RAKSTI 2020. gads 74. sējums 2. numurs Georg Kuphaldt — Gartendirektor der Stadt und Gärtner des Zaren

Agnese Bergholde-Wolf [email protected]

Schlüsselwörter: Kuphaldt, Riga, Ostseeprovinzen, Russland, Stadtgärtner, Landschafts- und Gartenkunst

Der Beitrag gibt einen allgemeinen Einblick in das Werk Georg Kuphaldts, des ersten professionellen Stadtgärtners von Riga. Eine stilistische Einordnung seiner gartenkünst- lerischen Leistungen in den Zusammenhang der Gartenkunst des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Europa und in Russland ist bisher nur ansatzweise erfolgt. Eine umfas- sende Würdigung der Gartenkunst Georg Kuphaldts steht noch aus.

Als der 27jährige Georg Kuphaldt verschiedenen Gartenthemen verfasst wor- (1853–1936) im Jahre 1880 nach Riga be- den, die uns heute einen Zugang zu seiner rufen wurde und die Stelle des Stadtgärtners künstlerischen wie gärtnerischen Denk- und annahm, ahnte er wahrscheinlich nicht, dass Arbeitsweise ermöglichen3. Ein Teil seiner er hier sein Lebenswerk schaffen würde und Zeichnungen zu Gartenprojekten in Riga wer- sein beruflicher Werdegang ihn sogar bis ans den in der Abteilung für Rara und Handschif- Schwarze Meer führen würde. So steil und ten der Lettischen Nationalbibliothek in Riga geschwungen wie die von ihm angelegten aufbewahrt, manche davon sind als Nach- Wege in dutzenden von Parks und Gärten in zeichnungen/Kopien seiner Mitarbeiter (Jānis den einstigen russischen Ostseeprovinzen, Apsītis, 1881–19434), auch in Privatbesitz d.h. im heutigen Est- und Lettland und in überliefert. Russland waren, verliefen auch seine persön- Nach einer Lehre in der großherzogli- lichen Lebenswege. chen Schlossgärtnerei in Eutin und der an- Das gartenkünstlerische Schaffen von schließenden Ausbildung am Pomologischen Georg Kuphaldt und seiner herausragenden Institut in Reutlingen erhielt Georg Kuphaldt Rolle für die Entwicklung der Gartenkunst 1876 die Möglichkeit, an der vom Gene- im heutigen Baltikum ist neben zahlreichen ral-Gartendirektor der königlich-preußischen feuilletonistischen Beiträgen in jüngster Zeit Gärten, Joseph Peter Lenné (1789–1866), insbesondere von zwei Forscherinnen inten- initiierten und geleiteten Königlichen Gärt- siver beleuchtet worden, Hemma Kanstein nerlehranstalt am Wildpark bei Potsdam eine (1998)1 und Anna Kavere (2007)2. Daneben zweijährige Gärtnerausbildung unter Ferdi- sind von Georg Kuphaldt selbst mehr als 30 nand Jühlke zu absolvieren. Die Gartenge- Beiträge zu seinen Gartenprojekten sowie staltung im sogenannten “gemischten Stil”,

86 GEORG KUPHALDT — GARTENDIREKTOR DER STADT RIGA UND GÄRTNER DES ZAREN d.h. regelmäßige und repräsentative (auch gartenbauliches Studium möglich war“.5 Der mit Kleinarchitekturen versehene) Partien Bedarf nach einem Stadtgärtner war akut ge- wechseln sich mit landschaftlich, organisch worden, nachdem der russische Zar Alexan- gestalteten ab, fand unter den Schülern der der II. 1856 für den Bereich der Altstadt von Potsdamer Einrichtung im 19. Jahrhundert Riga den Status einer militärischen Festung großen Anklang. An diese bedeutende zeit- aufgehoben hatte und anschließend die aus genössische Lehranstalt wandte sich 1879 dem 17. Jahrhundert stammenden Festungs- die Gartenverwaltung von Riga und bat um wälle binnen weniger Jahre “geschliffen“, die Empfehlung eines Garteningenieurs. Für d.h. abgetragen wurden. (Abb. 1). Es waren die Suche nach einem potentiellen, für das Freiräume am bisherigen äußeren Rand der Stadtgärtneramt von Riga geeigneten Kandi- Stadt entstanden, die günstige Vorausset- daten war wohl nicht zufällig sondern ganz zungen schufen für das räumliche und ge- gezielt die prominente Lehrstätte in Pots- sellschaftliche Wachstum, Ausdehnung und dam-Wildpark ausgesucht worden, hatte sie Entwicklung der Stadt zu einer modernen, sich doch seit ihrer Gründung 1823 zu ei- urbanen Großstadt. Eine noch im selben Jahr ner bedeutenden und “richtungsweisenden von der Stadtverwaltung unter Führung des Einrichtung entwickelt, an der erstmalig ein Bürgermeisters Grimm (E.V.T) einberufene

Abb. 1. Stadtplan Riga, 1867. Herder-Institut, Marburg. Kartensammlung, Sign. K_46_ VIII_R_8_-_R

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Kommission formulierte die Vorgabe, dass breiten zentralen Ost-West-Achse mit einem das freigewordene Territorium einer neuen runden Platz vor, in dem Straßen aus ver- Planung unterzogen werden muss und hier schiedenen Vierteln sternförmig münden.7 notwendige Neubauten für administrative, Zweireihige Alleen umrahmten die neuen kulturelle und Bildungseinrichtungen entste- Viertel und Straßen. Im Bereich des früheren, hen sollen, der frühere Festungsgraben soll nun begrünten Stadtgrabens wurden einzel- zum Kanal mit fließendem Wasser und Grün- ne Bauten vorgesehen. Auch wenn der Plan anlagen umgestaltet werden.6 in einer vereinfachten Version akzeptiert und Der Stadtarchitekt Johann Daniel Felsko umgesetzt wurde, behielt sie die von Felsko (1813–1902) wurde beauftragt, ein Projekt vorgesehene Grundstruktur mit der zentra- für die Umgestaltung dieses Territoriums zu len Verbindungsachse sowie weiteren gera- erarbeiten, das 1857 vorlag. (Abb. 2). Der den verbindenden Straßen und dem grünen wichtigste und weitsichtigste Vorschlag die- Gürtel um die Altstadt. Die zukünftige Be- ses Projektes war die Verbindung der Altstadt bauung beiderseits des Kanals wurde durch mit den Vorstädten zu einem Stadtgewebe. Baubestimmungen reglementiert, es durften Hierfür sah Felsko die Bildung eines neuen hier nur Steingebäude in einer Höhe von max. Stadtzentrums mit entsprechender Bebau- 6 Geschossen bzw. bis zu 21,3 m Traufhö- ung und einer beide Stadtteile verbindenden he errichtet werden. Um ein einheitliches

Abb. 2. Stadtplan Riga, 1857, J. D. Felsko und O. Dietze mit begrüntem Kanalstreifen und Wöhrmannschen Garten. Rīgas Vēstures un kuģniecības muzejs

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Abb. 3. Kaisergarten, Riga. Postkarte, vor 1909. Herder-Institut, Marburg. Bildarchiv, Inv. Nr. 191288

Straßenbild zu erhalten, sollten die Gebäude- zumal er nach Abschluss seiner Ausbildung fronten zur Straße hingewandt sein. Produk- gerade mal eine Arbeitspraxis von nur einem tionsstätten oder Speicherbauten waren hier Jahr aufweisen konnte. Doch wurde der jun- nicht zugelassen.8 Auch in den Vorstädten ge Gärtner aus Plön gleich im ersten Frühjahr wurde 1858 die bislang gültige Bestimmung seit seinem Dienstantritt mit der Umgestal- nur in Holz zu bauen aufgehoben. Außer dem tung bzw. Wiederherstellung des ältesten Kanal mit begleitenden Grünstreifen war eine Gartens in Riga, des Kaisergartens (heute weitere trapezförmige Grünfläche im Bereich Viestura dārzs, 8,1 ha) nördlich der einstigen der ehemaligen Vorstädte vorhanden, die Zitadelle in unmittelbarer Nähe des Flusses Kuphaldt zu Beginn seiner Tätigkeit in Riga Düna/lettisch Daugava beauftragt. Der auf vorfand. Es war der nach der Stifterin Anna Befehl von Zar Peter dem Großem im ersten Wöhrmann benannte Wöhrmannsche Garten Viertel des 18. Jahrhunderts9 eingerichtete (heute Vērmanes dārzs), der auf Anregung Garten wurde in dem damals verbreiteten re- des damaligen General-Gouverneurs Marquis gelmäßigem, so genannten holländischen Stil Filippo Paulucci (1779–1849) 1817 eröffnet durch den “Gärtner seiner Majestät auf der wurde. Der Garten war bei der Bevölkerung Vorburg” Nikolai Legeband angelegt und spä- beliebt, es besaß eine Mineralwasseranstalt, ter durch den aus Moldau stammenden Mi- und es wurden dort gegen Eintrittsgeld ver- chael Schindler vollendet und etwa 25 Jahre schiedene unterhaltende Veranstaltungen ge- lang gepflegt. In großem Stil und mit großem boten. Aufwand unter Heranziehung von 800 Solda- Womit Kuphaldt die Gartenverwaltung in ten als Arbeitskräfte und Heranschaffung von Riga für seine Kandidatur gegen drei andere Tausenden von Bäumen aus dem Ausland wie Bewerber überzeugt hatte, wissen wir nicht, auch aus den einheimischen Gütern entstand

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der repräsentative Teil des Gartens mit “brei- te der Fürsten und Großen im Lande, deren ten schattigen Alleen, Laubengängen, Irrgär- freigebigem Kunstsinn wir viele herrliche ten, Fruchtgärten und Gartenhäusern”.10 Im Anlagen verdanken. […] Heute ist das Be- Boskettbereich soll Peter der Große eigen- wusstsein des Rechtes auf Luft und Licht in händig 1721 eine Ulme eingepflanzt haben, alle Bevölkerungsklassen einer Großstadt ge- ein Granitblock mit entsprechender Inschrift drungen und die Erkenntnis, dass städtische erinnert noch heute daran. (Abb. 3). Gartenanlagen nicht ein Luxus, sondern ein Der regelmäßig und symmetrisch angeleg- Bedürfnis für das Allgemeinwohl sind. Erst te Garten wurde von mehrreihigen Lindenal- mit dieser Erkenntnis tritt die städtische Gar- leen eingefasst und durch einen breiten Kanal tenkunst als vollberechtigter Teil in den Kreis quer in zwei Hälften geteilt, daneben gab es der Aufgaben des städtischen Gemeinwesens auch Blumenbeete und Obstgärten. Für den und gewinnt in den Großstädten wesentlichen Eigenbedarf wurde eine Baumschule (Recru- Anteil am Städtebau. Mit dem Recht auf Luft ten-Garten) eingerichtet sowie in einem nicht und Licht ist auch das Bedürfnis nach städ- öffentlich zugänglichen Teil des Gartens die tischen Gartenanlagen da, und stets sollte Sommerwohnung für den General-Gouver- bei Festlegung städtischer Bebauungspläne neur und dessen Adjutanten gebaut. Nach ein gewisser Prozentsatz der Grundfläche einer Zeit großer Beliebtheit des Gartens bei zur Bepflanzung freibleiben. […] Namentlich Spaziergängern und Ausflüglern, übernimmt aber sorge man dort für Luft, Licht und Er- ihn Kuphaldt zum Ende des 19. Jahrhunderts holungsanlagen, wo die ärmere Bevölkerung als vernachlässigt, zu feucht und “düster”, die in engen Wohnungen — oft viele Familien in stehenden Gewässer waren versumpft und einem Hause mit lichtlosen Höfen — zusam- unattraktiv geworden.11 Die Wiederherstel- mengedrängt ist und die Wohltat der Feier- lung der ursprünglichen Planung des Gartens stunde im eigenen Garten und in Gottes freier konnte nur in Teilen erfolgen, der größte Teil Natur nur ausnahmsweise genießen kann.”12 wurde im aktuellen englischen Landschafts- Getreu diesen Prinzipien hatte Kuphaldt stil neu gestaltet. Dabei hatte Kuphaldt den auch den Wöhrmannschen Garten (etwa Gehölzbestand ausgelichtet, Boden aufge- 5 ha groß) umgestaltet. Die Einrichtung eines schüttet, die Teiche verfüllt oder neu ange- ersten Rosariums in Riga sowie die Lichtung legt. Die ehemals geraden Wege wurden und Lockerung der Bepflanzung, Veränderung durch geschwungene ersetzt, Rasenflächen der Wegeführung und ihre Staffelung in brei- asymmetrisch geformt. Beibehalten wur- tere, belebtere Wege und schmalere, etwas den die großen Lindenalleen, so wie sie als abseits gelegene Wege für Ruhesuchende Umgestaltungen Kuphaldts bis heute beste- sowie Einrichtung eines Spielplatzes brachte hen. Durch das Eröffnen einer Restauration dem jungen Stadtgärtner breite Anerkennung und die Anlage einer Radrennbahn gewann ein. (Abb. 4). der Garten von neuem an Anziehungskraft Sein erster auf fünf Jahre abgeschlosse- für breite Kreise. Bereits hier zeigte sich das ner Arbeitsvertrag wurde 1884 vorzeitig um Verständnis Kuphaldts über den Sinn und gleich weitere 15 Jahre verlängert.13 Bereits Zweck von Gartenkunst und -gestaltung, dem in den späten 80er Jahren des 19. Jahrhun- er während seiner ganzen Schaffenszeit treu derts folgten auch erste Aufträge außerhalb blieb. In einem Vortrag für die Gesellschaft der Stadt Riga, so auf dem heute in Estland für kommunale Sozialpolitik 1909 in Riga gelegenen Gut Pollenhof/estnisch Polli, wo formulierte er dies wie folgt: “Bis in die Mitte der im 18. Jahrhundert angelegte Garten des vorigen Jahrhunderts stand die ausüben- mit Rotunden und malerischen Sichtachsen de Gartenkunst fast ausschließlich im Diens- um weitere solche ergänzt, ein See angelegt

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Abb. 4. Wöhrmannscher Garten, Riga. Postkarte, vor 1945. Herder-Institut, Marburg. Bildarchiv, Inv. Nr. 82698 und der Baumbestand mit zahlreichen neuen de öffentlicher Einrichtungen wie das Poly- Baumarten bereichert wurde. Weitere private technikum und das Stadtgymnasium sowie Aufträge im heutigen Estland (z.B. Loal/Lohu, das Deutsche Theater errichtet worden, auf Kehtna, Orru/Orro, Ollustfer/Olustvere), Lett- die Kuphaldt seine Planungen der Bepflan- land (Pelzen/Pelči, Zirau/Cīrava und Kazdan- zung und Wegeführung auszurichten hatte. gen/Kazdanga), Polen (Lotz/Łódź), Ukraine Die bisherige Gestaltung des Streifens um (Schariwka), Weißrussland (Homel/Gomel) den sich windenden, den Verlauf der ehe- und in Russland (Marino, Natal‘evka) folg- maligen Festungswälle nachzeichnenden ten. Kuphaldt selbst gab an, er habe mehr als Stadtkanal war nach einem lediglich am 100 historische und ungepflegte Gärten er- Reisbrett entstandenen Entwurf des Lübe- neuert und in den baltischen Provinzen habe cker Garteningenieurs Wendt ausgeführt wor- es fast keinen Park eines größeren Gutshofs den, der Riga selbst nie kennengelernt hat. gegeben, an dessen Erneuerung oder Umge- Die wichtigsten Elemente dieser Grünanlage staltung er aktiv oder beratend nicht beteiligt waren der sogenannte Basteiberg, der beim gewesen wäre.14 Parallel widmete er sich seit Abtragen der Wälle durch Erdaufschüttung Ende der 1880er Jahre der Umgestaltung anstelle einer früheren (Sand-) Bastion ent- der Grünflächen beiderseits des neuen Ka- standen war sowie das dekorative Parterre nals von Riga (heute etwa 12,2 ha groß und vor dem Theater. (Abb. 6) Die Gliederung 3,2 km lang). (Abb. 5). der Anlage in einen repräsentativen Teil mit Sowohl im als auch außerhalb dieses einem prächtigen Blumenteppich vor dem Grünstreifens waren inzwischen an dem neu Theater und in einen Bereich für sonntägliche entstehenden Boulevard einige große Gebäu- Vergnügungen mit einem Café, einer Boots-

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Abb. 5. Situationsplan der städtischen Gartenanlagen in Riga. G. Kuphaldt (?), ohne Datum. Privatbesitz, mit freundlicher Abdruckgenehmigung von O. Spārītis

anlegestelle, Spielplatz sowie alle weiteren dass “in den Kanalanlagen […] Riga einen Elementen wie dichtem Wegenetz, Brücken, Schmuck besitzt, um den manche Residenz dem künstlichen Wasserlauf, dem Schwa- die Stadt beneiden könnte”.15 Über die kurz nenhäuschen sowie niedriger Bepflanzung ist vorgestellten zentralen Anlagen hinaus ge- heute gemäß dem Entwurf Kuphaldts wieder staltete Kuphaldt weitere, in Dutzenden hergestellt worden. Kuphaldt selbst wertete, zählende Gärten und Parks in Riga, sodass

Abb. 6. Basteiberg, Riga. Postkarte, 1901. Herder-Institut, Marburg. Bildarchiv, Inv. Nr. 252859

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Abb. 7. Zeichnung der Esplanade, Riga. G. Kuphaldt (?), ohne Datum. Lettische Nationalbibliothek, Abteilung für Rara und Handschriften A. Apīnis, Sign. LNB RXA251, N53 man der Einschätzung von Hemma Kan- Mitte von etwa 170 × 190 m für militärische stein gut folgen kann, dass trotz aller Verän- Paraden und Übungen weiterhin freigehalten derungen und späterer Umgestaltungen der werden musste. Dieser ovale Platz wurde von besondere “gartenhistorische Wert der Rigaer einer zweireihigen Lindenallee eingefasst, Grünanlagen vor allem auf ihrer einheitlichen wobei der halbrunde Weg im oberen Bereich Gestaltung, auf ihrem annähernd zusam- als Reitweg angelegt worden war. (Abb. 7, 8). menhängendem Grünsystem“16 beruht. Doch An den Rändern der Esplanade entstanden bedeutete dies nicht, dass sie alle gleichför- zudem solche repräsentativen Bauwerke wie mig aussahen. Kuphaldt vermochte das gar- die orthodoxe Kathedrale und bald nach der tenkünstlerische Instrumentarium vielseitig Jahrhundertwende die Börsen-Commerz- und unterschiedlich zu variieren und dabei schule (heute Kunstakademie Lettlands) so- jeweils eigene Akzente zu setzen. Der frühe- wie das Rigaer Kunstmuseum. re Exerzierplatz, die sogenannte Esplanade, Auch eine der frühesten europäischen eine trapezförmige Fläche, erhielt abwei- Gartenstädte, der so genannte Kaiserwald/ chend von seinen mehrheitlich im Stil eines lettisch Mežaparks, der im Nordosten der Landschaftsparks geformten Anlagen, eine Stadt Riga am Stintsee/lettisch Kīšezers liegt, regelmäßige und symmetrische Gliederung wurde nach Entwürfen von Kuphaldt von mit Lindenalleen, Rasenflächen und Blumen- 1900 bis 1910 verwirklicht. Sie zeichnet beeten. Dies hing mit der Auflage zusammen, sich zudem durch Jugendstilbebauung mit dass bei der Umgestaltung ein Platz in der insgesamt 172 Wohnhäusern aus. Nebenan

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Abb. 8. Entwurf zur Herstellung von Gartenanlagen bei der Commerzschule, Riga. Zeichnung G. Kuphaldt (?), 1903. Privatbesitz, mit freundlicher Abdruckgenehmigung von O. Spārītis

wurde 1910 ein neuer städtischer Waldfried- nur 1ha große querrechteckige Garten vor hof angelegt, der als Landschaftspark ge- dem Palais wurde mittels aller damals ver- staltet, in Riga eine Neuheit war.17 Weitere fügbaren technischen Hilfsmittel aufwendig städtische Gartenanlagen gestaltete Kuphaldt eingerichtet. Um das zentrale repräsentative auch in folgenden Städten der russischen Element, das vierpassförmige Blumenparter- Ostseeprovinzen, wie Libau/Liepāja (Rosen- re mit Fontäne, schlängeln sich symmetrisch garten/ Rožu dārzs, Raiņa dārzs) sowie Re- geführte, geschwungene Wegen an halbkreis- val/ (Viru Garten) und Pernau/Pärnu im förmigen Blumenbeeten und an den Rändern heutigen Estland. konzentrierten Baum- und Strauchgruppen Die Teilnahme an der Gartenbau-Aus- vorbei. Im Jahre 1896 wurde Kuphaldt zum stellung in Sankt Petersburg 1894 brachte kaiserlichen Apanage-Garteninspektor und Kuphaldt ein Jahr später den Auftrag zur gestaltete weitere kaiserliche Garten- und Gestaltung der gesamtrussischen Industrie- Parkanlagen. Zu den bekanntesten gehört und Kunstausstellung in Nischni Nowgorod/ der Park an der persönlichen Sommerresi- Nizhny Novgorod, die er gemeinsam mit dem denz des Zaren Nikolai II. in Dagomys bei in Estland tätigen Garteninspektor Friedrich Sotchi/Sochi am Schwarzen Meer, den er von Winkler bestritt.18 Gleich hiernach gewann 1897 bis 1899 gestaltete. Die Arbeit an die- er den Wettbewerb um die Gestaltung des sem Auftrag fasste er wie folgt zusammen: Gartens am kaiserlichen Winterpalast. Der “Einem echten in Potsdam geschulten, mit

94 GEORG KUPHALDT — GARTENDIREKTOR DER STADT RIGA UND GÄRTNER DES ZAREN geordneten Vorgängen in der Natur rechnen- 2 Kāvere A. Rīgas dārzu arhitekts Georgs den Gartenkünstler möchte ich es fast mal Kūfalts. Rīga: Jumava, 2007. gönnen, bei seinem Eintritt in das prakti- 3 Ibid., Kūfalta profesionālo publikāciju sche Leben einen derartigen elementaren pārskats 157.–159. lpp. Ausbruch eines Gebirgsregens im Kaukasus 4 Spārītis O. Pēc 44 gadiem un viena mē- beizuwohnen, er würde dann sofort die Erfah- neša jeb kurš būs nekrologa cienīgs. Cīņa, rung machen, dass es leichter ist, hübsche Nr. 78, 1987. g. 18. apr. Parkanlagen auf dem Papier zu machen, als 5 Königliche Gärtnerlehranstalt -Dah- sie nachher auszuführen”.19 Bereits die Dar- lem, in: Denkmaldatenbank des Lan- stellung dieses in einem gebirgigen Gelän- desdenkmalamts Berlin, http://www. de dicht am Meer gelegenen Gartens in der stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/liste_ Zeichnung mit den beeindruckend scharf ge- karte_datenbank/de/denkmaldatenbank/ führten “Zick-Zack-Wegen” lässt erahnen mit daobj.php?obj_dok_nr=09075367 welchen enormen Herausforderungen dieses 6 Bākule I., Siksna A. Rīga ārpus nocie- Projekt verbunden sein musste. Ein solches tinājumiem: pilsētas plānota izbūve un Beispiel führt das herausragende gärtne- pārbūve (Riga beyond the walls). Rīga: rische Können Kuphaldts vor Augen und Neputns, 2009, 136. lpp. verdeutlicht sein Talent die ihm anvertraute 7 Ibid., 142. lpp. Landschaft an den jeweiligen natürlichen Ge- 8 Ibid., 156. lpp.; Slava L. (red.) Koka Rīga. gebenheiten angepasst und ihre Besonderhei- Rīga: Neputns, 2001, 108., 109. lpp. ten integrierend zu einem schönen Naturbild 9 Die Angaben zum Gründungsjahr gehen in zu gestalten.20 Dabei richtete er sich vielfach der Literatur auseinander, die erste Nen- an die in Potsdam erlernten Prinzipien eines nung dieses Gartens ist erst 1721 überlie- “gemischten Stils” und verschränkte gekonnt fert. die natürliche mit künstlerisch ausgestalteter 10 Kuphaldt G. Die öffentlichen Park- und Schönheit. So buchstäblich und sinnbildlich Gartenanlagen Rigas. In: Die Gartenkunst, hoch und prominent er sich mit seinen Pro- Jahrgang 5 (1903), Heft 9, S. 147–152: jekten hochgearbeitet hatte, so plötzlich fiel 148. er während des Ersten Weltkriegs in Ungnade 11 Blumenbach A. Zur Geschichte der öffent- und wurde sogar für viereinhalb Monate in lichen Anlagen und Gärten der Stadt Riga. Haft genommen. Als deutscher Staatsbür- Riga, 1913, S. 44. In dieser Publikation ger wurde er der Spionage bezichtigt, des sind alle Pläne der Gärten in Riga abge- Hochverrats angeklagt und von seinen Auf- druckt, an denen Kuphaldt gearbeitet hatte. gaben als Gartendirektor von Riga entlassen. 12 Kuphaldt G. Städtische Gartenanlagen und 1915 wurde er nach Deutschland abgescho- ihre Bedeutung für Riga (Vortrag vom 25. ben, wo er an der Gärtnerlehranstalt in Ber- Januar 1909). In: Hefte der Gesellschaft lin-Dahlem noch bis zu seinem Lebensende für kommunale Sozialpolitik in Riga, II. 1938 aktiv tätig sein konnte. Mit seinem en- Jahrgang, Heft, Nr. 10, S. 3–16: 3, 4. gagierten gartenkünstlerischen Wirken hat er 13 Kāvere, op. cit., S. 73. dem Stadtbild von Riga unauslöschlich seine 14 Kuphaldt G., zitiert nach Kāvere, op. cit., grüne Handschrift verliehen. S. 74. 15 Kuphaldt G., op. cit., S. 151. Bemerkungen 16 Kanstein, op. cit., S. 139. 1 Kanstein H. Die Parkanlagen Georg Ku- 17 Krastiņš J. Pilsētbūvniecības piemineklis phaldts in Riga: ein Beispiel historisti- Mežaparks. https://mantojums.lv/media/ scher Freiflächengestaltung. Berlin, 1998. uploads/dokumenti/petijumi/mezaparks.

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pdf. Aufgerufen am 8. September 2019. A./ Gröning G./ Veselova A. Gartenkul- 18 Kāvere, op. cit., S. 76. tur in Russland. Beiträge des Symposi- 19 Kuphaldt G. Der kaiserliche Park zu Da- ums am Zentrum für Gartenkunst und gomis im Kaukasus. In: Die Gartenkunst, Landschaftsarchitektur (CGL) der Leibniz Jahrgang 7 (1905), Heft 7, S. 105–107: Universität Hannover, 9.–11. Mai 2012, 107. Worms 2013, S. 151–163: 163. 20 Naščokina M. Gartenprojekte von Georg Kuphaldt im Kontext der russischen Land- Raksts ir recenzēts. sitzarchitektur um 1900. In: Ananieva The article is peer-reviewed.

Par autori Dr. art. Agnese Bergholde-Volfa kopš 2015. gada ir štata un projektu darbiniece attēlu arhīvā Herdera institūtā Mārburgā, Vācijā. 2011. gada promocija Latvijas Mākslas akadēmijā par tēmu “Rīgas Doma viduslaiku arhitektūra un būvplastika eiropeisko analoģiju kontekstā” publicēta 2015. gadā izdevumu sērijā “Latvijas Mākslas akadēmijas Mākslas vēstures in- stitūta disertācijas, IV”. Zinātniskās intereses: Latvijas (viduslaiku) mākslas un arhitektūras vēsture. Publikācijas: https://www.herder-institut.de/go/bCv-150b6

About the Author Dr. art. Agnese Bergholde-Wolf since 2015 is a specialist at the image archive at the Herder Institūte in Marburg, . In 2011, acquired Doctoral degree in art history for the dissertation “Medieval Architecture and Sculptural Décor of the Riga Cathedral in the Context of European Analogies”, published in 2015 in the series of editions of the Institute of Art History of the Latvian Academy of Arts. Research interests: medieval (brick) architecture and sculpture in the Baltic region, art and architecture in Latvia. Publications: https://www. herder-institut.de/go/bCv-150b6

Georgs Kūfalts — Rīgas pilsētas dārzu direktors un carU DĀRZU dārznieks

Agnese Bergholde-Volfa [email protected] Kopsavilkums

Atslēgvārdi: Kūfalts, Rīga, Baltijas provinces, Krievija, pilsētas dārznieks, ainavu un dārzu māksla

Dārzu arhitekts Georgs Kūfalts (1853–1936) 35 gadu ilgās Rīgas pilsētas dārzu direktora kar- jeras laikā tika augstu vērtēts ne tikai toreizējā Baltijas provinču galvaspilsētā Rīgā, kas viņa vadībā pirmo reizi tika pilnībā apzaļumota, bet bija pieprasīts dārzu speciālists arī ārpus valsts robežām līdz pat Kaukāzam. Pēc apmācībām dažādās dārzkopības skolās Vācijā, t.sk. Pots- damā, stājoties amatā Rīgā 1880. gadā, viņš izveidoja vairākus desmitus dārzu no jauna un

96 GEORG KUPHALDT — GARTENDIREKTOR DER STADT RIGA UND GÄRTNER DES ZAREN pārveidoja tolaik esošos. Īpaši viņa izstrādātā “vienotā apzaļumošanas sistēma” (H. Kanštei- na), kurā kā pērles ķēdītē pilsētu iekļauj dārzi un parki, tika vērtēta kā līdzvērtīga citām tolaik izveidotajām zaļajām zonām Eiropas lielākajās pilsētās. Kūfalts ir arī Mežaparka autors, un tā bija pirmā dārzu pilsēta Krievijas impērijā. Paralēli darbam Rīgā un citviet Baltijas provincēs viņam bija iespēja cara personīgā uzdevumā izveidot ziedu dārzu Ziemas pilī Sanktpēterburgā. Tam sekoja vairāki dārzu un parku pasūtījumi Krievijas imperatora rezidencēs, kas nostiprināja Kūfalta slavu visas Krievijas mērogā. Kūfalta īpašie nopelni ir dažādu svešu, eksotisku augu un koku aklimatizācija Baltijas un Krievijas klimatiskajos apstākļos. Kūfalta izveidoto pilsētas dārzu un parku pamatiezīmes, arī pateicoties viņa latviešu audzēkņu un turpinātāju darbam, Rīgā ir saglabātas līdz pat mūs- dienām. Kā neatņemama pilsētas sastāvdaļa tie ir Rīgas košākā rota. Kūfalta plašais paša rakstu darbu mantojums, kā arī autobiogrāfija satur bagātīgu papildu materiālu dārzkopības un ainavu radīšanas izpētē un izzināšanā.

Georg Kuphaldt – director of Riga City parks and director of tzars’ parks

Agnese Bergholde-Volfa [email protected] Summary

Key words: Kuphaldt, Baltic provinces, Russia, city gardener, landscape and garden art

During his 35-years long career as a director of Riga City gardens, the German garden architect Georg Kuphaldt (1853–1936) was not only acknowledged in Riga, then capital city of Baltic provinces, which was fully greened for the first time under his leadership, but he was a demanded garden specialist also beyond the state borders even as far as Caucasus. After studies in various gardening schools in Germany including in Potsdam, since he took this post in Riga, in 1880, he formed anew several dozens of gardens and reformed the existing ones. Especially the “unified greenery system” (H. Kanstein) elaborated by him, in which gar- dens and parks enclose the city like a string of beads, can be evaluated as equal to other green zones in the largest European cities that were formed at that time. Kuphaldt was also the author of Mežaparks that was the first garden town in the . In parallel to his work in Riga and elsewhere in Baltic provinces he had an opportunity to form a flower garden in of St. Petersburg. This was followed by several orders for gardens and parks in residences of the Russian Emperor which consolidated Kuphaldt’s fame within Russia at large. Kuphaldt’s special contribution include acclimatisation of various foreign, exotic plants and trees in the climatic conditions of the Baltic and Russia. The basic features of city gardens and parks formed by Kuphaldt have been preserved in Riga till nowadays, also thanks to his Latvian students and successors. These have become an inalienable part of the city being its most splendid ornament. Kuphaldt’s extensive heritage of written works as well as his auto- biography contain rich supplementary material for studies and investigation of his gardening and landscape works.

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