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Ökonom Privatgelehrter Bundespräsident

Mutter Visionärin Frauenrechtlerin

1 ©-2016 Dr. -Museum für Zeitgeschichte 2640 Rennergasse 2 www.rennermuseum.at

Verkaufspreis € 5,- Sehr geehrte Besucherinnen! Sehr geehrte Besucher!

Es sind die Verdienste der Frauenbewegungen Mitte des 19. Jahrhunderts, deren Einfluss bis heute eine tiefreichende Veränderung in der Gesellschaft bewirkt und die Weichen für mehr Frauenrechte und Bildung gestellt haben.

Eine von Marianne Hainischs großen Errungenschaften war die Öffnung des Bildungswesens für Mädchen und Frauen aus allen Ständen und damit die Sicherstellung auf bessere Erwerbsmöglichkeit. Nicht nur ihre Vorreiterrolle in der bürgerlichen Frauenbewegung ist vorbildlich, sondern auch ihr Einsatz in der Friedensbewegung.

Ihr Sohn, Michael, der erste offizielle Bundespräsident der Republik Österreich 1920, galt als Förderer der Elektrifizierung und des ländlichen Brauchtums und vieler anderer Bereiche . Auch für ihn war die Volksbildung von großer Bedeutung. Er unterstützte mit eigenen Mitteln Bibliotheken und forderte bereits damals eine gemeinsame Schule der 10-14 jährigen Kinder.

Die Sonderausstellung gibt Einblicke in das Leben und Wirken von Marianne und Michael Hainisch, die sowohl auf dem Gebiet der österreichischen Frauenbewegung als auch im Bildungsbereich als eine der ersten Vorreiter gelten. Mein besonderer Dank gilt dem gesamten Museums-Team, das diese Sonderausstellung ermöglicht hat.

Ich wünsche allen eine interessante und informative Ausstellung!

Gabriele Heinisch-Hosek

Bundesministerin für Bildung und Frauen Mit Weitblick, Engagement und Überzeugung für Frauenrechte und Frieden

Als Landeshauptmann von Niederösterreich ist es mir ein sehr großes Anliegen, dass unser Land nicht nur ein geschichtsträchtiges, sondern auch ein geschichtsbewusstes Land ist. Denn nur jemand, der die Geschichte kennt und sich zu der Geschichte bekennt, der ist auch in der Lage, die Geschichte zu verstehen. Und nur jemand, der die Geschichte verstehen kann, der kann auch aus ihr lernen.

Einen wesentlichen Beitrag im Rahmen unserer Verpflichtung, Geschichte lebendig zu erhalten, leistet seit langem die Dr. Karl Renner Gedenkstätte in Gloggnitz, einer Stadt, wo nicht nur Geschichte zu Hause ist, sondern die dank Persönlichkeiten wie Dr. Michael Hainisch, dem ersten Bundespräsidenten der Ersten Republik von 1920 bis 1928, der auch in der Gloggnitzer Kommunalpolitik tätig war, und Dr. Karl Renner, dem Staatskanzler von 1918 bis 1920 und späterem ersten Bundespräsidenten der Zweiten Republik von 1945 bis 1950, der viele Jahre in Gloggnitz gewohnt hat, geradezu ein Knotenpunkt der Geschichte Österreichs ist.

Wenn sich die Dr. Karl Renner Gedenkstätte nun neben der Schau „Dr. Michael Hainisch – Privatgelehrter, Ökonom, Bundespräsident“ in der Sonderausstellung „Marianne Hainisch – Mutter, Visionärin, Frauenrechtlerin“ der gebürtigen Badenerin und Mutter von Michael Hainisch widmet, dann rückt damit eine Niederösterreicherin in den Mittelpunkt, deren Name untrennbar sowohl mit der Frauen- als auch Friedensbewegung verbunden ist. Als Gründerin und jahrzehntelange Führerin der österreichischen Frauenbewegung und als Leiterin der Friedenskommission in der Nachfolge von Bertha von Suttner hat sie mit Weitblick, mit großem persönlichem Engagement und aus tiefster Überzeugung für vieles gekämpft, was heute selbstverständlich scheint, im Hinblick etwa auf die völlige Gleichberechtigung von Mann und Frau aber durchaus noch für Diskussionsstoff sorgt. In der Überzeugung, dass die Erinnerung an die Geschichte das beste Mittel gegen die Arroganz der Gegenwart und die Irrwege in die Zukunft ist, und in der Hoffnung, dass das Beispiel der Marianne Hainisch möglichst vielen Frauen Mut zum politischen Engagement, zum Einbringen ihrer Erfahrungen und Sichtweisen in unsere Gesellschaft und damit zur Mitgestaltung und Mitverantwortung macht, wünsche ich der Ausstellung viel Erfolg und den Besuchern und Besucherinnen anregende Stunden des Nach- und vielleicht auch Umdenkens.

Dr. Erwin Pröll

Landeshauptmann von Niederösterreich Geschätzte BesucherInnen!

Die Geschichte kann uns Vieles lehren, wenn wir bereit sind, ihr zuzuhören. Lehren, die große Persönlichkeiten der Vergangenheit uns gaben, haben bis heute nichts an ihrer Gültigkeit verloren. Dies gilt auch für Marianne und Michael Hainisch. Daher freue ich mich besonders, dass diesen beiden großen Persönlichkeiten eine Sonderausstellung im Renner-Museum gewidmet wurde. Denn Leben und Wirken von Marianne und Michael Hainisch, die beide in unserem Bundesland geboren sind und aufs Engste mit Niederösterreich verbunden sind, haben dazu beigetragen, aus Österreich das Land zu machen, das wir heute so sehr schätzen. Daher gilt ihrem vielfältigen Wirken noch heute über alle Parteigrenzen hinweg die größte Wertschätzung. Denn ohne die unermüdliche Arbeit der Pionierin der Frauenrechte und Friedensaktivistin Marianne Hainisch wären viele spätere Errungenschaften undenkbar gewesen. Ihr Kampf für die Ausbildung von Mädchen und Frauen hat vielen den Weg geebnet. Ihr Sohn Michael Hainisch hat als erster Bundespräsident der jungen ersten Republik nicht nur die politischen Geschicke des Landes geprägt, sondern auch durch seinen Einsatz für die Volksbildung wesentlich zum Fortschritt des Landes beigetragen. Die Ausstellung über Marianne und Michael Hainisch hält daher nicht nur die Erinnerung an zwei große Persönlichkeiten wach, sondern erlaubt uns einen Einblick in eine uns fremde Welt, aus der wir lernen können! In eine Welt, in der es nicht möglich war, einen frei gewählten Beruf zu ergreifen und selbständig zu leben, in eine Welt, in der Kinder aus armen Familien kaum eine Chance auf Bildung hatten! Diese Ausstellung zeigt uns nicht nur, wie viel in den letzten Jahrzehnten, auch dank des Wirkens von Marianne und Michael Hainisch, erreicht wurde, sondern zugleich was wir für die Zukunft erkämpfen müssen. In diesem Sinne danke ich den OrganisatorInnen für diese gelungene Ausstellung und wünsche allen BesucherInnen interessante, informative und vor allem anregende Stunden.

Mag. Karin Renner

Landeshauptmann-Stellvertreterin von Niederösterreich 6 Sehr geschätzte Besucherinnen und Besucher, es freut mich als Vorsitzende des Vereins Dr. Karl Renner Gedenkstätte, Sie zu dieser Doppelausstellung über das Leben und Wirken von Marianne und Michael Hainisch bei uns im Rennermuseum in Gloggnitz herzlich willkommen heißen zu dürfen.

Marianne Hainisch kann mit Fug und Recht als eine der ersten Frauenrechtlerinnen in Österreich bezeichnet werden. Sie gilt nicht nur als Initiatorin des Muttertags in Österreich, es ist auch ihrem Drängen zu verdanken, dass die höheren Schulen und Universitäten in unserem Land für Frauen geöffnet wurden.

Ihr Sohn, Michael Hainisch, war als Privatgelehrter und Ökonom 1920 bei der Wahl des ersten österreichischen Bundespräsidenten zwar nur Kompromisskandidat, konnte aber während seiner ersten Amtsperiode die Achtung der Bevölkerung und große Teile des Nationalrats erringen, so dass er auch für eine zweite Periode gewählt wurde.

Begeben Sie sich mit uns auf eine Zeitreise durch das Leben dieser beiden großen Persönlichkeiten und ihr Wirken zum Wohle Österreichs.

Irene Gölles

Bürgermeisterin der Stadt Gloggnitz

7 8 Dr. Michael Hainisch

Privatgelehrter Ökonom Bundespräsident Michael Arthur Josef Jakob Hainisch wird am 15. August 1858 in Aue bei Gloggnitz geboren. Er ist Sohn von von Michael Hainisch und Marianne Hainisch, geborene Perger, der späteren österreichischen Frauenrechtlerin.

Bis zur zweiten Klasse Gymnasium erhält er Privatunterricht zu Hause. Ab der 3. Klasse besucht er das Akademische Gymnasium in Wien.

Akad. Gymnasium, Wien

Er maturiert am Akademischen Gymnasium und studiert in der Folge ein Semester an der Universität Leipzig.

Universität Leipzig ca. 1880

Er besucht Vorlesungen bei dem Ökonomen Wilhelm Roscher, über den er in seinen Erinnerungen schreibt: „…er war ein kleines Männchen, das aber ein ungeheures Maß an Gelehrsamkeit besaß.“

Wilhelm Roscher

Nach seiner Rückkehr inskribiert er an der Universität Wien und studiert Jus.

10 Am 4. 2. 1882 promoviert Hainisch zum Doktor der Rechte und beginnt im selben Jahr mit seiner Gerichtspraxis am Landesgericht Wien.

In dieser Zeit ist er neben Engelbert Pernerstorfer, Dr. Heinrich Friedjung und Dr. Salomon Neumann Mitglied von Victor Adlers sonntäglicher Tarockrunde in dessen Wohnung in der Berggasse in Wien.

Adler empfiehlt ihm dann in Berlin bei den Professoren Schmoller und Wagner weiter zu studieren.

Victor Adler

Engelbert Pernerstorfer

Heinrich Friedjung

11 Im Studienjahr 1883/1884 inskribiert er an der Universität Berlin und betreibt nationalökonomische Studien.

Über seine Professoren dort urteilt er wie folgt: über Gustav Schmoller – „…er hatte gründliche historische und philosophische Kenntnisse und war ein feiner Politiker und Menschenkenner.“

Gustav Schmoller

Über Adolph Wagner schreibt Hainisch – „… er war kein überlegter Diplomat, sondern ein Draufgänger.“

Adolph Wagner

Weihnachten 1884 kehrt er nach Wien zurück und arbeitet an seiner Habilitationsschrift zum Thema „Absatzkrisen“, die aber im Herbst 1885 von Professor Carl Menger zurück gewiesen wird. Menger meint, dass Hainisch für ein Lehramt nicht geeignet sei.

12 Anfang 1886 tritt Hainisch den Dienst in der niederösterreichischen Finanzprokuratur an.

Am 11. 12. 1886 leiht Hainisch zusammen mit anderen Victor Adler Geld für die Herausgabe der Wochenzeitschrift „Die Gleichheit“ (deren Nachfolgerin ab 7. 12. 1889 die „Arbeiter-Zeitung“ ist)

Am 1. 3. 1888 beginnt Hainisch seinen Dienst im Unterrichtsministerium, wo ihm allerdings die Atmosphäre nicht behagt.

Am 20. 5. 1888 heiratet Michael Hainisch Emilie Figdor. Die Hochzeitsreise führt die beiden nach Oberitalien und in die Schweiz.

Ihr Sohn Wolfgang wird am 20. 2. 1889 geboren.

1889 organisiert Hainisch Volksbildungsveranstaltungen und wird Mitbegründer der Zentralbibliothek. Wie Ludo Hartmann unterstützt er die Gründung der ersten Volkshochschule Österreichs. Ludo Hartmann

1889 tritt Hainisch aus dem Staatsdienst aus. Wie er selbst berichtet, fühlt er sich nun frei und glücklich. Er kann sich nun ganz seiner wissenschaftlichen Arbeit widmen. In den folgenden drei Jahrzehnten beschäftigt er sich mit volkswirtschaftlichen, sowie agrar- und sozial- politischen Fragen. Er schreibt Bücher, hält Reden und Vorträge.

13 Im Jahr 1892 bezieht die Familie das neue Haus am Eichberg bei Gloggnitz.

In diesem Jahr schenkt ihm seine Frau auch einen größeren landwirtschaftlichen Betrieb in Jauern bei Spital am Semmering. Gut Jauern (in späteren Jahren)

Am 6. 2. 1892 wird der zweite Sohn – Fritz geboren.

Zusammen mit Victor Adler, Siegfried Lipiner, Engelbert Pernerstorfer, Eugen von Philippovich und anderen, tritt Hainisch 1893 der „Wiener Fabier – Gesellschaft“ bei. Diese gibt viele Denkanstöße und befruchtet das Wiener Geistesleben.

In seiner Heimat Gloggnitz fungiert Hainisch mehrere Jahre lang als Bezirksarmenrat, als sehr aktives Mitglied des Gemeindeausschusses und schließlich, 13 Jahre lang, als Vorstand der Gloggnitzer Sparkasse.

1894 hält Hainisch einen viel beachteten Vortrag über das allgemeine Stimmrecht. Er tritt entschieden für das allgemeine Wahlrecht ein, weil er darin einen unent- behrlichen Beitrag zur Entwicklung zur Demokratie und zur Entspannung des österreichisch – Ronacher, Wien ungarischen Verhältnisses sieht. Versammlungsort der Fabier-Gesellschaft

Am 28. 7. 1895 wird der dritte Sohn Erwin geboren.

Handelsminister Dr. Baernreither ruft ihn 1898 in den „Arbeitsbeirat“, der Vorschläge auf sozialpolitischem Gebiet erstellen soll.

14 Michael Hainisch mit seiner Frau und den Söhnen Erwin, Wolfgang und Fritz

15 Im Juni 1899 begleitet er seine Mutter Marianne zur „Tagung des internationalen Frauenbundes“ in London.

London, Piccadilly Circus (ca. 1899) Um die Jahrhundertwende beginnt Hainisch Mundartgedichte zu verfassen.

1906 vergrößert er das Gut Jauern durch Zukäufe auf 653 ha und baut es weiter zu einem Musterbetrieb aus. Berühmt wurde seine „Rekordkuh Bella“, die ernorme Milchleistungen erzielte. Hainisch mit Personal vor dem Gutshof Anlässlich der allgemeinen Wahlen zum Reichsrat 1907 rät Hainisch Pennerstorfer für den Wahlkreis Neunkirchen, Karl Renner als Kandidaten aufzustellen, weil „ein gebildeter Mann dem nächstbesten Schreier“ vorzuziehen sei. Hainisch überzeugt auch viele Intellektuelle, Renner ihre Stimme zu geben.

Einige Jahre später kühlt die Freundschaft zwischen Hainisch und Renner wegen eines Konfliktes zum Thema „Teuerung“, der in der Folge über Zeitungsartikel ausgetragen wird, ab.

Im Juni 1909 begleitet Michael Hainisch seine schon betagte Mutter Marianne zum „Kongress des Internationalen Frauenbundes“ in Toronto. Auf einer anschließenden Rundreise besuchen sie u.a. auch Ottawa, New York, Boston und Chicago.

Während der Ministerschaft des liberalen Gustav Marchet 1906-1908 kam die Schulreformdebatte in Schwung. Hainisch vertrat die Meinung, dass es eine gemeinsame Unter-Mittelschule der 10 – 14 jährigen geben solle, die Kindern aus allen Bevölkerungsschichten zugänglich wäre.

16 17 Hainischs Sohn Fritz stirbt 1911 an einer Zahninfektion.

Während der Kriegsjahre 1914 – 1918 ist Hainisch überall dort zu finden, wo es zu helfen gilt.

Im Januar 1918 wird ihm vom „Reichsverband der deutschen Sparkassen“ ein Mandat im Generalrat der österreichisch – ungarischen Bank angeboten.

Kaiser Karl I. lädt Hainisch am 21. 10. 1918 zu einer Privataudienz und will von ihm eine Beurteilung der aktuellen politischen Lage. Diese gibt ihm Hainisch mit dem Zusatz, dass das Manifest des Kaisers den Zerfall der Monarchie noch beschleunigt hat. Kaiser Karl I.

Ende 1918 bietet Karl Renner Hainisch die Stellung des „Gouverneurs der Bodenkreditanstalt“ an – allerdings scheitert dieses Vorhaben am Widerstand der Christlichsozialen.

Bei der ersten Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten wird Hainisch am 9. 12. 1920 im 5. Wahlgang von den Christlichsozialen unter Leopold Kunschak als Kompromisskandidat ins Spiel gebracht und mit 129 Stimmen (gegen 85 Stimmen für Seitz) auch gewählt.

Nach erfolgter Wahl fährt der neue Bundespräsident mit der Straßenbahn nach Hause – eine Gewohnheit, die er während seiner gesamten Amtszeit beibehält. Er sagt, dass es ihm wichtig sei, mit den Leuten aus dem Volk direkten Kontakt zu haben.

Bundespräsident Dr. Michael Hainisch

18 Die Akademie der Wissenschaften in Wien ernennt Michael Hainisch am 30. 5. 1922 zu ihrem Ehrenmitglied.

Bundespräsident Michael Hainisch und Völkerbundkommissar Zimmermann (1922)

Hedwig Bleibtreu mit Otto Tressler, Michael Hainisch, Wolfgang Schneiderhan und Anton Wildgans (1923)

1924 erfolgt Hainischs Wiederwahl, ohne dass die in Opposition stehenden Sozialdemokraten einen Gegenkandidaten aufstellen.

Am 23. 3. 1925 wird ihm von der Universität Wien das Ehrendoktorat der Staatswissenschaften verliehen.

Bundespräsident Michael Hainisch im Tennisklub Parkklub als Zuseher beim Spiel von Suzanne Lenglen 1925

19 Die Rekord-Mich-Kuh Bella auf dem Gute Jauern im Alter von 11 Jahren

Bundespräsident Michael Hainisch wird in Villach anlässlich der Gewerbeausstellung im offenen PKW vom Bahnhof abgeholt (1925) Die Hochschule für Bodenkultur ernennt Hainisch am 9. 7. 1927 zum Ehrendoktor.

Gruppenbild des Kabinett Seipel 1927: Stehend v.l.: Resch, Schmitz, Dinghofer, Schürff, Thaler Sitzend v.l.: Kienböck, Seipel, Hainisch, Hartleb, Vougoin

Empfang für Reichskanzler Wilhelm Marx und Außen- minister Gustav Stresemann durch Bundespräsident Michael Hainisch und Bundeskanzler 1927 20 Ehrenbürgerschaft der Stadt Gloggnitz

Pfänder

Am 20. 3. 1927 eröffnet Bundespräsident Hainisch die Pfänderbahn. Sie war nach der Zugspitzbahn und der Raxbahn die dritte Seilschwebebahn Österreichs

21 Michael Hainisch – ca. 1928

22 1928 zieht sich Michael Hainisch von seiner Stellung als Bundespräsident – die er nach allgemeinem Urteil musterhaft versehen hatte - zurück. Er hätte zwar gerne noch für eine dritte Amtsperiode kandidiert, bekam aber von keiner politischen Partei eine Unterstützung.

Während seiner Amtszeit hatte er seinen Einfluss für die Verbesserung der Landwirtschaft, die Elektrifizierung der Bundesbahnen und die Ausweitung des Fremdenverkehrs eingesetzt. Er förderte das ländliche Brauchtum und regte die Schaffung des Denkmalschutzgesetzes an.

Die Universität Innsbruck verleiht ihm für seine Verdienste am 19. 11. 1928 das Ehrendoktorat der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät.

Sondermarken 1928

Die Regierung Schober ernennt Ihn am 26. 9. 1929 zum Minister für Handel und Verkehr. Ohne Rückhalt einer großen Partei kann er sich aber in verschiedenen Fragen nicht durchsetzen und scheidet am 16. 5. 1930 wieder aus der Regierung aus.

Weihnachten 1929 erscheint in der Universitäts- Buchhandlung Leuschner & Lubensky Hainischs Buch mit Mundartgedichten „Aus mein Leb´n“.

23 Handelsminister Michael Hainisch beim Empfang in Erl / Tirol 1930

Beim Empfang mit einer Kindergruppe

Bei der Eröffnung der Bahnlinie Birkfeld – Ratten 29. Mai 1930

24 Am 7. 4. 1938 spricht sich Michael Hainisch – wie viele andere in dieser Zeit auch – in einem Interview im „Neuen Wiener Journal“ für den an das Deutsche Reich aus.

Michael Hainisch stirbt - von der politischen Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet - am 26. 2. 1940.

Bei dem wenige Tage später, von Kardinal Innitzer zelebrierten, Requiem ist der Stephansdom bis auf den letzten Platz gefüllt. Beerdigt wird Michael Hainisch im engsten Kreis in der Familiengruft am Eichberg bei Gloggnitz.

1978 erscheinen Michael Hainischs Lebenserinnerungen „75 Jahre aus bewegter Zeit“ im Verlag Hermann Böhlaus Nfg.

Zeit seines Lebens war Michael Hainisch seiner Heimat und hier vor allem dem Eichberg eng verbunden.

25 Bundespräsident Michael Hainisch bei einer Gedenkfeier für die Gefallenen des ersten Weltkrieges

Beim Abnehmen einer Parade vor dem Parlament

26 Am Eichberg mit seiner Gattin

27 einige Schriften Michael Hainischs

28 Marianne Hainisch

Mutter Visionärin Frauenrechtlerin Marianne Hainisch wird am 25. März 1839 in Baden geboren. Ihre Eltern Josef Perger (1806-1886) und Maria, geborene Perl (1820-1903) sind seit 1838 verheiratet.

Geburtshaus in Baden

1845 übersiedelt die Familie von Baden nach Hirtenberg, wo der Vater einen "Kupferhammer" und eine Baumwollspinnerei betreibt.

Im Jahr 1854 übersiedelt die Familie nach Wien in eine große, schöne Wohnung am Tuchlauben. Marianne Perger wird im "Institut Fröhlich" unterrichtet.

In ihren autobiographischen Skizzen berichtet Marianne vom „segenvollsten Einfluss der begnadeten Idealistin, Ethikerin und geborenen Erzieherin Betty Fröhlich auf Institut Fröhlich in Baden (Symbolbild) ihre Zöglinge“.

Nach dem Austritt aus dem Institut Fröhlich wird Marianne von Privat- lehrern weiter unterrichtet.

Im Jänner 1857 lernt Marianne Michael Hainisch bei einem Ball im Hause ihrer Eltern kennen. Sie beschreibt das erste Treffen „… der junge Mann war von auserlesener Schönheit, dabei durch und durch Künstlernatur…..“ 30 Dieses Bild malt ihr – künstlerisch sehr begabter – späterer Gatte.

Am 31. März 1857 verloben sich Marianne Perger und Michael Hainisch.

Sie heiraten am 29. September 1857 im Dom zu St. Stephan. Die Hochzeitsreise führt das Paar nach Italien.

Stephansdom, Wien (Aquarell Jakob von Alt 1847 / Wien – Museum) 31 Im November 1857 übersiedeln Marianne und Michael Hainisch nach Aue bei Gloggnitz. Da ihr Mann in der Baumwollspinnerei, die er zusammen mit seinem Bruder leitet, sehr engagiert ist, fühlt sich Marianne dort sehr einsam.

Am 15. August 1858 wird ihr Sohn Michael in Aue geboren und am 11. Oktober 1860 folgt die Tochter Maria.

Als Folge des amerikanischen Sezessionskrieges 1861-1865 versiegen die Baumwoll-Lieferungen an den europäischen Kontinent. Viele Spinnerei- betriebe – darunter auch der ihres Mannes – erhalten dadurch kein Rohmaterial mehr. Rund drei Jahre konnten sie ihre Arbeiter „bei halbem Lohn durchfüttern – dann waren aber ihre finanziellen Reserven aufgebraucht“.

Ab 1868 Hat die Familie Hainisch wegen der Einschulung ihres Sohnes Michael auch eine Wohnung in Wien.

Jugendbild von Marianne Hainisch

32 Die zum Teil verzweifelte Situation der Familien – bedingt durch die Tatsache, dass die Frauen mangels Ausbildung nicht in der Lage waren, gut bezahlte Arbeiten anzunehmen – beschäftigte Marianne Hainisch sehr.

Am 12. Mai 1870 hält sie in Wien im „Frauen-Erwerb-Verein“ (dessen Präsidium zu diesem Zeitpunkt ausschließlich aus Männern bestand) einen Aufsehen erregenden Vortrag. Auf ihren Antrag wird die Errichtung von Parallelklassen für Mädchen in einem Wiener Realgymnasium verlangt.

Im Oktober 1871 eröffnet der Frauen–Erwerbsverein in Wien eine vierjährige höhere Bildungsschule für Mädchen. Aber erst 22 Jahre später – im Jahr 1892 - wird in Wien in der Rahlgasse das erste öffentliche Mädchen- Gymnasium eröffnet. Dieser Erfolg ist unbestreitbar Marianne Hainisch zu verdanken.

33 Marianne Hainisch (ca. 1872)

1876 lernt Marianne Hainisch den Philosophen Bartholomäus Ritter von Carneri kennen, der ihre Entwicklung und ihr Denken sehr stark beeinflusst.

„Wie keine gute und keine böse Natur, so gibt es auch im Menschen keine guten und keine bösen Triebe: mit rohen Trieben beginnt der Mensch, und ihre Veredelung ist eben das, was wir Cultur nennen.“ (Carneri)

Bartholomäus, Ritter von Carneri (1821 - 1909), österreichischer Philosoph, politischer Schriftsteller, Mitglied des Steirischen Landtags und des Reichsrats 34 Ab 1878 dürfen Mädchen als Hospitantinnen in Österreich auch Universitäten besuchen

1889 stirbt Marianne Hainischs Mann Michael.

1890 wird dann der Wohnsitz der Familie Hainisch in zwei Häuser am Eichberg verlegt. Marianne Hainisch bezieht das 1880 erworbene und später aufgestockte Bauernhaus.

Dieses Haus bezieht Michael Hainisch mit seiner Gattin Emilie

Personenzug der Semmeringbahn nach der Station Eichberg, die nahe dem Haus der Familie Hainisch liegt

Gedenktafel am Schulhaus Rahlgasse, Wien

35 In einer Rede am 13. April 1896 fordert Marianne Hainisch das Wahlrecht für Frauen

36 1897 hebt die philosophische Fakultät der Universität Wien das Studienverbot für Frauen auf.

Scherzkarikatur zum Frauen- studium in „Der Floh“ 11. 4. 1897

1899 nimmt Marianne Hainisch als österreichische Delegierte an der zweiten Generalversammlung des Frauenweltbundes (ICW) in London teil. Sie wird dort zur Ehren-Vizepräsidentin ernannt .

1900 hebt die medizinische Fakultät der Universität Wien das Studienverbot für Frauen auf.

Am 5. Mai 1902 gründet Marianne Hainisch gemeinsam mit Bertha von Suttner, Marie von Ebner-Eschenbach, Leopoldine Glöckel und Auguste Fickert den „Bund Österreichischer Frauenvereine“, der damals 13 Vereine umfasst. Dieser Bund gibt auch eine eigen Zeitschrift heraus.

37 1904 nehmen Marianne Hainisch und Bertha von Suttner an der Generalversammlung des „Frauen-Weltbundes“ in Berlin teil.

Im Juni 1909 reist Marianne Hainisch in Begleitung ihres Sohnes Michael zum „Kongress des internationalen Frauenbundes“ in Toronto.

Bertha von Suttner

38 Marie von Ebner-Eschenbach

39 40 Oktober 1918 - Die katastrophale Versorgungssituation gegen Ende des Ersten Weltkriegs erfordert, dass älteren Menschen vom Hausarzt Rezepte für den Bezug von 1 Liter Milch ausgestellt werden müssen. Hier ein solches Rezept für Marianne Hainisch (damals 79 Jahre alt).

Während der Kriegsjahre sorgt sich Marianne Hainischs unentwegt um ihre vier, im Feld stehenden, Enkel. Zum großen Glück kehren diese unversehrt wieder heim.

41 Kurzzeitig engagiert sich Marianne Hainisch bei den ersten allgemeinen Wahlen 1919 für die Bürgerlich-Demokratische Partei, deren Parteiprogramm sie Ende 1918 das erste Mal in Händen hält und das ihr „sehr gefiel!“

Im 9. Dezember 1920 wird ihr Sohn Michael Hainisch im 5. Wahlgang zum ersten Bundespräsidenten der Ersten Republik gewählt

42 15. August 1923 Dieses Foto wurde anlässlich des 65. Geburtstages ihres Sohnes Michael Hainisch, am 15. August 1923, am Eichberg aufgenommen

Sitzend v.links: Dr. Michael Hainisch (Bundespräsident) Emmi Hainisch, geb. Figdor, seine Gattin Inge Hermann, geb. Richter (Tochter von Arthur und Tondo Richter) Tondo Richter, geb. Töply (Ehefrau von Arthur Richter) Marianne Hainisch Gabriele Zograf, geb. Perger (Schwester von Marianne Hainisch)

Stehend v.links: Hans Figdor (Sohn Maria Figdors) Maria Figdor, geb Hainisch (Tochter von Marianne Hainisch) Unbekannt Eduard Figdor (Ehemann von Maria Figdor – in 2. Ehe) Dr. Erwin Hainisch (Sohn von Michael und Emmi Hainisch) Dr. Wolfgang Hainisch (Sohn von Michael und Emmi Hainisch) Melanie Perger (Schwester von Marianne Hainisch)

43 11. Mai 1924 - Marianne Hainisch engagiert sich (zusammen mit den Pfadfindern) für die Einführung des Muttertages in Österreich.

9. Mai 1926 - Marianne Hainisch ist Ehrenpräsidentin der Wiener Pfadfinder. Bei einer Kundgebung der Pfadfinder am 9. Mai 1926 wird sie während eines Vorbeimarschs vor ihrem Wohnhaus, in der Rochusgasse, geehrt.

Pfadfinderführer Heinrich Graf Wilczek begrüßt Marianne Hainisch vor ihrem Wohnhaus 44 Auszug aus einer Radioansprache Marianne Hanischs am 8. Mai 1927

45 Eine nach den Plänen von Rudolf Perthen errichtete Wohnhausanlage mit 25 Wohneinheiten in Wien 3, Petrusgasse 15 wird 1928 nach Marianne Hainisch benannt.

Marianne Hainisch wird durch den sozialdemokratischen Bürgermeister am 13. April 1929 zur Bürgerin von Wien ernannt.

Am 5. März 2002 beschließt der Wiener Gemeindeausschuss für Kultur die Benennung einer Gasse im 3. Bezirk / St.Marx nach Marianne Hainisch.

46 1930 erscheint im Auftrag des Bundes österreichischer Frauenvereine ein Buch mit dem Titel „Frauenbewegung, Frauenbildung und Frauen- arbeit in Österreich“, zu dem Marianne Hainisch das Geleitwort verfasst.

Am 28. Mai 1930 nimmt sie an einer Tagung des Internationalen Frauenbundes in der Hofburg in Wien teil.

18. Mai 1932 - M.Hainisch mit (v.l.) Luise Philipp, Marianne Zycha, Frieda Edle von Kühn, August Kemetter, Leopoldine Miklas, Marie Perzina, Josefine Mlczoch, Ottilie Politzer 47 Die letzte Tagesbucheintragung Marianne Hainischs vom 17. Juli 1934

Marianne Hainisch stirbt am 5. Mai 1936 in Wien

48 Trauerkondukt in Wien-Landstraße (Bildmitte mit weißen Haaren ihr Sohn Michael Hainisch.

Bestattet ist Marianne Hainisch in der Familiengruft am Eichberg bei Gloggnitz

49 Marianne Hainisch mit ihren Urenkelinnen Marianne, Cornelia und Barbara

50 Radierung von Frieda Gold (1925) 51 Dr. Michael Hainisch über seine Mutter Marianne

(Zitate aus dem Buch „75 Jahre aus bewegter Zeit“)

Wenn ich an meine Mutter denke, so wird mir warm ums Herz. Sie hat mich nicht nur geboren, sondern sie hat mich auch gepflegt, unterrichtet, durch das ganze Leben geleitet und beraten. Noch als Mann von 70 und mehr Jahren habe ich alles mit meiner Mutter besprochen, wie auch sie mich von allen ihren Plänen unterrichtet hat………

***** Meine Mutter hat in ihrem langen Leben ein ungeheures Maß an Arbeit geleistet: zunächst in der Familie, dann aber auch im öffentlichen Leben……Sie führte ihren Haushalt mit bescheidenen Mitteln und konnte doch Gäste bei sich sehen. Die Anerkennung blieb nicht aus. Schon als junges Mädchen erfreute sie sich der Liebe der Arbeiterfamilien, in denen sie Kinder pflegen half.

***** Die größte Eigenschaft meiner Mutter ist aber die unvergleichliche Tapferkeit, mit der sie allen Stürmen des Lebens trotzte. Ich habe sie inmitten schwierigster Lagen gesehen, wie sie aufrecht stand und nie den Mut verlor.

***** So zog denn meine Mutter nach Aue, einem Ort, der ihr bei den schlechten Eisenbahn- und Postverbindungen der 1850er Jahre ein ultima Thule (Anm.: nördlichster Landpunkt der Erde) zu sein schien. Sie fühlte sich hier, da sie aus einer großen Familie stammt, vereinsamt………Die Einsamkeit hatte durch meine Geburt ein Ende. Meine Mutter stillte mich und pflegte mich ganz allein.

***** Am traulichsten war die Zeit der Jause, die meine Mutter immer selbst bereitete, weil das Dienstmädchen häufig anderweitig beschäftigt war……Dabei wurden die ernstesten Probleme besprochen. Meine Mutter stand damals mit dem Abgeordneten und Philosophen Carneri in lebhaftem Briefwechsel.

52 An die Mutter

Gedicht von Michael Hainisch

Dein Leben war nicht stets ein Frühlingsmorgen Nur allzu häufig gab es Wintersturm, Das Schicksal war nicht sparsam mit den Sorgen Und an dem Jungen nagte oft der Wurm. Doch all Dein Leiden blieb der Welt verborgen, Nach außen standst du aufrecht wie ein Turm, Denn hast Du noch so schwer gelitten, So bist du doch gleich mutig fortgeschritten. Und wie dein Herz schlug für die Deinen, So schlug es für die ganze Welt. Dein Kampf galt stets dem Schlechten und Gemeinen, Und warst du auch bloß auf dich selbst gestellt. Andere sich heute gerne schon vereinen, Die Kräfte derer, die sich zugesellt, So ist´s die Frucht, die sich ergeben, Aus deinem langen, heißen Streben. Und stehst du da im Kreise hier der Deinen, Noch ist die eig´ne Mutter dir beschert, Zu deinen Füßen spielen munter unsre Kleinen, Von allen Brüdern bist du hoch verehrt. Und so mit Gott und dir im reinen Siehst du um dich ganz abgeklärt. Noch glänzt kein Silberfaden dir im Haare, So ungebrochen bist du trotz der Jahre. Zieht auch das Alter langsam einst heran, Bringt es dir doch so mancherlei Beschwerden, Ich glaube nicht, dass es dich brechen kann, Zu fest gewurzelt bist du hier auf Erden. Und sprichst du gar vom Scheiden dann, So denk, du kannst nie ganz vergessen werden, Denn unser Können, Wollen, Streben, Wir danken´s dir, wir, unser Leben.

53 Küchenchef und Fernsehkoch Franz Ruhm widmete dieses Tortenrezept Marianne Hainisch

54 Wir danken folgenden Leihgebern

• Familie Ing. Andreas Burtscher, Wien • Frau Cornelia und Frau Marianne Hainisch, Wien • Frau Maria–Christina Kreith, Wien • Frau Gabriele Schechtner, Jauern

• BÖFV – Bund österreichischer Frauenvereine, Wien • Pfadfindermuseum und Institut für Pfadfindergeschichte, Wien • Dr. Karl Renner-Museum für Zeitgeschichte, Gloggnitz

Ein besonderer Dank geht an Frau Cornelia und Frau Marianne Hainisch, deren materielle Unterstützung großen Anteil am Zustandekommen dieser Ausstellung hat.

Quellen

Michael Hainisch: 75 Jahre in bewegter Zeit Lydia Perger: Begegnung mit Marianne Hainisch Archiv des Dr. Karl Renner-Museums https://www.wikipedia.de/ http://anno.onb.ac.at/ Zeitschriftenarchiv der ÖNB

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