Von Seifen Unweit Dierdorf (Westerwald). Einleitung
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Palaeontographica - Beiträge zur Naturgeschichte der Vorzeit Jahr/Year: 1903-04 Band/Volume: 50 Autor(en)/Author(s): Drevermann Friedrich (Fritz) Ernst Artikel/Article: Die Fauna der Siegener Schichten von Seifen unweit Dierdorf (Westerwald). 229-287 © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at Die Fauna der Siegener Schichten von Seifen unweit Dierdorf (Westerwald). Von Dp. Fr. Drevermann. Einleitung. Mit dem Namen „Siegener Schichten" bezeichnete Katsee einen Complex von altunterdevonischen, sandig-schiefrigen Gesteinen, die besonders in der Siegener Gegend und von hier bis zum Rhein und darüber hinaus eine grosseVerbreitung besitzen. So gut wir aber sonst über die Fauna einzelner Glieder des rheinischen Devons unterrichtet sind, so gering ist bisher unsere Kenntnis der Fauna und der Strati- graphie dieser Siegener Schichten. Ich leistete daher gern der Anregung des Herrn Prof. Kayser Folge, den Fundort Seifen, dessen reiche und typische Fauna zum Teil schon durch Mattker bekannt geworden war, zu bearbeiten. Das im geologischen Institut der Universität Marburg vorhandene Material, das von Herrn Prof. Katsee und seinem damaligen Assistenten, Herrn Dr. Lotz, zusammengebracht war, diente mir als Grundlage, und ein zweimaliger, jedesmal mehrere Tage währender Aufenthalt an dem Fundort setzte mich in die Lage, die an und für sich schon gut vertretene Fauna noch sehr be- deutend zu vermehren. Ich hoffe daher, dass mir alle wesentlichen Formen von Seifen bekannt gewor- den sind und zugleich, dass es mir gelingen wird, mit der nachfolgenden Besprechung wenigstens eine Phase unserer altunterdevonischen Tierwelt in einiger Vollständigkeit klarzustellen. Dem palaeontolo- gischen Hauptteil der Arbeit möchte ich einen kurzen, wesentlich stratigraphischen Teil vorausschicken, der zwar nicht viel Neues bringt, immerhin aber einige Gedanken ausspricht, die sich bei der Durchsicht mehrerer Sammlungen und bei den Exkursionen herausbildeten, die ich im Siegenschen und im Ehein- land ausführte. Diese stratigraphischen Notizen bedürfen zwar zum grossen Teil ihrer Bestätigung durch exakte geologische Aufnahmen; ich glaube aber, selbst wenn gerade dieser Teil meiner Arbeit später widerlegt werden sollte, dass durch die Anregimg einer Diskussion über gewisse Punkte immerhin schon ein Fortschritt erzielt ist. Im Schlussteil werde ich die Folgerungen besprechen, die sich aus der Bear- beitung der Fauna ergeben. 29* © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at — 230 — Bevor ich zu meinem Thema übergehe, fühle ich das Bedürfnis, Herrn Prof. Kayser für die Anregung zu der Arbeit und während derselben, sowie für die Ueberlassung des schon in der Sammlung vorhandenen Materials meinen besten Dank auszusprechen. Weiter danke ich der Direktion der Königl. preuss. geolog. Landesanstalt und den Herren Prof. Rauff und Voigt in Bonn für die TJebersendung von Originalen zu Vergleichszwecken, den Herren Maurer in Darmstadt und Prof. Schlüter in Bonn für die Erlaubnis, ihre Sammlungen für meine Zwecke zu besichtigen. Ganz besonderen Dank aber schulde ich Herrn Upfield Green in London, der auf meine Bitte eine Reihe von Brachiopoden (Originalen David- sons) in mehreren Museen Londons untersuchte und mir darauf bezügliche Fragen beantwortete, ferner für seine gütige Vermittelung bei Beschaffung eines Gripsabgusses von Pterinea ( „Palaeopinna") gi- gantea Krantz aus dem British Museum. Für gelegentliche briefliche Auskunft bin ich Herrn Prof. Barrois in Lille verpflichtet. Unmöglich hätte diese Arbeit so zahlreiche Fundpunkte berücksichtigen können ohne das liebenswürdige Entgegenkommen des Herrn Bergmeisters Bornhardt in Siegen, der mir die Sammlung der Siegener Bergschule zugänglich machte und mir bei ihrer Durchsicht in freundlichster Weise zur Hand ging. Und endlich möchte ich noch Herrn Dörbecker in Marburg meinen Dank sagen dafür, dass er trotz der grossen Beschränkung seiner Zeit die beigegebenen Tafeln in sorgfältiger Weise ausführte. Stratigraphischer Teil. Meine ersten Studien über die Siegener Schichten habe ich in einem Vortrage niedergelegt, den ich auf der Generalversammlung des naturhistorischen Vereins der preuss. Rheinlande in Siegen (Pfingsten 1902) hielt. Ich versuchte damals eine geschichtliche Entwicklung unserer Kenntnis der Siegener Schich- ten zu geben und hob zum Schlüsse kurz die Punkte hervor, die noch einer Klärung bedürfen. Es war mir von besonderem Interesse, einen Schieferhorizont mit zahlreichen Dachschieferlagern gesehen zu ha- ben, der schon früheren Autoren nicht entgangen war und der nach seiner Lagerung nur den Hunsrück- schiefern entsprechen konnte. Diese Ueberzeugung ist bei mir immer fester geworden, obwohl ich nur wenige neue Beobachtungen für ihre Richtigkeit beibringen konnte. Im Rhemprofil sind die Hunsrück- schiefer zweifellos ganz ausserordentlich entwickelt ; das weiter östlich gelegene Profil von Altenkirchen nach Bendorf zeigt sie ebenfalls in typischer Ausbildung und grosser Mächtigkeit ; weiter östlich wurden sie von Herrn Bergrat Stähler (vergl. meinen oben erwähnten Vortrag) wiedergefunden und auch von mir in der Gegend von Betzdorf an vielen Orten beobachtet. Ich möchte hier auf die Karten verweisen, die den Revierbeschreibungen beigegeben sind, weil diese die Verbreitung der Dachschiefer in ziemlich genauer Weise wiedergeben. Wenn ich jetzt die Ansicht ausspreche, dass die unter dem Schieferhorizonte liegenden sandig- schiefrigen Schichten dem Taunusquarzit entsprechen, während die Dachschiefer selbst als Aequivalent der Hunsrückschiefer aufzufassen sind, so hoffe ich damit nicht zu weit zu gehen. Ich möchte den Kamen „Siegener Schichten" auf die Gesamtheit der Grauwacken und sandigen Schiefer beschränken, die ebenso wie der Taunusquarzit im wesentlichen das Liegende der Hunsrückschiefer bilden. Aber auch eine weitere Gliederung der Siegener Schichten in dieser Auffassung scheint mir möglich zu sein. Bei der Bearbeitung der Fauna von Seifen zeigte sich nämlich die überraschende That- sache, dass ein Hauptleitfossil der Siegener Schichten, Rensselaeria crassicosta Koch, vollständig fehlt (nur ein unvollständiges, sehr zweifelhaftes Stück wurde gefunden). Ich versuchte dieser Sonderheit © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/; www.zobodat.at — 231 — etwas nachzugehen und fand, dass auch bei Menzenberg, Nieder-Fischbacb, am Häusling und Heidenberg bei Siegen, auf Grube Fortuna bei Siegen und bei Beienbach, also an allen mir bekannten Fundorten der typischen Seifener Fauna, endlich auch bei St. Michel in Belgien und Looe in Cornwall die gleiche charakteristische Versteinerimg fehlt. Zu diesen Orten werden sich sicherlich noch eine grosse Anzahl weiterer Stellen gesellen. Bei der Massenhaftigkeit, mit welcher Bensselaeria crassicosta überall, wo sie überhaupt vorkommt, auftritt (ich nenne im Siegerland nur die Grube Glücksbrunnen bei Hengsbach, Kleff bei Eiserfeld, Alchen, mehrere Punkte bei Siegen [Feindlers Bruch und gegenüber auf der an- deren Thalseite, Arseniusstollen, Schneiders Bruch am Keckhammer, Friedrich-Wilhelm Erbstollen u. s. w.], den Hüttenberg und andere Punkte bei Hamm, Bauholz u. s. w.), ist dies völlige Fehlen an den vorher genannten Fundstellen etwas höchst auffallendes, und ich glaube, dass sich auf diese That- sache eine Einteilung der Siegener Schichten (in meiner Auffassung) begründen lassen wird. Ich möchte die Schichten, welche die hier beschriebene Fauna enthalten (aus dem palaeontologischen Schlussteil geht hervor, dass die oben genannten Fundorte faunistisch mit Seifen vollkommen übereinstimmen), als Sei- fener Schichten bezeichnen, als deren Leitfossilien ich Spirifer solitarius und Orthis personata auffasse. Die Versteinerungen des wahrscheinlich älteren Horizontes mit Bensselaeria crassicosta sind noch zu wenig bekannt, um ein Urteil darüber abgeben zu können, ob zugleich auch facielle Verschieden- heiten bei dieser Abweichung mitsprechen. Sie zeichnen sich an den meisten Stellen durch das überaus häufige, oft nahezu bankbildende Vorkommen von Bensselaeria crassicosta und strigiceps, daneben Tro- 1 pidoleptus carinatus Conr. var. rhenana Fkech (?) aus, Arten, die in den Seifener Schichten bisher gänzlich unbekannt sind. Wenn ich auf diese Andeutung einer Gliederung nicht näher eingehe, so sprechen dabei be- sonders zwei Gründe ein gewichtiges Wort. Einmal muss ich hier wie schon a. a. O. die Unzulänglichkeit und Unrichtigkeit aller älteren Fossillisten hervorheben. Die beste von allen ist zugleich auch die neuste von Maurer, welche die Versteinerungen des hier bearbeiteten Fundortes Seifen aufzählt. Aber auch diese weist eine Reihe von ungenauen Bestimmungen auf. Als das ärgste Beispiel derartiger Listen möchte ich eine solche hervorheben, aus der auch der Fernerstehende ersehen kann, mit welcher Vor- sicht die Litteratur zvi gebrauchen ist. Ktjever gibt (Verh. naturhist. Vereins Bonn, Bd. XIX, 1862, S. 309 ff.) eine wesentlich tektonische Studie des Siegerlandes, die von Schmeissek widerlegt worden ist. An dieser Stelle aber führt er z. B. folgende Versteinerungen als aus den Siegener Schichten stam- mend auf: Posidonia Becheri, Stringoceplialus Burtini, Pentamerus Knigliti, Actinoceras Bigshyi etc. Man fragt sich beim Durchlesen solcher Listen unwillkürlich, was der Autor wohl für Material und für Litteratur zur Hand gehabt haben