CV820WB Signature YAMAHA Mit brachte es Wes Borland zu Weltruhm. Nun backt er wieder

mal eigene Brötchen und Yamaha hat ihm dazu ein sehr spezielles

Signature-Modell nach seinen Angaben auf den nervösen Leib geschneidert.

Übersicht

Fabrikat: Yamaha Modell: CV820WB Wes Borland Signature Herkunftsland: Japan Typ: Semisolidbody Electric Der Mann, bekannt für sein exzentrisches konstruktion Mensur: 648 mm Hals: Ahorn, dreiteilig, eingeleimt, Auftreten und die toten Augen schwarzer Die Wes-Borland-Signature wartet mit gebundenes Palisandergriffbrett, Kontaktlinsen, gilt als Mitbegründer des einem originellen Shaping auf, welches mit 24 Bünde New Metal und widmet sich heute nach seinem erhaben ausgeführten Konturschnitt Halsform: kraftvolles D-Profil dem zweiten Ausstieg bei Limp Bizkit neben der Decke etwas an den berühmten German Halsbreite: Sattel: 43,8 mm; anderen Projekten vornehmlich seiner eige- Carve der Roger/Rossmeisl/Rickenbacker- XII. 52,8 mm nen Band (BLB). Das neue Tradition erinnert. Das etwas exzentrisch Halsdicke: I. 22,0 mm; XII. 24,1 mm Korpus: Erle, ausgefräste Signature-Modell ist nach Wes’ Aussage auf gestaltete obere Horn und das in fließender Hohlkammern, konturierte dem ersten BLB-‘ viel Linie dazu tief ausgeschnittene Cutaway Ahorndecke, f-Löcher, Sustainblock zu hören und wurde auf der NAMM-Show kennzeichnen das Design. Als Korpusbasis Oberflächen: Schwarz, Hochglanz im Frühjahr 2006 vorgestellt. Als offizieller dient ein zum Teil ausgefräster Block Erle auf Tonabnehmer: 2× Yamaha Custom Produktionsstart in Japan ist aber erst den die stark konturierte massive Ahorn- Dual Split Humbucker Dezember 2006 angegeben. Wes, der decke gesetzt wurde. Zwei etwas versetzt Bedienfeld: 2× Volume, zuvor schon die ein oder andere Gitarre für angeordnete F-Löcher zieren die Decke und Dreiweg-Schalter Steg: FC (FingerClamp) Tremolo System sich selbst gebaut hatte, nahm in Zusam- erlauben Einblick in die seitlichen Hohlkam- Sattel: FC Locking Nut menarbeit mit dem Yamaha-Luthier John mern. Decke und auch F-Löcher sind mit Hardware: verchromt Gaudesi vielfältigen Einfluss auf das Design. cremefarbigen Kunststoff-Bindings einge- Mechaniken: Yamaha, gekapselt Er entwarf nicht nur die Form und definierte fasst. Die Korpusmitte beließ man massiv, Gewicht: ca. 3,8 kg alle Spezifikationen, auch das Artwork der ein kräftiger Sustain-Block sorgt hier für die Linkshandmodell: Nein Kopfplatte kommt von ihm und selbst die zweifelsfreie Einsatzbereitschaft auch bei Getestet mit: Marshall JTM 45, Matchless Clubman 35 F-Löcher entsprechen den Tattoos seiner größeren Lautstärken. Der eingeleimte Hals Vertrieb: Yamaha Unterarme. „I didn’t want someone else’s wurde aus drei Teilen Ahorn gefügt und mit D-25462 Rellingen design.“ Na – persönlicher geht’s ja wohl einem gänzlich unverzierten, dafür aber ein- www.yamaha.de kaum noch. gebundenen Griffbrett aus Palisander aus- Preis: ca. € 1669 ohne Koffer Franz Holtmann Franz 106 107 01.07 gitarre & bass praxis heraus, die trotz einer breiten Abbildung Wes Borland weiß offenbar des Frequenzbildes doch auch über kom- genau, was er will, denn diese pakte Bässe und zupackende Höhen verfü- Gitarre ist auf jeden Fall mehr, als gen. Im Klarklang glänzt er gar unerwartet nur eine weitere langweilige mit offener Transparenz in Akkorden und Variation der Standard-Typen im mit plastischer Darstellung. Gehen wir in engeren Sinne. Der gehöhlte den Zerrmodus, so gibt es in dieser Schalt- und eigenwillig gestaltete Kor- position knurrende Saft-Sounds aufs Ohr, pus mit seiner fetten massiven die sehr viele Tiefmitten transportieren, Konturdecke, der recht kraftvoll aber auch den Höhen noch ausreichend geschnittene Hals mit vollem Licht belassen. Lead-Spiel kommt hier mit Zwei-Oktaven-Tonumfang seiner lang aushaltendem, tief greifendem Strahl 24 Bünde und einem fließend und guter Färbung an den Start. gestalteten Hals/Korpusansatz Schön saftig dann die Darstellung des Steg- zum Cutaway hin. Dann die Pickups. Das Signal verfügt über Energie gradlinig geschaltete kraftvolle und Durchsetzungsvermögen, lässt Kraftak- Elektrik und oben drauf noch die korde pumpend atmen und vermittelt eine Divebomb-Vorrichtung – das ungemein stabile Artikulation in einzelnen alles spricht seine eigene Spra- Noten, überzeugt aber auch mit der Aus- che, und die will nicht flüstern. druckskraft saftig konturierter Linien dank Das rundlich ausgeformte Hals- eines bemerkenswert akzentuiert agieren- profil der Borland Signature den Anschlags-Kicks. Nimmt man das gute erweist sich als ein guter Kom- Dynamikverhalten hinzu, das zu optimal promiss zwischen Fleisch und differenzierter Tonformung und atmender Komfort. Man hat einer- gestattet. Diese optische Gradlinigkeit seits gut was in der Hand, fühlt sich kommt gut; die Markierung der Lagen über andererseits bestens unterstützt schwarze Punkteinlagen im Binding reicht beim Akkorde schreddern wie beim vollkommen aus. 24 Jumbo-Bünde sitzen solistischen Exzess. Darüber hinaus sauber poliert und fein verrundet im Fret- kann der kraftvolle Hals in Verbin- board. Der wenig abgewinkelte Kopf (eben- dung mit dem massiven mittleren falls eingebunden) zeigt einen Kragen Korpusteil – die seitlichen semi- unterhalb des Klemmsattels aus Metall mit akustischen Höhlungen nehmen praktischem manuellem Lösemechanismus wenig Einfluss auf den Klangcharak- (FC Nut) und ist mit weich laufenden haus- ter – als Schwingungseinheit gelten, eigenen Mechaniken im Grover-Stil ausge- deren kraftvoll durchgezeichnetes stattet. Eine kleine Glocke mit Yamaha- Klangbild sich auch schon akustisch Schriftzug verdeckt den Zugang zum einge- grundlegend bewährt. Mit einem legten Stellstab. bemerkenswert tragfähigen Sustain In Korrespondenz zum Klemmsattel ist der gesegnet, kann die Gitarre selbst in Wes-Borland-Signature ein frei schweben- den hohen Lagen mit erstaunlich des Vibratosystem mit Feinstimmvorrich- lang aushaltenden Tönen aufwarten. tung (FC FingerClamp Vibrato-System) Die Stimmverteilung im Akkord ist eingebaut worden, das an drei Federn auf- ansonsten weitgehend ausgewogen gehängt von zwei Bolzen im Messerkanten- und zeigt einen netten Anschlag- prinzip gehalten wird (ich bau mir das Teil Peak (also doch wohl etwas semi- aber erst einmal für meinen Bedarf auf zwei akustischer Anteil dabei). Federn um). Ein Block durch den die Saiten Am Amp kommt die Borland- gefädelt werden existiert nicht, stattdessen Signature dann erwartungsgemäß sind an dieser Stelle recht lang gestaltete kraftvoll daher. Die doppelspuligen Hülsen zu finden. Die Federn werden Pickups verfügen allerdings mit getrennt davon durch eine Art dreiarmige Widerständen von 8,5 kOhm am Kralle gekontert. Hals und 11,6 kOhm am Steg über Zwei Yamaha-Custom-Dual-Split-Humbucker durchaus maßvolle Auslegung, wel- in Chrom-Kappen, die mit ihren drei/drei ver- che auch noch ein gutes Höhen- setzten Polschrauben etwas an Fender- spektrum zum Zuge kommen lässt Humbucker erinnern, sorgen für die elektri- und nicht nur dem mittigen Saft- sche Potenz der Gitarre. Geschaltet wird mit Sound den Vorzug gibt. Das Klang- einem Dreiwege-Toggle-Switch, verwaltet bild erweist sich als gut austariert, über zwei Volumen-Potis – für jeden Pickup muss es auch sein, denn ein Tonreg- ein eigenes. Kein Tonpoti an Bord! Lackiert ist ler für die Einflussnahme auf den Sound ist Gestaltung der solistischen Performance das Modell hochglänzend in deckend tiefem nicht vorhanden. verhilft, so kann nochmals nur betont wer- Schwarz, optisch gut in Szene gesetzt durch Der Humbucker am Hals gibt auf den den, dass der gute Wes genau weiß, was er die cremefarbenen Bindings. Anschlag hin runde volltönende Klänge will. Bei solch souverän klingenden Ergeb- gitarre & bass 01.07 107108 nissen, die sich keineswegs auf ledig- sind im Klar- wie im Zerrspiel interessante lich einseitige stilistische Auslegung Facetten zu holen, die sich verschiedenen begrenzen lassen, kann uns das nur Situationen bestens anpassen lassen. recht sein. Getrennte Volumen-Regler sind natürlich Die beiden Pickups, zusammenge- auch als optionale Presets für den Wechsel legt in der Mittelposition des Schalters, bie- zwischen unterschiedlichen Sounds äußerst ten ein breit und offen tönendes Zwi- nützlich. Verschiedene Zerrgrade je nach schenreich als alternative Klangoption, die Output der einzelnen Tonabnehmer oder sich klangfarblich dank der getrennten der Wechsel von Begleit- zu Solo-Aktionen Volumen-Regler tendenziell in Richtung sind darüber effektiv in Szene zu setzen. Hals- oder Steg-Pickup auslegen lässt. Hier Okay, diese schwebend aufgehängten Vibrato-Systeme sind nicht jedermanns Sache, denn man kann die Rechte nicht anstützen ohne die eingerichtete Stim- mung aus dem Gleichgewicht zu bringen und der Saitenwechsel plus Stimmen ist mühsam, trotz dieser Verbesserung im Detail durch den Sattel mit Klemmmecha- nismus (Werkzeug ist nicht nötig). Belohnt wird die Mühe dann allerdings mit so gut wie verstimmungsfreier Modulation auch bei offensiverem Hebeleinsatz. Das Instrument ist genau so, wie Wes Borland es für sich selbst haben wollte und wird wohl auch nur in dieser Version und Farbe geliefert. Das klingt nach einer sehr egozentrischen Sicht auf die instrumenta- len Dinge, ist aber im Ergebnis dennoch unbedingt von hohem allgemeinen Wert. (Wäre ein Tonregler und ein fester Steg drauf, so könnte man ja sogar in Versu- chung kommen, Jazz auf ihr zu spielen – huch!). Getestet wurde übrigens in Normalstim- mung; die Gitarre ist ab Werk mit einem .010er Satz bespannt. Falls sich jemand auf die von Wes bevorzugte tiefe Stimmung mit Saiten von .011 bis .052 einlassen will, so ist eine Anweisung für den nötigen Aus- tausch der Locking Blocks im Klemmsattel dem Manual beigelegt. über ein effektives Vibrato-System. Wer sich von dieser Beschreibung angesprochen resümee fühlt, der sollte ruhig einmal einen persön- Mit der Wes-Borland-Signature legt Yamaha lichen Test wagen, denn diese Wes-Borland- ein sehr interessantes Instrument vor, das Signature ist auf jeden Fall ein Highlight im wendiger ausgefallen ist, als man meinen Yamaha-Programm! ■ könnte und dem sich keineswegs ein kate-

gorischer Musikstil aufs Auge drücken lässt. Das Design ist schlüssig in optischer, wie in Plus Plus spielpraktischer Hinsicht. Die Gitarre lässt sich sehr gut spielen, bietet großen Tonum- • Design fang und eine saftige Tonwandlung mit viel • Konstruktion Luft und Licht im Klanggeschehen. Das • Zwei-Oktaven-Hals verdankt sie der gesunden semiakusti- • Spieleigenschaften schen Konstruktion ebenso, wie den • Pickups nicht übertrieben aufgeblasenen • Sounds Pickups. Im Gegenteil: Wes bevorzugt • Vibrato-System • Verarbeitung eher maßvolle Outputs und das lässt

der Klangentfaltung eine große Trans- Minus Minus parenz und setzt auch die guten dyna- mischen Eigenschaften der Borland- Signature bestens in Szene. Die Gitarre • kein Tonregler (wer’s kommt ohne Tonregler aus und verfügt braucht)

108 109 01.07 gitarre & bass