FRANK MODERNE HÄUSER MODERNE HÄUSER

Fotos von Alan Weintraub | Text von Alan Hess

Mit Beiträgen von John Zukowsky und Monica Ramírez-Montagut

Deutsche Verlags-Anstalt Moderne Häuser

Für Michael Duté – AW 50 Haus Liliane und Edgar J. Kaufmann 1935 204 Haus Nathan und Jeanne Rubin 1952

Für Jonathan, Emma, und Familie – AH 62 Haus Herbert und Katherine Jacobs I 1936 206 Haus R. W. Lindholm 1952 66 Haus Herbert Johnson 1937 210 Haus Jorgine Boomer 1952

74 West 1938 212 Haus Andrew und Maude Cooke 1953

84 Haus C. Leigh Stevens 1939 214 Haus Harold Price Jr. 1953

100 Haus Stanley und Mildred Rosenbaum 1939 220 Haus William Thaxton 1953

104 Haus Goetsch-Winckler 1939 222 Haus Gloria Bachman und Abraham Wilson 1954

108 Haus George Sturges 1939 230 Haus Maurice und Margaret Greenberg 1954

114 Haus Clarence Sondern 1939 234 Haus Harold Price Sr. 1954

Aus dem Englischen übersetzt 118 Haus Gregor und Elizabeth Affleck 1940 238 Haus Cedric und Patricia Boulter 1954 von Cornelius Brand mit Agnes Riedel INHALT 122 Haus Lowell und Agnes Walter 1945 242 Haus Gerald Tonkens 1954

128 Haus Sara und Melvyn Smith 1946 248 Haus Elizabeth und William Tracy 1954

1. Auflage 8 Frank Lloyd Wright: Moderne Häuser 134 Haus Herman T. Mossberg 1946 254 Haus John Rayward 1955 Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2009 Deutsche Verlags-Anstalt, München, Von Alan Hess 140 Haus Mrs. Clinton Walker 1948 262 Haus Harriet und Randall Fawcett 1955 in der Verlagsgruppe Random House GmbH 40 150 Haus Katherine und Maynard Buehler 1948 264 Haus H. und Dorothy Turkel 1955 Titel der englischen Originalausgabe: Frank Lloyd Wright und der Zweite Weltkrieg Frank Lloyd Wright. Mid-Century Modern Von John Zukowsky © 2007 Rizzoli International Publications, New York 154 Haus J. Willis Hughes 1949 270 Haus Maximilian Hoffman 1955 Alle Rechte vorbehalten 44 Die überschwenglichen Fünfziger: 158 Haus Henry Neils 1949 276 Haus Donald und Virginia Lovness 1955 Abbildung auf der Umschlagvorderseite: Wright und das Guggenheim Haus Wilbur Pearce 164 Haus Anne und Eric Brown 1949 284 Haus Theodore und Bette Pappas 1955 Abbildung auf der Umschlagrückseite: Von Monica Ramírez-Montagut Haus Goetsch-Winckler 168 Haus Wilbur Pearce 1950 288 Haus Llewellyn und Elizabeth Wright 1956 Vorsätze: Haus Llewellyn Wright 48 Seite 2: Ferienhaus Seth Condon Peterson Moderne Häuser 170 Haus Don und Mary Lou Schaberg 1950 294 Haus Allen Friedman 1956 Seite 6/7: Haus Raymond Carlson Seite 48/49: Haus C. Leigh Stevens 330 Die Einfamilienhäuser Frank Lloyd Wrights der Zeit von 174 Haus R. Bradford und Ina Harper 1950 298 Marshall Erdman Prefabricated Homes 1957–1961 Seite 336: Haus Arch Obeler 1933 bis 1961 178 Haus Robert und Gloria Berger 1950 306 Haus Robert und Mary Walton 1957 Gestaltung: Zand Gee Satz der deutschen Ausgabe: Boer Verlagsservice, Grafrath 332 Literatur 182 Haus William und Mary Palmer 1950 310 Haus Paul und Helen Olfelt 1958 Printed and bound in China 188 Haus Karl Staley 1950 314 Haus George und Millie Ablin 1958 ISBN 978-3-421-03720-6 333 Anmerkungen www.dva.de 192 Haus Russell und Ruth Kraus 1950 320 Haus Don Stromquist 1958 334 Register 196 Haus Roland und Ronny Reisley 1951 324 Ferienhaus Seth Condon Peterson 1958

200 Haus Gabrielle und Charlcey Austin 1951

FRANK LLOYD WRIGHT : MODERNE HÄUSER Von Alan Hess

Fallingwater ist nur die Spitze des Eisbergs. nicht übersehen, doch wurden andere Ent- wenn es zutrifft, dass Wright in seinen ge- würfe dieser Periode eher skeptisch aufge- schäftigen letzten Jahrzehnten häufig auf un- Mit dem Bau seines berühmtesten Hauses, nommen. Einige glaubten, der »Barde von Ta- gebaute Entwürfe seiner mittleren Jahrzehn- das über einem Flüsschen in den Wäldern liesin« sei zu weit gegangen, er sei seinem te, in denen er als Architekt isoliert war, Pennsylvanias thront, gelang Frank Lloyd Ego und den Schmeicheleien unterlegen und zurückgriff, sind die Energie und die Vorstel- Wright 1935, nach zwei Jahrzehnten relativer habe jegliche Disziplin verloren. So wurden lungskraft der entstandenen Werke bewun- Zurückgezogenheit, die Rückkehr ins Ram- die innovativsten Entwürfe Wrights von den dernswert.1 penlicht der architektonischen Welt. In den Kritikern eher zurückgewiesen oder still- In unserem Zusammenhang werden wir die verbleibenden zwei Jahrzehnten seines Le- schweigend ignoriert, auch wenn die Großar- Einschätzung der späteren Arbeiten Wrights bens konnte er sich nicht nur eines wachsen- tigkeit seiner besten Werke weiterhin aner- auf seine Wohnhausentwürfe beschränken. den Vermögens, sondern auch wachsender kannt wurde. Wir sollten uns jedoch davor Welches von ihnen ist das wichtigste? Ist es Berühmtheit erfreuen, und – das war das hüten, Teile des Werks eines so wandelbaren eins unter den Dutzenden von Usonian-Häu- Wichtigste für ihn – er hatte endlich genü- Künstlers als unwichtig abzutun. sern, die sich über ganz Amerika verteilen, je- gend Bauaufträge, um seine Ideen zu verwirk- Womit sich die Kritiker damals schwer taten, ner Häuser von bescheidener Größe mit ih- lichen. Beinahe über Nacht überschütteten waren Ansammlungen von Kreisen, Spiralen, rem offenen Wohn-, Ess- und Kochbereich, ihn Autoren, Architekten und Kritiker nur so weiten Auskragungen, Türmen und anderen die dem neuen legeren Lebensstil der ameri- mit Lob. Bauherren aus aller Welt strömten zu merkwürdigen Formen, wie man sie bei dem kanischen Mittelklasse eine kultivierte Form ihm, um ihm Aufträge zu erteilen, und seine Marin County Civic Center, der Beth Shalom verliehen? Oder ist sein bedeutendstes Werk Ansichten über Architektur inspirierten Hun- Synagoge, dem Grady Gammage Auditorium, eins der prachtvollen Anwesen wohlhabender derte anderer Architekten. Was Wright jedoch Auldbrass und bei den Häusern David Wright Klienten? Ist großartiger als am meisten Genugtuung verschaffte, war, und Sol Friedman findet sowie bei einigen un- ? Passt Auldbrass in seinem ar- dass sowohl Freunde als auch Gegner seiner gebauten Entwürfen wie dem Donahoe-Trip- chitektonischen Ausdruck besser zur umge- Architektur ihn nun nicht länger ignorieren tychon-Haus und dem Huntington Hartford benden Sumpflandschaft als Eaglefeather konnten. Play Resort. Von herkömmlichen architektoni- zum Küstengebirge? Jedes dieser großarti- In den mehr als zwanzig Jahren bis zu seinem schen Meilensteinen der Mitte des zwanzigs- gen Häuser verkörpert eine eigene Idee und Tod 1959 sollte er einige der erstaunlichsten ten Jahrhunderts – Mies van der Rohes Sea- ästhetische Richtung, die gestalterisch per- Gebäude des zwanzigsten Jahrhunderts ent- gram Building, das General Motors Technical fekt umgesetzt wurde. Oder sind die bedeu- werfen und bauen. Insbesondere das auf den Center von Eero Saarinen und auch Le Corbu- tendsten Bauten Wrights jene Häuser, die Zweiten Weltkrieg folgende Jahrzehnt war siers Chandigarh – waren diese Entwürfe weit den Wohlstand, die Technik und die Zukunfts- eine Zeit außerordentlicher architektonischer entfernt. Sie verkörperten eindringlich eine gläubigkeit der Jahrhundertmitte verkörpern? Erneuerungen, an denen Wright einen nicht völlig neue Geometrie, eine Ästhetik der Opu- Sind es seine Projekte zur Erforschung von unerheblichen Anteil hatte. Doch trotz all sei- lenz statt der Schlichtheit. Asbestzementplatten (»Cemesto«) in dreidi- ner Erfolge entfernte sich seine Architektur in Auch aus heutiger Sicht bleibt die Vielfältig- mensionalen Rahmenmodulen, seine Experi- den fünfziger Jahren langsam von den vor- keit und Frische von Wrights architektoni- herrschenden architektonischen Strömungen scher Spätphase schlichtweg erstaunlich. – er hatte sich schon immer gern in der »ge- Selbst die beiden Jahrzehnte seiner Prärie-

rechten Minderheit« gesehen. Kreativität und haus-Periode zu Beginn des zwanzigsten Haus Jean und Paul Hanna (Honeycomb House), Palo Alto, Fantasie vieler seiner Entwürfe ließen sich Jahrhunderts können da nicht mithalten. Auch Kalifornien, 1936

8 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 9 mente mit vorgefertigten Betonblöcken bei zur Natur verkörperten. Er begriff den Geist Wright nicht nur die Häuser, sondern auch die den Usonian-Automatic-Häusern, sein Einsatz seiner Zeit mit einer Vertrautheit, die den Straßen und Grundstücke gestaltete. Die von Schlackenzementsteinen oder seine Ent- meisten Elite-Architekten abging. Im Gegen- Galesburg- und die Parkwyn-Siedlung am würfe für vorgefertigte, massenproduzierbare zug liebte ihn sein Publikum, wenn er, das Rande von Kalamazoo, Michigan, sind zwei Häuser? Sind es seine kreisförmigen oder ge- exzentrische Genie mit der selbstsicheren Fragmente von Broadacre City, die tatsächlich schwungenen Bauten, jene auf der Basis von Stimme eines Fernsehpropheten, die Nation gebaut wurden. Ihre Straßen folgen der natür- ausgeklügelten Dreiecksformen, Parallelo- mit geistreichem Witz wegen ihrer architekto- lichen Topografie der hügeligen Waldland- grammen oder von rechten Winkeln und Git- nischen Sünden und Schwächen rügte. Zei- schaft, und jedes Haus hat ausgedehnte Ra- terrastern? tungen und Fachzeitschriften zitierten ihn als senflächen und individuelle Ausblicke. Autorität oder tratschten wohlwollend über Das Konzept zu Broadacre City reicht bis in * * * seine neuesten Exzentrizitäten. Selbst der die dreißiger Jahre zurück, eine Zeit, in der Kongress hörte bei Gebäuden von nationaler Wright nur wenige Bauaufträge hatte. In sei- An dieser Schaffensperiode Wrights ist be- Bedeutung auf seine Meinung, zum Beispiel nen Entwürfen für diese ideale Stadt projizier- sonders faszinierend, dass sie in zwei völlig bei der neuen Air Force Academy, die in Colo- te er aktuelle gesellschaftliche Trends auf voneinander getrennten Dimensionen statt- rado Springs gebaut werden sollte. Der da- seine tief verwurzelten philosophischen An- fand – die eine im Einklang mit den Vorgängen mals über siebzigjährige Wright lag voll im sichten, die auf Jefferson, Emerson, Whit- in der realen Welt, die andere in einer visionä- Trend seiner Zeit. man und Sullivan zurückgingen. Sorgfältig ren Welt, die allein die seine war. Sein sicheres Gespür für die kulturellen Trends kombinierte er die Möglichkeiten moderner Wright war sich der gesellschaftlichen Verän- der vierziger und fünfziger Jahre zeigt sich Technik, etwa des Automobils, mit tiefem derungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch in seiner komplexen Beziehung zu dem Respekt vor der Natur; Wohnhäuser, Fabri- um ihn herum stattfanden, vollkommen be- in dieser Zeit populärsten und meistgebauten ken, Büros, Geschäfte, Schulen und öffent - wusst. Auch wenn er selbst im goldenen Zeit- Haustyp, dem Ranchhaus. Für die meisten in liche Gebäude lagen in seinen Modellen so alter der Pferdekutschen, Salons und Hausan- die Vorstädte ziehenden jungen Mittelklasse- weiträumig über das Gelände verteilt, dass gestellten aufgewachsen war, haben schon Familien war dies der Haustyp ihrer Wahl – jeder Bürger eine enge Beziehung zu Agrar - die Häuser, die er Mitte der zwanziger Jahre ein eingeschossiges Einfamilienhaus mit fla- flächen oder zur unberührten Natur hatte. Vie- entwarf, offene Küchen- und Wohnbereiche – chem Satteldach, offener Innenraumgestal- le der nach 1935 entstandenen Entwürfe gut geeignet für junge Familien ohne die tung und engem Bezug zum Garten. Es konn- Wrights für Wohnhäuser oder öffentliche Ge- Bediensteten seiner früheren Häuser im vik- te mit den für das traditionelle Ranchhaus bäude spiegeln diese architektonische Vision torianischen Stil. Er liebte Autos, Carports, typischen Bretterwänden und dem Schindel- wider, und auch Entwicklungen in der realen Drive-ins und mit dem Auto zugängliche Vor- dach daherkommen oder mit den klaren Lini- Welt wie das in den fünfziger Jahren gebaute stadtgrundstücke, und seine Entwürfe waren en des zeitgenössischen Stils. Vor allem war Interstate-Highway-System und die kommer- davon inspiriert. In seiner Begeisterung für es typisch vorstädtisch – ein Sinnbild für die zielle Massenproduktion von Eigenheimen ka- moderne Kommunikationstechniken entwarf durch das Automobil ermöglichte demogra- men dem neuen mobilen Lebensstil entge- er Fernsehtische für seine Häuser, und das phische Abwanderung aus den traditionellen gen. Für Wright war jeder Auftraggeber, der Transportsystem von Broadacre City umfasst Städten in deren als neues Bauland erschlos- ein Grundstück und die Mittel für einen Haus- auch atombetriebene Fahrzeuge.2 Seit Wright sene Randgebiete. Wrights Jahrzehnte davor bau mitbrachte, ein Förderer dieses Ziels. Ranchhäuser in den neunziger Jahren des neunzehnten entworfene Präriehäuser waren ein früher Natürlich war Wrights Motivation zu bauen Oben: Haus A. H. Bulbulian, Rochester, Minnesota, 1947; Mitte: Haus Albert Adelman, Fox Point, Wisconsin, 1948; unten: Haus Jahrhunderts in Oak Park bei Chicago mit Prototyp dieses Stils, den er in den fünfziger vielschichtig – er war ein eitler und ehrgeizi- Isadore und Lucille Zimmerman, Manchester, New Hampshire, dem Bauen begonnen hatte, war er eher ein Jahren wieder aufgriff und weiterentwickelte. ger Mann, der ein großes Bedürfnis nach An- 1950 Vorstadt- als ein Stadt-Architekt gewesen; Das Bulbulian-Haus und die Häuser Brown, erkennung hatte, aber er war auch ein in der

Usonian-Häuser und als »Suburbia« nach dem Zweiten Welt- Schaberg und Zimmerman sind langgestreck- philosophischen Tradition Amerikas verwur- Gegenüberliegende Seite, oben: Haus John C. Pew, Shorewood krieg zur Hauptwachstumsbranche in den te Gebäude in typischen Vorstadtgegenden, zelter Visionär. Ein ständiges Thema seiner Hills, Wisconsin, 1938; unten: Haus Loren B. Pope (Pope-Leighey), USA wurde, entwarf er weiterhin Häuser, die mit flachen Satteldächern, die elegant über Vorträge, Artikel und Entwürfe war die Trans- Falls Church, Virginia, 1939 auf brillante Weise das moderne Familienle- die Baukörper hinausragen. Ebenso im Trend formation der Vereinigten Staaten in eine mo- ben in mit dem Automobil erreichbarer Nähe der Zeit lagen drei Vorstadtsiedlungen, für die derne Version von Jeffersons Agrargesell-

10 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 11 Usonian-Häuser schaft – in Emersonscher Verehrung der Na- tisch ist. Dies erklärt auch, warum wir häufig Oben, von links nach rechts: Haus Ben Rebhuhn, Great Neck tur und nach dem Abbild der Vision von Frank Probleme mit seinen späteren Entwürfen ha- Estates, New York, 1937; Haus Lloyd Lewis, Libertyville, Illinois, 1939; Haus Joseph Euchtman, Baltimore, Maryland, 1939; unten, Lloyd Wright. ben, selbst wenn wir Wright noch immer als von links nach rechts: Haus James B. Christie, Bernardsville, New Die Kraft dieser Vision ist auch heute noch den ultimativen Architekten betrachten. Wir Jersey, 1940; Haus Charles Weltzheimer, Oberlin, Ohio, 1947 deutlich zu spüren. Betreten wir eins von verehren ihn auch als Visionär, aber vielen von Wrights Häusern aus dieser Zeit, haben wir uns bereitet das Leben mit seinen in der rea- Gegenüberliegende Seite: Haus Edward Serlin; Pleasantville, New York, 1949 das Gefühl, in eine andere Welt zu gelangen. len Welt umgesetzten Visionen ein wenig Un- Die Wände haben eine Geometrie, die anders behagen. Wright ist jemand, den wir in klei- ist als alles, was uns vertraut ist; die Orna- nen Dosen genießen können – bei einem mentik erscheint exotischer und prächtiger gelegentlichen Besuch des Guggenheim-Mu- als unser heutiger Glanz und Glamour. Wir ha- seums in New York oder einer Besichtigungs- ben ein kleines Stück von Broadacre City vor tour zu seinen Häusern. Die Angestellten und Augen. sonstigen Benutzer seines größten öffentli- Die Spannung zwischen Wrights realer Prä- chen Baus, des Marin County Civic Center, senz in der Welt der Mitte des zwanzigsten das als Gerichts- und Verwaltungsgebäude, Jahrhunderts und seinem Anspruch, für eine Bibliothek und Gefängnis fungiert, sind dage- Welt zu bauen, die deren Grenzen sprengt, er- gen täglich mit einer Wrightschen Vision kon- schuf jenes faszinierende Dilemma, das für frontiert – und die langen Wege, die offenen die letzte Phase seiner Karriere charakteris- Korridore und die an dem inzwischen fünfund-

12 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 13 vierzig Jahre alten Bau erforderlichen War- Walter Gropius, Pietro Belluschi, Skidmore, sem zweiten langen Abschnitt seiner Karriere tungsarbeiten bringen diese Vision schnell auf Owings & Merrill, Welton Becket Associates ist schlichtweg verblüffend. Seine Formen den Boden der Tatsachen zurück. und andere große Büros. Zwischen diesen faszinieren und provozieren noch heute, und beiden Extremen gab es Architekten wie Eero der Reichtum seiner Ornamentik, die fast im- * * * Saarinen, Minoru Yamasaki, Morris Lapidus, mer aus dem Baukörper, dem Ort oder dem Edward Durell Stone und William Pereira, die Baugrundstück zu erwachsen scheint, er- Ein Teil der exotischen Anziehungskraft von organische und expressionistische Formen schafft eine Welt der Wunder, die uns über Wrights Spätentwürfen beruht darauf, dass ernst genug nahmen, um eine breite Mitte zu die minimalistische Strenge der alternden seine Vision letztendlich den »kulturellen schaffen. Diese große Bandbreite an Ideen Avantgarde von heute hinausführt. Kampf« verlor, der in den vierziger und fünfzi- sorgte für Debatten sowohl in Fachjournalen ger Jahren stattfand. Zwar hatten seine Ideen als auch in populären Zeitschriften. Die He- * * * Einfluss auf die Entwicklung der Vorstädte, rausgeberin von House Beautiful, Elizabeth doch seine Entwürfe liegen aus heutiger Sicht Gordon, war eine einflussreiche Befürworte- Die gut zwanzig Jahre, die zwischen Wrights weitgehend außerhalb der konventionellen rin aller Wrightschen Ideen, und in den Jahren Auftrag für das Imperial Hotel, 1913, und dem Ästhetik, auch wenn sie zu ihrer Zeit fast um 1960 schien es, als würde Wrights organi- Beginn seines Entwurfs von Fallingwater, zum dominierenden Stil der Jahrhundertmitte sche Moderne sich zum vorherrschenden Stil 1934, lagen, waren bitter. Das Grandhotel hät- wurden. der Nation entwickeln. te sein Sprungbrett zu einer steilen Karriere Organische Architektur hatte in Amerika ei- Vielleicht war es Wrights Tod im April 1959, sein sollen, so wie das Auditorium Hotel sei- nen großen Aufschwung zu verzeichnen, der der diese Entwicklung beendete. Mit ihm ver- ne Mentoren Adler und Sullivan zu führenden mit Wrights Entwürfen von Fallingwater, der lor die Bewegung ihren wichtigsten Vertreter, Architekten Chicagos gemacht hatte. Statt- Johnson Wax Company, den Usonian-Häu- während die Gegenseite sehr machtvoll wur- dessen gingen ihm, wie sein Sohn Lloyd war- sern, der Synagoge, dem , dem de. Trendsetter wie das New Yorker Museum nend vorausgesagt hatte, durch seine Jahre Guggenheim-Museum und Dutzenden wei - of Modern Art gaben Wright zwar weiterhin in Übersee die Verbindungen zu seinen Klien- terer national und international veröffentlich- seinen »Pflichtteil« an Ausstellungsraum, ten- ten verloren.3 Bei seiner Rückkehr überlegte ter Bauten zusammenfiel. Architekten, die dierten aber ansonsten deutlich zum Interna- er kurzfristig, nach Los Angeles zu ziehen, Wrights Taliesin-Fellowship angehört hatten, tionalen Stil, wie man zum Beispiel an der Ka- dem Ort seiner in dieser Periode sehr spärli- machten in den vierziger und fünfziger Jahren riere von Phillip Johnson, einem Kurator des chen Bauaufträge, ließ sich dann aber in im ganzen Land bemerkenswerte Karrieren, MOMA und tonangebenden Architekten der Spring Green, Wisconsin, nieder – nicht der etwa John Lautner in Los Angeles, Aaron Moderne sehen kann. Johnson hatte von günstigste Standort, um größere Auftragge- Green in San Francisco, Fray Jones in Ar - Mies geprägte, expressionistische und post- ber anzulocken. Eine nervenaufreibende Be- kansas, Alden Dow in Michigan und Mark moderne Phasen, aber trotz seiner langen ziehung zu Miriam Noel raubte ihm weitere Mills in Monterey. Auch andere Architekten Freundschaft mit Wright entwarf er nie im or- Energie, die ihm zum Aufbau eines erfolgrei- einschließlich einiger großer Büros, die von ganischen Stil. Zusätzlich gingen die sozialen, chen Architekturbüros fehlte. Das Wunder- Wrights Ideen inspiriert wurden, waren Ver- kommerziellen und technologischen Entwick- kind der Präriehaus-Jahre zog kaum noch treter des organischen Architekturstils, lungen eher in Richtung einer elementierten Bauherren an. MacKie und Kamrath in Houston, Alfred Massenproduktion, die Wrights philosophi- Dennoch kam Wright seine Kreativität nicht Usonian-Häuser Browning Parker in Florida, Paul Schweikher scher Betonung der Individualität nicht ent- abhanden. Er entwarf einen interessanten Oben: Haus Stuart Richardson, Glen Ridge, New Jersey, 1941; Mit- te: Haus Theodore Baird, Amherst, Massachusetts, 1940; unten: in Chicago, Anshen und Allen in San Francis- sprach. Auch bei den Architekturschulen hat- Wolkenkratzer für New York, an Indianer-Tipis Haus Chauncey und Johanna Griggs, Tacoma, Washington, 1946 co, Armét und Davis in Los Angeles, August te sich sein Stil nie durchgesetzt – mit erinnernde Ferienhäuschen am Lake Tahoe Sarmiento in St. Louis, Harwell Hamilton Har- Ausnahme von Taliesin und der University of und das »Textilblock«-System in Betonbau- Gegenüberliegende Seite, oben: Zeichnung des Hauses Arch Obo- ler (Eaglefeather), Malibu, Kalifornien, 1941; unten: Grundriss vom ris in Texas und Kalifornien und Bruce Goff in Oklahoma unter Bruce Goff in den frühen weise, das er für seine Los-Angeles-Häuser in Haus Herbert Johnson (Wingspread), Wind Point, Wisconsin, 1937 Oklahoma. Diese Welle inspirierter Entwürfe fünfziger Jahren. den frühen zwanziger Jahren verwendete. Er © 2007 für Zeichnungen von Frank Lloyd Wright: The Frank Lloyd zeigt die Vitalität der organischen Moderne Was jedoch damals verworfen wurde, ver- war zwar chronisch verschuldet, fand aber im- Wright Foundation, , Scottsdale, Arizona angesichts des vorherrschenden Internationa- dient aus heutiger Sicht durchaus eine nähere mer wieder ausreichend experimentierfreudi- len Stils, vertreten durch Mies van der Rohe, Betrachtung. Wrights Fantasiereichtum in die- ge und wohlhabende Klienten, um sich auch

14 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 15 in diesen kargen Zeiten über Wasser halten zu Auch große öffentliche Aufträge kamen he- häuser«, was in seiner Einschätzung durch- können – und wenn seine Gläubiger gar nicht rein und wurden gebaut, so zum Beispiel der aus zutreffen mag.4 In der Tat erinnern die mehr zu vertrösten waren, konnte er immer Campus (1938) und windmühlenförmig angeordneten Flügel an noch das eine oder andere Blatt seiner japa - das Guggenheim Museum (1943). Größere das Grundmuster des Hauses Coonley und nischen Druckgrafiken verkaufen. Die junge nicht gebaute Projekte waren ein Wellness- anderer Präriehäuser aus der Zeit dreißig Jah- Olgivanna Laszovich, die er 1928 heiratete, in- Center für Elizabeth Arden und eine Ferien- re zuvor, allerdings lässt Wright hier die recht- spirierte ihn 1932 zur Gründung der Taliesin- siedlung für Huntington Hartford. winklige Raumanordnung des Präriehaus-Stils Architektengemeinschaft, die seiner Lauf- Die außerordentliche Vielfalt an Formen und hinter sich und macht sich in diesem neuen bahn wieder neuen Aufschwung geben sollte. Konzepten in Wrights Entwürfen um die Jahr- Teil seiner Karriere auf, das Reich der Drei- Ende der dreißiger Jahre, als die letzten bei- hundertmitte zeugt von seinem Ideenreich- ecke und Kurven zu erforschen. Wie seit den den Jahrzehnte seines Lebens im Herzen des tum und von der Fruchtbarkeit seiner Konzep- Zeiten der Römer üblich, bildet die Kuppel blühenden und selbstbewussten Amerika an- te. Gelegentlich griff er auf frühere ungebaute den Mittelpunkt des Hauses und der Rauman- brachen, war Wright wieder wohl etabliert, Entwürfe zurück, und einige seiner bevorzug- ordnung, die aber ansonsten von Wright in je- wie seine Entwürfe erkennen lassen. ten Formen wiederholen sich, aber insgesamt der nur denkbaren Beziehung komplett neu Auf Fallingwater folgten die Hauptverwaltung zeigt diese Vielfalt, dass er seiner Grundauf- erfunden wird. Die Kuppel ist ein langge- der Johnson Wax Company und ein Wing- fassung, ein Gebäude solle die einzigartige strecktes Achteck, durchbrochen von Fens- spread getauftes Haus in Racine, Wisconsin, Natur eines Baugrundstücks, eines Klienten, terbändern statt eines zentralen Oberlichts für den Company-Chef Herbert Johnson. Für eines Klimas oder einer bestimmten Kon- und über ein abgesetztes Lichtband mit dem die Häuser von zwei Professoren aus Stan- struktionsweise ausdrücken, meist folgte. Himmel verbunden. Der zentrale Kamin wird ford entwarf er ein faszinierendes Raster, das Dies war ein Schlüsselaspekt seiner Philoso- im Inneren von vier Feuerstellen umringt, wel- auf bienenwabenförmigen Modulen basierte. phie vom organischen Bauen. che die Eingangshalle, den Salon, den Essbe- Wohlhabende Auftraggeber wie Edgar Kauf- reich und ein Musikzimmer beheizen. Das An- mann, Herbert Johnson, C. Leigh Stevens * * * wesen Wingspread stellt alle Erwartungen an und Arch Oboler gaben Wright die Gelegen- ein traditionelles Haus gründlich in Frage – ein heit zum Bau großzügiger Anwesen; er arbei- Die großen Anwesen, die Wright zu Beginn Thema, das sich die nächsten zwanzig Jahre tete aber auch an kleinen Häusern für die der zweiten Phase seiner Karriere für eine durch Wrights Architektur ziehen sollte. Das amerikanische Durchschnittsfamilie und ent- Reihe wohlhabender Klienten entwarf, sind in einem tiefliegenden feuchten Waldgebiet warf das erste seiner sogenannten Usonian- beispielhaft für die bemerkenswerte Vielfalt gelegene Auldbrass (1938) ist eine Ansamm- Häuser für Herbert und Katherine Jacobs. an Lösungen und Formen, die zu produzieren lung von Holzbauten, die für jede kühlende er fähig war, selbst wenn er schon auf die Brise offen und dem feuchten Klima bestens Siebzig zuging. Das einen Wasserfall in einer angepasst sind. Mit den schrägen Wänden Waldlandschaft Pennsylvanias überblickende wirkt es sehr lässig, beinahe baufällig, und an- Fallingwater (1935) ist mit seinen langen, er- ders als alle sonstigen Werke Wrights aus die- staunlich weit auskragenden Aussichtsbal - ser Zeit. Alle Gebäude von Auldbrass strotzen konen, die über den vertikalen »Abhängen« nur so vor ornamentalen Details, die ihre Usonian-Häuser seiner Natursteinmauern schweben, ein poe- Pfosten und Dachüberstände betonen und Oben, von links nach rechts: Haus Carrol Alsop, Oskaloosa, Iowa, 1947; Haus John Carr, Glenview, Illinois, 1950; Haus Robert und Eli- tisches Echo der wilden, felsigen Umgebung. wie ein Echo der moosbehangenen Bäume zabeth Muirhead, Plato Center, Illinois, 1950 (1951) Das im Flachland von Wisconsin gelegene wirken. Man sollte dieser Liste noch eine Wingspread (1937) ignoriert selbstbewusst viertes großartiges Haus hinzufügen – Eagle- Mitte, von links nach rechts: Haus Seamour und Gerte Shavin, Chat- die in seiner Nachbarschaft üblichen prunkvol- feather für den Radio- und Filmproduzenten tanooga, Tennessee, 1950; Haus Frank Sander (Springbough), Stam- ford, Connecticut, 1952; Haus Ray Brandes, Issaquah, Washington, len Säulenfassaden und präsentiert sich statt- Arch Oboler. Es wurde zwar nie vollendet, 1950 dessen in einer ganz einzigartigen Form – mit aber die gebauten Teile zeigen einen weiteren einer achteckigen Kuppel im Zentrum, von der Entwurfsgedanken, der ebenso eigenwillig ist Unten, von links nach rechts: Haus Alice und Ellis Feiman, Canton, Ohio, 1954 (1955); Haus Paul und Ida Trier, Johnston, Iowa, 1956 aus sich vier Flügel in die Landschaft erstre- wie der von Fallingwater, Wingspread und (1960) cken. Wright nannte es »das letzte der Prärie- Auldbrass. Hier wurden die kahlen Berggipfel

16 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 17 des den Pazifik überblickenden Grundstücks Experimentierlabor. Als sein eigener Klient plex wurde nie gebaut, aber einige andere mit Baukörpern aus Beton und Holz gekrönt, konnte Wright seinen ästhetischen Neigun- hypermoderne Häuser, die Wrights Vorstel- die den Charakter der trockenen, baumlosen gen nachgehen und mit Hilfe seiner vor Ort le- lungswelt bevölkerten, wurden tatsächlich in Landschaft ebenso gut einfangen wie Falling- benden Schüler nach Herzenslust bauen, ab- die Realität umgesetzt. water die Waldlandschaft Pennsylvanias. reißen, revidieren und umbauen. Im Schatten Am zahlreichsten sind die Entwürfe zur Serie Doch das fünfte großartige Gebäude aus die- eines Berggipfels breitete sich Taliesin West der Usonian-Häuser, die modern, gleichzeitig ser Periode, Wrights zweites Heim Taliesin in die Wüste aus und erlaubte dem Architek- aber von einfacher Konstruktionsweise und West in Scottsdale, Arizona, ist im Hinblick ten, in größerem Rahmen mit ungewöhnli- an einem praktischen Lebensstil ausgerichtet auf seine formalen Experimente wahrschein- chen Winkeln und einer Auswahl variierender waren. Bei anderen Entwürfen dagegen er- lich das wichtigste. Seit 1927 hatte Wright Formen zu experimentieren, mit langen, kühn laubte sich Wright, die konventionellen Gren- der Wüste Arizonas regelmäßig Besuche ab- geschwungenen Linien, hervorgehoben durch zen von Form und Raum weit hinter sich zu gestattet und dort jedes Jahr mit seinen ständig wechselnde Muster, Oberflächen und lassen und seine Fantasie auf ähnliche archi- Schülern gecampt; die Entscheidung aller- Farben. Beim Haus Hanna (1936) hatte er tektonische Höhenflüge zu schicken wie sein dings, die Wüste zu seinem zweiten Wohn- zum ersten Mal mit dem Sechseck-Modul ge- Schüler John Lautner und sein Kollege Bruce sitz zu machen, ergänzend zum geliebten Ta- arbeitet, und beim Haus Wall (1941) verwen- Goff. liesin in Spring Green, Wisconsin, markiert dete er erstmals Dreieck und Parallelogramm Die innovativen Usonian-Entwürfe strotzen eine tiefgreifende, unzweideutig neue Rich- als Organisationsprinzip von Wänden, Türen nur so vor Ideen: Kellerlose Häuser wurden tung seiner Arbeit. und Fenstern. Nun benutzte er diese schrä- auf einem Betonplattenfundament errichtet, Im Hinblick auf seine Karriere erschien der gen und spitzwinkligen Geometrien, um einen und mit heißem Wasser gefüllte Rohre, die Umzug nach Arizona eher unklug. Als Wrights über ein großes Grundstück verteilten Kom- durch diese Bodenplatte verlaufen, geben Laufbahn in den späten dreißiger Jahren wie- plex von Gebäuden zu erstellen und zu verei- eine gleichmäßige Wärme an das Haus ab. der in Schwung kam, hätte er sich eine neue nen. In Harmonie mit der Wüstenlandschaft Brettverschalte Holzwände ersetzen Wand- Basis in Chicago oder zumindest in Los Ange- wuchsen vertikale und horizontale Formen, konstruktionen aus Putz und Ziegel. Die klei- les schaffen können. Stattdessen wählte er Gebäude und Innenhöfe, und das dabei Ge- ne effiziente Küche ist zum Essplatz hin of- eine Wildnis, die so abgelegen war, dass sei- lernte fand in den folgenden zwanzig Jahren fen, und dieser wiederum öffnet sich zum ne Mitarbeiter damit zu kämpfen hatten, gute Anwendung an zahlreichen Häusern. Wohnzimmer. Eingebaute Sitzbänke verrin- Telefonverbindungen zu den immer zahlrei- gern den Bedarf an Möbeln und sorgen für cher werdenden Klienten und Baustellen her- Die Broadacre-Häuser eine einheitliche Raumgestaltung. Ein offener zustellen. Doch Wrights Intuition drängte es Wrights Eigenheimentwürfe waren in den Carport ist direkt neben der Eingangstür ele- zu den Farben, dem Raum und den Materia- vierziger und fünfziger Jahren von großer gant in die Dachlinie des Hauses integriert; lien der Wüste. Und wieder einmal war er den Bandbreite. Eine in den fünfziger Jahren von das Auto wird nicht in einem dunklen Schup- sozioökonomischen Entwicklungen seiner ihm und seinen Schülern angefertigte Serie pen versteckt, sondern ist selbst Teil des Ent- Zeit voraus; denn Phoenix sollte, auch wenn von Zeichnungen zu Broadacre City zeigt sei- wurfs. Die Materialien im Innen- und Außen- nur wenige dies vor dem Zweiten Weltkrieg ne ultimative Vision von einer Stadt in der Na- bereich sind im Allgemeinen Ziegel in war- erkannten, ein Teil des »booming Sunbelt« tur. In den Hügeln und Tälern dieser sanft ge- men Farbtönen und geschliffenes Naturholz. werden, ein Magnet amerikanischen Wachs- wellten Landschaft verstreut sind sowohl die Die Usonian-Häuser waren jedoch keine mas- Verschiedene Konzepte tums in der Mitte des zwanzigsten Jahrhun- Gebäude zu sehen, die Teil von Wrights ge- senproduzierten Eigenheime wie jene, die Oben: Suntop Homes, Ardmore, Pennsylvania, 1938; Mitte: Haus Thomas Keys, Rochester, Minnesota, 1951 derts. Es sollte seinen Vorstadtcharakter und bautem Werk wurden, als auch jene, die Teil sich in den fünfziger Jahren in »Suburbia« seine Verbindung zur Natur bewahren. Dass seiner Fantasie blieben. Die Zeichnungen um- ausbreiten sollten. Auch wenn sie formale Parkwyn Village Wright in diesem Prototyp einer Vorstadt Fuß fassen einige der fantastischsten Entwürfe Gemeinsamkeiten hatten, wurde jedes Haus Unten: Haus Robert Levin, Kalamazoo, Michigan, 1948 Gegenüberliegende Seite, oben: Zeichnung Broadacre City, 1958; fasste, verschaffte ihm Einfluss auf viele Wrights, zum Beispiel das Play Resort für an die individuellen Bedürfnisse des Bauherrn unten: Zeichnung Kulturzentrum Bagdad, 1957. © 2007 für Zeich- Wachstumstrends in der realen Welt der Huntington Hartford, einen pyramidenartigen und an das Grundstück angepasst – häufig nungen von Frank Lloyd Wright: The Frank Lloyd Wright Founda - zweiten Jahrhunderthälfte. »Auswuchs«, dessen tellerförmig auskragen- von Taliesin-Mitarbeiter John Howe unter Su- tion, Taliesin West, Scottsdale, Arizona Wie auch seine anderen Stützpunkte Oak de Räume eine seltsam skulpturale Komposi- pervision von Wright. Der offene Grundriss Park und Spring Green war Taliesin West ein tion bilden. Dieser außergewöhnliche Kom- und die einfache Konstruktionsweise machten

18 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 19 Galesburg Country Homes es möglich, dass einige Bauherren ihr Haus die Form folgt der Grundstruktur, aufgelockert Oben, von links nach rechts: Haus Samuel Eppstein, Galesburg, Mi- sogar selbst errichten konnten – Wrights durch ein geschicktes Ineinandergreifen ein- chigan, 1948; Haus David und Christine Weisblat, Galesburg, Michi- gan, 1948; Haus Eric und Pat Pratt, Galesburg, Michigan, 1948 Idealvorstellung für diese Entwürfe. Als und zweigeschossiger Bereiche. Die Usonian- Wright 1956 versuchte, ein echtes vorgefer- Automatic-Häuser waren ein Ergebnis von Usonian Automatic tigtes Haus für den Bauunternehmer Marshall Wrights Interesse an Betonblocksteinen. Unten links: Haus Benjamin Adelman, Phoenix, Arizona, 1951; rechts: Haus Toufic Kalil, Manchester, New Hampshire, 1955 Erdman zu entwerfen, führten die Einschrän- 1951 entwickelte er ein System aus 1 mal 2 kungen durch die Produktionsprozesse zu ei- Fuß großen Blöcken, die mit einer speziellen Usonian-Häuser ner weit weniger flexiblen und innovativen Maschine direkt vor Ort hergestellt werden Gegenüberliegende Seite: Haus John und Catherine Christian, West Gestaltung als bei den Usonian-Häusern. konnten. Neben soliden Blöcken gab es sol- Lafayette, Indiana, 1954 (1956) Neben dem Usonian-Modell entwickelte che mit Glaseinsätzen und Spezialblöcke für Wright auch andere einfachere und reprodu- die Decken. Beispiele wie die Häuser Benja- zierbare Haustypen. Für einige spielten die min Adelmann, Turkel und Kalil zeigen, wie von ihm benutzten Konstruktionstechniken die Variabilität an Mustern die Härte der Be- eine wesentliche Rolle, wie für die Cemesto- tonblöcke abmildert; zugleich zeigt die sich und Usonian-Automatic-Häuser. Erstere ba- obsessiv durchziehende Geometrie im bie- sierten auf einem System vorgefertigter, in nenstockartigen Inneren aber auch, dass Holz gerahmter Asbestzement-Paneele, deren Wrights Verlangen nach einer totalen Durch- rechtwinklige Geometrie deutlich erkennbar gestaltung manchmal zu weit ging, dass zu ist (siehe Haus Carlson und Haus Penfield): viel Einheitlichkeit auch ungünstig sein kann.

20 ALAN HESS Einen weiteren Haustyp entwarf Wright 1938 Fiction-Filmen jener Zeit. Wright war fest da- Sinn für Ästhetik verloren, der ihn beim Ent- für eine Siedlungsgenossenschaft in Madison von überzeugt, dass die Architektur in der wurf der Präriehäuser und von Fallingwater Heights, Michigan. Der nahende Krieg been- Lage sei, die Konflikte zwischen Gesellschaft, geleitet hatte. Gerüchte über das an mittelal- dete das Projekt, aber Wright bewahrte die Technik und Natur zu lösen. terliche Gutsherren erinnernde Leben, das Pläne auf und baute 1950 ein Beispiel dieses Wrights Entwürfe nahmen häufig Bezug auf Mr. und Mrs. Wright mit ihren Jüngern in Ta- Prototyps als Einzelauftrag für die Familie Key zukunftsweisende technische Entwicklun- liesin angeblich führten, gaben dieser Kritik in Minnesota. Im Gegensatz zum Flachdach gen. Das berühmte Haus Robie zum Beispiel weitere Nahrung. Zwar war es Wright egal, der Usonian-Häuser besitzt dieses Haus ein wurde mit einem Dampfschiff verglichen, was andere über ihn dachten, aber dennoch Satteldach. Wohnzimmer, Küche und Essbe- 1906 einem der stolzesten Symbole für den schadeten diese Reaktionen in den fünfziger reich sind zu einem einzigen großen Raum zu- technischen Fortschritt, das Haus Gilmore und sechziger Jahren seinen Bemühungen sammengefasst, definiert durch rechteckige (1908) wurde nur fünf Jahre nach dem ersten um die Verbreitung der organischen Architek- Blöcke, welche die Funktionsbereiche enthal- Flug der Brüder Wright unter dem Namen tur der Moderne. ten und das Dach stützen. Dieser Prototyp »Flugzeug-Haus« bekannt. Doch nach 1950 Dabei reichten die meisten der originellen wurde als Teil einer Nachbarschaft aus ähnli- galten solche Zukunftsprojektionen den meis- Bauten, die Wrights Kritiker in Aufruhr ver- chen Häusern entworfen, die anders aussa- ten tonangebenden Architekten als zu roman- setzten, längst nicht an seine kühnsten unge- hen als die Usonians. Während die Usonians tisch. Wrights kühne und in den Augen man- bauten Projekte heran – Entwürfe, die selbst der Straße eine geschlossene Mauer zuwen- cher exzessive Suche nach Neuem brachte dem abenteuerlichen Innovationsgeist eines den und sich mit großen Glastüren an der an- bisweilen seltsame, unirdische Formen her- Bruce Goff zur Ehre gereicht hätten. Dazu deren Seite zum Garten öffnen, hat dieser vor, die viele nicht ernst nehmen konnten. Auf zählt unter anderem ein 1946 entworfenes Prototyp Patios und Glaswände auf beiden die gleiche Reaktion traf Oscar Niemeyers ge- Haus für V. C. Morris am Golden Gate, beste- Seiten. Erdwälle, die sich bis zur Hälfte der kurvte, surreale Architektur, die 1957 in sei- hend aus runden, auskragenden Gehäusen, Betonblockwände erheben, kennzeichnen nem monumentalen Kapitolgebäude in Brasi- die von einem weit über das Kliff ragenden den Entwurf; hohe Fenster liegen im Schutz lia gipfelte. Den meisten Anhängern der Ausleger gehalten werden. Einer der kühns- des weit überstehenden Satteldachs. Der Mainstream-Moderne mit ihrer betont rationa- ten Entwürfe war das Play Resort für Hunting- Entwurf ist einfach, logisch und effizient. Er len und funktionalen Architektur bereiteten ton Hartford (1947). Der in einer trockenen, zeigt auch, dass sich Wrights ruhelose Vor- solch mystische und mythische Aspekte felsigen Landschaft angesiedelte Komplex stellungskraft niemals mit einer einzigen Lö- ziemliches Unbehagen.5 umfasst enorme dreiecksförmige »Felsfor- sung zufrieden gab und immer auf der Suche Wrights in späteren Jahren zunehmende Ten- mationen« aus Beton, die direkt aus dem nach neuen Lösungen und Ausdrucksformen denz zu exotischen Formen und opulenter Or- Berg zu wachsen scheinen und als Veranke- für das Konzept des Eigenheims war. namentik brachte ihn auf Kollisionskurs mit rungen für weit auskragende, tellerförmige, Auf ihre Art waren die Usonian-Häuser eben- dem architektonischen »Establishment« der von Glaskuppeln bedeckte »Wohnkapseln« so zukunftsweisend wie die Bücher von H. G. fünfziger Jahre. Man schrieb diese Tendenz dienen. In die »Abhänge« der künstlichen Fel- Wells und die Filme von Arthur Clarke. Ihre seinem ausgeprägtem Widerspruchsgeist zu sen eingebettet liegen runde Pools, aus de- Wiederholbarkeit und Modularität verliehen – er hatte ihm zuweilen ja gut gedient – sowie nen Wasser fließt.7 Es handelt sich hier um dem Aufbau und den Formen der Usonians seiner noch von der Romantik des neunzehn- eine primär skulpturale Komposition, die nicht eine gewisse Stringenz, doch Wright scheute ten Jahrhunderts geprägten Sensibilität. Doch durch die rigorosen geometrischen Module Unterschiedliche Geometrien auch nicht vor gewagten, extravaganten Ent- als er 1957 vom irakischen König eingeladen oder Raster diszipliniert wurde, die Wright für Oben: Haus Charles L. Manson, Wausau; Wisconsin, 1938; Mitte: Haus Andrew Armstrong, Ogden Dunes, Indiana, 1939; unten: würfen zurück, um seiner Vision von Broad- wurde, ein Opernhaus und Auditorium in Bag- gewöhnlich verwandte. Diese Richtung – der Haus James und Dolores Edwards, Okemos, Michigan, 1949 acre City Nachdruck zu verleihen. Bei derarti- dad zu entwerfen, brachte ihn sein an ein Landschaft entlehnte Formen, die direkt aus gen Bauten handelt es sich oft um Fantasie- Märchen aus Tausendundeiner Nacht erin- einem Berg zu wachsen scheinen und über Cemesto System: Gegenüberliegende Seite, oben: Haus Louis Penfield, Willoughby Hills, Ohio, 1952 gebilde, extreme Konzepte, die einem fried- nernder, mit vergoldeten Schleifen und Edel- serpentinenartige Straßen erreichbar sind – vollen Reich der Vorstellung angehörten. steinen verzierter Bau in den Augen seiner setzt sich im Donahoe-Triptychon (1959) fort. Organische Moderne: Gegenüberliegende Seite, unten: Hunting- Wrights ideale Welt mit ihren libellenförmigen Kritiker vollends als dekadent in Verruf.6 Weitere ungebaute Entwürfe zeugen von ton Hartford Play Resort (1947). © 2007 für Zeichnungen von Frank Lloyd Wright: The Frank Lloyd Wright Foundation, Taliesin West, Transportmitteln, die Menschen von hier nach Viele Kritiker meinten, der alte Mann sei zu Wrights anhaltendem Interesse an Kreisfor- Scottsdale, Arizona da befördern, erinnert an Szenen aus Science- weit gegangen und habe seinen sicheren men und Kuppeln, wie er sie für die Häuser

22 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 23 dreieckigen Grundrisse und Flügel der Häuser Gillin und Mc Cartney schaffen elegante Übergänge zwischen Innen- und Außenberei- chen, und die kreisförmigen Häuser David Wright und Sol Friedman sowie die vielen halbkreisförmigen Häuser zeigen Wrights meisterhafte Beherrschung komplexer, inein - andergreifender Formen.

Haus Lowell und Agnes Walter Wright äußerte oft, ein Haus solle aus seinem Grundstück und dessen Struktur erwachsen, und er entwarf nach diesem Prinzip häufig. Das Haus Walter (1945) profitiert von seiner Lage auf einer Anhöhe in der Nähe eines Flus- ses in Iowa. Der Wohnraum, den Wright als Gartenraum bezeichnete, ist so geschnitten, dass man den Fluss hinauf und hinunter bli- cken kann; Glaswände machen das Panorama zu einem integralen Bestandteil des Wohner- lebnisses. Für das flache Betondach ersann Wright eine ebenso einfache wie ausdrucks- volle und dem Material angemessene Lö- sung: er ließ es ein Stück über die Wände hi- nausragen und dann in einem durchgehenden Häuser mit Dreiecksrastern Sol Friedmann und David Wright und das Ma- Schwung nach oben kurven, so dass sich kei- Oben: Haus Jack Lamberson, Oskaloosa, Iowa, 1947 rin County Civic Center verwendete. Beim ne harten Kanten ergeben. Der Entwurf ist

Gegenüberliegende Seite, oben links: Haus Carlton und Margaret Boulder-Haus, einem enormen Anwesen für eine Fortführung der Konzepte von Fallingwa- Wall (Snowflake), Plymouth, Michigan, 1941; oben rechts: Haus Senor Bailleres in Acapulco, überspannte er ter – die Gemeinschaftsräume sind großzü- Helen und Ward McCartney, Parkwyn Village, Kalamazoo, Michigan, die Wohnbereiche mit einer flachen Kuppel, gig, rechtwinklig und mit Glas eingefasst, die 1949 während er die Gestaltung der Randzonen an Decke ist zum Teil hochgesetzt und durch

Gegenüberliegende Seite, Mitte links: Haus Berenice und Richard der Aussicht auf die Bucht und die Berge ori- Fensterbänder und Oberlichter erhellt. Das Smith, Jefferson, Wisconsin, 1950; Mitte rechts: Haus Margaret und entierte.8 Und für Crownfield, ein ungebautes Haus ist harmonisch, lichtdurchflutet und an- Patrick Kinney, Lancaster, Wisconsin, 1951 Haus für Robert Windfohr, stellte sich Wright ders als alle herkömmlichen Häuser. Die sau-

Gegenüberliegende Seite, unten links: Haus Dorothy Ann und eine Ansammlung von Kuppeln mit gläser- beren Linien der nach oben schwingenden Sterling Kinney, Amarillo, Texas, 1957 (1961); unten rechts: Haus nem Röhrenwerk im Zentrum vor, ähnlich wie Dachüberstände wurden als Alternative zu E. Clarke Arnold Columbus; Wisconsin, 1954 beim Johnson Wax Building. den harten Linien des Internationalen Stils der Aus heutiger Sicht verdienen all diese Werke Moderne bald zu einem festen Bestandteil Beachtung – als individuelle Entwürfe und als des modernen Vokabulars vieler anderer Ar- Schaffensphase eines bemerkenswerten Ar- chitekten. chitekten. Die schwungvollen kantigen Dach- Wie zahlreiche weitere Häuser Wrights aus linien der Häuser Boomer, Blair, Elam und jener optimistischen Ära nach Kriegsende war Ablin sorgen für unverwechselbare Außenan- dieser Entwurf zukunftsweisend und kosten- sichten und dynamische Innenräume. Die günstig. Ein »Pullman-Bad« sorgte für einen

24 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 25 seinen anderen halbkreisförmigen Häusern zerlegte Wright hier die Kreisform in separate, aber einander überlappende Segmente, um die Innen- und Außenbereiche zu definieren. Der Entwurf ist beispielhaft für seine originel- le Auffassung von Architektur – weit originel- ler als alles, was die Mainstream-Architektur jener Zeit hervorbrachte. Einige Kollegen wa- ren über so viel formale Kühnheit empört und kritisierten sie als übertrieben, andere waren begeistert. Trotz aller Komplexität der Struk- turen und Formen bildet das Ganze eine ar - chitektonische Einheit. Der geschwungene Wohnbereich wurde höhergelegt, um eine ungehinderte Aussicht über den umgebenden Zitrushain zu bieten, und harmonisch ineinan- dergreifende Kurven und Kreisformen bestim- men alles, von der Anordnung der Räume bis hin zu den Teppichmustern. Auch wenn Wright seit den zwanziger Jahren für sein maßgeschneidertes »Textilblock«-System ge- worben hatte, besteht dieses Haus bis auf einzelne, an strategischen Stellen platzierte Ornament-Blöcke aus industriellen Standard- Betonsteinen. Wright wollte zeigen, welches Potential in diesem von vielen als banal be- zusätzlichen Touch moderner Effizienz: es Haus David und Gladys Wright trachteten Baumaterial steckt, und benutzte Architektur geworden. Die Kombination neuer tenseite ist fast vollständig verglast, mit glä- Halbkreis-Häuser Oben links: Haus Kenneth und Phyllis Laurent, Rockford, Illinois, enthielt eine Metallbadewanne, Waschbe- Dieser häufig veröffentlichte Wrightsche Ent- es in den fünfziger Jahren recht häufig. Verfahren zur Herstellung großflächiger, in sernen Schiebetüren an Stelle der traditionel- 1949; rechts: Haus Dudley Spencer, Wilmington, Delaware, 1956 cken und Toilette in einer stromlinienförmigen wurf ist eine außergewöhnliche, allen forma- Die geschwungenen Wände des Hauses sind Aluminium- oder Stahlrahmen eingefasster len französischen Fenstertüren. Während Einheit und war ein Vorbote jener erschwing- len und strukturellen Konventionen trotzende äußerst fotogen in den Garten mit Pools und Glasscheiben mit dem Konzept, eine visuelle Philip Johnson Glas so einsetzte, dass eine Unten, von links nach rechts: Haus Clifton und George Lewis lichen Fertighäuser, die mit dem Lastwagen architektonische Komposition – ein mit Beton- Parkplätzen für die Autos eingebettet. Der Einheit zwischen Innen- und Außenraum her- kompakte geometrische Box entstand, be- (Spring House), Tallahassee, Florida, 1952; Haus Louis Marden, Mc Lean, Virginia, 1953; Haus Robert D. Winn, Kalamazoo, Michi- oder Hubschrauber zum Grundstück transpor- steinen errichtetes, über dem Boden schwe- Entwurf unterstrich Wrights Unkonventionali- zustellen, führte dazu, dass Glaswände zu nutzte Wright es, um eine ununterbrochene gan;1950 (Parkwyn Village) tiert werden konnten. Wrights in überregiona- bendes Haus aus wirbelnden Kurven und Krei- tät und seinen Anspruch, eine Alternative für einem wesentlichen Element moderner Ar- Fläche zwischen Boden und Decke herzustel- len Magazinen und der lokalen Presse veröf- sen, erreichbar über geschwungene Rampen. Bauherren und Architekten bieten zu können, chitektur wurden. Natürlich kamen sie nicht len, die dem abgewinkelten Verlauf der Haus- Gegenüberliegende Seite: Haus Lillian und Curtis Meyer, Gales- burg, Michigan, 1948 (Galesburg Country Homes) fentlichte Häuser wurden zu Sinnbildern für Der Entwurf war zunächst ein lebhafter, kom- die mit den Glaskästen der vom »Establish- nur bei Wright, sondern auch bei anderen Ar- flügel folgt. Entsprechend dem visuell offe- die Zukunft. Sie wirkten sogar noch moderner promissloser Prototyp für das Konzept »Le- ment« vertretenen Richtung der Moderne chitekten der Fünfziger zum Einsatz, etwa bei nen Charakter des Materials Glas entwarf als die kastenförmigen Flachdach-Bauten des ben im Südwesten« und wurde dann für nicht zufrieden waren. Seine Formen waren Richard Neutra, Ludwig Mies van der Rohe, Wright hier einen seiner offensten Grundrisse Internationalen Stils, die die Öffentlichkeit in Wrights Sohn David, Mitarbeiter einer Beton- vielleicht ungewöhnlich, aber so meisterhaft Craig Ellwood, Pierre Koenig, John Lautner, überhaupt. Der langgestreckte Innenraum mit den dreißiger Jahren begeistert hatten. Im fabrik in Phoenix, überarbeitet und realisiert. geplant und ausgeführt, dass man sie nicht Philip Johnson, Marcel Breuer und zahlrei- Blick auf Garten und Pool umschließt Zonen Vergleich zu ihnen bot die organische Archi- Wie auch das berühmte spiralförmige Gug- ignorieren konnte. chen anderen. für den Wohn- und Essbereich sowie eine Ka- tektur eine frische, häufig wärmere Vision der genheim-Museum, das zur gleichen Zeit in Wright verwendete häufig Glaswände, aber minecke, die großzügiger gestaltet sind als Welt von morgen. New York gebaut wurde, bot David Wrights für sein 1950 in Dallas gebautes Haus Gillin die üblichen eng verwobenen Geometrien Haus der Öffentlichkeit ein greifbares Beispiel Haus John Gillin experimentierte er mehr als für jedes frühere Wrightscher Häuser und nicht durch Wände, für eine völlig neuartige Architektur. Noch In den fünfziger Jahren waren Fensterwände Haus mit ihrem Einfluss auf den Innenraum sondern nur durch Wandvorsprünge und De- weit mehr als beim Haus Sol Friedman oder zu einem festen Bestandteil der modernen und die Offenheit des Grundrisses. Die Gar- ckenflächen definiert werden.

26 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 27 Die mit einem Kupferdach versehene Resi- Haus Harold Price Senior artigen Entwurf. Die Idee eines »Außenwohn- denz Gillin ist ein weiteres Beispiel für Das für Harold Price, einen seiner treuesten raums« ist ein natürliches Resultat von Wrights Wrights Fähigkeit, ein Raumkonzept kreativ Kunden, entworfene Ferienhaus führte Wright Ansicht, dass die architektonische Form dem und auf originelle Weise strukturell umzuset- wieder in eine andere Richtung, für die es Klima und dem Grundstück entsprechen soll- zen. Mit seinem langen, niedrigen und weit kein weiteres gebautes Beispiel gibt. Das te, aber das Haus Price (1954) ist langge- ausladenden Profil passte das Haus gut zu an- Wüstenklima inspirierte ihn zu einem nach au- streckt und linear, ohne jeden Schnörkel durch deren zeitgenössischen Vorstadthäusern im ßen offenen Atrium im Zentrum des langge- eigenwillige Winkel oder Kreisformen. Es hat Ranchhausstil, wie sie in neuen Städten, etwa streckten, schmalen Hauses. Die hohe Decke zwei Flügel – einen für Gäste und einen für Dallas oder Phoenix, üblich waren. Die Art, wird von sich nach oben verbreiternden Säu- den Eigentümer. Zwar wird die Härte der Be- wie Grundriss und Struktur des Hauses sich len getragen, die Wände bestehen aus indus- tonwände durch architektonische Ornamentik mit reichhaltigen Details zu einem organi- triellen Betonsteinen. abgemildert, aber insgesamt hat das Haus schen Ganzen verbinden, ist typisch für die Auch wenn der Wrightsche Stil deutlich er- einen etwas strengen Charakter, der eher un- Wrightsche Architektur. kennbar ist, handelt es sich um einen einzig - typisch für Wright ist.

Halbkreis-Häuser Haus Harriet und Randall Fawcett Links: Haus David Wright, Phoenix, Arizona, Im Vergleich zum Haus Price in Phoenix ist 1950; rechts: Grundriss Haus David Wright © 2007 für Zeichnungen von Frank Lloyd Wright: das 1955 im ländlichen Los Banos, Kalifor- The Frank Lloyd Wright Foundation, Taliesin nien, gebaute Haus Fawcett luxuriöser gestal- West, Scottsdale, Arizona tet. Es besteht ebenfalls aus Betonsteinen, aber der auf dreieckigen statt rechteckigen Modulen basierende Grundriss verleiht den Wänden größere Lebhaftigkeit. Die schrägen Winkel des Hauses umschließen einen offe- nen Patio, der die beiden Flügel verbindet. Die einzelnen Betonsteinreihen wurden gegen- einander versetzt, so dass leicht abgeschräg- te Wände entstanden, die von außen betrach- tet den unkonventionellen Charakter des Hau- ses betonen und im Inneren Kaminecken und Nischen für eingebaute Sitzbänke ergeben. Die Endpunkte des Gebäudes und der Haupt- eingang werden durch kantige Wandelemen- te und nach oben auslaufende Dach linien akzentuiert, die das Haus mit dem weiten Himmel über dem Central Valley zu verbinden scheinen. Zwar haben wir es hier nicht mit ei- nem großen Anwesen wie Auldbrass oder Wingspread zu tun, aber dennoch ist die Ge- staltung eindrucksvoll und originell wie auch die anderer Häuser von moderater Größe, bei- spielsweise der Häuser Walter (1945), Walker (1948) oder David Wright (1950). Wright konn- te auf jeder Stufe der architektonischen Grö- ßenskala beeindruckend kreativ sein.

28 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 29 Der 1950 dreiundachtzigjährige Wright war ren, waren für viele Anreiz genug, auch die Wright die Gelegenheit zu einem seiner spek- Geometrie ein anderer als der sich gerne als Künstlertyp schwierigen Seiten von Taliesin in Kauf zu takulärsten Entwürfe: es wurde auf einem in In der Spätphase seines Werks konzentrierte darstellende, im Grunde aber recht bürgerli- nehmen. den Pazifik ragenden Felsvorsprung an der sich Wrights Suche nach immer neuen archi- che Familienvater fünfzig Jahre zuvor. Nun Taliesin erfüllte Wrights Bedürfnisse perfekt. Carmel Bay errichtet und ist ein Sinnbild tektonischen Ausdrucksformen auf das Poten- gefiel er sich in der Rolle des heldenhaften Er hatte ständig einen Pool junger Männer menschlichen Erfindungsgeistes in trauter tial unterschiedlicher geometrischer Module. Propheten. Er hatte diese Persönlichkeit (und einiger Frauen) um sich, die sein Ego Zweisamkeit mit den Naturgewalten. Rechteck, Kreis, Dreieck oder Parallelogramm sorgfältig entwickelt, um Interesse zu finden streichelten und ihn respektvoll »Mr. Wright« Das Haus wurde überwiegend aus goldfarbe- – das gewählte Grundmodul, aus dem der und Aufträge zu erhalten – und sein Ego nannten – und »Papa Frank« hinter seinem nem, lokalem Naturstein gebaut, aber sein Entwurf sozusagen organisch herauswuchs, sonnte sich in all der Aufmerksamkeit, die Rücken. Die Atmosphäre jugendlicher Vitali- der tosenden Brandung zugewandter »Bug« bestimmte fast jeden seiner Aspekte: die ihm zuteil wurde. Wright und seine Frau Olgi- tät schien ihm gut zu tun, und er bewahrte ist ein hexagonales Observatorium aus Glas. Form der Räume, die Position der Wände, Kü- vanna hatten eine Künstlerkommune um sich bis zum Tod seine körperliche und geistige Trotz der unmittelbaren Nähe zur wilden chen und Bäder, die Beziehung eines Flügels herum geschaffen, die ihnen als Quelle er- Spannkraft. Sein Ruhm brachte ihm viele Schönheit der Natur bietet es seiner Bewoh- zum anderen und den Umriss des Hauses auf gebener Mitarbeiter und als Resonanzboden geistreiche und berühmte Freunde ein, die nerin einen guten Schutz vor den Elementen. dem Grundstück. für ihre Ideen diente. In der Taliesin-Gemein- Taliesin zu Picknicks, Konzerten und Auffüh- Die das Wohnzimmer umgebende, abgestuf- Für Geometrien hatte Wright schon immer schaft ging es häufig recht turbulent zu; rungen besuchten, darunter Clare Booth te Glaswand wird von Stahlrahmen gehalten, ein besonderes Fingerspitzengefühl gehabt, manchmal fragt man sich, wie Wright über- Luce, Alexander Woolcott, Paul Robeson, die so dünn sind, wie die moderne Technik es angeblich seit seine Mutter ihm die ersten haupt zum Arbeiten kam neben all den Adlai Stevenson, Charles Laughton und Carl nur eben zuließ, um das Gefühl des Einsseins Froebel-Bauklötze gekauft hatte. Die Prärie- Musikabenden und Tanzveranstaltungen, der Sandburg. Zu Lebzeiten Wrights war das mit der Natur möglichst wenig zu stören. Ihre häuser und die Textilblockhäuser seiner frü- Errichtung neuer Anbauten und Wege sowie Camp im abgelegenen Scottsdale keines- abgestufte Konstruktionsweise mit teils fest hen Zeit basierten auf großräumigen, häufig den persönlichen Konflikten, die sich zwangs- wegs isoliert, doch nach seinem Tod führte eingesetzten, teils verstellbaren Paneelen er- komplexen geometrischen Anordnungen lan- läufig zwischen den vielen Künstlerseelen er- die Gemeinschaft allmählich ein Inseldasein, möglicht ein dem Seewind angepasstes varia- ger, zentraler und sekundärer Achsen, akzen- gaben. und ihr Selbstverständnis als einsame Zita- bles Lüften. tuiert durch große quadratische und recht- Angeheizt von Olgivanna köchelte und delle wahrer Kultur wurde arg strapaziert. schäumte das Leben in Taliesin vor sich hin. Die aus Montenegro stammende Olgivanna war in Europa eine Schülerin Georgi Gurd- Natur jieffs gewesen und vertrat die Meinung, Eine zentrale Botschaft der Wrightschen Schwierigkeiten machen stark – auch wenn Presse der fünfziger Jahre – ob in House sie künstlich herbeigeführt werden. Man ad- Beautiful, Life, der lokalen Presse oder in ei- diere dazu Wrights überdimensionales Ego, genen Schriften – lautet, Architektur müsse seine Empfindlichkeit gegenüber der kleins- unbedingt einen Bezug zur Natur haben. In ten Kränkung durch seine Schüler, die seifen- einem zunehmend von Vorstadtarchitektur opernreife Manipulation von Persönlichkeiten geprägten Amerika herrschte große Sehn- und Freundschaften, und man kann sich in sucht danach, durch das eigene Wohnzim- etwa vorstellen, welch herausfordernde Um- merfenster einen Blick in die Natur werfen zu gebung Taliesin darstellte. Doch der Respekt können, und Wright reagierte darauf. Falling- Kreisgrundrisse vor der Schönheit, ausgedrückt in einem ein- water ist vielleicht seine ultimative visuelle Oben: Haus Sol Friedman, Pleasantville, New York, 1947; Mitte: Haus Julia und Duey Wright, Wausau, Wisconsin, 1958; unten: fachen Blumenarrangement und der Zuberei- und räumliche Antwort auf diesen Wunsch, Haus Aime und Norman Lykes, Phoenix, Arizona, 1959 tung der Mahlzeiten, die wöchentlichen aber andere Wrightsche Häuser verkörpern

Musikveranstaltungen, die gemütlichen Pick- ihn ebenfalls. Das Haus Walter (1945) über- Hexagonale Raster nicks in den Feldern von Spring Green, Wis- blickt eine friedvolle Flusslandschaft im Mitt- Oben: Haus Sidney Bazett, Hillsborough, Kalifornien, 1939; unten: consin, der Zustrom lebhafter, kreativer jun- leren Westen, das Haus Hagan (1954) einen Haus Jean und Paul Hanna (Honeycomb House), Palo Alto, Kalifor- nien, 1936 ger Leute und die Chance, direkt aus dem Wald und das Haus Bott (1957) ein Tal am Zu- Links: Schemazeichnung Haus Jean und Paul Hanna; © 2007 für Munde eines der größten Architekten des sammenfluss von Kansas und Missouri. Das Zeichnungen von Frank Lloyd Wright: The Frank Lloyd Wright Jahrhunderts etwas über Architektur zu hö- Haus für Mrs. Clinton Walker in Carmel bot Foundation, Taliesin West, Scottsdale, Arizona

30 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 31 eckige Flächen. Nun, in der Mitte des zwan- Obwohl Wright als selbsternannter Prophet zigsten Jahrhunderts, begann Wright eine Art oft ästhetische Verallgemeinerungen von sich konzeptuellen Grundbaustein zu suchen, eine gab wie »Naturholz darf niemals gestrichen unteilbare Einheit, die man vervielfältigen und werden« oder »Ein Haus sollte nicht auf ei- zu größeren Kompositionen zusammenfügen nem Hügel stehen, sondern ein Teil des Hü- konnte. Der erste Durchbruch in dieser Rich- gels sein«, zögerte er nie, seine eigenen Re- tung war das Haus Hanna (1936); sein Hexa- geln zu brechen, wenn die künstlerische gon-Modul ergab einen aufsehenerregenden Inspiration ihn in eine andere Richtung führte. Entwurf ohne rechte Winkel. Alle Wände und Selbst bei seinen auf geometrischen Modu- Räume werden durch die offenen Winkel des len basierenden Entwürfen experimentierte Hexagons bestimmt, die sowohl vertikal als er mit erfinderischen Abweichungen, etwa auch horizontal zum Ausdruck kommen. Da bei den Häusern Armstrong und Greenberg; es keine langen geraden Wandflächen gibt, letzteres besteht sozusagen aus einer Kolli- entstehen fließende Innenräume. Wright wie- sion dreier unterschiedlicher Raster. derholte dieses Modul bei dem kleineren Haus Bazett (1939) ganz in der Nähe, ging * * * dann aber zu neuen Experimenten mit Drei- ecks-Modulen und Parallelogrammen über, Die Mehrzahl von Wrights Bauten der letzten die sich als noch befriedigender erwiesen. Sie beiden Jahrzehnte seines Lebens waren Ei- besaßen noch immer schräge Winkel, die genheime, aber häufig dominierten etliche eine ungezwungene Positionierung der Wän- größere Aufträge sein Interesse. So überließ de und fließende Räume ohne die Schroffheit er einen Großteil der Entwurfs- und Ausfüh- rechter Winkel ermöglichten, aber aufgrund rungsplanung für die Usonian-Häuser John ihrer Gerichtetheit war es möglich, ganze Howe, über lange Jahre hinweg ein kompe- Hausflügel auf eine einheitlichere Weise zu tentes Mitglied der Taliesin-Gemeinschaft. gestalten. Wright selbst konzentrierte sich auf die gro-

FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 33 ßen öffentlichen Aufträge: die , das Florida Southern College, die Kansas City Community Church (1940), das Guggenheim Museum (in Auftrag gege- ben 1943, fertiggestellt 1959), das Unitarian Meeting House (1947), den V. C. Morris Shop (1948), den Price Tower (1948), die Beth Sha- lom Synagoge (1948), das Humphrey Theater (1948), die Griechisch-orthodoxe Kirche (1956), das Marin County Civic Center (1959) sowie zahlreiche ungebaute Projekte. In die- sen großen Projekten finden sich bisweilen die gleichen Themen, mit denen er sich auch bei den Eigenheimen auseinandersetzte – die Kurve als raumbestimmende Form, die Ver- wendung geometrischer Ornamentik und der Gebrauch moderner Materialien wie Alumini- um oder Kunststoff. Wrights Einfluss in der Mitte des Jahrhun- derts war enorm, und andere Architekten mussten sich mit ihm auseinandersetzen, egal ob sie ihn liebten oder hassten. Viele machten sich seine Ideen zu eigen. Große Büros wie MacKie und Kamrath sowie An - shen und Allen übertrugen die Konzepte orga- nischen Bauens auch auf Hochhäuser und öf- fentliche Gebäude. Wrights naturverbundene tektur und Gesellschaft isolierte Wright und Beautiful«, entsprechend dem Titel der in den Hypermodern Oben, von links nach rechts: Haus Charles Glore, Lake Forest, Illi- Vorstadtarchitektur für die moderne Familie seinen tief verwurzelten Glauben an das Indi- neunziger Jahren des neunzehnten Jahrhun- nois, 1951; Haus Lewis Goddard, Plymouth, Michigan, 1953; Haus fand Anklang bei einem breiten Massenpubli- viduum. Durch seine Weigerung, sich solchen derts von ihm mitbegründeten Zeitschrift, wa- Karen Johnson & Willard Keland, Racine, Wisconsin, 1954 kum. Auch viele hochmoderne Restaurants gesellschaftlichen Entwicklungen anzupas- ren da anders. wurden nach Konzepten aus seiner Hand ge- sen, geriet er wieder einmal ins Abseits. Die Kühnheit der Häuser, die Wright in den Unten, von links nach rechts: Haus Robert Sunday, Marshalltown, Iowa, 1955 (1963); Haus Carl Schultz, Saint Joseph, Michigan, 1957 plant. House Beautiful, Life und andere popu- Auch Wrights Idee von »Schönheit« brachte letzten zwanzig Jahren seines Lebens baute, (1959); Haus Frank und Eloise Bott, Kansas City, Missouri, 1957 läre Zeitschriften brachten regelmäßig Artikel ihn auf Kollisionskurs zu anderen Trends der ging weit über die der Präriehäuser hinaus. (1963) über seine Ideen und Bauten. Jahrhundertmitte. Für ihn war Schönheit eine Mehrere sind anerkannte Meisterwerke der Gegenüberliegende Seite, oben: Haus I. N. Hagan, Chalkhill, Pennsyl- Wrights Visionen waren häufig, aber nicht im- romantische, spirituelle Qualität im Sinne Weltarchitektur wie Fallingwater, das Haus vania, 1954; unten: Haus Conrad Edward und Evelyn Gordon, Wilson- mer umzusetzen. So erwiesen sich zum Bei- Emersons, während sich der Schönheitsbe- Walker und das Haus Jacobs II. Doch mit an- ville, Oregon, 1956 (1964) spiel die von ihm bevorzugten horizontal be- griff der Architektur in der zweiten Hälfte des deren fühlen sich Kritiker bis heute ein wenig plankten Holzwände und andere konstruktive zwanzigsten Jahrhunderts in Anlehnung an unbehaglich. Die extreme Unkonventionalität Vorangehende Seiten 32–33, links: Haus Richard und Madelyn Davis, Marion, Indiana, 1950; rechts: Haus Douglas und Jackie Grant, Cedar Innovationen als nicht praktikabel bei den die moderne Kunst von seinen traditionellen des Huntington Hartfort Play Resort zum Bei- Rapids, Iowa, 1946 Usonian-Häusern für die Durchschnittsfami- kulturellen Wurzeln löste. Exponierte Stahlträ- spiel gibt, auch wenn es nie gebaut wurde, lie; die langweiligeren, aber einfacher herzu- ger und galvanisierte Heizungsrohre, rostiger Anlass zu einigen kritischen Fragen. Befand stellenden, mit Wandplatten verkleideten Cortenstahl, strenge geometrische Formen sich Wright auf einem einsamen Forschungs- Holzständerwände waren flexibler in der Mas- und nackter Beton waren der neue Stoff, aus pfad in das Reich der Ästhetik, der ihn so weit senproduktion einzusetzen. Die zunehmende dem »schöne Häuser« gemacht wurden. Die vom etablierten Geschmack entfernte, dass Tendenz zum Großunternehmertum in Archi- Vorstellungen Wrights von einem »House die Gesellschaft ihm einfach nicht mehr fol-

34 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 35 gen konnte? Wurde er durch sein Ego oder Johnson-Wax-Hauptverwaltung sind Ikonen, vielleicht auch durch abnehmende Schaffens- die Wrights Ruf selbst dann noch aufrechter- kraft zu solchen Extremen angestachelt, um halten werden, wenn andere Architekten sei- weiterhin die Aufmerksamkeit der Welt auf ner Zeit längst Geschichte geworden sind. sich zu ziehen? Oder ist die Tatsache, dass Doch was ist mit dem Rest seiner späteren der Berufsstand der Architekten die wachsen- Werke? den Vorstädte als Quelle ernstzunehmender Jedes Haus, jedes Bauwerk war ein Teil von Architektur überwiegend ignorierte, Schuld Wrights Plan, die Vereinigten Staaten in Broad- daran, dass sich die von Wright vertretenen acre City zu verwandeln. Auch wenn er oft Ideen so wenig durchsetzen konnten? zynische Bemerkungen über die ihn umge- Und so befinden wir uns in der merkwürdi- bende »Mob-okratie« machte, war er im gen Situation, dass Frank Lloyd Wright fast Grunde optimistisch. Die Zukunft mit ihrem ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod als sich ständig wandelnden technischen Poten - Amerikas berühmtester Architekt gilt, sein tial und der heiteren Ruhe der Natur ver- Gesamt werk aber noch immer nicht ganz be- sprach eine unendliche Vielfalt von Lebens - kannt oder anerkannt ist. Die Präriehaus-Ent- stilen. Wright tat sein Bestes, um Häuser zu würfe haben einen unangreifbaren Status er- entwerfen, die diese Möglichkeiten wider- reicht, das Guggenheim-Museum und die spiegelten und diese Suche förderten.

Hypermodern Oben: Price Tower, Bartlesville, Oklahoma, 1952 (1953–1956)

Gegenüberliegende Seite: Haus Quintin und Ruth Blair, Cody, Wyoming, 1952

36 ALAN HESS FRANK LLOYD WRIGHT: MODERNE HÄUSER 37 Von links nach rechts: Pfeiffer-Kapelle, Florida Southern College, Lakeland, Florida, 1938; Anderton Court Shops, Beverly Hills, Kalifornien, 1952; Beth Shalom Synagoge, Elkins Park, Pennsylvania, 1954

38 ALAN HESS hungen ablehnte, geriet in dieser Zeit etwas FRANK LLOYD WRIGHT UND ins Abseits. Viele amerikanische Architekten, insbesondere jüngere, dienten im Army Corps DER ZWEITE WELTKRIEG of Engineers oder im Navy’s Construction Bat- talion (CB), auch »Seabees« genannt. Myron Von John Zukowsky Goldsmith zum Beispiel, der nach dem Krieg Wolkenkratzer für Skidmore, Owings & Mer- rill konstruierte, wurde im Corps of Engineers in Konstruktionstechnik ausgebildet. Bruce Goff, vor dem Krieg ein Anhänger Wrights, Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs waren sere östlichen Staaten als treue englische Ko- weit, die Gründung einer Drei-Staaten-Födera- war bei den »Seabees« und legte dort den neutrale Länder wie die Vereinigten Staaten lonien zu erhalten«. Andererseits schrieb er tion mit dem Namen Vereinigte Staaten von Grundstein für seinen späteren »organi- und ihre Bürger zwischen isolationistischen nach der deutschen Blitzkriegoffensive auch Nordamerika vorzuschlagen, welche die drei schen« Architekturstil mit sehr individualisti- Tendenzen und Unterstützung einer der krieg- einen von News Chronicle of London erbete- Staaten , Usonia South und New Eng- schen, eigensinnigen Entwürfen. Ältere Archi- führenden Parteien hin- und hergerissen. nen Artikel, in dem er Vorschläge für einen de- land umfassen sollte. Angesichts seiner sons- tekten wie Erich Mendelsohn und Konrad Auch Architekten bildeten da keine Ausnah- zentralen Wiederaufbau Londons nach dem tigen Befürwortung dezentraler Strukturen Wachsmann arbeiteten mit der amerikani- me. Philip Johnsons Befürwortung des deut- Prinzip von Broadacre City macht. Dies war in wirkt seine Behauptung, diese drei Staaten schen Industrie und dem Militär zusammen schen Vormarschs in Polen und Frankreich gewisser Weise eine Wiederholung seiner würden effizienter sein als die früheren acht- an der Konstruktion von Gebäuden im deut- 1939/40 in der antisemitischen Zeitung Social ebenfalls sehr kontroversen Rede vor dem undvierzig, ziemlich absurd und widersprüch- schen und japanischen Stil, die dann verwen- Justice ist ein häufig zitiertes Beispiel für die Royal Institute of British Architects im Jahr lich, doch die Absicht ist deutlich: Das archi- det wurden, um die Effektivität von Spreng- Parteiergreifung eines amerikanischen Archi- 1939, nur einige Monate vor Kriegsbeginn. tektonisch und politisch kontaminierte »New stoffen und Brandbomben zu testen. Andere tekten in dieser ersten Kriegsphase. Archi- Wohl hätte ihm der Vergleich nicht gefallen, England« – das Gebiet von Washington D.C., wie Bertrand Goldberg entwarfen material- tekten deutscher Abstammung wie Paul doch man muss sagen, dass Wrights Befür- Maryland und Pennsylvania bis nach Maine im sparende Konstruktionen für das Board of Schweik her betrachteten Deutschlands frühe wortung einer dezentralisierten Architektur im Norden war nach seinem Dafürhalten zu sehr Economic Warfare und das Office for Strate- Erfolge auf dem Schlachtfeld als einen Aus- Prinzip nicht so viel anders war als das, was durch den kulturellen Ballast Europas und Bri- tegic Services (O.S.S.), zum Beispiel Trans- gleich für die harten Bedingungen des Versail- Ludwig Hilbersheimer in seinen Büchern The tanniens belastet – sollte vom wahren ameri- portkisten für die Verschiffung von Waffen, zeit sicherten. Zu seinem Glück konnte men geprägten Usonian-Häuser der Zeit vor ler Vertrags im Anschluss an den Ersten Welt- New City (1944) und The New Regional Pat- kanischen Rest der Nation getrennt werden, die dann später als Truppenunterkünfte ver- Wright zumindest einige Arbeiten für Firmen dem Krieg. krieg.1 Auch Frank Lloyd Wright machte tern (1949) vorschlug. Allerdings sahen welcher dann frei von den »fremden Einflüs- wendet werden konnten. Wright soll in dieser wie S. C. Johnson & Son in Racine, Wiscon- Zwar hatte Wright schon Mitte bis Ende der Bemerkungen, die, zumindest unabsichtlich, Wrights Häuser anders aus als die europäi- sen des alten Europas« sein würde. Diese Zeit bis auf einige kleinere private Jobs und sin, fortsetzen und dem Campus seines Flori- dreißiger Jahre gelegentlich Kurven- und diese frühen Siege der Deutschen zu begrü- scher Architekten der Moderne, von denen er anti-europäische Einstellung mag vielen scho- die Beratertätigkeit für eine Filmversion der da Southern College ein paar Institutsgebäu- Kreisformen verwendet, etwa beim Johnson ßen schienen. seine Bemühungen, mit den demokratischen ckierend erscheinen, aber im Kontext der Zeit Novelle »The Fountainhead« nur sehr wenige de hinzufügen, wenn sie auch zum Teil erst Wax Building (1936) und dem nicht gebauten In Wrights am 15. Mai 1941 erschienenem Usonian-Häusern einen ureigenen amerikani- betrachtet wird sie verständlicher. Auch ande- Aufträge gehabt haben. Seine Bemerkungen nach Ende des Krieges fertiggestellt wurden. Haus Ralph Jester in Kalifornien (1938), be- Artikel A Taliesin Square-Paper: A Nonpolitical schen Architekturstil zu schaffen, gründlich re Amerikaner wie der berühmte Pilot Charles gegen Großbritannien und Roosevelt, die Wright konnte auch für einige private Klienten stimmend für seinen Stil wurden sie aber erst Voice from Our Democratic Minority (etwa: missverstanden fühlte. In einem Telegramm Lindbergh oder der Industrielle Eddie Ricken- Empfehlung an seine Schüler, sich als Kriegs- Häuser fertigstellen, die er zu Beginn des in der Nachkriegszeit – am Haus Kaufmann in Eine unpolitische Stimme unserer demokra - an das Museum of Modern Art bezüglich sei- backer hegten ähnliche Empfindungen Groß- dienstverweigerer aus Gewissensgründen ei- Kriegs entworfen hatte. Ein wichtiger Entwurf Palm Springs (1951), Haus Winn in Kalamazoo tischen Minderheit) heißt es, dem British Em- ner bevorstehenden Ausstellung schreibt britannien und Präsident Roosevelt gegen- ner Einberufung zu widersetzen, und seine (1944) in den Kriegsjahren war das oben ab- (1950), im Entwurf von Haus und Sportclub pire drohe trotz seiner großartigen Royal Navy Wright, er sei »die Verschwörungen dieser über und unterstützten anfangs eine Politik durch Antikriegsbemerkungen bedingte Ent- gebildete zweite Haus für Herbert und Kathe- für Huntington Hartford in Hollywood (beide eine Niederlage gegen die Deutschen; Eng- ausländischen Clique leid«.2 Später, am 24. der Nichteinmischung.3 Doch mit dem Angriff fremdung von einigen prominenten Persön- rine Jacobs in Middletown, Wisconsin. Das 1947) sowie am berühmten Guggenheim-Mu- land zu helfen, sei »unmöglich und würde nur August 1941, verfasst er in A Taliesin Square- der Japaner auf Pearl Harbor am 7. Dezember lichkeiten im kulturellen Bereich hatten nega- erste, 1936, war Wrights erstes Usonian- seum, das bereits 1943/44 entworfen, aber den Todeskampf eines großen Weltreiches Paper quasi seine eigene »Unabhängigkeits- 1941 waren die Fronten klar – außer vielleicht tiven Einfluss auf Wrights Möglichkeiten, Haus gewesen, das zweite war Wrights ers- erst 1959 fertiggestellt wurde. Das sogenann- verlängern …«. Ferner: »Ich liebe England, erklärung« in Form eines Artikels mit dem in Wrights Welt. Regierungsaufträge zu bekommen4 – im Ge- tes halbkreisförmiges Solarhaus; dessen in te zweite Haus Jacobs (1944–1948) ist ein aber ich hasse das Empire …«, und Wright at- Titel »Usonia, Usonia South, and New Eng - In den Jahren 1941 bis 1945 kämpfte Amerika gensatz zu Architekturbüros wie Skidmore, einen Erdwall hineingebauter Baukörper aus greifbarer Ausdruck für Wrights Neigung zu tackiert Präsident Franklin Delano Roosevelt land«. Darin kritisiert er Präsident Roosevelts auf der Seite der Alliierten; der sonst recht Owings & Merrill, deren politische Verbindun- Naturstein bildete den Auftakt für eine ganze uramerikanischen Formen, die sich in die und seine Unterstützer als »Überbleibsel aus Ansicht, Amerika solle in diesem Krieg Groß- hörbare und sichtbare Wright, der noch im- gen aus der Zeit vor dem Krieg ihnen umfang- Reihe von Nachkriegshäusern, die häufig ganz Landschaft »Usonias« einfügen. Man könnte alten Zeiten, die immer noch versuchen, un- britannien zur Seite stehen, er geht sogar so mer jede Unterstützung militärischer Bemü- reiche Aufträge in der Kriegs- und Nachkriegs- anders waren als die von rechtwinkligen For- auch versucht sein, das an einen Bunker im

40 JOHN ZUKOWSKY FRANK LLOYD WRIGHT UND DER ZWEITE WELTKRIEG 41 Erdwall erinnernde Haus als Kompensation Seite 41 oben, unten und rechts: Haus Herbert und Katherine für Wrights gescheiterte Bemühungen um Jacobs II, Middleton, Wisconsin, 1944 Kriegsaufträge der Regierung zu sehen, aber das würde wohl zu weit führen. Das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Wirtschaftsboom in den fünfziger Jahren brachten Wright wieder mehr Aufträge, ins- besondere für Eigenheime, sowie zunehmen- de öffentliche Anerkennung, die auch zu Fern- sehauftritten und Interviews durch Hugh Downs 1953 und Mike Wallace 1957 führten. Doch einige größere Projekte wie der geplan- te Mile High Skyscraper für Chicago (1956) scheiterten an den Nachwirkungen seines Verhaltens während des Krieges – Skidmore, Owings & Merrill erhielten 1954 den Großauf- trag der Air Force Academy und bauten einige Jahre nach Wrights Tod den einhundert Stockwerke hohen John Hancock Tower in Chicago (1965–1969).

42 JOHN ZUKOWSKY DIE ÜBERSCHWENGLICHEN FÜNFZIGER: WRIGHT UND DAS GUGGENHEIM Von Monica Ramírez Montagut

Man kann Frank Lloyd Wrights Leben als Aus- Das Leben des 1950 bereits über achtzigjähri- »traditionell-moderne« Räume – orthogonal, druck der Zyklen von Hoffnung und Desillusio- gen Wright war eng mit den intensiven Ent- weiß und künstlich beleuchtet. Wright hinge- nierung im Industriezeitalter sehen; in ähnli- stehungsprozessen des Museums verbun- gen lehnte es ab, Gemälde in einer »im alten cher Weise steht die Geschichte des von ihm den. Das neue Jahrzehnt hatte mit einem statischen Architekturstil gestalteten Umge- entworfenen Solomon-R.-Guggenheim-Muse- denkbar schlechten Auftakt begonnen, denn bung« auszustellen7, er strebte eine »unun- ums (1943–1959) für das Lebensgefühl der Solomon Guggenheim war kurz zuvor verstor- terbrochene Einheit« von Gebäude und fünfziger Jahre und die Hinwendung der mo- ben4 und die Kühnheit des Entwurfs stieß auf Kunstwerken an. Wie beim Price Tower woll- dernen Architektur zu organischeren und plas- zahlreiche Gegner, zum Beispiel die Fifth Ave- te Wright im Guggenheim-Museum einen tischeren Formen. Die Verzögerungen in der nue Association. Doch das Jahr 1952 ließ sich »harmonischen Fluss« der Innenräume erzie- insgesamt sechzehnjährigen Entstehungsge- vielversprechender an. Die Pläne für das Mu- len, was er mit spiralförmigen Grundrissen, schichte des Gebäudes1 sind unter anderem seum waren eingereicht, und eine Wander- geneigten Wänden, vielschichtigen Rampen auf kriegsbedingte Materialengpässe zurück- ausstellung zu Wrights Werken mit dem Titel und nahtlosen Brüstungen auch umsetzte. zuführen. Das zur Zeit der »Krise der Moder- »60 Jahre lebendige Architektur« tourte durch Wrights letzte Meinungsverschiedenheit mit ne«2 langsam in die Höhe wachsende spiral- Italien und Mexiko; sie sollte dann in einem Sweeney8 betraf die Farbgestaltung des Inne- förmige Museum trug zur Konsolidierung provisorischen Pavillon auf dem Museumsge- ren. Der Direktor verlangte reines Weiß, wäh- einer sich in der zweiten Generation moder- lände untergebracht werden. Mit dem Verwal- rend Wright argumentierte, Weiß sei die »lau- ner Architekten abzeichnenden Tendenz zu tungsgebäude für die im Erdölgeschäft tätige teste« aller Farben, und einen Elfenbeinton üppigeren Formen bei. Price Company in Oklahoma konnte Wright vorschlug.9 An diesem Museum, das er mit Bis in die frühen fünfziger Jahre setzte man seine lang gehegten Ideen zu mehr Plastizität der Zeit als sein »Archeseum« bezeichnete, moderne Architektur mit einfachen, strengen in der Struktur von Hochhäusern5 endlich Ge- die Krönung seiner Vorstellung von Architek- geometrischen Volumina gleich, frei von ober- stalt annehmen lassen – in Form eines mono- tur, war ihm jedes Detail wichtig. Die Aus- flächlicher Ornamentik und gebaut unter Ein- lithischen Baukörpers, dessen nahtlos inein - einandersetzungen zwischen Sweeney und satz technischer Innovationen. Diese Archi- ander übergehende Wände, Decken und Wright waren auch Ausdruck der Richtungs- tektur galt als klar und rational, objektiv und Böden zu einem einheitlichen Ganzen ver- kämpfe in der Welt der Architektur. maschinenhaft, und sie war überwiegend ur- schmolzen. Auch andere, ähnlich inspirierte Die zweite Generation moderner Architekten, ban. Diese Auffassung repräsentierte am Projekte stammen aus dieser Zeit, etwa der zu der beispielsweise Charles Eames und deutlichsten Le Corbusier, weniger Wright, Mile High Skyscraper, die Griechisch-orthodo- Eero Saarinen zählen, traf auf ähnliche festge- dessen Stil als warm, expressionistisch, emo- xe Kirche in Wisconsin, der Golden Beacon fügte Vorstellungen zur modernen Architek- tional, individualistisch und überwiegend vor- Tower und mehr als zwanzig Privathäuser. städtisch betrachtet wurde. Doch obwohl Diese optimistische Stimmung wurde jedoch Wright insgesamt eher am Rand der Architek- durch ständige Auseinandersetzungen zwi- tur der Moderne3 gesehen wird, ist das als schen Wright und dem 1952 ernannten Direk- sein Meisterwerk der fünfziger Jahre gelten- tor des Guggenheim-Museums, James John- Frank Lloyd Wright, Hilla Rebay und Solomon Guggenheim bei der Präsentation des Modells für das Museum, 1945; Foto von Ben de Guggenheim-Museum zu einer Ikone der son Sweeney, überschattet. Sweeney und Greenhaus © 2007 Donald Greenhouse/Artist’s Right Society (ARS), Moderne der Jahrhundertmitte geworden. eine Gruppe namhafter Künstler verlangten New York

44 MONICA RAMÍREZ MONTAGUT DIE ÜBERSCHWENGLICHEN FÜNFZIGER: WRIGHT UND DAS GUGGENHEIM 45 UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Alan Hess, Alan Weintraub Frank Lloyd Wright - Moderne Häuser

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 336 Seiten, 25,5 x 25,5 cm 494 farbige Abbildungen, 4 s/w Abbildungen ISBN: 978-3-421-03720-6

DVA Architektur

Erscheinungstermin: Februar 2009

Meilensteine der Architektur

Taliesin West, Fallingwater, die Usonian Houses: Zwischen 1935 und 1958 entstanden für die Architekturmoderne wegweisende Wohnhäuser Frank Lloyd Wrights, die bis heute nichts von ihrer Faszination verloren haben. Dreiundfünfzig dieser Meisterwerke hat der Architekturfotograf Alan Weintraub beeindruckend vielseitig in Szene gesetzt. Die Außen- und Innenraumansichten, zum Teil mit Möbeln nach Wrights Entwürfen, begleiten erläuternde Texte von Alan Hess und zwei Gastessays zum Werk des Architekten in dieser Zeit.

• Bedeutende Schaffensperiode im Werk des Architekten • Großzügige Bilddokumentation der wegweisenden Wohnhäuser • 50. Todestag des Architekten am 9. April 2009