2000 10 Geschichte Und Heim
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Mitteilungsblatt des Bergischen Geschichtsvereins — Abt. Remscheid - Hückeswagen - Radevormwald -_Wermelskirchen GESCHICHTE&HEIMAT ' Oktober 2000 — Nr. 10/67. Jahrgang Bilbfllllufmlimtäll'ßit Eine Menatsbeilage des rga}. Revolutionöres Postkartenidyll aus dem Jahre 1918: Einen Tag nach der Abdankung des Kaisers am 9. November konstituierte sich der aus ie drei Mitgliedern von SPD (Ebert, Scheidemonn und andsberg) und USPD (Dihmonn, House und Barth) bestehende Rat der Voiksbeauftrogten ols provisorische Regieryng. Repro: Deutsches Historisches Museum, Berlin Drei „bergische“ Revolutionsminister Das Bergische": Pflanzbeet für sozialistische Spitzenpolitiker? — Von Friedrich-Wilhelm Backhaus unwidersprochen — die Abdan- Die politische Situation im No- ten aber‘nach Äusserungen alli— nmittelbar nach dem kung des Kaisers bekannt gege— vember 1918: Die Situation war ierter Politiker rigoros ausfallen. Zusammenbruch der ben und — für unseren Zusam- militärisch, wirtschaftlich und ge- Monarchie 1918 waren Die Gesellschaft war in einem menhang der wichtigste Akt —- sellschaftlich katastrophal! Das drei im Bergischen totalen Umwandlungsprozess. den sozialdemokratischen Partei- Heer war von den übermächtigen « Land gewählte Reichstagsabge- Die dominierende. Rolle des bis führer Friedrich Ebert zum deut- Alliierten geschlagen, auch wenn ordnete und inzwischen zu Spit- dahin privilegienen Adelsstandes schen Reichskanzler ernannt. Ei- noch Jahre hindurch vom Rechts- zenpolitikern avancierte sozialis- war beendet. Das Bürgertum — ne gesetzliche Grundlage gab es _konservativismus die populisti- tenführer — Friedrich Ebert, Phi- von den Grolzbiirgem über die dafür nicht, denn eine solche Er- sche Parole vom „unbesiegten lipp Scheidemann und Wilhelm Bildungsbürger bis hin zu den Dittmann — unter den insgesamt nennung stand nach der Verfas- Heer“ und vom „Dolchstoß‘ in Kleinbürgem, Handwerkern und sung allein dem Staatsoberhaupt, denv Rücken der Armee“ hinaus— sechs Hauptverantwortlichen für landbesitzenden Bauern — hatte die deutsche Politik -in einer der dem Kaiser also, zu, und dessen posaunt wurde. die Triumphe der Reichsgrün— Abdankung war gerade erklärt zweifellos schwierigsten Phasen worden. Die Wirtschaft war durch die dung, der Flotten— und der Kolo- deutscher Politik überhaupt. Das jahrelang übersteigerte Kriegs— nialpolitik mitgefeiert. Es hatte fallt auf. Wie ist es zu erklären? Im Nachhinein ist aber nur fest- produktion ausgepumpt. Die Roh- sich mit der führenden Schicht War es Zufall? zustellen: dies war an diesem stoffe waren restlos aufgebraucht, des Adels nicht nur solidatisiert, Prinz Max von Baden, seit dem schicksalsträchtigen Tag die rich- Wirtschaft und Gesellschaft sondern, sozioku1ture11 gesehen, 3. Oktober 1918 Reichskanzler, tige, vielleicht die einzig mögli- durch die ungeheure Hypothek den Ade1 zum Vorbild genom- demissionierte am 9. November che Entscheidung. Der konserva- der Kriegsanleihen in Höhe von men, ihn, so gut es ging, imitiert 1918, nach einem verspäteten tive Prinz Max von Baden war 164 Milliarden Goldmark belas- und sieh damit von der politisch Parlamentarisierungsversuch. Zu- über seinen schalten gesprungen. tet. Die Waffenstillstandsbedin- tragenden schiebt einspannen las- vor hane er — eigenmächlig, aber JAber hatte er eine andere Wahl? gungen standen noch aus, muss- sen. Die Arbeiterschaft, repräsen- tiert oder gar organisiert durch die sozialdemokratie, war ge- spalten, besonders seit der „Au- gustbegeisterung“ 1914, in einen die alte Regierungspolitik mit tragenden Flügel und einen, der mindestens kritisch, zum Teil oppositionell gegen eine unge- zügelte Kriegspolitik stellung „„. bezog. Diese Spaltung mündete indie Separation der USPD vom sAnpassungskurs der MSPD ab -«-—._..„‚____ 1916. Weitere Hypotheken bil- deten die drohenden Reparatio— nen, die Besatzung in den west— lichen Randprovinzen, der dro- hende Verlust von Grenzgebie- ten wie Elsass—Lothringen, die erzwun'gene Preisgabe der deut- schen Kolonien. Veränderte Rolle der Frau Wie tief dieser Umwand- lungsprozess die gewohnte ge- sellschaftliche Struktur verän- _ derte, soll an einem weniger be— kannten Beispiel gezeigt wer- den. In dem viereinhalb Jahre Männer an die Fron1‚Frouen in die Fabrik: Munitionsprodukfion bei Mannesmann in Remscheid dauernden mörderischen Ver- während des Ersten Weltkrieges. Foto aus: Gerd Courts, „Remscheid — so wie es war” nichtungskrieg . mussten immer neue Truppen mobilisiert wer- brauchten aber Beschickung, den. Das veränderte stillschwei- flikten wegen der Unzulänglich- den. Das zwang zur Einberufung Steuerung (damals von Hand!), gend die Gesellschaft. Frauen keit dieser Ausbildung ab und fast aller Männer, auch der zuvor Wartung etc. Immer mehr rück- übernahmen immer mehr Ver- begab sich auf Wanderschaft. « zurückgestellten Facharbeiter in ten angelemte Frauen nach, antwortung, jetzt außerhalb der Zu den auffallend vielen Orten, der Industrie. Die Drehbänke schließlich zu Hunderttausen- Familie, im mehr öffentlichen die er dabei berührte, gehören Bereich. sie gewannen ein neues auch Elberfeld und Remscheid. slqlte mm mu Jesus-O '— — Slam: trud dqutuy Ansehen-Gleis selbstbewusstsein. Seit 1889 war er Mitglied der ___—___.Die-stati- 12. til-beruhte 1918 Jahrg-Is- Als die vier Millionen From- Gewerkschaft der Sattler und der ...—nn ...-neu— Remscheiden nn—m-m-Wnfl—nn —-... ..... ...-- ...... u- ...... soldaten in die Heimat zurück- sozialdemokratischen Partei, gekehrt waren, beanspruchten betätigte sich auch immer wieder und übernahmen sie wieder die als Agitator und Oiganisaton General ja Metg Arbeitsplätze. Die Frauen muss- was ihm nicht gerade die Sym- r- isM kir- s- ml- ten weichen, kehrten in die Fa- pathie seiner Arbeitgeber ein- Stadtkreifes Ren-schalt AnzeigeublattftlrdenGeftlfäftsuudArbeiismaertdes - milien, an den häuslichen Herd brachte. Dem Zwanzigjährigen zurück. Hier entstand unter der wurde die gewerksehaftliche und Hand ein Konfliktfeld. politische Arbeit mehr und mehr Die ganze bedrohliche Fülle eigentlicher Lebensinhalt. Zeit- der Probleme konnte hier nicht weise lebte er von Gelegen- Bürger! Soldaten! dargestellt, sondern nur angeris- heitsarbeiten als Sattler, bis sich sen werden. Wer sollte mit dieser seine Situation stabilisierte, als schwebenden Bedrohung fertig- er mit einem kleinen festen Ge- sites-users rm tri- izkrutiaze sei-sit »Heute-r ver Arbeiters und Soldaten-tat der am werden? Wer konnte die 70_ Mil- halt bei der Bremer Bürgerzei- ask- “!(“!ch ers-s it- ber ßoflöunafllnaidjuü. lionen deutschen Menschen, tung eingestellt wurde. 1. Leben, Elqettttnn ttud Sicherheit tutrd durch den Arbeiter- und Satdateurut verbürut vom Krieg schwer gebeutelt, in Bald wurde er Vorsitzender eine politisch, wirtschaftlich und der Bremer SPD und Mitglied 2 Alle Waffen and [dumme Muuition find an den Arbeiters und Soldatenrut abzuliefern der Bremer Bürgerschaft. Schon a. Alte ftlldtifchen Verlusten baben ihren Dienft wie bisher uud ‚\n denselben Bedingungen aus- gesellschaftlich in eine Zukunft zuführen, haben M jede-b streng an die Auweifnngeu des Arbeiters und Soldateueateg zu halten- mit einer Perspektive führen? 1905 holte man den begabten Dai Glelche gm fltr den Bericht. Niemand hatte die Macht. Man Redner und erfolgreichen Orga- 4 Die Rade und Ordnqu wird von bewukfueteu Soldaten mit Hilfe der bisheriueu Polizei- sah kein kühnes Konzept, das nisator in die Parteispitze, 1913 beamten anfretbterbatten Jeder Waffeutrther mm Ordner trittst im Leiitp eines ftbrifrs nötig gewesen wäre, um etwa wurde er für den Wahlkreis El- litten Austoeifes des Atbelters und Soldateurates fein. ‘ einem Parforceritt über die berfeld—Barmen in den Reichstag- 5. Die Mitglieder des Arbeiters und Soldatenratea tragen um tiuten Obckariu cine weisse gewählt, seit 1905 war er Sekre- Armbiude mit dein Aufdrtut ‚arbeiter. und Soldateurat« oder -Boltzngsauofchuß«. Außerdem schweren Hindernisse zu wagen, baden die Binden den Stets-del dee Stadt Reinlich-in und das war schnell erforderlich, tär des Parteivorstands, und nach Den Anordnungen dreier Organe m unweiaertiib Folge zu teilten allein um viele vom Hunger be— August Bebels Tod galt er auf drohte Menschen zu retten. Grund seiner Verdienste beinahe Der Dberbllrsrrsieltter «mm dle neue Oel-alt bedingungslos nn nnd verpflichtet fich- mil atte- Kraft um: s- lernen. bei sle public-seit der Betst-ten [M) l- Sinne nnd Orifl- her Dumbiiiu nnd Anordnungen unbestritten als dessen Nachfol- des Arbeiters lub soldateuestes halten« Er berdllittet sit its besonderen- leiuerlei Handlungen zu Irnlrri Die Rolle ger. Und so wählten ihn im sep- lehnen, s- nttekftiises Idee sit dulden- die geeignet il“). die organilthe Durchfiilirnug der Grundsätze des Ae- bellers und Soldaten-ans s- beeintrsdlijeth Iud win atte- |||“. was im Zuletelle eluee dauernden Zinsertrag Friedrich Eberts tember l913 circa 90 Prozent der neues Ordnung liest- der Stimmberechtigten zum Mit- Ein Wundertäiter war Fried- vorsitzenden neben Hugo Haase. Rennen. heult Diese-let tots- rich Ebert nicht. Aber er war ein Eine Bilderbuchlaufbahn eines politischen Funktionärs. Dek Oberbürgermeister- Der Arbeiter-- nnd Soldaten-at- gelernter Politiker mit einer aus- geprägten Neigung zum Prag- In der Umbruchzeit im No- Dr. part-antun heiueirb Schllefledt Otto Schsaidt matismus. Er hatte die Fähigkeit, vember 1918 _fiel der SPD die Otto Beac- auch komplexe Situationen rich- staatstragende Rolle zu, und Willy Grüß tig einzusehätzen und ohne zu nicht dem Mitvorsitzenden,’tlem Paul Schlafe-unsre zögern die nötigen Entscheidun- Juristen