Sachsen-Anhalts wurde C. cynocephala bislang le- grüssel ausgestatteten Schwebfliegen nicht erreich- diglich zu Beginn unseres Jahrhunderts aus der bar. So trifft man im Stadtinneren oftmals nur gute Nähe von Naumburg gemeldet (RAPP 1942), E. Flieger, wie z.B. Eristalis tenax, an, konkrete Erhe- melanostomoides ist außerdem aus Halle-Neustadt bungen stehen aber noch aus. Nach KLAUSNITZER bekannt (JENTZSCH 1992). (1988) gelten verschiedene Arten der Gattung Eri- stalis als synanthrop, wobei auch hierzu noch keine Schließlich seien die für Großstädte typischen Ru- detaillierte Untersuchungen vorliegen. Zu erwähnen deralbereiche am Stadtrand, auf Industriebrachen wären vor allem Eristalis tenax oder E. nemorum, und Bahnanlagen als wichtige Syrphidenhabitate die zwar beide im Stadtgebiet angetroffen werden, genannt. Das hier vorhandene überreiche Angebot jedoch allgemein ausgesprochen häufig und zur Le- an Korb- und Doldenblütlern sowie zahllosen Pflan- bensraumcharakterisierung ungeeignet sind. zenparasiten bedingen überaus individuenreiche, Schließlich sei auf die larval in Blumenzwiebeln le- von eurytopen Arten dominierte Schwebfliegenge- benden Arten Merodon equestris und Eumerus sog- meinschaften (vor allem Eristalis tenax, Syrphus ri- dianus verwiesen, welche regelmäßig in der Nähe besii, Sphaerophoria scripta, Metasyrphus des Halle-Neustädter Friedhofes sowie an den Zier- corollae, Scaeva pyrastri, Episyrphus balteatus). blumenbeeten in Halle-Neustadt gefunden wurden. Mit zunehmender Nähe zur Innenstadt verarmt die Hier profitieren sie offenbar von dem reichen Ange- Artenzusammensetzung. Zum einen fehlen geeigne- bot an Zwiebelpflanzen und dringen so auch in die te Larvalhabitate, zum anderen sind die dominie- inneren Bereiche der Wohngebiete vor. Dies kann renden Zierpflanzen oftmals steril oder ihre Pollen zumindest als Hinweis auf einen gewissen Grad an und Nektarien für die mit einem sehr kurzen Sau- Urbanisierung gewertet werden.
Tab. 51: Schwebfliegen - ausgestorbene und verschollene Arten ÖP = Ökologische Präferenz nach RÖDER (1990): G = montan, W = sylvicol, X = xerophil, F = hydrophil, () = in eingeschränktem Maße, ? = fraglich
Wissenschaftlicher Name ÖP Quelle
Blera fallax W G LAßMANN (1934) Brachyopa bicolor WLAßMANN (1934), RAPP (1942) Brachypalpus laphriformis WLAßMANN (1934), RAPP (1942) Brachypalpus meigeni WLAßMANN (1934) Brachypalpus valgus W G LAßMANN (1934) Caliprobola speciosa WLAßMANN (1934) Callicera rufa WLAßMANN (1934) Ceriana conopsoides WLAßMANN (1934) Chalcosyrphus femoratus W (G) LAßMANN (1934) Chalcosyrphus nemorum W (F) LAßMANN (1934) Chalcosyrphus piger W (G) LAßMANN (1934) Cheilosia antiqua W F G(?) LAßMANN (1934) Cheilosia fasciata W G LAßMANN (1934) Chrysogaster lucida FLAßMANN (1934) Chrysotoxum arcuatum X (?) LAßMANN (1934), RAPP (1942) Chrysotoxum octomaculatum X LAßMANN (1934), RAPP (1942) Criorhina asilica WLAßMANN (1934), RAPP (1942) Criorhina berberina WLAßMANN (1934) Dasysyrphus hilaris WLAßMANN (1934) Didea fasciata W (G) LAßMANN (1934) Doros profuges (W) LAßMANN (1934) Epistrophe diaphna WLAßMANN (1912, 1934) Eristalis cryptarum G F RAPP (1942) Eristalis horticola (W) G LAßMANN (1934) Eristalis jugorum W G LAßMANN (1934) Eumerus sabulonum XLAßMANN (1934) Eurimyia lineata FLAßMANN (1934) Ferdinandea cuprea WLASSANN (1934), RAPP (1942) Ferdinandea ruficornis ?LAßMANN (1934) Lejogaster splendita FRAPP (1942) Lejops vittata FRAPP (1942) Mallota fuciformis WLAßMANN (1934) Meligramma guttata WLAßMANN (1912, 1934) Merodon avidus XLAßMANN (1934) Microdon devius ?LAßMANN (1934) Microdon mutabilis ?LAßMANN (1934) Myolepta luteola W (?) LAßMANN (1934) Neoascia annexa FLAßMANN (1934), RAPP (1942) Orthonevra elegans FLAßMANN (1934) Pachysphyria ambigua W (G) LASSAMNN (1934), RAPP (1942)
241 Fortsetzung von Tab. 51 Wissenschaftlicher Name ÖP Quelle
Paragus finitimus XLAßMANN (1934) Paragus tibialis (G) X LAßMANN (1934) Pelecocera tricincta (W) X LAßMANN (1934) Pipiza quadrimaculata W G LAßMANN (1934) Pocota personata (W) LAßMANN (1934), RAPP (1942) Psilota anthracina WLAßMANN (1934) Pyrophaena rosarum FLAßMANN (1934) Sericomyia lappona G (F) LAßMANN (1934) Sericomyia silentis G (F) LAßMANN (1934) Sphegina clunipes W F LAßMANN (1934) Sphiximorpha subsessilis ?LAßMANN (1934) Temnostoma bombylans W (F) (G) LAßMANN (1934) Temnostoma vespiformis W (F) (G) LAßMANN (1934) Tropidia fasciata (F) LAßMANN (1934) Volucella inanis W G LAßMANN (1934) Volucella inflata WLAßMANN (1934) Xylota florum W F LAßMANN (1934)
Gefährdung Für die Innenstadt ist es wichtig, daß auf den für Vegetation verfügbaren Flächen (Rabatten, Gär- Bereits 57 von LAßMANN (1912, 1934) und RAPP ten, Balkonkästen etc.) Pflanzen eingebracht wer- (1942) genannte Arten, also etwa ein Drittel des den, deren Pollen und Nektarien für Schwebflie- Gesamtartenspektrums, müssen als verschollen gen erreichbar sind. Schließlich sollten Grün- oder ausgestorben gelten (Tab. 51). flächen verstärkt in extensive Blumenwiesen umge- Die größte Gefährdung stellt der fortschreitende wandelt werden. Hier ist neben einer entsprechen- Lebensraumverlust dar. Larvalhabitate werden ver- den Förderung ein großes Maß an Öffentlichkeits- siegelt und Wildkrautgesellschaften vernichtet. Der arbeit notwendig, um auch private Grundstücke zu Ringschluß oder die Neuanlage von Straßen iso- erreichen. lieren ursprünglich miteinander vernetzte Bereiche. Besondere Bedeutung als ökologisches Verbund- In den Villenvierteln, Vor- und Kleingärten sowie element kommt außerdem der Saaleaue zu, wel- auf Blumenrabatten wurden besonders in den letz- che die Stadt als grünes Band durchzieht. Sie ist ten Jahren vermehrt kurzscherige Zierrasen ange- von weiterer Ver- und Bebauung freizuhalten. legt oder Koniferen und fremdländische Gehölze gepflanzt. Blattläuse werden in den Hausgärten Weiterer Untersuchungsbedarf vorschnell chemisch bekämpft und damit auch ihre Prädatoren direkt oder durch Giftanreicherung ver- Es wurden noch nicht alle Landschaftsräume der nichtet. Stadt Halle auf Schwebfliegenvorkommen unter- Den größten Teil der in Tab. 51 aufgeführten ver- sucht. Folgende Gebiete sollten daher künftig vor- schollenen oder ausgestorbenen Arten stellen rangig betrachtet werden: Waldarten dar. In der Dölauer Heide nimmt der Friedhöfe; Bestand an blühenden Wildkräutern beständig ab, Parkanlagen, Gartenanlagen; während sich im Gegenzug Nitrophyten wie Hufeisensee, Mötzlicher Teiche, Amselgrund; Brennessel und Brombeere stark ausbreiten. Als Saaleaue, Burgholz, Rabeninsel, Peißnitz; die nicht nur für Schwebfliegen gravierendste Ge- Reide; fährdungsursache ist hier die schleichende Eutro- Brandberge; phierung der Heide durch den Nährstoffeintrag Stadtinneres, Vorgärten. aus der Luft sowie durch Besucher einzuschätzen. Bezüglich der Dölauer Heide wäre von größtem In- teresse, die Untersuchungen von HEESE (1970) Schutz nach gleicher Methodik zu wiederholen, um somit Um Schwebfliegen zu schützen, bedarf es des Er- Entwicklungstendenzen hinsichtlich der Artenzu- haltes der geeigneten Lebensräume. RÖDER (1990) sammensetzung und der Bestandssituation einzel- nennt hierfür insbesondere: ner Arten abzuleiten. lichte Standorte im Waldbereich: Waldränder, Quellen Lichtungen, Waldwege und -schneisen, Ge- büschzonen, Hecken; a) Literatur mit Angaben zu Artvorkommen im Stadtgebiet von Feuchtbiotope: feuchte Bereiche der Auenwäl- Halle der, Ufersäume, Feuchtwiesen etc.; HEESE, W. 1970; JENTZSCH, M. 1990, 1992, 1997; LAßMANN, R. 1912, 1934; RAPP, O. 1942; RÖHRICHT, W. & UTHLEB, H. blütenreiche Wiesen. 1992.
242 b) sonstige Literatur - Bibliotheek Koninklijke Nederlandse Natuurhistor. Vereiniging BASTIAN, O. (1986): Schwebfliegen. Neue Brehmbücherei 32: 1-275. 576. - Wittenberg Lutherstadt. VUJIC, A. & CLAUSSEN, C. (1994): Cheilosia orthotrichia, spec. BOTHE, G. (1984): Bestimmungsschlüssel für die Schwebfliegen nov., eine weitere Art aus der Verwandtschaft von Cheilosia ca- (Diptera, Syrphidae) Deutschlands und der Niederlande. - nicularis aus Mitteleuropa. - Spixiana 17: 261-267. Hamburg. c) unveröffentlichte Quellen KLAUSNITZER, B. (1988): Verstädterung von Tieren. Neue Brehm- JENTZSCH, M. (i.Dr.): Einschätzung der Bestandsentwicklung der bücherei 579. - Wittenberg Lutherstadt. Schwebfliegen (Diptera, Syrphidae) im Land Sachsen-Anhalt. - RÖDER, G. (1990): Biologie der Schwebfliegen Deutschlands. - Im Druck bei Ber. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Keltern-Weiler. SCHNITTER, P. (1992): Gutachten zur Saale-Elster-Aue zwischen VAN DER GOOT, V.S. (1981): De zweefvliegen van Noordwest- Halle und Merseburg. - Mskr. Landesamt für Umweltschutz Europa en Europees Rusland, in het bijzonder van de Benelux. Sachsen-Anhalt.
4.3.21 Netzflügler i. w. S. (Neuroptoidea) -W. RÖHRICHT
Einleitung MEISTER (1839) nennt zwar eine Reihe von Arten, nachgewiesen „bei Halle“, oder aus der „hiesigen In den folgenden Ausführungen werden als Netz- Gegend“, doch sind diese Angaben nur übernom- flügler bzw. Neuropteren im weiteren Sinne die In- men worden, wenn die Tiere in der Sammlung des sektenordnungen der Schlamm- (Megaloptera) und Institutes für Zoologie der Martin-Luther-Universität Kamelhalsfliegen (Raphidioptera) sowie der Ech- überprüft werden konnten. Veröffentlicht wurde vor ten Netzflügler (Neuroptera) innerhalb der Über- kurzem allerdings eine faunistische Übersicht über ordnung der Neuropterida behandelt. die Netzflügler Mitteldeutschlands, in welcher Im Larvenstadium sind die einheimischen Netzflüg- auch die Nachweise aus dem Stadtgebiet von Hal- ler Prädatoren, die ihrer Beute - Gliedertieren und le aufgelistet sind (RÖHRICHT 1996). deren Präimaginalstadien - meist aktiv nachstellen. Aufgrund dieser Lebensweise sind viele Netzflüg- ler bedeutende Regulatoren von Schadinsekten, Datengrundlage/Methodik insbesondere von Blattläusen. Einige Arten wer- Auswertung von Museumsbeständen (Museum den für den Einsatz in der biologischen Schäd- für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Ber- lingsbekämpfung gezielt gefördert bzw. sogar ge- lin, Museum für Naturkunde und Vorgeschichte züchtet (z.B. Chrysoperla carnea). Auch als Imagi- Dessau, Entomologische Sammlung des Institutes nes ernähren sich viele Neuropteren noch räube- für Zoologie der Martin-Luther-Universität Halle); risch, wogegen die übrigen meist von Pollen, Pflan- Auswertung privater Sammlungen und unveröf- zensäften und ähnlichem leben. Der Großteil der fentlichter Fundmeldungen Dritter bis 1995; Arten ist dabei auf spezielle Umweltbedingungen eigene Aufsammlungen 1987-1991. angewiesen, was sich in einer mehr oder weniger engen Bindung an einzelne Baumarten (z.B. Kie- fer) bzw. an einzelne Lebensräume (z.B. Binnen- Bestand und Bewertung dünen) bemerkbar macht. Insgesamt wurden im Stadtgebiet von Halle bisher In Siedlungsgebieten findet eine starke Förderung 30 Neuropteren-Arten nachgewiesen. Das sind einzelner, besonders euryöker Arten statt, die we- 49% der in Sachsen-Anhalt und 27% der in der gen ihrer relativen Unempfindlichkeit gegenüber Bundesrepublik Deutschland nachgewiesenen Ar- Verschmutzungen, Störungen, und gerade wegen ten. Für 5 der 30 Arten existieren keine aktuellen des Fehlens einer Bindung an bestimmte Habitate Nachweise, d.h. sie müssen als verschollen einge- oder bestimmte Beute, schnell konkurrenzkräftige stuft werden (Tab. 53). Ob sie endgültig ausge- Populationen aufzubauen vermögen. Aus diesen storben sind, kann aufgrund des geringen Durch- Gründen sind im unmittelbaren Siedlungskern nur forschungsgrades dieser Artengruppe nicht mit Si- noch wenige Arten dauerhaft überlebensfähig. cherheit angenommen werden. Stenöke Arten treten im Stadtgebiet ausschließlich in den verbliebenen naturnäheren Lebensräumen Die vorliegende Artenliste ist als unvollständig ein- auf. Sie stellen das gefährdete und daher im na- zustufen: schätzungsweise die Hälfte der Arten turschützerischen Sinne bedeutendere Schutzgut sind bislang erst erfaßt. Aussagen über die Boden- dar. ständigkeit können nur nach der Erfahrung des Au- tors gemacht werden, wonach alle Tiere im Gebiet Kenntnisstand von Halle autochthon zu sein scheinen. Doch ge- rade in der dicht bebauten Innenstadt sind spora- Die Neuropterenfauna der Stadt und Umgebung disch zugeflogene Tiere nicht auszuschließen. Bei von Halle wurde bis in die jüngste Vergangenheit Larvenfunden (bes. von Ameisenlöwen) ist zudem nur sporadisch untersucht. Auch verwertbare Lite- eine dauernde Überlebensmöglichkeit im bebau- raturangaben sind kaum gefunden worden. BUR- ten Gebiet anzuzweifeln (s.u.)
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Abb. 51: Nachweise von Netzflüglern i.w.S. im Stadtgebiet von Halle Ȑ ȑ Ȓ ȓ ȫጩጬጯጭጥጴጥጲ (Datenbank „ABSP Hal- le; Stand: 31.12.1997).
Tab. 52: Netzflügler - für das Stadtgebiet bedeutsame Arten (Gesamtartenliste im Anhang) 1 = gefährdete Arten naturnaher Biotope; 2 = Arten siedlungstypischer Biotope; (x) = Bestand nicht akut gefährdet
Wissenschaftlicher Deutscher Name 1 2 RL Lebensraum Name LSA
Chrysopa dorsalis Kiefernwald-Florfliege X 3 wärmegetönte Kiefernbestände Chrysopa pallens Siebenpunkt-Florfliege X X - Laubgehölze, -gebüsche (euryök) Chrysopa perla Perlaugen-Florfliege X - (nitrophile) Säume, Staudenfluren Chrysoperla carnea Gemeine Florfliege X - euryök (Rasen u.a. Zierflächen) Euroleon nostras Gefleckte Ameisenjungfer X - Lockersandflächen unter Überhängen Hemerobius lutescens Gelblicher Taghaft X 3 Laubgehölze Inocellia crassicornis Dickhörnige Kamelhalsfliege X 3 Kiefer, naturnahe Mischholzbestände Micromus variegatus Bunter Taghaft (X) - Feuchtgrünland, Rieder, Staudenfluren Puncha ratzeburgi Ratzeburgs Kamelhalsfliege X 3 Nadelgehölze Sisyra fuscata Schwärzliche Schwammfliege (X) - Gewässer mit Süßwasserschwämmen Sisyra terminalis Gelbfühlerige Schwammfliege X 0 Gewässer mit Süßwasserschwämmen Wesmaelius subnebulosus Trüber Taghaft X X - viele Gehölzbestände (euryök)
Als für das Stadtgebiet „bedeutsam“ wurden 7 sel- Als Arten siedlungstypischer Habitate werden hier tene bzw. gefährdete Arten naturnaher und 5 Ar- solche Netzflügler bezeichnet, die auch in anderen ten siedlungstypischer Habitate eingeschätzt. Städten vom Autor in gleichen oder ähnlichen Habi- taten nachgewiesen wurden, oder von anderen Au- Seltene bzw. gefährdete Arten der im Stadtgebiet toren genannt werden (z.B. CZECHOWSKA 1982), anzutreffenden naturnäheren Habitate kommen wobei diese Erkenntnisse jedoch wegen der gerin- auch im übrigen Land Sachsen-Anhalt in den ent- gen Datengrundlage als vorläufig anzusehen sind. sprechenden Lebensräumen vor und sind dort Wertvolle Lebensräume im Stadtgebiet sind neben ebenfalls bedroht. Eine der bedeutsamen Arten, besonnten, lockersandigen Unterbalkonbereichen die Gelbfühlerige Schlammfliege (Sisyra termina- (besonders in den Neubaugebieten nach 1965) lis), ist in der Roten Liste des Landes Sachsen-An- auch Gehölzflächen mit einem größeren Anteil an halt noch als landesweit verschollen bezeichnet Spontanvegetation, besonders an heimischen Laub- worden (RÖHRICHT 1995), konnte aber inzwischen hölzern („verunkrautete“ Flächen mit Gehölz-Jung- in Halle wiedergefunden werden (RÖHRICHT wuchs) und flächenhaft große Grünflächen mit Park- 1996). baumbestand (Parks, Friedhöfe).
244 Tab. 53: Netzflügler - ausgestorbene und verschollene Arten
Wissenschaftlicher Deutscher Name Letzter Fundort Quelle Name Nachweis
Dichochrysa ventralis Schwarzbäuchige Florfliege vor 1848 Halle (Saale) W.F.ERICHSON (Museum f. Naturkunde Berlin) Drepanepteryx phalaenoides Sichelflügel-Taghaft Halae. (Hallensis?) BURMEISTER (1839) Hemerobius pini Fichten-Taghaft Halae. (Hallensis?) BURMEISTER (1839) Nineta flava Gelbliche Florfliege vor 1848 Halle (Saale) W.F.ERICHSON (Museum f. Naturkunde Berlin) Wesmaelius concinnus Sandbrauner Taghaft Halae. (Hallensis?) BURMEISTER (1839)
Gefährdung Bauliche Veränderung von Sekundärhabitaten, Über die Ursachen des Verschwindens der hier als Versiegelung: Die vorrangig aus ästhetischen verschollen bezeichneten Arten können nur Vermu- Gründen erfolgende „Säuberung“ und/oder Ver- tungen angestellt werden. Arten wie Sichelflügel- siegelung ruderaler Sekundärhabitate beseitigt oft Taghaft (Drepanepteryx phalaenoides), Schwarz- typisch städtische Lebensräume. Der Gefleckte bäuchige Florfliege (Dichochrysa ventralis) oder Ameisenlöwe Euroleon nostras bewohnt zum Bei- Gelbliche Florfliege (Nineta alba) sind mit an Si- spiel weite Gebiete in Halle-Neustadt. Dort nutzt er cherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Gebiet südexponierte und sandige Bereiche unter den Bal- übersehen worden. Ihre Lebensbedingungen konen. Werden diese oft ungenutzten Flächen ab- wären in Waldgebieten wie zum Beispiel der gedunkelt (meist durch Heckenbepflanzung), ver- Dölauer Heide erfüllt, so daß sie dort wohl wie- siegelt (durch Betonplatten, Verbundpflaster oder derzufinden sind. Das gleiche trifft auf viele bisher Lagerung diverser Gegenstände) oder regelmäßig noch nicht nachgewiesene Arten auch zu. Ande- tief geharkt, verschwindet die Art. ren Netzflüglern fehlen wohl heute entsprechende Beseitigung wärmegetönter Gehölzstandorte an Habitate, oder, auch die Möglichkeit kann nicht Südhängen: Die meisten dieser attraktiven Wohn- ausgeschlossen werden, H. BURMEISTER verstand un- lagen sind inzwischen im Stadtgebiet schon über- ter „Halae.“ und „bei Halle“ etwas anderes als baut. Aber auch eine Umwandlung in „Grün- wir, und es handelt sich schlicht um eine Fehlinter- flächen“ bedroht diese Standorte. Die noch vor- pretation der Fundortetiketten. handenen südexponierten Flächen müssen erhal- Die Gefährdungsfaktoren für die in Halle nachge- ten werden, denn sie stellen wertvolle Lebensräu- wiesenen Netzflüglerarten sind zumeist sied- me für verschiedene Organismen dar. Für die Neu- lungstypisch: ropteren soll als Beispiel hier nur Wesmaelius concinnus (s. Tab. 53) genannt werden, der auf Fehlen naturnaher Gehölzbestände im Stadtinnen- solchen Flächen wiedergefunden werden könnte, raum: Arten der Laubgehölze sind auf ein entspre- wenn naturnaher Gehölzaufwuchs (in diesem Falle chendes Mikroklima angewiesen. Ihre Verbreitung mit Kiefern) zugelassen wird. ist also vom Vorkommen oder Fehlen solcher Habi- tate abhängig. Chrysopa pallens oder Hemerobi- us lutescens sind Arten, die bei entsprechender Schutz Gehölzgarnitur weiter verbreitet sein können. Ent- Die siedlungstypische Habitate bewohnenden sprechendes gilt auch für unsere Kamelhalsfliegen Netzflügler werden durch den Einfluß des Men- (z.B. Inocellia crassicornis), die streng an ältere schen mehr gefördert als wirklich bedroht, da er Baumbestände gebunden sind, und dabei noch ihnen fortwährend neuen Lebensraum schafft bzw. ausgeprägte Präferenzen für einzelne Baumarten indirekt Nahrung zur Verfügung stellt. Daher soll- und Mikroklimate zeigen (z.B. südwestexponierte ten aus neuropterologischer Sicht die Schutz- Altkiefern). bemühungen besonders (wie bisher) auf den Erhalt Verschmutzung/Eutrophierung der vorhandenen und die Entwicklung der naturnäheren Habitate im Gewässer: Die vorhandene Verschmutzung von Stadtgebiet ausgerichtet werden. Aussagen, die Stillgewässern, besonders extreme Schwebstoffge- sich zur Förderung „stadttypischer“ Netzflüglerar- halte oder Algenwatten lassen Süßwasser- ten ergeben, werden allerdings ebenfalls genannt. schwamm-Kolonien zusammenbrechen, womit Erhaltung bzw. Renaturierung der Aubereiche wiederum die Populationen der von ihnen leben- der Saale: Erhaltung bzw. Renaturierung der den Schwammfliegen (Sisyra spec.) bedroht sind. Hartholzauwälder, Verbesserung der Wasser- Ebenso verhindert ein zu niedriger Sauerstoffge- qualität der Saale, schonende Gewässerunter- halt in den Gewässern (auch wenn dies nur ein haltung; Mal pro Jahr auftritt) die Besiedlung mit aquatisch Schutz der Stillgewässer zur Erhaltung der Vor- lebenden Netzflüglern wie Schlammfliegen-Arten kommen von Sisyra fuscata: Verhinderung einer (Sialis spec.). weiteren Eutrophierung;
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Abb. 52: Nachweise Ȑ ȑ Ȓ ȓ ȫጩጬጯጭጥጴጥጲ von Chrysoperla carnea im Stadtgebiet von Halle.
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Abb. 53: Nachweise
Ȑ ȑ Ȓ ȓ ȫጩጬጯጭጥጴጥጲ von Euroleon nostras im Stadtgebiet von Halle.
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Abb. 54: Nachweise von Sisyra fuscata ( ), Sisyra terminalis ( ) und Inocel- lia crassicornis ( ) im Ȑ ȑ Ȓ ȓ ȫጩጬጯጭጥጴጥጲ Stadtgebiet von Halle.