Sophie Christine Und Carl Heinrich Laeisz. Eine Biographische Annäherung an Die Zeiten Und Themen Ihres Lebens
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Durch die Rückbenennung der Mu- sikhalle Hamburg in Laeiszhalle im Januar 2005 ist in der Hansestadt ein Name, mit dessen Aussprache so mancher seine Probleme hat, wieder stärker ins Bewusstsein gerückt. Die vorliegende Biographie über Sophie Christine und Carl Heinrich Laeisz zeichnet das faszinierende Leben die- ses Reeder-Ehepaares nach, die sich als Mäzene nicht nur bei der Stiftung des immer noch wichtigsten Kon- zerthauses in Hamburg hervorgetan haben, sondern die auch zu den Do- natoren der HAMBURGISCHEN WISSENSCHAFTLICHEN STIF- TUNG gehören. In ihrem Leben spiegeln sich in nuce zentrale Tendenzen hamburgischer Geschichte des 19. Jahrhunderts wi- der: bürgerliches Engagement sowie Einordnung der Hansestadt in die Weltwirtschaft. Die Biographie wird ohne die aus älteren Firmengeschich- Sophie Christine und ten notorische Heroisierung erzählt. Im Vordergrund steht vielmehr das Carl Heinrich Laeisz Interesse am „duldenden, strebenden und handelnden Menschen“ (Jacob Burckhardt). Eine biographische Annäherung Sophie Christine und Carl Heinrich Laeisz: Eine biographische Annäherung an die Zeiten und Themen ihres Lebens Themen ihres und an die Zeiten Annäherung biographische Laeisz: Eine Heinrich Sophie Christine und Carl an die Zeiten und Themen ihres Lebens Sophie Christine und Carl Heinrich Laeisz Eine biographische Annäherung an die Zeiten und Themen ihres Lebens von Johannes Gerhardt Mäzene für Wissenschaft hg. von Ekkehard Nümann Gefördert von der Reederei F. Laeisz Den Familien gewidmet, die durch ihre hochherzigen Stiftungen vor 100 Jahren die Gründung der HAMBURGISCHE WISSENSCHAFT- LICHE STIFTUNG ermöglicht und den Grundstein dafür gelegt haben, dass die Stiftung auch heute noch Forschung, Lehre und Bildung fördern kann. Vorwort des Herausgebers Im Jahr 2007 feiert die HAMBURGISCHE WISSENSCHAFTLICHE STIFTUNG ihr 100-jähriges Jubiläum. Der vorliegende Band ist Teil der zu diesem Anlass ins Leben gerufenen Schriftenreihe „Mäzene für Wissen- schaft“. In ihr wird die Geschichte der Stiftung dargestellt; außerdem werden Stifterpersönlichkeiten und Kuratoriumsmitglieder in Einzelbänden gewürdigt. Die Absicht, diese Reihe ins Leben zu rufen, entspricht dem dankbaren Gefühl den Personen gegenüber, die vor 100 Jahren den Mut hatten, die Stiftung zur Förderung der Wissenschaften in Hamburg zu gründen und erreichten, dass Hamburg eine Universität erhielt. Verknüpft damit ist die Hoffnung und Erwartung, dass nachfolgende Generationen sich hieran ein Beispiel nehmen mögen. Ekkehard Nümann | 3 | [1] Die frühen Jahre Am 24. März 1824 kehrte auf dringenden konnte, machte ich den Versuch, ein eige- Wunsch seiner Mutter der 24-jährige Ferdi- nes Geschäft über See aufzusetzen, indem nand Laeisz aus Berlin, wo er zwei Jahre als ich (…) daselbst [im brasilianischen Bahia, Buchbindergeselle gearbeitet hatte, nach J. G.] eine Faktorei etablirte, welche theils Hamburg zurück, um den „kleinen Handel selbst Hüte anfertigte, theils die von mir mit holländischen Waaren“ an den Kurzen hinausgesandten nebst etlichen Nebenarti- Mühren 105 zu übernehmen.1 Weil das Ge- keln verkaufte. Trotz mancher Missgriffe schäft schlecht ging, wandte sich der junge (…) war der Erfolg ein ausserordentlich Mann schon bald einer Tätigkeit zu, mit der günstiger (…).“2 er zufällig in Kontakt gekommen war: dem ··································································· Anfertigen farbiger Zylinderhüte, die da- Bereits 1829 zog Laeisz in Caracas ein mals modern wurden. Er war damit so er- ähnliches Unternehmen auf, das jedoch er- folgreich, dass es schnell zu Querelen mit folglos blieb, da der Geschäftsführer „unser den ansässigen Hutmachern kam. Diesen ganzes Geld verspielte und sich das Leben ging er auf zweierlei Weise aus dem Weg: nahm“.3 Wesentlich erfolgreicher waren Zum einen legte er am 26. Mai 1826 sein hingegen die Niederlassungen in Santiago Meisterstück als Hutmachermeister vor und de Chile (1830) und Lima (1832). In den fol- wurde Hamburger Bürger; zum anderen genden Jahren verlor die Hutfabrikation zu- heiratete er wenige Tage später, am 4. Juni, gunsten des Außenhandels immer mehr an die 20-jährige Tochter eines Ältermannes des Bedeutung, was daran lag, dass die Ge- Hutmacheramtes, Johanna Ulrike Cathari- schäftspartner über See oftmals statt ent- na Creutzburg. Dieser Ehe entstammte als sprechender Geldsendungen günstig erwor- einziges Kind Carl Heinrich Laeisz, der am bene Rohprodukte nach Hamburg schick- 27. April 1828 geboren wurde. ten.4 1840 ließ Ferdinand Laeisz mit der ··································································· nach seinem Sohn benannten Brigg „Carl“ Im gleichen Jahr richtete Ferdinand Laeisz das erste Schiff auf eigene Rechnung bauen. seinen Blick nach Südamerika auf die ge- Dieses Experiment war jedoch nicht beson- rade unabhängig gewordenen Staaten, wo ders erfolgreich, so dass das Schiff 1847 wie- er glaubte, mit seinen Hüten Geld ver- der verkauft werden musste. dienen zu können: „Nachdem ich so viel ··································································· verdient hatte, dass ich mich auf weiter Über die frühen Jahre von Carl Laeisz lie- ausschauende Unternehmungen einlassen gen uns keine Quellen vor, so dass seine | 4 | Kindheit und Jugend weitgehend im Dun- bezog sich vor allem auf den Handel mit keln bleiben. Wir wissen nur, dass er zur Zeit Gegenerlös-Importwaren, insbesondere Zu- des Vormärzes, anders als sein handwerk- cker und Baumwolle, den Carl Laeisz neu lich ausgebildeter Vater, eine kaufmänni- organisierte.6 Die Firma F. Laeisz nahm sche Lehre im Bremer Handelshaus E. C. fortan einen sich von Jahr zu Jahr beschleu- Schramm & Co. absolvierte. Anschließend nigenden Aufschwung. unternahm er Reisen durch England, Frank- ··································································· reich und Amerika, wo er weitere Erfahrun- Nachdem er seine wirtschaftliche Situa- gen in kaufmännischen und speziell im tion gesichert sah, heiratete Carl am 10. No- Schifffahrtsbereich sammelte. Am 1. März vember 1852 Sophie Christine Knöhr (geb. 1852 trat Carl Laeisz als Teilhaber in die vä- am 30. Juni 1831), die fünfte Tochter des an- terliche Firma ein. Sein Vater betont an ver- gesehenen Schiffsmaklers Christian Ludwig schiedenen Stellen seiner „Erinnerungen“, Knöhr, welcher 1814 die Firma Knöhr & dass erst nachdem Carl ins Geschäft gekom- Burchard mitbegründet hatte.7 Die Braut men, in dessen Organisation gründliche war in der Familie wohlgelitten: „Carl führte Besserung eingetreten sei, da dieser „ver- uns nicht nur eine vortreffliche Schwieger- möge seiner kaufmännischen Befähigung tochter, sondern auch einen grossen Fami- einen rationelleren Betrieb herstellte“.5 Das lienkreis von ehrenwerthen und liebenswür- Ferdinand Laeisz (1867) | 5 | Modell der Brigg „Carl“ | 6 | digen Leuten zu, mit welchen wir allezeit in Schiffe laufen zu lassen, um neben dem intimer Verbindung geblieben sind (…).“8 Handel auch den Transport für die eigenen ··································································· Zwecke nutzen zu können. Vor allem die Das einzige Kind, das dieser Ehe entspross, Staaten Südamerikas und Australien boten Carl Ferdinand, wurde am 10. August 1853 sich zum Aufbau neuer Schifffahrtsverbin- geboren. Ferdinand Laeisz scheint sich in dungen an. Die Laeisz nutzten die sich bie- den folgenden Jahren viel um seinen Enkel tende Chance und hatten so großen Erfolg, gekümmert zu haben. Beide unternahmen dass sie sich schon 1857 zum Neubau eines ausgedehnte Ausflüge in die Umgebung zusätzlichen Schiffes entschlossen. Das Hamburgs, während sich Carl daheim um Schiff erhielt den Kosenamen von Carls die Geschäfte kümmerte.9 Frau, die wegen ihrer krausen Haare „Pudel“ ··································································· genannt wurde. Mit ihm war der endgültige Vier Jahre nach Eintritt in die Firma, also Weg in die Schifffahrt beschritten. In der 1856, nahm Carl Laeisz mit dem Erwerb des Folgezeit wurde die Zahl der Schiffe, teils Schoners „Sophie & Friedericke“ den 1847 durch Ankäufe, teils durch Neubauten, ste- abgebrochenen Versuch wieder auf, eigene tig vermehrt: 1866 zehn Segelschiffe mit Sophie und Carl Laeisz (1869) | 7 | Bark „Pudel“ im Trockendock von Stülcken 1858, von L. Petersen und P.C. Holm (1859), Museum für Hamburgische Geschichte 3.716 Nettoregistertonnen, 1870 – nachdem Im Spätsommer 1857 brach, von Ohio und F. Laeisz die ganze, aus sechs Schiffen beste- New York ausgehend, eine schwere Wirt- hende Flotte der Firma Julius Theodor Bahr schaftskrise aus, die in kurzer Zeit das inter- erworben hatte – bereits 16 Segelschiffe mit nationale Kreditwesen mit der Folge welt- 6.154 Nettoregistertonnen (1869 war mit der weit spürbarer Rezession erfasste. Weltweit Bark „Professor“ das erste eiserne Schiff er- hatte die Krise ihre Ursache in überhitzten worben worden). Die Firma F. Laeisz stand Spekulationen. In Deutschland handelte es damit, was die Schiffszahl anging, an fünf- sich dabei zumeist um Eisenbahn- und ter Stelle unter den Hamburger Segelschiff- Bankaktien, in Hamburg kamen Spekula- reedereien.10 Laeisz’ Schiffe zogen um das tionen mit Kaffee hinzu. Hamburger Ban- Kap der guten Hoffnung nach Jakarta, ken hatten während des Krimkrieges (1854- Singapur und Hongkong, betrieben dort 1856) hohe Kredite nach Skandinavien ver- Küstenfahrt, holten Zucker und Walöl von geben, auch nach dessen Ende floss weiteres Honolulu, Kaffee von Costa Rica, Kupfer- Geld nach Schweden und vagabundierte und Silbererz von Mexiko und Chile sowie dort als hochgradig spekulatives Kapital