dabei wurden (zugemauerten bzw. mit Holzplat- teile. Die vorhandenen Tragbalken die mit Nut und Feder versehenen ten abgedeckten) farbigen Glasfens- wurden durch sogenannte Bei- Dielen für die anschließende Ver- ter aus den drei Rundbogenfens- pässe in verschiedenen Stärken ver- siegelung mit einem Bandschleifer tern auf der Westseite der Fassade sehen. Um die Auflagertaschen für bzw. Rundschleifer vorgeschliffen. ausgebaut werden, die im neugoti- die Beipässe herstellen zu können, schen Stil gehalten waren. Sie konn- mußten in der Westwand der Kirche - Damit der Emporenboden für den ten einfach zerlegt werden, waren Kernbohrungen (Trockenbohrun- „Alltagsbetrieb“ geeignet ist, wurde aber nicht mehr in allen Teilen voll- gen) durchgeführt und die Kanten er mit Complex-Hartöl-Grund ver- ständig. Sie wurden nach der Rei- von Hand nachgebrochen werden. sehen und anschließend 3fach mit nigung in einem Raum oberhalb Complex-Hartöl-Wachs behandelt, der Lourdeskapelle deponiert. - Nachdem die Seitenschiffe näher das mit einer Rundschleif-Maschine Georg Schilp untersucht wurden, konnte man einpoliert wurde. Die Gesamtkos- Kirchenpfleger - Als Nächstes war es erforderlich, die sehen, daß die Balkenköpfe im ten der statischen Ertüchtigung drei Rundbogenfenster mit Blockzie- Süd-Westen, aber vor allem in der der Empore inklusive neuer Chor- Die Ertüchtigung der geln auszumauern, da westseitig nur Nord-West-Ecke nicht mehr in Ord- podeste und Geländer für die Em- Orgelempore in der Kirche eine 24-iger Mauer vor den Glasfens- nung waren, so daß laut Statiker pore beliefen sich auf rund EUR Hl. Dreifaltigkeit tern vorhanden war. Dabei hat die die Deckenbalken in den Seiten- 50.000,00, die in den Kosten für Kirchenverwaltung selber tatkräftig schiffen zusätzlich verstärkt und in die Orgel nicht enthalten sind. Nachdem im Jahre 2012 ein großflächi- angepackt, denn sie hat die notwen- diesem Zuge die Beipässe laut Sa- ger Schimmelbefall in der alten Orgel digen 120 Blockziegel über die Wen- nierungsvorschlag von Prof. Illner von Hl. Dreifaltigkeit festgestellt wurde, deltreppe an der Nordseite der Kirche (IHK-Sachverständiger) mit vorbeu- erfolgte im Jahre 2013 der Einbau einer auf die Empore hinaufgetragen, um gendem Holzschutz behandelt wer- automatischen Belüftungsanlage in die Maurerarbeiten zu erleichtern. den mußten. Dazu mußte auch Orgelspiel. Andächtige Gläubige hören, der Kirche, um die Luftfeuchtigkeit im Im Anschluß an die Ausmauerung der Fehlboden erneuert werden. Wie vielstimmig in verschlungenen Chören, Kirchenraum zu regulieren und einen wurden die Fensteröffnungen noch Sehnsucht, Trauer, Engelsfreude tönend, erneuten Schimmelbefall zu vermeiden. mit Putz und Feinputz versehen und - Um die Schalldämmung gegenüber Sich Musik aufbaut zu geistigen Räumen, Die Orgelbaufirma Führer in Mün- verrieben. Außerdem mußte ein der darunterliegenden Kapelle zu Sich verloren wiegt in seligen Träumen, chen konnte mit dem Abbau der ge- Loch im Gewölbe noch mit Haftputz ermöglichen, wurden rund 50 Sack samten Orgel und der Sicherung und und Zement verschlossen werden. Firmamente baut aus tönenden Sternen. à 25 kg feuergetrocknetem Split mit Hermann Hesse aus „Orgelspiel“ Verwertung des historischen Pfeifen- einer Körnung von 3 -5 mm in den bestandes von 1873 und 1929 beauf- - Ursprünglich sollte nur das Tragsystem Fehlboden ca. 10 cm hoch auf- tragt werden. Die nun anstehende im Hauptschiff freigelegt werden, da geschüttet. Auch diese Maßnahme Restaurierung und Rekonstruktion der der Balkenbestand (das sogenannte erfolgte in einer gemeinsamen

28 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 29 Abbau der Orgel Juli 2014

Der Abbau beginnt Pfeifen überall auf der Empore Die verwaiste Empore

Das historische Orgelgehäuse (unterer Teil) In der Werkstatt

Reinigung der alten Pfeifen

restaurierte Holzpfeifen von 1873

Restaurierung der Zungenkehlen Trompete auf der Intonierlade Die neue Oboe Emporensanierung

Alter Emporenboden wird entfernt Alte Tragbalken mit neuen Beipässen Ausmauerung der Rundbogenfenster

Maroder Tragbalken von 1889

34 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 35 Aufbau

Unspektakulär, aber wesentlicher Teil des Aufbaus: die Bodenplatte wird „ins Wasser“ gelegt Orgelteile über die ganze Kirche verteilt alt und neu Die Traktur (Verbindung vom Spieltisch zur Orgel)

Gravur der Stifternamen

Orgelteile wächst in die Höhe (1) Die Orgel wächst in die Höhe (2)

Die Orgel wächst in die Höhe (3) und Innenleben

36 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 37 Dirigenten und Organisten der Festkonzerte Diözesanmusikdirektor Gerald Fischer, geboren 1954 in Neustadt/Donau, ZEITTAFEL absolvierte sein Studium in Kirchenmusik, Musikpädagogik und Orgel als Konzertfach an der Musikhochschule München. Ab 1977 war er Kirchen- musiker an der Pfarrkirche St. Albert in München-Freimann. Seit dem Jahr 1994 ist er außerdem als Referent im Ordinariat (Abteilung für Kirchen- musik) tätig. Im Frühjahr 2013 wurde er zum Diözesanmusikdirektor der 1868/69 Bau unserer Pfarrkirche Erzdiözese München und Freising berufen.

1873 Errichtung der Orgel mit 16 Registern durch Prof. Dr. Heribert Metzger, geboren 1950 in Wien erhielt seine Ausbildung im Orgelbaumeister Jakob Müller aus Rosenheim Konzertfach Orgel bei Alois Forer an der Musikhochschule seiner Heimatstadt, wo er 1973 die Diplomprüfung mit Auszeichnung ablegte. Er ist Preisträger 1889 Vergrößerung der Kirche um zwei Fenster nach Westen internationaler Wettbewerbe; sein bedeutendster Erfolg war der Gewinn des Erweiterung der Orgel auf 17 Register Ersten Preises beim Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb in Leipzig 1972. Im Mittelpunkt seines musikalischen Interesses steht das Orgelschaffen Johann 1916 Orgelpfeifen des Prospektes (Front) und Glocken Sebastian Bachs, dem auch seine Dissertation galt; im Jahre 1985 wurde müssen zu Kriegszwecken abgeliefert werden Heribert Metzger zum Dr. phil. promoviert. Weitere Schwerpunkte seiner künst- lerischen und wissenschaftlichen Tätigkeit bilden die Alte Musik und das Orgel- 1929 Erweiterung der Orgel auf 24 Register durch schaffen der Romantik - hier besonders das Werk Max Regers. Als Pädagoge Orgelbau Schuster und Schmid, München wirkt er seit dem Jahre 1975 (Professur 1988) an der Musikhochschule „Mozar- teum“; 2005 wurde Heribert Metzger zum Domorganisten in Salzburg bestellt. 1967 Errichtung der Chororgel – Umbau der Hauptorgel und Zerstörung des Gehäuse-Oberteils sowie des ursprünglichen Gerhard Franke, geboren 1965 in Rosenheim, ist seit 1997 als hauptamtlicher Klangbildes und der Spieltechnik Kirchenmusiker in Kolbermoor angestellt. Zu seinen Orgellehrern zählten die Domorganisten Willibald Guggenmos (St. Gallen), Franz Lehrndorfer+ 1992 Überholung und Reinigung der Orgel (München), Franz Comploi (Brixen) und Heribert Metzger (Salzburg). Er absolvierte sein Studium an der Musikhochschule „Mozarteum“ in Salzburg 2012 Entdeckung großflächigen Schimmelbefalls in der Orgel in Kirchenmusik und Orgel. 1991 erhielt er das Kirchenmusik-B-Diplom mit Auszeichnung, 1993 das A-Diplom mit der Graduierung zum „Magister arti- 2013 Einbau einer automatischen Belüftungsanlage in der Kirche um“. 1995 erwarb er das Konzertreifediplom im Hauptfach Orgel. Neben den Aufgaben in der Pfarrei ist er als Dekanatsmusikpfleger für das Dekanat Bad 2014 Abbau der Orgel und Sicherung sowie Reinigung des Aibling tätig, außerdem hat er einen Lehrauftrag im Kirchenmusik-C-Kurs der historischen Pfeifenbestandes von 1873 bzw. 1929 Erzdiözese München und Freising inne.

2016 April. Die Kirchenverwaltung unterzeichnet den Orgelbau- Judith Trifellner-Spalt wurde in Vorarlberg geboren. Bereits im Alter von 15 vertrag über die Wiederherstellung der Hauptorgel und den Jahren gewann sie den 1. Preis beim österreichischen Bundeswettbewerb Wiederanschluß der Chororgel „Jugend musiziert“ für Orgel. Am Landeskonservatorium für Vorarlberg legte sie 1992 die Diplomprüfung für Orgel mit Auszeichnung ab. Es folgten Studien 2018 am Dritten Advent, 16.12.2018, Wiedereinweihung an der Musikhochschule „Mozarteum“ in Salzburg in Orgel (bei Prof. Heribert Metzger), sowie in Klavier und Kirchenmusik. Dort erwarb sie das Konzert- diplom für Orgel und die staatliche Lehrbefähigungsprüfung für Klavier und Orgel jeweils mit Auszeichnung und wurde zur „Magistra artium“ graduiert. Nun arbeitet sie als Kirchenmusikerin in der Pfarrkirche St. Jakobus Bad Endorf.

38 | Dez. 2018 Kleines Orgel-Lexikon Principal: Registerfamilie. Das klangliche „Gerüst“ der Orgel. Dazu gehören auch Oktave bzw. Superoktave und die Mixturen. Aliquote: Register, bei dem die gedrückte Taste nicht den entsprechenden Ton wiedergibt, Prospekt: Schauseite der Orgel mit den sichtbaren Pfeifen. sondern die Quint oder Terz. Ergibt besonderen Klangeffekt. (z.B: Quinte) Register: Die verschiedenen einzeln und gleichzeitig spielbaren Stimmen der Orgel, die Aufschnitt: Höhe des Labiums. Beim Intonieren wird die Pfeife aufgeschnitten, d. h. sich hinsichtlich ihres Klanges, der Fußtonlage und der Lautstärke unterscheiden. Ein Regis- der Abstand zwischen Unterlabium und Oberlabium verändert, wodurch sich auch der ter ist die Reihe klanglich gleichartiger Pfeifen verschiedener Tonhöhe. Die Register lassen Klang der Pfeife verändert. sich mit den Registerschaltern am Spieltisch ein- und ausschalten (ziehen und abstoßen). Balg: Windreservoir aus Holz und Leder zur Versorgung der Orgel mit Wind (=Luft). Schleife: Unterhalb sämtlicher Pfeifen eines Registers befindliche Leiste. Durch Verschie- Disposition: Zusammensetzung der Register einer Orgel nebst Zuordnung zu den ben der Schleife in Längsrichtung wird ein Register ein- oder ausgeschaltet, d. h. die Wind- einzelnen Teilwerken. Die Erstellung der Disposition schreibt die klanglichen Möglich- zufuhr zu den dazugehörigen Pfeifen ermöglicht oder verhindert. keiten der Orgel fest, bezugnehmend auf Größe der Kirche, sowie stilistische Zuordnung Schwellwerk: Teilwerk der Orgel, in einem separaten Holzkasten verschlossen. Über der Orgel. einen mechanisch gesteuerten Fußtritt können die Schwelltüren (Jalousien) geöffnet Flöte: Registerfamilie. Pfeifen mit weitem Durchmesser. Überblasende Register sind und geschlossen und hierdurch ein Crescendo oder Diminuendo bewirkt werden. eine Besonderheit, die bereits im 17. Jh. vereinzelt gebaut wurden. Sie haben deshalb Spieltisch: Bedienungsanlage und Arbeitsplatz des Organisten. Hier können die doppelte Körperlänge. (Register: Traversflöte) Manuale und das Pedal gespielt, die Register gezogen sowie alle weiteren Spielhilfen Fuß: altes Längenmaß, ein Fuß entspricht etwa 30 cm. In „Fuß" wird die Körperlänge (Koppeln, Schweller, Setzer usw.) bedient werden. der jeweils größten Pfeife eines Registers angegeben. Die tiefste Pfeife eines Setzerkombination: Einrichtung zur Vorprogrammierung verschiedener Register- 16´-Registers ist also 4,80 m lang, die eines 2‘-Registers 60 cm. kombinationen, die während des Orgelspiels nacheinander abgerufen werden können. Gedeckt: Register, bei dem die Pfeifen einen Deckel haben, also „gedeckt“ sind. Spielventil: Durch Tastendruck zu öffnendes Ventil, das den Weg für den Wind frei- Hauptwerk: Teilwerk einer Orgel (hier 1. Manual) mit den stärksten Registern. gibt. Jedes Ventil ist jeweils einem Ton (d.h. einer Taste) zugeordnet. Intonation: Klangliche Feinabstimmung sämtlicher Pfeifen nach der Montage. Genaue Streicher: Registerfamilie mit eng mensurierten Labialstimmen und streichender Windzufuhr, Klangstärke, Pfeifenansprache usw. werden hierbei bestimmt und geregelt. Klangfarbe (Register: Viola da Gamba, Salicional, Cello, Geigenprincipal, Regina Dolce). Koppel: Einrichtung, die es erlaubt, Register eines Werkes auf einem anderen Manual Traktur: Mechanische Verbindung zwischen Taste im Spieltisch und Tonventil in der oder dem Pedal zu spielen. Windlade, bestehend aus Abstrakten, Winkeln und Wellen. Labiale (auch Lippenpfeifen): Pfeifenart. Gewöhnliche Orgelpfeifen, wie sie auch Tremulant: Vorrichtung, die den Luftstrom im Windladenbalg in gleichmäßige im Prospekt stehen. Zu den Labialpfeifen gehören die Registerfamilien der Prinzipale, Schwankungen versetzt, wodurch ein Vibrato des Pfeifenklanges erzeugt wird. Flöten und Streicher. Die Tonhöhe ist abhängig von der Pfeifenlänge. Die Klangfarbe Walze oder Registerschweller ist eine vor allem bei Orgeln der Romantik gebaute wird bestimmt durch die Mensur (Durchmesser der Pfeife), die Bauform (zylindrisch, Spielhilfe, mit der man die Register automatisch so ziehen oder abstoßen kann, daß die konisch, gedeckt, halbgedeckt) und das verwendete Material (Holz, Metall in Lautstärke insgesamt größer oder kleiner wird. Der Registerschweller wird über eine unterschiedlichen Legierungen). Walze bedient, die mit dem Fuß gedreht wird, möglich ist auch ein Balanciertritt. Die Manual: Mit den Händen zu spielende Klaviatur (lat. „manus" = Hand). Registerabfolge kann durch den Organisten frei eingestellt und programmiert werden. Jedes Manual ist einem Teilwerk der Orgel zugeordnet. Wassersäule (WS): Der Druck des Orgelwindes wird mit Hilfe einer sogenannten Mixtur: „Mischung“ mehrerer hochklingender Pfeifenreihen (gewöhnlich Oktaven Windwaage in Millimeter Wassersäule (1 mmWS = 9,807 Pascal) gemessen, welche und Quinten, in bestimmten Gebieten und vor allem in der Romantik auch mit Terz) früher aus einem mit Wasser gefülltem gebogenem Glasrohr bestand. in einem einzelnen Register. „Klangkrone“ der Orgel. Windlade: Großer Holzkasten mit allen Steuerungselementen; auf diesem befinden Orgelmetall: Die Metallpfeifen bestehen aus einer Legierung von Zinn und Blei. sich registerweise die aufgestellten Pfeifen. Windladen enthalten die Ventile, welche Je höher der Zinnanteil, um so heller und strahlender ist der Klang, bei niedererem über die Traktur von den Tasten geöffnet werden, die Tonkanzellen, in welche bei Anteil wird er runder und weicher. geöffnetem Ventil die Luft einströmt und die Registerschleifen. Orgel: Der Name kommt vom griechischen Organon (= Werkzeug) und bezeichnete Zimbelstern Effektregister, das aus einem klingenden Spielwerk aus einer kleinen ursprünglich jedes Musikinstrument. Ab dem frühen Mittelalter bezeichnete man mit Anzahl von Glöckchen oder Schalenglocken besteht, den Zimbeln. Es befindet sich in diesem Ausdruck nur noch die Orgel als das eigentliche Instrument in den christlichen aller Regel innerhalb der Orgel, d. h. ist nach außen nicht sichtbar untergebracht. Kirchen westlicher Tradition. Zungenpfeifen (auch Linguale): Registerfamilie (lat. lingua = die Zunge) Bei diesen Pedal: Eine mit den Füßen (lateinisch: pedes) zu bedienende Klaviatur des Teilwerks wird der Ton durch das Schwingen eines Metallblättchens aus Messing, der sog. einer Orgel gewöhnlich zum Spielen der Baßstimme. (nicht „Fuß-Pedal“!) Zunge, erzeugt. (Register: Trompete, Posaune, Oboe, Clarinette).

40 | Dez. 2018 Dez. 2018 | 41 „Vom Himmel hoch“ - Weihnachtskonzert „Meisterkonzert“

Sonntag, 30. Dezember 2018 16.00 Uhr Sonntag, 6. Januar 2019 16.00 Uhr

Johann Sebastian Bach Passacaglia c-moll Max Reger Toccata a-moll op.80/11 (1685 - 1750) (in der Registrierung von Johann Gottlob Töpfer) (1873 – 1916) Johann Gottlob Töpfer Vorspiel zu dem Choral Felix Mendelssohn-Bartholdy Magnificat (1822) (1791 - 1870) „Wer nur den lieben Gott läßt walten“ (1809 - 1847) 1. Magnificat - Coro 2. Quia respexit – Soprano e Coro Fantasie c-moll 3. Et misericordia - Coro 4. Fecit potentiam – Aria Basso Felice Moretti Sinfonia, col tanto applaudito Inno popolare 5. Deposuit potentes – Terzetto (Padre Davide da Bergamo) 6. Gloria patri – Coro (1791 - 1863) 7. Sicut erat – Fuga Coro Felix Mendelssohn-Bartholdy Thema mit Variationen D-Dur Max Reger Vom Himmel hoch (Choralkantate, 1903) (1809 - 1847)

Felix Mendelssohn-Bartholdy Vom Himmel hoch (Choralkantate, 1831) Franz Liszt Concertstück für die Orgel im freien Style 1. Vom Himmel hoch – Coro (1811 - 1886) / 2. Aria – Baritono Alexander Wilhelm Gottschalg 3. Choral (1827 - 1908) 4. Aria – Soprano 5. Arioso – Basso Joseph Gabriel Rheinberger Intermezzo, op. 156, 4 6. Schlußchor (1839 - 1901) Romanze, op. 156, 2

Chöre und Orchester von Hl. Dreifaltigkeit und Wiederkunft Christi Max Reger Introduction und Passacaglia d-moll, WoO IV/6 Ensemble "pizzicato", Chorleiter des Dekanates Bad Aibling (1873 - 1916) Jakobus-Chor Bad Endorf an der Orgel: Prof. Heribert Metzger, Salzburg Dagmar Gareis Sopran Monika Wäckerle Alt Richard Eschlbeck Tenor Minari Urano Baß Wolfgang Gahabka, Lukas Gahabka Soloviolinen Judith Trifellner Orgel Gerhard Franke Leitung Impressum: Herausgeber: Stadtkirche Kolbermoor, Rainerstr.6 83059 Kolbermoor Fotos: privat, Pfarrei, Heimatmuseum Redaktion: Gerhard Franke

42 | Dez. 2018 Satz und Layout: Lissy Menz Bruckmühl Dez. 2018 | 43 Der Druck dieser Festschrift wurde unterstützt vom „pizzicato“ Kulturverein Kolbermoor e.V.