Steht Später Die Headline
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LÄNDERBERICHT Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. ITALIEN KATJA CHRISTINA PLATE SILKE SCHMITT 4. Oktober 2013 Gemeinsam oder entzweit? DIE UNKLARE ZUKUNFT DER BERLUSCONI- PARTEI www.kas.de/italien www.kas.de Tauben, Alfaniani, Dissidenten, Verräter programmatischen Beweggründe, die die Spal- oder „Spalter“– die italienischen Medien tung des Berlusconi-Lagers vorantrieben. Ge- wissen noch nicht, wie sie die Parteigrup- neralsekretär Angelino Alfano hatte sich bereits pierung nennen sollen, die sich hinter im Juni klar pro-europäisch positioniert, als er PDL-Generalsekretär Angelino Alfano und den Vorsitz der christdemokratischen „Fonda- gegen Silvio Berlusconi stellt. Alles Taktik zione De Gasperi“ übernommen hatte. Damals oder historischer Neuanfang? Auch dies wurde noch spekuliert, Angelino Alfano wäre bleibt noch unklar. von Silvio Berlusconi als Garant für die euro- papolitische Linie der PDL vorgeschickt worden, „Wir werden Berlusconi stets verteidigen“, be- um taktisch den Verbleib der Partei in der EVP tonten verschiedene Politiker aus den Reihen zu sichern. Schnell wurde jedoch klar, dass des „Popolo della Libertà“ (PDL, dt. „Volk der Angelino Alfano offensichtlich ein ehrliches In- Freiheit“), die sich am späten Mittwochabend teresse daran hat, einen pro-europäischen (2. Oktober) nach ihrem Treffen mit General- Kurs einzuschlagen. Und mit ihm viele andere sekretär Angelino Alfano der Presse stellten. Politiker aus dem Mitte-Rechts-Lager. Auch der ehemalige Präsident der Region Lom- bardei, Roberto Formigoni, benutzte ähnliche PDL oder „Forza Italia“? Worte. Es schien, als habe man sich auf eine Sprachenregelung geeinigt. Er habe vorge- Zurück zum politischen Projekt „I Populari“. schlagen, eine autonome Gruppe im Senat zu- Laut Roberto Formigoni wurde die Gründung bilden und dieser Vorschlag werde nun partei- einer neuen Gruppe nur deshalb verschoben, intern geprüft, so Roberto Formigoni. Er hatte weil man einen „dialogbereiten Berlusconi“ auch schon einen möglichen Namen für die vorgefunden habe. Von der „Forza Italia“ (FI, neue PDL-Formation parat: „I Popolari“ (dt. dt „Vorwärts Italien“) sprach jedoch niemand „Die Volksnahen“). mehr. Dabei hatte Silvio Berlusoni seit Wochen deren Wiedergründung aus der PDL heraus be- Keine zwölf Stunden später ist dieses Projekt trieben und bereits eine neue Parteizentrale vorerst auf Eis gelegt. Aber die Umstrukturie- eingerichtet an der das „Forza Italia“-Emblem rung der Partei offensichtlich nicht. Im Inter- prangt. Dieses Emblem jedoch ist bereits von view mit der Tageszeitung „Il Fatto Quotidiano“ zahlreichen Facebook- und Twitter-Accounts wiederholte Roberto Formigoni die drei wich- verschiedener Mitte-Rechts-Politiker ver- tigsten Maßnahmen der „neuen PDL“: Unter- schwunden, die es in den letzten Wochen noch stützung der Letta-Regierung, Aufbau einer gehorsam verwendet hatten. demokratischen Parteistruktur – von unten nach oben – und eine klare Ausrichtung an den Am Mittwochabend (2. Oktober) harrten nun Werten der Europäischen Volkspartei (EVP). die italienischen Journalisten vor der römischen Residenz Silvio Berlusconis aus und zählten die Die Anti-Europa-Stimmungsmache, die in den Getreuen, die dem ehemaligen italienischen letzten Monaten durch Silvio Berlusconi selbst, Premierminister in den schweren Stunden nach aber auch etliche andere Exponenten seiner seiner herben Niederlage im Senat zur Seite „Falken“ in regelrechten Medienkampagnen standen: Gianni Letta, der ihn während seiner betrieben wurde, war offensichtlich einer der Zeit als Ministerpräsident stets als ranghöchs- 2 Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. ter Staatssekretär beraten hat; Die PDL- Am heutigen Freitag (4. Oktober) steht die Abgeordnete Daniela Santachè, die sich für letzte Sitzung des Immunitätsausschusses des ITALIEN Berlusconi in fast allen TV-Shows leidenschaft- italienischen Senats an. In den darauf folgen- KATJA CHRISTINA PLATE lich einsetzt; Und Roberto Brunetta, der PDL- den Tagen muss dann das Plenum des Senats SILKE SCHMITT Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus über die Frage abstimmen, ob Silvio Berlusconi und Sprachrohr der „Falken“. Später sollen sein Mandat als Senator weiter ausüben darf, 4. Oktober 2013 zwar noch einige weitere Politiker hinzuge- oder nicht. Manche Beobachter glauben, dass kommen sein, bei der zeitgleich stattfindenden Silvio Berlusconi die Letta-Regierung nun den- www.kas.de/italien Gegenveranstaltung der sogenannten „Tauben“ noch weiter unter Druck setzen wird, um seine www.kas.de trafen sich nach Angaben von Roberto Formi- Immunität zu behalten. Die gewonnene Ver- goni rund 70 Sympathisanten der Parteilinie, trauensfrage sei im Grunde nur ein „Gefallen“ die von Angelino Alfano vorangetrieben wird. gewesen und Silvio Berlusconi erwarte nun ein Während die „Alfaniani“ also berieten und eine „Gegengeschenk“. neues Profil diskutierten, standen auch hier die Journalisten, die in einer Art Feldanalyse zu Ob Premierminister Letta, der den Mittwoch als verstehen versuchten, was da gerade auf der „historischen Tag“ bezeichnete, zum Austausch politischen Bühne Italiens passierte. Und vor von „Geschenken“ bereit ist, ist fraglich. „Ber- allem: Was Silvio Berlusconi zu seiner dramati- lusconi gehört der Vergangenheit an“, so En- schen Kehrtwende im Senat bewogen haben rico Letta, denn „die Zukunft der PDL liegt in könnte. den Händen von Alfano“. Es bleibt also weiter spannend in Italien. „Nun werden die Hemds- Verschiedene Versionen, unklare Perspek- ärmel hochgekrempelt und weiter geht es bis tiven 2015“, erklärte Enrico Letta seine Prioritäten. Italien wäre es zu wünschen. In den italienischen Zeitungen kursierte am Tag nach dem Abstimmungs-Debakel Silvio Berlusconis das Bild des PDL-Koordinators Denis Verdini. Als „Falke“ hatte er in den letz- ten Wochen die Spaltung zwischen der PDL und der Letta-Regierung vorangetrieben, nun musste Dennis Verdini dem offensichtlich ver- zweifelten Silvio Berlusconi am Mittwochmittag im Senat nahelegen, den Kurs kurzfristig zu ändern und seine Partei dazu aufzurufen, der Regierung Letta das Vertrauen auszusprechen. Nach Angaben von „La Stampa“ hat Silvio Ber- lusconi dann Angelino Alfano anrufen lassen, um ihm mitzuteilen, er werde persönlich in der Senatsaula aufstehen und sagen, dass die gan- ze Partei der Regierung ihr Vertrauen ausspre- chen solle. Angelino Alfano habe jedoch im Ge- genzug versprechen müssen, die Partei nicht zu spalten. „Il Foglio“ hingegen spricht von ei- nem Pakt: Die „Falken“, also Berlusconis treu- este Anhänger wie Renato Brunetta und Danie- la Santanchè, bekommen die Forza Italia. Die „Tauben“ um Angelino Alfano und Staatsminis- ter Gaetano Quagliariello übernehmen die PDL. Beide Parteien würden forthin unter der „geis- tigen Führung“ des „edlen Vaters“, Silvio Ber- lusconi agieren. Welche Version nun richtig ist, kann kein Beobachter gegenwärtig sagen. .